Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2017 - I ZB 111/16

bei uns veröffentlicht am29.06.2017
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 17 O 1133/14, 07.04.2016
Oberlandesgericht Stuttgart, 2 U 73/16, 14.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 111/16
vom
29. Juni 2017
in der Rechtsbeschwerdesache
ECLI:DE:BGH:2017:290617BIZB111.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart - 2. Zivilsenat - vom 14. November 2016 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.

Gründe:

I. Das Landgericht hat die auf die Verletzung einer Gemeinschaftsmarke
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und einer deutschen Marke der Zweigniederlassung Rebstein der Klägerin gestützte Klage mit Urteil vom 7. April 2016 abgewiesen. Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 18. April 2016 zugestellte Urteil am 18. Mai 2016 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2016, der bei Gericht am selben Tag per Fax eingegangen ist, hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich die Berufung begründet. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 14. November 2016 den
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Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Dazu hat es ausgeführt:
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Das Wiedereinsetzungsgesuch scheitere an dem der Klägerin zuzurechnenden , in mehrfacher Hinsicht schuldhaften Verhalten ihres Prozessbevollmächtigten. Dieser habe nicht für zusätzliche Sicherungsvorkehrungen gesorgt, die angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts erforderlich gewesen seien. Auch hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Vorlage einer falschen Akte am 20. Juni 2016 zum Anlass für eine Nachforschung nehmen müssen. Überdies habe er in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 20. Juli 2016 nicht vorgetragen, dass er in seiner Kanzlei eine wirksame Ausgangskontrolle am Abend eines jeden Arbeitstages organisiert habe. II. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Klägerin hat keinen Er4 folg. 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 238 Abs. 2
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Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Der angefochtene Beschluss verletzt weder den Anspruch der Klägerin auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch deren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. 2. Die Klägerin war nicht ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist für die
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Begründung der Berufung einzuhalten. Ihr Prozessbevollmächtigter hat diese Frist schuldhaft versäumt. Dieses Verschulden muss sich die Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zu ei7 ner wirksamen Fristenkontrolle auch die Anordnung gehört, die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig zu überprüfen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - III ZB 42/15, NJW 2016, 1742 Rn. 10; Beschluss vom 10. November 2016 - I ZB 29/16, juris Rn. 9; Beschluss vom 9. März 2017 - IX ZB 1/16, juris Rn. 9; Beschluss vom 25. April 2017 - XI ZB 18/16, juris Rn. 10, jeweils mwN). Dass die Organisation des Kanzleibetriebs des Prozessbevollmächtigten der Klägerin diesen Anforderungen genügt hat, lässt sich dem Wiedereinsetzungsantrag vom 20. Juli 2016 nicht entnehmen. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Berufungsgericht
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auch nicht gemäß § 139 ZPO verpflichtet, die anwaltlich vertretene Klägerin vor der Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf dessen nicht ausreichende Begründung hinzuweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2013 - III ZB 29/13, juris Rn. 10; Beschluss vom 28. Januar 2016 - III ZB 110/15, juris Rn. 9). Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterlichen Hinweis geläufig sein. Wenn sein Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären oder zu füllen sind, sondern erlaubt den Schluss darauf , dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/13, NJW 2004, 367, 369; Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 12; Beschluss vom 12. Mai 2016 - V ZB 135/15, NJW 2016, 3789 Rn. 31). Es ist auch davon auszugehen, dass die danach als fehlend anzusehen9 de Tagesabschlusskontrolle für die Fristversäumung ursächlich war. Die Rechtsbeschwerde kann nicht mit Erfolg geltend machen, bei der Ausgangskontrolle wäre der Mitarbeiterin erneut der Fehler unterlaufen, der zur Vorlage der falschen Akte geführt habe. Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb der nach ihrem Vortrag gut ausgebildeten und richtig unterwiesenen Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin das im Fristenkalender notierte, für die Unterscheidung der Parallelverfahren maßgebliche interne Aktenzeichen bei dieser Kontrolle entgangen wäre und sie den - nach Angabe der Rechtsbeschwerde nicht nachvollziehbaren - Fehler wiederholt hätte.
b) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die
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die Ablehnung der Wiedereinsetzung selbständig tragende Beurteilung des Berufungsgerichts , die Wiedereinsetzung sei der Klägerin auch deshalb zu versagen , weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Vorlage der falschen Akte am 20. Juni 2016 nicht zum Anlass für eine Nachforschung genommen habe. aa) Eine Pflicht des Rechtsanwalts zur Nachfrage und Nachforschung
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kommt - nur, aber auch immer dann - in Betracht, wenn hierfür ein konkreter Anlass besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 238/08, juris Rn. 11; Beschluss vom 5. Juni 2012 - VI ZB 16/12, NJW 2012, 2522 Rn. 10; Beschluss vom 19. September 2013 - IX ZB 52/12, NJW 2014, 226 Rn. 9; Urteil vom 24. September 2015 - IX ZR 206/14, NJW 2015, 3519 Rn. 11). bb) Ein solcher konkreter Anlass bestand im Streitfall. Die Büroangestell12 te des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hatte diesem am 20. Juni 2016 unter Hinweis auf eine im Fristenkalender für diesen Tag notierte nicht erledigte Berufungsbegründungsfrist eine Akte vorgelegt. Da die aus der vorgelegten Akte ersichtliche Frist bereits am 18. Mai 2016 abgelaufen und zudem erledigt war, konnte sich die im Fristenkalender notierte Frist nicht auf diese Akte beziehen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hätte wegen der sich deshalb aufdrängenden Zweifel, dass an diesem Tag in einer anderen Sache eine Berufungsbegründungsfrist ablief, eine Nachforschung vornehmen müssen. Diese hätte nach Lage der Dinge anhand der notierten internen Aktenzeichen zur Aufdeckung der Verwechslung geführt und - gegebenenfalls nach Stellung ei- nes erstmaligen Fristverlängerungsantrags gemäß § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO - die Versäumung der Frist verhindert.
c) Nach den Ausführungen zu vorstehend II 2 a und b kommt es nicht
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mehr auf die Frage an, ob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung auch schon deshalb schuldhaft verursacht hat, weil er keine im Hinblick auf die Besonderheiten des Streitfalls gebotenen besonderen Sicherungsvorkehrungen getroffen hat.
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III. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde der Klägerin als unzulässig zu verwerfen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 07.04.2016 - 17 O 1133/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 14.11.2016 - 2 U 73/16 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

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a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss er nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, sondern er hat auch eine wirksame Ausgangskontrolle zu schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich hinausgehen (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 31. März 2011 - III ZB 72/10, BeckRS 2011, 08258 Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, BeckRS 2014, 00520 Rn. 8 und vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn.8; jeweils mwN). Bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (s. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60; vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10, NJW 2013, 3183 Rn. 7 und vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, BeckRS 2016, 02708 Rn. 12). Die Überprüfung des Sendeberichts kann lediglich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellten angewiesen hat, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2001 aaO). Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung des Rechtsanwalts, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals abschließend selbständig geprüft wird (st. Rspr., s. etwa Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn. 8 und vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, BeckRS 2016, 02765 Rn. 8; jeweils mwN). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern hat vielmehr auch den Zweck, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn. 18; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 aaO Rn. 10 und vom 15. Dezember 2015 aaO). Deshalb ist dabei, gegebenenfalls anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 aaO).
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Rechtsanwälte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, die zuverlässig gewährleistet , dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört eine Anordnung des Rechtsanwalts, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einem dazu beauftragten Mitarbeiter nochmals abschließend selbständig geprüft wird (st. Rspr.; vgl nur BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8; Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn. 8; Beschluss vom 25. Februar 2016 - III ZB 42/15, WM 2016, 563 Rn. 10; Beschluss vom 6. April 2016 - VII ZB 7/15, NJW-RR 2016, 507 Rn. 10).
9
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss er nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, sondern er hat auch eine Ausgangskontrolle einzurichten , durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich hinausgehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8; vom 6. April 2016 - VII ZB 7/15, NJW-RR 2016, 1262 Rn. 9 mwN). Bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zu einer Ausgangskontrolle dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeberichts und gegebenenfalls des Inhalts der Akte zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist; erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; vom 16. Februar 2012 - IX ZB 110/11, n.v., Rn. 4; vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, NJW 2016, 874 Rn. 12). Außerdem gehört zu einer Ausgangskontrolle eine Anordnung des Rechtsanwalts, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Ende eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer damit beauftragten Bürokraft nochmals selbständig überprüft wird (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn. 8; vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, NJW 2016, 873 Rn. 8; vom 25. Februar 2016 - III ZB 42/15, NJW 2016, 1742 Rn. 10; jeweils mwN).
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Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr.: vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, VersR 2015, 339 Rn. 8, vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9, vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8 und vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, WM 2014, 2388 Rn. 8 f.; jeweils mwN). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern vielmehr auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 10 und vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, juris Rn. 6 mwN). Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 13, vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, WM 2016, 1558 Rn. 8, vom 25. Februar 2016 - III ZB 42/15, WM 2016, 563 Rn. 10 und vom 10. August 2016 - VII ZB 17/16, NJW-RR 2016, 1403 Rn. 17).

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

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b) Dass die Organisation des Kanzleibetriebs der Prozessbevollmächtigten des Beklagten diesen Anforderungen genügt hat, lässt sich dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen. Bereits deshalb lässt sich nicht ausschließen, dass die Versäumung der Frist auf einem Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Beklagten beruht, das dieser sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. In einem solchen Fall kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Zu Unrecht beruft sich der Beklagte auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 14. Juli 2015. Denn maßgeblich sind nur die Angaben, die eine Partei in ihrem Wiedereinsetzungsantrag mitgeteilt hat; jedenfalls sind die für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vorzubringen. Zulässig ist nach Fristablauf lediglich die Ergänzung von fristgerecht gemachten, aber für sich, weil erkennbar unklar oder unvollständig, nicht ausreichenden Angaben, bei denen eine gerichtliche Aufklärung nach § 139 ZPO geboten war (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 - III ZB 47/12, juris Rn. 9; vom 12. September 2013 - III ZB 7/13, NJW 2014, 225 Rn. 9 und vom 27. November 2013 - III ZB 29/13, juris Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369 und vom 17. Juli 2013 - XII ZB 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn. 9). Es besteht aber keine Verpflichtung des Richters, eine anwaltlich vertretene Partei auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsantrags hinzuweisen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 27. November 2013 aaO; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 aaO). Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterlichen Hinweis geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären oder zu füllen sind, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 aaO und vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 12). Der Umstand, dass das Landgericht mit Verfügung vom 23. Juni 2015 darauf hingewiesen hat, es beabsichtige, den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen, weil es an einer ausreichenden Ausgangskontrolle gefehlt habe, eröffnete dem Beklagten daher nicht die Möglichkeit, hierzu neu vorzutragen.
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(2) Entgegen der Ansicht des Klägers war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen (§ 139 ZPO). Eine Hinweispflicht besteht nur bezogen auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 173/10, juris Rn. 7 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369 mwN).
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Eine Nachfragepflicht kommt nur in Betracht, wenn hierfür ein konkreter Anlass vorliegt (BVerfGE 42, 120, 126; BVerfG NJW 1992, 38, 39). Ein solcher konkreter Anlass besteht nicht schon darin, dass der Anwalt in der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist noch keine auf seinen Schriftsatz bezogene Verfügung des Gerichts erhalten hat. Denn allein daraus mussten sich ihm noch keine Zweifel aufdrängen, dass sein Schriftsatz nicht bei Gericht eingegangen sein könnte. Eine Erkundigungspflicht hätte nur eine Mitteilung des Gerichts ausgelöst, die unzweideutig ergeben hätte, dass etwas fehlgelaufen ist (BVerfG NJW 1992, 38, 39).
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Eine Nachfragepflicht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn hierfür ein konkreter Anlass besteht. Dieser besteht nicht schon dann, wenn der Anwalt in der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist keine auf seinen Schriftsatz bezogene Verfügung des Gerichts erhält. Denn allein daraus müssen sich ihm noch keine Zweifel aufdrängen, dass sein Schriftsatz nicht bei Gericht eingegangen sein könnte. Eine Erkundigungspflicht wird nur durch eine Mitteilung des Gerichts ausgelöst, die unzweideutig ergibt, dass etwas fehlgelaufen ist. Die Sorgfaltspflichten des Prozessbevollmächtigten würden überspannt und der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert, wenn man in derartigen Fällen verlangen würde, Erkundigungen über den Verbleib eines rechtzeitig abgegebenen Schriftsatzes einzuholen (BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009, aaO Rn. 11; vom 20. Dezember 2011, aaO Rn. 8; vom 5. Juni 2012, aaO Rn. 10). Die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner anders lautenden Ansicht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sind überholt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011, aaO Rn. 7 f; vom 5. Juni 2012, aaO Rn. 8 ff)
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c) Einer solchen gerichtlichen Mitteilung kann auch ein deutlicher Hinweis der anwaltlich vertretenen Gegenseite gleichstehen. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass auch eine - telefonisch oder schriftsätzlich erteilte - anwaltliche Nachricht, beispielsweise über die erfolgte Zustellung (BGH, Beschluss vom 15. November 1976 - VIII ZB 35/76, VersR 1977, 258) oder die eingetretene Rechtskraft eines Urteils (BGH, Urteil vom 28. September 1972 - IV ZB 62/72, VersR 1973, 31) ebenso wie die Zustellung eines Berichtigungsantrags der Gegenseite (BGH, Urteil vom 28. März 1990 - XII ZR 68/89, VersR 1991, 120) geeignet ist, Erkundigungspflichten des Rechtsanwalts zu begründen (vgl. MünchKomm-ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 234 Rn. 6; Musielak /Voit/Grandel, ZPO, 12. Aufl., § 234 Rn. 4; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 234 Rn. 5). Grund für die besondere Bedeutung der anwaltlichen Mitteilung ist das Vertrauen, welches der Rechtsverkehr der anwaltlichen Nachricht entgegenbringt. Bei Erhalt einer solchen Mitteilung ist regelmäßig anzunehmen , dass diese keinen gegen die aus § 138 Abs. 1 ZPO folgende Wahrheitspflicht verstoßenden, bewusst wahrheitswidrigen oder unvollständigen Vortrag enthält.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)