Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 53 und 54/18
vom
20. Februar 2019
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchter mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer
ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden
Gewalttat
ECLI:DE:BGH:2019:200219BAK53.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschuldigten und ihrer Verteidiger am 20. Februar 2019 gemäß §§ 121, 122 StPO
beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:

I.

1
1. Der Beschuldigte S. H. wurde am 13. Juni 2018 vorläufig festgenommen und befindet sich seither - zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. Juni 2018 (1 BGs 206/18) - in Untersuchungshaft. Diesen Haftbefehl hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs durch Beschluss vom 1. August 2018 (1 BGs 326/18) aufgehoben und durch den Haftbefehl von diesem Tage (1 BGs 327/18) ersetzt. Gegenstand des neuen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe durch vier rechtlich selbständige Handlungen
2
a) in zwei Fällen jeweils eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet , indem er es am 26. August und am 15. September 2017 unternahm, zum Zwecke der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und um sich unterweisen zu lassen in der Herstellung von und im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen und sonstigen Fertigkeiten, aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB erfolgen (Fälle 1. und 2.),
3
b) seit April 2018 eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, nämlich eine Straftat gegen das Leben nach §§ 211, 212 StGB, die nach den Umständen geeignet und bestimmt ist, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, indem er sich in der Herstellung von Sprengund Brandvorrichtungen und von Stoffen, die Gift enthalten, unterweisen ließ und sich Gegenstände sowie Stoffe verschaffte und verwahrte, die für die Herstellung von Spreng- und Brandvorrichtungen, Sprengstoffen und der zu der Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen wesentlich sind, und durch dieselbe Handlung vorsätzlich biologische Waffen, nämlich Rizin (Ricin) hergestellt (Fall 3.), und
4
c) im Zeitraum vom 22. bis zum 30. April 2018 versucht, sich als Mitglied an der außereuropäischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) zu beteiligen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Völkermord (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuchs ) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuchs ) zu begehen;
5
strafbar gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Variante 2 KrWaffKG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KrWaffKG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG Teil A II.3. Buchst. b) 3.1. Buchst. d) Ziff. 4., § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 2a in Verbindung mit Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, §§ 129a, 129b, 12 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1, §§ 52, 53 StGB.
6
2. Die Beschuldigte Y. H. wurde am 24. Juli 2018 vorläufig festgenommen und befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs von diesem Tage (1 BGs 302/18) seither ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, durch drei rechtlich selbständige Handlungen dem Mitbeschuldigten S. H. in den Fällen 1. bis 3. Hilfe geleistet zu haben, indem sie für ihn Flug- und Hotelbuchungen vornahm, ihm Geld nach Istanbul überwies und ihn bei der Beschaffung von Utensilien zur Herstellung einer unkonventionellen Spreng- oder Brandvorrichtung und von Ausgangsstoffen für die Herstellung von Rizin unterstützte; strafbar gemäß § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 89a Abs. 2a StGB, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Variante 2 KrWaffKG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KrWaffKG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG Teil A Il. 3. Buchst. b) 3.1. Buchst. d) Ziff. 4., §§ 27, 52, 53 StGB.

II.


7
Die Voraussetzungen der Anordnung der Untersuchungshaft und ihrer Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
8
1. Die Beschuldigten sind der ihnen vorgeworfenen Taten dringend verdächtig.
9
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
10
aa) Die Vereinigung "Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien (ISIG)" bzw. "Islamischer Staat (IS)"
11
Der IS ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak und das Regime des syrischen Präsidenten Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die Vereinigung als legitimes Mittel des Kampfes an.
12
Die Führung der Vereinigung, die sich mit der Ausrufung des "Kalifats" im Juni 2014 aus "Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien" in "Islamischer Staat" umbenannte und damit von der regionalen Selbstbeschränkung auf ein "Großsyrien" Abstand nahm, hat der "Emir" Abu Bakr al-Baghdadi inne, der von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt wurde, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Ihm unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "Kriegsminister" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "ShuraRäte". Veröffentlichungen werden üblicherweise in einer Medienabteilung produziert und über eine Medienstelle verbreitet, die dazu einen eigenen Twitterkanal und ein Internetforum nutzt. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift "Allah - Rasul - Muhammad" auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islamischen Glaubensbekenntnis. Die - zeitweilig mehrere Tausend - Kämpfer sind dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
13
Die von ihr besetzten Gebiete teilte die Vereinigung in Gouvernements ein und richtete einen Geheimdienstapparat ein; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der syrischen Armee, aber auch von in Gegnerschaft zum IS stehenden Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des IS in Frage stellen, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus beging der IS immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So hat er auch für Anschläge in Europa, etwa in Frankreich und Belgien die Verantwortung übernommen.
14
bb) Die Beschuldigten Y. H. und S. H. lernten sich im Jahr 2014 über das Internet kennen und heirateten am in Tunesien. Beide identifizierten sich bereits seit längerer Zeit mit den Zielen und Wertvorstellungen des IS. Übereinstimmender Wunsch der Eheleute war es, nach Syrien zu reisen, um sich dort dem IS anzuschließen , sich in das Verbandsleben einzugliedern und sich auf dessen Seite an der bewaffneten Auseinandersetzung im Rahmen des Bürgerkriegs in Syrien und im Irak sowie in sonstiger Weise in Syrien für diesen zu betätigen.
15
cc) Die Tathandlungen des Beschuldigten S. H.
16
(1) Zur Umsetzung seiner Absicht, in Syrien am Jihad gegen die "Ungläubigen" teilzunehmen, begab sich der Beschuldigte S. H. im Zeitraum vom 26. August bis zum 5. September 2017 und vom 15. bis 22. September 2017 jeweils von der Bundesrepublik Deutschland aus in die Türkei mit dem Ziel, anschließend nach Syrien auszureisen und sich dort zunächst in einem vom IS betriebenen Ausbildungslager zum Kampf ausbilden zu lassen, um sodann an Kampfhandlungen des IS teilzunehmen. Aus unbekannten Gründen gelang ihm in beiden Fällen die Weiterreise nach Syrien nicht (Fälle 1 und 2).
17
(2) Im September und Oktober 2017 stand der Beschuldigte S. H. mit Kämpfern des IS in Syrien in Kontakt. Diese schlugen ihm vor, in Deutschland einen Anschlag gegen die "Ungläubigen" zu verüben. Nach dem Scheitern seiner Ausreisen in den Herrschaftsbereich des IS beschäftigte sich der Beschuldigte mit den Möglichkeiten der Durchführung eines Anschlags und fasste spätestens im Frühjahr 2018 den Entschluss dazu. Sein Ziel war es, an einem bislang noch nicht bekannten geschlossenen und belebten Ort – möglicherweise in einem Restaurant, Einkaufszentrum oder Bus – einen Sprengsatz mit dem Sprengstoff Ammonal und einer mit der biologischen Waffe Rizin präparierten Splitterladung zu zünden, um eine möglichst große Anzahl von Personen zu töten und zu verletzen.
18
In Umsetzung seines Vorhabens beschäftigte sich der Beschuldigte mit der Herstellung von Rizin, beschaffte sich im Zeitraum vom 15. April bis zum 14. Mai 2017 über Online-Versandhändler mehr als 3.000 hierfür notwendige Rizinussamen und ließ sich spätestens ab dem 9. Mai 2018 über den InstantMessenger Telegram von der nicht identifizierten Person "M. " in der Herstellung des Toxins Rizin unterweisen. Dieser vermittelte dem Beschuldigten die Kenntnis des für die Gewinnung notwendigen Mischverhältnisses mit Aceton. So angeleitet gelang es dem Beschuldigten, Ende Mai 2018 unter Zuhilfenahme einer elektrischen Kaffeemühle sowie unter Verwendung von Aceton 84,3 Milligramm Rizin herzustellen.
19
Am 27. Mai 2018 vermittelte der bisher nicht identifizierte TelegramNutzer "A. " dem Beschuldigten das Wissen zur Herstellung von Aluminiumpulver und erklärte sich bereit, ihn bei der Besorgung weiterer für die Sprengladung benötigter Stoffe anzuleiten. So gab er dem Beschuldigten am 29. Mai 2018 den Ratschlag, Einmal-Kältekompressen zur Gewinnung des für den Sprengstoff Ammonal benötigten Ammoniumnitrats zu beschaffen. Daraufhin erwarb der Beschuldigte am 30. Mai 2018 bei Amazon über ein auf den Namen der Beschuldigten Y. H. eingerichtetes Benutzerkonto drei Packungen Einmal-Kältekompressen, um an Ammoniumnitrat zu gelangen; dieses Vorhaben scheiterte, weil diese Substanz in Deutschland kein zugelassener Inhaltsstoff ist. Am 5. Juni 2018 bezog er über Amazon 250 Metallkugeln, die sowohl als Grundstoff für das für die Sprengladung benötigte Aluminiumpulver als auch als Splittermaterial vorgesehen waren. Als Zündauslösevorrichtung für den Sprengsatz sollte ein Glühbrückenzünder Verwendung finden (Fall 3).
20
(3) Am 22. und 30. April 2018 kontaktierte der Beschuldigte S. H. über einen Telegram-Chat den nicht identifizierten Nutzer "Idarat Siryyat Ajnad". Der Bestandteil "ldarat" des Nutzernamens steht dabei für "Administrator", "Ajnad" für die gleichnamige Medienstelle des Islamischen Staates. Über diesen Kanal werden Propagandanachrichten des IS verbreitet, woran sich der Beschuldigte beteiligen wollte. Zu diesem Zweck besprach er mit seinem Kommunikationspartner, wie er "Medienangriffe" - gemeint sind gezielte Veröffentlichungen von Propagandanachrichten des IS aus dem für gewöhnliche Nutzer nicht zugänglichen Privatkanal "Ajnad" auf anderen dem IS nahestehenden lnternetseiten - erlernen könne. Im Anschluss legte er im Telegram -Chat "nochmal" einen Treueeid auf den Anführer des IS, Abu Bakr AI-Baghdadi, ab, und vereinbarte mit seinem Chatpartner, künftig an der Propagandaarbeit mitzuwirken. Der Beschuldigte handelte dabei in der Vorstellung und mit dem Willen, dass er mit einem Vertreter der offiziellen Medienstelle "Ajnad" des IS in Verbindung stand, er über diesen seine Bereitschaft zur Teilnahme an der Tätigkeit der Organisation bekunden und seine Aufnahme in die Vereinigung erreichen könnte. Ihm kam es darauf an, in der Medienarbeit des Islamischen Staates für diesen tätig zu werden. Ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt der Beschuldigte bereits zuvor den Treueeid auf AI-Baghdadi abgelegt hatte, ließ sich bisher nicht ermitteln; ebenso ist noch ungeklärt, ob es sich bei "ldarat Siryyat Ajnad" tatsächlich um ein IS-Mitglied oder eine Person mit Anbindung zum IS handelt (Fall 4).
21
dd) Die Tathandlungen der Beschuldigten Y. H.
22
(1) In dem Wissen, dass der Mitbeschuldigte S. H. beabsichtigte , auch ohne sie in Richtung Syrien auszureisen und um ihm dies zu ermöglichen, buchte die Beschuldigte Y. H. über ihre E-MailAdresse " o. " und unter Nutzung ihrer Kreditkarte für ihren Ehemann einen Flug für den 26. August 2017 von Köln nach Istanbul. Am 31. August 2017 überwies sie ihm zudem 370 € über den Finanzdienstleister Western Union nach Istanbul.
23
(2) Durch Buchung eines Fluges von Köln nach Istanbul für den 15. September 2017 wollte die Beschuldigte ihrem Mann erneut die Ausreise zum IS ermöglichen. Der Mitbeschuldigte S. H. hielt sich in ver- schiedenen, ebenfalls durch Y. H. gebuchten Hotels auf, bis er am 21. September 2017 die Rückreise antrat. Die Weiterreise des Mitbeschuldigten S. H. in Richtung Syrien scheiterte jeweils in der Türkei aus bislang unbekannten Gründen. Beide Eheleute gaben ihre Ausreisepläne dennoch nicht auf.
24
(3) Nach Scheitern seiner oben beschriebenen Ausreisen in Richtung des Herrschaftsgebiets des IS beschäftigte sich der Beschuldigte S. H. mit Möglichkeiten der Durchführung eines Anschlags (siehe oben zu II.1.a) cc) (2)); die Beschuldigte Y. H. wusste davon. Zu diesem Zweck informierte er sich auch über die Beschaffung explosiver Stoffe aus Polen und reiste dazu vom 13. bis zum 15. Oktober 2017 nach Slubice, dem Sitz einer Pyrotechnik-Firma. Das Hotelzimmer in Slubice und den Fernbus in Richtung Polen buchte die Beschuldigte Y. H. über ihr E-MailKonto und unter Nutzung ihrer Kreditkarte für ihren Ehemann in Kenntnis der Verwendung zum Erwerb pyrotechnischer Materialien. In der Folge führte die Beschuldigte Y. H. eine Korrespondenz mit der Firma P. über eine am 27. Oktober 2017 aufgegebene Bestellung bislang unbekannten Inhalts.
25
Auch von dem spätestens im Frühjahr 2018 gefassten Plan ihres Ehemannes , einen Sprengsatz zu zünden, um eine möglichst große Anzahl von Personen zu töten und zu verletzen, wusste die Beschuldigte Y. H. und unterstützte ihn in der Umsetzung seines Vorhabens.
26
Da es zu Schwierigkeiten bei der Auslieferung der am 4. Mai 2018 bei dem Online-Marktplatz eBay über das Konto "s. " sowie am 14. Mai 2018 über Amazon bei dem Internethändler As. erworbenen jeweils 1000 Rizinussamen kam und S. H. aufgrund seiner mangelhaf- ten Deutschkenntnisse keine Klärung erreichen konnte, übernahm die Beschuldigte Y. H. am 23. Mai 2018 die Kommunikation mit dem Lieferanten , was zu einer erfolgreichen Lieferung und der Dreingabe von 1000 Samen durch den Händler führte. Nachdem S. H. Ende Mai 2018 die Herstellung von 84,3 Milligramm Rizin gelang, kauften die Beschuldigten am 24. Mai 2018 gemeinsam einen Zwerghamster in der Zoohandlung K. in Köln. Auf diesen wollte der Mitbeschuldigte, wie die Beschuldigte Y. H. wusste, das Rizin auftragen, um die Wirksamkeit des Giftes zu testen.
27
Am 27. Mai 2018 vermittelte der nicht identifizierte Telegram-Nutzer "A. " dem Mitbeschuldigten S. H. das Wissen zur Herstellung von Aluminiumpulver und erklärte sich bereit, ihn bei der Besorgung weiterer für die Sprengladung benötigter Stoffe anzuleiten. So gab er dem Mitbeschuldigten am 29. Mai 2018 den Ratschlag, Einmal-Kältekompressen zur Gewinnung des für den Sprengstoff Ammonal benötigten Ammoniumnitrats zu erwerben. Für die Bestellung von drei Packungen Einmal-Kältekompressen am 30. Mai 2018 und 250 Metallkugeln am 5. Juni 2018, die sowohl als Grundstoff für das für die Sprenglandung benötigte Aluminiumpulver als auch als Splittermaterial vorgesehen waren, stellte die Beschuldigte Y. H. ihrem Ehemann ihr Amazonkonto in Kenntnis und Billigung seines Vorhabens zur Verfügung. Weiter wurden unter Bezahlung über PayPal-Konten der Beschuldigten Y. H. verschiedene, für die Herstellung einer unkonventionellen Sprengoder Brandvorrichtung (USBV) vorgesehene Gegenstände, u.a. Ersatzbirnen 1,5 V, zwei Voltmeter und Leitungsdrähte, bestellt.
28
Die weiteren Bemühungen des Mitbeschuldigten S. H. zur Herstellung größerer Mengen an Rizin und der USBV wurden durch seine Festnahme und die Durchsuchung seiner Wohnungen am 12. und 13. Juni 2018 beendet.
29
b) Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) ergibt sich aus den in den Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 1. August 2018 gegen den Beschuldigten S. H. und vom 24. Juli 2018 gegen die Beschuldigte Y. H. angeführten Beweismitteln ; wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die dortige jeweils ausführliche Darlegung der bisherigen Ermittlungsergebnisse. Die seither geführten Ermittlungen und Auswertungen haben den Verdacht der mit den Haftbefehlen erhobenen Tatvorwürfe bestätigt.
30
In seinen aus Anlass des Rechtshilfeersuchens der Tunesischen Republik durchgeführten Beschuldigtenvernehmungen vom 22. bis 24. Januar 2019 hat S. H. die Vorwürfe teilweise eingeräumt und sich unter anderem dahin eingelassen, dass er nach Syrien wollte, "auch wegen dem Jihad". Im Sommer 2017 habe er ein Video über die Herstellung von Rizin - ein Gift, dass als Waffe benutzt werden könne - gesehen und danach einen "Z. " gefragt, ob der für ihn Rizinussamen kaufen könne. Er habe ausprobieren wollen, ob das wirklich giftig und ob das Video realistisch sei. Gegen Personen habe er das Gift nicht einsetzten wollen; er habe gehofft, dann (nach der Herstellung) einfacher nach Syrien zu kommen, weil die Leute, die ihn nach Syrien bringen sollten, ihm dann mehr vertrauen würden. Z. habe ihm aber keine Rizinussamen besorgt; vielmehr habe er diese in Deutschland gekauft. Mitte Mai 2018 habe Z. ihm den Kontakt zu "Ab. ", der im Haftbefehl als "Abd. " bezeichnet wird, vermittelt, der ihm - dem Beschuldigten - einen gefälschten Pass beschaffen und in Italien übergeben sollte. Allerdings habe er nicht genügend Geld für die Beschaffung des Dokuments , mit dem er aus Angst vor der Abschiebung nach Tunesien habe ausreisen wollen, aufbringen können. Seine Reise nach Italien im Jahr 2017 habe nichts mit der Passbeschaffung zu tun gehabt. Er habe "nach Syrien reisen und die islamische Gruppierung im Kampf gegen das Regime unterstützen" wollen; an einem Training in einem Terrorcamp habe er nicht teilnehmen wollen.
31
Soweit der Beschuldigte die Tatvorwürfe bestreitet, beruht der dringende Tatverdacht auf den angeführten Beweismitteln.
32
Die abweichende Würdigung der Beweislage durch die Verteidigung der Beschuldigten Y. H. (vorgetragen mit den Schriftsätzen vom 14. Januar und 17. Februar 2019) begründet - insbesondere auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite - keine durchgreifenden Zweifel. Vor dem Hintergrund der sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Aktivitäten der Beschuldigten und ihrer Einbindung in die Beschaffung von Rizinussamen und pyrotechnischer Materialien begründet auch der Versuch des Beschuldigten S. H. , seine Ehefrau mit dem Brief vom 15. Juni 2018 zu einer abgestimmten Erklärung für die Herstellung des in der Wohnung sichergestellten Rizins zu veranlassen, den dringenden Verdacht, dass sie in seine Anschlagspläne eingebunden war.
33
Hinsichtlich der außereuropäischen Vereinigung IS beruht der dringende Tatverdacht für den hier relevanten Zeitraum - senatsbekannt - auf islamwissenschaftlichen Gutachten sowie auf diversen Behördenerklärungen der Geheimdienste und polizeilichen Auswertungsberichten (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2018 – StB 29/17 –, juris Rn. 22).
34
c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
35
Der Beschuldigte S. H. ist dringend verdächtig, in zwei Fällen eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben, indem er es am 26. August und am 15. September 2017 unternahm, zum Zwecke der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und um sich unterweisen zu lassen in der Herstellung von und im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen und sonstigen Fertigkeiten, aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB stattfinden (Fälle 1 und 2), seit April 2018 eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben, nämlich eine Straftat gegen das Leben nach §§ 211, 212 StGB, die nach den Umständen geeignet und bestimmt ist, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, indem er sich in der Herstellung von Spreng- und Brandvorrichtungen und von Stoffen, die Gift enthalten, unterweisen ließ und Gegenstände sowie Stoffe sich verschaffte und verwahrte, die für die Herstellung von Spreng- und Brandvorrichtungen , Sprengstoffen und der zu der Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen wesentlich sind, und durch dieselbe Handlung vorsätzlich biologische Waffen hergestellt zu haben (Fall 3), und versucht zu haben, sich als Mitglied an der außereuropäischen terroristischen Vereinigung IS zu beteiligen (Fall 4); strafbar gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Variante 2 KrWaffKG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KrWaffKG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG Teil A II.3. Buchst. b) 3.1. Buchst. d) Ziff. 4., § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 2a in Verbindung mit Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, §§ 129a, 129b, 12 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1, §§ 52, 53 StGB.
36
Das Verhalten der Beschuldigten Y. H. begründet den dringenden Tatverdacht der Beihilfe (§ 27 StGB) zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 2a StGB in Verbindung mit Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB in zwei tatmehrheitlichen Fällen durch Finanzierung und Organisation der Ausreisen des Mitbeschuldigten S. H. aus der Bundesrepublik Deutschland (Fälle 1. und 2.) sowie zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) mit Beihilfe zur vorsätzlichen Herstellung von biologischen Waffen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Variante 2 KrWaffKG (Fall 3.) durch ihre Unterstützung bei der Beschaffung von Utensilien zur Herstellung einer unkonventionellen Spreng- oder Brandvorrichtung und von Ausgangsstoffen für die Herstellung von Rizin.
37
Bei dem bei der Durchsuchung aufgefundenen Rizin in Form einer Paste handelt es sich um eine biologische Waffe gemäß § 1 Abs. 1 KrWaffKG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG Teil A Il 3. Buchst. b) 3.1. Buchst. d) Ziff. 4.
38
d) Die nach § 129b Abs. 1 Sätze 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit der sich als "Islamischer Staat im Irak und Großsyrien" sowie als "Islamischer Staat" bezeichnenden ausländischen terroristischen Vereinigung hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 13. Oktober 2015 unter Neufassung seiner früheren Erklärungen erteilt (Az.: II B 1 zu 4030 E (1326) 21 495/2015).
39
e) Die Voraussetzungen zur Begründung einer evokativen Zuständigkeit für die Strafverfolgung der Taten nach § 89a StGB gemäß § 142a Abs. 1 Satz 1 GVG in Verbindung mit § 120 Abs. 2 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 74a Abs. 1 GVG sind aus den zutreffenden Erwägungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs in den Haftbefehlen vom 24. Juli und vom 1. August 2018 gegeben. Es handelt sich um einen Fall von besonderer Bedeutung im Sinne des § 120 Abs. 2 Nr. 1 GVG, da die vorgeworfenen Delikte sich unter Beachtung des Ausmaßes der Rechtsgutsverletzungen als staatsgefährdende Taten von erheblichem Gewicht darstellen, welche die Schutzgüter des Gesamtstaates in einer derart spezifischen Weise angreifen, dass ein Einschreiten des Generalbundesanwalts und eine Aburteilung durch ein Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Gericht geboten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. November 2009 – 3 StR 327/09, NStZ 2010, 468; vom 13. Januar 2009 – AK 20/08, BGHSt 53, 128, 140).
40
2. Es bestehen für beide Beschuldigten die Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2, 3 StPO). Sie haben im Falle ihrer Verurteilung jeweils mit erheblichen Freiheitsstrafen zu rechnen. Dem daraus folgenden hohen Fluchtanreiz stehen keine hinreichend festen persönlichen und sozialen Bindungen der Beschuldigten entgegen, welche die Annahme rechtfertigen, sie würden sich dem Verfahren in Deutschland stellen. Außerdem begingen sie Verdunkelungshandlungen.
41
a) Der Beschuldigte S. H. verfügt über keinen Aufenthaltstitel , sondern lediglich über eine Fiktionsbescheinigung im Sinne des § 81 Abs. 5 AufenthG. Einer Erwerbstätigkeit ging der Beschuldigte in Deutschland nicht nach. Zu keiner Zeit beabsichtigte er einen langfristigen Aufenthalt in Deutschland; er bemühte sich bereits im Jahr 2017 zwei Mal, über die Türkei nach Syrien zum Islamischen Staat zu gelangen, pflegte Kontakte ins Ausland und zeigte sich nach dem Verlust seines Reisepasses seit längerem intensiv um die Erlangung eines Passes bemüht. Einem Chat mit dem Chatpartner Z.
lässt sich - wie der Beschuldigte inzwischen eingeräumt hat - entnehmen, dass er eine baldige Ausreise beabsichtigte und anstrebte, einen gefälschten Reisepass für eine Ausreise aus Deutschland in den Tschad oder nach Italien zu erlangen. Er war bereit, auch ohne seine Frau und seine Kinder die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen; sonstige soziale Bindungen, die einer Fluchtgefahr wirksam begegnen könnten, sind nicht ersichtlich.
42
Darüber hinaus besteht der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 b) StPO). Der Beschuldigte schrieb seiner Ehefrau am 15. Juni 2018 aus der Untersuchungshaft einen der Kontrolle unterliegenden Brief, in dem er sie zu einer Aussage mit einer abgestimmten Erklärung für die Herstellung des in der Wohnung sichergestellten Rizins bestimmen wollte.
43
b) Die Beschuldigte Y. H. ist zwar Mutter von sieben Kindern unter anderem eines Säuglings und eines weiteren Kleinkindes. Jedoch verfügt sie derzeit weder über einen festen Wohnsitz noch über eine geregelte Erwerbstätigkeit. Nach der fristlosen Kündigung ihrer vorherigen Wohnung lebt sie vorübergehend bei einer ihrer Töchter; eine weitere Tochter und ihre beiden Söhne sind in einem Kinderheim untergebracht. Zwar hat die Beschuldigte nach eigenem Bekunden in Br. eine Wohnung in Aussicht, jedoch beabsichtigte auch sie, Deutschland zu verlassen, wie sie ihrem Ehemann bereits während seines Aufenthaltes in der Türkei in WhatsApp-Nachrichten vom 27. August 2017 mitteilte. Im Rahmen eines Briefes an die Zeuginnen L. und T. äußerte sie ihren Plan, "Hijrah zu machen" und dabei ihre Söhne gegebenenfalls zurückzulassen. Dass sie unter Hijrah (wörtlich: Auswanderung, Auszug) wie vom IS propagiert die Verpflichtung verstand, als Jihadistin in das von dieser Vereinigung kontrollierte Gebiet zu reisen, legt ihre Mitteilung nahe, sie habe dem Mitbeschuldigten S. H. ihr ganzes Geld gegeben, damit er "hijrah zu ISIS machen" und sie nachkommen könne.
44
Darüber hinaus liegt der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr vor (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO). Das Verhalten der Beschuldigten begründet den dringenden Verdacht, dass sie auf Beweismittel einwirken und dadurch die Ermittlung der Wahrheit erschweren wird. Diesbezüglich haben die Zeuginnen T. und L. bekundet, die Beschuldigte habe sie gebeten, den Brief, den sie an sie geschrieben hatte, nicht weiterzugeben; sie wolle nicht, dass der Brief bekannt werde, sie "habe schon genug Probleme".
45
3. Schließlich liegt bei dem Beschuldigten S. H. auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung der Vorschrift der Haftgrund der Schwerkriminalität nach § 112 Abs. 3 StPO vor.
46
4. Eine mit Auflagen nach § 116 StPO verbundene Außervollzugsetzung der Haftbefehle ist unter den gegebenen Umständen nicht geeignet, den Zweck der Untersuchungshaft in gleicher Weise zu erfüllen.
47
5. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor.
48
Die besondere Schwierigkeit und der Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen. Die erforderliche Auswertung der Beweismittel zur Aufklärung des Ausmaßes der Aktivitäten der Beschuldigten gestaltete sich als besonders aufwändig.
49
Gegenstand der Ermittlungen sind insgesamt vier Lebenssachverhalte, wobei es sich im Fall 3. um ein komplexes Geschehen mit einer Vielzahl von Einzelakten handelt, die sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten erstreckten.
50
An die vorläufige Festnahme des Beschuldigten S. H. am 13. Juni 2018 schloss sich unter anderem die Durchsuchung zweier von den Beschuldigten genutzter Wohnungen an, die durch den Umstand erschwert war, dass sich Rizin in den Räumlichkeiten befand und der Umfang der Kontamination nicht bekannt war. Insgesamt 65 sichergestellte Gegenstände wurden auf die hoch giftige Substanz untersucht. Auch die sachverständige Begutachtung der sichergestellten Explosivstoffe und der sonstigen zum Bau einer Sprengvorrichtung geeigneten Gegenstände gestaltete sich aufwändig, da mehrtägige Sprengversuche mit anschließender Auswertung der Messergebnisse durchzuführen waren. Die kriminaltechnischen Untersuchungen der Asservate auf DNA-Spuren der Beschuldigten konnten bisher nicht abgeschlossen werden.
51
Neben weiteren Datenträgern wurde der Datenbestand aus insgesamt sieben Mobiltelefonen mit SIM-Karten, teilweise auch mit Speicherkarten und CloudDaten, gesichert und ausgewertet. Da der Beschuldigte S. H. überwiegend in arabischer Sprache kommunizierte, waren umfangreiche Übersetzungen erforderlich, die unter anderem knapp 300 auf den Mobiltelefonen gespeicherte Chatverläufe umfassten. Es wurden 33 Zeugen und 90 Auskunftspersonen befragt. Aufgrund der vielfachen Auslandsbezüge des Sachverhalts waren Rechtshilfeersuchen in insgesamt acht Länder zu stellen, wobei die aus der Beantwortung erlangten Erkenntnisse teils ergänzende Ersuchen erforderlich machten; eine Antwort liegt noch nicht in allen Fällen vor. Antworten auf Europäische Ermittlungsanordnungen (EEA) nach Großbritannien, in die Niederlande , nach Italien sowie eine ergänzende EEA nach Polen stehen noch aus; ebenso die Beantwortung zweier Rechtshilfeersuchen in die Tunesische Republik. Bis Anfang Dezember 2018 konnten die polizeilichen Ermittlungen weitgehend abgeschlossen werden.
52
Nach alledem ist das Verfahren mit der in Haftsachen gebotenen Intensität beschleunigt und gefördert worden.
53
6. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft auch unter Berücksichtigung der besonderen Belastungen, die dieser für die Beschuldigten zur Folge hat, nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle der Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dies gilt angesichts der Schwere des Tatvorwurfs und des Tatverdachts für die Beschuldigte Y. H. auch unter Berücksichtigung der erst kürzlich erfolgten Geburt ihres siebten Kindes und ihrer Verantwortung für die zwei vor der Verhaftung in ihrem Haushalt lebenden Kinder.
Schäfer Gericke Hoch

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2019 - AK 54/18

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2019 - AK 54/18 zitiert 29 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 81 Beantragung des Aufenthaltstitels


(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist u

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung


(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausg

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd

Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

Strafprozeßordnung - StPO | § 120 Aufhebung des Haftbefehls


(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sich

Strafgesetzbuch - StGB | § 89a Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat


(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 od

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 8 Kriegsverbrechen gegen Personen


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt 1. eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,2. eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,3. ein

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 120


(1) In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug 1. (weggefallen)2. bei Hochverrat (§§ 81 bis 83 des S

Strafgesetzbuch - StGB | § 12 Verbrechen und Vergehen


(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. (2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht si

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 9 Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der ge

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 11 Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt 1. mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten n

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 10 Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen und Embleme


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt 1. einen Angriff gegen Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge richtet, die an einer humanitären Hilfsmission oder an einer friedense

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 7 Verbrechen gegen die Menschlichkeit


(1) Wer im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung 1. einen Menschen tötet,2. in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die g

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 74a


(1) Bei den Landgerichten, in deren Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, ist eine Strafkammer für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts als erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zuständig für Straftaten 1. des Friedensverrats in den Fäll

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 12 Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt 1. Gift oder vergiftete Waffen verwendet,2. biologische oder chemische Waffen verwendet oder3. Geschosse verwendet, die sich leicht im Körper des Mensche

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 142a


(1) Der Generalbundesanwalt übt in den zur Zuständigkeit von Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen gemäß § 120 Absatz 1 und 2 das Amt der Staatsanwaltschaft auch bei diesen Gerichten aus. Für die Übernahme der Strafverfolgung

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2019 - AK 54/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2018 - StB 29/17

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 4/18 StB 29/17 vom 22. Februar 2018 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen Verdachts von Kriegsverbrechen u.a. ECLI:DE:BGH:2018:220218BAK4.18.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Besch

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2009 - AK 20/08

bei uns veröffentlicht am 13.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 20/08 vom 13. Januar 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja _________________________________ AWG § 34 Abs. 2 Nr. 3; Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c; GVG § 120 Abs. 2 Nr. 4 1. Zur Eignung einer Straftat

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung

1.
einen Menschen tötet,
2.
in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
3.
Menschenhandel betreibt, insbesondere mit einer Frau oder einem Kind, oder wer auf andere Weise einen Menschen versklavt und sich dabei ein Eigentumsrecht an ihm anmaßt,
4.
einen Menschen, der sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er ihn unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
5.
einen Menschen, der sich in seinem Gewahrsam oder in sonstiger Weise unter seiner Kontrolle befindet, foltert, indem er ihm erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, die nicht lediglich Folge völkerrechtlich zulässiger Sanktionen sind,
6.
einen anderen Menschen sexuell nötigt oder vergewaltigt, ihn zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält,
7.
einen Menschen dadurch zwangsweise verschwinden lässt, dass er in der Absicht, ihn für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen,
a)
ihn im Auftrag oder mit Billigung eines Staates oder einer politischen Organisation entführt oder sonst in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt, ohne dass im Weiteren auf Nachfrage unverzüglich wahrheitsgemäß Auskunft über sein Schicksal und seinen Verbleib erteilt wird, oder
b)
sich im Auftrag des Staates oder der politischen Organisation oder entgegen einer Rechtspflicht weigert, unverzüglich Auskunft über das Schicksal und den Verbleib des Menschen zu erteilen, der unter den Voraussetzungen des Buchstaben a seiner körperlichen Freiheit beraubt wurde, oder eine falsche Auskunft dazu erteilt,
8.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt,
9.
einen Menschen unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt oder
10.
eine identifizierbare Gruppe oder Gemeinschaft verfolgt, indem er ihr aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, aus Gründen des Geschlechts oder aus anderen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts als unzulässig anerkannten Gründen grundlegende Menschenrechte entzieht oder diese wesentlich einschränkt,
wird in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummern 3 bis 7 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren und in den Fällen der Nummern 8 bis 10 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 7 Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 und 9 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 3 bis 10 den Tod eines Menschen, so ist die Strafe in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 7 lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren und in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 bis 10 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist die Strafe bei einer Tat nach Absatz 1 Nr. 3 bis 7 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren und bei einer Tat nach Absatz 1 Nr. 8 bis 10 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) Wer ein Verbrechen nach Absatz 1 in der Absicht begeht, ein institutionalisiertes Regime der systematischen Unterdrückung und Beherrschung einer rassischen Gruppe durch eine andere aufrechtzuerhalten, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, soweit nicht die Tat nach Absatz 1 oder Absatz 3 mit schwererer Strafe bedroht ist. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, soweit nicht die Tat nach Absatz 2 oder Absatz 4 mit schwererer Strafe bedroht ist.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,
2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,
3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält,
5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet,
6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist,
8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er
a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden,
b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen der Nummern 3 bis 5 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen der Nummern 6 bis 8 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in den Fällen der Nummer 9 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert,
2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt,
3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder
4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind

1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen;
2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden;
3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt völkerrechtswidrig anordnet, dass Rechte und Forderungen aller oder eines wesentlichen Teils der Angehörigen der gegnerischen Partei aufgehoben oder ausgesetzt werden oder vor Gericht nicht einklagbar sind, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
einen Angriff gegen Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge richtet, die an einer humanitären Hilfsmission oder an einer friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem humanitären Völkerrecht gewährt wird, oder
2.
einen Angriff gegen Personen, Gebäude, Material, Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmittel richtet, die in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnet sind,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft. In minder schweren Fällen, insbesondere wenn der Angriff nicht mit militärischen Mitteln erfolgt, ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt die Schutzzeichen der Genfer Abkommen, die Parlamentärflagge oder die Flagge, die militärischen Abzeichen oder die Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen missbraucht und dadurch den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen (§ 226 des Strafgesetzbuches) verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen,
2.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten,
3.
mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Schutzschild einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten,
5.
das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung einsetzt, indem er ihnen die für sie lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält oder Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht behindert,
6.
als Befehlshaber anordnet oder androht, dass kein Pardon gegeben wird, oder
7.
einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei meuchlerisch tötet oder verwundet,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft. In minder schweren Fällen der Nummer 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 1 bis 6 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
Gift oder vergiftete Waffen verwendet,
2.
biologische oder chemische Waffen verwendet oder
3.
Geschosse verwendet, die sich leicht im Körper des Menschen ausdehnen oder flachdrücken, insbesondere Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

(2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.

(3) Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

22
aa) Hinsichtlich der außereuropäischen Vereinigung "Islamischer Staat" beruht er für den hier relevanten Zeitraum - senatsbekannt - auf islamwissenschaftlichen Gutachten sowie auf diversen Behördenerklärungen der Geheimdienste und polizeilichen Auswertungsberichten.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

(2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.

(3) Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Der Generalbundesanwalt übt in den zur Zuständigkeit von Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen gemäß § 120 Absatz 1 und 2 das Amt der Staatsanwaltschaft auch bei diesen Gerichten aus. Für die Übernahme der Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt genügt es, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen gegeben sind. Vorgänge, die Anlass zu der Prüfung einer Übernahme der Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt geben, übersendet die Staatsanwaltschaft diesem unverzüglich. Können in den Fällen des § 120 Abs. 1 die Beamten der Staatsanwaltschaft eines Landes und der Generalbundesanwalt sich nicht darüber einigen, wer von ihnen die Verfolgung zu übernehmen hat, so entscheidet der Generalbundesanwalt.

(2) Der Generalbundesanwalt gibt das Verfahren vor Einreichung einer Anklageschrift oder einer Antragsschrift (§ 435 der Strafprozessordnung) an die Landesstaatsanwaltschaft ab,

1.
wenn es folgende Straftaten zum Gegenstand hat:
a)
Straftaten nach den §§ 82, 83 Abs. 2, §§ 98, 99 oder 102 des Strafgesetzbuches,
b)
Straftaten nach den §§ 105 oder 106 des Strafgesetzbuches, wenn die Tat sich gegen ein Organ eines Landes oder gegen ein Mitglied eines solchen Organs richtet,
c)
Straftaten nach § 138 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit einer der in Buchstabe a bezeichneten Strafvorschriften oder
d)
Straftaten nach § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes, nach § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes oder nach § 4 Abs. 4 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes und § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes;
2.
in Sachen von minderer Bedeutung.

(3) Eine Abgabe an die Landesstaatsanwaltschaft unterbleibt,

1.
wenn die Tat die Interessen des Bundes in besonderem Maße berührt oder
2.
wenn es im Interesse der Rechtseinheit geboten ist, daß der Generalbundesanwalt die Tat verfolgt.

(4) Der Generalbundesanwalt gibt eine Sache, die er nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder § 74a Abs. 2 übernommen hat, wieder an die Landesstaatsanwaltschaft ab, wenn eine besondere Bedeutung des Falles nicht mehr vorliegt.

(1) In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug

1.
(weggefallen)
2.
bei Hochverrat (§§ 81 bis 83 des Strafgesetzbuches),
3.
bei Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 100a des Strafgesetzbuches) sowie bei Straftaten nach § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes, nach § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes oder nach § 4 Abs. 4 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes und § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes,
4.
bei einem Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten (§ 102 des Strafgesetzbuches),
5.
bei einer Straftat gegen Verfassungsorgane in den Fällen der §§ 105, 106 des Strafgesetzbuches,
6.
bei einer Zuwiderhandlung gegen das Vereinigungsverbot des § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches,
7.
bei Nichtanzeige von Straftaten nach § 138 des Strafgesetzbuches, wenn die Nichtanzeige eine Straftat betrifft, die zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gehört und
8.
bei Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch.

(2) Diese Oberlandesgerichte sind ferner für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug zuständig

1.
bei den in § 74a Abs. 1 bezeichneten Straftaten, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles nach § 74a Abs. 2 die Verfolgung übernimmt,
2.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuches), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuches) und den in § 129a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Strafgesetzbuches bezeichneten Straftaten, wenn ein Zusammenhang mit der Tätigkeit einer nicht oder nicht nur im Inland bestehenden Vereinigung besteht, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat, und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
3.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuchs), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuchs), erpresserischem Menschenraub (§ 239a des Strafgesetzbuchs), Geiselnahme (§ 239b des Strafgesetzbuchs), schwerer und besonders schwerer Brandstiftung (§§ 306a und 306b des Strafgesetzbuchs), Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c des Strafgesetzbuchs), Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie in den Fällen des § 307 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Missbrauch ionisierender Strahlen in den Fällen des § 309 Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs, Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens in den Fällen des § 310 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Überschwemmung in den Fällen des § 313 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs, gemeingefährlicher Vergiftung in den Fällen des § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs und Angriff auf den Luft- und Seeverkehr in den Fällen des § 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuchs, wenn die Tat nach den Umständen geeignet ist,
a)
den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen,
b)
Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben,
c)
die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des Nordatlantik-Pakts oder seiner nichtdeutschen Vertragsstaaten zu beeinträchtigen oder
d)
den Bestand oder die Sicherheit einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
4.
bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz sowie bei Straftaten nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, wenn die Tat oder im Falle des strafbaren Versuchs auch ihre unterstellte Vollendung nach den Umständen
a)
geeignet ist, die äußere Sicherheit oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, oder
b)
bestimmt und geeignet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt.
Eine besondere Bedeutung des Falles ist auch anzunehmen, wenn in den Fällen des Satzes 1 eine Ermittlungszuständigkeit des Generalbundesanwalts wegen des länderübergreifenden Charakters der Tat geboten erscheint. Die Oberlandesgerichte verweisen bei der Eröffnung des Hauptverfahrens die Sache in den Fällen der Nummer 1 an das Landgericht, in den Fällen der Nummern 2 bis 4 an das Land- oder Amtsgericht, wenn eine besondere Bedeutung des Falles nicht vorliegt.

(3) In den Sachen, in denen diese Oberlandesgerichte nach Absatz 1 oder 2 zuständig sind, treffen sie auch die in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen. Sie entscheiden ferner über die Beschwerde gegen Verfügungen der Ermittlungsrichter der Oberlandesgerichte (§ 169 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung) in den in § 304 Abs. 5 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen.

(4) Diese Oberlandesgerichte entscheiden auch über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a zuständigen Gerichts. Für Entscheidungen über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a Abs. 4 zuständigen Gerichts sowie in den Fällen des § 100e Absatz 2 Satz 6 der Strafprozessordnung ist ein nicht mit Hauptverfahren in Strafsachen befasster Senat zuständig.

(5) Für den Gerichtsstand gelten die allgemeinen Vorschriften. Die beteiligten Länder können durch Vereinbarung die den Oberlandesgerichten in den Absätzen 1 bis 4 zugewiesenen Aufgaben dem hiernach zuständigen Gericht eines Landes auch für das Gebiet eines anderen Landes übertragen.

(6) Soweit nach § 142a für die Verfolgung der Strafsachen die Zuständigkeit des Bundes begründet ist, üben diese Oberlandesgerichte Gerichtsbarkeit nach Artikel 96 Abs. 5 des Grundgesetzes aus.

(7) Soweit die Länder aufgrund von Strafverfahren, in denen die Oberlandesgerichte in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entscheiden, Verfahrenskosten und Auslagen von Verfahrensbeteiligten zu tragen oder Entschädigungen zu leisten haben, können sie vom Bund Erstattung verlangen.

(1) Bei den Landgerichten, in deren Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, ist eine Strafkammer für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts als erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zuständig für Straftaten

1.
des Friedensverrats in den Fällen des § 80a des Strafgesetzbuches,
2.
der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates in den Fällen der §§ 84 bis 86, 87 bis 90, 90a Abs. 3 und des § 90b des Strafgesetzbuches,
3.
der Gefährdung der Landesverteidigung in den Fällen der §§ 109d bis 109g des Strafgesetzbuches,
4.
der Zuwiderhandlung gegen ein Vereinigungsverbot in den Fällen des § 129, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches und des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes; dies gilt nicht, wenn dieselbe Handlung eine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz darstellt,
5.
der Verschleppung (§ 234a des Strafgesetzbuches) und
6.
der politischen Verdächtigung (§ 241a des Strafgesetzbuches).

(2) Die Zuständigkeit des Landgerichts entfällt, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles vor der Eröffnung des Hauptverfahrens die Verfolgung übernimmt, es sei denn, daß durch Abgabe nach § 142a Abs. 4 oder durch Verweisung nach § 120 Absatz 2 Satz 3 die Zuständigkeit des Landgerichts begründet wird.

(3) In den Sachen, in denen die Strafkammer nach Absatz 1 zuständig ist, trifft sie auch die in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen.

(4) Für die Anordnung von Maßnahmen nach den §§ 100b und 100c der Strafprozessordnung ist eine nicht mit Hauptverfahren in Strafsachen befasste Kammer bei den Landgerichten, in deren Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts zuständig.

(5) Im Rahmen der Absätze 1, 3 und 4 erstreckt sich der Bezirk des Landgerichts auf den Bezirk des Oberlandesgerichts.

(1) In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug

1.
(weggefallen)
2.
bei Hochverrat (§§ 81 bis 83 des Strafgesetzbuches),
3.
bei Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 100a des Strafgesetzbuches) sowie bei Straftaten nach § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes, nach § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes oder nach § 4 Abs. 4 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes und § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes,
4.
bei einem Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten (§ 102 des Strafgesetzbuches),
5.
bei einer Straftat gegen Verfassungsorgane in den Fällen der §§ 105, 106 des Strafgesetzbuches,
6.
bei einer Zuwiderhandlung gegen das Vereinigungsverbot des § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches,
7.
bei Nichtanzeige von Straftaten nach § 138 des Strafgesetzbuches, wenn die Nichtanzeige eine Straftat betrifft, die zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gehört und
8.
bei Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch.

(2) Diese Oberlandesgerichte sind ferner für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug zuständig

1.
bei den in § 74a Abs. 1 bezeichneten Straftaten, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles nach § 74a Abs. 2 die Verfolgung übernimmt,
2.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuches), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuches) und den in § 129a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Strafgesetzbuches bezeichneten Straftaten, wenn ein Zusammenhang mit der Tätigkeit einer nicht oder nicht nur im Inland bestehenden Vereinigung besteht, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat, und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
3.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuchs), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuchs), erpresserischem Menschenraub (§ 239a des Strafgesetzbuchs), Geiselnahme (§ 239b des Strafgesetzbuchs), schwerer und besonders schwerer Brandstiftung (§§ 306a und 306b des Strafgesetzbuchs), Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c des Strafgesetzbuchs), Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie in den Fällen des § 307 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Missbrauch ionisierender Strahlen in den Fällen des § 309 Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs, Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens in den Fällen des § 310 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Überschwemmung in den Fällen des § 313 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs, gemeingefährlicher Vergiftung in den Fällen des § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs und Angriff auf den Luft- und Seeverkehr in den Fällen des § 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuchs, wenn die Tat nach den Umständen geeignet ist,
a)
den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen,
b)
Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben,
c)
die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des Nordatlantik-Pakts oder seiner nichtdeutschen Vertragsstaaten zu beeinträchtigen oder
d)
den Bestand oder die Sicherheit einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
4.
bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz sowie bei Straftaten nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, wenn die Tat oder im Falle des strafbaren Versuchs auch ihre unterstellte Vollendung nach den Umständen
a)
geeignet ist, die äußere Sicherheit oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, oder
b)
bestimmt und geeignet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt.
Eine besondere Bedeutung des Falles ist auch anzunehmen, wenn in den Fällen des Satzes 1 eine Ermittlungszuständigkeit des Generalbundesanwalts wegen des länderübergreifenden Charakters der Tat geboten erscheint. Die Oberlandesgerichte verweisen bei der Eröffnung des Hauptverfahrens die Sache in den Fällen der Nummer 1 an das Landgericht, in den Fällen der Nummern 2 bis 4 an das Land- oder Amtsgericht, wenn eine besondere Bedeutung des Falles nicht vorliegt.

(3) In den Sachen, in denen diese Oberlandesgerichte nach Absatz 1 oder 2 zuständig sind, treffen sie auch die in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen. Sie entscheiden ferner über die Beschwerde gegen Verfügungen der Ermittlungsrichter der Oberlandesgerichte (§ 169 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung) in den in § 304 Abs. 5 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen.

(4) Diese Oberlandesgerichte entscheiden auch über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a zuständigen Gerichts. Für Entscheidungen über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a Abs. 4 zuständigen Gerichts sowie in den Fällen des § 100e Absatz 2 Satz 6 der Strafprozessordnung ist ein nicht mit Hauptverfahren in Strafsachen befasster Senat zuständig.

(5) Für den Gerichtsstand gelten die allgemeinen Vorschriften. Die beteiligten Länder können durch Vereinbarung die den Oberlandesgerichten in den Absätzen 1 bis 4 zugewiesenen Aufgaben dem hiernach zuständigen Gericht eines Landes auch für das Gebiet eines anderen Landes übertragen.

(6) Soweit nach § 142a für die Verfolgung der Strafsachen die Zuständigkeit des Bundes begründet ist, üben diese Oberlandesgerichte Gerichtsbarkeit nach Artikel 96 Abs. 5 des Grundgesetzes aus.

(7) Soweit die Länder aufgrund von Strafverfahren, in denen die Oberlandesgerichte in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entscheiden, Verfahrenskosten und Auslagen von Verfahrensbeteiligten zu tragen oder Entschädigungen zu leisten haben, können sie vom Bund Erstattung verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 327/09
vom
24. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. November 2009
einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Dezember 2008 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis zutreffend seine Zuständigkeit bejaht. Die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a GVG sind vorliegend gegeben. Die gegenständliche Tat war nach den Umständen bestimmt und geeignet die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Allerdings ist hierfür nicht ausreichend, dass die Tat das "Sicherheitsgefühl" der inländischen Bevölkerung negativ beeinflussen konnte. Ein derartiger Effekt kann durch Straftaten unterschiedlichster Art auch der "allgemeinen Kriminalität" - gegebenenfalls befördert durch eine entsprechende mediale Berichterstattung - eintreten und ist für sich allein daher nicht geeignet, die Bundeszuständigkeit für deren Aburteilung unter dem Gesichtspunkt des Staatsschutzes nach § 120 Abs. 2 Nr. 3 GVG zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, dass die Belange des Bundes auf dem Gebiet der inneren Sicherheit in vergleichbar schwerer Weise berührt werden, wie dies bei den anderen in § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 4 GVG genannten Straftaten der Fall ist, die der Ahndung durch die Bundesjustiz unterstellt sind. So liegt es namentlich dann, wenn die Tat nach den konkreten Umständen geeignet ist, das innere Gefüge des Gesamtstaates zu beeinträchtigen, oder sich gegen Verfassungsgrundsätze richtet (BGHSt 46, 238, 249 f.), wobei auch eine Gesamtbetrachtung beider Aspekte den spezifisch staatsgefährdenden Charakter des jeweiligen Delikts ergeben kann. Dieser ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Tat der Feindschaft des Täters gegen das freiheitlich-demokratische Staats- und Gesellschaftssystem der Bundesrepublik entspringt und er seine Opfer nur deshalb auswählt, weil sie dieses System als Amtsträger oder in sonstiger Weise repräsentieren, oder ohne jeden persönlichen Bezug lediglich deshalb angreift, weil sie Bürger oder Einwohner der Bundesrepublik Deutschland sind oder sich im Bundesgebiet aufhalten. Letzteres war hier der Fall: Nach den Feststellungen wollte der radikal-islamistisch eingestellte Angeklagte als Vergeltung für die Veröffentlichung der so genannten MohammedKarikaturen eine möglichst hohe Anzahl von Insassen zweier beliebig ausgesuchter , in Deutschland verkehrender Züge töten und sich damit zugleich am "weltweiten Jihad gegen den Westen" aktiv beteiligen. Die ins Auge gefassten Anschlagsopfer und Tatorte waren völlig willkürlich ausgewählt und standen mit Hintergrund sowie Anlass der Tat in keinerlei Beziehungsverhältnis. Die Gewalttat sollte möglichst viele Menschen treffen, die ersichtlich nichts mit den Medienereignissen zu tun hatten, die für den Angeklagten der Anlass für die Durchführung der Tat waren. Die Tatorte wurden nicht etwa vom Erscheinungsort der Zeitungen bestimmt, die die Karikaturen veröffentlicht hatten, sondern ergaben sich daraus, dass der Mittäter des Angeklagten in K. wohnte und die Täter die ausgewählten Züge dort besteigen wollten. Schließlich sollten die In- sassen der Züge als Opfer des Jihads nur deshalb sterben, weil sie sich zum Zeitpunkt der Anschläge in der Bundesrepublik Deutschland, einem Teil der westlichen Welt, aufhielten. Danach handelt es sich bei der Tat des Angeklagten , die durch die radikale Einstellung des Täters, seine Motivation und den Tatanlass sowie die willkürliche Auswahl beliebiger Opfer in möglichst hoher Zahl in Deutschland gekennzeichnet ist, um eine terroristische Gewalttat im Sinne von § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a GVG, die das Schutzgut der inneren Sicherheit der Bundesrepublik in einer derart spezifischen Weise angreift, dass ein Einschreiten des Generalbundesanwaltes und eine Aburteilung durch ein die Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Gericht geboten ist. Die besondere Bedeutung der Tat im Sinne von § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a GVG, die die Zuständigkeit des Bundes und damit die Evokationsbefugnis des Generalbundesanwalts begründet, hat das Oberlandesgericht im Ergebnis ebenfalls rechtsfehlerfrei bejaht. Bei der Tat handelt es sich um ein staatsgefährdendes Delikt von erheblichem Gewicht. Dem Angriff des Angeklagten auf die innere Sicherheit der Bundesrepublik kommt nach den gesamten Umständen die Bedeutung zu, die das Eingreifen der Strafverfolgungsorgane des Bundes rechtfertigt. Dass die Taten im Versuchsstadium stecken geblieben sind, hindert diese Beurteilung nicht. Nach der Konstruktion der Sprengsätze hätte ihre Detonation zu Toten, Verletzten und hohen Sachschäden geführt. Zu diesen, vom Angeklagten beabsichtigten Tatfolgen kam es nur wegen eines Konstruktionsfehlers nicht. Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 20/08
vom
13. Januar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________________
AWG § 34 Abs. 2 Nr. 3; Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c; GVG § 120 Abs. 2 Nr. 4
1. Zur Eignung einer Straftat nach dem Außenwirtschaftsgesetz, die auswärtigen
Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden.
2. Holen die Strafverfolgungsorgane zu dieser Frage eine Stellungnahme des
Auswärtigen Amtes ein, so ist dieses allein gehalten, die aufgrund seiner besonderen
Sachkunde dort bekannten, für die Beurteilung des konkreten Falles
relevanten Tatsachen mitzuteilen; die Erstattung eines Rechtsgutachtens
obliegt ihm nicht.
3. Zur Strafverfolgungskompetenz des Bundes und damit des Generalbundesanwalts
und der Staatsschutzsenate der Oberlandesgerichte bei Straftaten
nach dem Außenwirtschaftsgesetz.
BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - AK 20/08 - Ermittlungsrichter des
Bundesgerichtshofs
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verbrechens gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2 AWG u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Angeschuldigten und seines Verteidigers am 13. Januar
2009 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwaige erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Koblenz übertragen.

Gründe:

I.

1
Der Angeschuldigte ist am 20. Juni 2008 festgenommen worden und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom selben Tage (1 BGs 115/2008). Mit Beschluss vom 11. Juli 2008 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Haftbefehl aufrechterhalten und seinen weiteren Vollzug angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Angeschuldigten hat der Senat durch Beschluss vom 8. September 2008 (StB 19/08) verworfen. Mit Beschluss vom 21. November 2008 (1 BGs 212/2008) hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Haftbefehl neu gefasst. Am 12. Januar 2009 hat der Generalbundesanwalt gegen den Angeschuldigten Anklage zum Oberlandesgericht Koblenz erhoben.

II.

2
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
3
1. Der Angeschuldigte ist dringend verdächtig, mehrfach in strafbarer Weise gegen das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) verstoßen zu haben:
4
Der Angeschuldigte ist langjähriger Geschäftsführer der C. GmbH (im Folgenden: C. GmbH) mit Sitz in B. ; bis Ende 2006 war er gleichzeitig Alleingesellschafter dieses Unternehmens. Seit Mai 2001 ist er außerdem an dem türkischen Unternehmen IN. Ltd. beteiligt; dessen Geschäftsführer und Mitgesellschafter ist der gesondert Verfolgte I. . Spätestens Anfang 2006 kamen der Angeschuldigte, I. und der gesondert Verfolgte H. überein, zukünftig regelmäßig hochwertiges Graphit verschiedener Güteklassen ohne die erforderliche Genehmigung über die Türkei an die iranische S. (im Folgenden: S. ) zu liefern. Derartiges Graphit fällt unter den Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 (Dual-Use-Verordnung); seine Ausfuhr ist deshalb genehmigungspflichtig. Das Material ist auch von dem am 4. März 2008 im Bundesanzeiger veröffentlichten Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (Iran-Embargo-Verordnung) erfasst ; eine Lieferung in den Iran ist seitdem verboten. Es findet bei der Herstellung von Mittel- und Langstreckenraketen Verwendung. Die S. ist am Programm des Iran für ballistische Raketen beteiligt; H. vertrat sie als zentraler Einkäufer. Die S. und H. sind in dem am 8. Mai 2007 im Bundesanzeiger veröffentlichten Anhang IV der Iran-Embargo-Verordnung aufgeführt ; deshalb ist seit diesem Zeitpunkt die Lieferung jeglicher Waren an sie nicht erlaubt. Der Angeschuldigte beabsichtigte, sich durch die folgenden Taten eine dauerhafte, nicht unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen:
5
a) Zwischen März 2006 und Januar 2007 lieferte der Angeschuldigte in Ausführung der mit I. und H. getroffenen Vereinbarung in sechs Fällen Graphit der beschriebenen Art aus Deutschland über die Türkei in den Iran. Zur Umgehung der Ausfuhrkontrollen wurde das Material in den Unterlagen als geringwertiges Graphit bezeichnet, das nicht unter die Dual-Use-Verordnung gefallen wäre und somit genehmigungsfrei hätte ausgeführt werden können. Bei mehreren Lieferungen wurde das hochwertige Graphit in den Transportbehältnissen mit minderwertigem Material bedeckt. Die Gesamtmenge des in den Iran gelieferten hochwertigen Graphits betrug 13.173 kg. Ein Kaufpreis für das angeblich geringwertige Material wurde auf Firmenkonten der C. GmbH gutgeschrieben ; ein darüber hinausgehender Betrag wurde vereinbarungsgemäß auf Konten des Angeschuldigten auf den Seychellen transferiert.
6
b) Im Februar/März 2007 vereinbarten der Angeschuldigte und I. , weitere insgesamt zehn Tonnen hochwertiges Graphit an die S. in den Iran zu liefern. Zur Umgehung der deutschen Exportkontrolle wandte sich der Angeschuldigte an den Geschäftsführer der in England ansässigen T. Ltd. (im Folgenden: T. Ltd.), den Zeugen D. . Diesem spiegelte er vor, es handele sich um eine Lieferung in die Türkei; er verheimlichte ihm, dass in Wahrheit Endabnehmer des Graphits die S. im Iran sein sollte. In Absprache mit dem Angeschuldigten bestellte I. bei der T. Ltd. 120 Graphitblöcke zu einem Gesamtpreis von 124.800 €. Der Angeschuldigte verpflichtete sich, bei Nichtbezahlung des Materials durch den türkischen Abnehmer dieses selbst zu übernehmen. In der Folgezeit wurde die Lieferung von Teilmengen vereinbart.
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Im April/Mai 2007 wurde der erste Teil der Bestellung in die Türkei versandt. Aufgrund der unzutreffenden Angaben des Angeschuldigten beantragte die T. Ltd. keine Genehmigung für eine Ausfuhr in den Iran. H. verpflichtete sich, neben dem offiziellen Kaufpreis in Höhe von 36.680 € außerhalb der Buchführung weitere 60.000 € an den Angeschuldigten zu zahlen. Das Graphit verließ das EU-Gebiet im Mai 2007; es wurde durch den türkischen Zoll in Istanbul aufgehalten und im September 2007 zurückgesandt.
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Danach entschieden der Angeschuldigte und I. , das für den Iran bestimmte Graphit erneut von der T. Ltd. in die Türkei versenden zu lassen. Der Angeschuldigte gab der T. Ltd. einen angeblichen neuen Empfänger in der Türkei vor und veranlasste, dass aus den Lieferpapieren die Angaben entfernt wurden, die einen Rückschluss auf "gelistetes" Material zuließen. Das Graphit verließ das EU-Gebiet kurz nach dem 29. November 2007; es wurde jedoch vom türkischen Zoll erneut angehalten und im Februar 2008 wieder nach England zurückgeschickt.
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c) In der Folgezeit erwarb der Angeschuldigte für die C. GmbH das Graphit von der T. Ltd. Er erörterte mit I. verschiedene Möglichkeiten der Lieferung an die S. . Sie entschieden, das Graphit über andere Drittstaaten in den Iran transportieren zu lassen; dabei wurde konkret eine Lieferung über Rumänien und Aserbeidschan angestrebt. Zu diesem Zweck nahm I. Kontakt zu einem dem Angeschuldigten bekannten "A. " in Rumänien auf. Sodann erörterten der Angeschuldigte und I. die Zahlung einer Provision an "A. ". Die Aufbewahrung des erworbenen Graphits erfolgte außerhalb des eigentlichen Lagers der C. GmbH in einem Zelt. Das Material wurde weder verarbeitet noch an andere Kunden verkauft und der Anweisung des Angeschuldigten entsprechend nicht in die übliche Lagerbuchhaltung aufgenommen. Es wurde anlässlich einer Durchsuchung am 19./20. Juli 2008 sichergestellt.
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2. Der dringende Tatverdacht ergibt sich vor allem aus den mitgeteilten Erkenntnissen des Bundesnachrichtendienstes, den Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung, den Ergebnissen der Auswertung der sichergestellten EDV-Datenträger, den Aussagen mehrerer Zeugen und dem Inhalt zahlreicher schriftlicher Unterlagen sowie abgehörter Telefongespräche. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 20. Juni und 21. November 2008, dessen Haftfortdauerentscheidung vom 11. Juli 2008 sowie die in der Anklageschrift vom 7. Januar 2009 aufgeführten Beweismittel verwiesen. Der Senat hat zudem in seinem Beschluss vom 8. September 2008 den dringenden Verdacht bezüglich der beabsichtigten Lieferung weiterer zehn Tonnen Graphit in den Iran ausführlich begründet. Die dortigen Ausführungen gelten fort; der Senat nimmt auf sie Bezug.
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3. Danach hat sich der Angeschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit wie folgt strafbar gemacht:
12
a) In sechs Fällen (s. o. II. 1. a) führte er jeweils gewerbsmäßig entgegen Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 (Dual-Use-Verordnung) ohne die erforderliche Genehmigung Güter mit doppeltem Verwendungszweck aus, die im Anhang I dieser Verordnung aufgeführt sind; dadurch handelte er einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften über die Beschränkung des Außenwirtschaftsverkehrs zuwider. Da die erste Lieferung am 31. März 2006 und damit vor der Neufassung des Außenwirtschaftsgesetzes am 8. April 2006 durchgeführt wurde, richtet sich die Straf- barkeit insoweit nach § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2, § 33 Abs. 4 AWG aF; § 70 Abs. 5 a Nr. 1 AWV aF; § 25 Abs. 2 StGB. Für die weiteren fünf Taten gelten § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2, § 33 Abs. 4 AWG nF; § 70 Abs. 5 a Nr. 1 AWV; § 25 Abs. 2, § 53 StGB. Die Handlungen des Angeschuldigten waren geeignet , die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Hierzu gilt Folgendes:
13
aa) Das Merkmal der Eignung, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, ist sprachlich sehr weit gefasst. Die auswärtigen Beziehungen umfassen diejenigen Sachverhalte, die für das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, insbesondere für die Gestaltung der Außenpolitik Bedeutung haben. Nach allgemeinem Verständnis können hierzu im konkreten Regelungszusammenhang auch Kontakte politischer, wirtschaftlicher und kultureller Art gehören. Trotz der damit gegebenen Konzentration auf die staatliche Ebene erstreckt sich das Merkmal auf eine praktisch nicht überschaubare Vielfalt von Beziehungen. Seine Verwendung ist deshalb verfassungsrechtlich mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG in hohem Maße problematisch (vgl. BVerfG NJW 2004, 2213, 2219).
14
Allerdings zwingt das Bestimmtheitsgebot den Gesetzgeber nicht dazu, auf auslegungsfähige Begriffe vollständig zu verzichten. Welchen Grad an gesetzlicher Bestimmtheit der einzelne Straftatbestand haben muss, hängt von dessen Besonderheiten und den Umständen ab, die zu einer gesetzlichen Regelung führen (vgl. etwa BVerfGE 28, 175, 183; 75, 329, 341). Vorliegend wird zum einen eine konkretere Fassung der Norm durch die Komplexität der internationalen Beziehungen und die Vielfalt der Konfliktmöglichkeiten erschwert. Zum anderen besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, die gemeinsamen Interessen, welche die Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staa- ten verbinden, gerade auch auf dem Gebiet der Außenwirtschaft - nötigenfalls durch Strafbestimmungen - zu wahren. Vor diesem Hintergrund begegnet der Straftatbestand letztlich zwar noch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken; indes begibt sich der Gesetzgeber mit der Verwendung eines derartigen Tatbestandselements in den Grenzbereich des verfassungsrechtlich Zulässigen. Den Anforderungen an eine ausreichende Bestimmtheit genügt somit nur eine enge, konkretisierende Auslegung des Tatbestandsmerkmals durch die Strafgerichte. Bereits von Verfassungs wegen ist somit eine restriktive Interpretation dahin erforderlich, dass nicht jede denkbare negative Reaktion irgendeines fremden Staates, sondern nur eine mögliche schwerwiegende Beeinträchtigung der eigenen Interessen der Bundesrepublik Deutschland eine erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen darstellen kann (vgl. BVerfG NJW 1993, 1909, 1910; Diemer in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 166. ErgLfG. AWG § 34 Rdn. 18).
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Führt demnach schon der verfassungsrechtliche Kontext der Norm zur Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung, so wird dieses Ergebnis durch Überlegungen auf der Ebene des einfachen Gesetzes bestätigt (vgl. Wolffgang/Simonsen, Kommentar zum Außenwirtschaftsrecht Stand Februar 2008, AWG § 34 Rdn. 48, 58 ff.):
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§ 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG setzt nicht voraus, dass die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland konkret gefährdet oder gar gestört werden; bei der Norm handelt es sich vielmehr um ein abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. BGH NJW 1999, 2129; Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts 2. Aufl. § 29 Rdn. 2; Hocke/Berwald/ Maurer/Friedrich, Außenwirtschaftsrecht Stand Juni 2008 AWG § 34 Rdn. 26), so dass es genügt, wenn die Handlungen des Täters bei genereller Betrachtung ihrer Art nach typischerweise geeignet sind, eine solche Gefährdung mit hinrei- chender Wahrscheinlichkeit herbeizuführen (vgl. Bieneck aaO § 29 Rdn. 17; Diemer aaO § 34 Rdn. 14). Jedoch kann die abstrakte Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik, anders als diejenige eines Individualrechtsgutes , nur mit Mühe an tatsächliche Sachverhalte angeknüpft werden. Durch das weitere Erfordernis, dass die Tat geeignet sein muss, die auswärtigen Beziehungen erheblich zu gefährden, kommt ein wertendes Element hinzu, das eine Abgrenzung zu Delikten mit minderer Gefährdungseignung erforderlich macht, für die - jedenfalls im Grenzbereich - kaum geeignete Beurteilungskriterien zur Verfügung stehen. Dies macht die Auslegung und Anwendung dieses Tatbestands- bzw. Qualifizierungsmerkmals, auf das sich auf der subjektiven Deliktsseite der Vorsatz oder zumindest die Erkennbarkeit der Gefährdungseignung (§ 34 Abs. 7 AWG) erstrecken muss, schon für sich einfachrechtlich außerordentlich schwierig.
17
Hinzu kommt, dass sich auch auf dieser Ebene die Notwendigkeit einer restriktiven Interpretation des Merkmals ergibt. Dies folgt zum einen schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm, wonach die Handlung des Täters geeignet sein muss, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland nicht in irgendeiner Weise, sondern erheblich zu gefährden (vgl. Bieneck aaO § 29 Rdn. 25; Wolffgang/Simonsen aaO § 34 Rdn. 60). Zum anderen ist dieses Normverständnis aus der Gesetzessystematik herzuleiten: Im Fall des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG führt die Erfüllung der Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals dazu, dass die Handlung des Täters nicht lediglich als Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs. 1, 4 oder 5 AWG zu bewerten, sondern als Straftat mit einem Strafrahmen, der von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren reicht, zu verfolgen ist. Diese erhebliche Verschärfung der angedrohten Sanktion ist nur bei einer adäquaten Erhöhung des tatbestandlichen Unrechts zu rechtfertigen; sie erfordert somit eine Auslegung, bei der dem Tatbestandsmerkmal ein erhebliches, das Tatunrecht wesentlich steigerndes Gewicht zu- kommt. Daneben ist lediglich auf diese Weise zu gewährleisten, dass der Straftatbestand des § 34 Abs. 2 AWG in sich stimmig ausgelegt und angewendet werden kann; denn in den übrigen Alternativen der Norm sind mit der äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 AWG) und dem friedlichen Zusammenleben der Völker (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 AWG) Rechtsgüter von erheblichem Belang aufgeführt. Dem Merkmal der erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG) muss deshalb eine vergleichbar hohe Bedeutung zukommen.
18
Diese Überlegungen gelten für den Qualifikationstatbestand des § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG entsprechend. Hier führt die Bejahung des Tatbestandsmerkmals zu einer erheblichen Verschärfung des Strafrahmens; dieser beträgt im Fall des § 34 Abs. 4 AWG sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe , während demgegenüber § 34 Abs. 6 AWG Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht. In den weiteren Alternativen des § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. a und b AWG sind im Übrigen ebenfalls die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und das friedliche Zusammenleben der Völker als Schutzgüter genannt.
19
Aus alldem folgt, dass eine erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland nur dann anzunehmen ist, wenn anhand konkreter tatsächlicher Umstände (vgl. Hocke/Berwald/Maurer/Friedrich aaO § 34 Rdn. 29) festzustellen ist, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Tat in eine Lage gebracht werden kann, die es ihr unmöglich macht oder ernsthaft erschwert, ihre Interessen an gedeihlichen Beziehungen zu anderen Staaten zu wahren. Danach kann das Tatbestandsmerkmal der Eignung zur erheblichen Gefährdung beispielsweise erfüllt sein, wenn aufgrund der Tat ein Akt starker diplomatischer Missbilligung, eine feindselige Kampagne der führenden Medien eines wichtigen Landes der Völkergemeinschaft oder eine Ver- urteilung der Bundesrepublik Deutschland in inter- bzw. supranationalen Gremien ausgelöst werden kann (vgl. OLG Hamm ZfZ 1992, 291, 292; Holthausen /Hucko NStZ-RR 1998, 225, 231; Wolffgang/Simonsen aaO § 34 Rdn. 58; Diemer aaO § 34 Rdn. 18, 20; vgl. auch die weiteren Beispiele bei Bieneck aaO § 29 Rdn. 25). Demgegenüber reicht nicht jede mögliche negative Reaktion eines fremden Staates, wie z. B. eine bloße Demarche, für sich allein bereits aus (für eine zurückhaltende Anwendung ebenso Hocke/Berwald/Maurer/ Friedrich aaO § 34 Rdn. 57).
20
bb) Ob die Handlung des Täters nach diesen Maßstäben geeignet ist, eine erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen herbeizuführen, ist aufgrund einer Gesamtschau der konkreten Einzelfallumstände zu entscheiden. Ein wichtiges Indiz hierbei ist, ob staatlichen deutschen Stellen ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass es zu dem Verstoß gegen die außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen kommen konnte (zweifelnd Bieneck aaO § 29 Rdn. 26); denn in diesen Fällen liegt es deutlich näher, dass die Bundesrepublik Deutschland negativen Reaktionen anderer Staaten oder internationaler Organisationen ausgesetzt ist, als bei Fallgestaltungen, in denen den staatlichen Organen kein Fehlverhalten anzulasten ist. Erst recht gilt dies, wenn diese durch ihr Eingreifen eine verbotene oder ohne die erforderliche Genehmigung geplante Lieferung eines Wirtschaftsgutes sogar verhindert haben. Daneben werden regelmäßig die sonstigen Umstände wie etwa Art und Menge der Ware, deren Verwendungsmöglichkeit und -zweck, das konkrete Empfängerland ebenso in die Gesamtbetrachtung einzustellen sein wie Umfang und Gewicht der konkreten außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Tat gefährdet werden können.
21
cc) Der Generalbundesanwalt hat zur Klärung der insoweit aufgeworfenen tatsächlichen Fragen eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes einge- holt. Diese gibt zunächst Anlass zu folgendem klarstellenden Bemerken: Das Auswärtige Amt legt - möglicherweise veranlasst durch die entsprechende Fragestellung in dem Anschreiben des Generalbundesanwalts vom 25. November 2008 - zu Beginn seiner Ausführungen und an weiteren Stellen dar, nach seiner Meinung seien auf der Grundlage der ihm mitgeteilten Tatsachen sämtliche Handlungen des Angeschuldigten geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Auf diese Rechtsauffassung kommt es indessen nicht an (vgl. Bieneck aaO § 29 Rdn. 17). Holen die Strafverfolgungsorgane, was regelmäßig und vor allem in Zweifelsfällen in besonderem Maße angezeigt erscheint, eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes zu der in Rede stehenden Frage ein, so ist dieses gehalten, die aufgrund seiner besonderen Sachkunde dort bekannten Tatsachen mitzuteilen, soweit sie für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG im konkreten Fall relevant sind; die Erstattung eines Rechtsgutachtens ist nicht veranlasst. Die Funktion des Auswärtigen Amtes in dem Strafbzw. Ermittlungsverfahren unterscheidet sich insoweit nicht von derjenigen sonstiger Sachverständiger oder Zeugen. Vielmehr obliegt es allein den Strafverfolgungsorganen , auf der durch das Auswärtige Amt vermittelten tatsächlichen Grundlage zu prüfen und zu entscheiden, ob die Handlungen des Täters geeignet waren, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden.
22
dd) Soweit das Auswärtige Amt ausführt, wenngleich es nicht zu offiziellen Demarchen gekommen sei, sei die gegebene Konstellation typischerweise geeignet, Kritik von staatlicher israelischer Seite auszulösen und trage außerdem zur Verringerung der Akzeptanz der legalen Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Iran bei, würde dies sowie der Umstand, dass sich das zuständige US-amerikanische Generalkonsulat zur Klärung weiterer Einzelheiten an den Generalbundesanwalt gewandt hat, allein nicht ausreichen, um nach den dargelegten Maßstäben die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG zu erfüllen. Den vom Auswärtigen Amt mitgeteilten tatsächlichen Umständen ist bei einer Gesamtschau indes noch ausreichend zu entnehmen, dass in den Fällen, in denen das Graphit über die Türkei in den Iran geliefert wurde, die Handlungen des Angeschuldigten zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland geeignet waren. In diesen Fällen haben sich die deutschen Exportkontrollbehörden über wesentliche Umstände täuschen lassen. Der Angeschuldigte lieferte jeweils eine erhebliche Menge Graphit, das beim Bau von Mittel- und Langstreckenraketen Verwendung finden kann. Jeder Einzelfall war Teil einer sich über längere Zeit hinziehenden Tatserie. Unter diesen Umständen waren die nicht verhinderten Lieferungen solchen Materials an die S. , einem an dem iranischen Raketenprogramm maßgeblich Beteiligten, in besonderem Maße geeignet , Zweifel an der Effektivität der deutschen Exportkontrolle aufzuwerfen. Hinzu kommt, dass die Politik des Empfängerlandes Iran insbesondere gegenüber Israel von einer aggressiven Grundhaltung geprägt ist. Mit Blick auf die in der Stellungnahme dargelegten besonderen außenpolitischen Interessen und Aktivitäten der Bundesrepublik Deutschland zur Stabilisierung der Region des Nahen und Mittleren Ostens waren die Handlungen des Angeschuldigten somit bei genereller Betrachtung ihrer Art nach typischerweise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet, Akte starker diplomatischer Missbilligung oder Medienkampagnen gegen die Bundesrepublik Deutschland in wichtigen Partnerländern herbeizuführen.
23
b) Durch das Verbringen der Teillieferung des Graphits in die Türkei im Mai und erneut Ende 2007 (s. o. II. 1. b) ist der Angeschuldigte dringend verdächtig , in zwei Fällen versucht zu haben, gewerbsmäßig entgegen Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 im Anhang IV dieser Verordnung aufgeführten natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Ein- richtungen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen oder zugute kommen zu lassen, mithin jeweils versucht zu haben, einem im Bundesanzeiger veröffentlichten unmittelbar geltenden Ausfuhr-, Verkaufs -, Liefer-, Bereitstellungs-, Weitergabe-, Dienstleistungs-, Investitions-, Unterstützungs- oder Umgehungsverbot eines Rechtsakts der Europäischen Gemeinschaften zuwider zu handeln, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient (§ 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 AWG nF; §§ 22, 23, 25 Abs. 2, § 53 StGB). Demgegenüber kommen versuchte Verstöße gegen Art. 2 Buchst. a i. V. m. Anhang I der genannten Verordnung nicht in Betracht, weil die betreffende Güterliste erst am 4. März 2008 und damit nach Begehung der Taten im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist. Die Publikation des Anhangs IV erfolgte indes bereits am 8. Mai 2007 und demnach vor den Taten.
24
Bei diesen Delikten ist kein dringender Verdacht dahin anzunehmen, dass der Angeschuldigte versucht hat, den Qualifikationstatbestand des § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG zu verwirklichen, oder in strafbarer Weise gegen die Dual-Use-Verordnung verstoßen hat (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG); denn sie waren nach den oben dargelegten Maßstäben nicht geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Der Angeschuldigte veranlasste jeweils von Deutschland aus lediglich eine Lieferung des Graphits aus England, die nur bis in die Türkei gelangte. An dem Ausfuhrvorgang waren deutsche Behörden nicht beteiligt. Nach dem erhobenen Tatvorwurf wandte sich der Angeklagte vielmehr gerade deshalb an den Geschäftsführer der T. Ltd., um die strengen deutschen Exportkontrollbestimmungen zu umgehen. Seine Handlungen konnten deshalb allenfalls geeignet sein, Zweifel an der Effektivität der englischen Exportkontrolle hervorzurufen.
25
c) Die Vereinbarung mit I. , das Graphit über Umwege doch noch in den Iran zu liefern (s. o. II. 1. c), begründet den dringenden Verdacht, dass der Angeschuldigte mit einem Anderen verabredet hat, gewerbsmäßig entgegen Art. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 im Anhang I dieser Verordnung aufgeführte Güter mit oder ohne Ursprung in der Gemeinschaft unmittelbar oder mittelbar an juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Iran zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen und durch dieselbe Handlung mit einem Anderen verabredet zu haben, gewerbsmäßig entgegen Art. 7 Abs. 3 der genannten Verordnung den im Anhang IV dieser Verordnung aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen oder zugute kommen zu lassen, mithin verabredet zu haben , einem im Bundesanzeiger veröffentlichten unmittelbar geltenden Ausfuhr-, Verkaufs-, Liefer-, Bereitstellungs-, Weitergabe-, Dienstleistungs-, Investitions-, Unterstützungs- oder Umgehungsverbot eines Rechtsakts der Europäischen Gemeinschaften zuwider zu handeln, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient (§ 30 Abs. 2 StGB; § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 AWG nF; § 25 Abs. 2, § 52 StGB).
26
Bei dem hochwertigen Graphit handelt es sich um wirtschaftliche Ressourcen i. S. d. Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007. Hierunter fallen nach der Definition des Art. 1 Buchst. i derselben Verordnung Vermögenswerte jeder Art, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, bei denen es sich nicht um Gelder handelt, die aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können. Der Senat verweist zur Begründung im Übrigen auf seine Ausführungen in dem Beschluss vom 8. September 2008 (StB 19/08 S. 8 f.), die weiterhin gelten.
27
An seiner Annahme, gegen den Angeschuldigten bestehe der dringende Verdacht eines Verbrechens nach § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 AWG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) 423/2007 durch Erbringung von Vermittlungsdiensten im Zusammenhang mit den in Anhang I zur IranEmbargo -Verordnung aufgeführten Gütern (vgl. Beschl. vom 8. September 2008 S. 9 f.), hält der Senat indes nicht fest.
28
Ein dringender Verdacht eines Verstoßes gegen § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG besteht auch bezüglich dieser Tat nicht. Dem Angeschuldigten wird lediglich zur Last gelegt, mit einem Anderen eine verbotene Lieferung verabredet zu haben. Das bei der C. GmbH gelagerte Material wurde von den deutschen Behörden sichergestellt und damit durch diese eine Lieferung in den Iran gerade verhindert. Es ist - auch unter Berücksichtigung aller sonstigen maßgebenden Umstände des vorliegenden Falles - nicht zu erkennen, inwiefern diese Fallgestaltung geeignet gewesen sein soll, erhebliche, den auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zum Nachteil gereichende Reaktionen hervorzurufen.
29
4. Da der Haftbefehl des Ermittlungsrichters vom 21. November 2008 ausdrücklich nur auf die dargestellten Taten gestützt ist, hat sich der Senat nicht damit zu befassen, ob der Beschuldigte dreier weiterer vollendeter Lieferungen hochwertigen Graphits in den Iran im Jahre 2005 (vgl. Taten 1. bis 3. der Anklageschrift vom 7. Januar 2009) dringend verdächtig ist.
30
5. Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts und damit auch diejenige des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs sowie des Oberlandesgerichts Koblenz ist gegeben (§ 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a, § 142 a Abs. 1 Satz 1 GVG; § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO).
31
a) Wie dargelegt, waren in den sechs Fällen der vollendeten Lieferung des Graphits in den Iran (s. o. II. 1. a) die Taten nach den Umständen geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Damit ist für diese Taten auch das der materiellrechtlichen Regelung in § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG entsprechende Kriterium des § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG erfüllt.
32
Dieser Umstand allein reicht nach der gesetzlichen Regelung allerdings nicht aus, um die Zuständigkeit der genannten Strafverfolgungsorgane des Bundes zu begründen. § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG setzt zusätzlich voraus, dass dem Fall eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. Hannich in KK 6. Aufl. § 120 GVG Rdn. 4 d). Diese hat der Generalbundesanwalt in den genannten sechs Fällen im Ergebnis mit Recht bejaht.
33
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats fällt die Strafverfolgung der in § 120 Abs. 2 GVG aufgeführten Delikte entsprechend dem in der Norm deutlich zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers sowie mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Maßstab des Art. 96 Abs. 5 GG (vgl. BGHR GVG § 120 Abs. 2 besondere Bedeutung 1) grundsätzlich in die Kompetenz der Bundesländer; dies gilt sogar dann, wenn sich die Tat gegen die Bundesrepublik als Gesamtstaat richtet. Die Zuständigkeit des Bundes und damit die Evokationsbefugnis des Generalbundesanwalts werden nur begründet, wenn dem Fall darüber hinaus eine besondere Bedeutung zukommt. Dies ist erst dann der Fall, wenn es sich unter Beachtung des Ausmaßes der Rechtsgutsverletzung um ein staatsgefährdendes Delikt von erheblichem Gewicht handelt, das seine besondere Bedeutung dadurch gewinnt, dass es die Schutzgüter des Gesamtstaates in einer derart spezifischen Weise angreift, dass ein Einschreiten des Generalbundesanwalts und eine Aburteilung durch ein Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Gericht geboten ist. An die Bejahung der besonderen Bedeutung sind strenge Anforderungen zu stellen, weil durch die Übernahmeerklärung nicht nur der gesetzliche Richter (Art. 101 GG) bestimmt, sondern auch in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern eingegriffen wird (vgl. etwa BGHSt 46, 238, 253 f.; BGHR GVG § 120 Abs. 2 Besondere Bedeutung 1, 4; BGH NStZ 2008, 146, 147).
34
In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung wird in der Literatur (vgl. Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 120 Rdn. 6; Hannich in KK 6. Aufl. § 120 GVG Rdn. 3; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 120 GVG Rdn. 6; Frister in SK-StPO 50. Lfg. § 120 GVG Rdn. 10; Welp NStZ 2002, 1, 7 sowie 609, 610) zu Recht darauf hingewiesen, das Tatbestandsmerkmal der besonderen Bedeutung solle vermeiden, dass die in der Verfassung angeordnete Regelzuständigkeit der Landesjustiz durch einen ausufernden Gebrauch des Evokationsrechts in eine solche des Bundes umgekehrt wird (vgl. Frister in SK-StPO aaO). Es habe die Funktion eines Korrektivs, mit dem verhindert werden solle, dass sich die Regelzuständigkeit der Landesjustiz in eine Regelzuständigkeit des Bundes umkehre (vgl. Franke in Löwe/Rosenberg aaO). In § 120 Abs. 2 GVG normiere das Gesetz die besondere Bedeutung des Falles als zusätzliche Qualität der Katalogtaten. Die Bundeskompetenz beziehe sich nicht lediglich auf besonders schwerwiegende Delikte, sondern auf solche Taten, die die Bundesinteressen besonders nachhaltig berühren. Auch die Quantifizierung, die mit der besonderen Bedeutung des Falles verlangt sei, könne sich daher nur auf diesen Schutzzweck beziehen. Das Ausmaß der individuellen Rechtsverletzung und der Grad der Schuld seien daher für diese Frage nur insofern von Bedeutung, als sie das Gewicht des Angriffs auf das jeweils betroffene Rechtsgut des Gesamtstaates mitbestimmten (vgl. Welp NStZ 2002, jeweils aaO).
35
Hieraus folgt, dass eine Katalogtat des § 120 Abs. 2 GVG selbst dann, wenn sie nach Schwere oder Umfang erhebliches Unrecht verwirklicht und daher staatliche Sicherheitsinteressen in besonderer Weise beeinträchtigt hat, nicht allein aus diesem Grund das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts zu begründen vermag (vgl. BGHR GVG § 120 Abs. 2 besondere Bedeutung 1; Rebmann NStZ 1986, 289, 293). Es besteht kein Anlass, von diesen für alle Alternativen des § 120 Abs. 2 GVG geltenden Grundsätzen gerade in den Fällen des § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG abzuweichen. Auch die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist in erster Linie Aufgabe der Länder; die Zuständigkeit der Bundesgerichtsbarkeit ausübenden Organe ist daher nur bei einem spezifischen , ausreichend gewichtigen Angriff auf gesamtstaatliche Interessen gegeben.
36
Aus diesen Gründen kann der vereinzelt in der Literatur vertretenen Ansicht nicht gefolgt werden, es sei davon auszugehen, dass der Generalbundesanwalt die Strafverfolgung jedenfalls in den Fällen des § 34 Abs. 6 AWG grundsätzlich zu übernehmen habe, weil diese sowohl die Erheblichkeit als auch die besondere Bedeutung nach der gesetzlichen Bewertung gleichsam in sich trügen , ohne dass es eines weiteren Begründungsaufwandes bedürfe (vgl. Diemer aaO § 34 Rdn. 46). Gegen diese Auffassung spricht auch, dass etwa bei - in der Praxis häufig vorkommender - gewerbsmäßiger Begehung einer ansonsten nach § 34 Abs. 1, 2 oder 4 AWG strafbaren Tat (§ 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG) die Zuständigkeit der Bundesjustiz begründet wäre, ohne dass es auf die sonstigen Umstände des Falles noch maßgebend ankäme. Dies würde dem dargelegten Regel-/Ausnahmeverhältnis in eklatanter Weise widersprechen. Es ist kein Anzeichen dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der durch das 2. Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 22.12.2006 (BGBl I 3416) neu geschaffenen Regelung des § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG eine derart weitgehende Umverteilung der Zuständigkeit von den Ländern auf den Bund beabsichtigte. Nach den Ge- setzesmaterialien soll dem Generalbundesanwalt vielmehr die Möglichkeit eröffnet werden, auch für Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz seine Ermittlungszuständigkeit zu begründen, um zu gewährleisten, dass die sicherheitspolitische Dimension dieser Straftaten erhellt wird; hierdurch könne ein wesentlicher Beitrag zur effektiven Gestaltung der Ermittlungen und damit zur Bekämpfung einer für die äußere Sicherheit und das Ansehen Deutschlands in der Staatengemeinschaft besonders nachteiligen Kriminalität geleistet werden. Der Gesetzgeber hat jedoch ausdrücklich auf die notwendige Staatsschutzqualität der betreffenden Straftaten - unabhängig von einem geheimdienstlichen Hintergrund - hingewiesen. Im Übrigen soll es bei der originären Zuständigkeit der Landesjustiz für Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz bleiben (vgl. BTDrucks. 16/3038 S. 27).
37
Demnach erfordert die Beurteilung der besonderen Bedeutung des Falles auch im Rahmen des § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG eine Gesamtwürdigung der Umstände und Auswirkungen der Tat unter besonderer Berücksichtigung des Gewichts ihres Angriffs auf den Gesamtstaat. Allein die Schwere der Tat und das Ausmaß der von ihr hervorgerufenen Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter vermag für sich die besondere Bedeutung nicht zu begründen; allerdings können die konkrete Tat- und Schuldschwere den Grad der Gefährdung bundesstaatlicher Belange durchaus mitbestimmen (vgl. Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 120 Rdn. 6). Von Bedeutung kann auch sein, ob aufgrund der Erheblichkeit des Delikts eine Verfolgung mit besonderer Sachkunde geboten und angesichts des Auslandsbezuges ein spezieller Ermittlungsaufwand erforderlich erscheint. Bei der Beurteilung der besonderen Bedeutung ist zudem zu erwägen, inwieweit die konkrete Tat den Gesamtstaat etwa durch eine Schädigung des Ansehens Deutschlands in der Staatengemeinschaft zu beeinträchtigen vermag (vgl. BTDrucks. 16/3038 S. 31).
38
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Bejahung der besonderen Bedeutung des Falles durch den Generalbundesanwalt im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Angeschuldigte hat in insgesamt sechs Taten über einen langen Zeitraum hinweg immer wieder hochwertiges Graphit in den Iran geliefert. Aufgrund der Verbindungen nach England und in die Türkei bestand ein vielschichtiger Auslandsbezug, der einen speziellen Ermittlungsaufwand erforderlich machte. Nach den konkreten Umständen - Lieferung in den Iran, potentielle Bedrohung von Israel - kann eine von den Taten ausgehende Schädigung des Ansehens Deutschlands in der Staatengemeinschaft nicht ausgeschlossen werden. Die Umstände und Auswirkungen der Taten stellen somit - jedenfalls bei einer Gesamtschau - einen derart gewichtigen Angriff auf die Interessen des Gesamtstaates dar, dass die Begründung der Bundesgerichtsbarkeit noch als vertretbar anzusehen ist.
39
b) Die Zuständigkeit der Strafverfolgungsorgane des Bundes erfasst auch diejenigen drei Taten (s. o. II. 1. b und c), bei denen die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG nicht vorliegen, weil sie nicht geeignet sind, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu beeinträchtigen. Eine derartige Erstreckung erfordert vor dem Hintergrund der grundgesetzlichen Zuständigkeitsregelung zwar grundsätzlich, dass die betreffenden Straftaten mit zumindest einem die Bundeszuständigkeit begründenden Staatsschutzdelikt materiell- oder verfahrensrechtlich eine Tat bilden (vgl. BGHR GVG § 120 Zuständigkeit 1). Darüber hinaus besteht das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts jedoch ausnahmsweise auch dann, wenn ein derart enger persönlicher und deliktsspezifisch-sachlicher Zusammenhang besteht, dass eine getrennte Verfolgung und Aburteilung auch unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern als in hohem Maße sachwidrig erscheint.
40
Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben. Die drei genannten Taten waren Teil einer insgesamt einheitlichen Serie dem Angeschuldigten zur Last gelegter , gleichgerichteter, gewerbsmäßig begangener Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz. Als solche waren sie dem Grunde nach geeignet, unter den Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG die Bundeszuständigkeit zu begründen. Sie unterscheiden sich, soweit in diesem Zusammenhang von Relevanz , in tatsächlicher Hinsicht von den in Rede stehenden Staatsschutzdelikten im Wesentlichen nur dadurch, dass das Graphit nicht in den Iran gelangte. Die sie betreffenden Beweismittel sind - jedenfalls teilweise - mit denjenigen der Taten identisch, bei denen eine Gefährdungseignung i. S. v. § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG noch bejaht werden kann. Unter diesen Umständen widerspräche eine getrennte Verfolgung und Aburteilung in ganz besonderem Maße dem Gebot einer effizienten Strafverfolgung.
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6. Bei dem Angeschuldigten besteht aus den in den Haftbefehlen vom 20. Juni sowie 21. November 2008 und dem Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichthofs vom 11. Juli 2008 zutreffend aufgeführten Gründen der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Der Senat verweist insoweit auch auf seine Ausführungen in dem Beschluss vom 8. September 2008. Die zu erwartende Strafe begründet einen erheblichen Fluchtanreiz. Der Angeschuldigte besitzt die Staatsangehörigkeit der Seychellen und verfügt dort über ein beträchtliches Grund- und sonstiges Vermögen. Dies und die weiteren, in den genannten Entscheidungen aufgeführten Umstände machen es wahrscheinlich , dass der Angeschuldigte sich, in Freiheit belassen, dem Verfahren entziehen wird. Weniger einschneidende Maßnahmen i. S. d. § 116 StPO kommen nicht in Betracht.
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7. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die be- sondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft. Nach der Festnahme des Angeschuldigten waren zahlreiche, zum Teil aufwändige und zeitintensive Ermittlungsmaßnahmen wie etwa die Auswertung eines großen Teils der Datenverarbeitung der C. GmbH und Maßnahmen der internationalen Rechtshilfe durchzuführen. Entgegen der Auffassung der Verteidigung gebot der Beschleunigungsgrundsatz es nicht, vorab eine Teilanklage bezüglich der Taten II. 1. b und c zu erheben. Die von der Verteidigung insoweit angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und verschiedener Oberlandesgerichte betreffen durchweg andere, mit dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbare Sachverhalte. Die weiteren Ermittlungsmaßnahmen betrafen hier insbesondere nicht nur Randbereiche; sie waren auch nicht lediglich geeignet, die bisherigen Ermittlungsergebnisse abzurunden. Sie bezogen sich vielmehr auf die gewerbsmäßig durchgeführten Lieferungen von Graphit in den Iran und damit auf Straftaten von erheblichem Gewicht , die für das Verfahren zentrale Bedeutung haben. Mit der zwischenzeitlichen Erhebung der Anklage bezüglich aller ermittelten Straftaten des Angeschuldigten ist das Verfahren insgesamt mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
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8. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu den gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwürfen, die teilweise mit einer Strafdrohung von Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bedroht sind, nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Becker Miebach Schäfer

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.