Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2003 - 5 StR 65/02

bei uns veröffentlicht am09.07.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 65/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. Juli 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen versuchten Betrugs u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2003

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten Dr. W , M , L und A wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 14. Mai 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO – auch im Hinblick auf den Mitangeklagten R – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten Dr. W , M und L wegen versuchten Betrugs in vier Fällen zu Gesamtgeldstrafen verurteilt. Den Angeklagten A hat es wegen Beihilfe zum versuchten Betrug in vier Fällen mit einer Gesamtgeldstrafe belegt. Die Revisionen der Angeklagten haben Erfolg. Die Aufhebung ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten R zu erstrecken, gegen den das Landgericht wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen eine Gesamtgeldstrafe verhängt hat.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten Dr. W , M und L Gesellschafter und Geschäftsführer der Lo B GmbH (künftig: LBG). Ende des Jahres 1992
war den Angeklagten bekannt geworden, daß für mehrere Grundstücke in Dresden bislang noch keine Restitutionsansprüche gestellt waren, obwohl eine Rückgabe der Grundstücke nach dem Vermögensgesetz in Betracht kam. Solche Anträge konnten nach § 30a VermG bei den Ämtern für offene Vermögensfragen nur noch bis 31. Dezember 1992 gestellt werden. Ohne aufzudecken, daß eine Bevollmächtigung durch die eigentlich Berechtigten bislang noch nicht erfolgt war, stellten die Angeklagten in deren Namen Restitutionsanträge. Nach ihren Vorstellungen sollten die Berechtigten, die ihnen zu dem Zeitpunkt namentlich noch nicht sicher bekannt waren, die LBG nachträglich bevollmächtigen, wobei gegebenenfalls die Vollmachtserklärungen auf einen Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 1992 rückdatiert werden sollten. Die Angeklagten beabsichtigten dann, sich die Restitutionsansprüche von den Berechtigten zu einem – deutlich unter dem Verkehrswert liegenden – günstigen Preis abtreten zu lassen.
Hinsichtlich der in Dresden gelegenen Grundstücke Heinrich-SchützStraße und Rähnitzgasse gingen die Angeklagten arbeitsteilig in der beschriebenen Art und Weise vor. Obwohl die Sachbearbeiter des Amts für offene Vermögensfragen eine Rückdatierung der Vollmachten in Betracht gezogen hatten, erfolgte eine Rückübertragung der Grundstücke. Hinsichtlich zweier weiterer Grundstücke in Dresden (Clara-Zetkin-Straße, Augsburger Straße) scheiterte ein Erwerb der Grundstücke im Restitutionsverfahren aus anderen Gründen. Der nicht revidierende Mitangeklagte R war auf Seiten der LBG in den Restitutionsverfahren Rähnitzgasse und Clara-ZetkinStraße beteiligt.

II.


Die Revisionen der Angeklagten führen zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils, weil das Landgericht die subjektive Seite des Betrugs nicht ausreichend begründet hat.
1. Eine Strafbarkeit wegen Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB setzt voraus, daß der Täter in dem Bewußtsein handelt, daß der angestrebte Vermögensvorteil rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils ist Tatbestandsmerkmal des § 263 StGB. Deshalb macht allein der Umstand, daß ein Anspruch durch Mittel der Täuschung realisiert werden soll, den erstrebten Vorteil nicht unrechtmäßig. Wenn das verfolgte Ziel der Rechtsordnung entspricht, wird es nicht dadurch, daß rechtswidrige Mittel zu seiner Verwirklichung angewandt werden, selbst rechtswidrig (BGHSt 3, 160, 162 f.; 20, 136, 137; 42, 268, 271 m. w. N. aus der Rechtsprechung).
In Betracht kommt allenfalls eine Strafbarkeit wegen (untauglichen) Versuchs, wenn der Täter den angestrebten Vermögensvorteil fälschlicherweise als rechtswidrig ansieht (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 7; BGHSt 42, 268, 273). Hält dagegen der Täter – im umgekehrten Fall – den erstrebten Vermögensvorteil für rechtmäßig, liegt ein Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB vor. Wer mit Mitteln der Täuschung einen tatsächlich rechtswidrigen, nach seiner Vorstellung aber rechtmäßigen Anspruch durchsetzen will, begeht daher keinen Betrugsversuch (BGHSt 42, 268, 272; BGH, Beschl. vom 30. August 1988 – 5 StR 325/88; OLG Düsseldorf wistra 1992, 74).
2. Das Landgericht setzt sich nicht im ausreichenden Maße damit auseinander, ob die Angeklagten hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils vorsätzlich gehandelt haben. Bei den Besonderheiten der hier gegebenen Verfahrenssituation konnte das Landgericht nicht ohne zusätzliche Gesichtspunkte von einem jedenfalls bedingten Vorsatz der Angeklagten ausgehen.

a) Die Frage, ob die Anmeldung von Restitutionsansprüchen durch einen vollmachtlosen Vertreter von dem Berechtigten rückwirkend (und damit fristwahrend) genehmigt werden kann, ist durch das Bundesverwaltungsgericht erst durch Urteil vom 24. Juni 1999 entschieden und verneint worden
(BVerwGE 109, 169 ff.). Die Vorinstanz hatte eine solche Rückwirkung der Genehmigung bejaht. Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils ging auch das zuständige Amt für offene Vermögensfragen zum damaligen Zeitpunkt von einer rückwirkenden Genehmigung des vollmachtlosen Handelns aus (UA S. 27). Diese Rechtsauffassung stand auf dem Boden des allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatzes (vgl. GemSOGB in BVerwGE 69, 380, 381 mit umfänglichen Nachweisen), wonach die Genehmigung regelmäßig – ex tunc – auf den Zeitpunkt der Handlung des vollmachtlosen Vertreters zurückwirkt (§ 89 Abs. 2 ZPO), jedenfalls soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 184 Abs. 1 BGB). Dieser Grundsatz gilt auch im Verwaltungsverfahren (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 8. Aufl. § 14 Rdn. 20 f.).

b) Das Landgericht schließt auf ein entsprechendes Bewußtsein der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils bei den Angeklagten im wesentlichen aus dem Umstand, daß sie die Vollmachtsurkunden rückdatiert haben. Ein solcher Schluß von der Täuschungshandlung auf das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils mag im Regelfall gerechtfertigt sein; denn der Täter wird nur dann zum Mittel der Täuschung greifen, wenn er befürchtet, durch wahrheitsgemäße Angaben seinen (vermeintlichen) Anspruch nicht durchsetzen zu können. Im vorliegenden Verfahren bestand jedoch aufgrund der aufgezeigten Rechtslage eine Fallkonstellation, die eine abweichende Würdigung zugelassen hätte.
Zweifel am Vorsatz der Angeklagten lagen bei der hier gegebenen Fallgestaltung nahe und hätten im landgerichtlichen Urteil der Erörterung bedurft. Angesichts der Besonderheiten der verfahrensrechtlichen Situation wäre es denkbar, daß die Angeklagten, von denen zwei Volljuristen waren, davon ausgingen, daß auch in dem Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche durch einen vollmachtlosen Vertreter wie in anderen Verfahren auch durch den Berechtigten nachträglich genehmigungsfähig ist und die Genehmigung zurückwirkt. Eine Täuschung über den Zeitpunkt der späteren Bevollmächtigung kann
dabei von ihnen veranlaßt worden sein, um ein von ihnen befürchtetes Risiko anderer rechtlicher Beurteilung auszuschließen, ohne daß damit schon die Schwelle zum bedingten Vorsatz überschritten worden wäre. Eine solche Täuschungshandlung kann weiterhin aus der Überlegung motiviert sein, das Restitutionsverfahren weitgehend zu beschleunigen und so schon sich damals abzeichnenden Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung der Grundstückswerte entgegenzuwirken.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht ein Schluß von dem äußeren Tatablauf auf die innere Tatseite nämlich dann nicht ohne weiteres aus, wenn die Annahme eines auch bedingten Vorsatzes ein normatives Verständnis des Täters voraussetzt, das nicht ohne weiteres unterstellt werden kann (vgl. BGH, Beschl. vom 27. November 2002 – 5 StR 127/02 zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen, NJW 2003, 907, 910; BGH NJW 2003, 1821, 1822 f.).
Ob die Angeklagten jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben , bedarf deshalb neuer tatrichterlicher Prüfung. Dabei wird eine umfassende Abwägung des Einzelfalls vorzunehmen sein, bei der neben dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts insbesondere die Motive und die Interessenlage der Angeklagten zu beachten sind (vgl. BGHSt 46, 30, 35).

III.


Die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils hat der Senat gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten R erstreckt, weil die nicht ausreichende Prüfung der subjektiven Tatseite ihn in gleicher Weise betraf. Der Nichtrevident ist zur Anwendung des § 357 StPO angehört worden und hat ihr nicht widersprochen.

IV.


Im Falle eines neuerlichen Schuldspruchs ist im Rahmen der Strafzu- messung die beträchtliche zeitliche Verzögerung, die auch das Revisionsverfahren umfaßt, erheblich zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen. Der neue Tatrichter wird den gravierenden Zeitablauf dabei auch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Art. 6 Abs. 1 MRK zu würdigen haben.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Rückübertragungsansprüche nach den §§ 3 und 6 sowie Entschädigungsansprüche nach § 6 Abs. 7 und § 8 können nach dem 31. Dezember 1992, für bewegliche Sachen nach dem 30. Juni 1993, nicht mehr angemeldet werden. In den Fällen des § 1 Abs. 7 gilt dies nur dann, wenn die Entscheidung, auf der der Vermögensverlust beruht, am 30. Juni 1992 bereits unanfechtbar aufgehoben war. Anderenfalls treten die Wirkungen des Satzes 1 nach Ablauf von sechs Monaten ab Unanfechtbarkeit der Aufhebungsentscheidung ein; in den Fällen russischer Rehabilitierungen treten die Wirkungen des Satzes 1 nach Ablauf von sechs Monaten ab Zugang des Rehabilitierungsbescheides, spätestens nach Ablauf von acht Monaten ab Versendung durch eine deutsche Behörde an den Begünstigten oder seinen Rechtsnachfolger ein. Diese Vorschriften finden auf Ansprüche, die an die Stelle eines rechtzeitig angemeldeten Anspruchs treten oder getreten sind, sowie auf Ansprüche, die nach Artikel 3 Abs. 9 Satz 2 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Regelung bestimmter Vermögensansprüche vom 13. Mai 1992 (BGBl. 1992 II S. 1223) in das Vermögen der Bundesrepublik Deutschland übergegangen sind, keine Anwendung.

(2) Anträge auf Anpassung der Unternehmensrückgabe nach § 6 Abs. 8 können nur noch bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes gestellt werden.

(3) In den Fällen der Beendigung der staatlichen Verwaltung nach § 11a können Entscheidungen nach § 16 Abs. 3, 6 Satz 3, § 17 Satz 2, §§ 20 und 21 nach dem in Absatz 2 genannten Zeitpunkt nicht mehr ergehen, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht beantragt worden sind. Erfolgte die Aufhebung der staatlichen Verwaltung durch bestandskräftigen Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen und ist eine Entscheidung über die Aufhebung eines Rechtsverhältnisses der in § 16 Abs. 3 oder § 17 bezeichneten Art oder über den Umfang eines zu übernehmenden Grundpfandrechtes ganz oder teilweise unterblieben, kann sie nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist nicht mehr beantragt werden. § 41 Abs. 6 Satz 1, 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) Im Zusammenhang mit Ansprüchen auf Rückübertragung des Eigentums an Grundstücken können Anträge auf Einräumung von Vorkaufsrechten nach den §§ 20 und 20a sowie Anträge auf Zuweisung von Ersatzgrundstücken nach § 21 Abs. 1 nach Bestandskraft der Entscheidung über den Rückübertragungsanspruch nicht mehr gestellt werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die staatliche Verwaltung durch Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen bestandskräftig aufgehoben worden ist. Ist in einem bestandskräftigen Bescheid über die Rückübertragung des Eigentums eine Entscheidung über die Aufhebung eines Rechtsverhältnisses der in § 16 Abs. 3 oder § 17 bezeichneten Art oder über den Umfang eines zu übernehmenden Grundpfandrechtes ganz oder teilweise unterblieben, gilt Absatz 3 Satz 2 entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Handelt jemand für eine Partei als Geschäftsführer ohne Auftrag oder als Bevollmächtigter ohne Beibringung einer Vollmacht, so kann er gegen oder ohne Sicherheitsleistung für Kosten und Schäden zur Prozessführung einstweilen zugelassen werden. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beibringung der Genehmigung zu bestimmende Frist abgelaufen ist. Ist zu der Zeit, zu der das Endurteil erlassen wird, die Genehmigung nicht beigebracht, so ist der einstweilen zur Prozessführung Zugelassene zum Ersatz der dem Gegner infolge der Zulassung erwachsenen Kosten zu verurteilen; auch hat er dem Gegner die infolge der Zulassung entstandenen Schäden zu ersetzen.

(2) Die Partei muss die Prozessführung gegen sich gelten lassen, wenn sie auch nur mündlich Vollmacht erteilt oder wenn sie die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
AO § 373 Abs. 1; § 370 Abs. 1;
Zollkodex Art. 203 Abs. 1
1. Der Begriff des Entziehens aus zollamtlicher Überwachung im
Sinne von Art. 203 Abs. 1 Zollkodex ist so zu verstehen, daß er
jede Handlung oder Unterlassung erfaßt, die dazu führt, daß die
zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer
unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der
Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen
Prüfungen gehindert wird (Anschluß an EuGH, Urteil vom
1. Februar 2001 - C-66/99, Slg. 2001 I - 911 und EuGH, Urteil
vom 11. Juli 2002 - C-371/99, ZfZ 2002, 338).
2. Nichtgemeinschaftsware wird auch dadurch aus der zollamtlichen
Überwachung entzogen, daß sie unter anderen für ein Zollverfahren
angemeldeten Waren versteckt und in einem zur Durchfuhr
durch das Zollgebiet der Europäischen Union abgefertigten und
versiegelten Container vom Amtsplatz abtransportiert wird. Dies
gilt auch dann, wenn die versteckte Ware in diesem Container
wieder ausgeführt wird.
BGH, Beschl. v. 27. November 2002 – 5 StR 127/02
LG Bremen –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. November 2002
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2002

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 13. Juni 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben; die Feststellungen zur äußeren Tatseite bleiben aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hinterziehung von Eingangsabgaben (richtig: wegen gewerbsmäßigen Schmuggels ) in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge zum Schuldspruch und zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte in 16 Fällen unversteuerte und unverzollte Zigaretten in Containern von Zypern über die Bundesrepublik Deutschland nach Tschechien befördern, ohne sie für den Transport
durch das Gebiet der Europäischen Union zu einem Zollverfahren anzumelden oder Einfuhrabgaben abzuführen. Hierzu ließ der Angeklagte jeweils in Zypern Zigaretten, die er dort zuvor zum Export angemeldet hatte, mit anderen , ebenfalls zur Ausfuhr angemeldeten Waren wie Bekleidung oder Schuhen unter Aufsicht des zypriotischen Zolls in Container verpacken. Der Zoll bestätigte in allen diesen Fällen nach Versiegelung der Container das Verstauen der angemeldeten Waren und erteilte die zur Verschiffung nach Deutschland erforderlichen Verladungsgenehmigungen; damit wurde die in den Transport eingeschaltete Reederei ermächtigt, die Container mit den genannten Waren an Bord zu nehmen. In das für die Verschiffung und den Transport auf dem Seewege erforderliche Konnossement („Bill of Lading“) und die Cargo-Zollerklärung ließ der Angeklagte in der Folge jeweils nur noch die zugeladenen sonstigen Waren (Bekleidung etc.), nicht aber die Zigaretten aufnehmen. Er nutzte hierbei aus, daß der zypriotische Zoll die Zollerklärungen bei der Verladung nicht mit den Verladungsgenehmigungen abglich , in denen die Zigaretten noch aufgeführt waren (UA S. 18). Nach Umladung im Hafen von Antwerpen wurden die Container entweder im Freihafen Bremerhaven oder im Freihafen Hamburg gelöscht. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, erhielten die von ihm beauftragten Fahrer, welche die Container von dort mit Lkw nach Tschechien befördern sollten, von der jeweiligen Hafenbetriebsgesellschaft auf Vorlage der inhaltlich unrichtigen Konnossemente Freistellungsbescheinigungen für die darin bezeichneten Waren. Vom Angeklagten eingeschaltete Speditionen erstellten aufgrund dieser Dokumente – und damit wiederum ohne Berücksichtigung der Zigaretten – Versandanmeldungen T1 zur Beförderung der Waren im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren (im folgenden: T1-Versandverfahren) nach Tschechien. Die mit dem Transport beauftragten Fahrer führten jeweils die Container auf Veranlassung des Angeklagten bei den Abgangszollstellen vor und reichten die vorbereiteten Versandanmeldungen zusammen mit den Freistellungsbescheinigungen zur Eröffnung von T1-Versandverfahren ein. Der Zoll brachte in allen Fällen als Nämlichkeitssicherung ein Zollsiegel an und fertigte die Container für das T1-Versandverfahren nach Tschechien ab. Nach der Be-
förderung durch Deutschland wurden die Container – und damit auch sämtliche Zigaretten – nach Tschechien ausgeführt. Dabei wurden von der jeweiligen Ausgangszollstelle lediglich die Unversehrtheit der Nämlichkeitssicherung überprüft, die Ausfuhr des Containers bescheinigt und der Rückschein der Versandpapiere zum Abschluß des T1-Versandverfahrens an die Abgangszollstelle zurückgesandt. Eine Überprüfung des Containerinhalts durch die Zollbehörden fand in keinem der Fälle statt – weder beim Abgangs- noch beim Ausgangszollamt. Auf den in den Containern transportierten Zigaretten lasteten je Transport Einfuhrabgaben zwischen 1,4 und 1,7 Mio. DM, insgesamt mehr als 26 Mio. DM.

II.


Die Verurteilung des Angeklagten kann allein deshalb keinen Bestand haben, weil das Urteil keine Feststellungen zur inneren Tatseite enthält.
1. Allerdings tragen die Feststellungen die Subsumtion des Landgerichts , daß das Verhalten des Angeklagten den objektiven Tatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 AO) erfüllt.

a) Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen, sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

b) Auch mit der Sachrüge deckt die Revision zum objektiven Tatbestand keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Durch sein Verhalten verkürzte der Angeklagte die Einfuhrabgaben für die durch Deutschland beförderten Zigaretten im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 AO.
aa) Die Wertung des Landgerichts, daß der Angeklagte in mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1 2. Alt. StGB) handelte, ist frei von Rechtsfehlern.
Mittelbarer Täter ist, wer eine Straftat durch einen anderen begeht, also die Tatbestandsmerkmale nicht selbst verwirklicht, sondern sich dazu eines „Werkzeugs“, des sogenannten Tatmittlers, bedient. Voraussetzung ist zum einen ein „Defizit“ des Vordermanns, zum anderen eine überlegene, die Handlung des Tatmittlers steuernde Stellung des Hintermanns (vgl. Tröndle /Fischer, StGB 50. Aufl. § 25 Rdn. 3).
Hier ließ der Angeklagte die angelieferten Container von beauftragten Lkw-Fahrern bei den Zollbehörden vorführen und unrichtige Versandanmeldungen abgeben. Die Wertung des Landgerichts, daß der Angeklagte Tatherrschaft hatte, weil er den Fahrern, die von dem wahren Inhalt der Container im Gegensatz zu ihm keine positive Kenntnis hatten, zur Zollanmeldung inhaltlich unrichtige Frachtpapiere und Versandanmeldungen zukommen ließ, ist damit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
bb) Der Angeklagte hat nach den Feststellungen jedenfalls den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO verwirklicht, ohne daß es für seine Strafbarkeit darauf ankommt, ob dies schon durch eine pflichtwidrige Nichtgestellung der Zigaretten oder erst durch die Abgabe einer unrichtigen Versandanmeldung erfolgt ist. Dabei wurden neben dem Zoll jeweils auch die Tabak- und die Einfuhrumsatzsteuer verkürzt, für die bei der Einfuhr generell die Regeln über die Zölle entsprechend gelten (§ 21 TabStG, § 13 Abs. 2 [n. F.], § 21 Abs. 2 UStG).
(1) Der Angeklagte verstieß möglicherweise bereits gegen Art. 40, Art. 4 Nr. 19 Zollkodex (ZK), wonach der Verbringer (im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) verpflichtet ist, in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Waren bei der Grenzzollstelle zu gestellen (vgl. hierzu Bender, Das Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, Abschnitt C IV TZ 73 sub 1 lit. a).
Ob vorliegend die Zigaretten bei den Grenzzollstellen gestellt worden sind, ist allerdings gemeinschaftsrechtlich zweifelhaft.
Zur Gestellung ist nach Art. 4 Nr. 19 ZK die Mitteilung an die Zollbe- hörden in der vorgeschriebenen Form erforderlich, daß sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden. Bei Waren, die aus einem Freihafen in das Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht werden, ergibt sich die Gestellungspflicht aus Art. 38 Abs. 1 lit. a ZK. Hier wurden die Container mit den in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren von den Fahrern den Grenzzollstellen mit inhaltlich unrichtigen Frachtpapieren vorgeführt, ohne daß auf die neben den Tarnladungen in den Containern befindlichen Zigaretten , die nicht in den Frachtpapieren genannt waren, ausdrücklich hingewiesen wurde. Es ist jedoch zweifelhaft, ob zur Gestellung in jedem Fall die Mitteilung ausreicht, daß sich die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren an dem bestimmten Ort befinden, oder ob darüber hinaus auf versteckte oder verheimlichte Waren ausdrücklich hinzuweisen ist (vgl. den Beschluß des Bundesfinanzhofs zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften [EuGH] zu dieser Rechtsfrage, ZfZ 2002, 309).
Der Senat teilt die im Vorlegungsbeschluß dargelegte Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH aaO S. 310), daß eine allgemeine Mitteilung über das Vorhandensein von Waren die Gestellung versteckter oder verheimlichter Waren nicht umfaßt, sondern daß auf diese ausdrücklich hingewiesen werden muß, um die Mitteilungspflicht zu erfüllen. Für den Fall, daß der EuGH diese Auffassung für zutreffend erachtete, wären im vorliegenden Fall durch Nichtgestellung der in den Containern versteckten Zigaretten, auf die nicht ausdrücklich hingewiesen wurde, wegen deren vorschriftswidrigem Verbringen nach Art. 202 Abs. 1 ZK Einfuhrabgaben entstanden. Diese wären verkürzt worden (§ 370 Abs. 4 AO), weil sie wegen der unterlassenen Gestellung nicht buchmäßig erfaßt werden hätten können (vgl. Art. 217 ZK).
(2) Aber auch wenn die Gestellung der Container die Zigaretten mit umfaßt haben sollte, hätte der Angeklagte dennoch wegen der Abgabe der
falschen Versandanmeldungen den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO erfüllt.
(a) Der Angeklagte machte als mittelbarer Täter durch die Fahrer unrichtige Angaben über die Waren, die in das T1-Versandverfahren übergeführt werden sollten, und verstieß damit gegen Art. 59 Abs. 1 ZK.
Nach Art. 59 Abs. 1, Art. 4 Nr. 17 ZK i.V.m. Art. 199 ZK-DVO sind alle Waren, die in ein Zollverfahren überführt werden sollen, zu dem betreffenden Verfahren anzumelden. Gegenstand einer Zollanmeldung im Versandverfahren (vgl. Art. 4 Nr. 16 lit. b ZK; Art. 62 ZK) sind dabei nur die Waren, deren Beschaffenheit mindestens im Kern richtig bezeichnet ist (vgl. BFH ZfZ 1990, 380, 381). Dieser zu § 57 ZG aufgestellte Grundsatz hat auch nach Einführung des Zollkodex weiterhin Geltung.
Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte die Fahrer, welche die in den Freihäfen Bremerhaven und Hamburg angelieferten Container in seinem Auftrag nach Tschechien bringen sollten, Versandanmeldungen bei den Zollbehörden einreichen, in die nur die Tarnwaren (Textilien, Schuhe etc.) aufgenommen waren. Die Zollanmeldungen waren damit unrichtig im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (vgl. hierzu Bender aaO Abschnitt C IV TZ 75 sub 2 lit. a).
(b) Wenn das Gestellen auch die in den Containern befindlichen Zigaretten erfaßt haben sollte, wären gemäß Art. 203 Abs. 1 und 2 ZK die Einfuhrabgaben für die Zigaretten mit dem Abtransport der Container vom Amtsplatz entstanden; diese wären zugleich aufgrund der unrichtigen Zollanmeldung verkürzt worden.
Gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK, § 21 TabStG, § 13 Abs. 2 [n. F.], § 21 Abs. 2 UStG entstehen die Einfuhrabgaben, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
(aa) Der Begriff des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung ist im Gemeinschaftsrecht nicht definiert. In Art. 865 ZK-DVO sind zwar einige Fälle beschrieben, die ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung darstellen. Über diese Fälle geht aber der in Art. 203 Abs. 1 ZK verwendete Begriff deutlich hinaus. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 ZK so zu verstehen, „daß er jede Handlung oder Unterlassung umfaßt , die dazu führt, daß die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 ZK vorgesehenen Prüfungen gehindert wird“ (Urteil des EuGH in der Rechtssache C-66/99 – D. Wandel, Slg. 2001, I-911, 933 (Tz. 47); vgl. auch Urteil des EuGH in der Rechtssache C-371/99 – Liberexim BV, ZfZ 2002, 338, 341 und BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Dabei ist es für das Entziehen einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 ZK nicht erforderlich, daß ein subjektives Element vorliegt; es müssen nur die objektiven Voraussetzungen, wie insbesondere das körperliche Fehlen der Ware am zugelassenen Verwahrungsort erfüllt sein (vgl. EuGH Slg. 2001, I-911, 933 [Tz. 48]; EuGH ZfZ 2002, 338, 341 [Tz. 60]).
Der Abtransport der Container vom Amtsplatz durch die vom Angeklagten beauftragten Fahrer stellt eine solche Handlung dar, mit der die nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 ZK vorgesehenen Prüfungen unmöglich gemacht wurden.
(bb) Art. 202 Abs. 1 ZK als gegenüber Art. 203 Abs. 1 ZK grundsätzlich vorrangige Vorschrift (vgl. BFH ZfZ 2002, 309, 311) stünde hier einer Entstehung der Einfuhrabgaben nach Art. 203 Abs. 1 ZK nicht entgegen, weil die Zigaretten – wenn ein ausdrücklicher Hinweis auf sie beim Verbringen der Container in das Zollgebiet der Gemeinschaft nicht erforderlich wäre –
ordnungsgemäß gestellt und damit nicht vorschriftswidrig im Sinne von Art. 202 ZK in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden wären.
(cc) Die Zigaretten unterlagen mit dem Zeitpunkt, in dem jeweils die Container vom Freihafen in das Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht wurden , gemäß Art. 37 ZK der zollamtlichen Überwachung. Bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung hatten sie – im Falle ordnungsgemäßer Gestellung – die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung (vgl. Art. 50 ZK). Vorübergehend verwahrte Waren dürfen ausschließlich an von den Zollbehörden zugelassenen Orten und unter den von den Zollbehörden festgelegten Bedingungen gelagert werden (Art. 51 Abs. 1 ZK) und müssen jederzeit zollamtlich geprüft werden können (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 ZK). Diese Prüfungsmöglichkeit für die Zollbehörden auf dem Amtsplatz, von dem die Zigaretten nicht ohne ihre Zustimmung entfernt werden durften (vgl. Art. 47 ZK), wurde durch den Abtransport der Container zum Zwecke der Durchfuhr durch Deutschland unmöglich gemacht (vgl. BFH ZfZ 2002, 309, 311; Bender aaO TZ 75 sub 2 lit. a). Eine spätere Erfassung der in den abgefertigten Containern befindlichen Zigaretten war nach der Versiegelung dieser Container nahezu ausgeschlossen, weil die Zollbehörden von den Zigaretten keine Kenntnis und damit für eine Überprüfung auch keinen Anlaß hatten. Damit wären die Zigaretten mit der Entfernung vom Amtsplatz der zollamtlichen Überwachung entzogen.
(dd) Die Zigaretten waren auch nicht nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 ZK von den Zollbehörden den Anmeldern überlassen worden, denn die Überlassung erstreckte sich nur auf die angemeldeten Waren. Durch die unrichtige Anmeldung hatte der Angeklagte bewirkt, daß das externe gemeinschaftliche Versandverfahren zur Durchfuhr von Nichtgemeinschaftswaren in die Tschechische Republik (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK) nur für die Tarnware und nicht auch für die ebenfalls in den Containern befindlichen Zigaretten eröffnet worden war. Die nicht angemeldeten Zigaretten hätten damit weiter unter vorü-
bergehender Verwahrung im Sinne von Art. 50 ZK gestanden, als sie vom Amtsplatz der Zollbehörden abtransportiert wurden.
(ee) Einem Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung steht nicht entgegen, daß die Zigaretten sich beim Transport durch das Zollgebiet in mit Zollsiegeln versehenen Containern befanden, die zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren für Nichtgemeinschaftswaren abgefertigt worden waren (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK; Art. 72 ZK).
Zwar stand die ebenfalls in den Containern transportierte Tarnware unter zollamtlicher Überwachung, bis sie aus dem Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft verbracht wurde (vgl. Art. 37 Abs. 2 ZK). Diese zollamtliche Überwachung erstreckte sich aber nur auf die angemeldeten Waren. Auch die Tatsache, daß der gesamte Container von den Zollbehörden versiegelt worden war und die Zigaretten damit während des Transports zumindest räumlich von dem Zollsiegel erfaßt wurden, führt nicht dazu, daß die Zigaretten ebenfalls als unter zollamtlicher Überwachung stehend angesehen werden konnten. Bei einem solchen Siegel handelt es sich ausschließlich um eine Nämlichkeitssicherung im Sinne von Art. 72 ZK und nicht um eine Wegnahmesicherung. Ein Zollsiegel hätte in keiner Weise verhindern können, daß die Zigaretten während des Transports durch Deutschland von dem Angeklagten oder von Dritten aus den Containern hätten entnommen werden können. Wären die Zigaretten während des Transports durch Deutschland mit oder ohne Verletzung des Zollsiegels aus den Containern entfernt worden , so hätten die Zollbehörden keinerlei Möglichkeit gehabt, für die in den freien Verkehr gelangten Zigaretten die entstandenen Einfuhrabgaben zu erheben, weil sie von der Existenz der Zigaretten in den Containern keine Kenntnis gehabt hätten. Auch war für die verheimlichten Zigaretten keine Sicherheit im Sinne von Art. 94 ZK geleistet worden, um die Erfüllung der Zollschuld und der sonstigen Einfuhrabgaben sicherzustellen. Gerade diese Sicherheitsleistung für möglicherweise entstehende Einfuhrabgaben rechtfertigt aber die Überlassung der Waren an den Anmelder im Sinne von
Art. 73 Abs. 1 Satz 1 ZK zum eigenständigen, nicht ständig tatsächlich kon- trollierten Transport durch das Zollgebiet der Gemeinschaft im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach Art. 91 ZK.
(ff) Der Einwand, eine Verkürzung von Einfuhrabgaben könne dann nicht gegeben sein, wenn der Nachweis erbracht sei, daß die Ware tatsächlich ausgeführt worden sei, greift ebenfalls nicht durch.
Entgegen der Ansicht der Revision steht die Tatsache der späteren Wiederausfuhr der Zigaretten ihrer vorher erfolgten Entziehung aus zollamtlicher Überwachung nicht entgegen (vgl. zu der insoweit parallelen Problematik beim verbrauchsteuerlichen Steueraussetzungsverfahren BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Versandverfahren sind formelle Verfahren , die auf eine hinreichende Kontrollmöglichkeit der in diesen Verfahren transportierten Waren angewiesen sind. Besteht diese Kontrollmöglichkeit nicht, weil die Zollbehörden keine Kenntnis von bestimmten Waren haben, sind diese Waren als im freien Verkehr befindlich anzusehen; die Einfuhrabgaben sind damit entstanden. Werden die Waren letztlich doch ausgeführt, kann dies zollrechtlich allenfalls – damit die Erhebung der Einfuhrabgaben nicht einer ungewollten Sanktion gleichkommt (vgl. BFH DStRE 2002, 54, 56) – für die Frage eines möglichen Erlasses der entstandenen Abgaben (vgl. Art. 239 ZK) und strafrechtlich nur für die Frage der Strafzumessung von Bedeutung sein (vgl. auch BGH aaO).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 859 Nr. 6 ZK-DVO. Nach dieser Vorschrift gilt für eine Ware in vorübergehender Verwahrung das Verbringen dieser Ware aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ohne Erfüllung der vorgeschriebenen Zollformalitäten als Verfehlung im Sinne des Art. 204 Abs. 1 ZK, die sich „auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung nicht wirklich ausgewirkt“ hat, so daß das Entstehen einer Einfuhrzollschuld nach Art. 204 ZK ausgeschlossen ist.
Ein solcher geringfügiger Verstoß liegt hier indes nicht vor, weil die weiteren Voraussetzungen des Art. 859 ZK-DVO für die Annahme eines geringfügigen Verstoßes nicht gegeben sind. Zum einen liegt im Hinblick auf die zielgerichtete Abgabe einer unrichtigen Zollanmeldung nicht nur einfache Fahrlässigkeit vor. Zum anderen sind in keinem der Fälle nachträglich alle notwendigen Förmlichkeiten erfüllt worden, um die Situation der Waren zu bereinigen, wie etwa die Anmeldung der Zigaretten an der Grenzzollstelle vor dem Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft nach Tschechien. Im Gegensatz zu der dem Verfahren des Bundesfinanzhofs VII R 99/00 zugrundeliegenden Fallkonstellation (vgl. BFH DStRE 2002, 54) bestehen vorliegend insoweit keine vernünftigen Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Gemeinschaftsrechts , so daß eine Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EG nicht geboten ist (vgl. hierzu EuGH NJW 1983, 1257).
2. Auch die Beweiswürdigung zur äußeren Tatseite hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis noch stand.
Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, die Beweise zu würdigen. Das Revisionsgericht kann die tatrichterliche Beweiswürdigung auf die Sachbeschwerde nur unter dem Gesichtspunkt überprüfen, ob sie Rechtsfehler enthält. Dies ist dann der Fall, wenn die im Urteil mitgeteilten Erwägungen des Tatrichters in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar sind oder sie gegen Denkgesetze oder anerkannte Erfahrungssätze verstoßen. Ein Sachmangel kann dabei auch vorliegen, wenn sich das Urteil im Rahmen der Beweiswürdigung nicht mit allen festgestellten Umständen auseinandersetzt, die den Angeklagten be- oder entlasten (vgl. BGHSt 29, 18, 20; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2 m. w. N.).

a) Zwar muß sich der Tatrichter mit anderen naheliegenden Möglichkeiten des Tathergangs auseinandersetzen (vgl. BGH StPO § 261 Beweiswürdigung , unzureichende 13). Für die von der Revision angeführte – bei der gegebenen Beweissituation fernliegende – Annahme, daß der
Mehrheitsgesellschafter der Firma M , P , statt des Angeklagten der Täter gewesen sein könnte, fehlen indes jegliche tatsächliche Anhaltspunkte.

b) Entgegen der Auffassung der Revision enthält die Beweiswürdigung auch keine Widersprüche. Soweit die Aussagen der Zeugen N und V , auf die das Landgericht maßgeblich seine Überzeugung von der Tatherrschaft des Angeklagten stützt, sich in einzelnen Punkten nicht vollständig decken, ist dieser Umstand von der Strafkammer ausreichend erörtert worden. Wenn das Landgericht diese Abweichungen mit Erinnerungslükken des 77jährigen Zeugen N und mit unpräzisen Fragestellungen bei seiner im Wege der Rechtshilfe auf Zypern vorgenommenen Vernehmung erklärt, begegnet dies angesichts der Vielzahl der gegen den Angeklagten sprechenden Beweisanzeichen im Rahmen der Gesamtschau keinen durchgreifenden Bedenken.

c) Im übrigen geht das Vorbringen der Revision im Ergebnis nur dahin, daß das Landgericht andere als von ihr für zutreffend erachtete Schlußfolgerungen gezogen hat. Damit deckt sie keinen Rechtsfehler auf. Die vom Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände gezogenen Schlußfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, daß sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGHSt 36, 1, 14).
3. Der festgestellte Schuldumfang weist ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Allerdings hat das Landgericht den Umfang der hinterzogenen Einfuhrabgaben nicht ordnungsgemäß ermittelt.
Die Anwendung steuerlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt ist Rechtsanwendung; dies gilt auch für die daraus folgende Berech-
nung der verkürzten Steuern. Diese Rechtsanwendung obliegt dem Strafrichter , nicht den als Zeugen gehörten Ermittlungsbeamten oder Beamten der Finanzverwaltung (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 307). Auch die Ermittlung und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen obliegt dem Tatrichter. Die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse in das Urteil ist ebenso unzureichend wie die Wiedergabe von Aussagen, die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben (vgl. BGH wistra 2001, 308, 309; zur Stellung des Finanzbeamten im Steuerstrafverfahren vgl. Harms in Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter [2002] S. 451 ff.).
Hier stellte das Landgericht zur Berechnung des Zollwertes der Zigaretten fest (UA S. 210): Der Zollwert „wurde nach den Angaben des Zeugen M von der Zollverwaltung nach Artikel 31 ZK ermittelt und wird nach einem Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 12.08.1994 bei Großschmuggeln von Zigaretten der Berechnung einheitlich zugrunde gelegt.“ Diese Ausführungen lassen eine revisionsgerichtliche Überprüfung der verkürzten Einfuhrabgaben nicht zu und sind daher rechtsfehlerhaft. Sie lassen besorgen, daß das Landgericht die Besteuerungsgrundlagen nicht selbst ermittelt hat, sondern lediglich den von der Zollverwaltung errechneten Zollwert zugrundegelegt hat. Zudem nimmt das Landgericht hinsichtlich der Zollwertermittlung auf einen Erlaß des Bundesfinanzministeriums Bezug, nach dem in Fällen des Großschmuggels von Zigaretten der Zollwert auf 2 Pfennig pro Stück festgesetzt werden kann (BMF-Schreiben vom 12. August 1994 – III B 4 – Z 5302 – 2/94). Solche Wertansätze, wie auch die nach dem BMF-Schreiben vom 12. Februar 2001 (III B 5 – Z 5302 – 1/02), nach dem abgestuft nach der Menge der eingeführten Zigaretten bestimmte feste Zollwerte zugrundegelegt werden sollen, wenn der tatsächlich für die Zigaretten gezahlte Preis nicht nachgewiesen werden kann, dürfen indes in das Steuerstrafverfahren nicht ungeprüft übernommen werden. Sofern die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt werden können, sind sie unter Beachtung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfah-
rensgrundsätze (§ 261 StPO) vom Tatrichter selbst zu schätzen. Auch die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden im Einzelfall kommt nur in Betracht, wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch bei Zugrundelegung der strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugt ist (st. Rspr., vgl. nur BGH wistra 2001, 308, 309 m. w. N.).
Auf diesem Fehler beruht das Urteil hingegen nicht. Der Senat schließt aus, daß das Landgericht bei Beachtung dieser Grundsätze zu einem niedrigeren als dem angenommenen Zollwert von 2 Pfennigen pro Zigarette gelangt wäre.
4. Mit Recht beanstandet die Revision allerdings, daß die innere Tatseite im angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich erörtert worden ist; dies stellt hier einen durchgreifenden Rechtsfehler dar.
Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe „die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden“. Dazu gehören grundsätzlich auch die Feststellungen zur inneren Tatseite, insbesondere zum Tatvorsatz (vgl. BGHSt 5, 143, 144 ff.; BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4). Der Tatrichter darf sich nicht darauf beschränken, Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen zu treffen (BGH, Urt. vom 12. April 1989 – 3 StR 472/88), wenn sich die Merkmale der inneren Tatseite nicht von selbst aus der Sachverhaltsschilderung ergeben (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 267 Rdn. 10).
Der Eintritt einer Steuerverkürzung ist Tatbestandsmerkmal des § 370 AO. Damit setzt auch die innere Tatseite der Steuerhinterziehung voraus, daß der Täter den angegriffenen Steueranspruch dem Grunde nach kennt und dessen Höhe zumindest für möglich hält (BGH wistra 1989, 263; 1990, 193, 194; 1998, 225, 226; BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01).
Einer genauen Kenntnis der steuerlichen Vorschriften bedarf es insoweit freilich nicht (BGH wistra 1998, 225, 226).
Im vorliegenden Fall ergibt sich der Vorsatz des Angeklagten, Steuern zu verkürzen, nicht von selbst aus der Schilderung des äußeren Tatablaufes. In allen 16 abgeurteilten Fällen wurden die jeweils von einem deutschen Abgangszollamt versiegelten Container mit den dort versteckten Zigaretten über das Ausgangszollamt in die Tschechische Republik ausgeführt, ohne daß zuvor Zollsiegel entfernt oder Zigaretten aus den Containern entnommen worden wären. Dies legt nahe, daß der Angeklagte trotz der Abgabe inhaltlich unrichtiger Versandanmeldungen in keinem der Fälle vorhatte, die Zigaretten in Deutschland in den freien Verkehr zu bringen, sondern sie vielmehr an den tschechischen Zollbehörden vorbei nach Tschechien schmuggeln und auf dem dortigen Schwarzmarkt veräußern wollte. Für ein Einschmuggeln nach Tschechien war das Verstecken der Zigaretten in Containern mit Tarnladung , die im T1-Versandverfahren abgefertigt worden waren, taugliche Vorbereitungshandlung, weil bei offizieller Anmeldung der Zigaretten zur Durchfuhr durch Deutschland mit einer Unterrichtung der tschechischen Zollbehörden durch die deutschen Zollämter zu rechnen gewesen wäre. Es hätte daher im angefochtenen Urteil bei den Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts der ausdrücklichen Erörterung bedurft, ob der Angeklagte die Verkürzung auch deutscher Einfuhrabgaben zumindest billigend in Kauf genommen hatte. Zwar deuten der lückenlos durchorganisierte Tatablauf und der ständige berufliche Umgang des Angeklagten mit Zigaretten im Exportgeschäft auf gute Kenntnisse des Angeklagten von den Zollvorschriften in der Europäischen Union hin. Ausführungen zur inneren Tatseite waren indes insbesondere vor dem Hintergrund nicht entbehrlich, daß sich die Zigaretten bei ihrem Transport durch das Gebiet der Europäischen Union ununterbrochen in einem zollamtlich versiegelten Container befanden und daß eine Durchfuhr von Nichtgemeinschaftswaren durch das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren (Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK) grundsätzlich einfuhrabgabenbefreit ist.
5. Die Feststellungen zur äußeren Tatseite sind von diesem Erörterungsmangel nicht betroffen; sie enthalten keinen durchgreifenden Rechtsfehler und sind daher aufrechtzuerhalten (vgl. hierzu Kleinknecht/MeyerGoßner , StPO 45. Aufl. § 353 Rdn. 15).

III.


Die Aufhebung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der Kostenentscheidung als Annex der Sachentscheidung nach sich (vgl. BGHSt 25, 77, 79). Damit ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung vom 15. Juni 2001 gegenstandslos.

IV.


Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat vorsorglich:
Es begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, bei Fällen der vorliegenden Art die Höhe der jeweils hinterzogenen Abgaben strafschärfend zu berücksichtigen. Durch die objektiv feststehenden Taten des Angeklagten sind trotz der erfolgten Wiederausfuhr tatsächlich und nicht nur theoretisch Einfuhrabgaben verkürzt worden. Sind aber verkürzte Steuerforderungen des deutschen Steuerfiskus nur aus formalen Gründen entstanden, ist dies bei der Strafzumessung im Hinblick auf die verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung zu berücksichtigen (vgl. BGH StV 2000, 497 und Urteil vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Im Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft sollen Einfuhrabgaben grundsätzlich nur für solche Waren erhoben werden, die in den Warenkreislauf der Gemeinschaft gelangen; die Durchfuhr im Wege des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens ist daher grundsätzlich abgabenbefreit (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK). Somit wäre hier zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, daß keine Einfuhrabgaben angefallen wären, wenn die Zigaretten den Zollbehörden nicht verheimlicht worden wären, son-
dern ordnungsgemäß gestellt bzw. zu dem dafür vorgesehenen externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet worden wären (vgl. BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Die Erhebung von Einfuhrabgaben kommt in einem solchen Fall an sich einer systemwidrigen Sanktion gleich, weil die Waren nicht in den Wirtschaftskreislauf des Zollgebiets der Gemeinschaft eingegangen sind (vgl. BGH aaO; BFH DStRE 2002, 54, 56).
Der neue Tatrichter wird deshalb im Falle einer erneuten Verurteilung zugunsten des Angeklagten zu bedenken haben, daß die Zigaretten nicht im Zollgebiet der Gemeinschaft in den Warenkreislauf gelangt sind und daß nach dem erkennbaren Tatplan die Waren von Anfang an in die Tschechische Republik gebracht werden und durch die Europäische Union nur durchgeführt werden sollten. Dem Aspekt der abstrakten Gefahr, daß die Zigaretten letztlich doch in den Wirtschaftskreislauf der Gemeinschaft hätten eingehen können, ist in einem solchen Fall kein wesentliches Gewicht beizumessen.
Harms Häger Gerhardt Raum Brause

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.