Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 584/15
vom
6. April 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. : Bestechlichkeit u.a.
zu 2. und 3.: Bestechung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:060416B5STR584.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2016 beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten A. und G. gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 10. Juli 2015 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Das Verfahren gegen den Angeklagten K. wird betreffend Tat 6 der Urteilsgründe nach § 206a StPO eingestellt. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Seine Revision gegen das vorbezeichnete Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass er der Bestechung und der Urkundenfälschung schuldig ist.
3. Die Angeklagten A. und G. haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels, der Angeklagte K. hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zum Antrag des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: 1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch: Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich – auch betreffend Tat 3 – hinreichend deutlich entnehmen, dass der Angeklagte A. im Rahmen seiner Tätigkeit als Verbandsvorsteher des M.
über Ermessens- und Gestaltungsspielräume verfügte und bei seiner Entscheidungsfindung in der Weise pflichtwidrig handelte, dass er dabei auch die ihm zugewandten bzw. zugesagten Vorteile einfließen ließ (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08, NJW 2009, 3248, 3250; vom 14. Februar 2007 – 5 StR 323/06, NStZ-RR 2008, 13, 14; vom 21. März 2002 – 5StR 138/01, BGHSt 47, 260, 263, und vom 25. Juli 1960 – 2 StR 91/60, BGHSt 15, 88; vgl. auch MüKo-StGB/Korte, 2. Aufl., § 332 Rn. 30 f.; Heine /Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 332 Rn. 11).
2. Das Landgericht hat zutreffend die Voraussetzungen des Regelbeispiels des besonders schweren Falles der Bestechlichkeit nach §§ 332, 335 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB für nicht gegeben erachtet. Der Senat hält es für sachgerecht , die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum „Vermögensverlust großen Ausmaßes“ im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Variante 1StGB (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 – 1 StR 274/03, BGHSt 48, 360) und zur Steuerverkürzung sowie der Erlangung von Steuervorteilen „in großem Ausmaß“ nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (BGH,Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71), in denen er das Bedürfnis nach Rechtssicher- heit hervorgehoben und die Wertgrenze nach objektiven Kriterien auf jeweils grundsätzlich 50.000 € festgesetzt hat, auf die Bemessung des „Vorteils großen Ausmaßes“ nach § 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu übertragen (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2015 – 5 StR 352/15, juris Rn. 18 bis 24).
3. Der Senat kann offen lassen, ob die seitens des Angeklagten A. erhobene Rüge der Verletzung des Zügigkeitsgebots aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Im Hinblick auf die geringe Belastung des Beschwerdeführers durch die – mit seiner Revision nicht mitgeteilte – Auflage bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls während des zehn Monate währenden Zeitraums unzureichender Verfahrensförderung liegt ein Verstoß gegen das Gebot zügigen Prozessierens noch nicht vor (vgl. Schäfer /Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 755 ff.); der erhebliche Zeitablauf zwischen Tat und Urteil als solcher ist bereits strafmildernd berücksichtigt worden.
4. Der durch die Einstellung von Tat 6 bedingte Wegfall der festgesetzten Geldstrafe wirkt sich nicht auf die Gesamtstrafe aus, nachdem die Einsatzfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Blick auf die weitere Geldstrafe von 60 Tagessätzen allein auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten erhöht werden durfte (§ 39 StGB).
Sander Schneider Berger Bellay Feilcke

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(1) In besonders schweren Fällen wird 1. eine Tat nach a) § 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, undb) § 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und2. ein

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks
ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 24. Juni und 9. Juli 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J. ,
Rechtsanwalt N. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger für den Angeklagten K. L. ,
Rechtsanwalt L. ,
Rechtsanwältin Li. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger für die Angeklagte G. L. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 9. Juli 2009 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. L. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2007 aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen;
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz; dieser entfällt.
2. Auf die Revision der Angeklagten G. L. wird das genannte Urteil
a) im Schuldspruch gegen diese Angeklagte dahin abgeändert , dass sie der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen schuldig ist;
b) im gesamten Strafausspruch gegen diese Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Strafaussprüche, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. L. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Wertersatzverfall in Höhe von knapp 1,5 Mio. Euro angeordnet. Gegen seine mitangeklagte Ehefrau G. L. hat es wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen die Verurteilungen jeweils mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten haben die aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolge.

A.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Durch am 28. November 2000 in Kraft getretenes Gesetz vom 21. November 2000 (HmbGVBI 2000 S. 349 – HmbRAVersG) wurde das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Freien und Hansestadt Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet (i. F.: Versorgungswerk). Mit der Mitgliedschaft im Versorgungswerk können angestellte Rechtsanwälte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag befreit werden. Zum Leitungsorgan der Körperschaft wurde ein fünfköpfiger ehrenamtlicher Verwaltungsausschuss gesetzlich bestimmt, dessen Mitglieder durch die Mitgliederversammlung zu wählen waren.
4
Die Mitgliederversammlung beschloss im April 2001 die Satzung des Versorgungswerks, die nach Genehmigung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Justizbehörde im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht wurde und am 1. Juli 2001 in Kraft trat.
5
Auf derselben Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte L. , ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie Rechtsbeistand und als solcher Mitglied der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses gewählt. Zu den Hauptaufgaben des Verwaltungsausschusses gehörte die Prüfung von Geldanlagemöglichkeiten für das durch die Mitgliedsbeiträge eingenommene Kapital des Versorgungswerks.
6
Die Wahl des Angeklagten entsprach einem bereits vor der Gründung des Versorgungswerks mit dem anderweitig verfolgten D. gefassten Tatplan. Der Angeklagte sollte die Stellung im Verwaltungsausschuss unter Missachtung der ihm als Organwalter der Körperschaft obliegenden Pflichten im Interesse der P. N. L. AG (i. F.: P. ) dazu ausnutzen, das Vermögen des Versorgungswerks bei der P. anzulegen. Im Gegenzug sollte er durch D. , den Bezirksdirektor der P. , verdeckt einen als „Vermittlungsprovision“ deklarierten Anteil erhalten.
7
Die weitere Geschäftsabwicklung folgte einer durch den Angeklagten und D. bereits seit langem gepflogenen Übung. Der Angeklagte beriet seit vielen Jahren als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eine Vielzahl vermögender Mandanten auch in Bezug auf Kapitalanlagen. Diesen verschaffte er jedenfalls in der Zeit ab 1994 unter Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung diverse Versicherungsverträge der P. und erhielt dafür von D. heimlich „Provisionen“. Gemäß dieser Übung sollten auch im Falle des Versorgungswerks die erwarteten „Provisionsbeträge“ auf das Konto eines dem Angeklagten nahe stehenden Dritten fließen, hier auf das einer von der in den Tatplan eingeweihten Ehefrau des Angeklagten, der Mitangeklagten G. L. , beherrschten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der neben ihr nur noch ihr Vater, der frühere Mitangeklagte G. , zu einem Prozent beteiligt war.
8
Innerhalb des Verwaltungsausschusses wurden zum Zweck der Arbeitsteilung Referate gebildet. Dem Angeklagten wurden dabei gemeinsam mit dem Zeugen C. die Bereiche „Vermögensverwaltung/Finanzen“ übertragen. Das Referat war schwerpunktmäßig für Fragen der Kapitalanlage und für Verhandlungen mit deren Anbietern verantwortlich. Das dem Angeklagten seitens der übrigen Ausschussmitglieder zugeschriebene besondere Fachwissen im Kapitalanlagegeschäft und sein dominantes Auftreten innerhalb des Ausschusses führten schnell zu seiner faktischen Leitungsfunktion (UA S. 16) innerhalb des Referats.
9
Unter Ausnutzung dieser Position gelang es dem Angeklagten, die P. als Vertragspartner ins Gespräch zu bringen. Allerdings scheiterte sein Plan, das gesamte zur Verfügung stehende Kapital des Versorgungswerks unter gleichzeitiger Auslagerung der Kapitalverwaltung bei der P. anzulegen, am Mehrheitsvotum des Verwaltungsausschusses. Dieser beschloss nämlich, die Anlage aufzuteilen und lediglich ein Drittel des Gesamtkapitals bei einer Versicherung anzulegen. Um seinen erhofften Anteil zu erhöhen, erstrebte der Angeklagte als Mitglied der Hamburger Steuerberaterkammer indes noch den Anschluss der dortigen Steuerberater an das anwaltliche Versorgungswerk, ohne dass dies später umgesetzt wurde.
10
Er erklärte den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses, dass das von der P. dem Versorgungswerk angebotene Kapitalanlageprodukt die gewünschte Mindestverzinsung von 3,5 % biete und keine weiteren Verwaltungsgebühren oder sonstige Kosten anfallen würden. Tatsächlich war ihm jedoch ebenso wie D. bekannt, dass sich dieser Garantiezins nicht auf die effektive Rendite bezog, sondern auf das Kapital, das nach Abzug der beträchtlichen Kosten angelegt werden würde. Hiernach blieb den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsausschusses verborgen, dass ihnen ein normales Tarifprodukt der Versicherung zu im Hinblick auf den Umfang des Projekts nicht besonders günstigen Konditionen angeboten wurde. Beide verschwiegen, dass die Versicherung angesichts der zu erwartenden erheblichen Beiträge grundsätzlich zu Verhandlungen und zum Gewähren – rechtlich zulässiger – günstigerer Bedingungen bereit gewesen wäre. Dies hätte namentlich dann gegolten, wenn die Versicherung nicht die an den Angeklagten zu zahlende „Provision“ hätte einkalkulieren müssen.
11
Nach Anhörung auch anderer Anbieter unterzeichneten der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses B. und der Angeklagte als stellvertretender Vorsitzender im November 2001 den von der P. angebotenen Rentenversicherungsvertrag. Im Frühjahr des Jahres 2002 überwies die P. auf Veranlassung D. s verabredungsgemäß die mit 3,2 % der vorgesehenen Gesamtkapitalanlage bemessene „Provision“ für den Angeklagten in Höhe von knapp 900.000 Euro auf das von der Mitangeklagten G. L. geführte Konto der genannten Gesellschaft, das erst kurz zuvor, nämlich am 5. März 2002, auf den Namen „Unternehmensberatung L. “ eröffnet worden war.
12
Da das Beitragsaufkommen des Versorgungswerks schnell die Prognosen übertraf, kamen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses überein, einen weiteren Versicherungsvertrag abzuschließen. Abermals setzte sich der Angeklagte für die P. ein; er erklärte auf einer Sitzung des Organs erneut der Wahrheit zuwider, dass bei einem Abschluss mit der P. Provisionen nicht anfallen würden. Der Verwaltungsausschuss beschloss , einen weiteren Rentenversicherungsvertrag bei der P. zu ähnlichen Konditionen abzuschließen, den der Zeuge B. und der Angeklagte im August 2002 unterzeichneten. Wie zuvor mit D. vereinbart , überwies die P. im September 2002 die „Vermittlungsprovision“ in Höhe von knapp 1,1 Mio. Euro auf das Konto der von der wiederum eingeweihten Mitangeklagten G. L. beherrschten Gesellschaft, das zwischenzeitlich auf den Namen „G. G. F. “ umge- schrieben worden war. Ebenso wie die zuvor gezahlte Provision wurde der Betrag vom Angeklagten L. , der ohne weiteres Zugriff auf die Gelder erhielt, in Windkraftanlagen investiert.
13
Nach Aufdeckung der verheimlichten Zahlungen an den Angeklagten wurden die Versicherungsverträge mit der P. rückabgewickelt. Die bis dahin eingezahlten Beiträge von rund 11,8 Mio. Euro wurden dem Versorgungswerk – ohne Zinsen und Überschussbeteiligungen – im Oktober 2004 rückerstattet.

B.


14
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Ergänzend gilt Folgendes:
15
I. Hinsichtlich der Rügen nach § 338 Nr. 3 StPO, die Ablehnungsgesuche vom 26. Juni 2007 betreffen, ist ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben.
16
1. Diesen Rügen liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:
17
Am dritten Sitzungstag, dem 26. Juni 2007, wurde nach einer Unterbrechung der Hauptverhandlung noch im Sitzungssaal und in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligter das Verfahren gegen den (bisherigen) Mitangeklagten G. wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes abgetrennt. Im Zusammenhang hiermit äußerte der Vorsitzende: „Herr G. , Sie werden sicher von Ihrer Familie erfahren, wie das Verfahren ausgeht. Falls der BGH unsere Rechtsauffassung teilt, werden wir uns wiedersehen.“
18
Wegen dieser Äußerung lehnten die Angeklagten K. und G. L. die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
19
2. Die Revisionen verstehen die Äußerung dahin, dass die Strafkammer die Angeklagten verurteilen und die Verteidigung hiergegen Revision einlegen werde; sollte diese Revision vom Bundesgerichtshof verworfen werden , würde auch das nunmehr abgetrennte Verfahren gegen den Mitangeklagten G. vor der Strafkammer fortgeführt werden. Denn nur dann könne es ein „Wiedersehen“ geben.
20
3. Die Rügen greifen im Ergebnis nicht durch. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGHSt 21, 334, 341; BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Voraussetzungen sind hier noch nicht erfüllt.
21
Die gewählte Formulierung kann nicht losgelöst von dem prozessualen Hintergrund gesehen werden. Dieser ist in der Situation der unmittelbar zuvor erfolgten Verfahrensabtrennung dadurch gekennzeichnet, dass im Vordergrund des Strafverfahrens die rechtlich strittigen, im Eröffnungsbeschluss von der Strafkammer bejahten Fragen standen, ob der Angeklagte L. als Amtsträger anzusehen und sein Verhalten als pflichtwidrig zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund ist die unnötige, zudem ungeschickt formulierte Äußerung nur als situationsbedingter Hinweis zu verstehen, der noch einmal die Auffassung wiederholte, die bereits Grundlage des Eröffnungsbeschlusses war. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche kann aber grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine unverrückbare Festlegung auf eine Rechtsauffassung und auf ein be- stimmtes Beweisergebnis, was durchgreifend bedenklich wäre, kann der Äußerung von einem besonnenen Prozessbeteiligten letztlich nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Maßgeblichkeit einer künftigen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs für die Notwendigkeit einer Fortführung des Prozesses gegen den Angeklagten G. angesichts der Position der Staatsanwaltschaft für den Fall der Nichtverurteilung ebenso gelten konnte.
22
II. Auch im Zusammenhang mit einer Fristsetzung des Vorsitzenden zur Stellung weiterer Beweisanträge liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht vor.
23
1. Den zugehörigen Rügen, die Ablehnungsgesuche vom 9. Juli 2007 betreffen, liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
24
Nachdem die Hauptverhandlung vom 18. Juni bis zum 9. Juli 2007 an neun Sitzungstagen durchgeführt worden war, wurde das Verfahren am 9. Juli 2007 gegen den Mitangeklagten D. durch Beschluss der Strafkammer „aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung“ abgetrennt, da das „Verfahren gegen den geständigen Angeklagten … entscheidungsreif“ sei. Der Vorsitzende ordnete die Fortsetzung in dem abgetrennten Verfahren für denselben Tag um 11.00 Uhr an und traf anschließend die Anordnung: „Die Frist zur Anbringung von Beweisanträgen wird bestimmt bis Dienstag, den 10. Juli 2007, 10.00 Uhr.“ An den vorausgegangenen Sitzungstagen vom 2. und 3. Juli 2007 waren die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden , nach Vernehmung zweier noch zu hörender Zeugen sei „gegebenenfalls damit zu rechnen, dass die Schlussanträge zu halten sein“ würden.
25
Wegen der Fristsetzung und der Abtrennung gegen den Mitangeklagten D. lehnten die Angeklagten K. und G. L. sämtliche Mitglieder des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
26
2. Die Revisionen erblicken in der angeordneten Fristsetzung eine Missachtung des Rechts der Angeklagten auf sachgerechte Verteidigung und auf ein faires Verfahren, die in so „massiver, grober und nicht mehr verständlicher Weise“ vorliege, dass die Angeklagten nicht davon ausgehen konnten, die Richter seien in der Entscheidung noch offen. Vielmehr habe für die Angeklagten der Schluss nahe gelegen, das Gericht wolle unter Preisgabe elementarer Verteidigungsrechte so rasch wie möglich zur Verurteilung kommen.
27
3. Auch diese Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
28
a) Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung hatte der Strafkammervorsitzende für seine Fristsetzung die Erwägungen des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 51, 333, 344) herangezogen. Die – in späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gebilligte (vgl. BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2) und näher ausgeführte (BGHSt 52, 355) – Verfahrensweise einer Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen, die nach Verstreichen der gesetzten Frist unter erleichterten Voraussetzungen wegen Verschleppungsabsicht ablehnbar sind, steht vor allem nicht im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 StPO. Sie billigt nämlich nicht die Ablehnung beantragter Beweiserhebungen allein aufgrund später Beweisantragstellung oder gar die Ablehnung der Entgegennahme von Beweisanträgen nach Fristablauf (vgl. selbst für einen Extremfall BGHR StPO § 244 Abs. 3 Missbrauch 2). Vielmehr verfolgt sie das Ziel stringenter, dem Zügigkeitsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK verpflichteter Verfahrenserledigung, sucht den dysfunktionalen Einsatz des Beweisantragsrechts zur Prozessverschleppung zu verhindern und schafft in den Gerichten zustehender Erweiterung und Änderung bisheriger Rechtsprechung zu dem entsprechenden Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 2, § 245 Abs. 3 Satz 3 StPO einen Weg zu sachgerechter Vorbereitung leichterer Ablehnung grundlos spät gestellter Beweisanträge.
29
Im Spannungsfeld zur grundlegenden Bedeutung des Beweisantragsrechts für eine effektive aktive Verteidigung und zum Fehlen einer gesetzlichen Präklusionsregelung für die Stellung von Beweisanträgen versteht es sich freilich von selbst, dass die so entwickelte Verfahrensweise vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedarf. Sie wird regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen (s. den Sondermaßstab des § 229 Abs. 2 StPO; vgl. BGHSt 52, 355, 362) und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. Zudem wird Anlass für die in Frage stehende Fristsetzung überhaupt nur bei bestimmten Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten gegeben sein, die vom Vorsitzenden im Zusammenhang mit der entsprechenden Anordnung ausdrücklich zu bezeichnen sind (§ 273 Abs. 3 StPO; vgl. BGHSt aaO S. 363). Das letztgenannte Erfordernis ist Konsequenz der Funktion der betroffenen Verfahrensweise als Vorbereitung späterer, leichter begründbarer ablehnender Entscheidungen über nach Fristablauf gestellte Beweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 6, § 34 StPO).
30
b) Es liegt auf der Hand, dass die restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen bei der die Richterablehnung veranlassenden Fristsetzung vorliegend nicht vollständig erfüllt waren. Diese erfolgte nach weniger als zehn Verhandlungstagen, wobei mit ihrer Anordnung eine ausdrückliche Begründung für einen berechtigten Verdacht von Prozessverschleppung nicht verbunden war. Besonders ins Gewicht fällt darüber hinaus, dass die Frist eklatant kurz gesetzt war.
31
c) Der Verfahrensfehler begründet gleichwohl noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt ungeachtet dessen, dass Verfahrensfehler, die mit einer Einschränkung besonders wesentlicher Verteidigungsrechte ein- hergehen, eher als sonstige Verfahrensfehler eine Richterablehnung nach § 24 StPO zu rechtfertigen in der Lage sind.
32
Maßgebend zu berücksichtigen ist das die Richterablehnung veranlassende Verfahrensgeschehen. Ihr waren Äußerungen der Verteidigung im Vorfeld der Hauptverhandlung vorausgegangen, die angesichts des gesamten bisherigen Verteidigungsverhaltens (UA S. 30 ff.) als Ankündigung einer überschießend offensiven Verteidigung verstanden werden konnten (vgl. insbesondere UA S. 35); das vorangegangene Antragsverhalten in der Hauptverhandlung schon vor der Fristsetzung war jedenfalls nicht geeignet, einen solchen verständlichen Argwohn zu zerstreuen. Aufgrund der bereits zuvor seitens des Gerichts angekündigten Möglichkeit eines alsbaldigen Abschlusses der Beweisaufnahme traf die kurze Frist die Verteidigung nicht gänzlich unvorbereitet. Da angesichts der bevorstehenden Ferienzeit beträchtliche Verfahrensunterbrechungen konkret drohten, war ein Streben des Vorsitzenden nach alsbaldigem Verfahrensabschluss erklärlich. Die beanstandete Verfahrensweise bezog sich auf eine neue, prinzipiell berechtigte, indes noch nicht näher ausgestaltete Rechtsprechung.
33
Vor dem Hintergrund all dieser Umstände ist in der rechtsfehlerhaften Fristsetzung keine derart gravierende Vernachlässigung berechtigter Verteidigungsbelange zu sehen, dass deshalb die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt gewesen wäre. Dies gilt letztlich auch unter Berücksichtigung dessen, dass dem mit dem Ablehnungsgesuch beanstandeten Verhalten eine unbedachte, nicht unbedenkliche Äußerung des Vorsitzenden am dritten Hauptverhandlungstag (oben B. I.) vorausgegangen war, und ungeachtet dessen, dass die Fristsetzung just zu dem Zeitpunkt erfolgte, als sich mit der prozessual für sich nicht zu beanstandenden Ankündigung einer Erledigung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten D. im Wege der Verständigung für die Angeklagten K. und G. L. eine grundlegend neue Prozesssituation ergab, wenngleich dies eine noch kritischere Sicht auf die Kürze der gesetzten Frist veranlasst.
34
Es bleibt trotz alledem bei dem Grundsatz, dass ein Verfahrensverstoß , der auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, allein noch keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl. BGHSt 48, 4, 8), sondern nur dann, wenn eine Entscheidung abwegig ist oder der Anschein der Willkür erweckt wird. So weit geht das die Richterablehnung veranlassende Vorgehen des Strafkammervorsitzenden letztlich doch nicht.
35
III. Die Verfahrensrügen wegen Nichteinholung eines versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens erweisen sich auch deshalb gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO als unzulässig, weil die Revisionen den von der Strafkammer in ihren Ablehnungsbeschlüssen vom 12. und 26. Oktober 2007 (Protokollanlagen 114 und 145) in Bezug genommenen Beschluss vom 12. Oktober 2007 (Protokollanlage 116) in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rügevortrag weder beigefügt noch seinem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt haben. In der Sache sind die Rügen angesichts der mit Hilfe von Versicherungsfachleuten getroffenen Feststellungen zu ungenutzten vorhandenen Verhandlungsspielräumen bei der Ausgestaltung der in Frage stehenden Geldanlagen für den Schuldspruch nicht durchgreifend. Die Strafaussprüche haben ohnehin keinen Bestand.
36
IV. Der frühere Mitangeklagte D. hatte sich wiederholt in der Hauptverhandlung bis zur Abtrennung des gegen ihn gerichteten Verfahrens zur Sache geäußert. Zumal danach sind sämtliche auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Rügen, mit denen allein anhand der für ihn abgegebenen, von ihm als Einlassung anerkannten und als Anlage zu Protokoll genommenen Verteidigererklärung die Urteilsausführungen zum Inhalt seines Ge ständnisses beanstandet werden sollen, wie der Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung zutreffend hervorgehoben hat, im Ansatz verfehlt (vgl. BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vgl. auch BGHSt 52, 175, 180).

C.


37
Die von beiden Angeklagten erhobenen Sachrügen sind teilweise erfolgreich.
38
I. Das Landgericht hat den Angeklagten L. als stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks zutreffend als Amtsträger gemäß § 332 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen und rechtsfehlerfrei wegen Bestechlichkeit verurteilt.
39
1. Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
40
a) Es spricht viel dafür, dass das Versorgungswerk eine Behörde im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 1 StGB ist. Jedenfalls ist sie eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB.
41
Das Versorgungswerk wurde durch Gesetz als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet. Über das typischerweise öffentlich-rechtlich ausgestaltete Verhältnis der Körperschaft zu ihren Mitgliedern hinaus besteht in weiten Teilen eine Zwangsmitgliedschaft. Sämtliche Mitglieder der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer sind – soweit sie das 45. Lebensjahr nicht vollendet haben (§ 3 Abs. 1 und 2 HmbRAVersG) – Pflichtmitglieder und können auf Antrag von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden. Überdies besitzen die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks als Organ der Körperschaft Verwaltungsaktqualität und unterliegen nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. §§ 7, 8 der Satzung) verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Schließlich untersteht das Versorgungswerk, wie im Sozialversicherungsrecht üblich (vgl. nur § 393 Abs. 1 SGB III; §§ 87, 88 Abs. 1 SGB IV; § 141 SGB VII), staatlicher Rechtsaufsicht (§ 7 Abs. 1 HmbRAVersG) und der Haushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. §§ 105 ff. LHO, HmbGVBl 1971 S. 261).
42
Diese durch das Landgericht fehlerfrei festgestellten Umstände streiten dafür, das Versorgungswerk – wie dies auch für andere Träger der Sozialversicherung angenommen wird (RGSt 76, 105, 107; 76, 209, 211; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 97; aM BGHZ 25, 186, 193 [zu § 29 GBO]) – als Behörde im strafrechtlichen Sinn einzustufen (zu den verschiedenen Begriffsbestimmungen Radtke aaO). Die Frage muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, weil jedenfalls die Voraussetzungen für eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB erfüllt sind.
43
Eine sonstige Stelle ist eine behördenähnliche Institution, die rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken, ohne dabei selbst Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein (vgl. nur BGHSt 43, 370, 376; 52, 290, 293). Der Organisationsform der Stelle kommt dabei nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine entscheidende Aussagekraft zu (Fischer, StGB 56. Aufl. § 11 Rdn. 19 m.w.N.). Steht im Einzelfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Rede , so ist dieser Organisationsform indes eine erhebliche indizielle Bedeutung beizumessen (ähnlich Welp, Festschrift für Lackner 1987 S. 761, 780). Schon nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nämlich vor allem Körperschaften des öffentlichen Rechts das Merkmal der sonstigen Stelle erfüllen können (Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 11. Mai 1973, BT-Drucks 7/550 S. 209). Andere Schlüsse lässt entgegen der Ansicht der Revision auch die Entscheidung des Senats zur Amtsträgerstellung des Geschäftsführers einer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) allein beherrschten privatrechtlich organisierten Gesellschaft (BGHSt 46, 310) nicht zu. Dort hat der Senat ebenfalls maßgeblich auf die rechtliche und tatsächliche Eingliederung der Stelle in die Staatsverwaltung abgestellt und sie mit dem Hinweis auf die Sonderstellung des BRK abgelehnt (BGHSt aaO S. 314). Beim BRK handelt es sich nämlich um eine sogenannte Formalkörperschaft , die zwar in die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gekleidet ist, ohne dass jedoch bei ihrer Einrichtung an eine organisatorische Eingliederung in die Staatsverwaltung gedacht war (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, 5. Aufl. § 81 Rdn. 38 und § 87 Rdn. 13; BGH aaO m.w.N.). Die deshalb mangelnde staatliche Lenkung konnte durch die gleichwohl bestehende staatliche Rechtsaufsicht über das BRK nicht kompensiert werden (BGHSt aaO S. 315). Nur in diesem spezifischen Kontext wurde in jener Entscheidung das Fehlen einer Fachaufsicht stützend herangezogen. Das Kriterium ist indessen nicht generell ein maßgebliches Beweiszeichen für eine fehlende Eingliederung der betreffenden Stelle in die Staatsverwaltung.
44
b) Das Versorgungswerk nimmt auch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die berufsständische Versorgung der „klassischen“ verkammerten Berufe ist traditionell Teil des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland (BVerfGE 113, 1, 25; BVerwG NJW-RR 2001, 785, 786; NJW 1997, 1634; Groepper NJW 1999, 3008; Hahn GewArch 2002, 441; 2008, 49, 52). Durch sie wird die sozialstaatlich gebotene Grundversorgung ihrer Pflichtmitglieder und deren Familienangehöriger im Bereich der Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und mithin ein Teil der Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis wahrgenommen. Trotz bestehender Unterschiede zum System der gesetzlichen Rentenversicherung ist die berufsständische Versorgung mit jenem gleichwertig (vgl. nur den Befreiungstatbestand § 6 SGB VI und dazu Kreikebohm, SGB VI 3. Aufl. § 6 Rdn. 16). Beide haben eine von der Höhe der geleisteten Beiträge abhängige angemessene Versorgung im Alter zum Ziel.
45
c) Die Feststellungen der Strafkammer tragen auch die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Begründung einer Amtsträ- gereigenschaft erforderliche Bestellung des Angeklagten L. zur Wahrnehmung der beschriebenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.
46
aa) Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (st. Rspr., vgl. nur – unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte – BGHSt 43, 96, 102 f. sowie BGHSt 52, 290, 299). Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4 und 14).
47
bb) Jedenfalls durch seine Wahl in den Verwaltungsausschuss durch die Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte für vier Jahre (§ 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung) mit der eigenständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tatsächlich betraut; er war damit in die Organisation der Körperschaft längerfristig fest eingegliedert. Der Verwaltungsausschuss leitet das Versorgungswerk und ist für die Durchführung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung verantwortlich sowie verpflichtet, innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers der Mitgliederversammlung vorzulegen (§ 6 Abs. 1 der Satzung).
48
cc) Soweit die Revisionen – insbesondere in Verfahrensrügen (§ 244 Abs. 3 StPO) gekleidet – eine fehlende Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen einer angeblich unwirksamen Gründung des Versorgungswerks und einer rechtsfehlerhaften – im Übrigen, soweit ersichtlich, von niemandem angefochtenen – Wahl des Angeklagten zum stellvertreten- den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses geltend machen, bleiben sie ohne Erfolg. Eine Rechtswidrigkeit oder Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes ist für § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB tatbestandlich ohne Bedeutung. Die Verletzung von Rechtsvorschriften im Innenverhältnis zwischen Stelle und Betroffenem lässt die Frage der Amtsträgereigenschaft unberührt; entscheidend ist vielmehr die – hier erfolgte – tatsächliche Übernahme der Erfüllung übertragener öffentlicher Aufgaben (Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 29; Hilgendorf in LK 12. Aufl. § 11 Rdn. 36; Rudolphi/Stein in SK StGB 40. Lfg. § 11 Rdn. 31a; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 57; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht 2001 S. 544). Dessen ungeachtet offenbaren weder der Revisionsvortrag noch die angegriffenen Feststellungen einen Rechtsmangel im Rahmen der Gründung des Versorgungswerks (vgl. zudem zu dessen Unerheblichkeit: BVerfGE 3, 41, 44 [Gemeinderat]; 1, 14, 38 [Landtag]; BVerwGE 108, 169, 176; BVerwG NVwZ 2003, 995, 996; Seifert , Bundeswahlrecht 3. Aufl. Art. 41 Rdn. 14 sowie Hahn GewArch 2003, 217, 219 und Feuerich/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 90 Rdn. 9).
49
Die in der Revisionshauptverhandlung von der Verteidigung gegen die Annahme einer Amtsträgereigenschaft des Angeklagten L. ins Feld geführte Behauptung, die als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Mitglieder des Verwaltungsausschusses B. und C. hätten keine Aussagegenehmigung erhalten, obwohl ihnen eine solche, wären sie und der Angeklagte L. Amtsträger gewesen, hätte erteilt werden müssen , ist falsch: Es wurden Aussagegenehmigungen erteilt und zu den Akten genommen (vgl. Bl. 446 d.A.).
50
d) Entgegen der Ansicht der Revisionen wird die Idee des freien Berufs durch die Annahme der Amtsträgereigenschaft eines im Verwaltungsausschuss eines Rechtsanwaltsversorgungswerks tätigen Rechtsanwalts nicht in Frage gestellt. Soweit dieses freiwillig übernommene Ehrenamt überhaupt auf seine anwaltliche Selbständigkeit Auswirkungen haben sollte, entbehren die entsprechenden Regelungen jedenfalls sämtlich einer berufsre- gelnden Tendenz. Im Zusammenhang mit der anwaltlichen Selbstverwaltung übernommene – typischerweise der staatlichen Rechtsaufsicht unterstehende (Tettinger, Kammerrecht 1997 S. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht 17. Aufl. § 23 Rdn. 45) – Tätigkeiten lassen insbesondere wegen ihrer Rechtspflegefunktion die freie Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit unberührt (vgl. zur Behördeneigenschaft des Vorstands einer Anwaltskammer schon RGSt 47, 394, 395; RG JW 1936, 1604; BGH NJW 2000, 3004, 3005 m.w.N.).
51
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht auch den Vorsatz bezüglich der Amtsträgerstellung angenommen. Zwar reicht es hierfür grundsätzlich nicht aus, wenn der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Vielmehr muss er auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). Das hat die Strafkammer aber auch nicht verkannt. Freilich ist die Feststellung sehr knapp, es sei dem Angeklagten klar gewesen, dass er „aufgrund seiner Stellung im Versorgungswerk dazu berufen war, das gesetzliche Ziel der Altersvorsorge zu verfolgen“ (UA S. 14). Jedoch wird diese Feststellung ergänzt durch weitere Ausführungen im Urteil , wonach sich der Angeklagte dieser besonderen Pflichtenstellung bewusst war (UA S. 108) und es – zumindest aufgrund der Ausgestaltung des Versorgungswerks als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, des stark formalisierten „Gründungsverfahrens“ sowie des Handelns der „Organwalter“ in Ausfüllung der ihnen zugewiesenen Positionen – „für den Angeklagten … klar gewesen (war), dass er dazu berufen war, in verantwortlicher Position bei der Erfüllung einer dem Versorgungswerk als Selbstverwaltungskörperschaft unter Einschluss hoheitlicher Befugnisse zugewiesenen Aufgabe mitzuwirken“ (UA S. 106). Diese Wertungen fußen ersichtlich auf einer Gesamtschau der Urteilsgründe und dem in Rede stehenden förmlichen Bestellungsakt des Angeklagten durch seine Wahl in das Selbstverwaltungsorgan der Körperschaft.
52
Die Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses machte für den rechtskundigen Angeklagten seine besondere Pflichtenstellung gegenüber und innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaft greifbar. Dies gilt insbesondere angesichts der ihm übertragenen teilweise hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse gegenüber den Zwangsmitgliedern. So wurden Anträge auf Befreiung von der Mitgliedschaft unter Mitwirkung des Angeklagten schriftlich in Form eines mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsaktes beschieden (UA S. 12 f.). Die Auswahl der Anlageform gehörte, was dem Angeklagten fraglos bewusst war, sogar zum Kernbereich der Tätigkeit des Versorgungswerks.
53
3. Die Angriffe der Revisionen gegen die von der Strafkammer angenommene Unrechtsvereinbarung zwischen dem Angeklagten und D. in Bezug auf pflichtwidrige Diensthandlungen des Angeklagten gehen fehl.
54
a) Der Einwand, der Vorschlag des Angeklagten habe sich im Rahmen des ihm eröffneten Ermessensspielraums gehalten, greift bereits im Ansatz zu kurz. Bei Ermessensentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also mit in die Waagschale legt (BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247; 48, 44, 46; BGH NStZ-RR 2008, 13). Ausreichend ist bereits, dass sich der Täter seinem Partner gegenüber bereit zeigt, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen (vgl. § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). So liegt der Fall hier.
55
aa) Der Angeklagte handelte als Ermessensbeamter im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Nach den Feststellungen der Strafkammer war ihm sowie dem Zeugen C. die Vorauswahl möglicher Kapitalanlageprodukte seitens der übrigen Verwaltungsausschussmitglieder übertragen worden. Beide sollten die notwendigen Informationen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung des Verwaltungsausschusses einholen. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass dem Angeklagten hier auf Grund seiner Wirtschaftsprüfererfahrungen und seines dominanten Auftretens „faktische Leitungsfunktion“ zukam. Er kontrollierte und prägte daher die Vorauswahl und nahm durch seine deutliche Positionierung für das Angebot der P. auf die Entscheidungsfindung Einfluss. Ihm stand mithin sowohl bei der Erstellung einer Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Anlageprodukts durch den Verwaltungsausschuss als auch im Rahmen der späteren Abstimmung des Gremiums ein Entscheidungsspielraum zu (vgl. dazu BGHSt 47, 260, 263 mit Anm. Wohlers JR 2003, 161; BGH NStZ-RR 2008, 13, 14).
56
bb) Nach den Feststellungen des Landgerichts steht außer Frage, dass sich der Angeklagte bereit gezeigt hat, die vereinbarten Vorteile bei den ihm obliegenden Ermessensentscheidungen maßgebend in die Waagschale zu legen (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Bezugspunkte der Unrechtsvereinbarung sind die dem Verwaltungsausschuss unterbreiteten Vorschläge, bei der P. ein – für das Versorgungswerk zudem eher ungünstiges – Kapitalanlageprodukt abzuschließen, sowie das Abstimmungsverhalten des Angeklagten zugunsten der P. im Verwaltungsausschuss. Der Angeklagte hat die Unrechtsvereinbarung durch die genannten pflichtwidrigen Diensthandlungen dann auch tatsächlich umgesetzt und dafür Vorteile großen Ausmaßes bezogen (§ 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Eine mögliche – hier indes fern liegende – sachliche Rechtfertigung der Entscheidung ist ohne Belang (Fischer aaO § 332 Rdn. 14).
57
b) Nicht durchgreifend ist auch der weitere Einwand der Revisionen, die Vereinbarung wirtschaftlich günstigerer Konditionen hätte gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (sogenanntes Provisionsabgabeverbot; Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 8. März 1934, VerAfP 1934, 99, 100; zu deren Fortgeltung als Bundesrechtsverordnung vgl. BGHZ 93, 177, 178 f.; 159, 334, 338 f.; BGH NStZ 2001, 545) verstoßen. Dies gilt schon deswegen, weil dem Angeklagten im Rahmen des § 332 StGB vorgeworfen wird, dass er wegen der in Aussicht stehenden Schmiergeldzahlun- gen und damit sachwidrig dafür eingetreten ist, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Geldanlagemöglichkeiten gerade den Abschluss von Rentenversicherungsverträgen bei der P. zu wählen.
58
II. Die gegen die Verurteilung wegen Untreue gerichteten Einwände der Revisionen, insbesondere zum entstandenen Untreueschaden, greifen nicht durch.
59
1. Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflicht nach § 266 Abs. 1 StGB, die mit der Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 332 StGB korrespondiert , durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines für das Vermögen des Versorgungswerks vorteilhaften Vertragsabschlusses aus finanziellem Eigeninteresse nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen (vgl. BGHSt 31, 232, 235; BGH NStZ 2003, 540, 541). Diesen Maßstab hat das Landgericht beachtet. Ohne dass hierdurch der tatbestandliche Vermögensnachteil zu bestimmen wäre, hat es in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die ausgehandelten Vertragskonditionen aus mehreren Gründen für das Versorgungswerk ungünstig waren: Zum einen wurde die gewollte Verzinsung des eingezahlten Kapitals mit mindestens 3,5 % nicht erreicht, sondern lediglich eine effektive Verzinsung von weniger als 2 %. Zum anderen barg die Konstruktion eines Rentenversicherungsvertrages, bei dem allein der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses versichert war, ein erhebliches Risiko, weil bei einem Ableben der versicherten Person vor Vertragsende zwar die eingezahlten Beträge zurückerstattet worden wären, aber die vertraglich vorgesehene Verzinsung nicht angefallen wäre (UA S. 18 f.).
60
Das Tatgericht hat bei der Bestimmung des Vermögensnachteils zunächst erwogen, ob der Untreueschaden unter Heranziehung der Höhe der „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldzahlungen) bestimmt werden kann. Eine solche Schadensberechnung ist anerkannt sowohl beim Eingehungsbetrug in Form des sogenannten Ausschreibungs- oder Submissionsbetrugs, bei dem der Vermögensschaden in der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Auftragssumme und dem Preis liegt, der bei Beachtung der für das Auftragsvergabeverfahren geltenden Vorschriften erzielbar gewesen wäre , als auch in den Fällen freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen (vgl. BGHSt 47, 83, 88 f.; vgl. auch BGHSt 49, 317, 332 f.). Weil Schmiergeldzahlungen nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür sind, dass der ohne Preisabsprache erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte, begegnet in solchen Fällen die Annahme, ein Vermögensschaden sei mindestens in Höhe der Schmiergeldbeträge entstanden, keinen rechtlichen Bedenken. Dementsprechend gilt grundsätzlich, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet. Hiernach hätte für das Tatgericht die Annahme nahe gelegen, auch bei Bestimmung des dem Versorgungswerk entstandenen Schadens die gezahlten „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldbeträge) zu berücksichtigen, weil solche absprachebedingten Zahlungen eine günstigere Preisgestaltung verhindert haben. Dass ohne diese Zahlungen erheblich günstigere Konditionen für das Versorgungswerk hätten erreicht werden können, ist von der Strafkammer festgestellt worden. Damit war die vereitelte Ersparnis nicht nur eine vage Hoffnung , sondern es bestand eine gesicherte Aussicht auf einen wirtschaftlich günstigeren Vertrag, die als eine werthaltige Vermögensposition (vgl. BGH NStZ 2003, 540, 541) anzusehen ist.
61
2. Die Einwendungen der Revisionen aus § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (oben I. 3. b) greifen nicht durch. Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei den von der Strafkammer festgestellten Verhandlungsmöglichkeiten um davon erfasste Begünstigungsverträge handelte. Die Verhandlungen mit der P. hätten nämlich nicht zwingend die Besserstellung des Versorgungswerks zulasten der Versichergemeinschaft zum Ergebnis haben müssen (zum Zweck der Vorschrift Prölss, VAG 12. Aufl. § 81 Rdn. 74 ff.). Selbst wenn aber die Verhandlungen eine Begünstigung des Versorgungswerks im Sinne des § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG zum Gegenstand gehabt haben sollten, wären diese Abweichungen von einem bestehenden Tarifprodukt nicht von vornherein als unzulässig anzusehen gewesen. Versicherungsrechtlich anerkannt ist die Erlaubnisfähigkeit von Begünstigungsverträgen, sofern diese sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Prölss aaO § 81 Rdn. 82; Fahr/Kaulbach /Bähr, VAG 4. Aufl. § 81 Rdn. 35). Das soll wegen möglicher Kostenersparnisse namentlich bei Kollektivlebensversicherungen gelten (vgl. Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen [BAV] 3/94 II. Nr. 2.2, VerBAV 1/1995, S. 4). Vergleichbar liegt der Fall hier. Obwohl mit dem Versorgungswerk kein Kollektivversicherungsvertrag abgeschlossen wurde, sondern Versicherungsnehmer das Versorgungswerk und versicherte Person allein der seinerzeitige Vorsitzende des Verwaltungsausschusses war (UA S. 22), hätte die P. aufgrund der „trotz des hohen Prämienvolumens geringen Verwaltungskosten … auf der Grundlage der dann für diesen Einzelfall vorzunehmenden … Berechnungen einen rechtlich zulässigen individuell begünstigenden Vertrag“ (UA S. 113 f.) oder einen so genannten Nettotarif anbieten können, der auf der Grundlage der nicht anfallenden „Provision“ und anderer eingesparter Kosten zu kalkulieren gewesen wäre. Zumindest soweit die dadurch sachlich gerechtfertigten eingeräumten Konditionen sich durch den Vertrag selbst getragen und keine Subventionierung durch die Versichertengemeinschaft zur Folge gehabt hätten (vgl. Anlage zur Richtlinie 3/94 des BAV Nr. I. Nr. 1.4, aaO S. 5), durfte die Kammer auch von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit mit § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG und einer damit bestehenden Genehmigungsfähigkeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgehen. Dass die P. grundsätzlich bereit war, eine solche Vertragsgestaltung bei der Aufsichtsbehörde anzumelden oder aufsichtsrechtlich genehmigen zu lassen, hat das Landgericht mit Hilfe sachverständiger Zeugen aus dem Versicherungsbereich rechtsfehlerfrei festgestellt.
62
3. Die Strafkammer hat jedoch wegen aus dem Provisionsabgabeverbot hergeleiteter rechtlicher Bedenken, der Besonderheiten versicherungs- mathematischer Berechnungen und der von ihr sonst als notwendig erachteten Hinzuziehung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen von einer exakten Schadensberechnung Abstand genommen und ist von einem Vermögensnachteil von – „was den Schuldspruch trägt“ (UA S. 114) – mindestens einem Euro ausgegangen; der Nachteil erreiche „jedoch in keinem Fall die Höhe der Schmiergeldzahlungen“ (UA S. 126). Der ersichtlich nicht ernst gemeinte, überzogen formulierte Ausgangspunkt einer Schadenshöhe von einem Euro – der, wenn er eine seriöse Sachverhaltsvariante wäre, schwerlich einen Untreueschaden belegen könnte – steht in offenem Widerspruch zu der klaren Urteilsfeststellung, dass die Möglichkeit zu beträchtlich günstigerer Vertragsgestaltung pflichtwidrig ausgelassen wurde (UA S. 21, 65, 108, 113). Diese Feststellung sollte mit der Wendung ersichtlich auch nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr wollte das Tatgericht damit bloß vermitteln , dass seines Erachtens „angesichts der tateinheitlich begangenen Bestechungsdelikte … der Höhe des Nachteils … auf der Ebene der Strafzumessung keine Bedeutung“ (UA S. 114) zukomme. Bei solchem Verständnis der Urteilsbegründung stellt der Umstand, dass es das Tatgericht nicht wenigstens unternommen hat, die ungefähre Schadenshöhe auf der ihm zu Gebote stehenden, wenngleich konkret als unvollkommen erachteten Grundlage mit aller gebotenen Vorsicht zu schätzen, die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Schuldspruchs wegen tateinheitlicher Untreue nicht in Frage.
63
III. Soweit die Revision der Angeklagten G. L. mit der Sachrüge die Beweiswürdigung angreift, weil die Strafkammer aufgrund der vorhandenen Indizien nicht hätte die Überzeugung gewinnen können, dass die Angeklagte Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk hatte und sie bei der unterstützenden Billigung der verdeckten Zahlungsweise im Vorfeld der Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden sei, bleibt die Revision zum Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue ohne Erfolg, dringt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit durch.
64
1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, die – zum Anklagevorwurf schweigende – Angeklagte habe zumindest in Grundzügen um die Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk und seine damit verbundenen Pflichten gewusst und die mit D. bestehende Unrechtsvereinbarung gekannt, auf folgende Indizien und Wertungen:
65
Die Angeklagte hat am 5. März 2002 das Konto eröffnet, auf das kurze Zeit später die erste für den Angeklagten L. bestimmte Zahlung der P. fast in Millionenhöhe überwiesen worden ist, welche die Dimension früherer verdeckter Provisionszahlungen deutlich überschritt. Vor Eingang der zweiten Provisionszahlung veranlasste sie noch die Umbenennung des Kontoinhabers. Die Angeklagte ist gelernte Bankkauffrau und Steuerfachgehilfin. Das Landgericht hält es schlechterdings nicht für vorstellbar , dass sie keinerlei Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk gehabt hat. Angesichts des Umfangs der Provisionszahlungen ist es bei lebensnaher Betrachtung zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte vor den Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden ist.
66
2. Der von der Strafkammer gezogene Schluss auf eine Gehilfenstellung der Angeklagten G. L. ist hinsichtlich der Untreue möglich (vgl. zum Maßstab BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt), und zwar vor folgendem Hintergrund: Der Angeklagte L. hatte sich in den Jahren zuvor unter standeswidriger Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an den Kapitalanlagen seiner Mandanten persönlich bereichert. Er hatte als „stiller Vermittler“ diverse Versicherungsverträge für die P. vermittelt und im Gegenzug wie ein Versicherungsvertreter Provisionen erhalten. Diese waren zunächst bar, später dann auf Konten der „G. GbR“, bei der die Angeklagte zu 99 % Gesellschafterin war und bei der sie für die Bankgeschäfte zuständig war, überwiesen worden (UA S. 7 bis 10). Die auch im Vergleich zu früheren entsprechenden Provisionen au- ßergewöhnliche Höhe des auf verdecktem Zahlungsweg überwiesenen Betrags auch in Verbindung mit der kurz zuvor erfolgten Eröffnung des betreffenden Kontos durch die Angeklagte rechtfertigt den Schluss auf eine vorherige Absprache mit hinreichender Hintergrundinformation über den Zahlungsanlass gegenüber der in den Zahlungsfluss erwiesenermaßen eingebundenen Angeklagten. Dass bei der außergewöhnlichen Höhe des Betrages womöglich nicht nur Steuerhinterziehungsabsichten bestanden, sondern eine Vermögensschädigung des für die „Provision“ maßgeblichen Vertragspartners der Versicherung bewirkt werden konnte, für den – wie sie ersichtlich wusste – ihr Ehemann tätig war, beruht bei aller Kürze der Urteilsbegründung zu diesen Umständen auf ausreichend tatsachenfundierten tatgerichtlichen Schlüssen. Die Annahme eines wenigstens bedingten Untreuevorsatzes der Angeklagten im Rahmen ihrer Beihilfehandlung ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
67
3. Diese Indizien und Wertungen sind jedoch nicht genügend aussagekräftig und bilden keine tragfähige Grundlage für die Überführung der Angeklagten hinsichtlich einer tateinheitlichen Beihilfe zur Bestechlichkeit.
68
Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Bestechlichkeit an den Nachweis des Vorsatzes zum Tatbestandsmerkmal Amtsträger über die Tatsachenkenntnis hinausgehende Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 11 Amtsträger 14). Der Täter muss eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben. Gleiche Anforderungen sind an die Bejahung des Vorsatzes zu stellen, wenn nicht derjenige des Täters, sondern der eines Gehilfen in Frage steht. Die – ohnehin überaus knappen – Ausführungen des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten belegen weder ausreichend deren erforderliche spezifische Kenntnis von den Umständen , wonach es sich bei dem Versorgungswerk um eine „sonstige Stelle“ handelt, noch von den Umständen, aus denen sich eine Amtsträgerstellung ihres Ehemannes herleiten ließ.
69
4. Da die Angeklagte bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat und liquide Beweismittel für ein neues Tatgericht nicht ersichtlich sind, mit denen sich der Bestechlichkeitsvorsatz bei der Angeklagten tragfähig belegen ließe, hat der Senat im Sinne einer Einschränkung des Schuldspruchs auf bloße Beihilfe zur Untreue durchzuentscheiden. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich, weil die Strafkammer bei der Strafzumessung maßgebliches Gewicht auf das Amtsdelikt gelegt hat.
70
IV. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten L. hat keinen Bestand.
71
Ungeachtet des durch den außergewöhnlichen Umfang der inkriminierten Provisionen geprägten Gewichts der jeweils nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB zu ahndenden Taten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gegen den unbestraften Angeklagten, der seine gesamte bisherige berufliche Grundlage infolge der Verurteilung einbüßen wird, für lange zurückliegende Taten, deren negative wirtschaftliche Folgen für das geschädigte anwaltliche Versorgungswerk wesentlich rückgängig gemacht wurden (vgl. zu alledem UA S. 116 f.), hoch, wenngleich nicht bereits allein ihrer Höhe wegen beanstandungswürdig. Jedoch ist zu besorgen, dass sich die widersprüchlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Höhe des Untreueschadens – Auslassen weitaus besserer Anlagekonditionen einerseits (UA S. 21, 65, 108, 113), bloße Anlastung eines Schadens von einem Euro andererseits (UA S. 114) – zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil die Strafbemessung dadurch ihrerseits widersprüchlich und unzulänglich begründet ist.
72
Die Höhe des Untreueschadens bestimmt wesentlich das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung (BGH wistra 2002, 420, 421; 2007, 259, 261): Ein bloßer Ermessensfehler bei der sachwidrig von einem verborgenen Schmiergeldangebot motivierten Auswahl des Vertragspartners einer Geldanlage , der keinen Vermögensschaden der Anstellungskörperschaft nach sich zieht, weist – obwohl er ohne weiteres den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt – ein geringeres Maß an Pflichtwidrigkeit auf als ein gleiches, indes zusätzlich noch beträchtlich schädigendes Fehlverhalten. Zwar hat das Landgericht die Vermögensschadenshöhe als Strafzumessungsfaktor gar nicht benannt; es hat – nahezu wie bei einer Verfahrensweise nach § 154a StPO – das tateinheitliche Vergehen nach § 266 StGB bei der Strafzumessung unerwähnt gelassen. Dem Urteil ist indes bei rechtem Verständnis ein maßgeblicher Schaden im Sinne von § 266 StGB zu entnehmen und nicht nur ein „Scheinschaden“ von einem Euro. Danach besteht im Blick auf die beträchtliche Strafhöhe Grund für die Besorgnis, dass eben doch eine solche erhöhte Pflichtwidrigkeit der Amtspflichtverletzung der Strafzumessung zugrunde gelegt worden ist, ohne dass hierfür ein Mindestschaden bestimmt worden wäre.
73
Zudem könnten mehrere von Negativwertungen geprägte Wendungen im Rahmen der Urteilsfeststellungen zum Tatgeschehen („Gelegenheit, Stellung im Verwaltungsausschuss ausschließlich zu seinem persönlichen Vorteil auszunutzen und sich persönlich dadurch so umfassend wie möglich zu bereichern“ sowie „ungeliebte Kuh so weit wie möglich zu melken“, UA S. 13; „Pakt besiegelt“, UA S. 14; „wie Alberich über den Nibelungenhort wachte der Angeklagte L. eifersüchtig“, UA S. 15) darauf hindeuten, das Landgericht habe den Angeklagten jenseits des tatsachenfundiert festgestellten gravierenden Tatunrechts noch weiter abwerten wollen. Bei dieser Sachlage vermag auch der Umstand, dass durch den Wegfall des Verfalls ein angenommener Milderungsgrund (UA S. 117) nicht fortbesteht, den Mangel eines widersprüchlich und unzulänglich bezeichneten Schadens im Rahmen der Strafzumessung nicht aufzuwiegen. Der Senat weist indes darauf hin, dass das bislang festgestellte von hohem korrupten Gewinnstreben bestimmte Tatunrecht fraglos die Verhängung einer empfindlichen zu vollstreckenden Freiheitsstrafe erfordert.
74
V. Der angeordnete Wertersatzverfall kann – insoweit in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – in dem nicht nach Maßgabe des § 111i StPO n. F. zu beurteilenden Altfall (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 1) keinen Bestand haben. Ihm steht die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen.
75
1. Dem Versorgungswerk kann als Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zustehen. Solche Ansprüche auf die Herausgabe von Bestechungslohn sollen letztlich die Interessen des Geschäftsherrn kompensieren und unterfallen daher grundsätzlich der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. BGH wistra 2007, 222, 223; 2008, 262 m.w.N.). Ob die fallspezifischen Bedenken des Landgerichts gegen die Annahme eines entsprechenden Anspruchs aus besonderen versicherungsrechtlichen Erwägungen durchgreifen , bedarf keiner Entscheidung. Dies liegt indes eher fern, weil sich aus dem Provisionsabgabeverbot für den Angeklagten im Verhältnis zum Versorgungswerk kein Grund ableiten lässt, die Schmiergelder behalten zu dürfen. Abgesehen davon liegt angesichts der Höhe des bei der P. angelegten Kapitals auf der Hand, dass auch sonst beträchtliche – eben nicht etwa mit einem Euro bemessbare – Forderungen des Versorgungswerks gegen den Angeklagten bestehen.
76
2. Zudem kommt in Betracht, dass ein Teil des Bestechungslohns in Höhe des der P. entstandenen Schadens dieser nach § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zusteht. Der gesondert verfolgte D. hat durch die von vornherein ungerechtfertigten Provisionsauszahlungen zugunsten des Angeklagten L. nahe liegend die P. geschädigt. Hieran war der Angeklagte L. beteiligt, der deshalb der P. ebenfalls schadensersatzpflichtig wäre. Die konkrete Vertragsentwicklung belegt, dass es hier fern läge anzunehmen, Gewinne der P. aus den mit dem Versorgungswerk abgeschlossenen Versiche- rungsverträgen könnten der Annahme eines Schadens infolge der zu Unrecht geleisteten Provisionszahlungen entgegenstehen.
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(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

1.
bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

(1) In besonders schweren Fällen wird

1.
eine Tat nach
a)
§ 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und
b)
§ 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3,
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und
2.
eine Tat nach § 332 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren
bestraft.

(2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn

1.
die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht,
2.
der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme, oder
3.
der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 416/08
vom
2. Dezember 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
1. Die Berechnung der nach § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge
richtet sich in Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse nach § 14 Abs. 2
Satz 2 SGB IV.
2. Zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung.
BGH, Urt. vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 - LG Landshut
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Dezember
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. April 2008 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte statt in 43 Fällen in 33 Fällen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt schuldig ist. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 48 Fällen, Beihilfe zur Steuerhinterziehung in vier Fällen und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 43 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Die Revision des Beschwerdeführers , mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt lediglich zur Berichtigung eines offensichtlichen Schreibversehens in der Urteilsformel. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte als Einzelfirma ein Trockenbau-Unternehmen, das für verschiedene Auftraggeber als Subunternehmer tätig war. Aufgrund der Preisvorgaben der Auftraggeber war dem Angeklagten in den Jahren 2001 bis 2005 ein „auskömmliches Wirtschaften“ nur dadurch möglich, dass er den wesentlichen Teil seiner Arbeitnehmer „schwarz“ beschäftigte, ohne die Arbeitsverhältnisse den zuständigen Stellen zu melden und ohne für diese Personen Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Darüber hinaus erklärte er die Umsatzerlöse, die er aufgrund der Tätigkeit der nicht gemeldeten Arbeitnehmer erzielte, in den für die betreffenden Zeiträume abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen und -jahreserklärungen nicht. Er wollte hierdurch die Abführung von Umsatzsteuern auf die unter Einsatz der illegal beschäftigten Arbeitnehmer erbrachten Leistungen vermeiden. Um andererseits den Auftraggebern zu ermöglichen, die an ihn als Subunternehmer geleisteten Zahlungen ertragsteuerlich als Betriebsausgaben ansetzen und umsatzsteuerlich einen Vorsteuerabzug geltend machen zu können , unterstützte der Angeklagte die Auftraggeber bei der Beschaffung sog. Abdeckrechnungen. Bei diesen Rechnungen handel te es sich um Scheinrechnungen mit gesondertem Vorsteuerausweis, mit denen unter dem Namen von Firmen, die tatsächlich nicht tätig geworden waren, Leistungen abgerechnet wurden. Die Abdeckrechnungen für die L. AG erstellte der Angeklagte selbst. Sowohl dem Angeklagten als auch seinen Auftraggebern war bewusst, dass die vorgeblichen Aussteller der Rechnungen die darin ausgewiesenen Umsatzsteuern weder anmelden noch an die Finanzbehörden abführen würden.
3
Insgesamt verkürzte der Angeklagte durch diese Vorgehensweise in den Jahren 2001 bis 2005 Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 373.000 Euro sowie Lohnsteuer von 354.000 Euro und enthielt er den Einzugsstellen Gesamt- sozialversicherungsbeiträge in Höhe von mehr als 947.000 Euro vor, davon Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung in Höhe von über 473.000 Euro. Zudem ermöglichte er durch das Ausstellen von Scheinrechnungen den Verantwortlichen der L. AG, in den Jahren 2001 bis 2004 in Umsatzsteuervoranmeldungen und -jahreserklärungen ungerechtfertigt Vorsteuern in einer Gesamthöhe von mehr als 220.000 Euro geltend zu machen.

II.

4
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch. Die Urteilsformel ist lediglich dahin zu berichtigen, dass der Angeklagte statt in 43 Fällen nur in 33 Fällen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) schuldig ist. Bei der Nennung von 43 Taten des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in der Urteilsformel handelt es sich um ein offensichtliches Verkündungsversehen ; dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Urteilsgründen, die lediglich 33 Einzeltaten aufführen und diesen jeweils bestimmte Einzelstrafen zuordnen. Die Berichtigung kann der Senat selbst vornehmen (vgl. BGH NStZ 2000, 386; Kuckein in KK, 6. Aufl., § 354 Rdn. 20 m.w.N.).

III.

5
Die Strafzumessung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt enthält keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler. Auch der Schuldumfang - die Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge - ist zutreffend bestimmt.
6
1. Da die Strafkammer in den Urteilsgründen die Zahl der Einzeltaten zutreffend bestimmt hat, wirkt sich die Schuldspruchberichtigung auf den Strafausspruch nicht aus.
7
2. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht bei den einzelnen Taten jeweils auch den zutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt. Dies gilt auch, soweit es in den Fällen D 10 bis D 33 der Urteilsgründe den Angeklagten wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) verurteilt hat. Das Landgericht hat hierbei die Höhe der den Einzugsstellen vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge unter Heranziehung der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bestimmt, indem es die an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer gezahlten Löhne als Nettoarbeitsentgelt gewertet hat.
8
a) Die Schätzung der an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer tatsächlich ausgezahlten Lohnsummen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Da der Angeklagte über die Beschäftigung der bei den Einzugsstellen nicht angemeldeten Arbeitnehmer keine Aufzeichnungen führte, durfte das Landgericht die Höhe der an diese Personen gezahlten Löhne auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse schätzen (vgl. BGHSt 38, 186, 193; BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 5; BGH wistra 2007, 220 f.). Dies waren hier insbesondere die vom Landgericht festgestellten Umsätze des Angeklagten mit den Auftraggebern , der Umstand, dass die Auftraggeber das erforderliche Material zur Verfügung stellten, und die Tatsache, dass es sich bei den vorgenommenen Arbeiten fast ausschließlich um Lohnarbeiten handelte (UA S. 19, 37). Angesichts dieser Erkenntnisse und des Umstandes, dass nach den Feststellungen des Landgerichts auch in anderen - mit den verfahrensgegenständlichen vergleichbaren - Fällen bei Arbeiten im Rahmen von Trockenbaumaßnahmen 60 Pro-zent der Rechnungssummen als Löhne ausgezahlt wurden, ist die Schätzung der ausgezahlten Lohnsummen auf 60 Prozent des Nettoumsatzes des Angeklagten mit seinen Auftraggebern aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. auch BGH wistra 1983, 107, 108; OLG Düsseldorf wistra 1988, 123, 124).
9
b) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch, dass das Landgericht in den Fällen D 10 bis D 33 der Urteilsgründe, d.h. für die Beitragsmonate ab August 2002, die so ermittelten Lohnzahlungen nicht als Bruttolohn, sondern - wie sich aus den mitgeteilten Beträgen ergibt - als Nettoarbeitsentgelt gewertet und ausgehend hiervon anhand der jeweils gültigen Beitragssätze die der Einzugsstelle vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge errechnet hat. Diese Vorgehensweise rechtfertigt sich auch für das Strafrecht aus der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, die zum 1. August 2002 in Kraft getreten ist (BGBl. I 2002, 2787 ff.).
10
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV im Rahmen des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit vom 23. Juli 2002 (BGBl. I 2787 ff.) dem Umstand Rechnung getragen, dass bei illegaler Beschäftigung Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt werden. Er hat daher bestimmt, dass in solchen Fällen für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zwischen den Beteiligten die Zahlung eines Nettoarbeitsentgelts als vereinbart gilt, weil dem Arbeitnehmer auch wirtschaftlich ein Nettoarbeitsentgelt zufließt (BTDrucks. 14/8221 S. 14). Neben der Beseitigung von Beweisschwierigkeiten zum Inhalt von Lohnvereinbarungen bei illegaler Beschäftigung (BTDrucks. aaO ) war die Verhinderung von Wettbewerbsvorteilen, die sich die Beteiligten von illegalen Beschäftigungsverhältnissen verschaffen, ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers bei der Schaffung des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit (BTDrucks. 14/8221 S. 11, 16).
11
bb) Bei der Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV handelt es sich um die Fiktion einer Nettolohnabrede für illegale Beschäftigungsverhältnisse, bei denen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt werden. Diese Fiktion greift unabhängig vom tatsächlichen Inhalt der Lohnvereinbarung ein. Das Arbeitsentgelt der Beschäftigten besteht daher in solchen Fällen aus dem als Nettolohn zu behandelnden Barlohn, der um die darauf entfallenden Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung zu erhöhen, d.h. zu einem Bruttolohn „hochzurechnen“ ist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Denn Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge ist stets das Bruttoarbeitsentgelt (vgl. § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V; § 162 Nr. 1 SGB VI; § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII; § 342 SGB III; § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V; BSGE 64, 110, 111 f.). Illegale Beschäftigung im Sinne der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV liegt nicht nur bei verbotenen Beschäftigungsverhältnissen (§ 134 BGB) vor, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber pflichtwidrig die für die Arbeitsverhältnisse vorgeschriebenen Meldungen nicht erstattet oder Beiträge für die versicherten Arbeitnehmer nicht zahlt. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff der illegalen Beschäftigung als „Sammelbegriff für eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeitstatbeständen oder Straftaten, von Verstößen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsrecht bis hin zu Verstößen gegen das Steuerrecht oder zum Leistungsmissbrauch“ (BTDrucks. 14/8221, S. 11).
12
cc) Mit Einführung der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV wurde die bis dahin geltende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundessozialgerichts , nach der bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen mit Schwarzlohnabreden der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge eine Bruttolohnvereinbarung zu Grunde zu legen ist (vgl. BGHSt 38, 285; BGH wistra 1993, 148 f.; BSGE 64, 110 ff.), für den Bereich des Sozialversicherungsrechts durch einen "Federstrich des Gesetzgebers" obsolet (BTDrucks. 15/726 S. 3 f.). Überzeugende Gründe, die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV im Strafrecht nicht anzuwenden und für die Bestimmung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge im Sinne des § 266a StGB weiterhin an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, bestehen angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht.
13
(1) Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundessozialgerichts (vgl. BGH und BSG aaO) bezeichnet als maßgeblichen gegen die Annahme einer Nettolohnvereinbarung bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen sprechenden Gesichtspunkt, dass die Abrede eines Schwarzlohns gerade beinhalte, dass Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt werden sollen. Die wesentliche Rechtsfolge einer Nettolohnvereinbarung - die Befreiung des Arbeitnehmers von seiner Lohnsteuerpflicht und seiner Beitragslast zu Lasten des Arbeitgebers - werde daher von den Parteien des illegalen Beschäftigungsverhältnisses nicht angestrebt (BGH wistra 1993, 148 m.w.N.; BSGE 64, 110, 114 f., 116); vielmehr wolle in solchen Fällen gerade auch der Arbeitgeber im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abführen. Eine derartige Vereinbarung führt zwar zur Nichtigkeit der Schwarzlohnabrede, nicht aber zu der des gesamten Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BAGE 105, 187, 191 ff.). Die sich wegen der Nichtigkeit der Schwarzlohnabrede stellende und „früher streitige Frage, ob bei derartigen Zahlungen unter der Hand von Brutto- oder Nettolöhnen auszugehen ist“ (BTDrucks. 15/726 S. 3 f.), hat der Gesetzgeber nun mit der in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV normierten Fiktion einer Nettolohnvereinbarung eindeutig und abschließend geklärt (BTDrucks. aaO).
14
(2) Der Schuldumfang bei Straftaten der Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a StGB im Rahmen von illegalen, aber versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen bestimmt sich nach dem nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben zu ermittelnden Bruttoentgelt und der hieran anknüpfenden Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Vorenthalten im Sinne von § 266a StGB sind die nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften tatsächlich geschuldeten Beiträge. Denn der Straftatbestand des § 266a StGB ist sozialrechtsakzessorisch ausgestaltet (BGHSt 47, 318 f.; 51, 125, 128 m.w.N.; 52, 67, 70). Der Umfang der abzuführenden Beiträge bestimmt sich daher, wie die Abführungspflicht selbst, nach materiellem Sozialversicherungsrecht. Ein entgegenstehender Wille der Vertragsparteien des Beschäftigungsverhältnisses ist im Strafrecht ebenso unbeachtlich wie im Sozialversicherungsrecht. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegt, sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten maßgeblich. Liegt danach ein Arbeitsverhältnis vor, können die Vertragsparteien die sich hieraus ergebenden Beitragspflichten nicht durch eine abweichende vertragliche Gestaltung beseitigen (vgl. BGH NStZ 2001, 599, 600). Nach den tatsächlichen Verhältnissen bemessen sich auch die Sozialversicherungsbeiträge. Dabei entspricht die Lohnzahlung aufgrund einer Schwarzlohnabrede nach der Wertung des Gesetzgebers bei Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Nettoarbeitsentgelt eines legalen Beschäftigungsverhältnisses (BTDrucks. 14/8221 S. 14). Eine rechtmäßige Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer das tatsächlich ausgezahlte Entgelt verbleibt, ohne dass hierfür Sozialversicherungsbeiträge aus einem nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ermittelten Bruttoentgelt berechnet werden, kann nicht getroffen werden.

15
(3) Der Umstand, dass der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, mit der dem Phänomen der illegalen Beschäftigung entgegengewirkt werden soll (vgl. BTDrucks. 15/726 S. 3 f.), im Ergebnis Sanktionscharakter zukommt (vgl. Klattenhoff in Hauck/Noftz SGB, 38. Lfg. 2003, § 14 SGB IV Rdn. 43 Fußnote 194), steht der Anwendung dieser Norm bei der Bestimmung des Umfangs der im Sinne von § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge nicht entgegen. Zwar bezweckt diese Vorschrift auch, den Arbeitgeber von einer Schwarzlohnabrede abzuhalten (vgl. BAGE 105, 187, 194). Jedoch ist dies nicht alleiniger Zweck der Vorschrift. Vielmehr soll § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Beweisschwierigkeiten beseitigen und der wirtschaftlichen Situation bei einer Schwarzlohnabrede Rechnung tragen (BTDrucks. 14/8221 S. 14). Damit hat die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV einen materiellen Regelungsgehalt und nicht den Charakter eines Säumnis- oder Verspätungszuschlages oder eines Zwangsgelds (vgl. dazu BGHSt 43, 381, 400 ff.).
16
(4) Der Senat verkennt nicht, dass die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV im Rahmen der Strafnorm des § 266a StGB zur Folge hat, dass insoweit ein anderes Bruttoentgelt zugrunde zu legen ist als bei der Bestimmung des Verkürzungsumfangs der bei Schwarzlohnabreden zumeist ebenfalls verwirklichten Hinterziehung von Lohnsteuer (vgl. Heitmann in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl. 2006, § 36 Rdn. 26; Boxleitner in Wabnitz/Janovsky, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 2007, Kap. 17 Rdn. 59 Fn. 89). Von der Schaffung einer der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV entsprechenden Norm im Steuerrecht hat der Gesetzgeber aber wegen des dort geltenden Zuflussprinzips bewusst abgesehen (BTDrucks. 15/2948 S. 7, 20). Demgegenüber gilt im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich das Entstehungsprinzip (§ 22 Abs. 1 SGB IV, BGHSt 47, 318, 319; vgl. auch BSGE 41, 6, 11; 54, 136 ff.; 59, 183, 189; 75, 61, 65), das auch bei der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Anwendung findet (einschränkend Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 57. Ergän-zungslieferung 2008 SGB IV § 14 Rdn. 139; vgl. aber BAGE 105, 187, 191 ff.). Diese Unterschiede zwischen Lohnsteuer und Sozialabgaben rechtfertigen auch für das Strafrecht eine unterschiedliche Bemessungsgrundlage für die Hinterziehung von Lohnsteuer einerseits und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen andererseits (vgl. BGHSt 47, 318, 319 zu § 266a StGB: „unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird“).
17
(5) Der Umstand, dass die Fiktion einer Nettolohnvereinbarung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV zu einem Bruttoarbeitsentgelt führen kann, das den Wert der Arbeitsleistung übersteigt (vgl. BSGE 64, 110, 117; Boxleitner aaO Kap. 17 Rdn. 59), steht der Anwendung der Vorschrift § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bei der Bemessung der im Sinne von § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ebenfalls nicht entgegen. Auch insoweit ist zu berücksichtigen , dass eine rechtmäßige Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer das tatsächlich ausgezahlte Entgelt verbleibt, ohne dass hierfür Sozialversicherungsbeiträge aus einem nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ermittelten Bruttoentgelt berechnet werden, nicht getroffen werden kann (vgl. oben [2]). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit wird in diesem Zusammenhang lediglich durch die dem Straftatbestand des § 266a StGB als echtem Unterlassungsdelikt immanente Tatbestandsvoraussetzung beschränkt, dass dem Arbeitgeber die Erfüllung der Handlungspflicht möglich und zumutbar sein muss (BGHSt 47, 318, 320). An der Zumutbarkeit der Zahlung der gegenüber der legalen Beschäftigung erhöhten Sozialversicherungsbeiträge bestehen hier keine Zweifel, denn der Angeklagte verschaffte sich durch die Schwarzlohnabrede wirtschaftliche Vorteile im Wettbewerb gegenüber legal tätigen Arbeitgebern.

18
(6) Auch gegen die Berechnung des Bruttoarbeitsentgelts auf der Grundlage der Lohnsteuerklasse VI bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken (vgl. Boxleitner aaO Kap. 17 Rdn. 59 und SG Dortmund, Urt. vom 8. September 2008 - S 25 R 129/06 - BeckRS 2008 57420). Nach § 39c EStG ist diese Steuerklasse zu Grunde zu legen, wenn bei einem Arbeitsverhältnis die Lohnsteuerkarte dem Arbeitgeber nicht vorgelegt wird. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen besteht regelmäßig kein Grund zu der Annahme, dass die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ihre Lohnsteuerkarte vorgelegt haben. Mangels erkennbarer Anhaltspunkte für eine andere Handhabung ergibt sich hier auch aus dem Zweifelsgrundsatz nichts anderes (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 371; NStZ 2004, 35, 36 m.w.N.).

IV.

19
Auch die tatrichterliche Strafhöhenbemessung wegen Steuerhinterziehung ist rechtsfehlerfrei. Die dem angefochtenen Urteil insoweit zugrunde liegenden Strafzumessungserwägungen tragen den nachfolgend dargelegten Kriterien Rechnung, die bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung Anwendung finden müssen:
20
1. Grundlage für die Zumessung der Strafe ist bei einer Steuerhinterziehung - wie bei jeder anderen Straftat auch - die persönliche Schuld des Täters. Dabei sind auch die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 StGB). § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmt, dass bei der Zumessung der Strafe die Umstände gegeneinander abzuwägen sind, die für und gegen den Täter sprechen. Dabei kommen namentlich die in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannten Umstände in Betracht.

21
2. Bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das von § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB vorgegebene Kriterium der „verschuldeten Auswirkungen der Tat“ im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht. „Auswirkungen der Tat“ sind insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch § 370 AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens (vgl. BGHSt 36, 100, 102; 40, 109, 111; 41, 1, 5; 46, 107, 120). Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsumstand i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. auch BGH wistra 1998, 269, 270).
22
Das gilt nicht nur für die Strafrahmenwahl (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO), sondern auch für die konkrete Strafzumessung in dem - wie hier vom Landgericht - zugrunde gelegten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO. Dass der Hinterziehungsbetrag nicht nur ein bestimmender Strafzumessungsfaktor, sondern darüber hinaus, dann wenn er hoch ist, ein auch für die konkrete Strafzumessung gewichtiger Strafschärfungsgrund ist, zeigt insbesondere die gesetzgeberische Wertung in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO.
23
Schon die bis Ende des Jahres 2007 - und damit noch zur Tatzeit geltende - Fassung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO hob die Höhe des Hinterziehungsbetrags als einen Umstand heraus, der zur Verschärfung des Strafrahmens führen konnte. Danach war in der Regel ein nur mit Freiheitsstrafe (von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) bedrohter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung gegeben, wenn der Täter „aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“. Zwar musste nach der früheren Fassung für die Erfüllung des Regelbeispiels zu dem objektiven Merkmal „in großem Ausmaß“ noch das subjektive Merkmal „aus grobem Eigennutz“ hinzukommen, gleichwohl hatte der Gesetzgeber schon damals zum Ausdruck gebracht, dass die Strafhöhenbemessung maßgeblich auch von der Höhe des Hinterziehungsbetrags bestimmt wird.
24
3. Auch wenn der Hinterziehungsbetrag ein bestimmender Strafzumessungsgrund für die Steuerhinterziehung ist, kann allein dessen Ausmaß für die Strafhöhenbemessung nicht in dem Sinne ausschlaggebend sein, dass die Strafe gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrags schematisch und quasi „tarifmäßig“ verhängt wird. Jeder Einzelfall ist vielmehr nach den von § 46 StGB vorgeschriebenen Kriterien zu beurteilen.
25
Das schließt indes nicht aus, die Strafhöhe an den vom Gesetzgeber auch in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO vorgegebenen Wertungen auszurichten. Das gilt auch für die konkrete Strafzumessung innerhalb des gefundenen Strafrahmens , und zwar auch beim Normalstrafrahmen des § 370 Abs. 1 AO. Gerade auch bei der Bemessung der schuldangemessenen Strafe kommt dem Merkmal „großes Ausmaß“ Bedeutung zu, weil es aufzeigt, wann der Gesetzgeber eine Freiheitsstrafe (mit erhöhtem Mindestmaß) für angebracht hält. Dazu bedarf das Merkmal einer näheren Konturierung.
26
Der Senat ist der Ansicht, dass insoweit vergleichbare Kriterien wie für das wortgleiche Merkmal in § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB (auf das auch § 263a Abs. 2, § 266 Abs. 2 StGB verweisen) zur Anwendung kommen müssen.
27
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 48, 360; BGH wistra 2004, 262, 263; StV 2007, 132) erfüllt ein Vermögensverlust von mehr als 50.000 € beim Regelbeispiel des besonders schweren Falles des Betrugs (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB) das Merkmal „in großem Ausmaß“. Dazu hatte der Senat in BGHSt 48, 360 ausgeführt: „Der Begriff des Vermögensverlustes großen Ausmaßes ist nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen … Die Abgrenzung, die sich für § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB wertmäßig an einem Vermögensverlust in Höhe von 50.000 € ausrichtet, schafft für die Praxis Rechtssicherheit. Im Einzelfall bleibt genügend Spielraum für eine gerechte Straffindung. Der Tatrichter hat ohnehin im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Regelbeispiels zu bewerten, ob tat- oder täterbezogene Umstände vorliegen, die die Indizwirkung des Regelbeispiels aufheben und trotz seiner Verwirklichung zur Verneinung eines besonders schweren Falles führen können, oder ob auch ohne dass dieses Regelbeispiel erfüllt ist besondere Umstände einen unbenannten besonders schweren Fall zu begründen vermögen oder etwa ein anderes benanntes Regelbeispiel anzunehmen ist.“
28
b) Das vergleichbare Merkmal des „großen Ausmaßes“ im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO hat der Bundesgerichtshof bislang nicht - wie beim Betrug - betragsmäßig bestimmt. Das lag in erster Linie daran, dass bei der früheren Gesetzesfassung - zu der die Entscheidungen ergangen sind - die objektive Komponente („großes Ausmaß“) mit der subjektiven Komponente („aus grobem Eigennutz“) verknüpft war, so dass eine eigenständige Auslegung nur des Merkmals „großes Ausmaß“ nicht veranlasst war.
29
Wegen der Verknüpfung von objektivem und subjektivem Merkmal hatte der Bundesgerichtshof eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände gefordert (vgl. BGH wistra 1993, 109,110). Von Bedeutung war dabei insbesondere, ob sich das Ausmaß aus dem noch durchschnittlich vorkommen- den Verkürzungsumfang heraushebt und ob ein „Täuschungsgebäude großen Ausmaßes“ vorliegt (vgl. BGH wistra 1987, 71, 72).
30
Auch in der Kommentarliteratur finden sich bisher sehr unterschiedliche und daher keine hinreichend klaren Maßstäbe für eine Grenzziehung. Während überwiegend - indes unter Geltung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aF - für die Annahme des „großen Ausmaßes“ eine Hinterziehung in Millionenhöhe für erforderlich erachtet wurde (Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 270; Klein/Gast-de Haan, AO 9. Aufl. § 370 Rdn. 68; Scheurmann -Kettner in Koch/Scholz, AO 5. Aufl. § 370 Rdn. 59), finden sich in der neueren Literatur Stimmen, die eine Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ bereits ab einem Mindestbetrag von 50.000 € für möglich erachten (Kohlmann, Steuerstrafrecht 38. Lfg. August 2008 § 370 AO Rdn. 1099.7; Schäfer /Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 1022). Demgegenüber nehmen andere Autoren auch für die neue Fassung des Merkmals ein „großes Ausmaß“ erst bei einem Betrag von 500.000 € (Blesinger in Kühn/v. Wedelstädt, AO und FGO, 19. Aufl. § 370 AO Rdn. 114) oder einer Hinterziehung in Millionenhöhe an (Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen , 87. Ergänzungslieferung § 370 AO Rdn. 169) und halten teilweise auch weiterhin auch für die Bejahung des Merkmals eine Gesamtschau aller Umstände für erforderlich (Rolletschke in Stbg 2008, 49 und in Rolletschke/ Kemper aaO).
31
c) Das Merkmal „in großem Ausmaß“ im Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO bedarf nach Ansicht des Senats - in gleicher Weise wie beim Betrug - der Interpretation durch die Gerichte. Nur dann erhält das Merkmal seine den Anforderungen der Rechtssicherheit gerecht werdenden Konturen. Für eine Vergleichbarkeit mit dem Betrug spricht auch, dass der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in BGHSt 50, 299, 309 zu Recht ausgeführt hat, es sei geboten, „dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Interesse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.“
32
Dass der Gesetzgeber nicht selbst bestimmt hat, wann bei der Prüfung des Regelbeispiels von einem großen Ausmaß auszugehen ist, steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Anders mag das etwa bei der Verwendung des Begriffs des großen Ausmaßes als Tatbestandsmerkmal eines Verbrechenstatbestandes sein (vgl. zu dem inzwischen aufgehobenen § 370a AO: BGH wistra 2004, 393 ff.; 2005, 30 ff.). Wie beim Begriff des Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Betruges in § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB ist der Begriff des großen Ausmaßes auch in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in erster Linie nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Zwar ist anerkannt, dass die Auslegung tatbestandsspezifisch zu erfolgen hat; gleichwohl ist bei von der Begehungsweise und vom Unwertgehalt ähnlichen Delikten wie dem Betrug und der Steuerhinterziehung eine einheitliche Grenzziehung in Betracht zu ziehen (vgl. BGHSt 48, 360, 364).
33
Dem steht nicht entgegen, dass sich, anders als bei der Einführung des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB (vgl. BTDrucks. 13/8587 S. 43), in den Materialien zur Gesetzesentstehung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO nF keine Anhaltspunkte dafür finden, ab welchem Grenzwert der Gesetzgeber eine Steuerhinterziehung von „großem Ausmaß“ als gegeben erachtet. Begründet wird lediglich die Streichung des einschränkenden subjektiven Merkmals des „groben Eigennutzes“ (BTDrucks. 16/5846 S. 75). Dass der Gesetzgeber hierbei an die Rechtsprechung anknüpfen wollte, die den Begriff des „großen Ausmaßes“ in den § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB konkretisierte, kann daher nicht ohne weiteres angenommen werden. Allerdings wollte der Gesetzgeber bereits mit der Einführung des § 370 Abs. 3 AO zum Ausdruck bringen, dass die Steuerhinterziehung „hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit und ihrer Strafwürdigkeit nicht geringer zu bewerten ist als der Betrug“ (BGHSt 32, 95, 99 mit Hinweis auf BRDrucks. 23/71 S. 194).
34
d) Der Senat ist daher der Ansicht, dass das Merkmal „in großem Ausmaß“ des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO wie beim Betrug nach objektiven Maßstäben zu bestimmen ist. Das Merkmal „in großem Ausmaß“ liegt danach nur dann vor, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt.
35
aa) Der Senat hat dabei auch bedacht, dass bei großen Geschäftsvolumina Steuerschäden in dieser Größenordnung schneller erreicht werden als bei wirtschaftlicher Betätigung im kleineren Umfang, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung regelmäßig bereits bei Gefährdung des Steueraufkommens verwirklicht wird (vgl. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO), dass die Tatbestandsmäßigkeit weder direkten Vorsatz noch Bereicherungsabsicht voraussetzt und dass regelmäßig auch die bloße Untätigkeit den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, weil die Abgabe von Steuererklärungen gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).
36
Gleichwohl lassen derartige „qualitative“ Besonderheiten des Einzelfalls die Erfüllung des Ausmaßes der Steuerverkürzung unberührt, da solche Umstände die Auswirkungen der Tat auf das Steueraufkommen nicht verändern. Schutzgut des Straftatbestandes der Steuerhinterziehung ist - wie oben ausge- führt - das öffentliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart. Im Übrigen schafft eine Abgrenzung, die sich an einer eindeutigen Betragsgrenze ausrichtet, größere Rechtssicherheit für die Praxis. Eine solche Relation von Geschäftsvolumen und Steuerschaden kann allerdings das Gewicht des Hinterziehungsbetrags bei der Strafzumessung vermindern.
37
bb) Der Umstand, dass sich die Betragsgrenze von 50.000 € an derjenigen des Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB orientiert, bedeutet zugleich, dass - ähnlich wie beim Betrug - zwischen schon eingetretenem Vermögensverlust und einem Gefährdungsschaden zu differenzieren ist:
38
(1) Die Betragsgrenze von 50.000 € kommt namentlich dann zur Anwendung , wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte oder durch Einschaltung von sog. Serviceunternehmen. Ist hier - der „Steuerbetrug“ hat zu einem „Vermögensverlust“ geführt - diese Wertgrenze überschritten, dann ist das Merkmal erfüllt.
39
(2) Beschränkt sich das Verhalten des Täters dagegen darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, dann kann das „große Ausmaß“ höher angesetzt werden. Der Senat hält hierbei eine Wertgrenze von 100.000 € für angemessen.
40
cc) Ob die Schwelle des „großen Ausmaßes“ überschritten ist, ist für jede einzelne Tat im materiellen Sinne gesondert zu bestimmen. Dabei genügt derjenige Erfolg, der für die Vollendung der Steuerhinterziehung ausreicht (vgl. Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 268). Der Senat ist der Ansicht, dass bei mehrfacher tateinheitlicher Verwirklichung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung das „Ausmaß“ des jeweiligen Taterfolges zu addieren ist, da in solchen Fällen eine einheitliche Handlung im Sinne des § 52 StGB vorliegt, die für die Strafzumessung einer einheitlichen Bewertung bedarf.
41
e) Liegt nach diesen Maßstäben eine Hinterziehung von „großem Ausmaß“ vor, so hat dies - unabhängig von der Frage, ob die Regelwirkung einer besonders schweren Steuerhinterziehung im konkreten Fall zur Anwendung kommt - „Indizwirkung“, freilich auch nicht mehr, für die zu findende Strafhöhe. Das bedeutet:
42
Jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag wird die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 176, 178).
43
Schon deswegen wird bei der letztgenannten Fallgestaltung (Millionenbetrag ) ein Strafbefehlsverfahren regelmäßig nicht geeignet erscheinen (vgl. § 400 AO i.V.m. § 407 StPO). Hinzu kommt, dass bei Steuerverkürzungen in dieser Größenordnung in der Regel auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Wahrung der Gleichbehandlung vor Gericht - das eine öffentliche Haupt- verhandlung am besten gewährleistet - nicht gering zu achten ist (vgl. § 407 Abs. 1 Satz 2 StPO).
44
f) Die „Indizwirkung“ des „großen Ausmaßes“ kann einerseits durch sonstige Milderungsgründe beseitigt, andererseits aber auch durch Strafschärfungsgründe verstärkt werden.
45
aa) Ein die Indizwirkung des Hinterziehungsbetrages beseitigender Milderungsgrund ist etwa gegeben, wenn sich der Täter im Tatzeitraum im Wesentlichen steuerehrlich verhalten hat und die Tat nur einen verhältnismäßig geringen Teil seiner steuerlich relevanten Betätigungen betrifft. Bedeutsam ist daher das Verhältnis der verkürzten zu den gezahlten Steuern. Hat sich der Täter vor der Tat über einen längeren Zeitraum steuerehrlich verhalten, ist auch dies in den Blick zu nehmen. In die vorzunehmende Gesamtwürdigung ist auch die Lebensleistung und das Verhalten des Täters nach Aufdeckung der Tat einzubeziehen , etwa ein (frühzeitiges) Geständnis, verbunden mit der Nachzahlung verkürzter Steuern oder jedenfalls dem ernsthaften Bemühen hierzu. Der „Schadenswiedergutmachung“ durch Nachzahlung verkürzter Steuern kommt schon im Hinblick auf die Wertung des Gesetzgebers im Falle einer Selbstanzeige (§ 371 AO) besondere strafmildernde Bedeutung zu.
46
bb) Gegen eine Geldstrafe oder - bei entsprechend hohem Hinterziehungsbetrag - eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe spricht es insbesondere, wenn der Täter Aktivitäten entfaltet hat, die von vornherein auf die Schädigung des Steueraufkommens in großem Umfang ausgelegt waren, etwa weil der Täter unter Vorspiegelung erfundener Sachverhalte das „Finanzamt als Bank“ betrachtete und in erheblichem Umfang ungerechtfertigte Vorsteuererstattungen erlangt hat oder weil der Täter die Steuerhinterziehung in sonstiger Weise ge- werbsmäßig oder gar „als Gewerbe“ betrieb. Gleiches gilt auch für den Aufbau eines aufwändigen Täuschungssystems, die systematische Verschleierung von Sachverhalten und die Erstellung oder Verwendung unrichtiger oder verfälschter Belege zu Täuschungszwecken.
47
Strafschärfende Bedeutung hat es zudem, wenn der Täter besondere Unternehmensstrukturen aufgebaut hat, die auch der Bereicherung durch Steuerhinterziehung dienen sollten, wenn der Täter das Ziel verfolgt hat, das Steueraufkommen durch wiederholte Tatbegehung über einen längeren Zeitraum nachhaltig zu schädigen, wenn er andere Personen verstrickt hat, wenn er systematisch Scheingeschäfte getätigt oder Scheinhandlungen vorgenommen hat (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 AO) oder wenn er in größerem Umfang buchtechnische Manipulationen vorgenommen oder gezielt durch Einschaltung von Domizilfirmen im Ausland oder Gewinnverlagerungen ins Ausland schwer aufklärbare Sachverhalte geschaffen hat (vgl. auch die Beispiele bei Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 1018 m.w.N.). Solche Umstände sind bei anpassungsfähigen Hinterziehungssystemen, wie etwa den sog. Umsatzsteuerkarussellgeschäften, bei Kettengeschäften unter Einschaltung sog. „Serviceunternehmen“ und im Bereich der illegalen Arbeitnehmerüberlassungen regelmäßig gegeben (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 176, 178).
48
4. Für Steuerhinterziehungen, die seit dem 1. Januar 2008 - dem Inkrafttreten der neuen Fassung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO durch das Gesetz zur Änderung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmethoden sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG v. 21. Dezember 2007 (BGBl. I 3198) - begangen wurden, kommt der Streichung des subjektiven Merkmals „aus grobem Eigennutz“ aus dem Regelbeispiel zusätzliches Gewicht zu. Hier erfüllt schon das objektive Merkmal „großes Aus- maß“ - wie es oben vom Senat bestimmt wurde - das Regelbeispiel des besonders schweren Falles des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO.
49
Die Bejahung bzw. Verneinung des Regelbeispiels in einem ersten Prüfungsschritt bei der Strafrahmenwahl bedeutet freilich, dass - wie bei sonstigen Regelbeispielen - in einem zweiten Schritt zu prüfen ist, ob die Besonderheiten des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräften, bzw. ob - umgekehrt - ein unbenannter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt , obwohl der Hinterziehungsbetrag unter 50.000 € liegt.
50
Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze für die Strafrahmenwahl bei Regelbeispielen. Danach entfällt die Regelwirkung, wenn diese Faktoren jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit so gewichtig sind, dass sie bei der Gesamtabwägung die Regelwirkung entkräften. Es müssen in dem Tun oder in der Person des Täters Umstände vorliegen, die das Unrecht seiner Tat oder seiner Schuld deutlich vom Regelfall abheben, so dass die Anwendung des erschwerten Strafrahmens unangemessen erscheint (ständige Rspr.; vgl. BGHSt 20, 121, 125). Für die hierbei vorzunehmende Gesamtabwägung haben namentlich die oben genannten Milderungs- und Schärfungsgründe Gewicht.
51
5. Gemessen daran sind die dem Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO entnommenen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat zu Recht den hohen Steuerschäden das ihnen zukommende Gewicht beigemessen. Namentlich die beiden Einsatzstrafen von jeweils einem Jahr und drei Monaten für die Umsatzsteuerhinterziehungen 2002 und 2003 mit hinterzogenen Steuern in Höhe von jeweils über 150.000 € werden den oben genannten Strafzumessungskriterien gerecht.

V.

52
Die Revision bemängelt, das Landgericht habe sowohl bei der Beitragsals auch bei der Steuerhinterziehung einerseits die Höhe der durch die Taten verursachten Schäden zu Lasten des Angeklagten gewertet, andererseits aber strafmildernd berücksichtigt, dass die Schäden ausgeglichen worden seien. Hiergegen ist jedoch nichts zu erinnern. Diese Strafzumessungserwägungen erweisen sich nicht als widersprüchlich. Gemäß § 46 Abs. 2 StGB sind sowohl die verschuldeten Folgen der Tat als auch die Schadenswiedergutmachung strafzumessungsrelevante Faktoren. Bei einer nachträglichen Schadenswiedergutmachung ist das Landgericht nicht gehalten, den Umfang der zunächst hinterzogenen Steuern und den Umfang der den Einzugsstellen zunächst vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Strafzumessung unberücksichtigt zu lassen.

VI.

53
Die Versagung der Strafaussetzung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten zur Bewährung hält rechtlicher Nachprüfung noch stand.
54
Allerdings weist die Revision mit Recht darauf hin, dass auch bei der gemäß § 56 Abs. 2 StGB vom Tatgericht vorzunehmenden Prüfung, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, die ein Jahr übersteigt, zur Bewährung ausgesetzt werden kann, der Kriminalprognose des Täters Bedeutung zukommt. Denn die Prüfung, ob besondere Umstände von Gewicht im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vorliegen, erfordert eine Gesamtwürdigung der Tat und der Persönlichkeit des Verurteilten. Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen gehört auch eine günstige Kriminalprognose (vgl. BGH StV 2003, 670; BGH NStZ 1997, 434; jeweils m.w.N.). Es wäre daher rechtsfehlerhaft, die Frage der Kriminalprognose als von vornherein für die Gesamtwürdigung bedeutungslos dahinstehen zu lassen (vgl. BGH, Beschl. vom 11. Dezember 2002 - 1 StR 454/02). Anders verhält es sich aber dann, wenn das Tatgericht die Gesamtwürdigung auch auf der Basis einer günstigen Kriminalprognose durchführt und dabei zum Ergebnis gelangt, dass selbst unter dieser Prämisse besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB nicht vorliegen. Bei einem solchen Vorgehen wird die Kriminalprognose des Täters nicht als bedeutungslos angesehen ; sie hat aber im konkreten Fall auf das Ergebnis der Gesamtwürdigung keine für den Verurteilten günstigen Auswirkungen.
55
So liegt der Fall hier. Die Strafkammer hatte zwar im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten und seinen Bewährungsbruch erhebliche Zweifel daran, dass sich der Angeklagte schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (UA S. 43). Aus dem Gesamtzusammenhang der vom Landgericht insoweit angestellten Erwägungen ergibt sich aber, dass es im Rahmen der durchgeführten Gesamtwürdigung auch unter Berücksichtigung einer günstigen Kriminalprognose zum Fehlen besonderer Umstände gelangt ist. Der Senat entnimmt der missverständlichen Formulierung in den Urteilsgründen , die Frage der Kriminalprognose könne „letztlich“ offen bleiben, nicht, die Strafkammer habe diese Frage für die nach § 56 Abs. 2 StGB als von vornherein unbeachtlich gehalten.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) In besonders schweren Fällen wird

1.
eine Tat nach
a)
§ 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und
b)
§ 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3,
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und
2.
eine Tat nach § 332 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren
bestraft.

(2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn

1.
die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht,
2.
der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme, oder
3.
der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

18
Zu der durch die Revision aufgeworfenen Frage, ob vorliegend ein besonders schwerer Fall der Bestechlichkeit nach § 335 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 StGB wegen eines „Vorteils großen Ausmaßes“ angenommen werden kann, weist der Senat auf Folgendes hin:

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Freiheitsstrafe unter einem Jahr wird nach vollen Wochen und Monaten, Freiheitsstrafe von längerer Dauer nach vollen Monaten und Jahren bemessen.