Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 394/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 30. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 29. März 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung in zehn tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und drei Monate der verhängten Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf.
2
1. Die durch das Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung betreffend die sexuellen Übergriffe des Angeklagten vom 5./6. Februar 2010 hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Angesichts der vorliegenden Aussagegegen -Aussage-Konstellation hätte das Landgericht im Wege einer umfassenden Gesamtwürdigung alle möglicherweise entscheidungsbeeinflussenden Umstände darstellen und in seine Überlegung einbeziehen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 158 f., Beschlüsse vom 16. Juli 2009 – 5 StR 84/09, vom 27. April 2010 – 5 StR 127/10, und vom 22. Mai 2012 – 5 StR 15/12, StraFo 2012, 269, je- weils mwN). Daran fehlt es hier.
3
Das Landgericht bescheinigt der Nebenklägerin „hohe Aussagekonstanz“ (UA S. 14). Dies steht in deutlichem Widerspruch zu dem Um- stand, dass die Nebenklägerin bei ihrer vier Tage nach dem Geschehen erstatteten Strafanzeige durch den Angeklagten vollführte sexuelle Übergriffe gar nicht erwähnte, vielmehr rund zwei Wochen zurückliegende Schläge gegen ihr Ohr sowie eine Nötigung zum Drogenkonsum am Tatabend mitteilte. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung vom 2. März 2010 bekundete sie erst- mals „einen erzwungenen Geschlechtsverkehr“, was sie bei einer Verneh- mung vom 12. April 2010 dahin erweiterte, dass der Angeklagte auf sie uriniert und ihr befohlen habe, das nasse Oberteil während eines (von mindestens zehn) Geschlechtsakts nicht auszuziehen; in einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 28. September 2010 gab sie dann ergänzend an, der Angeklagte habe eine Substanz gemischt und auf ihre Scheide aufgetragen, wonach er seinen Hund veranlasst habe, an ihrer Scheide zu lecken (UA S. 14).
4
Bereits angesichts dieses das Kerngeschehen betreffenden auffälligen Aussageverhaltens waren eine eingehende Darstellung und Würdigung der Bekundungen der einzigen Belastungszeugin einschließlich der näheren Umstände der Anzeigeaufnahme und der weiteren Aussageentwicklung unabdingbar , um dem Revisionsgericht eine Nachprüfung in rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen (vgl. zur Beweiswürdigung in einschlägigen Fällen BGH, Urteil vom 23. Oktober 2002 – 1 StR 274/02, NStZ 2003, 165 mwN). Dem werden die rudimentären Ausführungen des Landgerichts nicht gerecht. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Zeugin das einmal geschilderte Geschehen bei ihren Vernehmungen stets wieder- holt und „lediglich um einzelne Details ergänzt“ habe, die die rechtliche Quali- tät nicht verändert hätten, trifft dies im Übrigen auf den Inhalt der Strafanzei- ge offensichtlich und auf die zweite Aussage („einen“ erzwungenen Ge- schlechtsakt) möglicherweise nicht zu. Zudem liegt auf der Hand, dass die hinzugekommenen überaus erniedrigenden Einzelhandlungen den Unrechtsund Schuldgehalt der Tat beträchtlich erhöhen. Ferner hätte die von der Nebenklägerin gegebene Erklärung der kritischen Nachprüfung bedurft, sie habe erst Vertrauen zu den sie vernehmenden Personen fassen müssen. Das gilt etwa mit Blick darauf, dass die Nebenklägerin auch Vertrauenspersonen (Mutter und ehemalige Schwiegermutter) von sexuellen Übergriffen nichts gesagt hat (UA S. 17).
5
Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.
6
2. Der Senat hebt auch den Schuldspruch wegen Körperverletzung am 21. Januar 2010 auf. Dem neuen Tatgericht soll eine insgesamt stimmige Beweiswürdigung ermöglicht werden.
7
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
a) Dass der Angeklagte und die Nebenklägerin die Umstände ihres Zusammenlebens im Wesentlichen übereinstimmend geschildert haben, gibt für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin hinsichtlich der durch den Angeklagten bestrittenen Taten entgegen der Wertung im angefochtenen Urteil (UA S. 13) nichts her.
9
b) Das neu verhandelnde Tatgericht wird sich eingehend mit der Tatsache zu befassen haben, dass die Nebenklägerin nach der sie in besonderem Maße erniedrigenden Tat noch weitere vier Tage beim Angeklagten gelebt hat. Die im angefochtenen Urteil insoweit angestellte Erwägung, die späte Anzeigeeerstattung sei durch die vom Angeklagten geschaffene finanzielle Abhängigkeit der Nebenklägerin und deren abgebrochene Kontakte zu Familie und Freunden bedingt (UA S. 14), leuchtet nicht ein. Vier Tage nach der Tat vermochte die Nebenklägerin ohne Weiteres den Kontakt zu ihrer Mutter herzustellen, die sie auch sogleich betreute. Es ist nicht ersichtlich, aus wel- chem Grund dies nicht auch früher hätte der Fall gewesen sein können. Darüber hinaus existieren, was allgemein bekannt ist, für derartige Notsituationen öffentliche Anlaufstellen.
10
c) Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Nebenklägerin eingangs des Tatgeschehens beim Drogenkonsum und einer anschließenden Selbstbefriedigung gefilmt (UA S. 7). Zu diesem Umstand und etwaigen Ermittlungshandlungen zur Auffindung des hergestellten Films verhalten sich die Urteilsgründe im Rahmen der Beweiswürdigung nicht.
11
d) Sollte das neue Tatgericht erneut zu einer Verurteilung des Angeklagten gelangen, wird es dessen Schuldfähigkeit unter Hinzuziehung eines Sachverständigen zu prüfen haben.
12
e) Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen des § 177 StGB mehrere sexuelle Handlungen – was das Landgericht hier wohl angenommen hat – bei fortdauernder Gewalt eine Tat im Rechtssinn bilden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 19. April 2007 – 4 StR 572/06, NStZ-RR 2007, 235 mwN), nicht mehrere tateinheitlich verwirklichte Verbrechen der Vergewaltigung.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 274/02
vom
23. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Oktober
2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Staatsanwalt ,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 14. Dezember 2001 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts München II zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Jugendlichen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, die zu Ungunsten des Angeklagten auch eine Verurteilung wegen Vergewaltigung erstrebt. Beide Rechtsmittel haben Erfolg. Die Beweiswürdigung des Landgerichts leidet unter durchgreifenden rechtlichen Mängeln. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann überdies die Verneinung einer Vergewaltigung keinen Bestand haben.

I.

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte einen Haustechnikbetrieb inne. In einer Ferienwoche der Pfingstschulferien leistete die am 2. November 1985 geborene M. H. , die zur Vor- fallszeit 14 Jahre und 7 ½ Monate alt war, bei dem Angeklagten, der mit ihrer Familie bekannt war, eine sogenannte Schnupperlehre ab. Am Nachmittag des ersten Tages des von Montag bis Freitag dauernden Betriebspraktikums bog er mit seinem "Van" vom Typ Chrysler Voyager, mit dem er mit dem Mädchen unterwegs war, in einen Waldweg ab. Dort setzte er M. H. schließlich im Bereich der Schiebetüre des Fahrzeuges auf den Wagenboden, zog ihr die kurze Hose aus und vollzog den Geschlechtsverkehr. Das Mädchen sagte, daß ihm das weh tue und daß er aufhören solle. Der Angeklagte hielt ihre Arme mit beiden Händen oberhalb ihres Kopfes fest. Als sie ansetzte zu rufen, hielt er ihr den Mund zu. Auf ihre Bitte aufzuhören reagierte der Angeklagte nicht. M. H. arbeitete sodann in der Praktikumswoche weiter bei dem Angeklagten. Sie fuhr auch mit ihm an einen See zum Baden, wobei das Landgericht letztlich offen läßt, ob dies nach der Tat oder aber am Tattage selbst der Fall war. Die Strafanzeige gegen den Angeklagten wurde erstattet, nachdem das Mädchen sich etwa ein Jahr später mit ihrem Freund über "besondere geschlechtliche Erlebnisse" unterhalten und dabei auch von der Tat berichtet hatte. Der nicht vorbestrafte Angeklagte hat die Tat bestritten. Das Landgericht folgt der Aussage der Zeugin M. H. . Eine Vergewaltigung hat es verneint , weil es jedenfalls an einer Verknüpfung von Gewalt und "Taterfolg" fehle. Der Geschlechtsverkehr habe bereits stattgefunden, als der Angeklagte die Arme des Mädchens festgehalten und ihm den Mund zugehalten habe, was damit lediglich "die Aufrechterhaltung" des Geschlechtsverkehrs ermöglicht
habe. Zudem fehle es am Vorsatz des Angeklagten. Angesichts des passiven Verhaltens von M. H. habe der Angeklagte davon ausgehen müssen, daß das Mädchen sich in sein Schicksal füge und den Geschlechtsverkehr "zwar widerwillig, aber doch freiwillig" durchführe (UA S. 15). Seine Äußerung, es "tue ihr weh und er solle aufhören", habe er auch dahin verstehen können, daß ihr der Verkehr "lediglich körperlich unangenehm" sei (UA S. 16).

II.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten sind begründet. 1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Täterschaft des bestreitenden Angeklagten hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand; sie ist lückenhaft und nicht tragfähig. Die tatsächliche Würdigung genügt zudem nicht den Anforderungen , die an die Bewertung der Glaubhaftigkeit der Aussage eines Hauptbelastungszeugen zu stellen sind, wenn - wie vorliegend - im wesentlichen Aussage gegen Aussage steht, objektive Beweisanzeichen fehlen und die Strafkammer im Blick auf ihre Aufklärungspflicht die Zuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen für geboten erachtet hat (vgl. dazu auch BGHSt 45, 164, 182).
a) Zieht der Tatrichter einen aussagepsychologischen Sachverständigen hinzu, so bedarf es in den Urteilsgründen regelmäßig nicht einer ins einzelne gehenden Darstellung von Konzeption, Durchführung und Ergebnissen der Begutachtung. Es reicht aus, daß die diesbezüglichen Ausführungen die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und methodischen Darlegungen in einer Weise enthalten, die zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner
Schlüssigkeit und sonstigen Rechtsfehlerfreiheit erforderlich sind (BGHSt 45, 164, 182). Um die revisionsrechtliche Nachprüfung in diesem Sinne zu ermöglichen , wäre es hier geboten gewesen, näher auf die Aussageentstehung einzugehen sowie darzulegen und zu erörtern, welche Möglichkeiten als Erklärung für eine - unterstellt - unwahre Aussage der Zeugin M. H. in Betracht kommen konnten (sog. Unwahrhypothese; dazu BGHSt 45, 164, 167/168). Ob die vernommene Sachverständige bei ihrer Prüfung auf die Weise vorgegangen ist, daß sie sog. Hypothesen gebildet und sie mit den sonst erhobenen Fakten abgeglichen hat (BGHSt 45, 164, 168), ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Die Strafkammer allerdings hätte unter Berücksichtigung der Grundsätze der Aussagebewertung und der Sachleitungsbefugnis gegenüber der Sachverständigen die sich aufdrängende Möglichkeit bedenken und würdigen müssen, daß die Beschuldigung des Angeklagten durch die Zeugin erstmals in einem Gespräch der Zeugin mit ihrem jugendlichen Freund über "besondere geschlechtliche Erlebnisse" erhoben wurde, wobei sich zunächst der Freund "offenbart" hatte (UA S. 8). Vor diesem Entstehungshintergrund war die Möglichkeit einer erfundenen Geschichte aus Gründen, die auch im Verhältnis der Zeugin zu ihrem Freund liegen konnten, als naheliegende Hypothese im Urteil anzusprechen und zu würdigen. Die Strafkammer teilt indes bei Wiedergabe des Sachverständigengutachtens nach anderen, eher allgemein gehaltenen Ausführungen lediglich mit, "die Unwahrhypothesen" könnten verworfen werden (UA S. 8). Welche konkreten Hypothesen gemeint sind, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung hierzu fehlt. Die Beweiswürdigung krankt zudem daran, daß Entstehung und Entwicklung der Aussage der Zeugin, auf die es hier ersichtlich mit ankommt, in
einem wesentlichen Teil nicht mitgeteilt und erörtert werden. Es ist nicht erkennbar , wie es nach der Schilderung der Zeugin gegenüber ihrem Freund zur Anzeigeerstattung kam. Das wäre als Grundlage einer auch insoweit erschöpfenden Aussagebewertung und Beweiswürdigung aber erforderlich gewesen.
b) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt auf weitere Mängel der Beweiswürdigung hin, die diese als lückenhaft erscheinen lassen: So hatte die Zeugin früher ausgesagt, sie habe sich auf Aufforderung des Angeklagten vor dem Geschlechtsverkehr selbst ausgezogen (UA S. 9), in der Beweisaufnahme indessen bekundet, der Angeklagte habe ihr die Hose ausgezogen (UA S. 5). Die Strafkammer meint, es handele sich dabei um ein untergeordnetes Detail, dem keine eigenständige Bedeutung zukomme (UA S. 9). Das trifft ersichtlich nicht zu. Ob sich das Tatopfer einer Sexualstraftat auf Aufforderung des Täters selbst entkleidet oder ob es ausgezogen wird, ist erfahrungsgemäß in aller Regel eine nachhaltig im Gedächtnis haftende Einzelheit der Tatbegehung. Werden hierzu unterschiedliche Angaben gemacht, bedürfen diese der Erklärung und einer nachvollziehbaren Einordnung in das Beweisgebäude. Das kann nicht dadurch ersetzt werden, daß die abweichenden Angaben mit einer sachlich nicht ausdruckskräftigen und im Zusammenhang auch nicht zutreffenden allgemeinen Wendung in ihrer Bedeutung herabgespielt werden. Damit bleibt der Tatrichter die systematische und sachliche Einordnung des Aussageverhaltens in diesem nicht unwesentlichen Punkte schuldig. Dem Urteil fehlt darüber hinaus eine inhaltliche Bewertung der Aussage der Zeugin, der Angeklagte habe den Geschlechtsverkehr mit ihr nicht am selben Tag vollzogen, am dem sie gemeinsam mit ihm im Ho. See gebadet habe (UA S. 10). Vor dem Hintergrund der Einlassung des Angeklagten, er habe am ersten Tag des Betriebspraktikums mit der Zeugin im See gebadet und
diese danach nach Hause gefahren, hält die Strafkammer es für möglich, daß das Baden im See und - wie der Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt - der Geschlechtsverkehr am selben Tag stattfanden. Dem Angeklagten sei auf dem Heimweg vom See noch genügend Zeit für die Tat verblieben. Die Kammer meint, die Praktikumswoche der Zeugin habe zeitlich rekonstruiert werden müssen; der "datumsmäßigen Einordnung" der Tat einerseits und des Badens im See andererseits durch die Zeugin dürfe deshalb kein entscheidendes Gewicht beigelegt werden (UA S. 10). Damit verstellt sich die Kammer den Blick darauf, daß es hier vorrangig nicht um die Frage des Datums beider Ereignisse ging, sondern darum, ob sich beides am selben Tag zugetragen hat. Da die Strafkammer das für möglich hält, hätte sie den damit in einem wesentlichen Punkt gegebenen möglichen Widerspruch zur Aussage der Zeugin erörtern und sachlich behandeln müssen. Er konnte auf Erinnerungsschwäche oder auf eine Erinnerungstäuschung zurückgehen, ebenso aber auch ein Lügenindiz sein. Dabei war der Zusammenhang mit der Einlassung des Angeklagten zu bedenken, die das Landgericht insofern - hinsichtlich des angegebenen Tages des Besuchs am See - durchaus auch für widerlegt hätte erachten können. Das hat es jedoch nicht getan, sondern die Darstellung des Angeklagten dazu (Badeseebesuch am Tattag, dem Montag) für möglich gehalten. Dann aber mußte diese Frage in der bezeichneten Weise bei der inhaltlichen Bewertung der Aussage der Zeugin berücksichtigt werden, zumal die Einlassung des Angeklagten zum Ablauf dieses Tages von vier Zeugen in nicht näher dargelegten Punkten bestätigt worden war (UA S. 10). Nach allem erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts in der vorliegenden Form als nicht tragfähig. Schon dies führt zur Aufhebung des Urteils in vollem Umfang zu Gunsten des Angeklagten.
2. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist allerdings auch die Annahme der Strafkammer rechtlich nicht haltbar, der Angeklagte habe keine Vergewaltigung begangen (§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1, 3 StGB). Die Kammer geht daran vorbei, daß auch eine erst im Verlaufe des Geschlechtsverkehrs einsetzende Gewaltanwendung, mit der die Fortsetzung des Geschlechtsverkehrs gegen nun erst beginnenden Widerstand des Opfers erzwungen wird, für die tatbestandliche Verknüpfung zwischen Nötigungsmittel und Nötigungserfolg genügt (BGH GA 1970, 57). Die Würdigung des Landgerichts zur subjektiven Tatseite, der Angeklagte habe davon ausgehen "müssen", der Zeugin sei der Geschlechtsverkehr unangenehm, sie habe sich aber letztlich "freiwillig" in ihr Schicksal gefügt, wird von den Feststellungen nicht getragen. Diese belegen ohne weiteres Gewaltanwendung durch den Angeklagten und nach den Umständen auch noch hinreichend den entgegenstehenden Willen der Zeugin (es tue ihr weh, er solle aufhören; Festhalten der Arme, Zuhalten des Mundes, um ein Schreien zu verhindern ) und damit den wenigstens bedingten Vorsatz des Angeklagten. Ebensowenig kann der Auffassung des Landgerichts gefolgt werden, die Zeugin habe sich nicht in einer schutzlosen Lage befunden, "weil sie nicht konkret wehrlos" gewesen sei (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB, UA S. 16). Eine solche Lage besteht für das Opfer regelmäßig dann, wenn es sich dem Täter allein gegenübersieht und auf fremde Hilfe nicht rechnen kann, wobei es allerdings eines gänzlichen Beseitigens jeglicher Verteidigungsmöglichkeit nicht bedarf (BGHSt 44, 238, 232; vgl. weiter BGHSt 45, 253, 257 ff.). Das Landgericht hätte im Blick darauf nähere Feststellungen zur Tatörtlichkeit treffen müssen, um auf dieser Grundlage die Frage der Schutzlosigkeit und einer etwaigen Ausnutzung durch den Angeklagten zu prüfen. Anlaß dazu bestand, weil der
Angeklagte von einer Kreisstraße abgebogen und ca. 70 Meter weit in einen Wald hineingefahren war. Daß die Zeugin M. H. , die von kleiner und äußerst zierlicher Statur war (UA S. 6), sich möglicherweise stärker als geschehen hätte wehren können, steht der Annahme ihrer Schutzlosigkeit nicht entgegen. Das Urteil unterliegt danach auch auf die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft der Aufhebung. Auf die weiteren Beanstandungen des angefochtenen Urteils kommt es deshalb nicht an. 3. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird zu erwägen haben, ob er mit einer etwaigen erneuten aussagepsychologischen Begutachtung der Zeugin M. H. einen anderen Sachverständigen beauftragt. Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 572/06
vom
19. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. April
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim BGH in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin W. ,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin E. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 7. Juli 2006 im Schuldspruch dahin geändert, dass er der Vergewaltigung in drei Fällen , davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen , davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt; außerdem hat es Entscheidungen in Adhäsionsverfahren getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
1. Das Rechtsmittel führt zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Schuldspruchänderung, da der Senat im Fall 2 der Urteilsgründe gemäß § 154 a Abs. 2 StPO die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundes- anwalts und der Nebenklägerin E. auf den Vorwurf der Vergewaltigung beschränkt hat; im Übrigen ist es unbegründet.
3
2. Soweit die Revision die Verletzung formellen Rechts rügt, bleibt ihr aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.
4
3. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere begegnet die Annahme von Tatmehrheit hinsichtlich der Taten 2 und 3 der Urteilsgründe durch den Tatrichter keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen zwang der Angeklagte die Nebenklägerin E. unter Anwendung von Gewalt zum Oral- und Vaginalverkehr. Danach ließ er von ihr ab und legte sich zur Seite, derweil die Geschädigte das Badezimmer aufsuchte und sich wusch. Als sie aus dem Bad kam, hatte sich der Angeklagte wieder vollständig bekleidet und sprach sie auf das soeben Geschehene an. Auf ihre Aufforderung, sofort die Wohnung zu verlassen , begab er sich in den Flur, wo seine Schuhe standen. Dann erst fasste er den Entschluss, die Nebenklägerin nochmals zu vergewaltigen. Unter erneuter Gewaltanwendung vollzog er mit ihr den Vaginalverkehr, nachdem er erst vergeblich versucht hatte, sie erneut zum Oralverkehr zu zwingen.
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b) Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei mehrfach nacheinander mittels Gewaltanwendung begangenen Vergewaltigungstaten hängt entscheidend davon ab, ob diesen Taten eine einheitliche Gewalteinwirkung zu Grunde liegt (vgl. BGH NStZ 2000, 419, 420; Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 StR 574/06). Die Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte die zweite Tat unter Ausnutzung einheitlicher, während des gesamten Tatgeschehens fortwirkender Gewaltanwendung erzwang. Der Angeklagte handelte vielmehr auf Grund eines neuen Tatentschlusses und unter Einsatz erneuter Gewalt.
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Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze der natürlichen Handlungseinheit war die Annahme nur einer Tat im Rechtssinne nicht geboten. Nach der ersten Tat war zunächst eine gewisse Beruhigung der Situation eingetreten, sodass sich das gesamte Tätigwerden des Angeklagten auch für einen objektiven Dritten bei natürlicher Betrachtungsweise nicht zwingend als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt.
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Nach alledem ist die Bewertung des Konkurrenzverhältnisses durch das Landgericht vertretbar. Sie hält sich im Rahmen des insoweit dem Tatrichter eröffneten Beurteilungsspielraums und ist - unbeschadet der Frage, ob auch eine andere Beurteilung möglich wäre - daher vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 68, 69). Der Tatsache, dass zwischen den beiden Taten zum Nachteil der Nebenklägerin E. ein enger zeitlicher, personeller und situativer Zusammenhang bestand, hat das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung Rechnung getragen.
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4. Der Strafausspruch im Fall 2 der Urteilsgründe kann ungeachtet der Änderung des Schuldspruchs bestehen bleiben. Allerdings hat das Landgericht bei der Bemessung der insoweit verhängten Einzelstrafe von vier Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe die Verwirklichung einer tateinheitlich begangenen vorsätzlichen Körperverletzung strafschärfend berücksichtigt. Angesichts dessen kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs auf eine geringere Strafe erkannt hätte. Einer Aufhebung des Einzelstrafausspruchs bedarf es gleichwohl nicht, weil der Senat die Strafe im Hinblick darauf, dass die Tat ihr Gewicht allein durch die mehrfachen, mit einem Eindringen in den Körper der Geschädigten verbundenen sexuellen Übergriffe erhält, als schuldangemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO erachtet (vgl. hierzu BGHSt 49, 371 ff.).
Tepperwien Kuckein Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible