Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2004 - 5 StR 389/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) in den Schuldsprüchen dahingehend abgeändert, daß die Verurteilungen der Angeklagten H und G wegen tateinheitlichen Betruges und des Angeklagten K wegen tateinheitlicher Beihilfe zum Betrug entfallen ;
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Bemessung der Einzel- und Gesamtstrafen und die Kosten der Rechtsmittel an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten H wegen Betruges in Tateinheit mit Untreue in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und den Angeklagten G wegen Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in 23 Fällen unter Einbeziehung anderweitig verhängter Geldstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Mona- ten verurteilt. Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafen wurde jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ferner den Angeklagten K wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in 23 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 50 € verurteilt. Die dagegen jeweils mit der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten haben den aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Teilerfolg. Die weitergehenden Revisionen sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen : Der Angeklagte G , der in Berlin ein Bauunternehmen betrieb, kam im September 1997 mit dem Bauleiter B und im Oktober 1998 mit dem Angeklagten H , damals Oberbauleiter der Senatsbauverwaltung , überein, seinem Unternehmen – nach Ausschöpfung des diesem zustehenden Kontingents und ohne die gebotenen Ausschreibungen – anstelle anderer Bauunternehmen Aufträge für Bauleistungen zu erteilen. Vertragsabwicklung und Rechnungsstellung erfolgten durch drei vorgeschobene andere Bauunternehmer, die, wie alle Beteiligten wußten, bis zu zehn Prozent der aus den Scheinverträgen geltend gemachten Werklöhne für ihre Mitwirkung an der Verschleierung einbehielten. B bestätigte auf 13 Scheinrechnungen deren sachliche Richtigkeit. H fertigte in diesen und acht weiteren Fällen – hier allerdings spätestens jetzt in Kenntnis der Scheinverträge und Einbehalte – die Auszahlungsanordnungen. Ein Beamter der Landeshauptkasse verfügte die Zahlungen an die Scheinrechnungssteller. In zwei weiteren Fällen rechnete G im Einverständnis mit H , der auch hier die Auszahlungsanordnungen fertigte, noch nicht erbrachte Bauleistungen ab. Der Angeklagte K , Bauleiter im Unternehmen des G besorgte , in allen Fällen die für die Rechnungsstellungen erforderlichen Belege.
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten H wegen Untreue und der Angeklagten G und K wegen Beihilfe zur Untreue des H und des B . Das Landgericht hat den Wert der Bauleistungen des G zu Recht entsprechend den unter Wettbewerbsbedingungen ersichtlich zu erzielenden Preisen in Höhe der erhaltenen Zahlungen festgesetzt und einen Nachteil in Höhe der Einbehalte angenommen (vgl. BGHSt 38, 186, 190 f., 193; 47, 83, 88).
Dagegen halten die Verurteilungen wegen Betruges und Beihilfe zum Betrug rechtlicher Prüfung nicht stand. Durchgreifende Bedenken bestehen im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Erregung eines Irrtums. Das Landgericht geht lediglich in seiner rechtlichen Würdigung (UA S. 28) davon aus, daß der verantwortliche Mitarbeiter der Landeshauptkasse die Zahlungen auf Grund eines Irrtums veranlaßte. Dadurch bleibt unklar, aufgrund welcher Tatsachen sich die Strafkammer die Überzeugung einer irrtumsbedingten Auszahlung der überhöhten Vergütungen verschafft hat. Eine Vernehmung des zuständigen Kassenbeamten ist ersichtlich unterblieben. Unter Berücksichtigung aller Umstände liegt die Annahme eines Irrtums jedenfalls auch nicht nahe. Sind in einer Behörde die Zuständigkeiten für die Rechnungsprüfung und Auszahlungsanordnung einerseits und für die kassenmäßige Abwicklung andererseits getrennt, so wird es den mit den Kassenaufgaben betrauten Amtsträger im allgemeinen nur interessieren, ob der dafür Zuständige die sachliche und rechnerische Richtigkeit einer Forderung festgestellt und die Auszahlung des geschuldeten Betrages angeordnet hat. Dementsprechend wird er sich aber auch in aller Regel keine Vorstellungen darüber machen, ob die Auszahlungsanordnungen in der Sache zu Recht erfolgt sind (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 9).
3. Der Senat schließt aus, daß in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen zu irrtumsbedingten Verfügungen eines Kassenbeamten getroffen werden können. § 70 LHO Berlin und die dazu erlassenen Ausführungsvorschriften sehen nämlich eine materielle Prüfungspflicht des Kassen- beamten nicht vor. Daher bleibt es bei den Verurteilungen der Angeklagten wegen Untreue, bzw. Beihilfe hierzu. Die Schuldsprüche sind entsprechend zu ändern.
Allerdings bedingt der Wegfall der Verurteilungen wegen Betruges und Beihilfe zum Betrug, die bei den Angeklagten G (§§ 27, 49 StGB) und K (§§ 27, 28, 49 StGB) zudem zu einer Änder ung der Strafrahmen führen, die Aufhebung der Einzel- und Gesamtstrafen. Dazu bedarf es keiner Aufhebung von Feststellungen. Der neue Tatrichter wird die Strafen und die Gesamtstrafen auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen, freilich ohne den durch die weitere Gesetzesverletzung erhöhten Schuldumfang, zumessen können. Damit sind zusätzliche Feststellungen nicht ausgeschlossen. Diese dürfen den bisher getroffenen aber nicht widersprechen. Hinsichtlich einer – vom Landgericht schon bisher angenommenen – rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung weist der Senat auf BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Verfahrensverzögerung 16 hin.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.