Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2019 - 1 StR 223/19
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 5. Juni 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Der Schuldspruch wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Feststellung, dass der Angeklagte bei den Taten als Mitglied einer Bande handelte, in den Urteilsgründen nicht tragfähig mit Tatsachen belegt wird.
- 3
- a) Wesentliches Merkmal einer Bande ist die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 325 ff.; Urteile vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04 Rn. 6; vom 29. Februar 2012 – 2 StR 426/11 Rn. 11 und vom 3. September 2014 – 1 StR 145/14 Rn. 20 mwN). Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2019 – 2 StR 212/18 Rn. 21). Mitglied einer Bande kann dabei auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 216). Auch ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Bandenmitglieder untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2019 – 2 StR 212/18 Rn. 21).
- 4
- b) Gemessen an diesen Maßstäben ist hier nicht belegt, dass der Angeklagte als Mitglied einer Bande handelte, die sich durch Zusammenschluss von mindestens drei Personen mit dem Ziel fortgesetzten Betäubungsmittelhandels gebildet hatte.
- 5
- Das auf Dauer angelegte Zusammenwirken mehrerer selbständiger, eigene Interessen verfolgender Geschäftspartner begründet beim Betäubungsmittelhandel auch dann keine Bande, wenn die Beteiligten in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung tätig werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2015 – 3 StR 627/14 Rn. 5 mwN). Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüber steht, beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung (vgl. BGH, Urteile vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04 Rn. 7 und vom 29. Februar 2012 – 2 StR 426/11; Beschlüsse vom 6. Februar 2007 – 4 StR 612/06 Rn. 4; vom 5. Oktober 2007 – 2 StR 436/07 Rn. 3; vom 5. Juli 2011 – 3 StR 129/11 Rn. 8 mwN und vom 31. Juli 2012 – 5 StR 315/12 Rn. 3, jeweils mwN).
- 6
- aa) Nach den Feststellungen des Landgerichts betätigte sich der Angeklagte spätestens seit dem Jahr 2010 innerhalb eines international operierenden Drogenkartells mit mehreren, zumeist aus Schwarzafrika stammenden Personen , deren Identität nicht geklärt ist, im internationalen Drogenschmuggel (UA S. 4). Er warb auf der Plattform „Facebook“ Kuriere, sog. bodypacker, an und nutzte diese Plattform auch für die Erteilung von Transportaufträgen an die Kuriere und die Organisation der einzelnen Transporte. Dabei verwendete er unter einem Synonym ein Facebook-Benutzerkonto zur Kommunikation mit seinen jeweils nicht näher bekannten Tatgenossen, welche die einzelnen Drogentransporte in Auftrag gaben (UA S. 4). Durch diese Verbindung wirkten der Angeklagte und seine Tatgenossen zusammen, um bei sich ergebenden Gelegenheiten immer wieder Drogengeschäfte mit Gewinnerzielungsabsicht durchzuführen und dabei die Organisationsstrukturen zur effektiveren und risikoloseren Tatbegehung zu nutzen.
- 7
- bb) Diese Feststellungen des Landgerichts zur bandenmäßigen Begehung werden jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung zum Erfordernis einer Bandenabrede nicht tragfähig mit konkreten Tatsachen belegt. Für die Annahme einer Bandenabrede genügt es weder, dass der Angeklagte bei beiden Ta- ten „mit anderen Personen zusammen gehandelt“ (UA S. 18) hat, noch, dass sich aus seinen Chataktivitäten ergab, dass er mit mehreren anderen Personen „in laufender Geschäftsbeziehung“ stand (UA S. 18).Dasselbe gilt für die vom Landgericht angeführten Umstände, dass die Chatpartner des Angeklagten „aus dem Kreis der Auftraggeber sehr vertraut miteinander und auch in der Sache selbst waren“ (UA S. 21)und dass der Angeklagte Auftraggeber hatte, für die er die Kuriere besorgte, als auch Abnehmer hatte, die ihm mitteilten, wieviel er mit den Kurieren mitschicken sollte (UA S. 20). Hierdurch wird lediglich belegt , dass der Angeklagte in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem tätig wurde. Ob er aber in die Absatzorganisation der Verkäuferseite als verlängerter Arm eingebunden war oder auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüberstand, bleibt ebenso offen wie die Frage, ob die Empfänger der vom Angeklagten organisierten Lieferungen in die Absatzorganisation eingebunden waren oder als Abnehmer eigene Interessen verfolgten. Zur Risikoverteilung zwischen den Beteiligten innerhalb der Geschäftsbeziehung hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen.
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- 2. Die Sache bedarf neuer tatrichterlicher Verhandlung und Entscheidung zum Vorliegen einer Bandenabrede. Da nicht auszuschließen ist, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die eine bandenmäßige Begehung belegen, entzieht dies dem Schuldspruch insgesamt die Grundlage. Die durch rechtsfehlerfrei getroffene Feststellungen belegte Strafbarkeit des Angeklagten wegen zweier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 BtMG) kann nicht isoliert aufrechterhalten werden.
- 9
- 3. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen , hebt der Senat die zur Bande getroffenen Feststellungen insgesamt auf. Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen im Übrigen bedarf es nicht, da sie von dem Rechtsfehler, der zur Aufhebung des Schuldspruchs nötigt, nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
- 10
- 4. Ergänzend bemerkt der Senat für die neue Hauptverhandlung:
- 11
- Im Falle einer Verurteilung des Angeklagten hat der neue Tatrichter gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Anrechnungsmaßstab für die von dem Angeklagten in dieser Sache im Ausland erlittenen Freiheitsentziehung in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 – 1 StR 247/14 Rn. 7 mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen sowie der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es den Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 37.140 € angeord- net. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft , die sich gegen die Verurteilung in den Fällen II. 12, 14 und 15 richtet, hat Erfolg.
I.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen der seit vielen Jahren Drogen konsumierende Angeklagte und der frühere Mitangeklagte I. , der als Kurierfahrer eingesetzt werden sollte, im Jahr 2009 überein, gemeinsam Drogengeschäfte zu tätigen. Der Angeklagte beabsichtigte, mit den Erlösen aus den Rauschgiftgeschäften seine erheblichen Geldschulden tilgen.
- 3
- Beginnend ab einem nicht genau zu bestimmenden Zeitpunkt im Sommer 2009 bis Januar 2010 kam es dementsprechend zu insgesamt zehn Rauschgiftgeschäften. Dabei erwarb der Angeklagte Haschisch, Marihuana oder Amphetamin in unterschiedlichen Mengen zum gewinnbringenden Weiterverkauf , zum Teil auch im Ausland, das er von dort nach Deutschland einführte (Fälle 1-7, 9-11).
- 4
- 2. Im Oktober/November 2009 traf der Angeklagte den ihm schon länger bekannten gesondert Verfolgten M. wieder, mit dem er in der Folgezeit ebenfalls Drogengeschäfte tätigte. Dabei lieferte der Angeklagte diesem Amphetamin , das er mit ebenfalls vom Angeklagten bereit gestellten Koffein streckte. Von dem aufgestreckten Amphetamin gab dieser jeweils etwa zwei Drittel an ihn zurück; den Rest erwarb er zum eigenen Weiterverkauf von dem Angeklagten , der ihm für das Strecken einen Preisnachlass gewährte. Es kam in der Folgezeit zu fünf Geschäften.
- 5
- Am 13. Januar 2010 holte der frühere Mitangeklagte I. im Auftrag des Angeklagten bei dem gesondert Verfolgten M. mindestens 1 kg Amphetamin ab, das dieser zuvor gestreckt und portioniert hatte. Er transportierte es zu einer dritten Person, die es von dem Angeklagten erworben hatte (Fall 8). Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt im Januar 2010 erwarb der Angeklagte im deutsch-niederländischen Grenzgebiet mindestens 1 kg Amphetamin, das der frühere Mitangeklagte I. von dort durch Deutschland transportierte, bevor es der Angeklagte wieder übernahm und dem gesondert Verfolgten M. zur Streckung und Portionierung übergab. Dieser stellte zwei Pakete von jeweils 1 kg gestrecktem Amphetamin zur Weiterveräußerung durch den Angeklagten her und behielt zum gewinnbringenden Weiterverkauf einen Rest von 500 g zum Preis von 2,50 € je Gramm (Fall 12). Am 2. Februar 2010 holte der gesondert Verfolgte F. , der für den zwischenzeitlich inhaftierten I. die Kurierfahrten übernommen hatte, in Aachen mindestens 1 kg Amphetamin ab und transportierte es zu dem Angeklagten, der es zum gesondert Verfolgten M. brachte. Dieser streckte das Amphetamin und portionierte es. Von dieser Menge holte der Angeklagte am 4. Februar 2010 ein Kilogramm zur Weiterveräußerung ab; 500 g erwarb der gesondert verfolgte M. zum gewinnbringenden Weiterverkauf (Fall 14). Am 11. Februar 2010 bestellte der gesondert Verfolgte F. bei dem Angeklagten 500 g Amphetamin. Er holte es in Absprache mit dem Angeklagten bei dem gesondert Verfolgten M. ab, nachdem dieser die bestellten Drogen zuvor im Auftrag des Angeklagten aufbereitet und portioniert hatte (Fall 13). Schließlich bestellte der Angeklagte am 20. Februar 2010 bei seinem niederländischen Lieferanten zwei Kilogramm Amphetamin und drei Kilogramm Koffein, das der gesondert Verfolgte F. am 23. Februar 2010 dort abholte und dies in Kenntnis der Absicht des Angeklagten, es in Deutschland nach Streckung und Portionierung durch den gesondert Verfolgten M. gewinnbringend zu veräußern, einführte. Hierzu kam es jedoch nicht mehr, da der Angeklagte wie auch der gesondert Verfolgte F. alsbald festgenommen wurden (Fall 15).
- 6
- 3. Das Landgericht hat den Angeklagten in allen Fällen wegen unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge verurteilt, in einigen Fällen, unter anderem auch im Fall 15, zusätzlich wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Von einer Verurteilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat es abgesehen, weil sich der Angeklagte und der gesondert verfolgte M. je- weils auf Verkäufer- und Erwerberseite gegenübergestanden hätten und es insoweit an einer Verbindung zur künftigen gemeinsamen Tatbegehung gefehlt habe.
- 7
- 4. Die Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet, dass der Angeklagte in den Fällen 12, 14 und 15 nicht auch wegen bandenmäßigen Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Weiter wendet sie sich gegen die Strafzumessung des Landgerichts, das rechtsfehlerhaft zu Gunsten des Angeklagten die gleichzeitige Anordnung von Wertersatzverfall angeordnet habe.
II.
- 8
- Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
- 9
- 1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Verurteilung in den Fällen II. 12, 14 und 15 beschränkt. Die nach der Rechtsmittelbeschränkung nachträglich erhobenen Einwendungen gegen die Strafzumessung gehen ins Leere, soweit sie sich gegen den Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der Verurteilungen in den anderen Fällen richten.
- 10
- 2. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
- 11
- a) Das Landgericht hat in den genannten Fällen das Vorliegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels nach § 30a Abs. 1 BtMG nicht rechtsfehlerfrei verneint. Nach der neueren Rechtsprechung (vgl. BGHSt 46, 321) setzt der Begriff der Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus , die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Wesentliches Element einer Bande ist danach eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung mehrerer Personen zur zukünftigen gemeinsamen Deliktsbegehung (BGHSt 46, 321, 329), wobei Mitglied einer Bande auch sein kann, wem nach der - stillschweigend möglichen - Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeiten darstellen (BGHSt 47, 214). An einer Verbindung zur gemeinsamen Tatbegehung fehlt es, wenn sich Beteiligte einesDrogengeschäfts - sei es auch in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem - lediglich jeweils auf der Verkäufer- und Erwerberseite gegenüberstehen (vgl. BGH NStZ 2004, 696).
- 12
- Die Annahme des Landgerichts, es habe zwischen dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten M. keine Verbindung zu gemeinsamer Deliktsbegehung bestanden, weil sie sich jeweils auf Käufer- und Verkäuferseite gegenüber gestanden hätten, greift zu kurz. Zwar erwarb M. von dem Angeklagten Amphetamin, das er auf eigene Rechnung und eigenes Risiko weiterveräußerte. Der Angeklagte seinerseits unternahm seine Betäubungsmittelgeschäfte allein und in eigenem Namen, ohne Beteiligung eines Dritten am Gewinn oder Risiko. Dies betrifft sowohl den Verkauf der Drogen an M. wie auch den der übrigen Drogen an weitere Abnehmer. Der Angeklagte und M. standen sich danach insoweit selbständig auf Verkäufer- und Käuferseite gegenüber (vgl. Körner, BtMG, 7. Aufl. 2012, § 30, Rn. 31).
- 13
- Zu berücksichtigen ist aber darüber hinaus, dass M. für den Angeklagten das ihm angelieferte Amphetamin mit Koffein streckte, portionierte und - abzüglich der selbst erworbenen Menge - an den Angeklagten zurückgab. Dies hätte dem Landgericht Anlass zu näherer Prüfung geben müssen, ob dadurch eine Einbindung von M. in die Absatzorganisation des Angeklagten , die nach den Feststellungen jedenfalls mit den Kurieren I. bzw. später F. bestand, erfolgt ist.
- 14
- Zwar folgt nicht aus jeglicher Unterstützung einer Gruppierung, etwa durch Strecken von Betäubungsmitteln (vgl. Körner, BtMG 7. Aufl. 2012, § 30, Rn. 43) oder Kurierfahrten, auch ohne Weiteres Zugehörigkeit zu einer Bande; auch Dienstleistungen eines Dritten, die einem Täterzusammenschluss zugutekommen , können "selbständig" erbracht werden, ohne dass darin eine Verbindung zu gemeinsamer künftiger Deliktsbegehung zu sehen ist. Es ist aber auch in diesen Fällen - wie bei Handelsketten im Betäubungsmittelhandel - sorgfältig zu prüfen, ob darin eine Verbindung zu gemeinsamer künftiger Deliktsbegehung oder lediglich eine durch Eigeninteresse gekennzeichnete Geschäftsbeziehung zu Mitgliedern einer Absatzorganisation zu sehen ist. Eine solche Prüfung, die nicht allein darauf abzustellen hat, ob diese Dienstleistung mit einem festen Preis entlohnt worden ist, sondern auch die sonstigen Umstände der Geschäftsbeziehung (wie Art und Häufigkeit der Leistung, ihre äußere Gestaltung oder auch den Einfluss, den die Beteiligten darauf im Einzelnen nehmen) in den Blick nehmen muss, hat das Landgericht nicht vorgenommen. Insoweit hat das Landgericht seiner Ablehnung einer Bandenmitgliedschaft einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt. Dabei war zwar auch der Umstand zu berücksichtigen, dass M. selbst auch einen Teil der Betäubungsmittel erwarb und seine Entlohnung in der Form eines Preisnachlasses erhielt. Doch steht dies seiner Einbeziehung in eine Bandenabrede nicht von vornherein entgegen.
- 15
- Die Prüfung wird nachzuholen sein, wobei der neue Tatrichter nicht nur der Frage nachzugehen haben wird, ob und inwieweit die Kuriere I. und F. Kenntnis von der Tätigkeit des gesondert Verfolgten M. für den Angeklagten hatten und ob insoweit eine (auch nur stillschweigende) Abrede zum Zwecke künftigen gemeinsamen Betäubungsmittelhandels vorlag, sondern auch, ob M. in den Fällen II. 12, 14 und 15, in denen er nach den Feststellungen lediglich Kontakt mit dem Angeklagten hatte, seinerseits Kenntnis vom Tätigwerden von Kurieren hatte.
- 16
- b) Die Aufhebung des Schuldspruchs in den genannten Fällen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.