Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2006 - 4 StR 60/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Maßregelausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. März 2006.
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- 2. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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- Allerdings begegnet das angefochtene Urteil keinen rechtlichen Bedenken , soweit das Landgericht - darin dem gehörten psychiatrischen Sachverständigen folgend - angenommen hat, dass der Angeklagte die Raubtat in einem durch eine schizoaffektive Psychose oder paranoid-halluzinatorische Schizophrenie bedingten, nicht nur vorübergehenden Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat. Weiter setzt die Unterbringungsanordnung nach der Rechtsprechung jedoch voraus, dass die Gefährlichkeit des Täters in einem symptomatischen, kausalen Zusammenhang mit dem die Anlasstat verursachenden oder mitverursachenden Defektzustand im Sinne der §§ 20, 21 StGB steht. Der gefährliche Zustand des Täters muss danach dergestalt in der Anlasstat seinen Ausdruck finden, dass auch die für die Zukunft zu erwartenden Taten sich als Folgewirkung eben dieses Zustandes darstellen , weil nur dann die Anlasstat Indizwirkung für die Gefährlichkeitsprognose entfalten kann (st. Rspr.; BGH NJW 1998, 2986; NStZ-RR 1998, 174; BGHR StGB § 63 Tat 4).
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- Ein solcher kausaler, symptomatischer Zusammenhang zwischen der diagnostizierten Störung und der abgeurteilten Raubtat, bei der der Angeklagte dem geschädigten Juwelier unter Bedrohung mit einer mit Schalldämpferattrappe versehenen Spielzeugpistole und nach einem Faustschlag ins Gesicht einen wertvollen Ring entwendete, ist nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht erkennbar. Das Landgericht ist dem Angeklagten zwar darin gefolgt, der eigentliche Grund, weshalb er am Tattag das Juweliergeschäft aufgesucht habe , sei gewesen, dass er "Stimmen" gehört habe, die ihm befohlen hätten zu verhindern, dass der Geschädigte ein in dem Laden befindliches Madonnenbild verkauft (UA 4). Dass diese "überwertige Idee" (UA 8) sich auf den Entschluss, den Ring zu rauben, ausgewirkt haben kann, ist jedoch nicht dargetan und versteht sich auch nicht von selbst.
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- Über die Maßregelanordnung ist deshalb neu zu entscheiden. Dabei wird der neue Tatrichter, sofern er erneut zur Anordnung nach § 63 StGB gelangt, auch Gelegenheit haben, die im angefochtenen Urteil im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose lediglich pauschal mitgeteilten „deutlichen fremdaggressiven Tendenzen“, die der Angeklagte gezeigt habe (UA 11), näher zu konkretisieren. Dessen hätte es hier schon deshalb bedurft, weil der Angeklagte bisher nicht durch Gewaltdelikte in Erscheinung getreten ist.
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- Im Übrigen weist der Senat für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass die gebotene Aufhebung der den Maßregelausspruch betreffenden "zugehörigen" Feststellungen auch die der Schuldfähigkeitsbeurteilung durch das Landgericht zu Grunde liegenden Feststellungen erfasst (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar 2004 - 4 StR 539/03). Ungeachtet deren Doppelrelevanz bleibt der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils hiervon jedoch unberührt. Denn eine vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit scheidet hier von vornherein aus; durch die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB ist der Angeklagte bei der Strafzumessung aber nicht beschwert (vgl. Senatsbeschluss aaO). Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.