Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 284/15
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Urteil einreichenBundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 284/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
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Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Nach den Feststellungen suchte der zum Tatzeitpunkt 39 Jahre alte, vielfach auch wegen Körperverletzungsdelikten vorbestrafte Angeklagte am 27. Dezember 2011 die Wohnung seiner Eltern auf und forderte von seiner Mutter u.a. die sofortige Herausgabe von 50 Euro. Als seine Mutter ihm daraufhin mitteilte, dass sie den geforderten Betrag nicht im Hause habe, schlug er unvermittelt mit der Faust auf sie ein und trieb sie unter weiteren heftigen Faustschlägen durch die Wohnung. Dabei wiederholte er mehrfach seine Geldforderung. Als der schwerbehinderte Vater des Angeklagten versuchte, seiner Ehefrau zu helfen, schlug der Angeklagte ihm mehrfach auf den Kopf. Die Mutter des Angeklagten erlitt durch die Gewaltanwendungen erhebliche Verletzungen, u.a. ein subdurales Hämatom, eine Nasenbein- und eine Rippenfraktur, während sein Vater keine behandlungsbedürftigen Verletzungen davontrug.
- 3
- Das sachverständig beratene Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte an einer „kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen narzisstischen Anteilen (ICD-10: F 61) sowie multiplem Substanzgebrauch (ICD-10: F 19.1)“ leidet und zum Zeitpunkt der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Es hat die Prognose gestellt, dass der Angeklagte ohne Therapie aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung auch künftig „gewalttätige Straftaten von erheblichem Umfang“ (UA S. 13) begehen werde, und ihn deshalb nach § 63 StGB untergebracht.
- 4
- 2. Der Rechtsfolgenausspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 5
- a) Die Voraussetzungen des § 63 StGB werden durch die Urteilsfeststellungen nicht hinreichend belegt. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf einer besonders sorgfältigen Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maßnahme darstellt. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
- 6
- Die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung leide, findet in den Urteilsgründen keine Stütze. Das Urteil teilt schon nicht mit, ob es damit der Diagnose des eher beiläufig erwähnten Sachverständigen folgt. Es werden auch keinerlei Anknüpfungs- und Befundtatsachen des Sachverständigen wiedergegeben, die es dem Senat ermöglichen würden, die gestellte Diagnose nachzuvollziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 397/08, NStZ-RR 2009, 45; Urteil vom 19. Februar 2008 – 5 StR 599/07). Daran ändert der Umstand nichts, dass der Angeklagte mit ähnlichen Diagnosen bereits mehrfach stationär psychiatrisch behandelt wurde. Schließlich ist auch zu besorgen, dass das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise davon ausgegangen ist, bereits die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung gemäß ICD-10: F 61 führe ohne weiteres zur Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Denn das Urteil nimmt insoweit keinerlei wertende Betrachtung des Schweregrads der Störung und ihrer Tatrelevanz vor (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 494/12, BGHR StGB § 20 seelische Abartigkeit 6 Rn. 9 mwN).
- 7
- b) Der Senat hebt auch die Strafen einschließlich der diesen und der Maßregelentscheidung zugrundeliegenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht eine in sich stimmige Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen. Eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten vermag der Senat auszuschließen.
- 8
- 3. Der Senat weist darauf hin, dass das neue Tatgericht auch zu prüfen haben wird, ob mit der am 15. Februar 2013 durch das Amtsgericht Burg verhängten Geldstrafe nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist; hierbei kommt es gegebenenfalls auf den Vollstreckungsstand zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils an. Bei der Strafrahmenwahl wird die gebotene Prüfungsreihenfolge (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 – 4 StR 430/12, NStZ-RR 2013, 168; Beschluss vom 21. November 2007 – 2 StR 449/07, NStZ-RR 2008, 105) einzuhalten sein.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
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Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Maßregelausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. März 2006.
- 3
- 2. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 4
- Allerdings begegnet das angefochtene Urteil keinen rechtlichen Bedenken , soweit das Landgericht - darin dem gehörten psychiatrischen Sachverständigen folgend - angenommen hat, dass der Angeklagte die Raubtat in einem durch eine schizoaffektive Psychose oder paranoid-halluzinatorische Schizophrenie bedingten, nicht nur vorübergehenden Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat. Weiter setzt die Unterbringungsanordnung nach der Rechtsprechung jedoch voraus, dass die Gefährlichkeit des Täters in einem symptomatischen, kausalen Zusammenhang mit dem die Anlasstat verursachenden oder mitverursachenden Defektzustand im Sinne der §§ 20, 21 StGB steht. Der gefährliche Zustand des Täters muss danach dergestalt in der Anlasstat seinen Ausdruck finden, dass auch die für die Zukunft zu erwartenden Taten sich als Folgewirkung eben dieses Zustandes darstellen , weil nur dann die Anlasstat Indizwirkung für die Gefährlichkeitsprognose entfalten kann (st. Rspr.; BGH NJW 1998, 2986; NStZ-RR 1998, 174; BGHR StGB § 63 Tat 4).
- 5
- Ein solcher kausaler, symptomatischer Zusammenhang zwischen der diagnostizierten Störung und der abgeurteilten Raubtat, bei der der Angeklagte dem geschädigten Juwelier unter Bedrohung mit einer mit Schalldämpferattrappe versehenen Spielzeugpistole und nach einem Faustschlag ins Gesicht einen wertvollen Ring entwendete, ist nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht erkennbar. Das Landgericht ist dem Angeklagten zwar darin gefolgt, der eigentliche Grund, weshalb er am Tattag das Juweliergeschäft aufgesucht habe , sei gewesen, dass er "Stimmen" gehört habe, die ihm befohlen hätten zu verhindern, dass der Geschädigte ein in dem Laden befindliches Madonnenbild verkauft (UA 4). Dass diese "überwertige Idee" (UA 8) sich auf den Entschluss, den Ring zu rauben, ausgewirkt haben kann, ist jedoch nicht dargetan und versteht sich auch nicht von selbst.
- 6
- Über die Maßregelanordnung ist deshalb neu zu entscheiden. Dabei wird der neue Tatrichter, sofern er erneut zur Anordnung nach § 63 StGB gelangt, auch Gelegenheit haben, die im angefochtenen Urteil im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose lediglich pauschal mitgeteilten „deutlichen fremdaggressiven Tendenzen“, die der Angeklagte gezeigt habe (UA 11), näher zu konkretisieren. Dessen hätte es hier schon deshalb bedurft, weil der Angeklagte bisher nicht durch Gewaltdelikte in Erscheinung getreten ist.
- 7
- Im Übrigen weist der Senat für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass die gebotene Aufhebung der den Maßregelausspruch betreffenden "zugehörigen" Feststellungen auch die der Schuldfähigkeitsbeurteilung durch das Landgericht zu Grunde liegenden Feststellungen erfasst (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar 2004 - 4 StR 539/03). Ungeachtet deren Doppelrelevanz bleibt der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils hiervon jedoch unberührt. Denn eine vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit scheidet hier von vornherein aus; durch die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB ist der Angeklagte bei der Strafzumessung aber nicht beschwert (vgl. Senatsbeschluss aaO). Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
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Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Nach den Feststellungen suchte der zum Tatzeitpunkt 39 Jahre alte, vielfach auch wegen Körperverletzungsdelikten vorbestrafte Angeklagte am 27. Dezember 2011 die Wohnung seiner Eltern auf und forderte von seiner Mutter u.a. die sofortige Herausgabe von 50 Euro. Als seine Mutter ihm daraufhin mitteilte, dass sie den geforderten Betrag nicht im Hause habe, schlug er unvermittelt mit der Faust auf sie ein und trieb sie unter weiteren heftigen Faustschlägen durch die Wohnung. Dabei wiederholte er mehrfach seine Geldforderung. Als der schwerbehinderte Vater des Angeklagten versuchte, seiner Ehefrau zu helfen, schlug der Angeklagte ihm mehrfach auf den Kopf. Die Mutter des Angeklagten erlitt durch die Gewaltanwendungen erhebliche Verletzungen, u.a. ein subdurales Hämatom, eine Nasenbein- und eine Rippenfraktur, während sein Vater keine behandlungsbedürftigen Verletzungen davontrug.
- 3
- Das sachverständig beratene Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte an einer „kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen narzisstischen Anteilen (ICD-10: F 61) sowie multiplem Substanzgebrauch (ICD-10: F 19.1)“ leidet und zum Zeitpunkt der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Es hat die Prognose gestellt, dass der Angeklagte ohne Therapie aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung auch künftig „gewalttätige Straftaten von erheblichem Umfang“ (UA S. 13) begehen werde, und ihn deshalb nach § 63 StGB untergebracht.
- 4
- 2. Der Rechtsfolgenausspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 5
- a) Die Voraussetzungen des § 63 StGB werden durch die Urteilsfeststellungen nicht hinreichend belegt. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf einer besonders sorgfältigen Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maßnahme darstellt. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
- 6
- Die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung leide, findet in den Urteilsgründen keine Stütze. Das Urteil teilt schon nicht mit, ob es damit der Diagnose des eher beiläufig erwähnten Sachverständigen folgt. Es werden auch keinerlei Anknüpfungs- und Befundtatsachen des Sachverständigen wiedergegeben, die es dem Senat ermöglichen würden, die gestellte Diagnose nachzuvollziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 397/08, NStZ-RR 2009, 45; Urteil vom 19. Februar 2008 – 5 StR 599/07). Daran ändert der Umstand nichts, dass der Angeklagte mit ähnlichen Diagnosen bereits mehrfach stationär psychiatrisch behandelt wurde. Schließlich ist auch zu besorgen, dass das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise davon ausgegangen ist, bereits die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung gemäß ICD-10: F 61 führe ohne weiteres zur Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Denn das Urteil nimmt insoweit keinerlei wertende Betrachtung des Schweregrads der Störung und ihrer Tatrelevanz vor (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 494/12, BGHR StGB § 20 seelische Abartigkeit 6 Rn. 9 mwN).
- 7
- b) Der Senat hebt auch die Strafen einschließlich der diesen und der Maßregelentscheidung zugrundeliegenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht eine in sich stimmige Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen. Eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten vermag der Senat auszuschließen.
- 8
- 3. Der Senat weist darauf hin, dass das neue Tatgericht auch zu prüfen haben wird, ob mit der am 15. Februar 2013 durch das Amtsgericht Burg verhängten Geldstrafe nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist; hierbei kommt es gegebenenfalls auf den Vollstreckungsstand zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils an. Bei der Strafrahmenwahl wird die gebotene Prüfungsreihenfolge (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 – 4 StR 430/12, NStZ-RR 2013, 168; Beschluss vom 21. November 2007 – 2 StR 449/07, NStZ-RR 2008, 105) einzuhalten sein.
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