Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 4 StR 58/18

bei uns veröffentlicht am19.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 58/18
vom
19. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechung
ECLI:DE:BGH:2018:191218B4STR58.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 28. Juni 2017
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte der Bestechung in vier Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechung unter Einbeziehung zweier Strafen aus einer weiteren Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und drei Monate davon für vollstreckt erklärt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. a) Der Angeklagte war Mitgesellschafter der Z. GmbH (fortan auch: Z. ). Diese unterhielt im Landkreis an den Standorten und zwei Tongruben, die nach dem Abbau des Tons mit Abfallstoffen verfüllt wurden. Außerdem betrieb sie in eine Anlage zum Lagern und Behandeln von Abfällen sowie in der ebenfalls zum Landkreis gehörenden Gemeinde – ab 2006 über eine Gesellschaftsbeteiligung – eine Bauschuttrecycling- und Sortieranlage für Baustellenmischabfälle.
4
b) Der gesondert Verfolgte S. , dem mehrere Autohäuser gehörten, wollte im Jahr 2005 Anteile an der Z. erwerben. Nachdem die Anteilsübertragung zum Jahresende am Widerspruch eines Mitgesellschafters gescheitert war, erhielt S. als Ausgleich eine Abfindung in Höhe von insgesamt 5 Millionen Euro.
5
c) Der gesondert Verfolgte X. war Landrat des Landkreises , der für das Kreisgebiet unter anderem als untere Abfall- sowie (ab 2005) als untere Immissionsschutzbehörde zuständig war.
6
2. Im Jahr 2005 erklärte sich der gesondert Verfolgte X. gegenüber dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten S. bereit, die Verwaltungsvorgänge innerhalb des Landkreises zugunsten der Z. zu beeinflussen und die Mitarbeiter der Kreisverwaltung insbesondere zu einer zeitnahen und positiven Bescheidung gestellter Anträge sowie dazu anzuhalten, bei der Sachbearbeitung zugunsten der Z. rechtliche Vorgaben zu missachten und Anhaltspunkte für einen vorschriftswidrigen Betrieb ihrer Anlagen und eine umweltschädliche Verwertung der Abfallstoffe in ihren Tongruben zu übergehen. Als Gegenleistung für seine Einflussnahmen sollte X. von dem Angeklagten und S. „im Einzelnen zunächst nicht konkretisierte finanzielle und materielle Vorteile“ erhalten (UA 29). Der Angeklagte vereinbarte mit S. , dass er ihm die von ihm an X. erbrachten Zuwendungen entweder erstatten oder mit den Kosten eines gemeinsam unterhaltenen Pferdes verrechnen werde.
7
3. Entsprechend seiner Zusage nahm X. als Landrat in den Jahren 2005 bis 2008 zugunsten der Z. wiederholt auf die Sachbearbeitung der Kreisverwaltung Einfluss und veranlasste dabei die ihm unterstellten Mitarbeiter des Kreises, ihre Dienstpflichten zu verletzten.
8
a) In der Zeit bis zum 2. August 2005 bedrängte er die zuständige Sachbearbeiterin des Kreises, einem am 22. Juli 2005 gestellten Antrag der Z. auf Genehmigung der Zwischenlagerung aufbereiteter Abfälle aus der Anlage in stattzugeben. Aufgrund seiner Einflussnahme bewilligte die Sachbearbeiterin bereits am 2. August 2005 unter Verstoß gegen Vorgaben aus einer Rundverfügung des L. den Antrag: Sie hatte zuvor nicht geprüft, ob eine anderweitige Entsorgung der Abfälle möglich war. Ebenso stellte sie nicht sicher, dass die Zwischenlagerung auf ein Jahr beschränkt war. Auch verzichtete sie auf einen Nachweis für den späteren Verbleib der Abfälle sowie auf die Festsetzung einer Sicherheitsleistung.
9
b) Ende Mai 2006 beantragte die Z. beim Landkreis , eine wesentliche Änderung ihrer in betriebenen Anlage zu genehmigen (Erhöhung des jährlichen Durchsatzes von 50.000 auf 400.000 Tonnen ; Zulassung weiterer Abfallarten). Aufgrund des Drängens X. auf eine schnelle und positive Entscheidung erließ die Sachbearbeiterin am 4. August 2006 eine Teilgenehmigung (jährlicher Durchsatz von 360.000 Tonnen), ohne zuvor die damit verbundenen Auswirkungen zu prüfen und die im Genehmigungsverfahren vorgesehenen fachlichen Stellungnahmen einzuholen. Die endgültige Genehmigung erteilte die Kreisverwaltung am 28. November 2006. Aufgrund der Einflussnahmen X. unterblieb dabei die nähere Definition einer bestimmten Abfallart im Bescheid, obwohl diese Konkretisierung durch einen Runderlass des L. für die betreffende Abfallsorte vorgeschrieben war. Auf Veranlassung X. überprüfte die Kreisverwaltung in der Folge nicht, ob die Z. die in einer Nebenbestimmung des Bescheids geforderten Nachweise „der ordnungsgemäßen, schadlosen und allgemeinwohlverträglichen Entsorgungswege“ (UA 48) erbrachte.
10
c) Im September 2006 ersuchte das La. den Landkreis um eine fachliche Stellungnahme zu einem im August 2006 von der Z. gestellten Antrag auf Zulassung eines Sonderbetriebsplans für die Tongrube . Unter dem Druck X. unterließen die mit der Stellungnahme befassten Sachbearbeiter eine für das Zulassungsverfahren wesentliche Konkretisierung der Parameter für die in der Planung vorgesehenen Verfüllstoffe. Ihre erheb- lichen Bedenken gegen die rechtliche Zulässigkeit der Verfüllung der Tongrube mit einer der im Zulassungsantrag genannten Abfallsorten nahmen die Sachbearbeiter auf X. Betreiben in ihre fachliche Stellungnahme nicht auf.
11
d) Ab Dezember 2006 meldeten verschiedene Behörden (u.a. dasSt. , das L. und die Bürgermeisterin der Gemeinde ) dem Landkreis ein – tatsächlich erfolgtes – Verfüllen der in belegenen Tongrube und ein Aufschütten der Lagerflächen der dortigen Anlage jeweils mit „biologisch aktiven“ Abfällen. Eine Ende März 2007 vom Leiter des Sachgebiets Immissionsschutz durchgeführte Kontrolle der Kreisverwaltung verdichtete den Verdacht einer umweltschädlichen Verfüllung der Tongrube mit falsch deklarierten Abfällen sowie deren Lagerung auf dem Gelände der Anlage. Daraufhin veranlasste X. die ihm nachgeordneten Mitarbeiter der Kreisverwaltung, die aufgrund dieser Sachlage rechtlich gebotenen und in die Zuständigkeit des Landkreises fallenden abfall- und immissionsschutzrechtlichen Überwachungs- und Eingriffsmaßnahmen zu unterlassen. Er sorgte zudem dafür, dass Auskunftsersuchen anderer Behörden, u.a. der Staatsanwaltschaft , dahin beantwortet wurden, dass die Behandlung und Verwertung der Abfälle durch die Z. regel- und umweltgerecht erfolgen würde.
12
Nachdem er Ende Oktober 2007 davon erfahren hatte, dass die Untersuchungen des Lan. an der Tongrube deren Verfüllung mit umweltschädlichen Abfällen belegten, wirkte X. auf die Sachbearbeiter seiner Behörde dahin ein, die rechtlich gebotenen und von ihnen beabsichtigten abfallrechtlichen Anordnungen gegenüber der Z. zu unterlassen.
13
Im März 2008 wies das L. den Landkreis im Rahmen der Fachaufsicht an, unverzüglich Verfahren zur Stilllegung der Anlagen in und einzuleiten. Zeitgleich nahm das La. die Betriebsplanzulassung für den Tontagebau unter Anordnung der sofortigen Vollziehung teilweise zurück.
14
4. Als Gegenleistungen für seine Einflussnahmen gewährten der Angeklagte und – aufgrund ihrer internen Erstattungs- bzw. Verrechnungsabrede – der gesondert Verfolgte S. dem gesondert Verfolgten X. in den Jahren 2005 bis 2008 wiederholt Zuwendungen, auf welche dieser keinen Anspruch hatte.
15
a) In der Zeit vom 13. September bis zum 18. November 2005 überließ S. dem gesondert Verfolgten X. vorübergehend 10.000 Euro zum Ausgleich seiner überzogenen Bankkonten.
16
b) Im November 2005 übereignete S. der Ehefrau X. nach gesonderter Abstimmung mit dem Angeklagten einen Pkw der Marke Skoda, wobei er auf den im Kaufvertrag vereinbarten Barzahlungsanteil von 10.000 Euro verzichtete.
17
c) Im Januar 2006 übernahm der Angeklagte Bewirtungskosten für X. in Höhe von 40 Euro.
18
d) Im Dezember 2006 sowie im Zeitraum von März bis Mai 2007 überließ S. dem gesondert Verfolgten X. bei mehreren Gelegenheiten unentgeltlich verschiedene Kraftfahrzeuge zur freien Nutzung über mehrere Tage.
19
e) Bei Abschluss eines kreditfinanzierten Kaufvertrags für einen Audi A6 im August 2007 sagte S. dem gesondert Verfolgten X. zu, gemeinsam mit dem Angeklagten die im September 2010 fällig werdende Schlussrate über rund 31.700 Euro zu übernehmen. Außerdem händigte er X. 25.000 Euro Bargeld aus.
20
f) Im Mai 2008 übergab S. weitere 20.000 Euro in bar an X. ; zuvor hatte der Angeklagte das Geld zu diesem Zweck aus der Schweiz beschafft.

II.


21
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
22
1. Den auf eine Verletzung des § 261 StPO gestützten Verfahrensbeanstandungen bleibt der Erfolg versagt. Vergeblich rügt der Angeklagte, das Landgericht habe seiner Überzeugungsbildung Angaben des gesondert Verfolgten S. aus dessen früheren Vernehmungen sowohl hinsichtlich der kurzfristigen Überlassung von 10.000 Euro als auch der Übereignung des Pkw Skoda mit einem anderen als dem durch die abgespielten Tonband- und Videoaufzeichnungen in die Hauptverhandlung eingeführten Inhalt zugrunde gelegt.
23
Dabei kann dahinstehen, ob die Rügen schon deshalb unzulässig sind, weil die Revision die Tonband- und Videoaufzeichnungen nicht vorlegt, sondern ihrem Beschwerdevorbringen eine von der Verteidigung angefertigte „Transkrip- tion“ zugrunde legt. Ebenso braucht nicht entschieden zu werden, obund unter welchen Voraussetzungen die Überprüfung eines Aussageinhalts anhand einer in die Hauptverhandlung eingeführten Tonband- oder Videoaufzeichnung der revisionsrechtlichen Prüfung entzogen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 15. April 2003 – 1 StR 64/03, BGHSt 48, 268, 273). Denn die Rügen sind jedenfalls unbegründet.
24
a) Hinsichtlich der früheren Aussagen S. zur Übereignung des Pkw Skoda räumt die Revision selbst ein, das Landgericht habe den Inhalt dieser Aussagen im Urteil „bei isolierter Betrachtung zutreffend wiedergegeben“.
25
b) Auch in Bezug auf die kurzzeitige Überlassung der 10.000 Euro zeigt die Revision keinen Verstoß gegen § 261 StPO auf. Die Urteilsgründe weisen vielmehr aus, dass S. , worauf die Revision abstellt, die Geschehnisse in seinen früheren Aussagen in einen anderen zeitlichen Kontext als in seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung gestellt hatte. Dass das Landgericht die Zeitangaben S. nicht im Einzelnen dargelegt und ihnen mit Blick auf den inzwischen eingetretenen Zeitablauf und andere, auch urkundliche Beweismittel keine erhebliche Bedeutung zugemessen hat, stellt keinen Rechtsfehler im Sinne des § 261 StPO dar; einen anderen, gegenüber den eingeführten Aussagen unrichtigen Inhalt geben die Urteilsgründe dadurch nicht wieder.
26
2. Auf Sachrüge hält die Verurteilung des Angeklagten wegen Bestechung revisionsrechtlicher Prüfung nicht in vollem Umfang stand, weil ihr eine fehlerhafte konkurrenzrechtliche Bewertung zugrunde liegt. Entgegen der Annahme des Landgerichts stellen die mehrfachen Vorteilsgewährungen an X. für den Angeklagten vier selbständige Straftaten der Bestechung im Sinne des § 334 StGB dar.
27
a) Es begegnet keinen Bedenken, dass das Landgericht die auf der Grundlage der zwischen dem Angeklagten, X. und S. getroffenen Abreden erfolgten Vorteilsgewährungen an X. rechtlich als Bestechung im Sinne des § 334 StGB gewürdigt hat, weil ihm die Vorteile als Gegenleistung für seine Dienstpflichtverletzungen als Landrat überlassen wurden (vgl. dazu BGH, Urteile vom 27. Oktober 1960 – 2 StR 342/60, BGHSt 15, 217, 222 f.; vom 29. Februar 1984 – 2 StR 560/83, BGHSt 32, 290; vom 23. Oktober 2002 – 1 StR 541/01, BGHSt 48, 44, 46; vom 28. Oktober 2004 – 3 StR 460/03, NStZ 2005, 214, 215; vom 14. Februar 2007 – 5 StR 323/06, NStZ-RR 2008, 13, 14; vom 14. Oktober 2008 – 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 16 ff.).
28
b) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht jedoch sämtliche Vorteilsgewährungen an X. als nur einen Fall der Bestechung gewertet.
29
aa) Mehrere Vorteilsgewährungen stehen in der Regel zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit. Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn die Annahme des Vorteils auf eine Unrechtsvereinbarung zurückgeht, die den zu leistenden Vorteil genau festlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein. Dann liegt eine tatbestandliche Handlungseinheit vor, sofern nicht die Vorteilsgewährung "open-end"-Charakter trägt und der versprochene Vorteil von der künftigen Entwicklung abhängen soll (vgl. BGH, Urteile vom 14. November 2003 – 2 StR 164/03, NJW 2004, 693, 695; vom 19. Juni 2008 – 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300, 303; vom 6. September 2011 – 1 StR 633/10, NStZ 2012, 511, 512).
30
Einen solchen im Vorhinein genau festgelegten und lediglich in Teilleistungen erbrachten (Gesamt-)Vorteil weisen die Urteilsgründe nicht aus. Vielmehr hat das Landgericht für die im Jahr 2005 getroffene Unrechtsvereinbarung ausdrücklich festgestellt, dass es sich bei den versprochenen Gegenleistungen für X. Einflussnahmen um „im Einzelnen zunächst nicht konkretisierte finanzielle und materielle Vorteile“ handelte (UA 29).
31
bb) Dies führt vorliegend jedoch nicht dazu, dass sämtliche Vorteilsgewährungen an X. als jeweils rechtlich selbständige Bestechungshandlungen des Angeklagten abzuurteilen sind. Denn mit Ausnahme der übernommenen Bewirtungskosten erfolgten alle Vorteilsgewährungen unmittelbar durch den gesondert Verfolgten S. . Sie sind dem Angeklagten auf der Grundlage der einerseits mit X. getroffenen Unrechtsvereinbarung und andererseits der Innenabrede des Angeklagten mit S. nach Maßgabe des § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen.
32
(1) Ob mehrere Fälle einer Deliktserie tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, ist bei jedem der Mittäter gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur jeweils diese fördernden Tatbeitrag, sind ihm diese Taten als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Verlaufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als einheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die anderen Beteiligten die einzelnen Delikte tatmehr- heitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238; vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641; vom 19. November 2014 – 4 StR 284/14, NStZ-RR 2015, 41 [Ls]).
33
(2) Ausgehend hiervon verwirklichte der Angeklagte den Tatbestand der Bestechung im Sinne des § 334 StGB in vier rechtlich selbständigen Fällen: Hinsichtlich der übernommenen Bewirtungskosten (vgl. oben I.4.c)) führte (nur) der Angeklagte den unmittelbaren Tatbeitrag aus. Selbständige, die jeweiligen Einzeltaten des gesondert Verfolgten S. fördernde Tatbeiträge leistete der Angeklagte ansonsten nur bei der mit ihm abgesprochenen Übereignung des Pkw Skoda (vgl. oben I.4.b)) und bei der Hingabe der von ihm eigens zu diesem Zweck aus der Schweiz beschafften 20.000 Euro an X. im Mai 2008 (vgl. oben I.4.f)). Im Übrigen erschöpfte sich der Tatbeitrag des Angeklagten in der internen Abrede zum Ausgleich bzw. zur Verrechnung der Aufwendungen S. im Vorfeld der Bestechungen. Die allein durch diesen Beitrag geförderten Taten (vgl. oben I.4.a), d) und e)) sind dem Angeklagten als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2014 – 4 StR 284/14, Rn. 6 mwN).
34
c) Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit (§ 260 Abs. 4 Satz 5 StPO) entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. Angesichts der ausführlichen Beweiswürdigung und des erheblichen Zeitablaufs schließt der Senat aus, dass noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine andere konkurrenzrechtliche Bewertung rechtfertigten. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen.
35
3. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses führt zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil der Senat eine Beschwer des Angeklagten durch die unrichtige konkurrenzrechtliche Bewertung ungeachtet der maßvollen Strafe nicht gänzlich ausschließen kann. Der neue Tatrichter wird unter Beachtung des § 358 Abs. 2 StPO vier Einzelstrafen und eine Gesamtstrafe festzusetzen haben (vgl. LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 354 Rn. 33; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 354 Rn. 22). Die Kompensationsentscheidung bleibt hiervon unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 138).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Bartel

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BGHR: ja
BGHSt: ja zu II.3.
Veröffentlichung: ja
______________________
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früheren Vernehmung teilweise oder vollständige Akteneinsicht nehmen konnte.
Die Notwendigkeit zu einer ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung
kann sich nach Maßgabe der richterlichen Aufklärungspflicht ergeben (§
255a Abs. 2 Satz 2, § 244 Abs. 2 StPO). Die Beurteilung insoweit ist stets eine
Frage des Einzelfalles.
Ein Antrag auf ergänzende Vernehmung in der Hauptverhandlung ist nach den
Grundsätzen des Beweisantragsrechts zu behandeln, wenn der Zeuge zum
Beweis einer neuen Behauptung benannt ist, zu der er bei der aufgezeichneten
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BGH, Beschluß vom 15. April 2003 - 1 StR 64/03 - LG München I

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 64/03
vom
15. April 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2003 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30. August 2002 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und zweier versuchter Vergewaltigungen, begangen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern, sowie wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei weiteren Fällen unter Einbeziehung anderweitig verhängter Einzelstrafen zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten erhebt Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen mißbrauchte der Angeklagte die am 18. März 1987 geborene Ni. J. in der Zeit vom Winter 1994 bis zum Jahr 1996 in fünf Fällen. Die Geschädigte ist die Tochter eines Arbeitskollegen des Angeklagten, der diesem vorübergehend Unterkunft gewährt hatte. In dreien der Fälle versuchte der Angeklagte, mit seinem Glied
in die Scheide des sich wehrenden Kindes einzudringen, was ihm indes nur in einem Falle teilweise gelang. II. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. 1. Die Revision macht als absoluten Revisionsgrund eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes geltend (§ 338 Nr. 6 StPO, § 169 GVG). Sie beanstandet , daß während des Ausschlusses der Öffentlichkeit (gemäß § 171b GVG) nicht nur der Polizeibeamte S. als Zeuge vernommen und eine Bild-Ton-Aufzeichnung der polizeilichen Vernehmung der Geschädigten vom 11. Oktober 2001 mit dem Zeugen in Augenschein genommen wurde, sondern auch über die Vereidigung und Entlassung des Zeugen S. befunden, die Hauptverhandlung sodann unterbrochen und Termin zu ihrer Fortsetzung bestimmt worden ist. Die Rüge ist unbegründet. Beschränkt sich der Ausschluß der Öffentlichkeit auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt, wie hier die Dauer der (weiteren) Vernehmung eines Zeugen unter Einschluß einer Augenscheinseinnahme , so umfaßt er alle Verfahrensvorgänge, die mit der Vernehmung in enger Verbindung stehen oder sich aus ihr entwickeln und die daher zu diesem Verfahrensabschnitt gehören. Dazu zählt nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Entscheidung über die Vereidigung des Zeugen, die noch während des Ausschlusses der Öffentlichkeit vorgenommen werden kann (vgl. nur BGH NJW 1996, 2663). Nichts anderes kann aber für die Entlassung des Zeugen gelten. Soweit die Anordnung der Unterbrechung der Hauptverhandlung im Anschluß an die Zeugenvernehmung in Rede steht und die Öffentlichkeit währenddessen nicht wiederhergestellt war, ist denkgesetzlich auszuschließen,
daß das Urteil hierauf beruhen kann (vgl. Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 338 Rdn. 50b; siehe auch BGH NJW 1996, 138). Die Bestimmung des Termins zur Fortsetzung der Hauptverhandlung erfolgt zwar grundsätzlich in öffentlicher Hauptverhandlung. Sie unterfällt indessen nicht dem Schutz des Öffentlichkeitsgrundsatzes. Das ergibt sich schon daraus, daß der Fortsetzungstermin auch außerhalb der Hauptverhandlung verlegt werden kann und auch in jenem Falle der Schutz des Vertrauens in die Terminsankündigung am letzten voraufgegangenen Hauptverhandlungstag vom Öffentlichkeitsgrundsatz nicht erfaßt wird (BGH NStZ 1984, 134, 135). Handlungen, die auch außerhalb der Hauptverhandlung vorgenommen werden dürfen oder jedenfalls außerhalb der Hauptverhandlung in Abänderung von Anordnungen in der Hauptverhandlung ergehen dürfen, können auch im Rahmen der Hauptverhandlung während des Ausschlusses der Öffentlichkeit erledigt werden, ohne daß darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit liegt (vgl. BGH NStZ 2002, 106, 107). 2. Die Ablehnung des Beweisantrages, der auf die Vernehmung der Sa. J. als Zeugin gerichtet war, gefährdet den Bestand des Urteils nicht. Die Verteidigung erstrebte die Vernehmung dieser Zeugin, einer Cousine der Geschädigten, zum Nachweis dessen, daß ein von der Geschädigten behauptetes Gespräch über sexuelle Vorfälle mit ihr nicht stattgefunden habe, und daß die Geschädigte zu keinem Zeitpunkt - wie von ihr behauptet - während des Vollzugs des Geschlechtsverkehrs zwischen der benannten Zeugin und dem Angeklagten in das entsprechende Zimmer gekommen sei. Ziel dieses Antrages war es ersichtlich, generell die Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten zu erschüttern.
Der Revision ist einzuräumen, daß die Ablehnung des Antrages durch die Strafkammer mit der Begründung, es handele sich um Negativtatsachen, die nicht hinreichend bestimmt seien, hier nicht ohne weiteres tragfähig ist.
a) Der erste Teil der Beweisbehauptung - Nichtstattfinden eines Gesprächs der benannten Zeugin mit der Geschädigten - betraf freilich eine negative Beweistatsache, nicht jedoch nur ein Beweisziel, wie die Strafkammer zu meinen scheint (vgl. BGHSt 39, 251, 253 ff.). Da die Geschädigte eine Interaktion (hier ein Gespräch) mit Sa. J. geschildert hatte, hätte die benannte Zeugin aufgrund eigener Wahrnehmung bekunden können, ob ein solches Gespräch stattgefunden hat (vgl. BGH NStZ 2000, 267). Es lag also gerade keiner der Fälle vor, in denen aus der unmittelbaren Wahrnehmung der Beweisperson erst darauf geschlossen werden soll, daß ein weiteres Geschehen nicht stattgefunden habe. Die Beweisbehauptung konnte deshalb insoweit tauglicher Gegenstand des Zeugenbeweises sein (vgl. BGHSt 39, 251, 253 ff.). Die Strafkammer hat jedoch die Ablehnung ersichtlich auch auf die Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache gestützt. Sie hat ausgeführt, daß - sinngerecht verstanden - die Beweisbehauptung insoweit nicht geeignet sei, die Glaubwürdigkeit der Geschädigten in Zweifel zu ziehen und dies kurz begründet. Der Ablehnungsbeschluß ist grundsätzlich auslegungsfähig (vgl. BGHSt 1, 29, 32; Meyer-Goßner aaO § 24 Rdn. 4). Die Formulierung dieses Ablehnungsgrundes läßt noch hinreichend erkennen, daß die Strafkammer damit verdeutlichen wollte, sie werde den vom Beweisantragsteller gewünschten Schluß nicht ziehen. Damit hat sie den Antrag der Sache nach wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung abgelehnt. Das war auch für den Antragsteller erkennbar, der sich mithin darauf einstellen konnte.

b) Hinsichtlich des zweiten Behauptungsteils (die Geschädigte sei entgegen ihrer Aussage zu keinem Zeitpunkt ins Zimmer gekommen, während die benannte Zeugin mit dem Angeklagten den Geschlechtsverkehr ausgeübt habe ) ist die Verfahrensrüge nicht in zulässiger Form erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision teilt die polizeiliche Vernehmungsniederschrift zu den angeblich unzutreffenden Angaben der Geschädigten in dem hier entscheidenden Teil nicht vollständig mit. Die Geschädigte hatte in der in Bezug genommenen polizeilichen Vernehmung - was die Revision nicht vorträgt - auch ausgesagt , sie habe "nur ganz schnell reingeschaut" und dann "die Tür zugemacht" ; es habe "gewackelt", der Angeklagte habe "gestöhnt" (vgl. Bd. I Bl. 85 d.A.). Damit hat sie gerade nicht bekundet, was der unvollständige Revisionsvortrag nahelegen könnte, daß die benannte Zeugin ihre kurze Anwesenheit bemerkt hätte. Ob mit dem zweiten Teil der Beweisbehauptung eine dem unmittelbaren Zeugenbeweis zugängliche Tatsache unter Beweis gestellt oder nur ein Beweisziel bezeichnet wurde, hängt nach allem davon ab, ob die benannte Zeugin insoweit lückenlose eigene Wahrnehmungen gemacht haben konnte, was sich hier nicht von selbst verstand. Dies ist von den näheren Umständen, namentlich den Wahrnehmungsmöglichkeiten abhängig, wie sie sich aus der polizeilichen Aussage der Geschädigten in dem hier maßgeblichen Teil - die der Beweisantragsteller widerlegen wollte - erhellen. Die Strafkammer hat ihre Ablehnung auf die Erwägung gestützt, es seien keine konkreten Anhaltspunkte dafür dargetan, daß die Zeugin die kurze Anwesenheit der Geschädigten "in jedem Fall bemerkt hätte". Gerade deshalb war aber für einen vollständigen Vortrag der "den Mangel enthaltenden Tatsachen" die Mitteilung der Angaben der Geschädigten und auch der benannten Zeugin vor der Polizei erforderlich. Wäre das geschehen, hätte sich zudem ergeben, daß die Ablehnungsbegrün-
dung insoweit rechtlich sogar zutreffend war, insbesondere die Anforderungen des Landgerichts an die Beweisbehauptung der gegebenen Erkenntnislage entsprochen haben. Denn die von der Revision nicht mitgeteilten Bekundungen der Geschädigten bei der Polizei enthalten konkrete Hinweise darauf, daß die benannte Zeugin ein kurzes Hineinsehen der Geschädigten in das Zimmer gerade nicht wahrgenommen hatte. Es lag auch nicht nahe, daß demgegenüber die benannte Zeugin, dazu in der Hauptverhandlung befragt, plausibel hätte bekunden können, daß ihr ein solcher Vorgang nicht entgangen wäre. Die Kammer hat mit ihrer Ablehnungsbegründung zum Ausdruck gebracht , daß sie die aufgestellte negative Behauptung nach dem Wortlaut des Antrages und auf der Grundlage ihrer bisherigen Erkenntnis - nach den Grundsätzen von BGHSt 39, 251, 253 ff. - als Formulierung lediglich eines Beweiszieles gewertet hat. Die Angaben der Geschädigten und der benannten Zeugin vor der Polizei waren gerade im Blick darauf unerläßliche Voraussetzung für die revisionsgerichtliche Überprüfung des Ablehnungsbeschlusses. Soweit in der Begründung des Beweisantrages zu dessen zweitem Teil erwähnt wird, die Geschädigte habe sich zu den entsprechenden Zeitpunkten (zu denen Sa. J. mit dem Angeklagten Geschlechtsverkehr hatte) nicht in der Wohnung aufgehalten, war auch dies - ohne weitere Behauptung unmittelbarer Wahrnehmungen der benannten Zeugin hierzu - beweisantragsrechtlich kein tauglicher Gegenstand des Zeugenbeweises, sondern nur die Angabe eines Beweiszieles (vgl. BGHSt 39, 251, 253 ff.). 3. Die Ablehnung des Antrages auf ergänzende Vernehmung der Geschädigten in der Hauptverhandlung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

a) Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde: Die Strafkammer hat die Bild-Ton-Aufzeichnung der Vernehmung der Geschädigten durch die Ermittlungsrichterin in der Hauptverhandlung vorgeführt und dadurch die Vernehmung der Zeugin "ersetzt" (gemäß § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO; vgl. UA S. 12). Nach der Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung hat der Verteidiger des Angeklagten die ergänzende Vernehmung der Geschädigten beantragt: Er habe zwar mit dem Angeklagten an der Vernehmung der Geschädigten (audiovisuell ) teilgenommen. Ihm hätten jedoch die Ermittlungsakten zuvor nicht zur Einsicht vorgelegen, so daß er keine genaue Kenntnis von der vorangegangenen kriminalpolizeilichen Vernehmung der Geschädigten gehabt habe. Er habe deshalb keine Gelegenheit zur Konfrontation der Geschädigten "mit dem restlichen Akteninhalt" und mit einem Widerspruch zu deren polizeilicher Vernehmung vom 11. Oktober 2001 gehabt. Deshalb wolle die Verteidigung der Geschädigten nun vorhalten, daß sie vor der Polizei den Analverkehr verneint habe , während sie vor der Ermittlungsrichterin "von einem versuchten Eindringen" in den Po berichtet habe. Der Geschädigten solle die ergänzende Frage gestellt werden, ob "der F. (der Angeklagte) nur bei ihr unten rein wollte, oder auch in den Po", und was sie zu dem Widerspruch zwischen den Aussagen sage. Darüber hinaus müsse der Geschädigten vorgehalten werden, daß die Großmutter ausgesagt habe, die Schlafzimmertür habe immer offen gestanden und sie habe den von der Geschädigten geschilderten "dritten Vorfall" bemerken müssen. Der Geschädigten, die in ihrer richterlichen Vernehmung angegeben habe, die Schlafzimmertür sei (während eines der Vorfälle) geschlossen gewesen, solle deshalb die Frage gestellt werden, was sie zur Aussage der Großmutter sage.
Das Landgericht hat den Antrag auf ergänzende Vernehmung abgelehnt. Hinsichtlich der Frage eines versuchten Analverkehrs bestehe der behauptete Widerspruch nicht. Die Geschädigte sei in der polizeilichen Vernehmung nicht ausdrücklich danach gefragt worden; eine detaillierte Befragung dazu sei erst in der richterlichen Vernehmung erfolgt. Aus der Aussage der Großmutter ergebe sich ebenfalls kein aufzuklärender Widerspruch zu der Aussage der Geschädigten. Die Großmutter habe bekundet, "sie lasse grundsätzlich ihre Schlafzimmertüre offen"; sie habe keine Angaben dazu machen können, ob die Tür, wie von der Geschädigten behauptet, in der Tatnacht offen gestanden habe.
b) Die Revision meint, die Ablehnung sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil Verteidiger und Angeklagter mangels vorheriger Akteneinsicht bei ihrer Teilnahme an der aufgezeichneten richterlichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren der Geschädigten keine Vorhalte aus ihrer polizeilichen Vernehmung hätten machen können; zu einer sachgerechten Mitwirkung seien sie deshalb bei jener Vernehmung nicht in der Lage gewesen. Mit diesem grundsätzlichen Einwand dringt die Revision nicht durch. Bei der rechtlichen Beurteilung ist zwischen der Zulässigkeit der vernehmungsersetzenden Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO und der Pflicht zur ergänzenden Vernehmung des Zeugen aus § 244 Abs. 2 und 3 StPO (i.V.m. § 255a Abs. 2 Satz 2 StPO) zu unterscheiden. aa) Nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO kann die Vernehmung eines Zeugen in der Hauptverhandlung durch die Vorführung einer Bild-TonAufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an ihr mitzuwirken. Die Zulässigkeit der Vorführung ist nach dem Gesetz nicht von einer vorheri-
gen - ganz oder teilweise gewährten - Akteneinsicht abhängig. Diese ist anderweit näher geregelt und unterliegt besonderen Voraussetzungen und gegebenenfalls auch Einschränkungen (vgl. § 147 StPO). Allerdings wird es sich aus verfahrenspraktischen Erwägungen zumeist als sinnvoll erweisen, dem Verteidiger vor seiner Mitwirkung an der aufzuzeichnenden Vernehmung möglichst weitgehend Akteneinsicht zu gewähren. Mit der in Rede stehenden Regelung werden Zwecke des Zeugen- und Opferschutzes verfolgt (Vermeidung einer sog. sekundären Viktimisierung; siehe auch § 58a StPO). Zugleich soll der Garantie des Fragerechts des Beschuldigten gegenüber dem Belastungszeugen Rechnung getragen werden (Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK; vgl. BGHSt 46, 93 m.w.N. aus der Rspr. des EGMR). Das Gesetz (§ 255a Abs. 2 Satz 1 StPO) verlangt für die vernehmungsersetzende Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung indessen nicht, daß der Verteidiger vor seiner Mitwirkung an der aufgezeichneten Vernehmung Akteneinsicht nehmen oder die Niederschrift einer vorangegangenen polizeilichen Vernehmung des Zeugen einsehen konnte (vgl. Weigend, Gutachten C DJT 1998, S. 63, 64; siehe auch Bittmann DRiZ 2001, 112, 120; kritisch: Beulke ZStW Bd. 113 <2001> S. 709, 713 f.; Schünemann StV 1998, 391, 400; Schlothauer StV 1999, 47, 49). Für die „Vernehmungsersetzung“ ist die "Gelegenheit zur Mitwirkung" ausreichend. Dazu wird der Verteidiger allerdings regelmäßig - falls möglich - auch die Gelegenheit haben müssen, sich vor der Vernehmung mit dem Beschuldigten zu besprechen (vgl. BGHSt 46, 93). Das Fragerecht (Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK) selbst ist durch das etwaige Unterbleiben einer vorherigen Akteneinsicht nicht verletzt; es wird durch die Gelegenheit zur Teilnahme an der aufgezeichneten Vernehmung und zur Befragung der Beweisperson gewahrt. In seinen Gewährleistungsbereich fällt nicht, daß es auf der Grundlage der Kenntnis des aktuellen Standes der Ermittlungen ausgeübt wird. Ein
dahingehendes Verständnis würde die Regelung des Akteneinsichtsrechts mit ihrer den Untersuchungszweck sichernden Versagungsmöglichkeit und das Beweissicherungsinteresse, mithin das allgemeine Aufklärungs- und Wahrheitsfindungsinteresse nicht hinreichend berücksichtigen. Es fände auch in der Gesetzgebungsgeschichte zu § 255a StPO keine Stütze. Daß es bei der Vernehmungsersetzung nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO deshalb zu einer Einschränkung der "Konfrontationsmöglichkeiten" der Verteidigung kommen kann, ist wegen des zeugen- und opferschützenden Anliegens der Regelung hinzunehmen (vgl. BGHSt 46, 93, 96). Das alles ändert freilich nichts daran, daß es je nach Lage des Einzelfalles sowohl unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Fürsorge als auch dem der sachgerechten Förderung des Verfahrens mit Blick auf eine etwaige spätere Hauptverhandlung meist sinnvoll sein wird, dem Verteidiger zuvor die Niederschrift einer vorangegangenen Vernehmung derselben Aussageperson und auch die sonst bis dahin angefallenen Ermittlungsergebnisse offenzulegen , um so seine Möglichkeiten zu verbessern, verteidigungsgerechte Fragen zu stellen und Vorhalte anzubringen. Ist die Gewährung von Akteneinsicht im Blick auf eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht angezeigt (vgl. § 147 Abs. 2 StPO) oder sonst aus praktischen Gründen etwa allenfalls begrenzt möglich, beispielsweise weil der schnellen Beweissicherung Vorrang eingeräumt wird, so steht auch dies der Ersetzung der Vernehmung in der Hauptverhandlung durch das Vorführen der Aufzeichnung grundsätzlich nicht entgegen. bb) Der Aufklärungspflicht des erkennenden Richters in der Hauptverhandlung kommt bei einer Vernehmungsersetzung allerdings erhöhte Bedeutung zu. Eine ergänzende Vernehmung in der Hauptverhandlung wird sich oft aufdrängen, wenn nach der aufgezeichneten Vernehmung weitere Beweiser-
gebnisse angefallen sind, die mit den Angaben des Zeugen in wesentlichen Punkten nicht im Einklang stehen oder sonst klärungsbedürftige weitere Fragen aufwerfen (§ 255a Abs. 2 Satz 2, § 244 Abs. 2 StPO; vgl. Diemer NJW 1999, 1667, 1675; Schlüchter/Greff, Kriminalistik 1998, 530, 534). In praktischer Hinsicht wird - unter dem Zeugenschutzaspekt der Regelung - die Wahrscheinlichkeit des Erfordernisses einer ergänzenden Vernehmung steigen, wenn der Verteidiger vor der aufgezeichneten Vernehmung keine Akteneinsicht hatte. Denn er kann dazu beitragen, schon zu einem frühen Zeitpunkt auch den aus seiner Sicht klärungsbedürftigen Fragen nachzugehen, die sich in ihrer Bedeutung sonst möglicherweise erst in der Hauptverhandlung erhellen. Unterbleiben bei der aufgezeichneten Vernehmung Vorhalte und Fragen, die sich später für den Tatrichter als aufklärungspflichtig erweisen, wird die ergänzende Vernehmung oft zwingend sein. Sie kann dann möglicherweise auch in der Hauptverhandlung als audio-visuelle Vernehmung geführt werden (§ 247a StPO). cc) Für die Bescheidung eines Antrags auf ergänzende Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung ist in der Regel jedenfalls dann, wenn Angeklagter und Verteidiger bei der gemäß § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO durchgeführten ermittlungsrichterlichen Zeugenvernehmung mitgewirkt haben - nur diese Fallgestaltung ist hier zu entscheiden - nicht § 244 Abs. 3 StPO, sondern § 244 Abs. 2 StPO heranzuziehen. Da die Vorführung der aufgezeichneten Vernehmung (§ 255a Abs. 2 Satz 1 StPO) in der Hauptverhandlung die Vernehmung des Zeugen "ersetzt", ist diese Vernehmung grundsätzlich so zu behandeln , als sei der Zeuge in der Hauptverhandlung selbst gehört worden. Für die Stellung eines Beweisantrages auf ergänzende (nochmalige) Vernehmung gelten deshalb dieselben Maßstäbe wie bei einem Antrag auf wiederholte Vernehmung eines in der Hauptverhandlung bereits vernommenen Zeugen (BGH
StV 1995, 566; zustimmend Rieß StraFo 1999, 1, 5; Schlothauer StV 1999, 47, 49; Boetticher in Sonderheft für Gerhard Schäfer 2002, 8, 15 f.). dd) Dies hat zur Folge, daß grundsätzlich mit der Revision nicht beanstandet werden kann, dem Zeugen seien bestimmte Fragen nicht gestellt worden. Denn das liefe auf die Behauptung hinaus, ein Beweismittel sei nicht ausgeschöpft worden. Dem geht das Revisionsgericht grundsätzlich nicht nach, weil das einer teilweisen inhaltlichen Rekonstruktion der tatrichterlichen Beweisaufnahme gleichkäme, die dem System des Revisionsverfahrens nicht entspräche. Das gilt auch für die aufgezeichnete Vernehmung: Es widerstritte der Aufgabenverteilung zwischen Tatgericht und Revisionsgericht, wäre das Revisionsgericht in solchen Fällen gehalten, sich die Aufzeichnung selbst anzusehen und etwa daraufhin zu bewerten, ob die Beweisperson dies oder jenes so oder anders gesagt, ausgedrückt oder gemeint hat, und ob die vorangegangene Frage in diese oder jene Richtung ging. Es liegt auf der Hand, daß damit oft auch tatsächliche Wertungen zur Beweiswürdigung verlangt wären, die vorzunehmen nicht Aufgabe des Revisionsrichters ist. ee) Danach ist es zunächst stets eine Frage der Aufklärungspflicht, ob ein bereits vernommener Zeuge - wenn auch im Wege der "Ersetzung" nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO - nochmals ergänzend zu vernehmen ist. Die Aufklärungspflicht wird indessen nicht unmittelbar und von Rechts wegen, sondern allenfalls mittelbar in verfahrenspraktischer Hinsicht von dem Gesichtspunkt mitbestimmt, ob und inwieweit die Teilnahme- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Verteidigung bei der ersetzenden Vernehmung eingeschränkt waren. Entscheidend ist insoweit allein, ob aus Sicht des erkennenden Richters in der Hauptverhandlung - auf diesen Zeitpunkt kommt es an - bei der aufgezeichneten und vorgespielten Vernehmung Vorhalte und Fragen zu wesentlichen, auf-
klärungsbedürftigen Punkten unterblieben sind und sich deshalb auch im Blick auf die Beweislage im übrigen die ergänzende Vernehmung aufdrängt. Stets ist die Beurteilung eine Frage des Einzelfalles. Wird der Zeuge zum Beweis einer neuen Behauptung benannt, zu der er bei der aufgezeichneten und vorgeführten Vernehmung noch nicht gehört werden konnte, so kann eine ergänzende Vernehmung unabweisbar geboten sein. Insofern gilt nichts anderes als für den in der Hauptverhandlung bereits vernommenen und entlassenen Zeugen (vgl. dazu BGH StV 1995, 566); denn in solchen Fällen wird nicht nur die Wiederholung einer Beweiserhebung erstrebt. Bei dieser Fallgestaltung ist ein dahingehender Antrag deshalb nach den Grundsätzen des Beweisantragsrechts zu behandeln.
c) Der Ablehnungsbeschluß des Landgerichts begegnet nach allem keinen rechtlichen Bedenken. Unter den gegebenen Umständen zielte der abgelehnte Antrag lediglich auf eine teilweise Wiederholung der Vernehmung ab. Er ist deshalb am Maßstab der richterlichen Aufklärungspflicht zu messen, die nicht verletzt ist. Die von der Revision und zuvor von der Verteidigung in ihrem Antrag aufgegriffenen Sachverhaltspunkte waren bereits Gegenstand der vorgeführten ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Geschädigten sowie der ebenfalls eingeführten polizeilichen Vernehmung gewesen. Es ging um einen Vorhalt und eine Frage, die nichts grundlegend Neues beinhalteten. Eine neu zu Tage getretene Erkenntnis, die bei der vorgeführten Vernehmung noch nicht bekannt gewesen, nun aber zu ergänzender Vernehmung gedrängt hätte, stand nicht in Rede. Die Zeugin war vielmehr ausführlich zu dem Geschehen vernommen worden (vgl. § 69 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der von der Verteidigung beabsichtigte Vorhalt aus der Vernehmung der Großmutter der Geschädigten in der Hauptverhandlung war, wie die Revision selbst vorträgt, der Geschädig-
ten im wesentlichen inhaltsgleich schon beim Ermittlungsrichter durch den An- geklagten selbst gemacht worden, und sie hatte darauf geantwortet. Schließlich betrafen die Punkte ersichtlich eher Randfragen. Es gab zudem weitere Beweismittel und Beweisanzeichen, welche die Aussage der Geschädigten zum Tatgeschehen bestätigten. Die Strafkammer war nach allem nicht zur ergänzenden Vernehmung der Geschädigten gezwungen. Auch ein Verstoß gegen die prozessuale Fürsorgepflicht, der sich in der Entscheidung des erkennenden Richters fortgesetzt hätte, liegt nach allem nicht vor. 4. Die weitere Verfahrensrüge, mit der die Revision die Bescheidung eines Beweisantrages auf Vernehmung der P. V. als Zeugin rügt, ist aus den Erwägungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. III. Auch die sachlich-rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt (§ 349 Abs. 2 StPO). Richter am BGH Dr. Boetticher ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack Nack Schluckebier Richter am BGH Hebenstreit ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack Elf

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
________________
1. Zum Sichbereitzeigen i.S.d. § 332 Abs. 3 StGB.
2. Zur Abgrenzung der Bestechlichkeit von der Vorteilsannahme bei der Einwerbung
von Drittmitteln (Fortführung des Senatsurteils vom 23. Mai 2002
- 1 StR 372/01 -).
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2002 - 1 StR 541/01 - LG Ulm

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 541/01
vom
23. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung am
15. Oktober 2002 in der Sitzung vom 23. Oktober 2002, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung am 15. Oktober 2002 -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ulm vom 13. Juli 2001
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Vorteilsannahme in zehn Fällen sowie der Bestechlichkeit in einem Falle schuldig ist;
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in elf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 330 DM verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 26.675 DM angeordnet. Die Revision des Angeklagten beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg. Es führt in zehn der elf Fälle zu einer Änderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs ; im übrigen ist es unbegründet.

A.

Der Verurteilung des Angeklagten liegt zugrunde, daß er als Universitätsprofessor und Leiter der Sektion und späteren Abteilung für Herzchirurgie eines Universitätsklinikums von Firmen für medizintechnische Produkte, die seine Abteilung belieferten, Zuwendungen und Leistungen erhielt. Die Firmen übernahmen die Kosten für Kongreßreisen des Angeklagten sowie für Betriebsund Weihnachtsfeiern, zu denen er seine Abteilung einlud. In einem Falle wurde seiner Abteilung im Gegenzug zu Beschaffungsentscheidungen ein medizintechnisches Gerät zur Verfügung gestellt. Das Landgericht sieht darin auch persönliche Vorteile des Angeklagten. Mit der Annahme der Zuwendungen habe er seine Bereitschaft gezeigt, sich bei seinen Beschaffungsentscheidungen beeinflussen zu lassen; in einem der Fälle - der Zurverfügungsstellung eines medizintechnischen Geräts - habe der Angeklagte seine Entscheidung auch tatsächlich an dem Vorteil mit orientiert. Das Landgericht hat deshalb in allen Fällen pflichtwidriges Handeln des Angeklagten angenommen und den Tatbestand der Bestechlichkeit für erfüllt erachtet.

I.

Der Angeklagte ist ordentlicher Professor an der Universität U. und leitet die Abteilung Herzchirurgie des Universitätsklinikums. Nach der internen Geschäftsverteilung des Universitätsklinikums war ausschließlich dessen Abteilung Materialwirtschaft für die Bestellung sämtlicher medizinischer Produkte, Verbrauchsmaterialien und Investitionsgüter zuständig. Mangels Erfahrung der Abteilung im Bereich der Herzchirurgie wurde dem Angeklagten indes von Beginn seiner Tätigkeit an - vor allem im Bereich der Herzklappen und Conduits – faktisch gestattet, direkt bei den Firmen die benötigten Medizinprodukte zu bestellen oder auf seine Weisung durch seine Mitarbeiter bestellen zu lassen.
Die Lieferfirma stellte diese bei der Abteilung Materialwirtschaft in Rechnung. Teilweise wurden Bestellungen auch von der Abteilung Materialwirtschaft selbst vorgenommen. Dieser Abteilung kam im Ergebnis lediglich eine ausführende Funktion zu, weil ihr vom Angeklagten ärztlicherseits sowohl die zu beschaffenden Produkte als auch die Menge vorgegeben wurden. Im Bereich der sog. Oxygenatoren schloß die Abteilung Materialwirtschaft auch sog. Rahmenvereinbarungen über den Bezug größerer Einheiten mit den Lieferfirmen, wobei der Angeklagte auch hier die zu verwendenden Produkte auswählte. Ihm kam als Ärztlichem Direktor die letztliche Entscheidungsgewalt darüber zu, welche Produkte von welchem Lieferanten bezogen wurden. Insbesondere bei der Beschaffung von mechanischen Herzklappen, Conduits und Oxygenatorensystemen einschließlich der zugehörigen Schlauchsets war ihm ein Auswahlermessen eingeräumt. Dieses war u.a. als oberstem Gebot am Wohl des Patienten, an der Wirtschaftlichkeit der Krankenversorgung, der Lieferbarkeit, der Handhabung , dem Service und der Produktsicherheit auszurichten. Die Abteilung des Angeklagten bezog Herzklappenprothesen unterschiedlicher Art sowie Oxygenatoren und Schlauchsets von verschiedenen Firmen. Zu den einzelnen Taten hat das Landgericht folgendes festgestellt: 1. Die Firma C. Laboratories GmbH belieferte die Abteilung mit Oxygenatoren und Schlauchsets.
a) Mit dem Vertriebsleiter von C. vereinbarte der Angeklagte, daß er von C. in den Jahren von 1994 bis 1996 insgesamt 900 OptimaOxygenatoren , pro Jahr mindestens 300 Stück, abnehme und C. ihm im Gegenzug eine sog. duale Antriebskonsole für ein Thoratec-Kunstherz nebst Zubehör auf Basis eines "Leihvertrages" zur Verfügung stelle. Diese duale Antriebskonsole verkaufte C. seinerzeit zu einem Listenpreis von 149.000 DM;
der Beschaffungspreis für C. belief sich auf 89.101 DM (jeweils ohne Mehrwertsteuer ). Das angelieferte - allerdings gebrauchte - Gerät wurde zumindest an vier Patienten im klinischen Bereich eingesetzt. Darunter befand sich auch ein Privatpatient, für dessen Behandlung der Angeklagte privatliquidationsberechtigt war. Diese Kopplung der Beschaffung der Oxygenatoren mit der Gestellung der dualen Antriebskonsole durch C. ("Bündelvereinbarung") hielt der Angeklagte vor der Abteilung Materialwirtschaft der Universität geheim. Er hatte die Beschaffung des Thoratec-Systems mit einem Einzelantriebsmodul beantragt und dabei wahrheitswidrig angegeben, das Thoratec-System zur Anwendung bei Versuchstieren (Hunden) zu benötigen. Tatsächlich wollte er mittels dieses "taktischen Antrags" seine Transplantationspläne vorantreiben und das Gerät im klinischen Einsatz verwenden. Dafür war indessen im Blick auf die für den Einsatz am Menschen ausreichende Sicherheit der Erwerb einer dualen Antriebskonsole unabdingbare Voraussetzung, für die dem Klinikum die Geldmittel fehlten. Aus diesem Grunde hatte sich C. bereit erklärt, die Konsole als Gebrauchtgerät zur Verfügung zu stellen. Der Angeklagte empfahl der Abteilung Materialwirtschaft die Abnahme von 300 Oxygenatoren pro Jahr, da dies günstiger sei. Entsprechend dieser Empfehlung bestellte die Abteilung Materialwirtschaft zunächst 300 Stück zum Gesamtpreis von 565.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Im Jahr 1994 wurden 302, im Jahr 1995 329 Oxygenatoren und 1996 sogar 381 Oxygenatoren von C. geliefert. Die Firma C. verfolgte die Geschäftsstrategie, eine Beziehungsebene zu herzchirurgischen Entscheidungsträgern aufzubauen und über entsprechende Bündelvereinbarungen den Verkauf ihrer Produkte zu fördern, wesentlich auszuweiten und langfristig abzusichern.
Das Landgericht geht in diesem Falle davon aus, daß der Angeklagte sich nicht nur bereit gezeigt habe, den in der Gestellung der dualen Antriebskonsolen liegenden Vorteil bei seiner Auswahlentscheidung mit auf die Waagschale zu legen, sondern daß er sich bei seiner Entscheidung für den Oxygenator der Firma C. tatsächlich und maßgeblich von diesem Vorteil habe beeinflussen lassen, selbst wenn die Entscheidung für dieses Produkt noch innerhalb seines Ermessensspielraums gelegen habe (UA S. 83; Fall A.1. der Urteilsgründe, UA S. 16).
b) Am 15. Dezember 1993 fand auf persönliche Einladung des Angeklagten eine Weihnachtsfeier der Abteilung Herzchirurgie statt. Diese wurde von einem Partyservice ausgerichtet. Die Kosten - einschließlich der für Showrevue und Musikunterhaltung - beliefen sich auf 8.790,13 DM inclusive Mehrwertsteuer. Der Angeklagte beglich die Rechnung von seinem Geschäftskonto und bat im darauffolgenden Januar die Inhaberin des Partyservice, die Rechnung in drei Teilrechnungen an die Firmen C. , S. und H. - aufzusplitten, die inhaltlich gleichlautend für Speisen und Getränke aus Anlaß einer Veranstaltung der Abteilung Herzchirurgie auszustellen waren. Für C. sollte eine Teilrechnung über 1.040,13 DM erstellt werden. Diese übersandte der Angeklagte im Februar 1994 an den Vertriebsdirektor von C. mit der Bitte um Erstattung des Betrages auf sein Geschäftskonto, was entsprechend einer schon vor der Weihnachtsfeier getroffenen Absprache geschah (Fall A.2. der Urteilsgründe, UA S. 18 f.).
c) Auch im Jahr darauf, am 6. Dezember 1994, veranstaltete der Angeklagte eine Weihnachtsfeier, zu der er wieder persönlich einlud. Bereits zuvor hatte der Vertriebsdirektor von C. dem Angeklagten wegen der erfolgreichen Geschäftsbeziehung erneut eine finanzielle Beteiligung angeboten. Nach der
Feier besprach der Angeklagte mit dem Vertriebsleiter erhebliche Probleme, die mit dem bezogenen Oxygenatoren-Typ im klinischen Einsatz aufgetreten waren und die bei Kardiotechnikern der Abteilung zu Widerstand gegen die Verwendung dieses Geräts geführt hatten. Der Angeklagte hielt gleichwohl an seiner Abnahmeverpflichtung von mindestens 300 Stück pro Jahr fest. Das Landgericht geht davon aus, daß deren weitere Verwendung "noch innerhalb des Ermessensspielraumes" des Angeklagten lag (UA S. 83). Entsprechend der telefonischen Absprache mit dem Vertriebsleiter von C. veranlaßte der Angeklagte den ausrichtenden Partyservice, eine direkte Rechnung an C. in Höhe von 4.860 DM einschließlich Mehrwertsteuer zu stellen, die von C. bezahlt wurde (Fall A.3. der Urteilsgründe, UA S. 19). 2. Die Firma S. versorgte die Abteilung des Angeklagten ebenfalls mit Oxygenatoren und Schlauchsets. Sie verfolgte die Verkaufsstrategie, Zuwendungen an Klinikärzte von Umsätzen oder Umsatzerwartungen ihrer Produkte abhängig zu machen. Die Ärzte wurden zu Kongressen eingeladen und mit Zahlungen auf Drittmittelkonten sowie durch Übernahme der Kosten für Feiern unterstützt. Zur bereits erwähnten Weihnachtsfeier des Angeklagten am 15. Dezember 1993 steuerte auch die Firma S. einen Betrag bei. Entsprechend einer vor Durchführung der Feier erteilten mündlichen Zusage veranlaßte der Angeklagte, der die Rechnung an den ausrichtenden Partyservice zuvor von seinem eigenen Geschäftskonto gezahlt hatte, daß der Partyservice einen Betrag in Höhe von 4.800 DM der Firma S. in Rechnung stellte. Diese überwies den vom Angeklagten verauslagten Betrag auf dessen Geschäftskonto (Fall B. der Urteilsgründe, UA S. 20). 3. Die Firma B. belieferte die Abteilung Herzchirurgie der Universität U. mit Herzklappen. Im Herbst 1992 vereinbarte der
Angeklagte mit einem Außendienstmitarbeiter, daß B. für jede im Geschäftsjahr 1993 gelieferte "Duromedics-Klappe" einen Betrag in Höhe von 500 DM zur freien Verfügung des Angeklagten - nach dessen näherer Weisung - auszahlen solle. Bis zur Auszahlung sollte der Betrag auf einem B. - internen Bonuskonto verbleiben. Den Verantwortlichen von B. war gleichgültig , zu welchen Zwecken der Angeklagte das Guthaben verwenden würde. Da zum Zeitpunkt dieser Absprache noch nicht klar war, wie viele Herzklappen der Angeklagte beziehen würde, stand auch der zum Abruf bereitzustellende Betrag noch nicht fest. Im Verlauf des Geschäftsjahres 1993 nahm die Herzchirurgie U. 39 Duromedics-Klappen ab. Das Bonusguthaben des Angeklagten belief sich dementsprechend auf insgesamt 19.500 DM. Das Guthaben rief der Angeklagte bei B. wie folgt ab:
a) Für die Weihnachtsfeier des Angeklagten als Chef der damaligen Sektion Herzchirurgie am 15. Dezember 1992 gab B. die Zusage - obwohl auf dem Bonuskonto noch keine Gutschrift vermerkt war -, diese mit einem Betrag von 3.000 DM zu unterstützen. Tatsächlich erfolgte im April 1993 eine Überweisung auf das Geschäftskonto des Angeklagten in Höhe von 2.980 DM (Fall C.1. der Urteilsgründe, UA S. 23).
b) Auf Einladung von B. nahm der Angeklagte vom 19. bis 22. September 1993 an einem Kongreß in Barcelona/Spanien teil. B. übernahm die Buchung und die Bezahlung des Flugtickets zum Preis von 1.505 DM direkt an die Fluggesellschaft sowie die Kosten für die Hotelunterbringung in Höhe von 890,11 DM (Fall C.2. der Urteilsgründe, UA S. 24). Später überwies B. auf das Drittmittelkonto des Angeklagten noch Beträge in Höhe von 15.000 DM und 10.000 DM als Entgelte für Studien. Diese Überweisungen sind nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils. Im Herbst
1993 vereinbarte der Angeklagte mit B. die Fortführung der BonusVereinbarung für das Geschäftsjahr 1994. In deren Rahmen wurden seinem Bonuskonto insgesamt 10.500 DM gutgeschrieben. Der Angeklagte bezog jedoch ab Juni 1994 keine weiteren "Duromedics-Tekna-Klappen" mehr, da in der Herzchirurgie U. ein Patient notfallmäßig wegen eines Flügelbruchs einer solchen Klappe operiert werden mußte. Aus medizinischen Gründen, insbesondere denen des Wohls seiner Patienten, setzte der Angeklagte seither diese Klappe ab und bezog andere Fabrikate. 4. Die H. GmbH für medizinische Systeme belieferte die Abteilung des Angeklagten vor allem mit Herzklappen des Herstellers M. GmbH.
a) Auf Einladung des Angeklagten fand am 27. April 1993 in einem Restaurant eine Feier statt, zu der der Angeklagte seine Mitarbeiter eingeladen hatte. Anlaß war wahrscheinlich die Hochstufung der Sektion Herzchirurgie zu einer eigenständigen Abteilung. Dem Angeklagten wurde für die Verköstigung seiner Gäste eine Rechnung über 3.200 DM inklusive Mehrwertsteuer gestellt, die er zunächst aus eigenen Mitteln bezahlte. Mit einem Mitarbeiter von H. vereinbarte er die Übernahme der Kosten dieser Feier durch H. ; diese überwies ihm auf sein Geschäftskonto den verauslagten Rechnungsbetrag (Fall D.1. der Urteilsgründe, UA S. 27).
b) Zur Weihnachtsfeier des Angeklagten für seine Mitarbeiter am 15. Dezember 1993 steuerte auch H. einen Kostenbeitrag in Höhe von 2.950 DM zu. Der ausrichtende Partyservice erstellte dazu eine Teilrechnung auch für diese Firma, die den vom Angeklagten verauslagten Betrag am 16. März 1994 auf dessen Geschäftskonto überwies (Fall D.2. der Urteilsgründe , UA S. 27).

c) Auf Einladung der H. nahm der Angeklagte vom 16. bis 19. Februar 1994 an der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Bonn teil. Die Firma übernahm die Kosten der Übernachtung in einem Doppelzimmer des Hotels in Höhe von 804 DM (Fall D.3. der Urteilsgründe, UA S. 28). 5. Die St. GmbH belieferte die Herzchirurgie U. ebenfalls mit Herzklappen und Conduits. Sie verfolgte die Geschäftspolitik, den Absatz der Herzklappen auch mittels Zahlungen im Forschungsbereich zu fördern, für Kliniken oder Chefärzte firmeninterne Bonuskonten einzurichten und pro bezogener Klappe Rückstellungen zu tätigen. Überdies unterstützte St. die Chefärzte bei der Durchführung von Weihnachtsfeiern, um ein "günstiges Geschäftsklima" herzustellen und zu erhalten; sie finanzierte die Anschaffung von Geräten und bezahlte Reise- sowie Übernachtungskosten bei Kongressen.
a) Der Angeklagte nahm auf Einladung von St. vom 14. bis 16. September 1992 an einem allgemeinen herzchirurgischen Kongreß in Genf/Schweiz teil. St. übernahm die Übernachtungs- und Bewirtungskosten in Höhe von 915 Schweizer Franken (rund 1.000 DM; Fall E.1. der Urteilsgründe , UA S. 31).
b) Vom 13. bis 20. März 1993 lud St. den Angeklagten zu einem herzchirurgischen Kongreß nach Zürs/Österreich ein und übernahm zumindest die Kosten für die Übernachtung des Angeklagten mit Halbpension in Höhe von umgerechnet 2.646,52 DM. Die Kosten für die Unterbringung von Familienangehörigen - mit Ausnahme eines Zusatzbetts in seinem Zimmer - trug der Angeklagte selbst. Er nutzte die Gelegenheit, um mit seiner Familie auch Ski zu fahren (Fall E.2. der Urteilsgründe, UA S. 31).
Das Landgericht geht hinsichtlich sämtlicher Zuwendungen für Kongreßreisen und Betriebsfeiern davon aus, der Angeklagte habe sich durch die Annahme der Zahlungen und der Einladungen zu den Kongressen zugleich bereit gezeigt, diesen Zuwendungen bei seinen zukünftigen Beschaffungsentscheidungen Raum zu geben und sie mit "in die Waagschale" zu werfen. Ihm sei klar gewesen, daß die gewährte Unterstützung auch als Gegenleistung für seine bisherigen, aber eben auch die künftigen Entscheidungen bei der Produktauswahl erfolgt sei.

II.

Der Angeklagte hat die Zuwendungen im einzelnen eingeräumt, sich im übrigen aber im wesentlichen dahin verteidigt, zwischen diesen und seinen Beschaffungsentscheidungen habe kein Zusammenhang bestanden; das gelte namentlich hinsichtlich der Gestellung der dualen Antriebskonsole durch die Firma C. und die Beschaffung der Oxygenatoren dieser Firma. Unsaubere Kopplungsgeschäfte habe er stets abgelehnt. Bis Mitte der 90er Jahre sei ein nicht umsatzbezogenes Sponsoring der Industrie branchenüblich gewesen. Das von der Industrie durchgeführte Kongreßsponsoring sei Anfang der 90er Jahre so weit gegangen, daß es einem selbstzahlenden Kongreßteilnehmer nicht mehr möglich gewesen sei, ein Zimmer in einem Kongreßhotel zu erhalten. Die Personalabteilung des Universitätsklinikums habe das allgemein bekannte Kongreßsponsoring nie problematisiert. Durch die Veranstaltung der Feiern habe er keinen persönlichen Vorteil gehabt. Ohne die Zahlungen der Firmen hätte er die Weihnachtsfeiern aber bescheidener ausgerichtet. Soweit der Angeklagte einen Konnex zwischen den Zuwendungen und seinen Produktentscheidungen in Abrede gestellt hat, hat die Strafkammer seine Einlassung aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme für widerlegt
erachtet. Gleiches gilt hinsichtlich der Kopplung der mit der Firma C. getroffenen Vereinbarung zur Beschaffung von Oxygenatoren und der Gestellung einer dualen Antriebskonsole. Hingegen hat die Strafkammer angenommen, daß das Sponsoring von Kongreß- und Betriebsfeiern im Tatzeitraum branchenüblich gewesen sei. Zudem ist sie davon ausgegangen, daß die Verwaltung des Universitätsklinikums ungeachtet der klaren Interessen der Industrie eine effektive Kontrolle nicht ausübte.

III.

Das Landgericht hat den Tatbestand der Bestechlichkeit in allen Fällen als erfüllt angesehen (§ 332 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 StGB in der bis zum 19. August 1997 geltenden Fassung). Die Übernahme der Reise- und Übernachtungskosten zu den Kongressen, die Erstattung der Kosten für Feiern sowie die Nutzungsmöglichkeit der dualen Antriebskonsole stellten für den Angeklagten , der als Beamter auf Lebenszeit Amtsträger sei, einen Vorteil dar. Da er auf die Übernahme der Kosten für Kongreßreisen keinen Anspruch gehabt habe , habe sich seine materielle Lage insoweit unmittelbar verbessert. Gleiches gelte für die Erstattung der Kosten für die Feiern, zu denen er persönlich eingeladen und die er selbst abgehalten habe. Durch die Gestellung der dualen Antriebskonsole sei er zumindest mittelbar bessergestellt worden, weil sich die wissenschaftlichen Arbeits- und Entfaltungsmöglichkeiten seiner Abteilung erheblich verbessert hätten. Zudem sei dadurch sein Ansehen als Leiter der Abteilung "im Sinne einer konkreten Verbesserung seiner Karrierechancen aufgrund vermehrter Möglichkeiten" gesteigert worden (UA S. 81). Der Angeklagte habe die Vorteile in allen elf Fällen als Gegenleistung für konkrete Diensthandlungen angenommen. Er habe gewußt, daß sie für die jeweils vergangenen wie für die künftigen Bestellentscheidungen von Produk-
ten gedacht gewesen seien. Auch sei der Angeklagte "Ermessensbeamter" im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB aF. Durch die Annahme der Zuwendungen habe er sich den Gebern gegenüber ausdrücklich oder stillschweigend bereit gezeigt, bei seinen künftigen Entscheidungen nicht ausschließlich sachliche Gesichtspunkte walten zu lassen, sondern der Rücksicht auf den Vorteil Raum zu geben. Im ersten Fall (C. /duale Antriebskonsole) liege darüber hinaus ein pflichtwidriges Handeln auch deshalb vor, weil er sich bei seiner Entscheidung für die genannten Oxygenatoren maßgeblich von dem gewährten Vorteil habe beeinflussen lassen, selbst wenn letztlich seine Entscheidung noch innerhalb seines Ermessensspielraums gelegen habe. Im Blick auf die enge Verflechtung bestehe an der Unrechtsvereinbarung kein Zweifel, zumal im dritten Komplex (B. ) sogar eine konkrete Vereinbarung über die Gewährung eines Betrages pro abgenommener Herzklappe bestanden habe. Ein etwaiger bloßer innerer Vorbehalt des Angeklagten, sich bei der Auswahl der Produkte nicht von den Zuwendungen beeinflussen zu lassen, stehe der Annahme einer Unrechtsvereinbarung nicht entgegen. Der Angeklagte habe schließlich auch vorsätzlich gehandelt. Er habe gewußt, in welchem Zusammenhang Leistung und Gegenleistung gestanden hätten. Daß die Zuwendungen branchenüblich gewesen seien, lasse sie nicht als sozialadäquat und außerhalb des Tatbestandes liegend erscheinen. Der Rahmen der Sozialadäquanz sei bei jeder der Taten deutlich überschritten. Einen Verbotsirrtum könne der Angeklagte nicht für sich in Anspruch nehmen. Gerade die bewußte Verheimlichung der wahren Zusammenhänge vor der Abteilung Materialwirtschaft zeige, daß er vom Unrecht seines Tuns gewußt habe. Die einzelnen Taten seien jeweils selbständig, weil der gewährte Vorteil in seinem Umfang jeweils von vornherein noch nicht genau festgelegt gewesen sei.
Bei der Strafzumessung hat die Strafkammer jeweils einen minder schweren Fall der Bestechlichkeit angenommen und von den an sich zu ver- hängenden Einzelstrafen wegen überlanger Dauer und unzureichender Beschleunigung des Verfahrens jeweils einen konkret bemessenen Abzug vorgenommen. Zudem hat sie den Wert der Zuwendungen für die Kongreßreisen und die Unterstützung der Feiern für verfallen erklärt. Den Wert der Nutzungsmöglichkeit der dualen Antriebskonsole hat sie dabei außer Betracht gelassen.

B.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB aF) hält rechtlicher Nachprüfung in den Fällen und Fallkomplexen A. 2. und 3. (C. ), B. (S. ), C. (B. ), D. (H. ) und E. (St. ) der Urteilsgründe nicht stand. Die Gründe tragen in diesen zehn Einzelfällen nicht die Annahme pflichtwidrigen Handelns des Angeklagten als Gegenleistung für den Vorteil, namentlich nicht die Bewertung, er habe sich durch Annahme der Vorteile bereit gezeigt, sich durch diese bei seinen Entscheidungen beeinflussen zu lassen. Allerdings erweist sich das Handeln des Angeklagten insoweit als strafbare Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB aF). Im Falle A. 1. (C. /duale Antriebskonsole) begegnet der Schuldspruch wegen Bestechlichkeit hingegen keinen rechtlichen Bedenken. Die Würdigung des Landgerichts, das vom Angeklagten vereinbarte Kopplungsgeschäft sei pflichtwidrig gewesen, ist im Ergebnis von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

I.

In den erstgenannten zehn Fällen ist - auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen - der Tatbestand der Bestechlichkeit nicht erfüllt, wohl aber derjenige der Vorteilsannahme.
1. Das Landgericht hat mit Recht die zur Tatzeit geltende Fassung des Tatbestandes angewandt, die voraussetzt, daß ein Vorteil für den Täter selbst in Rede steht und dieser als Gegenleistung für eine sich als pflichtwidrig erweisende Diensthandlung gefordert, versprochen oder angenommen wird (anders nunmehr § 332 Abs. 1 - und § 331 Abs. 1 - StGB i.d.F. des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997, BGBl. I 2036, wonach Begünstigter auch ein "Dritter" sein kann). Zutreffend hat die Strafkammer den Angeklagten aufgrund seiner Stellung auch als Amtsträger im Sinne des Tatbestandes behandelt (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a StGB). 2. Mit Recht hat die Strafkammer für alle Fälle die Annahme eines Vorteils durch den Angeklagten bejaht. Unter einem Vorteil im Sinne der alten Fassung des Tatbestandes ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. Die Leistung muß also für den Amtsträger selbst eine solche Besserstellung zur Folge haben, wobei eine immaterielle Verbesserung der Lage genügen kann. Soweit gerade im Blick auf eine berufliche Stellung ein solcher Vorteil immaterieller Art in Betracht zu ziehen ist, muß dieser allerdings einen objektiv meßbaren Inhalt haben (vgl. dazu nur BGH NJW 1985, 2654, 2656; BGHSt 31, 264, 279 f.; 35, 128, 133 f.). Hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Kongreßreisen des Angeklagten sowie für die Betriebs- und Weihnachtsfeiern liegt dessen auch persönlicher Vorteil auf der Hand. Der Angeklagte hätte die Kongreßreisen - wie der Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt - selbst bezahlen müssen, wenn die Firmen ihn nicht unterstützt hätten. Zu den Feiern hatte er persönlich eingeladen ; er hatte deren Kosten zunächst selbst verauslagt oder jedenfalls selbst für sie einzustehen.
3. Das Landgericht hat die vom Tatbestand (ebenso von der früheren Fassung des § 331 Abs. 1 StGB) vorausgesetzte "unrechte" Beziehung zwischen Vorteil und Diensthandlung rechtsfehlerfrei dargetan. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01 (= NJW 2002, 2801, 2804 f.) zusammenfassend hervorgehoben: Wesentlich für die Annahme eines solchen Beziehungsverhältnisses ist nach der zur Tatzeit geltenden engeren Fassung des Tatbestandes die - ausdrücklich oder konkludent getroffene - Vereinbarung, in der Amtsträger und Vorteilsgeber sich über die Gewährung eines Vorteils an den Empfänger als Gegenleistung für eine von ihm vorzunehmende oder vorgenommene Diensthandlung einig werden. Dabei dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit der zu entgeltenden Diensthandlung nicht überspannt werden. Es reicht aus, wenn Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer sich bei der Gewährung und Annahme des Vorteils für ein künftiges dienstliches Verhalten über die Art der vergüteten Dienste einig sind, auch wenn sie keine genauen Vorstellungen davon haben, wann, bei welcher Gelegenheit und in welcher Weise der Amtsträger die Vereinbarung einlösen will. Die einvernehmlich ins Auge gefaßten Diensthandlungen brauchen daher ihrem sachlichen Gehalt nach nur in groben Umrissen erkennbar und festgelegt zu sein. Nach der alten Fassung des Tatbestandes würde einem Schuldspruch wegen Vorteilsannahme allerdings dann der Boden entzogen, wenn Zuwendungen an den Amtsträger, denen keine konkrete Vereinbarung in diesem Sinne (Gegenleistung für eine bestimmte Diensthandlung) zugrunde liegt, nur mit Rücksicht auf die Dienststellung des Empfängers, aus Anlaß oder bei Gelegenheit einer Amtshandlung oder lediglich deshalb erfolgten, um das allgemeine Wohlwollen des Amtsträgers zu erlangen (vgl. nur BGHSt 32, 290, 291; BGH NStZ 1984, 24; 1994, 277; BGH, Beschl. vom 28. April 1994 - 1 StR 173/94). Liegt es aber so wie eingangs dargelegt, besteht die vom Tatbestand
geforderte Beziehung. Das hat die Strafkammer hier auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung angenommen. Dafür spricht vor allem die vom Angeklagten erkannte Zielsetzung der Vorteilsgeber, in den Fällen C.1. und 2. (B. ) überdies die Umsatzabhängigkeit der Berechnung der Zuwendungen. Diese Beziehung zwischen Vorteil und Diensthandlung (nach der alten Fassung des Tatbestandes) entfällt hier auch nicht etwa deshalb, weil entsprechende Vorteilsgewährungen im Tatzeitraum "branchenüblich" waren. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt, in gewissem Umfang übliche und deshalb sozialadäquate Vorteile von der Strafbarkeit auszunehmen, können allenfalls gewohnheitsmäßig anerkannte, relativ geringwertige Aufmerksamkeiten aus gegebenen Anlässen vom Tatbestand ausgenommen sein (Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 331 Rdn. 25 m.w.Nachw.; siehe auch BGHSt 15, 239, 251 f.). Daß solches hier in Betracht gekommen wäre, macht auch die Revision nicht geltend. 4. Die Würdigung des Landgerichts, in den in Rede stehenden Fällen und Komplexen A. 2. und 3., B., C., D. und E. hätten die zu den Vorteilen in Beziehung stehenden Diensthandlungen des Angeklagten dessen Dienstpflichten verletzt, wird von den getroffenen Feststellungen jedoch nicht getragen. Die Strafkammer hat zu geringe Anforderungen an die Voraussetzungen pflichtwidrigen Verhaltens gestellt und schon in der Annahme der Vorteile ein Sichbereitzeigen des Angeklagten gesehen, sich bei seinen Entscheidungen durch den Vorteil beeinflussen zu lassen. Das genügt bei den hier im übrigen gegebenen Umständen nicht, um den Tatbestand als erfüllt zu erachten.
a) Nach allgemeiner Ansicht liegt eine Dienstpflichtverletzung vor, wenn die Diensthandlung gegen ein Gesetz, eine Rechtsverordnung, eine Verwal-
tungsvorschrift oder eine allgemeine oder konkrete dienstliche Weisung ver- stößt. Bei Ermessungsentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen läßt, diesen also mit in die Waagschale legt (vgl. nur BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247). Dabei spielt es für den Schuldspruch keine Rolle, ob die Entscheidung selbst sachlich gerechtfertigt werden kann. Bezieht sich die Vereinbarung mit dem Vorteilsgeber auf eine künftige Diensthandlung , so genügt es nach der tatbestandsausweitenden Vorschrift des § 332 Abs. 3 StGB für die Pflichtwidrigkeit, daß der Täter sich ausdrücklich oder stillschweigend bereit gezeigt hat, bei Vornahme der Diensthandlung seine Pflichten zu verletzen oder, bei einer Ermessensentscheidung, sich bei der Ausübung seines Ermessens von dem Vorteil beeinflussen zu lassen. Ob der Täter sich insgeheim vorbehält, später sachgerecht zu verfahren, ist unerheblich. Entscheidend ist der von ihm nach außen erweckte Eindruck. Schließlich kann die pflichtwidrige Diensthandlung nicht bereits in der Annahme des Vorteils gesehen werden; vielmehr muß sich die Vorteilsannahme auf eine schon an sich und als solche pflichtwidrige Diensthandlung beziehen (vgl. BGHSt 15, 239, 241/242; Senat, Urt. vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01 - Abdruck S. 32 f. = NJW 2002, 2801, 2806; vgl. auch Jescheck in LK 11. Aufl. § 332 Rdn. 7 m.w.Nachw.; Geppert Jura 1981, 42, 50). Das Merkmal des (vorsätzlichen) Sichbereitzeigens zur Beeinflussung verlangt den Nachweis eines entsprechenden Sachverhalts. Ein solcher Eindruck kann durch ausdrückliche Erklärung, aber auch durch schlüssiges Verhalten in einem bestimmten Zusammenhang erweckt werden. Dabei werden in der Regel die Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle spielen. Allein die An-
nahme eines Vorteils reicht dazu grundsätzlich nicht aus. Maßgebend sind die jeweiligen Umständen des Einzelfalles (vgl. Geppert Jura 1981, 42, 50). Das Merkmal des Sichbereitzeigens hat eigenständige Bedeutung. Es steht neben den weiteren Voraussetzungen der Strafvorschrift, namentlich dem Fordern, Versprechen oder Annehmen eines Vorteils als Gegenleistung für eine künftige Diensthandlung. Seinem sprachlichen Gehalt nach verlangt es ein bestimmtes Verhalten des Täters, das aufgrund objektiv feststellbarer Umstände die wertende Folgerung zu tragen vermag, dieser habe nach außen wirkend ("zeigen") bewußt seine Bereitschaft bekundet, seine Entscheidung auch an dem Vorteil auszurichten. Eine systematische Betrachtung bestätigt dies: Das allein in der Vorteilsvereinbarung und letztlich Vorteilsannahme liegende Unrecht wird - unter den weiteren erforderlichen Voraussetzungen - bereits durch § 331 Abs. 1 StGB erfaßt. Soll der Qualifikationstatbestand der Bestechlichkeit von demjenigen der Vorteilsannahme in den Fällen des Sichbereitzeigens abgrenzbar bleiben , so bedarf es bei der in Rede stehenden Fallgestaltung weiterer hinzutretender Umstände, aus denen sich die Bekundung der Beeinflußbarkeit ergibt (so schon OLG Hamburg StV 2001, 277, 281; siehe auch Cramer in Schönke/ Schröder StGB 26. Aufl. § 332 Rdn. 18). Das gilt jedenfalls für die alte, hier maßgebliche Fassung des § 331 Abs. 1 StGB, die - wie § 332 Abs. 1 StGB - eine Beziehung zu einer bestimmten Diensthandlung erfordert (weiter jetzt § 331 Abs. 1 StGB nF: "für die Dienstausübung"). Das bloße Fordern, Vereinbaren oder Annehmen eines Vorteils kann allerdings insbesondere in Fällen ausschließlich eigennütziger Vereinnahmung und Verwendung des Vorteils ein gewichtiges Beweisanzeichen für ein Sichbereitzeigen im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB sein. Solches kann nahe lie-
gen, wenn dem Vorteil jeglicher dienstliche Verwendungsbezug fehlt, typi- scherweise bei der Annahme klassischer „Schmiergelder“ oder hoher Beträge, die ausschließlich für private Zwecke des Amtsträgers verwendet werden. Hat aber der Vorteil einen wie immer gearteten dienstlichen Bezug und können andere Gesichtspunkte auch gegen einen bewußt vermittelten Eindruck der Beeinflußbarkeit sprechen, so bedarf es einer ausdrücklichen Würdigung aller Umstände, die die Annahme eines Sichbereitzeigens zu tragen oder ihnen zu widerstreiten vermögen. Im Einzelfall muß dazu auch festgestellt werden, welche Vorstellungen über den Zweck der Vorteilsgewährung und deren Annahme bei den Beteiligten bestanden haben (vgl. BGHSt 15, 352, 355).
b) Diesem Maßstab wird die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Landgerichts nicht gerecht. Die Feststellungen tragen nicht die Annahme eines Sichbereitzeigens zur Beeinflußbarkeit im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Das Landgericht ist in den hier in Rede stehenden zehn Fällen davon ausgegangen, für das Sichbereitzeigen genüge es, daß der Zuwendende mit dem Ziel der Beeinflussung handele und der Beamte dies erkenne, aber gleichwohl den Vorteil annehme (UA S. 85). Das allein reicht hier jedoch nicht hin. Es hätte vielmehr über die bloße Vereinbarung und die Annahme der Vorteile hinaus der Feststellung weiterer Begleitumstände bedurft, um daraus auf ein Sichbereitzeigen schließen und dieses wertend feststellen zu können. Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß der Wert der Zuwendungen im Verhältnis zu den getätigten Umsätzen jedenfalls nicht als hoch erscheint. Bei der Finanzierung der Kongreßreisen war ein konkreter dienstlicher Bezug gegeben , der selbst bei den durch Kostenübernahme finanzierten Weihnachts- und Betriebsfeiern für die Mitarbeiter der Klinikabteilung des Angeklagten nicht völlig fehlte. Schließlich ergeben die Urteilsgründe auch Umstände, die einer Be-
reitschaftsbekundung im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB eher entgegenstehen können und die das Landgericht in seine Bewertung hätte einbeziehen müssen: So ließ der Angeklagte die Gesamtrechnung für die Weihnachtsfeier am 15. Dezember 1993 in Teilrechnungen aufspalten, die drei verschiedene Firmen übernahmen. Er ließ sich auch sonst von mehreren Firmen unterstützen , die untereinander zum Teil ersichtlich auch konkurrierten. Zudem sah der Angeklagte Ende Juni 1994 vom weiteren Bezug der Duromedics-TeknaHerzklappen bei B. ab, weil es bei einer solchen Klappe zu einem Flügelbruch gekommen war (UA S. 26); dies obgleich er am Umsatz pro abgenommener Klappe absprachegemäß mit 500 DM beteiligt war und davon auch namhafte Beträge auf sein offizielles Drittmittelkonto bei der Universität flossen (UA S. 24 ff.). Bei dieser Sachlage hätte es neben der bloßen Vereinbarung und Annahme der Vorteile weiterer Umstände bedurft, um in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht davon ausgehen zu können, der Angeklagte habe sich gegenüber dem Zuwendenden bereit gezeigt, sich bei seinen Beschaffungsentscheidungen beeinflussen zu lassen. Die bloße Vorteilsannahme in Kenntnis der von den Zuwendenden verfolgten Absichten genügte dafür in den vorliegenden Fällen nicht. Sonst würde der tatbestandliche Unterschied zwischen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit verwischt und der Eigenständigkeit des Merkmals des Sichbereitzeigens nicht hinreichend Rechnung getragen. 5. Daraus ergibt sich zugleich, daß auch der von der Strafkammer angenommene Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich des Sichbereitzeigens zur Beeinflußbarkeit nicht tragfähig festgestellt ist. 6. Nach allem belegen die Urteilsgründe lediglich die objektiven wie subjektiven Voraussetzungen einer Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB aF).

a) Der Tatbestand der Vorteilsannahme unterliegt nach dem Senatsurteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01 - (NJW 2002, 2801, 2803 ff.) zwar einer Ein- schränkung des Anwendungsbereichs für diejenigen Fälle, in denen es die hochschulrechtlich verankerte Dienstaufgabe des Amtsträgers ist, sog. Drittmittel für Lehre und Forschung - und damit zugleich auch Vorteile im Sinne des Tatbestandes - einzuwerben. Voraussetzung für eine solche Einschränkung des Tatbestandes der Vorteilsannahme ist aber, daß es sich bei den einzuwerbenden Drittmitteln nicht nur der Sache nach um Fördermittel für Forschung und Lehre handelt, sondern daß diese auch dem im Drittmittelrecht vorgeschriebenen Verfahren unterworfen werden (Anzeige und Genehmigung; vgl. Senat aaO S. 20 f. = NJW 2002, 2801, 2804). Hier greifen die Grundsätze dieser Entscheidung indessen nicht, wie auch die Revision zutreffend sieht. Denn der Angeklagte hat das im Hochschulrecht vorgeschriebene Verfahren für die Mitteleinwerbung (Anzeige und Genehmigung) nicht beschritten.
b) Aus diesem Grunde sieht der Senat keinen Anlaß, darüber zu befinden , ob die finanzielle Unterstützung von Kongreßreisen, vor allem aber diejenige betrieblicher Feiern sachlich-inhaltlich noch dem Bereich der hochschulrechtlichen Drittmitteleinwerbung und Forschungsförderung zugeordnet werden kann, etwa - wie die Revision meint - um das gute Betriebsklima zu erhalten, in dem Forschung und Wissenschaft "gedeihen" können. Hierüber zu entscheiden ist zunächst Sache der dazu berufenen Aufsichtsorgane des Zuwendungsempfängers , dem insoweit beamten- und hochschulrechtlich auch ein gewisser Spielraum zukommen mag und der dabei möglicherweise auch den Aspekt der Lauterkeit des Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Anbietern medizintechnischer Produkte einschließlich vergaberechtlicher Vorschriften zu bedenken haben wird.
7. Der Senat kann den Schuldspruch in den Fällen bzw. Fallkomplexen A. 2. und 3., B., C., D. und E. dahin ändern, daß der Angeklagte insoweit der Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB aF) schuldig ist, weil die insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen eine solche Verurteilung ohne weiteres tragen. Weitere Feststellungen hinsichtlich einer etwaigen Pflichtwidrigkeit der Diensthandlungen des Angeklagten und zur Frage eines Sichbereitzeigens zur Beeinflußbarkeit (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB) sind ersichtlich nicht zu erwarten. Angesichts der eher gegenläufigen Indizien schließt der Senat auch aus, daß ein neuer Tatrichter insoweit zu demselben Ergebnis wie in dem angefochtenen Urteil kommen könnte. Der Angeklagte hätte sich gegen den Schuldspruch wegen Vorteilsannahme erkennbar auch nicht anders als geschehen verteidigen können, zumal die Vorteilsannahme das Grunddelikt zur Qualifikation der Bestechlichkeit darstellt (vgl. Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 332 Rdn. 1) und auch die Revision die Erfüllung des Tatbestandes der Vorteilsannahme - im Anschluß an das Senatsurteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01 – (NJW 2002, 2801) - nicht ernstlich in Frage stellt.

II.

Im Falle A. 1. (C. /duale Antriebskonsole) hat der Schuldspruch wegen Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB) Bestand. 1. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe einen auch persönlichen Vorteil vereinbart, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Durch die Gestellung der dualen Antriebskonsole (Fall A. 1., C. ) wurde zwar in erster Linie die technische Ausstattung der Abteilung des Angeklagten verbessert. Zugleich trat damit aber auch eine objektiv meßbare Verbesserung der persönlichen Wirkungsmöglichkeiten des Angeklagten selbst ein. Auf die von der Strafkammer in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnte Mehrung des
Ansehens des Angeklagten kommt es danach für den Schuldspruch nicht mehr an (UA S. 81). 2. Das Landgericht nimmt weiter im Ergebnis rechtsfehlerfrei an, das Handeln des Angeklagten sei in zweierlei Hinsicht pflichtwidrig gewesen:
a) Die Strafkammer geht, wie der Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt , auch im ersten Fall hinsichtlich der sog. Kopplungsvereinbarung mit C. davon aus, der Angeklagte habe sich bereit gezeigt, sich durch den Vorteil (duale Antriebskonsole) beeinflussen zu lassen (§ 332 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 StGB). Hier begegnet das - anders als in den übrigen erörterten Fällen - keinen rechtlichen Bedenken. Der Angeklagte ließ sich die "Dauerleihe" der dualen Antriebskonsole und damit die Verbesserung auch seiner persönlichen Wirkungsmöglichkeiten versprechen und sagte im Gegenzug die Bestellung von wenigstens 300 Optima-Oxygenatoren jährlich auf die Dauer von drei Jahren und die Veranlassung der dazu erforderlichen Maßnahmen zu. So verfuhr er dann. Diese Kopplung, die er gegenüber der von ihm mit der Beschaffung befaßten Abteilung Materialwirtschaft des Klinikums nicht offenlegte, belegt bereits aus sich heraus - bezogen auf den Zeitpunkt der Absprache - die von § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB geforderte Bereitschaftsbekundung, sich hinsichtlich der künftigen Diensthandlungen im Zuge der Umsetzung der Beschaffungen durch den Vorteil beeinflussen zu lassen. Schon dies trägt den Schuldspruch wegen Bestechlichkeit.
b) Darüber hinaus hat die Strafkammer pflichtwidriges Handeln des Angeklagten auch deshalb angenommen, weil er sich bei seiner Entscheidung für den Bezug der Optima-Oxygenatoren von C. durch den Vorteil (duale Antriebskonsole ) auch tatsächlich hat beeinflussen lassen (§ 332 Abs. 1 StGB; UA S. 83). Dabei richtet sich die Kammer grundsätzlich nach der Auslegung
des Begriffs der Dienstpflichtverletzung beim sog. Ermessensbeamten, die dieser durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfahren hat. Ihrzufolge handelt der Amtsträger nicht nur dann pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet , sondern auch, wenn er sich tatsächlich durch den Vorteil beeinflussen läßt, ihn also gleichsam mit in die Waagschale legt und mit berücksichtigt, mag die Entscheidung auch sachlich zu rechtfertigen sein (vgl. BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247; Jescheck in LK aaO § 332 Rdn. 7). Das war hier nach den Feststellungen des Landgerichts der Fall. Der Angeklagte entschied sich für den Optima-Oxygenator von C. in einer jährlichen Mindeststückzahl von 300 auf drei Jahre auch deshalb, weil er die duale Antriebskonsole für seine Abteilung erhalten und - wie der Zusammenhang der Gründe belegt - die Verbesserung seiner Wirkungsmöglichkeiten erreichen wollte, für die dem Klinikum die Geldmittel fehlten.
c) Die Pflichtwidrigkeit der Diensthandlungen des Angeklagten stünde nicht etwa dann ernstlich in Frage, wenn sich die sog. Kopplungsvereinbarung und die Dauerleihe der dualen Antriebskonsole für das Klinikum als günstig und vorteilhaft erwiesen hätten, wie die Revision meint (vgl. aber die eher gegenläufigen Ausführungen UA S. 16, 17, 54). Das zu beurteilen war Sache der berufenen Stellen des Klinikums nach Offenlegung aller entscheidungserheblichen Umstände durch den Angeklagten, auch wenn dieser intern der maßgebliche Entscheidungsträger war. Es trifft zwar zu, daß das aufgabengerechte Heraushandeln von Vorteilen für die Anstellungskörperschaft bei entsprechender Offenlegung dieser gegenüber für sich gesehen den Schutzbereich des Tatbestandes nicht berührt. Werden im Verhandlungswege günstige Konditionen , etwa auch eine Art "Draufgabe" für die Anstellungskörperschaft und damit zugleich bessere Wirkungsmöglichkeiten für den Verhandelnden erreicht, so ist der darin liegende Vorteil nicht eine Gegenleistung für die Diensthandlung des
Abschlusses der Vereinbarung; der Vorteil ergibt sich vielmehr aus dem günstigen Abschluß selbst und ist Teil dessen (vgl. BGHSt 1, 182). Wird der Vorteil aber gerade gegenüber der Anstellungskörperschaft oder der bei ihr sonst dafür zuständigen Stelle nicht offengelegt, sondern nebenbei und heimlich gewährt , ist sehr wohl das tatbestandliche Beziehungs- und Gegenleistungsverhältnis gegeben, selbst wenn der nebenbei gewährte Vorteil - der nicht Gegenstand der "offiziellen" Vereinbarung ist - wirklich oder vermeintlich dem Geschäfts - oder Dienstherrn, hier dem Klinikum mit zugute kommen sollte, sich aber eben auch als mittelbarer Vorteil des Amtsträgers erweist. Hätte der Angeklagte also die Kopplungsvereinbarung zum Gegenstand der schließlich durch die Abteilung Materialwirtschaft bewirkten Bestellung gemacht (Mengenkontrakt ) und nicht verheimlicht, hätte sich der Vorteil aus der in Rede stehenden Diensthandlung selbst ergeben. Er wäre dann nicht tatbestandsmäßig. Diesem Ergebnis entspricht, daß Bestechlichkeit wie Vorteilsannahme ein gewisses Maß an Heimlichkeit und Verdeckung der Vorteilsvereinbarung und des Vorteils gegenüber der Anstellungskörperschaft eigen ist. Der Schuldspruch wegen Bestechlichkeit im Falle A. 1. der Urteilsgründe läßt auch sonst einen Rechtsfehler nicht erkennen.

III.

Die Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in den bezeichneten zehn Einzelfällen hat die Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs zur Folge. Auch über die Frage des Verfalls von Wertersatz wird wegen des nicht ausschließbaren Bezuges zum Schuldumfang und zur Strafe neu zu befinden sein.
Der neue Tatrichter wird bei der Straffindung zu bedenken haben, daß die Bewertung persönlicher Vorteile des Angeklagten unter dem Gesichtspunkt der Ansehensmehrung und der "konkreten Verbesserung seiner Karrierechancen" (UA S. 81) rechtlichen Bedenken begegnet. Ein darin liegender etwaiger immaterieller Vorteil dürfte kaum nach objektiven Gesichtspunkten meßbar sein (s. dazu Senatsurteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01 - S. 22 = NJW 2002, 2801, 2804). Angesichts der langen Dauer des Verfahrens, des Fehlens einer effektiven Kontrolle der Aufsichtsorgane des Angeklagten und der seinerzeitigen "Branchenüblichkeit" der Unterstützung von Feiern und Kongreßreisen durch Medizintechnikfirmen könnte es sich zudem erweisen, daß das verwirklichte verbleibende Unrecht nicht allzu schwer wiegt, zumal auch im Falle A. 1. - eingedenk der Geheimhaltung vor der Universitätsverwaltung - der Vorteil (duale Antriebskonsole) möglicherweise deutlich überwiegend dem Klinikbetrieb zugute kam, was der Aufklärung bedarf. Schäfer Nack Wahl Schluckebier Kolz
5 StR 323/06

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 14. Februar 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
Nebenbeteiligte:
wegen Vorteilsannahme u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Februar 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Richterin
alsVertreterinderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Ku.
alsVerteidigerfürdenAngek lagten S. ,
Rechtsanwalt Sch.
alsVerteidigerfürden Angeklagten K. und
Vertreter der Nebenbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 2. Dezember 2005 hinsichtlich der Fälle 2 bis 19 der Urteilsgründe (Verurteilungen wegen Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; die Feststellungen zu den einzelnen Zuwendungen bleiben aufrechterhalten.
Die Revisionen des Angeklagten K. und der Nebenbeteiligten werden verworfen. Der Angeklagte K. und die Nebenbeteiligte haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Vorteilsannahme in 18 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und hinsichtlich eines Geldbetrags von 171.363,35 € den Verfall angeordnet. Gegen den Mitangeklagten K. hat das Landgericht wegen Vorteilsgewährung in 18 Fällen ebenfalls eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Die Vollstreckung beider Gesamtfreiheitsstrafen ist zur Bewährung ausgesetzt worden. Zudem hat das Landgericht gegen die Nebenbeteiligte, die M. K. GmbH, wegen der vorsätzlichen Tat ihres Geschäftsführers eine Geldbuße in Höhe von 215.000 € festgesetzt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten K. und der Nebenbeteiligten. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren Revisionen, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, dagegen, dass Verurteilungen lediglich wegen Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung und nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung erfolgt sind, ferner gegen die Höhe des gegen den Angeklagten S. angeordneten Verfalls sowie gegen den Sanktionsumfang, der gegen die Nebenbeteiligte festgelegt wurde. Nur die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.

I.


2
Unangefochten bleibt das landgerichtliche Urteil insoweit, als die Angeklagten wegen eines weiteren Tatvorwurfs freigesprochen worden sind und der Angeklagte S. wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen verurteilt worden ist. Das Urteil enthält – soweit es im Übrigen zur revisionsgerichtlichen Überprüfung gestellt wurde – folgende Feststellungen und rechtliche Würdigungen:
3
1. Der Angeklagte S. war seit 1964 beim Amt für Strom- und Hafenbau in Hamburg tätig. Ab 1990 war er als technischer Angestellter im Referat 312 „Anlagenmanagement Dalben/Pontons“ beschäftigt. Dieses Referat war für Bau, Reparatur und Unterhalt von Wasserbauwerken zuständig. Soweit kleinere Aufträge, die im Zuständigkeitsbereich des Referats 312 anfielen , nicht von einem Regiebetrieb der Behörde erledigt wurden, konnten diese Aufträge im Bestellscheinverfahren zu Pauschalpreisen bis zu einer Grenze von 50.000 DM von dem Referat selbst vergeben werden. Der Angeklagte S. war befugt, entsprechende Verträge selbst oder zusammen mit einer anderen autorisierten Person abzuschließen, wenn das Auftragsvolumen 10.000 DM, später nach einer Anhebung 10.000 €, nicht überstieg. Verträge, die diese Preisgrenze überschritten, mussten von zwei Personen unterzeich- net werden, die berechtigt waren, die Stadt zu vertreten. Hierzu zählte der Angeklagte S. nicht.
4
Der Angeklagte S. erteilte im Zeitraum von Januar 1998 bis August 2001 209 Aufträge an die Nebenbeteiligte, deren Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der Mitangeklagte K. war, mit dem er seit Jugendzeit eng befreundet war. Die Nebenbeteiligte, die frühere (und mittlerweile umfirmierte) T. K. GmbH, war auf entsprechende Wasserbauarbeiten spezialisiert. Der Angeklagte K. wandte dem Angeklagten S. von Oktober 1997 bis März 2001 nach den Feststellungen des Landgerichts insgesamt 176.000 DM (richtig gerechnet 194.000 DM) Bargeld zu, aufgeteilt in Quartalszahlungen zwischen 12.500 und 13.000 DM, die ohne den Rechenfehler jeweils um etwas mehr als 1.000 DM höher zu bemessen gewesen wären. Weiterhin überließ der Angeklagte K. dem Angeklagten S. in diesem Zeitraum unentgeltlich vier gebrauchte, verhältnismäßig hochwertige Firmenwagen, deren Zeitwert in der Summe etwa 245.000 DM betrug.
5
2. Das Landgericht wertet die Zuwendungen aus der Sicht des Angeklagten K. als bloße Vorteilsgewährung im Sinne des § 333 StGB, aus der Sicht des Angeklagten S. als Vorteilsannahme gemäß § 331 StGB. Die Strafkammer hat sich nicht davon überzeugen können, dass zwischen den Angeklagten eine Unrechtsvereinbarung im Sinne der Bestechungsdelikte bestanden hat, wonach die Zuwendungen als Gegenleistungen für die Verletzung der Dienstpflichten des Angeklagten S. im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe erfolgen sollten. Eine solche Absprache – auch in konkludenter Form – hat sich nach Auffassung des Landgerichts nicht feststellen lassen. Die Beauftragung der Nebenbeteiligten beruhe vielmehr, wie dies durch Zeugenaussagen bestätigt worden sei, auf deren deutlich höherem Leistungsvermögen. Ein Anlass für Schmiergeldzahlungen habe deshalb nicht bestanden, weil die Nebenbeteiligte aufgrund ihres Leistungsangebots weitestgehend konkurrenzlos gewesen sei. Soweit der Angeklagte in etlichen Fällen den Auftrag unterschrieben habe, obwohl er die Stadt nach den bestehenden Vertretungsregelungen nicht hätte verpflichten dürfen, ergebe sich hieraus jedenfalls aus subjektiven Gründen keine Dienstpflichtverletzung. Aufgrund der tatsächlichen Übung im Amt lasse sich nicht feststellen, dass dem Angeklagten ein entsprechender Pflichtenverstoß bewusst gewesen wäre.

II.


6
Während die Revisionen der Staatsanwaltschaft Erfolg haben, sind die Revisionen des Angeklagten K. und der Nebenbeteiligten unbegründet.
7
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zur Aufhebung der Schuldsprüche wegen Vorteilsannahme bei dem Angeklagten S. und wegen Vorteilsgewährung bei dem Angeklagten K. .
8
a) Die Annahme des Landgerichts, dass keine den Anwendungsbereich der Bestechungsdelikte begründende, auf eine pflichtwidrige Diensthandlung gerichtete Unrechtsvereinbarung vorliege, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die dazu vom Landgericht vorgenommene Würdigung ist lückenhaft. Sie lässt wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt (vgl. BGH NJW 2006, 925, 928, insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt).
9
aa) Eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn eine beiden Seiten bewusste Verknüpfung zwischen der Diensthandlung und dem Vorteil besteht, mithin der Vorteil für die Diensthandlung erbracht wird (Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 331 Rdn. 22 f. m.w.N. zur Entstehungsgeschichte). Für die Erfüllung der Bestechungsdelikte (§§ 332, 334 StGB) tritt als weiteres Merkmal hinzu, dass sich die Unrechtsvereinbarung auf eine konkrete Diensthandlung beziehen muss, durch die der Täter seine dienstlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde (Tröndle /Fischer aaO § 332 Rdn. 3). Dabei wird der Tatbestand der Bestechungs- delikte (§ 332 Abs. 1, § 334 Abs. 1 StGB) sowohl dann erfüllt, wenn der Vorteil für – soweit sie hinreichend konkret umrissen sind (BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 4) – künftige Diensthandlungen gewährt wird als auch, wenn die dienstpflichtwidrige Diensthandlung bereits abgeschlossen ist. Beide Tatbestandsvarianten gehen in der Rechtswirklichkeit ineinander über. Gerade in Fällen des gestreckten korrumptiven Zusammenwirkens werden Vorteile nicht nur im Hinblick auf bereits abgeschlossene pflichtwidrige Diensthandlungen gewährt, sondern zugleich auch, um weitere gleichartige Pflichtwidrigkeiten des Amtsträgers zu befördern.
10
Die Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung ergibt sich – im Falle des so genannten gebundenen Verwaltungshandelns – daraus, dass die Diensthandlung gegen ein Gesetz, eine Rechtsverordnung, eine Verwaltungsvorschrift oder eine allgemeine oder konkrete dienstliche Weisung verstößt (BGHSt 48, 44, 46). Ergeben sich die inhaltlichen Grenzen der vorzunehmenden Diensthandlungen nicht ohne weiteres auf Grund solcher Vorgaben, steht vielmehr dem Amtsträger ein Ermessens- oder Gestaltungsspielraum zu, kann die Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung auch darin bestehen, dass der Amtsträger sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt, sondern auch die ihm zugewandten oder bereits zugesagten Vorteile in die Abwägung einfließen lässt (BGHSt 47, 260, 263; BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 5 und § 334 Abs. 3 Nr. 2 Unrechtsvereinbarung 1). Ob der Täter sich insgeheim vorbehält, später sachgerecht zu verfahren, ist unerheblich. Entscheidend ist der von ihm nach außen erweckte Eindruck. Dabei darf die Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung nicht allein in ihrer Verknüpfung mit dem Vorteil gesehen werden. Die Diensthandlung muss vielmehr bereits an sich pflichtwidrig sein (BGHSt 15, 239, 241; BGH NJW 2002, 2801, 2806, insoweit in BGHSt 47, 295 nicht abgedruckt ). Hierin liegt der systematisch wesentliche Unterschied zwischen der Vorteilsannahme und der Bestechlichkeit. Die Bestechlichkeit setzt voraus , dass der Empfänger der Zuwendung nach außen gerade bekundet, beeinflussbar zu sein (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Es bedarf deshalb tragfähiger Umstände, aus denen sich die Folgerung ableiten lässt, der Amtsträger habe bewusst seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, seine Entscheidung auch an dem Vorteil auszurichten (BGHSt 48, 44, 47).
11
bb) Als Amtsträger hatte der Angeklagte, was die Auswahl des Vertragspartners anbelangte, einen Gestaltungsspielraum. Insoweit gelten für ihn die Grundsätze, die für den Ermessensbeamten entwickelt wurden (BGHSt 47, 260, 263). Allerdings hat das Landgericht aufgrund einer eingehenden Würdigung festgestellt, dass die überwiegende Beauftragung der Nebenbeteiligten auf sachlich gerechtfertigten Gründen beruht. Dies hat es aus dem im Verhältnis zum Konkurrenten T. F. GmbH überlegenen Ausrüstungsstand sowie der Verlässlichkeit und dem hohen Qualitätsstandard bei der Auftragsdurchführung der Nebenbeteiligten geschlossen. Ebenso wenig ist – was auch die Staatsanwaltschaft ausdrücklich einräumt – aus Rechtsgründen zu beanstanden, dass das Landgericht eine Dienstpflichtverletzung nicht schon wegen der in etlichen Fällen vom Angeklagten vorgenommenen Überschreitung seiner Vertretungsbefugnis angenommen hat, weil dieser Umstand ihm ebenso wenig geläufig war wie anderen Amtsangehörigen.
12
Wenngleich eine Dienstpflichtverletzung nicht schon in der Beauftragung der Nebenbeteiligten gesehen werden kann, so lässt das Landgericht jedoch unerörtert, ob die Ausgestaltung der Aufträge, insbesondere der Umfang der gezahlten Vergütungen für die Arbeiten der Nebenbeteiligten, eine Dienstpflichtverletzung dargestellt haben könnte. Die Höhe der dem Angeklagten S. zugewandten Vorteile, die sich allein im Zeitraum 1997 bis 2001 auf über 400.000 DM beliefen, hätte hierfür besonderen Anlass geben müssen. Die ausschließlich für private Zwecke des Amtsträgers verwendeten Zuwendungen in erheblicher Höhe genügen zwar für sich genommen für die Tatbestandserfüllung nicht, sie haben aber wesentliche indizielle Bedeutung für ein Sichbereitzeigen im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB.
13
cc) Auch wenn die Wirtschaftsstrafkammer ein nicht gänzlich unplausibles Motiv freundschaftsbedingter Schenkungen des Angeklagten K. an den Angeklagten S. angeführt hat, bedarf der Sachverhalt bei der Höhe der Zuwendungen hinsichtlich der Preisgestaltung bei den Aufträgen ergänzender Aufklärung. Zwar stellt die Strafkammer fest, dass Bauarbeiten aufgrund einer Preisliste zu Pauschalpreisen abgerechnet wurden. Das landgerichtliche Urteil verhält sich aber nicht dazu, ob für den Angeklagten damit eine Preisverhandlung gänzlich ausgeschlossen war oder eine Beeinflussung der Vergütungshöhe sich jedenfalls mittelbar daraus ergab, dass die Einordnung in bestimmte Leistungs- und Vergütungsgruppen selbst wiederum eine Ermessensentscheidung darstellte. Neben der Preisbildung im Hinblick auf die einzelne Beauftragung hätte auch in den Blick genommen werden müssen , wie die Pauschalpreise gefunden wurden. Hierbei kommt in Betracht, dass diese in einem Gremium ausgehandelt wurden; sie können aber auch von einer der beiden Seiten im Wesentlichen vorgegeben worden sein. Ebenso kann das Verhältnis der Pauschalpreise zu solchen Preisen, die auf dem freien Markt mit privaten Nachfragen erzielt werden, relevant sein. Jedenfalls hätte es der Darlegung bedurft, inwieweit der Angeklagte S. in die Bestimmung der dort allgemein festgesetzten Preise eingebunden war. Selbst wenn er insoweit nicht der eigentlich Entscheidende war, wäre er auch dann tauglicher Täter im Sinne der Bestechungsdelikte, wenn er die Entscheidung maßgeblich beeinflussen konnte (BGHSt 47, 260, 263).
14
Sollte sich ergeben, dass insoweit nennenswerte Einflussmöglichkeiten für den Angeklagten K. bestanden haben, käme der indiziellen Wirkung der Höhe der dem Angeklagten S. zugewandten Vorteile Bedeutung zu. Deren Gewicht hängt auch davon ab, in welchem Verhältnis die Zuwendungen zu dem von ihm beauftragten Vertragsvolumen standen. Auch hierzu fehlen bislang Feststellungen.
15
dd) In der Nichterörterung der vom Generalbundesanwalt hervorgehobenen Möglichkeit, dass die Zahlungen auch der Sicherung der etwa pflicht- widrigen Erteilung zukünftiger Aufträge gedient haben könnten, sieht der Senat keinen Rechtsfehler. Die Beweiswürdigung ist vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht lückenhaft.
16
b) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Vorteilsannahme (hinsichtlich des Angeklagten S. ) und Vorteilsgewährung (hinsichtlich des Angeklagten K. ) führt zugleich zum Wegfall der insoweit festgesetzten Einzelstrafen. Die Feststellungen zu den gewährten Zuwendungen können jedoch bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht beeinflusst sind. Sie werden von der Staatsanwaltschaft nicht angegriffen. Der genannte – erst vom Generalbundesanwalt aufgezeigte – Rechenfehler hat sich ersichtlich nicht maßgeblich ausgewirkt.
17
c) Hinsichtlich des Angeklagten S. kann in Ermangelung eines zugehörigen Schuldspruchs auch die vom Landgericht ausgesprochene Verfallsanordnung keinen Bestand haben. Die Beanstandungen der Staatsanwaltschaft hierzu, die einen höheren Verfallsbetrag erstrebt, gehen in diesem Verfahrensstadium deshalb ins Leere. Der neue Tatrichter wird allerdings zu beachten haben, dass die Anordnung des Verfalls dann ausgeschlossen ist, wenn der Dienstherr des Angeklagten Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn dem Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zusteht. Da solche Ansprüche auf die Herausgabe von Schmiergeldern letztlich der Kompensation der Interessen des Geschäftsherrn dienen, unterfällt ein solcher Anspruch der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (BGHR StGB § 73 Verletzter 5, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Dies gilt auch, wenn – wie hier – fiskalisch Anspruchsberechtigter und Verfallsbegünstigter identisch sind, weil insoweit die öffentliche Hand nicht anders behandelt werden soll als private Gläubiger und der ressortmäßige Zufluss der Gelder unterschiedlich sein kann (BGHR StGB § 73 Verletzter 3). Soweit die Rechtsprechung in Bestechungsfällen teilweise eine Anordnung des Verfalls zugelassen hat, beruht dies darauf, dass entweder wegen der formellen Beamtenstellung des Täters ein Ersatzanspruch ausgeschlossen war (BGH NStZ 2000, 589, 590; vgl. auch BGH NStZ 2003, 423) oder ein entsprechender Ersatzanspruch nicht festgestellt wurde (BGHSt 47, 22, 31 f.; BGHR StGB § 73 Verletzter 7).
18
d) Mit der Aufhebung der Schuldsprüche wegen Vorteilsgewährung entfällt insoweit auch die Grundlage für die Ahndung der Nebenbeteiligten. Insoweit ist zu der Revision der Staatsanwaltschaft im Blick auf die Verhandlung vor dem neuen Tatrichter lediglich noch folgendes zu bemerken:
19
aa) Die Anordnung des Verfalls gegen die Nebenbeteiligte war – entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft – hier schon deshalb ausgeschlossen , weil gegen sie ein Bußgeld verhängt wurde. Um eine Verfallsanordnung neben einer Bußgeldfestsetzung zu verhindern, setzt nach § 30 Abs. 5 OWiG eine Verfallsanordnung voraus, dass gegen die Nebenbeteiligte keine Geldbuße verhängt wurde. Es darf deshalb hinsichtlich derselben Tat Verfall auch nicht etwa insoweit angeordnet werden, als eine Gewinnabschöpfung nicht schon durch das festgesetzte Bußgeld erfolgt sein sollte. Dies übersieht die Staatsanwaltschaft.
20
bb) Bei der Bemessung der Geldbuße gegen die Nebenbeteiligte muss von der Tat des Verantwortlichen ausgegangen werden. Dessen Schuld bestimmt auch gegenüber der Nebenbeteiligten den Umfang der Vorwerfbarkeit (Raum in Langen/Bunte, GWB 10. Aufl. § 81 Rdn. 137; Lemke in Lemke/Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 30 Rdn. 63). Dabei spielt – allerdings vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Unternehmens – der durch die Tat erlangte Vorteil eine entscheidende Rolle, weil das Bußgeld ihn übersteigen soll (§ 17 Abs. 4 OWiG). Dieser Vorteil, der neben dem reinen Gewinn auch weitere Vorteile hinsichtlich der Situation der Nebenbeteiligten am Markt umfasst (BGH WUW/E 2718, 2719 – Bußgeldbemessung ), kann durch Schätzung bestimmt werden (vgl. BGH WUW DE-R 1487, 1488 f. – steuerfreier Mehrerlös). Dabei hat sich die Schätzung darauf zu beziehen, welche Situation bestanden hätte, wenn die Nebenbeteiligte nicht zu dem inkriminierten Verhalten (Schmiergeldzahlungen an den Angeklagten S. ) gegriffen hätte. Dieser hypothetische Sachverhalt ist wirtschaftlich mit der nach der Tat tatsächlich eingetretenen Situation zu vergleichen (vgl. hierzu Raum aaO Rdn. 141 ff.). Dass dies nur im Rahmen einer groben Schätzung erfolgen kann, versteht sich von selbst. Bei der Bemessung des Vorteils sind die steuerlichen Wirkungen zu berücksichtigen (BVerfGE 81, 228, 241 f.). Ist das Besteuerungsverfahren bestandskräftig abgeschlossen, wird der anzusetzende Vorteil um die auf den Gewinn entfallende steuerliche Belastung zu mindern sein (BGHSt 47, 260, 264 ff.; BGH WUW DE-R 1487, 1489 – steuerfreier Mehrerlös; vgl. auch BGHR StGB § 73 Verletzter 7).
21
2. Die Revisionen des Angeklagten K. und der Nebenbeteiligten, die lediglich die nicht ausgeführte Sachrüge erhoben haben, sind unbegründet. Die umfassende Überprüfung der angefochtenen Urteile hat keinen Rechtsfehler zu deren Nachteil ergeben.
Basdorf Häger Raum Brause Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 260/08
vom
14. Oktober 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
1. Die für eine Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB erforderliche (angestrebte
) Unrechtsvereinbarung setzt voraus, dass der Vorteilsgeber mit dem
Ziel handelt, auf die künftige Dienstausübung des Amtsträgers Einfluss zu
nehmen und/oder seine vergangene Dienstausübung zu honorieren, wobei
eine solche dienstliche Tätigkeit nach seinen Vorstellungen nicht - noch nicht
einmal in groben Umrissen - konkretisiert sein muss.
2. Ob in diesem Sinne eine Unrechtsvereinbarung vorliegt, ist Tatfrage und unterliegt
der wertenden Beurteilung des Tatgerichts, die regelmäßig im Wege
einer Ge-samtschau aller in Betracht kommenden Indizien zu erfolgen hat.
3. In die Würdigung fließen als mögliche Indizien neben der Plausibilität einer
anderen Zielsetzung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die
Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben (dienstliche
Be-rührungspunkte), die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem Versprechen
oder dem Gewähren von Vorteilen (Heimlichkeit oder Transparenz) sowie
die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile.
BGH, Urt. vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08 - LG Karlsruhe
in der Strafsache
gegen
wegen Vorteilsgewährung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Oktober
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt und
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 28. November 2007 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen der Vorteilsgewährung in sieben Fällen freigesprochen. Der hiergegen gerichteten Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, bleibt der Erfolg versagt.

I.

2
1. Das Landgericht hat - für den Senat bindend - festgestellt:
3
Der Angeklagte war Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns Energie Baden-Württemberg AG (fortan: EnBW). Bereits vor Aufnahme seiner Tätigkeit hatte die EnBW im Februar 2002 von der Fédération Internationale de Football Association (fortan: FIFA) Sponsoren- bzw. Werberechte für die im Jahre 2006 in Deutschland stattfindende Fußballweltmeisterschaft erworben. Die EnBW war Hauptsponsor der FIFA-WM 2006 und der einzige nationale Sponsor aus Baden-Württemberg. Im Rahmen von gemeinsamen Initiativen von Staat und Wirtschaft, an denen auch die Bundesregierung beteiligt war, entwickelte sich eine enge Kooperation der EnBW vor allem mit dem Land Baden-Württemberg. Bei Gesprächen mit dem Referat "Landesmarketing" des Staatsministeriums wurde vereinbart, die jeweiligen Einladungslisten für die Fußballweltmeisterschaft miteinander abzugleichen, um Doppeleinladungen zu vermeiden.
4
Die Marketingabteilung der EnBW entwickelte ein Sponsoringkonzept. Hierzu gehörte ein Konzept zur Verteilung der ca. 14.000 Eintrittskarten, die der EnBW zur Verfügung standen. Dieses Einladungskonzept sah unter anderem vor, "einen kleinen Teil der Karten für Repräsentanten aus Wirtschaft, Gesellschaft , Kultur, Wissenschaft und Politik zu verwenden, um den Eingeladenen die Gelegenheit zu geben, ihre entsprechenden Institutionen zu präsentieren und repräsentieren, und zugleich durch das öffentliche Erscheinen angesehener und bekannter Persönlichkeiten die Rolle der EnBW als Hauptsponsor der Fußballweltmeisterschaft werbewirksam hervorzuheben" (UA S. 11). Geplant war, jedenfalls die hochrangigen Vertreter der Politik "zunächst" nicht in der Loge der EnBW, sondern "in erster Linie" im FIFA-Ehrenbereich unterzubringen, für den der EnBW ebenfalls Eintrittskarten zustanden. Zudem war vorgesehen, sämtliche Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierung BadenWürttemberg einschließlich der Staatssekretäre einzuladen.
5
Am 20. Dezember 2005 unterzeichnete der Angeklagte als Vorstandsvorsitzender in Anwesenheit seiner persönlichen Referentin und zweier Sekretärinnen ca. 700 Weihnachtsgrußkarten. Adressaten waren Personen, deren Daten in der bei EnBW gepflegten VIP-Datei des Angeklagten gespeichert waren. "Entscheidend für die Aufnahme (einer Person) in die VIP-Datei war die persönliche Bekanntschaft zum Vorstandsvorsitzenden sowie die protokollari- sche Wertigkeit des Kontakts, nicht aber eine eventuelle dienstliche Relation zum Unternehmen" (UA S. 13). Auf den vorformulierten Grußkarten fügte der Angeklagte handschriftlich den jeweiligen Namen mit Anrede sowie seine Unterschrift ein, in einigen Fällen auch einige persönliche Worte. Bei etwa der Hälfte der Karten machten die drei Mitarbeiterinnen einen Vorschlag für ein Präsent, mit dem der Adressat bedacht werden sollte. Der Vorschlag erfolgte auf der Grundlage einer Präsentliste, welche die Mitarbeiterinnen gemeinsam mit der Leiterin der Protokollabteilung der EnBW erstellt hatten. Unter den Präsenten befanden sich mit dem offiziellen WM-Sponsorenlogo der EnBW versehene Gutscheine für Logenplätze bei einem Fußballweltmeisterschaftsspiel in Stuttgart oder Berlin. Eine Versendung der Eintrittskarten selbst war aufgrund der vom Veranstalter festgelegten Bedingungen noch nicht möglich. Die Gutscheine waren - so das Landgericht - "personengebunden und nicht übertragbar" (UA S. 13, 15); vorgesehen war, dass die Koordinierung und Abwicklung der Kartenvergabe über die Leiterin der Protokollabteilung der EnBW erfolgen sollte. Der Angeklagte stimmte dem aufgrund der Präsentliste gemachten Vorschlag der Mitarbeiterinnen in allen Fällen zu.
6
Auf die beschriebene Art und Weise ließ der Angeklagte an 36 Personen mit den Weihnachtsgrußkarten WM-Gutscheine versenden, unter anderem - in den sieben verfahrensgegenständlichen Fällen - an den Ministerpräsidenten und fünf Minister des Landes Baden-Württemberg (für jeweils zwei Eintrittskarten ) sowie an den beamteten Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit M. (für eine Eintrittskarte). Fünf Gutscheine waren für den Spielort Stuttgart, zwei Gutscheine für den Spielort Berlin ausgestellt. Wie das Urteil im Einzelnen ausführt, waren die Landesminister und ihre Ministerien im Rahmen ihrer Ressortzuständigkeit mit Angelegenheiten befasst , die für die Geschäftspolitik und den wirtschaftlichen Erfolg der EnBW oder den Angeklagten persönlich von erheblicher Bedeutung waren; Gleiches galt für das Bundesumweltministerium. Diese "Beziehungen" waren dem Angeklagten - wenn auch nicht im Detail - bekannt. Die Grußkarte an die Landesumweltministerin G. war mit dem handschriftlichen Zusatz "Vielen Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit" versehen. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte diese Worte niederschrieb, wusste er allerdings - nach den Feststellungen des Landgerichts - noch nicht, ob der Umweltministerin ein Präsent und gegebenenfalls welches ihr zugedacht war.
7
Der Angeklagte handelte im Bewusstsein des - insofern noch offenen - Sponsoring- und Einladungskonzepts der EnBW, wobei ihm als Vorstandsvorsitzenden ein Gestaltungsspielraum zukam. Ihm war bekannt, dass die sieben verfahrensgegenständlichen Empfänger zu dem Personenkreis einzuladender hochrangiger Repräsentanten zählten.
8
Nachdem in der Presse über die Versendung der Gutscheine berichtet worden war und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Mitte Februar 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten eingeleitet hatte, lehnte der badenwürttembergische Ministerpräsident mit Schreiben vom 2. März 2006 die Einladungen namens der Regierungsmitglieder ab. Obwohl dies im Sponsoringkonzept vorgesehen war, kam es ebenso wenig - auf Anraten des Verteidigers des Angeklagten - zur Einladung der anderen Regierungsmitglieder durch die EnBW wie zum Abgleich der Einladungslisten zwischen dieser und dem Land. Gleichfalls am 2. März 2006 zog Staatssekretär M. seine zunächst erteilte Zusage zurück.
9
Sämtliche Mitglieder der Landesregierung hatten anderweitig freien Zugang mit Begleitung jedenfalls zu allen WM-Spielen in Stuttgart. Zur Verfügung standen ihnen Plätze sowohl in der Loge, die sich das Land mit dem Unternehmen Daimler-Chrysler teilte, als auch im FIFA-Ehrenbereich.
10
Bereits am 31. Mai 2005 hatten die Minister des Landes Baden-Württemberg im Ministerrat einen Beschluss zur Annahme von Geschenken durch Regierungsmitglieder gefasst. Unter Nr. 4 war Folgendes festgehalten worden: "Ehrenkarten für Veranstaltungen, deren Besuch zu den Repräsentationspflichten eines Regierungsmitglieds gehört, sind nicht als Geschenke zu bewerten und unterfallen daher nicht der Genehmigungspflicht."
11
2. Das Landgericht hat den Angeklagten "aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen" freigesprochen.
12
Aus rechtlichen Gründen ist der Freispruch erfolgt, weil das Landgericht die Eintrittskarten nicht als Vorteil im Sinne von § 333 Abs. 1 StGB gewertet hat. Was die sechs Taten zugunsten der Mitglieder der Landesregierung betrifft, so hat es darüber hinaus den zuvor im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen, die als Rechtfertigungsgrund zur Straflosigkeit führe. Auf tatsächlichen Gründen beruht der Freispruch dagegen insoweit, als sich das Landgericht nicht von einer "für die Tatbestandserfüllung (nach § 333 Abs. 1 StGB) erforderliche(n) Unrechtsvereinbarung" hat überzeugen können (UA S. 51).

II.

13
1. Die Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung vorgebrachten Gründen nicht durch.
14
2. Der Freispruch von den Vorwürfen der Vorteilsgewährung in sieben Fällen hält sachlich-rechtlicher Überprüfung - noch - stand.
15
Die Strafkammer ist zwar zu Unrecht davon ausgegangen, es fehle schon an einem - vom Angeklagten angebotenen oder versprochenen - Vorteil im Sinne von § 333 Abs. 1 StGB (nachfolgend a). Rechtsfehlerhaft ist das Urteil auch insoweit, als sie den am 31. Mai 2005 im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen hat (unten b). Soweit die Kammer zu dem Schluss gekommen ist, dem Angeklagten sei eine "Unrechtsvereinbarung" nicht nachzuweisen gewesen, ist dies dagegen im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (unten c).
16
a) Die Eintrittskarten für Fußballweltmeisterschaftsspiele in Stuttgart und Berlin, die der Angeklagte nach den Feststellungen sechs Mitgliedern der Landesregierung und dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium anbot oder versprach, stellen Vorteile im Sinne von § 333 Abs. 1 StGB dar.
17
Unter einem Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. nur BGHSt 47, 295, 304; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR 2007, 309, 310). Besser gestellt wird der Amtsträger vor allem durch materielle Zuwendungen jeder Art. Hierzu zählen auch Eintrittskarten für regulär entgeltpflichtige Veranstaltungen, da solche Karten einen Vermögenswert haben (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 62).
18
aa) Dass die vom Angeklagten bedachten Mitglieder der Landesregierung nach den Feststellungen ohnehin freien Zugang "mit Begleitung jedenfalls" zu allen Weltmeisterschaftsspielen in Stuttgart hatten (UA S. 41), hat auf die Bewertung der für diesen Spielort vorgesehenen Eintrittskarten als Vorteil keinen Einfluss. Insoweit gilt: Wird dem Amtsträger oder Dritten ein geldwerter Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt, so ist es von vornherein unbeachtlich , wenn der Begünstigte einen vergleichbaren Vorteil auch auf eine andere Art und Weise erlangen kann. Auf derartige hypothetische Erwägungen kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. auch OLG Karlsruhe NJW 2001, 907, 908). Sie können allenfalls für die subjektive Wertschätzung durch den Begünstigten und damit für die (angestrebte) Unrechtsvereinbarung von Bedeutung sein. Identisch waren die Vorteile, die der Angeklagte anbot oder versprach, und diejenigen, die den Mitgliedern der Landesregierung ohnehin zustanden, hier nicht. Denn es handelte sich in jedem der Fälle um zweierlei Eintrittskarten für verschiedene Zuschauerplätze. Insbesondere was die "EnBW-Loge" einerseits und "Landesloge" andererseits betrifft, liegt dies auf der Hand, zumal der Aufenthalt in der "EnBW-Loge" die Bewirtung vorsah, während entsprechende Feststellungen für die "Landesloge" nicht getroffen sind.
19
All dies gilt entsprechend in Bezug auf den Staatssekretär M. . Auf seine - rein hypothetischen - Angaben als Zeuge, er hätte "Karten zu WM-Spielen bekommen, wenn er sich in seiner Eigenschaft als Staatssekretär darum bemüht hätte" (UA S. 42), kommt es erst recht nicht an.
20
bb) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Kammer, es sei schon deswegen kein Vorteil gegeben, weil die Eintrittskarten den Begünstigten lediglich die Ausübung der dienstlichen Aufgabe ermöglichen sollten, das Land bzw. den Bund in der Öffentlichkeit zu repräsentieren (UA S. 50).
21
Zwar hat die Kammer die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben zu Recht zu den Dienstpflichten von Regierungsmitgliedern, auch von Staatssekretären gezählt (vgl. UA S. 35 f.). Dies nimmt den in Aussicht gestellten Eintrittskarten jedoch nicht den Vorteilscharakter. Auf die im Schrifttum teilweise vertretene Meinung, ein Vorteil ergebe sich nicht schon daraus, dass dem Amtsträger lediglich die zur Dienstausübung erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt würden (so etwa Fischer, StGB 55. Aufl. § 331 Rdn. 12; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 331 Rdn. 5, jew. unter Bezugnahme auf OLG Zweibrücken NStZ 1982, 204: kostenloses Benzin an Polizeibeamten für Ermittlungen in der Freizeit; a.A. etwa Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 331 Rdn. 28 und Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94, denen zufolge dies ausschließlich im Rahmen der sog. Unrechtsvereinbarung zu berücksichtigen ist), kommt es dabei nicht an. Ob für den Vorteilsbegriff in § 333 Abs. 1 StGB überhaupt eine derartige Ausnahme zu machen ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn hier sollten die Eintrittskarten für die Mitglieder der Landesregierung und ihre Begleitpersonen sowie für den Staatssekretär M. nicht nur einen solchen dienstlichen Nutzen haben. Die beabsichtigten geldwerten Zuwendungen dienten vielmehr gerade der Befriedigung persönlicher Interessen, die mit dem unmittelbaren Erleben eines Weltmeisterschaftsspiels im Stadion verbunden sind. Dies sah auch der Angeklagte so, aus dessen Sicht es "Sinn der Präsentversendung (war), zu Weihnachten eine Freude zu machen, mit den Gutscheinen insbesondere die Vorfreude auf die Fußball-WM … zu wecken" (UA S. 23).
22
b) Soweit die Strafkammer den am 31. Mai 2005 im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen hat, tragen die insoweit unzureichenden Feststellungen die rechtliche Wertung nicht:
23
Es liegt schon nicht fern, dass mit dem in dem Beschluss verwendeten Begriff "Ehrenkarten" nur solche Karten gemeint sind, die von dem Veranstalter selbst - für seine "Ehrengäste" - zur Verfügung gestellt werden. Ferner könnte die nur auszugsweise wiedergegebene Regelung dahin zu verstehen sein, dass auf die dienstrechtliche Nichtgenehmigungsbedürftigkeit bestimmter als strafrechtlich unbedenklich angesehener Vorteile - hier "Ehrenkarten" - hingewiesen wird (vgl. dazu Korte aaO Rdn. 168); hierfür spricht der Wortlaut der Regelung ("unterfallen … nicht der Genehmigungspflicht" anstatt "werden generell genehmigt" ). Dann wäre die Vorfrage der Strafbarkeit losgelöst von dieser Regelung zu beurteilen. Im Übrigen versteht sich auch nicht von selbst, dass die Re- gelung besagt, die bedachten Regierungsmitglieder dürften solche "Ehrenkarten" in jedem Fall - unabhängig von den konkreten protokollarischen Pflichten - zudem für eine Begleitperson annehmen.
24
c) Die Auffassung des Landgerichts, "eine für die Tatbestandserfüllung (nach § 333 Abs. 1 StGB) erforderliche Unrechtsvereinbarung (sei) nicht nachzuweisen" , hält hingegen revisionsrechtlicher Prüfung stand. Dass das Landgericht sich nicht von der notwendigen inhaltlichen Verknüpfung zwischen dem angebotenen oder versprochenen Vorteil und der Dienstausübung zu überzeugen vermocht hat, also davon, dass der Angeklagte - so der Wortlaut des § 333 Abs. 1 StGB - jeweils den Vorteil "für die Dienstausübung" anbot oder versprach , ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
25
aa) Für die Frage, wie der Gesetzeswortlaut insoweit auszulegen ist, gibt die Gesetzgebungsgeschichte wichtige Hinweise. Das am 20. August 1997 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) hat zwar die Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung, die Kernstück aller Bestechungsdelikte ist, für die Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB ebenso wie für die Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB herabgesetzt , aber nicht aufgegeben:
26
Nach seiner alten Fassung hatte der Tatbestand der Vorteilsgewährung vorausgesetzt, dass der Vorteil "Gegenleistung dafür (sein soll), daß er (der Amtsträger) eine in seinem Ermessen stehende Diensthandlung künftig vornehme" ; dementsprechend war Bezugspunkt der Unrechtsvereinbarung die einzelne - zumindest ihrem sachlichen Gehalt nach grob umrissene (vgl. BGH NStZ 1999, 561 m.w.N.) - Diensthandlung. Nunmehr genügt es, wenn ein Vorteil "für die (vergangene oder künftige) Dienstausübung" im Allgemeinen angeboten , versprochen oder gewährt wird. http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW&B=2003&S=763 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW&B=2003&S=763&I=765 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHSt&B=48&S=44 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHSt&B=49&S=275 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHSt&B=49&S=275&I=281 - 13 -
27
Die Neufassung der Tatbestände der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung führt dazu, dass der Anwendungsbereich dieser Strafnormen nun auch in größerem Umfang eröffnet ist, wenn Amtsträger höherer Ebenen mit breit gefächerten Entscheidungsspielräumen betroffen sind (vgl. BTDrucks. 16/4333 S. 2; Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 99). Zuvor galt: Je weiter sich der Aufgabenbereich des Amtsträgers darstellte, umso schwieriger war die Zuordnung des Vorteils zu einer bestimmten oder zumindest bestimmbaren Diensthandlung (vgl. BGH NStZ 1999, 561). Anliegen der Erweiterung der Tatbestände war gerade auch, Beweisschwierigkeiten zu beseitigen, die mit dem Erfordernis der Bestimmbarkeit der Diensthandlung verbunden waren. Ferner sollte die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung auf von den Vorschriften in der bisherigen Fassung nicht erfasste Fälle (vgl. BGHSt 47, 295, 307; BGH NJW 2003, 763, 765 m.w.N. [insoweit in BGHSt 48, 44 nicht abgedr.
]) erstreckt werden, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft (vgl. BTDrucks. 13/8079 S. 15) bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird (BGHSt 49, 275, 281; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR 2007, 309, 310).
28
Andererseits hat der Gesetzgeber bei der Neufassung der §§ 331, 333 StGB prinzipiell an dem Erfordernis einer (angestrebten) Unrechtsvereinbarung bewusst festgehalten. Für die Auslegung der Tatbestände ist von Bedeutung, dass der weiter reichende Vorschlag im Bundesratsentwurf eines Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 18. Dezember 1995 (BTDrucks. 13/3353) nicht Gesetz wurde (vgl. BRDrucks. 483/97). Dieser hatte - beruhend auf einem Gesetzesantrag des Landes Berlin vom 24. Mai 1995 (BRDrucks. 298/95) - vorgesehen , auf die Unrechtsvereinbarung gleichsam zu verzichten und die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme und -gewährung davon abhängig zu machen, dass dem Amtsträger ein Vorteil "im Zusammenhang mit seinem Amt" zugewendet werden soll. Auch dies sollte gewährleisten, dass Handlungen - wie etwa das sog. "Anfüttern" - erfasst werden, die dazu dienen, das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers zu sichern (vgl. BRDrucks. 298/95 S. 9; BTDrucks. 13/3353 S. 11). Ein die Strafbarkeit begründender Zusammenhang mit dem Amt sollte immer dann gegeben sein, "wenn die zuwendende Person sich davon leiten lässt, daß der Beamte ein bestimmtes Amt bekleidet oder bekleidet hat" (BTDrucks. aaO). Die Bundesregierung und der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hatten gegen den Entwurf – neben Abgrenzungsschwierigkeiten – eingewandt, dass durch die vorgesehene Erweiterung der Tatbestände "ein breites Spektrum nicht strafwürdiger Handlungen grundsätzlich in die Strafbarkeit einbezogen würde" (BTDrucks. 13/6424 S. 13; 13/8079 S. 15). Dementsprechend hat die Bundesregierung in jüngerer Zeit nochmals klargestellt, dass "auch nach der heute gültigen Fassung der §§ 331 und 333 StGB feststehen (müsse), dass der Vorteil überhaupt für dienstliche Handlungen angenommen oder gewährt" worden sei (BTDrucks. 16/4333 S. 5 f.).
29
bb) Vor diesem Hintergrund sind für den Tatbestand der Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB an die inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung folgende Anforderungen zu stellen:
30
Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil nach dem (angestrebten ) ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat (vgl. BGH NJW 2005, 3011, 3012 m.w.N.). Dies erfordert, dass Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 309, 310 f.) und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren (ähnlich Fischer, StGB 55. Aufl. § 331 Rdn. 23). In diesem allgemeinen Sinne muss der Vorteil somit nach wie vor Gegenleistungscharakter haben (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94; ferner Dölling, Gutachten für den 61. Deutschen Juristentag [1996] C 64 f., an dessen Vorschlag die Neufassung der §§ 331, 333 StGB angeknüpft hat [vgl. BTDrucks. 13/8079 S. 15]). Unter Dienstausübung ist dabei grundsätzlich jede dienstliche Tätigkeit zu verstehen. Diese muss nach den Vorstellungen der Beteiligten nicht - noch nicht einmal in groben Umrissen - konkretisiert sein; daher genügt es, wenn der Wille des Vorteilsgebers auf ein generelles Wohlwollen bezogen auf künftige Fachentscheidungen gerichtet ist, das bei Gelegenheit aktiviert werden kann.
31
Ob der Vorteilsgeber ein solches von § 333 Abs. 1 StGB pönalisiertes oder ein anderes Ziel verfolgt, ist Tatfrage. Die Grenzbestimmung hat in wertender Beurteilung zu erfolgen, die mit oftmals schwierigen Beweisfragen einhergeht. Pauschale Bewertungen in Anlehnung an Begrifflichkeiten wie "allgemeine Klimapflege" oder "Anfüttern" verbieten sich dabei (vgl. Korte aaO Rdn. 100; ferner Dölling ZStW 112 [2000] 334, 344 mit differenzierenden Erwägungen zur korruptiven Erscheinungsform des "Anfütterns"). Vielmehr ist die Abgrenzung nach den fallbezogenen Umständen - insbesondere der gesamten Interessenlage der Beteiligten - vorzunehmen.
32
Als mögliche Indizien für oder gegen das Ziel, mit dem Vorteil auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren, fließen neben der Plausibilität einer anderen - behaupteten oder sonst in Betracht kommenden - Zielsetzung in die wertende Beurteilung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben, die Vorgehensweise bei dem Angebot , dem Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen sowie die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile. So können etwa dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger ebenso in Ausschlag gebender Weise für eine Unrechtsvereinbarung sprechen, wie die Heimlichkeit des Vorgehens (BGH NStZ 2008, 216, 218; NStZ-RR 2007, 309, 310 f.; im Hinblick auf dienstliche Berührungspunkte im Ergebnis auch BGH NStZ 2005, 334, 335; zur Heimlichkeit vgl. ferner BGHSt 48, 44, 51). Vorzunehmen ist jedoch regelmäßig eine Gesamtschau aller Indizien (vgl. BGH NStZ 2008 aaO; NStZ-RR aaO 311).
33
Das bedeutet auch, dass die Strafbestimmung der Vorteilsgewährung nicht schon dadurch unanwendbar wird, dass eine (angestrebte) Unrechtsvereinbarung in sozialadäquate Handlungen - wie die Durchführung eines für sich gesehen in strafrechtlicher Hinsicht gänzlich unverdächtigen Sponsoringkonzepts - eingebunden wird. Auch in diesem Fall ist maßgeblich, wie sich das Vorgehen aufgrund der gesamten Umstände, unter denen es geschieht, darstellt.
34
Der Senat ist sich bewusst, dass das Merkmal der Unrechtsvereinbarung nach der hier vorgenommenen Auslegung im Randbereich kaum trennscharfe Konturen aufweist; dies kann zu Beweisschwierigkeiten führen und räumt dem Tatrichter eine beträchtliche Entscheidungsmacht ein. Diese Auslegung trägt jedoch dem Willen des Gesetzgebers Rechnung. In ihr spiegelt sich der Kompromisscharakter der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 reformierten Regelung wider, die über die alte Rechtslage hinausgeht , aber hinter dem weitergehenden Vorschlag des Bundesrats zurückbleibt, die Strafbarkeit allein an die Amtsbezogenheit der Vorteilszuwendung zu knüpfen (siehe oben aa). Inwieweit ein derartiger Vorschlag in Verbindung mit einer weitgehenden, Transparenz gewährleistenden Anzeige- oder Genehmigungslösung (vgl. den Vorschlag von T. Schäfer/Liesching ZRP 2008, 173, 175 f.) sachgerechter gewesen wäre, hat der Senat indessen nicht zu entscheiden.
35
cc) Gemessen an den aufgezeigten Maßstäben ist die Beweiswürdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
36
Das Landgericht ist von einem zutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen. Zwar ist die Formulierung, eine Unrechtsvereinbarung sei nicht nach- zuweisen gewesen, missverständlich. § 333 Abs. 1 StGB setzt nämlich in der Tathandlungsvariante des Anbietens nicht voraus, dass es tatsächlich zu einer "Unrechtsvereinbarung" kommt; vielmehr reicht aus, dass das Angebot auf eine solche Übereinkunft gerichtet ist (vgl. BGH NStZ 2000, 439 f.; 2008, 33, 34; entsprechend für die Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB in der Tathandlungsalternative des Forderns eines Vorteils BGH NStZ 2006, 628, 629). Dass das Landgericht dies nicht verkannt hat, geht jedoch aus dem Urteil - trotz der missverständlichen Formulierung - eindeutig hervor. Denn die Beweiswürdigung befasst sich namentlich damit, welches Ziel der Angeklagte mit der Gutscheinversendung verfolgte.
37
Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, die Feststellung der (angestrebten ) Unrechtsvereinbarung setze den Nachweis voraus, dass "die Zuwendung der Gutscheine ihren Grund gerade in der Dienstausübung hatte bzw. die Dienstausübung als Gegenleistung (mit-)bestimmender Beweggrund" für die Zuwendung war. Dabei hat es zu Recht angenommen, dass unter Dienstausübung in diesem Zusammenhang allein die Fachentscheidungen der bedachten Amtsträger zu verstehen sind. Dagegen genügt es insoweit nicht, dass der Angeklagte Einfluss auf die dienstliche Aufgabe der Repräsentation nehmen wollte , da der Vorteil hierfür keinen Gegenleistungscharakter hat, sondern nur Mittel zur Erfüllung dieser Aufgabe sein sollte (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94; ferner BGH NStZ-RR 2003, 171, 172).
38
Bei der "einzelfallbezogene(n) Betrachtung" hat das Landgericht "nach einer Gesamtschau sämtlicher Umstände die … Möglichkeit nicht ausgeschlossen …, dass die Zuwendung einen (sachlich gerechtfertigten) anderen Beweggrund als den der Beeinflussung der Dienstausübung hat". Einen solchen anderen Beweggrund hat das Landgericht darin gesehen, dass, indem den Empfängern der Gutscheine die Gelegenheit zur Repräsentation bei der Fußballwelt- meisterschaft gegeben werden sollte, ihr Erscheinen "zu Werbezwecken genutzt" werden sollte, um die Veranstaltung aufzuwerten und die Rolle der EnBW als Sponsor der Veranstaltung hervorzuheben (UA S. 52). Davon, dass der Angeklagte das Ziel verfolgte, die Empfänger - "gewissermaßen unter dem 'Deckmantel' Sponsoring/Repräsentation" - geneigt zu machen, bei der Dienstausübung zugunsten der EnBW zu handeln, hat sich das Landgericht hingegen nicht zu überzeugen vermocht.
39
Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei mit den relevanten Indizien auseinandergesetzt und bei seiner Entscheidung insbesondere folgende Umstände berücksichtigt: – Zwischen den sieben Gutscheinempfängern - allesamt Personen mit weit reichenden Entscheidungskompetenzen - und der EnBW bestanden dienstliche Berührungspunkte. Das Landgericht hat aber auch festgestellt, dass der Angeklagte die Auswahl der Empfänger nicht gezielt nach diesem Kriterium vornahm : "Entscheidend für die Aufnahme (einer Person) in die VIP-Datei war die persönliche Bekanntschaft zum Vorstandsvorsitzenden sowie die protokollarische Wertigkeit des Kontakts , nicht aber eine eventuelle dienstliche Relation zum Unternehmen" (UA S. 13). Der Indizwert der dienstlichen Berührungspunkte wird zudem dadurch stark relativiert, dass der Angeklagte - so die Feststellungen des Landgerichts - im Bewusstsein des insofern noch offenen Sponsoring- und Einladungskonzepts der EnBW handelte (UA S. 42 f.). Das Konzept sah, wie der Angeklagte wusste, vor, sämtliche Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierung Baden-Württemberg einschließlich der Staatssekretäre einzuladen (UA S. 12, 35). Der Angeklagte handelte demnach - revisionsrechtlich nicht angreifbar - in der Vorstellung, dass die nicht mit den Weihnachtsgrußkarten bedachten Regierungsmitglieder später noch Eintrittskarten erhalten würden. Dass das Einladungskonzept nachher nicht weiter verfolgt wurde, war durch die Einlei- tung des Ermittlungsverfahrens Mitte Februar 2006 veranlasst, der entsprechende Presseberichte vorausgegangen waren (UA S. 24). – Hinsichtlich der Vorgehensweise hat das Landgericht im Fall der an die baden-württembergische Umweltministerin G. versandten Weihnachtsgrußkarte gesehen, dass der handschriftliche Zusatz "Vielen Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit" Indizwert für eine angestrebte Unrechtsvereinbarung haben könnte. Diesbezüglich hat das Landgericht freilich insbesondere - für den Senat bindend - festgestellt, dass der Angeklagte zu dem Zeitpunkt, zu dem er diese Worte niederschrieb , noch nicht wusste, ob der Umweltministerin überhaupt ein Präsent und gegebenenfalls welches ihr zugedacht war (UA S. 28, 38 f., 47). – Im Übrigen war die Vorgehensweise des Angeklagten nach der Wertung des Landgerichts nicht durch Verschleierung bzw. Heimlichkeit geprägt: Die Gutscheine wurden an die dienstlichen Adressen der Empfänger versandt (UA S. 44) und waren mit dem offiziellen WM-Sponsorenlogo der EnBW versehen (UA S. 13). Die Einladungen wären im Rahmen des geplanten Abgleichs der Einladungslisten zwischen der EnBW und dem Land Baden-Württemberg offen zu legen gewesen; nicht zuletzt hätte das öffentliche Auftreten der Empfänger als Gast des WM-Sponsors EnBW insoweit "Transparenz" bewirkt (UA S. 44). – Zur Beschaffenheit der Vorteile hat das Landgericht zum einen festgestellt, dass die Gutscheine "personengebunden und nicht übertragbar" waren (UA S. 13, 15). Zum anderen war, jedenfalls was die WM-Spiele in Stuttgart betrifft, für die Mitglieder der Landesregierung Baden-Württemberg der Wert der Eintrittskarten - unbeschadet der im Einzelnen schwierigen Berechnung - subjektiv gemindert. Denn die Mitglieder der Landesregierung hatten ohnehin freien Zugang "mit Begleitung jedenfalls" zu allen WM-Spielen in Stuttgart (UA S. 41).
40
Bei alledem hat das Landgericht darüber hinaus erkennbar im Blick gehabt , dass es sich bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 um ein einzigartiges sportliches Großereignis für die Bundesrepublik Deutschland handelte, das mit einer Kooperation zwischen "höchster" Politik und Wirtschaft einherging. Eine organisierte Zusammenarbeit wurde von der Bundesregierung offiziell gefördert und entspricht bei derartigen Ereignissen weltweiten Gepflogenheiten.
41
dd) Die gegen die Beurteilung durch das Landgericht gerichteten Beanstandungen der Revision greifen nicht durch.
42
(1) Soweit die Revision die Beweiswürdigung angreift, indem sie - im Kern ihrer Ausführungen - einzelne Feststellungen anzweifelt, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf.
43
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Trifft er aufgrund der in der Hauptverhandlung angefallenen Erkenntnisse Feststellungen oder kann er wegen verbleibender Zweifel keine Feststellungen treffen, so ist dies durch das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Im Grundsatz gilt, dass allein das, was der Tatrichter festgestellt hat, bei der revisionsrechtlichen Überprüfung zugrunde zu legen ist. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht Erkenntnisse anders gewürdigt oder dem Tatrichter verbleibende Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn dem Revisionsgericht vom Tatrichter getroffene Feststellungen "lebensfremd" erscheinen. Im Strafprozess gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Tatrichters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht (vgl. Senatsurt. vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07 - Rdn. 18 m.w.N.).
44
Anderes gilt nur dann, wenn die Beweiswürdigung Rechtsfehler, etwa Lücken, Widersprüche, Unklarheiten oder Verstöße gegen die Gesetze der Lo- gik oder gesicherte Erfahrungssätze, aufweist. Solche Rechtsfehler sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere beruhen die Feststellungen auch auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage, indem sie durch im Einzelnen benannte Beweismittel , namentlich durch die Angaben von Zeugen, belegt sind.
45
Näherer Betrachtung bedarf insoweit nur die festgestellte - von der Leiterin der Protokollabteilung der EnBW zeugenschaftlich bestätigte (UA S. 37) - Personengebundenheit und Nichtübertragbarkeit der Gutscheine:
46
Diese Feststellung wird nach dem oben Gesagten durch die in der Antragsschrift der Bundesanwaltschaft vom 17. Juni 2008 enthaltenen Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe nicht in Frage gestellt. Das gilt sowohl für die Erwägung, dass auf den Gutscheinen - Gegenteiliges ist nicht festgestellt - der jeweilige Empfänger nicht bezeichnet gewesen sein dürfte, als auch für diejenige, dass die Personengebundenheit und Nichtübertragbarkeit "sich nicht von selbst versteht", nach Auffassung des Senats sogar wenig lebensnah anmutet. Die Feststellung scheint zwar deswegen zu kurz zu greifen, weil, wie die Generalstaatsanwaltschaft weiter ausgeführt hat, die Identität der zweiten (Begleit-)Person offen war und augenscheinlich von den näheren Angaben des Gutscheinempfängers abhing. Deshalb ist in Betracht zu ziehen, dass die zweite Eintrittskarte einer Person hätte zugute kommen können, die über das Kartenkontingent des Landes Baden-Württemberg nicht hätte begünstigt werden können. Ob, wie die Verteidigung in ihrem Schriftsatz vom 12. August 2008 (S. 20) geltend gemacht hat, in einem protokollarischen Sinne mit Begleitperson nur der Ehe- oder Lebenspartner des hochrangigen Amtsträgers gemeint gewesen sein könnte, kann der Senat jedoch offen lassen. In Anbetracht der übrigen Umstände kann er jedenfalls ausschließen, dass - nach der Beurteilung des Landgerichts - derartige als eher nebensächlich einzu- stufende Erwägungen zur Begleitperson für das Handeln des Angeklagten (mit-)bestimmend waren.
47
(2) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, das Landgericht habe die für die (angestrebte) Unrechtsvereinbarung sprechenden Indizien verkannt. Insbesondere hat es sich mit dem Beweiswert der dienstlichen Berührungspunkte auseinander gesetzt; des Weiteren hat es den Umstand berücksichtigt, dass die Gutscheinversendung nicht vorgesehener Teil des Sponsoring- und Einladungskonzepts war, sondern aufgrund einer autonomen Entscheidung des Angeklagten gleichsam im willkürlichen Vorgriff hierauf erfolgte und erst später mit diesem abgestimmt werden sollte. Schließlich hat das Landgericht - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - die Gutscheinversendung nicht als transparente Vorgehensweise bewertet; vielmehr hat es lediglich ein auf Verschleierung oder Heimlichkeit gerichtetes Vorgehen des Angeklagten verneint.
48
Die den Angeklagten erheblich belastenden Indizien mögen berechtigten Anlass dazu gegeben haben, gegen ihn Anklage zu erheben und sodann wegen der noch ungesicherten Rechtslage eine höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen. Dass sich das Landgericht trotz dieser belastenden Indizien nicht davon hat überzeugen können, dass der Angeklagte die Versendung der Gutscheine veranlasste, um etwaige dienstliche Tätigkeiten der bedachten Amtsträger zu honorieren oder zu beeinflussen, ist jedoch - gemäß dem oben Gesagten - nach revisionsrechtlichen Maßstäben hinzunehmen. Dass eine gegenteilige Überzeugung möglicherweise ebenso revisionsrechtlich unbeanstandet geblieben wäre, ändert hieran nichts. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 90/08
vom
19. Juni 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
StGB §§ 78 a, 332, 334
Werden Bestechung und Bestechlichkeit in der Form begangen, dass der Bestechende
zunächst den Vorteil gewährt und der Amtsträger sodann die pflichtwidrige
Diensthandlung vornimmt, so beginnt die Verjährung beider Straftaten erst mit der
Vornahme der Diensthandlung.
BGH, Urt. vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1.: Bestechlichkeit
zu 2. und 3.: Bestechung
zu 4.: Beihilfe zur Bestechlichkeit
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
12. Juni 2008 in der Sitzung am 19. Juni 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Dr. und
Prof. Dr.
- in der Verhandlung vom 12. Juni 2008 -
als Verteidiger des Angeklagten J. ,
Rechtsanwältin
- in der Verhandlung vom 12. Juni 2008 -
als Verteidigerin des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt Dr.
- in der Verhandlung vom 12. Juni 2008 -
als Verteidiger des Angeklagten Dr. M. ,
Justizangestellte in der Verhandlung vom 12. Juni 2008,
Justizamtsinspektor bei der Verkündung am 19. Juni 2008
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 20. August 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat das gegen den Angeklagten J. wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit, gegen die Angeklagten T. und V. wegen des Vorwurfs der Bestechung sowie gegen den Angeklagten Dr. M. wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Bestechlichkeit geführte Strafverfahren hinsichtlich aller Angeklagter eingestellt (§ 260 Abs. 3 StPO), weil der Verfolgung der angeklagten Delikte das Verfahrenshindernis der Verjährung entgegenstehe. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Nach der Anklageschrift soll der Angeklagte J. als für das Bauplanungs - und Bauordnungsamt zuständiger Beigeordneter der Stadt R. aufgrund einer entsprechenden Absprache mit den Angeklagten T. und V.
im Zeitraum von 1992 bis 1999 im Zusammenhang mit drei Bauprojekten pflichtwidrige Diensthandlungen im Interesse der Angeklagten T. und V. vorgenommen haben, deren Unternehmen an diesen Projekten beteiligt waren. Im Gegenzug habe der Angeklagte J. vereinbarungsgemäß zwei größere Geldzahlungen erhalten. Diese Zahlungen seien von den Angeklagten T. und V. zur Verschleierung auf Scheinrechnungen an die Dr. Ing. M. & Partner GmbH geleistet worden, deren Geschäftsführer der Angeklagte Dr. M. war.
3
Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass 149.500 DM am 4. November 1994 und 100.050 DM am 23. Mai 1995 von den Angeklagten T. und V. an die Dr. Ing. M. & Partner GmbH flossen und als letzte eventuell pflichtwidrige Diensthandlung des Angeklagten J. zugunsten der Angeklagten T. und V. ein Bescheid vom 4. Mai 1999 in Betracht kommt, durch den der V. GmbH & Co. KG im Wege der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB der Bau von drei Doppelhäusern anstelle der im Bebauungsplan vorgesehenen zwei Gruppen zu je drei Häusern genehmigt wurde. Von einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das Landgericht abgesehen , weil bei dieser Sachlage nach seiner Auffassung Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Sowohl die mögliche Bestechlichkeit als auch die mögliche Bestechung seien mit dem letzten Zufluss eines Vorteils an den Angeklagten J. über die Dr. Ing. M. & Partner GmbH am 23. Mai 1995 beendet gewesen ; dagegen sei es unerheblich, dass der Angeklagte J. danach mit Bescheid vom 4. Mai 1999 noch eine möglicherweise pflichtwidrige Diensthandlung vorgenommen habe, die auf die getroffene Unrechtsvereinbarung zurückging. Seit dem 23. Mai 1995 sei aber mehr als das Doppelte der fünf Jahre betragenden Verjährungsfrist verstrichen (§ 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB i. V. m. § 78 Abs. 3 Nr. 4, § 78 a StGB).

II.



4
Das Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Da das Landgericht abweichende Feststellungen nicht getroffen hat, ist für diese Prüfung davon auszugehen, dass die Anklagevorwürfe zutreffen, mithin auch der Bescheid vom 4. Mai 1999 pflichtwidrig und durch die Unrechtsvereinbarung zwischen den Angeklagten J. , T. und V. sowie die bereits geleisteten Zahlungen motiviert war. Auf dieser Grundlage sind die den Angeklagten angelasteten Straftaten der Bestechlichkeit, der Bestechung sowie der Beihilfe zur Bestechlichkeit entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht verjährt.
5
1. Das Landgericht hat für die dem Angeklagten J. vorgeworfene Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 Satz 1 StGB) und die den Angeklagten T. und V. angelastete Bestechung (§ 334 Abs. 1 Satz 1 StGB) einen unzutreffenden Verjährungsbeginn angenommen. Der jeweilige Lauf der Verjährungsfrist wurde nicht schon mit dem Zufluss des letzten Vorteils am 23. Mai 1995, sondern erst mit der Vornahme der letzten Diensthandlung am 4. Mai 1999 in Gang gesetzt.
6
a) Gemäß § 78 a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist (s. etwa BGHSt 43, 1, 7; BGH NStZ 2004, 41; NJW 2006, 925, 927 [insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt]). Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft (so aber die Vertreter der tatbestandlichen Beendigungslehre; vgl. etwa Kühl in FS für Roxin S. 665, 673 ff.; Schmitz, Unrecht und Zeit S. 213 ff.; Mitsch in MünchKomm-StGB § 78 a Rdn. 5; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. vor § 22 Rdn. 2 m. w. N.); vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Um- stände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. Jescheck in FS für Welzel, S. 683, 685 ff.; Hillenkamp in LK vor § 22 Rdn. 30; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. vor § 22 Rdn. 4, 8; Hau, Die Beendigung der Straftat und ihre rechtliche Wirkungen, 1974, S. 31 f.). Von diesen Grundsätzen abzuweichen, besteht kein Anlass.
7
b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an. Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat (Jähnke in LK 11. Aufl. § 78 a Rdn. 3, 5; ebenso Schmid in LK 12. Aufl. § 78 a Rdn. 3, 5; wohl auch Fischer, StGB 55. Aufl. § 331 Rdn. 30; Lackner/Kühl aaO § 78 a Rdn. 4; s. die - allerdings nicht tragende - Formulierung in BGHSt 11, 345, 347; vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 60 für Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr; Senat, Urt. vom 10. Januar 2008 - 3 StR 462/07 - Rdn. 22 - juris - für die Abgeordnetenbestechung, § 108 e StGB; offen gelassen bei Jescheck in LK § 331 Rdn. 32; aA Otto in FS für Lackner, S. 715, 720, 722; Korte in MünchKomm-StGB § 331 Rdn. 192; Lemke in NK StGB § 78 a Rdn. 4; Kuhlen in NK § 331 Rdn. 128; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke /Schröder aaO § 78 a Rdn. 2). Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung ei- nen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vorteilsannahme abhebt und die erhöhte Strafandrohung im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung, deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB; Fischer aaO § 332 Rdn. 6 m. w. N.). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung vorgenommen, so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung (BGHSt 10, 237, 241 f.; 14, 123, 131; 15, 88, 96) sowie das öffentliche Vertrauen in diese (BGHSt 15, 88, 96; 30, 46, 48; BGH NJW 1984, 2654) werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht, indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (vgl. BTDrucks. 7/550 S. 269).
8
c) Nichts anderes gilt für die Bestechung. Für dieses der Bestechlichkeit spiegelbildlich gegenüberstehende Vergehen wird allgemein von einem identischen Beendigungszeitpunkt ausgegangen (vgl. BGH NJW 1998, 2373; 2006, 925, 927; Kuhlen aaO § 333 Rdn. 17, § 334Rdn. 12; Korte aaO § 333 Rdn. 46; Lemke aaO § 78 a Rdn. 4; Fischer aaO § 78 a Rdn. 8; Jähnke aaO § 78 a Rdn. 5; Schmid aaO § 78 a Rdn. 5; Lackner/Kühl aaO § 78 a Rdn. 4). Dem ist jedenfalls für den Fall zu folgen, dass Amtsträger und Bestechender die getroffene Unrechtsvereinbarung beidseitig erfüllen; hier gilt auch für die Bestechung, dass die Tat erst mit der letzten Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung beendet wird, unabhängig davon, ob diese in der Zuwendung des Vorteils oder der pflichtwidrigen Diensthandlung liegt. Auch bei der Bestechung tritt mit der pflichtwidrigen Diensthandlung eine Vertiefung des materiellen Unrechts durch Intensivierung der Rechtsgutsverletzung ein, da der Bestechende damit die Früchte seiner unlauteren Zuwendung erhält und damit das Endziel seines strafbaren Verhaltens erreicht. Erst hierdurch finden auch aus seiner Sicht das unlautere Zusammenwirken mit dem Amtsträger und sein rechtsverneinendes Tun ihren Abschluss. Nur nachfolgende Handlungen des Bestechenden, die die pflichtwidrige Diensthandlung ausnutzen, sind für die Beendigung der Bestechung ohne Belang; denn sie liegen außerhalb der Erfüllung der Unrechtsvereinbarung (vgl. BGH NJW 1998, 2373; Lackner/Kühl aaO § 78 a Rdn. 4). Dies ähnelt der Rechtslage beim Betrug, wo erst mit dem Eintritt des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils die Tat beendet ist.
9
d) Gegen dieses Ergebnis kann nicht eingewendet werden, dass danach in den Fällen, in denen es - etwa weil sich die Tat in dem Fordern oder Anbieten eines Vorteils erschöpft - nicht zu einer Unrechtsvereinbarung kommt oder in denen der Amtsträger die Unrechtsvereinbarung nicht erfüllt, die Tat nie beendet werde und damit auch die Verjährungsfrist nie zu laufen beginne; denn dieser Einwand trifft schon in seiner Voraussetzung nicht zu. Lehnt etwa der Amtsträger den ihm angebotenen Vorteil und die ihm angesonnenen pflichtwidrige Diensthandlung ab, so ist die Bestechung in der Tatvariante des Anbietens schon hiermit nicht nur voll-, sondern auch beendet; gleiches gilt spiegelbildlich für die Bestechlichkeit, wenn der Amtsträger vergeblich einen Vorteil für eine pflichtwidrige Diensthandlung fordert. Kommt es dagegen in der Form des Versprechens und Sich-Versprechen-Lassens eines Vorteils oder in sonstiger Weise zu einer Unrechtsvereinbarung, deren Erfüllung ausbleibt, so ist die Bestechung wie die Bestechlichkeit jedenfalls in dem Zeitpunkt beendet, in dem sich die Vereinbarung endgültig als "fehlgeschlagen" erweist (so BGH NStZ 2004, 41, 42). Es könnte demgegenüber aber auch erwogen werden, die jeweilige Tat in einer Betrachtung ex post dann als mit der Unrechtsvereinbarung beendet anzusehen, wenn innerhalb des der gesetzlichen Verjährungsfrist entsprechen- den Zeitraums von fünf Jahren keine Bemühungen zu deren Erfüllung mehr entfaltet werden.
10
Auch aus §§ 331, 333 StGB nF lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Zwar muss bei der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung der Vorteil nicht mehr auf eine konkretisierte Diensthandlung bezogen sein; vielmehr genügt es, wenn er allgemein für die Dienstausübung gedacht ist. Dies bedeutet indessen nur, dass in den Fällen der §§ 331, 333 StGB, in denen sich die Unrechtsvereinbarung nicht auf eine konkrete Diensthandlung, sondern nur allgemein auf die Dienstausübung des Amtsträgers bezieht, die Tatbeendigung gegebenenfalls nach anderen rechtlichen Kriterien zu bestimmen ist. Weitergehende Folgerungen, insbesondere zu §§ 332, 334 StGB ergeben sich hieraus nicht.
11
e) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht vorliegender Entscheidung nicht entgegen. Soweit für die Beendigung der Bestechlichkeit verschiedentlich ausschließlich auf den Zufluss des Vorteils abgestellt wurde, ohne den Zeitpunkt der Diensthandlung zu erwähnen (BGHSt 10, 237, 243 f.; BGH NJW 2006, 925, 927; NStZ-RR 2008, 42), lag dies allein daran, dass es in diesen Fällen auf die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht ankam. In der Entscheidung NJW 1998, 2373 hat der Bundesgerichtshof, nachdem die pflichtwidrige Diensthandlung in jedenfalls verjährter Zeit vorgenommen worden und die versprochene Zahlung unterblieben war, auf den Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung abgestellt und es ausdrücklich offen gelassen, ob die Diensthandlung für den Verjährungsbeginn relevant sein könne.
12
2. Auch die dem Angeklagten Dr. M. vorgeworfene Beihilfe zur Bestechlichkeit ist nach derzeitigem Sachstand nicht verjährt. Die Verjährung der Teilnahmehandlung beginnt grundsätzlich mit Beendigung der Haupttat (BGHSt 20, 227, 228; BGH NJW 1951, 727; wistra 1990, 146, 148; Jähnke aaO § 78 a Rdn. 15; Schmid aaO § 78 a Rdn. 18; Stree/Sternberg-Lieben aaO § 78 a Rdn. 8). Dies folgt aus dem Grundsatz der Akzessorietät. Den Feststellungen des Landgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass von diesem Grundsatz hier eine Ausnahme zu machen wäre, etwa weil sich die Beihilfehandlung des Angeklagten Dr. M. nur auf abgrenzbare Teile der Haupttat (vgl. BGHSt 20, 227, 228/229) oder einen begrenzten Zeitraum (vgl. BGH wistra 1990, 149, 150) beschränkte. Es ist daher derzeit davon auszugehen, dass die Verjährungsfrist für die Beihilfetat des Angeklagten Dr. M. erst zu laufen begann, als die Haupttat am 4. Mai 1999 insgesamt beendet wurde.
13
3. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Nach dem Anklagevorwurf ist es möglich, dass die Diensthandlung vom 4. Mai 1999 auf dieselbe Unrechtsvereinbarung wie die anderen inkriminierten Diensthandlungen des Angeklagten J. zurückgeht und mit diesen eine tatbestandliche Handlungseinheit bildet (vgl. BGH NStZ 1995, 92). Läge damit Tatbeendigung erst mit dem 4. Mai 1999 vor, so wäre für die Taten der Angeklagten Verfolgungsverjährung nicht eingetreten. Die fünfjährige Verjährungsfrist wurde zunächst durch die staatsanwaltschaftliche Beauftragung eines Sachverständigen am 23. August 2001 (§ 78 c Nr. 3 StGB) und sodann durch die Erhebung der öffentlichen Klage am 24. Juni 2005 (§ 78 c Nr. 6 StGB) unterbrochen. Das angefochtene Urteil ist vor Ablauf der absoluten Verjährungsfrist ergangen; seither ruht die Verjährung (§ 78 b Abs. 3 StGB).

III.


14
Mit der Aufhebung des Urteils werden die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Kosten- und Auslagen- sowie die Entschädigungsentscheidung gegenstandslos.
15
Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. StPO Gebrauch gemacht.
Becker Miebach Pfister RiBGH Hubert und RiBGH Dr. Schäfer befinden sich im Urlaub und sind daher gehindertzuunterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 633/10
vom
6. September 2011
in der Strafsache
gegen
Karlheinz S c h r e i b e r ,
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 5. Mai 2010, soweit er verurteilt wurde, mit den Feststellungen zu seiner Ansässigkeit , zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt wurde. Ausgenommen hiervon sind Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten "Holgart" und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Soweit ihm darüber hinaus in der Anklage Vergehen der Bestechung und der Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt worden waren, hat das Landgericht das Verfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung wegen Eintritts von Verfolgungsverjährung und hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue eingestellt, weil insoweit die Auslieferung vom kanadischen Justizminister nicht bewilligt wurde. Das Landgericht hat weiter bestimmt, dass von der in Kanada erlittenen Auslieferungshaft neun Tage auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden.
2
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die ebenfalls auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt ist, gegen die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung, das der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung. Demgegenüber können die Feststellungen teilweise - wie aus dem Tenor ersichtlich - aufrechterhalten bleiben.

A.


Die Revision des Angeklagten

I.


4
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt, weil er in seinen Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 ihm zugeflossene Einkünfte nicht erklärt hatte. Im Einzelnen hat das Landgericht zu der Verurteilung des Angeklagten folgende Feststellungen und rechtliche Wertungen getroffen:
5
1. Der seit Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im Bereich des Straßenbaus unternehmerisch tätige Angeklagte verlagerte im Laufe der Zeit seine geschäftlichen Aktivitäten hin zum Vermitteln und Vermakeln von Geschäften aller Art. Hierbei kamen ihm seine bereits bestehenden geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu „Exponenten der Wirtschaft und der Politik“ zu Gute.
6
Spätestens Mitte der 80er Jahre beschloss der Angeklagte, die ihm aus seinen Vermittlungsaktivitäten zufließenden Provisionen zumindest zum Teil gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verheimlichen, um so seine Einkommensteuerlast rechtswidrig zu reduzieren. Zum Vollzug dieses Tatplans bediente er sich mindestens zweier Tarnfirmen, die formell als Träger der Vermittlungsgeschäfte und wirtschaftlich Berechtigter der verdienten Provisionen auftreten sollten, obwohl sie mangels Personals und Geschäftsausstattung zu werbender Tätigkeit nicht imstande waren. Diese oblag vielmehr tatsächlich dem Angeklagten, der auch Inhaber der jeweiligen Provisionsansprüche wurde und an den die Provisionszahlungen - wenngleich verschleiert - erfolgten.
7
Bei den Tarnfirmen handelte es sich einerseits um die Firma A. , die in Panama gegründet worden und dort auch ansässig war, sowie die in Liechtenstein gegründete und ansässige Firma I. . Beide Gesellschaften waren Tochterunternehmen der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen K. - Anstalt; sie wurden in den Jahren 1984 bis 1991 im Auftrag des Angeklagten durch den Schweizer Staatsangehörigen Pe. treuhänderisch verwaltet.
8
Die Gesellschaften unterhielten verschiedene Stamm- und Unterkonten bei Banken in der Schweiz und in Liechtenstein, hinsichtlich derer im Wesentlichen der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Die zunächst den Stammkonten der Gesellschaften gutgeschriebenen Provisionszahlungen wurden von dort aus auf die Unterkonten weitergeleitet und verteilt. Durch die vielfältigen Kontobewegungen sollte nach dem Plan des Angeklagten „eine Vielzahl von Provisionsempfängern vor- und [dadurch] darüber hinwegge- täuscht werden, dass die Provisionen ausschließlich dem Angeklagten zuflos- sen.“
9
Im Einzelnen kam es zwischen April 1988 und Oktober 1993 zu Provisionszahlungen an den Angeklagten in einer Gesamthöhe von mehr als 64 Millionen DM. Die Zahlungen erfolgten dabei von der T. AG, der M. GmbH und der A. G.I.E.. Ihnen lagen Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit verschiedenen Geschäften der vorgenannten Firmen zu Grunde, u.a. Flugzeugverkäufe der A. G.I.E. an kanadische und thailändische Fluggesellschaften und die Lieferung von Panzerfahr- zeugen des Typs F. von der T. AG an das saudi-arabische Verteidigungsministerium.
10
Die vorgenannten, ihm zugeflossenen Einkünfte erklärte der Angeklagte, der in den fraglichen Veranlagungszeiträumen seinen Hauptwohnsitz in Kaufering in der Bundesrepublik Deutschland hatte, in den von ihm in Deutschland abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 nicht. Neben der deutschen Staatsangehörigkeit besitzt der Angeklagte seit 1982 auch die kanadische Staatsangehörigkeit. Auch gegenüber den kanadischen Finanzbehörden erklärte der Angeklagte indes die vorgenannten Einkünfte nicht.
11
Das Verschweigen der Provisionseinkünfte hatte zur Folge, dass in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1993 Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von mehr als 14 Millionen DM nicht festgesetzt wurde.
12
2. Nach der Auffassung der Strafkammer hatte der Angeklagte auf der Grundlage dieser Feststellungen sein (Welt-)Einkommen in den Jahren 1988 bis 1993 in Deutschland zu versteuern.
13
Der Umstand, dass der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering noch mehrere Wohnungen und Büros in Kanada besessen habe und auch kanadischer Staatsangehöriger ist, sei insoweit un- beachtlich. Die vom Angeklagten „intendierte Verlegung der Steuerpflicht nach Kanada“ scheitere daran, dass er die ihm wirtschaftlich zuzurechnenden Provi- sionseinnahmen nicht in Kanada versteuert habe. Aufgrund der in Art. 23 Abs. 3 des zur Tatzeit geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17. Juli 1981 (BGBl. 1982 II S. 801, nachfolgend: DBA Kanada 1981) enthaltenen sog. Rückfallklausel sei das Besteuerungsrecht deshalb für die zunächst möglicherweise freigestellten Einkünfte wieder zurück an die Bundesrepublik Deutschland gefallen.
14
Die dem Angeklagten wirtschaftlich zugeflossenen Provisionseinkünfte seien daher in den vom Angeklagten abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 zu erklären gewesen. Indem er sie verschwieg, verwirklichte er den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

II.

15
Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten ist begründet , soweit im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Antrags vom 22. Februar 2010 (von der Revision als sog. „Ansässigkeitsantrag“ bezeichnet) eine Verfahrensrüge erhoben wird. Sie führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs. Die Feststellungen können indes mit Ausnahme derer zur Ansässigkeit des Angeklagten, zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufrechterhalten bleiben.
16
1. Der Strafkammer ist bei der Ablehnung des Antrags vom 22. Februar 2010 ein durchgreifender Rechtsfehler unterlaufen, der seine Ursache letztlich in einer unzutreffenden Rechtsansicht zur Besteuerung der Einkünfte des Angeklagten nach Maßgabe des DBA Kanada 1981 hatte.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
18
Am 22. Februar 2010 stellte der Verteidiger des Angeklagten einen Antrag , dessen Ziel der Nachweis war, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig war. Insoweit wurden 17 einzelne Behauptungen aufgestellt. Diese hatten z.B. zum Gegenstand, dass der Angeklagte „seit den 70er Jahren eine mindestens 100m² große repräsentative Wohnung … in Calgary und seit 1988 ein repräsentatives Haus … in Ottawa besaß“ und dass sich der Ange- klagte „von Mitte der 80er Jahre bis mindestens Ende des Jahres 1993 regel- mäßig über Wochen und Monate in Kanada aufgehalten hat und dass der Angeklagte insgesamt häufig über 6 Monate pro Jahr in Kanada und stets mehr in Kanada als in Deutschland gewesen ist“. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden 14 in Kanada lebende Zeugen und ein Zeuge, der über das Auswärtige Amt in Berlin geladen werden sollte, benannt. Im Anschluss finden sich in dem Antrag dann Ausführungen dazu, weshalb die benannten Zeugen Angaben zu den einzelnen Beweisbehauptungen machen könnten.
19
Zu dem Antrag nahm neben dem Vertreter des Finanzamts AugsburgStadt am 24. März 2010 auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft Stellung. Er beantragte, den Antrag abzulehnen, weil die Behauptungen teilweise zu unbestimmt seien und teilweise lediglich Beweisziele enthielten.
20
Mit am 21. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss lehnte die Strafkammer den als Beweisantrag behandelten Antrag wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab. Soweit hier von Interesse hat die Begründung des Beschlusses folgenden Wortlaut: „Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind unter dem Aspekt des Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) rechtlich ohne Bedeutung (§ 244 III S. 2 StPO). Selbst dann, wenn der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering derartige Niederlassungen auch in Kanada gehabt haben sollte, hätte das DBA die anklagegegenständlichen Provisionseinnahmen des Angeklagten nicht dem steuerlichen Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Denn das in den Jahren 1988 – 1993 in Kraft befindliche DBA 1981 war in Art. 23 III mit einer sog. Rückfallklausel ausgestattet. Danach fiel das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück , wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte.“
21
b) Die Ablehnung des „Beweisantrages“ erfolgte rechtsfehlerhaft, da die Behauptungen rechtlich nicht bedeutungslos sind, denn die Frage, ob der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada war, ist für den Schuldspruch entscheidend.
22
aa) Nicht zu beanstanden ist indes die Auffassung der Strafkammer, wonach es sich bei Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 um eine sog. Rückfallklausel handelt, die zur Folge hat, dass das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück an den Ansässigkeitsstaat fällt, wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte. Dieses Verständnis steht in Übereinstimmung mit der - auch aus Sicht des Senats zutreffenden - Auslegung des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 durch den Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2007 - I R 96/06, BFHE 219, 534; vgl. auch BFH, Urteil vom 11. Juni 1996 - I R 8/96, BFHE 181, 125).

23
bb) Die in Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 enthaltene Rückfallklausel ist allerdings nicht geeignet, die rechtliche Bedeutungslosigkeit der im gegenständlichen Antrag aufgestellten Behauptungen i.S.v. § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zu begründen, weshalb die Ablehnung des Antrags nicht auf diesen Ablehnungsgrund gestützt werden konnte.
24
(a) Da der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl in Deutschland, als auch in Kanada einen Wohnsitz hatte und er deshalb i.S.v. Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 sowohl in Deutschland als auch in Kanada unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (vgl. einerseits § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 AO sowie andererseits Part I Division A Subsection 2 des Kanadischen Income Tax Act), ist für die Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht , maßgeblich, wo der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 ansässig war. Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 entscheidet insoweit darüber, welcher der beiden Vertragsstaaten als Ansässigkeitsstaat und welcher als Quellenstaat zu behandeln ist, wenn eine Person nach Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 in beiden Staaten ansässig ist (vgl. allgemein Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, 112. Aufl., OECD-Musterabkommen, Art. 4 Rn. 51). Dem danach gegebenen Ansässigkeitsstaat steht grundsätzlich das Besteuerungsrecht für die Gewinne des Unternehmens zu, es sei denn, das Unternehmen verfügt in dem jeweils anderen Staat über eine Betriebsstätte (vgl. Art. 7 Abs. 1 DBA Kanada 1981), der dann der sog. Quellenstaat ist.
25
(b) Stehen demnach sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch dem Quellenstaat Besteuerungsrechte zu, sieht Art. 23 DBA Kanada 1981 eine Regelung vor, wie die Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 definiert insoweit (lediglich), unter welchen Voraussetzungen Gewinne oder Einkünfte aus Quellen eines der beiden Staaten stammen, damit die in Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Kanada 1981 enthaltenen Vorschriften zur Beseitigung der Doppelbesteuerung angewandt werden können und ordnet sie dem Ansässigkeitsstaat zu, wenn - wie oben dargelegt - im Quellenstaat eine Besteuerung nicht erfolgt. Daher kann Art. 23 DBA Kanada 1981 in seiner Gesamtheit, einschließlich Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981, erst Anwendung finden, wenn nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen geklärt ist.
26
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Sollte der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig gewesen sein, dann wären im Quellenstaat (Deutschland) zwar erzielte, aber nicht besteuerte Einkünfte aufgrund der Rückfallklausel in Kanada (Ansässigkeitsstaat) zu versteuern. Nur dann, wenn der Angeklagte in Deutschland ansässig war, steht dem deutschen Steuerfiskus die Besteuerung der im Quellenstaat Kanada nicht besteuerten Einkünfte zu. Bei der Anwendung der Rückfallklausel muss daher zunächst die Vorfrage beantwortet werden, welcher Staat der Ansässigkeitsstaat war - Kanada oder Deutschland. Deshalb ist es - wie das Landgericht rechtsirrig annimmt - für die Anwendung der Rückfallklausel eben nicht bedeutungslos , wo der Angeklagte ansässig war.
27
(c) Dies hat die Strafkammer verkannt, wenn sie annimmt, dass esfür die Begründung der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen in einem der Vertragsstaaten ausreicht, dass in dem anderen Vertragsstaat eine Besteuerung der dort erzielten Gewinne und Einkünfte nicht erfolgte. Davon ausgehend wird die rechtliche Bedeutungslosigkeit, auf die die Ablehnung des Beweisantrags gestützt wird, rechtsfehlerhaft aus einem Tatbestand abgeleitet, der voraus- setzt, dass das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen ist.
28
cc) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Antrags beruht das Urteil auch. Bei der gegebenen Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil bei zutreffender Bescheidung des Antrags möglicherweise anders ausgefallen wäre. Ein Austausch der Ablehnungsgründe (z.B. mit dem Ablehnungsgrund der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit oder dem des § 244 Abs. 5 StPO) ist dem Senat nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02, NStZ 2003, 101, 102).
29
dd) Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man - was offen bleiben kann - den Antrag der Verteidigung vom 22. Februar 2010 nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisermittlungsantrag ansehen würde.
30
(1) Für letzteres könnte zunächst sprechen, dass - wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2010 angeführt - die Behauptungen teilweise zu unbestimmt und teilweise lediglich Beweisziele benannt sind.
31
Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die erforderliche Konnexität zwischen den einzelnen Beweisbehauptungen und den Zeugen gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 6; BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.; BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Denn es versteht sich zunächst nicht von selbst, warum die einzelnen Zeugen zu den einzelnen Beweisbehauptungen etwas bekunden können. Auch die im Antrag hinsichtlich der einzelnen Zeugen angeführten Begründungen erschöpfen sich in pauschalen Ausführungen, die den diesbezüglichen Anforderungen nicht gerecht werden. Insoweit gilt allgemein, dass der Antragsteller auch die Tatsachen hinreichend bestimmt zu behaupten hat, aus denen sich die Konnexität ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Dies gilt umso mehr, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen ihrerseits - wie hier - teilweise von gewisser, im Einzelfall aber hinzunehmender Unschärfe sind.
32
(2) Selbst wenn es sich aber lediglich um einen Beweisermittlungsantrag handeln würde, könnte aufgrund der Behandlung des Antrags durch die Strafkammer ein durchgreifender Rechtsfehler vorliegend nicht ausgeschlossen werden.
33
(a) In solchen Fällen gilt zwar grundsätzlich, dass die Zurückweisung eines Beweisermittlungsantrags die Revision nur dann begründet, wenn das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581). Dass die Zurückweisung des Beweisermittlungsantrags dabei in der Form der Bescheidung eines Beweisantrags erfolgte, ändert hieran grundsätzlich nichts (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN). Ob das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat, prüft das Revisionsgericht dabei aus seiner Sicht der Dinge (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 1985 - 1 StR 775/84, NStZ 1985, 324, 325 mwN).
34
(b) Hat das Tatgericht aber durch die Behandlung als Beweisantrag und die unzutreffende Begründung hinsichtlich der Bedeutung der Behauptung eine „irreführende Prozesslage“ geschaffen, führt dies - abweichend vom vorge- nannten Grundsatz - auch dann zum Erfolg der Revision, wenn - am vorstehenden Maßstab gemessen - eine rechtsfehlerfreie Ablehnung des Antrags möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN).
35
(c) So stellt sich die Sachlage vorliegend dar. Indem das Landgericht den Antrag - trotz abweichender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft - als Beweisantrag beschied und zur Ablehnung des Antrags allein die rechtliche Bedeutungslosigkeit anführte, brachte es zum Ausdruck, dass es sich auch aus seiner Sicht um einen Beweisantrag handelte.
36
Insoweit wurde dem Angeklagten und seinen Verteidigern die Möglichkeit genommen, den möglicherweise wegen zu unbestimmter Behauptungen und fehlender Konnexität lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizierenden Antrag so nachzubessern, dass er die Qualität eines Beweisantrags erlangt. Dass dem Antragssteller eine solche Nachbesserung nicht möglich gewesen wäre, kann der Senat nicht ausschließen. Es ist ihm daher verwehrt, auf den Gesichtspunkt abzustellen, es handele sich tatsächlich bei dem fraglichen Antrag lediglich um einen Beweisermittlungsantrag.
37
Hinzu kommt, dass das Landgericht den Antragsteller durch die rechtsfehlerhafte Behandlung des Antrags auch im Unklaren darüber lässt, welches Gewicht die Strafkammer den auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten durchaus bedeutsamen Gesichtspunkten beimisst, die für eine Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland sprechen (z.B. Angaben in den Einkommensteuererklärungen , Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren). Der Angeklagte und seine Verteidiger hatten daher auch keine Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, aus welchen Gesichtspunkten und in welchem Umfang die Aufklärungspflicht zur Erhebung der beantragten Beweise drängen könnte.

III.


38
Der festgestellte Verfahrensverstoß zieht die Aufhebung des Schuldspruchs nach sich. Zwar hat der Angeklagte selbst dann, wenn er in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 ansässig gewesen sein sollte, in den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuererklärungen unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht, indem er pflichtwidrig die ihm zurechenbaren Provisionseinkünfte verschwieg. Dies ist vorliegend aber nicht geeignet, den Schuldspruch bestehen zu lassen.
39
Es spricht zwar einiges dafür, dass es aufgrund des Verschweigens der Provisionseinkünfte in den Veranlagungszeiträumen jeweils zu Steuerverkürzung i.S.v. § 370 Abs. 4 AO kam, wenngleich die Höhe der Steuerverkürzung noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Danach könnte zwar der Schuldspruch grundsätzlich bestätigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, NStZ 2009, 157). Der Senat kann aber in der Gesamtheit nicht sicher ausschließen, dass dann, wenn das neue Tatgericht zu der Feststellung kommen sollte, dass der Angeklagte im Tatzeitraum in Kanada ansässig i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 war, in einzelnen Veranlagungszeiträumen die Möglichkeit besteht, dass sich das in Deutschland zu versteuernde Einkommen soweit reduziert, dass eine Steuerverkürzung vollständig entfällt (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 5 StR 58/07).

IV.


40
Die Aufhebung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs.
41
Der Senat kann daher offen lassen, ob - wie von der Revision behauptet - Rechtsfehler bei der Strafzumessung durch das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gegeben sind.

V.


42
Der Verfahrensfehler bedingt die Aufhebung der Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten in den fraglichen Veranlagungszeiträumen, zum vom Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen erzielten Gewinnen, zur Höhe des jeweils zu versteuernden Einkommens und zur Höhe der jeweils verkürzten Steuern. Demgegenüber können die weitergehenden Feststellungen, namentlich zur Höhe der verfahrensgegenständlichen Provisionseinnahmen und zu deren wirtschaftlicher Zuordnung zum Angeklagten aufrechterhalten bleiben.
43
1. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen sind aufzuheben, soweit sie durch die Gesetzesverletzung betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Erweist sich die Revision hinsichtlich der gesamten Verurteilung als begründet, so sind mit dem Urteil an sich auch die ihm zugrunde liegenden, gemäß § 267 Abs. 1 und Abs. 5 StPO in die Urteilsgründe aufgenommenen Feststellungen insgesamt aufzuheben, um dem Tatrichter, an den die Sache zurückverwiesen wird, Gelegenheit zu einer umfassenden neuen Sachverhaltsfeststellung zu geben (vgl. Kuckein in KK-StPO, § 353 Rn. 24 mwN). Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Das Revisionsgericht hat insbesondere zu prüfen, ob und inwiefern sich der angenommene Rechtsverstoß überhaupt auf die Sachverhaltsfeststellung ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 27. November 1959 - 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 34). Sodann ist zu untersuchen, in welchem Umfang die betroffenen Feststellungen aus dem Gesamtzusammenhang des festgestellten Sachverhalts herausgelöst werden können, ohne dass damit die anderen Feststellungen , und sei es auch nur durch Wegfall eines Beweisanzeichens, in Zweifel gezogen werden (BGH aaO, BGHSt 14, 30, 35).
44
2. Danach sind zunächst die Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten aufzuheben. Diese beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass der Angeklagte, wie vom Landgericht ausgeführt, seinen Hauptwohnsitz in Kaufering hatte.
45
Insoweit kann offen bleiben, ob das Urteil in diesem Zusammenhang auch einen auf die Sachrüge zu berücksichtigenden Darlegungsmangel aufweist , weil sich die Strafkammer aufgrund des unzutreffenden Verständnisses von Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 den Blick für das Erfordernis weiterer Darlegungen im Zusammenhang mit der Frage der Ansässigkeit verbaut hat.
46
3. Aufzuheben sind auch die Feststellungen zu den vom Angeklagten erzielten Gewinnen sowie zur Höhe seines zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern.
47
Dies folgt bereits daraus, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des vom Angeklagten erzielten Gewinns und des in Deutschland zu versteuernden Einkommens des Angeklagten ändern würde, wenn in der neuen Hauptverhandlung festgestellt werden sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war. Bemessungsgrundlage sind dann neben den erklärten Einkünften des Angeklagten auch die verschwiegenen Provisionseinkünfte, die aus Quellen innerhalb Deutschlands stammen. In diesem Fall wären daher in der neuen Hauptverhandlung auch Feststellungen dazu erforderlich, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen.
48
Die insoweit mögliche Verringerung des zu versteuernden Einkommens würde darüber hinaus auch die Höhe der - zum Nachteil des deutschen Fiskus - verkürzten Steuern betreffen.
49
Der Senat kann daher offen lassen, ob das vom Angeklagten zu versteuernde Einkommen rechtsfehlerfrei ermittelt wurde.
50
4. Mit Ausnahme der vorgenannten Feststellungen haben die weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Bestand. Hierbei handelt es sich namentlich um solche zum Rechtsgrund und zur Höhe der Provisionseinkünfte sowie die diesbezügliche wirtschaftliche Berechtigung des Angeklagten. In Bestandskraft erwachsen auch die Feststellungen dazu, dass die Provisionseinkünfte nicht in Kanada besteuert und in den in Deutschland abgegebenen Steuererklärungen des Angeklagten nicht erklärt wurden.
51
a) Diese Feststellungen sind durch den aufgezeigten Verfahrensverstoß nicht betroffen und können von den aufgehobenen Feststellungen im vorgenannten Sinn getrennt werden.
52
b) Soweit im Zusammenhang mit den in Bestandskraft erwachsenden Feststellungen Verfahrensrügen erhoben wurden, sind diese unbegründet oder aber für den Bestand der Feststellungen ohne Bedeutung. Näherer Erörterung bedarf insoweit lediglich Folgendes:
53
aa) Zum Rechtsgrund und zur Höhe der vom Angeklagten verschwiegenen Provisionseinkünfte:
54
(1) Die Ansässigkeit des Angeklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Auch soweit das neue Tatgericht zu der Überzeugung gelangen sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig gewesen ist, stünden die bisherigen Feststellungen solchen neuen Feststellungen nicht entgegen. Sie könnten widerspruchsfrei getroffen werden.
55
Insoweit könnte sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, weitergehende Feststellungen dazu zu treffen, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen (vgl. oben III. und V. 3).
56
(2) Soweit die Revision im Hinblick auf den Quellenstaat der Provisionseinkünfte die Verletzung von § 245 Abs. 2, § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Beweisantrags vom 14. April 2010 rügt, ist diese Rüge für die bestandskräftigen Feststellungen aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht mehr relevant. Auf dem mit ihr aufgezeigten Rechtsfehler beruht das Urteil daher nicht:
57
(a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
58
In dem genannten Beweisantrag wurde unter Beweis gestellt, dass der Angeklagte die Provisionen aus drei Provisionsgeschäften allein in kanadischen Betriebsstätten erzielt haben soll. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden einerseits vier Zeugen benannt. Weiter wurden als Beweismittel 57, teils in ausländischer Sprache verfasste Schriftstücke angeführt, die zusammen mit dem Beweisantrag in der Hauptverhandlung in Kopie übergeben wurden.

59
Die Strafkammer lehnte auch diesen Beweisantrag mit dem in der Hauptverhandlung vom 21. April 2010 verkündeten Beschluss und der bereits oben angeführten Begründung wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab.
60
(b) Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt, wofür nach Auffassung des Senats im Grundsatz einiges spricht (vgl. aber insoweit BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 646/93, NStZ 1994, 593). Soweit es sich indes um fremdsprachliche Urkunden handelt, bestehen - losgelöst von der Frage, ob nur Originalurkunden präsente Beweismittel sind - angesichts der Tatsache, dass bei deren Vorlage ein Dolmetscher nicht anwesend war, demgegenüber Zweifel.
61
(c) Bei der gegebenen Sachlage erweist sich die Ablehnung des Beweisantrages wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen zwar als rechtsfehlerhaft.
62
Die Ablehnung wäre nur dann nicht zu beanstanden, wenn - was die Strafkammer indes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte im Veranlagungszeitraum in Deutschland ansässig war. Denn dann würde, selbst wenn darüber hinaus erwiesen wäre, dass die fraglichen Provisionseinkünfte des Angeklagten durch Betriebsstätten in Kanada verdient worden sind, Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 greifen, nachdem rechtsfehlerfrei - und von der Revision auch nicht angegriffen - festgestellt ist, dass der Angeklagte die Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuerte (vgl. UA S. 85). Dies hätte zur Folge, dass die dann grundsätzlich zwar der kanadischen Besteuerung unterliegenden Einkünfte wegen der in Kanada unterlassenen Besteuerung wieder der deutschen Besteuerung unterfallen. Durch das Verschweigen dieser Einkünfte wäre bei Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt. Bei der Verkürzungsberechnung könnten dann sämtliche Provisionseinkünfte des Angeklagten - unabhängig vom Quellenstaat - zu Grunde gelegt werden.
63
(d) Dieser Rechtsfehler wirkt sich indes im Hinblick auf die Feststellungen , die aufrechterhalten bleiben, nicht aus.
64
bb) Bestehen bleiben können auch die Feststellungen zur wirtschaftlichen Zuordnung der Provisionseinkünfte für den Angeklagten und dazu, dass diese dem Angeklagten im fraglichen Zeitraum zugeflossen sind.
65
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
66
(1) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
67
Im Zusammenhang mit dem Zustandekommen und dem Inhalt eines Schuldanerkenntnisses, das zu Gunsten der Firma I. von dem Zeugen Pe. abgegeben wurde und dem die Strafkammer im Zusammenhang mit der Inhaberschaft an der Firma I. zu Lasten des Angeklagten indizielle Bedeutung beimisst, stellte der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 15. März 2010 einen Beweisantrag. Dieser hatte verschiedene Geschehnisse im Vorfeld der Abgabe des Schuldanerkenntnisses und zu dessen tatsächlichen Hintergründen zum Gegenstand.
68
Zum Beweis der im Antrag aufgestellten Beweisbehauptungen wurden einerseits verschiedene Zeugen benannt. Die Ablehnung von deren Vernehmung wird mit der Revision nicht angegriffen.
69
Weiter wurde die Verlesung mehrerer - wiederum teils fremdsprachiger - Urkunden und deren Inaugenscheinnahme beantragt. Zu diesem Zwecke waren die Urkunden dem Beweisantrag in Kopie beigefügt.
70
Mit am 12. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss wurde der Beweisantrag zurückgewiesen. Der unter Beweis gestellte Sachverhalt , sprich die Entstehungsgeschichte des Schuldanerkenntnisses, wurde zu Gunsten des Angeklagten als wahr unterstellt.
71
(2) Soweit im Hinblick auf die abgelehnte Verlesung (und Inaugenscheinnahme ) der mit dem Beweisantrag in Kopie vorgelegten Urkunden die Verletzung von § 245 Abs. 2 StPO gerügt wird, beruht das Urteil auf einem möglicherweise gegebenen Rechtsfehler nicht.
72
(a) Auch insoweit kann offen bleiben, ob und ggfs. in welchem Umfang es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt.
73
(b) Aber selbst wenn aufgrund der Präsenz der Urkunden eine Ablehnung nur im Rahmen der Ablehnungsgründe des § 245 Abs. 2 StPO möglich gewesen wäre, beruht das Urteil nicht auf der dann rechtsfehlerhaft auf § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 7 StPO gestützten Ablehnung des Beweisantrags.
74
(aa) Insoweit ist bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 1 StPO anerkannt, dass der Umstand, dass der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit in Fällen des § 245 StPO nicht gilt, nicht dazu führt, dass bei rechtsfehlerhafter Nichtverwendung eines präsenten Beweismittels eine Beruhensprüfung grundsätzlich zu unterbleiben hat bzw. dass ein Beruhen des Urteils auf der Gesetzesverletzung regelmäßig nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 StR 596/95, NJW 1996, 1685). Für die Prüfung des Beruhens gelten daher auch bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 2 StPO keine Besonderheiten (Becker in LR-StPO § 245 Rn. 80).
75
(bb) Vorliegend kann sicher ausgeschlossen werden, dass das Urteil bei Erhebung der Beweise anders ausgefallen wäre.
76
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, hat sich die Strafkammer an die im Ablehnungsbeschluss getroffene Wahrunterstellung ohne Einengung, Umdeutung oder inhaltliche Änderung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1982 - 1 StR 802/81, NStZ 1982, 213) im Rahmen der Beweiswürdigung gehalten und sich dort - soweit geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 - 2 StR 749/78, BGHSt 28, 310) - ebenso wie im Ablehnungsbeschluss mit den als wahr unterstellten (Indiz-)Tatsachen auseinandergesetzt. Dass das Landgericht daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen hat, die der Antragsteller gezogen wissen wollte, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1986 - 3 StR 234/86, StV 1986, 467). Namentlich kannhierin - wie von der Revision behauptet - keine unzulässige Beweisantizipation erblickt werden. Demnach ist nicht ersichtlich, zu welchen anderen Feststellungen das Landgericht gekommen wäre, wenn es die beantragte Beweiswürdigung durchgeführt hätte.

B.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
77
Die - auf die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung beschränkte - Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen, mit der ein Verstoß gegen § 261 StPO geltend gemacht wird, bedarf es daher nicht. Die von der Aufhebung ausgenommenen Feststellungen sind von dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht betroffen, wie auch der Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung zeigt.

I.


78
Soweit die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung von der Revision der Staatsanwaltschaft angegriffen ist, hat die Strafkammer in der Gesamtschau der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
79
1. Der Angeklagte richtete im September 1991 beim Schweizerischen Bankverein unter der Kontonummer ein Rubrikkonto mit der Bezeich- nung „Holgart“ ein, über das nur der Angeklagte sowie die von ihm bevollmäch- tigten Familienangehörigen verfügungsberechtigt waren. Hinter der Bezeich- nung „Holgart“ stand der ehemalige Staatssekretär Dr. P. .
80
Am 2. September 1991 wurden auf diesem Konto 3.800.000 DM einbezahlt. Dr. P. erhielt vom Angeklagten sodann „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung“, die im Urteil nicht näher dargelegt wird, am 13. Dezember 1991 250.000 DM, am 23. Januar 1992 127.000 DM und „letztmals“ am 28. April 1992 500.000 DM, die dem vorgenannten Rubrikkonto entnommen wurden.
81
Ende des Jahres 1994 schichtete der Angeklagte das auf dem Rubrik- konto „Holgart“ vorhandene Guthaben auf sein Konto Nr. beim Schwei- zerischen Bankverein um. Auch hier richtete er wieder Rubrikkonten, u.a. eines mit der Bezeichnung „Holgart“, ein. Ende Januar 1995 befanden sich auf die- sem Rubrikkonto 3.162.000 DM.
82
Am 26. Januar 1995 eröffnete die Ehefrau des Angeklagten bei der Verwaltungs - und Privatbank Vaduz in Liechtenstein drei Währungskonten. Am 27. Januar 1995 wurden dort dem DM-Konto „3.162.00,00“ (gemeint sind wohl 3.162.000,00) DM unter Angabe des Zahlungsgrunds „Ref. Holgart“ gutgeschrieben. Bei dieser Gutschrift handelt es sich um das Restguthaben des oben genannten Rubrikkontos „Holgart“ beim Schweizerischen Bankverein.
83
Am 31. Januar 1995 hob die Ehefrau des Angeklagten von den Währungskonten einen Betrag von insgesamt 11.780.837,50 SFR ab; danach wurden die Währungskonten gelöscht. Anschließend wurden erneut Rubrikkonten eröffnet, darunter auch eines mit der Bezeichnung „Holgart“. Die von diesen Rubrikkonten bis Ende 1996 nachvollziehbaren Kontobewegungen weisen keinen Bezug zu Dr. P. auf.
84
2. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung ist nach Auffassung der Strafkammer Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Tat am 28. April 1992 beendet gewesen sei. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die ra- tenweise Bestechung erst dann beendet ist, wenn der Bestochene die ihm abverlangte Diensthandlung vollführt, käme in vorliegender Sache nicht zum Zu- ge, da die vom Angeklagten belohnten rechtswidrigen Entscheidungen „laut Anklage“ bereits am 12. und 20. März 1991 getroffen worden seien. Offen kön- ne bleiben, ob die Tat nicht bereits mit dem Ausscheiden Dr. P. aus seinem Amt als Staatssekretär am 29. Februar 1992 beendet war, da dies am Ergebnis nichts ändere.
85
Ausgehend von diesem Beendigungszeitpunkt und unter Berücksichtigung der im Strafverfahren getroffenen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen sei absolute Verfolgungsverjährung am 27. April 2002 um Mitternacht eingetreten. Die Verjährung habe auch nicht nach Maßgabe von § 78b Abs. 4 oder 5 StGB geruht. § 78b Abs. 4 StGB sei vorliegend im Hinblick auf § 2 Abs. 3 StGB nicht anwendbar; bei Inkrafttreten des § 78b Abs. 5 StGB am 11. August 2005 sei die Tat bereits verjährt gewesen.
86
Anhaltspunkte für eine spätere Beendigung der Tat gäbe es auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht. Namentlich die Kontobewegungen in den Jahren 1995 und 1996 würden nicht für eine Beendigung der Tat erst am 14. Dezember 1995, dem Tag, als bei Dr. P. eine Hausdurchsuchung im Hinblick auf die ihm zur Last liegenden Taten stattfand, sprechen. Dass der Angeklagte darüber hinaus für Dr. P. das Rubrikkonto „Holgart“ treuhänderisch verwaltet hat, konnte die Kammer nicht feststellen.

II.

87
Die Einstellung hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , wann die Tat ihre Beendigung fand. Das Urteil genügt in diesem Zusammenhang nicht den Anforderungen, die an ein Einstellungsurteil wegen Verjährung zu stellen sind.
88
1. Insoweit gilt allgemein:
89
In den Urteilsgründen eines Einstellungsurteils wegen Verjährung muss grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden, aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben. Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10, BGHSt 56, 6 mwN).
90
Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses, das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste, hinreichend festzustellen. Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgeschehen erforderlich , bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (BGH aaO mwN).
91
Die Sachverhaltsdarstellung sollte dabei - unbeschadet des Grundsatzes der Einheit der Urteilsgründe - in sich geschlossen sein. Verteilen sich die Feststellungen - wie hier - auf unterschiedliche Passagen des Urteils und wird nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterschieden, so kann das Urteil dem Leser die wesentlichen , die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen nicht vermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183).
92
2. Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
93
a) Das Urteil teilt bereits nicht mit, welchen konkreten Inhalt die zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung hatte. Vielmehr erschöpfen sich die Feststellungen im Urteil darin, dass „der Angeklagte dem Mitverfolgten Dr. P. aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals am 28. April 1992 eine Bestechungssumme von 500.000,-- DM ausbezahlt“. Hinreichend konkrete Feststellungen zum Inhalt der Unrechtsvereinbarung sind indes für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Strafkammer zu Recht den Eintritt der Verfolgungsverjährung bejaht hat, von erheblicher Bedeutung. Denn grundsätzlich gilt, dass erst dann, wenn der Beamte die Amtshandlung vollzogen und den Vorteil, den er dafür forderte oder sich versprechen ließ, in seinem letzten Stück erhalten und angenommen hat, die Tat beendet ist (BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 243; BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Erforderlich ist daher, dass sich die Feststellungen zur Unrechtsvereinbarung insbesondere auch dazu verhalten, welchen Bestechungslohn der Beamte erhalten und wie die Zuwendung des Bestechungslohns konkret ausgestaltet werden sollte.
94
Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung, dass die Zahlung „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals“ erfolgte, nicht hinreichend aussagekräftig. Ihr kann insbesondere nicht der alleinige Erklärungsinhalt beigemessen werden, dass der gesamte Bestechungslohn mit der Zahlung der fraglichen 500.000 DM am 28. April 1992 dem Bestochenen zugeflossen ist. Denn insoweit ergeben sich aufgrund der Feststellungen insgesamt allenfalls Zahlungen an Dr. P. in Höhe von 877.000 DM, wohingegen etwa die zugelassene Anklage einen vereinbarten Bestechungslohn von 3.800.000 DM annimmt.
95
b) Der Darlegungsmangel wird auch nicht durch weitere Ausführungen im Urteil beseitigt. Namentlich die sich unmittelbar an die vorstehende Feststel- lung anschließende rechtliche Würdigung „An diesem Tag [gemeint ist der 28. April 1999] also waren die Bestechungshandlungen des Angeklagten beendet und begann insofern die Verjährung (vgl. BGH aaO BGHSt 11, 345, 347)“, ist nicht geeignet die erforderlichen Feststellungen zu ersetzen. Insbesondere kann dieser rechtlichen Würdigung - noch dazu im Zusammenspiel mit dem in der zitierten Fundstelle angeführten Rechtssatz - kein wie auch immer gearteter Feststellungsinhalt beigemessen werden. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass in der Anklage, die im Eröffnungsbeschluss unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, dem Angeklagten zur Last gelegt wird, dem gesondert verfolgten Dr. P. einen Bestechungslohn von 3.800.000 DM versprochen zu haben.
96
c) Weitergehende Feststellungen waren zur Unrechtsvereinbarung auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Bestochene bereits am 29. Februar 1992 aus seinem Amt ausgeschieden war.
97
aa) Zwar beginnt die Verjährung der Bestechlichkeit nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spätestens mit dem Ausscheiden des Täters als Beamter, was auch dann gilt, wenn er noch später Vorteile für seine frühere Bestechlichkeit erhält und annimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Diese Rechtsprechung wird in der Kommentarliteratur ohne weiteres auf die Bestechung übertragen (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 331 Rn. 30a).
98
bb) Der Senat kann offen lassen, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Bestechlichkeit festhält. Sie ist jedenfalls nicht auf den Tatbestand der Bestechung zu übertragen. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes zu sehen:
99
(1) Wesentlicher Gesichtspunkt, auf den die bisherige Meinung des Senats hinsichtlich der Beendigung der Bestechlichkeit gestützt wurde, war, dass Vergehen gegen §§ 331, 332 StGB nur begehen kann, wer Beamter ist. Verliert jemand das Amt und die Eigenschaft als Beamter, empfängt er aber gleichwohl noch Vorteile aus einer früheren Bestechlichkeit, so setze er diese nicht mehr in strafbarer Weise fort. Strafloses Handeln sei für die Strafverfolgung und deshalb auch für ihre Verjährung nicht bedeutsam. Diese beginne mit der Beendigung strafbaren Verhaltens (BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345).
100
(2) Gegen diese Begründung sprechen freilich gewichtige Argumente. Insoweit gelten nachfolgende Grundsätze:
101
(a) Gemäß § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist. Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft. Vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Umstände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300 mwN auch zur Gegenansicht).
102
(b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an.
103
Wird die pflichtwidrige Diensthandlung hingegen erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat. Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vor- teilsannahme abhebt und die im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB erhöhte Strafandrohung rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung , deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen , so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung sowie das öffentliche Vertrauen in diese werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht , indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (BGH aaO mwN).
104
(c) Für den Tatbestand der Bestechung besteht kein Anlass von diesen Grundsätzen abzuweichen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles bedeutet dies, dass der Abschluss des rechtsverneinenden Tuns in der Auszahlung des gesamten für die Tat vereinbarten Bestechungslohns zu erblicken ist, wenn diese der Diensthandlung nachfolgt. So wie die Vornahme der Diensthandlung auf Seiten des Bestochenen der zentrale Bezugspunkt des Tatbestands ist, erweist sich die Zahlung des Bestechungslohns als der Gesichtspunkt, der das Tatunrecht tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht.
105
Ob der Bestochene zur Zeit der Zahlung des Bestechungslohns noch in dem Amtsverhältnis steht, ist demgegenüber jedenfalls für die Beendigung der Bestechung unbeachtlich. Vielmehr ist insoweit lediglich erforderlich, aber auch ausreichend, dass er zur Zeit der Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit war. Der Fortbestand des Amtsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus ist für den materiellen Unrechtskern der Bestechung ohne Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als dass die „Gewährung des Vorteils“- anders die Vornahme der Diensthandlung im Falle der Vorteilsannahme bzw. der Bestechlichkeit - als das die Tatbeendigung markierende Ereignis vom Tatbestand der §§ 333, 334 StGB erfasst und als eigenständige Tathandlungsalternative mit den anderen Alternativen (Anbieten und Versprechen eines Vorteils) regelmäßig zu tatbestandlicher Handlungseinheit verknüpft ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 614/93, NStZ 1995, 92). Hinzu kommt, dass es ansonsten zu schwer nachvollziehbaren Strafbarkeitslücken kommen könnte (vgl. insoweit aber Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 24b mwN).
106
(d) Demgemäß ist bei sukzessiver Zahlung des Bestechungslohns jedenfalls , soweit - wie hier angeklagt, aber nicht aufgeklärt - ein von vornherein feststehender Betrag den Bestochenen zugewendet werden soll, die Tat regelmäßig erst mit der Zahlung des letzten Teils des Bestechungslohns beendet, auch wenn der Bestochene zuvor aus dem Amt ausgeschieden ist.
107
3. Die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen , dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 334 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung kommt. Denn soweit mit der Zahlung am 28. April 1992 die zwischen dem Angeklagten und Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung noch nicht in vollem Umfang vollzogen war, kommt auf Grundlage des bisherigen Sachstands in Betracht, dass die Bestechung erst mit der am 14. Dezember 1995 erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Zeugen Dr. P. beendet ist. Dann hätte sich das Versprechen bzw. die Unrechtsvereinbarung als endgültig fehlgeschlagen erwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41). Ausgehend von die- sem Beendigungszeitpunkt wäre die Tat zur Zeit des Zugangs des Auslieferungsersuchens an die kanadischen Behörden und zur Zeit des Inkrafttretens des § 78b Abs. 5 StGB noch nicht verjährt gewesen.
108
Das Urteil war deshalb auch insoweit mit den Feststellungen aufzuheben. Ausgenommen werden hiervon die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten „Holgart“ und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben. Diese Feststellungen sind von dem aufgezeigten Darlegungsmangel nicht betroffen.
109
Keinen Bestand haben die Feststellungen dazu, dass hinter der Bezeichnung „Holgart“ der ehemalige Staatssekretär Dr. P. stand und dass die Konten durch den Angeklagten nicht treuhänderisch gehalten wurden. Hinsichtlich dieser den Angeklagten mit Blick auf den Tatbestand der Bestechung belastenden Feststellungen hatte der Angeklagte bislang keine Möglichkeit, sich mit seiner Revision zu verteidigen.

C.

110
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
111
1. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Frage der Ansässigkeit des Angeklagten in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen anhand der in § 4 DBA Kanada 1981 genannten Kriterien aufzuklären. Für die diesbezüglich von Amts wegen bestehende Aufklärungspflicht gilt:
112
Dem Tatrichter ist es dabei erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis seiner Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht.
Der Tatrichter darf also seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme - vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses - zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695; Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005,

701).


113
Bei dieser Prognose könnte die bestandskräftige Feststellung, dass der Angeklagte seine Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuert hat und dass diese auch dort nicht versteuert wurden, ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass er i.S.d. DBA nicht in Kanada ansässig war. Weitere Beweisumstände für den Ort der Ansässigkeit können sich möglicherweise aus den Unterlagen zu seinen deutschen Einkommensteuererklärungen, den finanzgerichtlichen Akten und den Auslieferungsunterlagen ergeben.
114
Zu der Frage, ob die Aufklärungspflicht insoweit auch zur Vernehmung von Auslandszeugen drängt, und zur Bewertung des dadurch möglicherweise zu erzielenden Beweisergebnisses verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1999 - 1 StR 109/99, NStZ 2000, 156, vom 7. Mai 2008 - 5 StR 634/07 und vom 14. September 2004 - 4 StR 309/04, StV 2005, 115 sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Oktober 2003 - 2 BvR 149/03, NStZ 2004, 214.
115
Falls der Angeklagte eine Ansässigkeit in Kanada - sei es auch in Form eines förmlichen Beweisantrags - durch Auslandszeugen unter Beweis stellt, gilt, wenn eine Bescheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in Erwägung gezogen wird, derselbe Maßstab der Aufklärungspflicht (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695).

116
2. Sollte das neue Tatgericht hingegen zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war, schlösse dies eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung nicht von vornherein aus. Denn nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Kanada 1981 stünde der Bundesrepublik Deutschland auch in diesem Fall das Besteuerungsrechtfür Einkünfte aus deutschen Quellen zu. Eine eingetretene Strafbarkeit würde dabei auch dann nicht nachträglich wieder entfallen , wenn gemäß Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 im Ergebnis die Besteuerung an Kanada zurückgefallen sein sollte, weil die deutschen Finanzbehörden in Unkenntnis von den vom Angeklagten verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen eine Besteuerung insoweit nicht durchgeführt haben.
117
3. Sollte das Landgericht für die Gewinnermittlung die Besteuerungsgrundlagen erneut zu schätzen haben, wird es zunächst die Gewinnermittlungsmethode festzustellen haben (zu den Voraussetzungen einer Schätzung vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, 636). Denn zu schätzen sind nicht die verkürzten Steuern, sondern die je nach Gewinnermittlungsmethode maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 5 StR 251/07, wistra 2007, 470).
118
Welche Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln sind, hängt von der Gewinnermittlungsmethode ab. Maßgeblich für die Schätzung ist daher, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) oder nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu bestimmen war. Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung sind zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform hat nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat. In einem solchen Fall bleibt es bei der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG, also bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH, Urteil vom 19. März 2009 - IV R 57/07, BFHE 224, 513). Formal wird das Wahlrecht dabei allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht wird das Wahlrecht auch durch die in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen beschränkt (BFH, Urteil vom 21. Juli 2009 - X R 46/08, BFH/NV 2010, 186). Im vorliegenden Fall könnte sich möglicherweise aus den vom Angeklagten eingereichten Steuererklärungen die Ausübung des Wahlrechts entnehmen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 24. September 2008 - X R 58/06, BFHE 223, 80).
119
Die für die Bestimmung des tatbestandlichen Schuldumfangs (ggf. durch Schätzung) maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen hängen auch davon ab, ob im Rahmen der steuerlichen Erklärungen nicht geltend gemachte steuermindernde Tatsachen bei der Feststellung der Steuerverkürzung wegen des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) nicht zu berücksichtigen sind. Auf diese hat sich - sofern trennbar - die Schätzung der für den tatbestandlichen Schuldumfang bedeutsamen Tatsachen auch nicht zu erstrecken. Nicht vom Kompensationsverbot erfasst werden im Ergebnis auch solche Umstände, die als Faktoren im Rahmen der Schätzung selbst berücksichtigt werden müssen (vgl. Wulf in MüKo-StGB § 370 AO Rn. 149). In die Schätzung einbezogen werden müssen jedenfalls solche steuermindernde Faktoren, für die das Kompensationsverbot ohnehin nicht gilt, weil sie mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass die Steuerermäßigung nicht „aus anderen Gründen“ zu erfol- gen hat. Hierunter fallen namentlich solche Betriebsausgaben, die unmittelbar mit verschwiegenen Betriebseinnahmen zusammenhängen, nicht aber solche Betriebsausgaben, die andere als die nicht verbuchten Geschäfte betreffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. November 1960 - 4 StR 131/60, BStBl I 1961, 496; siehe auch Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370 Rn. 136 mwN).
120
Die vom Kompensationsverbot erfassten steuermindernden Umstände sind dann aber bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 - 5 StR 582/07, wistra 2008, 153); ihr Umfang ist erforderlichenfalls ebenfalls durch Schätzung zu bestimmen.
121
Wiegen die steuermindernden Tatsachen - einschließlich derjenigen, die dem Kompensationsverbot unterfallen - und die verschwiegenen steuererhöhenden Faktoren sich gegenseitig auf, kann dies ein Umstand sein, der für die Frage des Hinterziehungsvorsatzes von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 StR 16/90, NStZ 1991, 89). Nach den bislang getroffenen Feststellungen liegt hier allerdings angesichts der Höhe der verschwiegenen Einkünfte und der vom Angeklagten getroffenen Verschleierungsmaßnahmen das Fehlen eines Hinterziehungsvorsatzes fern.
122
4. Die - isoliert betrachtet rechtsfehlerfreien - Ausführungen des Landgerichts zur Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO (vgl. UA S. 110 f.) geben dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass diejenigen Umstände, die allein zur Einstufung des Falles als besonders schwer herangezogen worden sind und damit zur Wahl des erhöhten Strafrahmens geführt haben, im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht nochmals erschwerend berücksichtigt werden dürfen (vgl. für den Fall eines verwirklichten Regelbeispiels BGH, Beschluss vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04, NStZ-RR 2004, 262).
123
5. Auch wenn - wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt - das Verfahren besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hat und die Taten des Angeklagten nicht nur wegen des hohen Schadens, den sie verursachten , sondern auch aus anderen Gründen besonders schwer wiegen, bedarf es, um generalpräventive Gesichtspunkte strafschärfend zu berücksichtigen , der Feststellung, dass es zu einer gemeinschaftsgefährdenden Zunahme von Straftaten kam, wie sie zur Aburteilung stehen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 StR 173/07, NStZ 2007, 702 mwN). Solche Feststellungen sind bisher nicht getroffen.
124
6. Wenngleich die vom Angeklagten im Auslieferungsverfahren bemühten zahlreichen Rechtmittel angesichts ihrer überwiegenden Erfolglosigkeit durchaus missbräuchlichen Charakter aufweisen, erscheint fraglich, ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben sind. Denn die Anwendung von § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt bei einem Verhalten in Betracht, das nicht der Verteidigung des Täters dient und entweder gerade darauf abzielt, eine (angeordnete) U-Haft zu verlängern, um sich durch deren spätere Anrechnung einen Vorteil bei der Strafvollstreckung zu verschaffen , oder den Zweck verfolgt, das Verfahren aus anderen Gründen böswillig zu verschleppen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 4 StR 49/99, NStZ 1999, 347). Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte allein in der Absicht handelte, seine Auslieferung zu verhindern und eine Verschleppung des Verfahrens indes lediglich als Folge seiner von anderweitigen Motiven getragenen Vorgehensweise hinnahm.
125
Das neue Tatgericht wird bei einer etwaigen Anrechnungsentscheidung auch Gelegenheit haben, nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Anrechnungsmaßstab zu bestimmen.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

6
2. Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, NStZ 1996, 493 f.). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 250/09
vom
27. August 2009
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1; StPO § 353 Abs. 1
Die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im
Strafausspruch erfasst grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur
revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung.
BGH, Urt. vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09 - LG Hannover
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. August
2009, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Februar 2009 im Ausspruch über die Entschädigung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung aufgehoben; der Ausspruch entfällt. Die Kosten des Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten, der bereits rechtskräftig wegen besonders schwerer Vergewaltigung schuldig gesprochen worden war, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von der verhängten Freiheitsstrafe neun Monate als verbüßt gelten. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten , auf die Sachrüge gestützten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, das Landgericht habe zu Unrecht einen Teil der verhängten Strafe als vollstreckt angesehen. Das trotz des umfassenden Aufhebungsantrags ausweislich der Revisionsbegründung wirksam auf den Kompensationsausspruch beschränkte (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09) Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Die angefochtene Kompensationsentscheidung kann nicht bestehen bleiben; denn ihr steht die auch insoweit eingetretene Teilrechtskraft des in die- sem Verfahren zuvor ergangenen landgerichtlichen Urteils vom 15. Februar 2008 entgegen.
3
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 15. Februar 2008 wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision hatte der Angeklagte unter anderem mit einer Verfahrensrüge einen Verstoß gegen Art. 6 MRK geltend gemacht, weil das Verfahren durch unzureichende Ermittlungen des Aufenthalts der Geschädigten durch die Polizeibehörden rechtsstaatswidrig verzögert worden sei; dies habe das Landgericht im Urteil feststellen und festlegen müssen, welcher Teil der Strafe zur Kompensation als vollstreckt gelte. Der Generalbundesanwalt hatte beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, und ausgeführt , die dargestellte Verfahrensrüge sei weder in der erforderlichen Form erhoben noch in der Sache begründet. Mit einer weiteren verfahrensrechtlichen Beanstandung hatte der Angeklagte gerügt, dass ein auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schuldfähigkeit gerichteter Beweisantrag rechtsfehlerhaft abgelehnt worden sei. Auf diese Rüge hatte der Senat mit Beschluss vom 7. August 2008 (3 StR 274/08) das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB unterblieben war aufgehoben sowie die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen; die weitergehende Revision hatte er verworfen.
5
Nach der Zurückverweisung hat das Landgericht das nunmehr von der Staatsanwaltschaft im Kompensationsausspruch angegriffene Urteil erlassen.
Die nach seiner Ansicht gegebene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es damit begründet, dass die Polizeibehörden während des Ermittlungsverfahrens den Aufenthaltsort der Geschädigten nicht intensiv genug ermittelt hätten.
6
2. Das Landgericht durfte die angefochtene Kompensationsentscheidung nicht treffen. Hierzu gilt:
7
Führt die Revision nur teilweise zur Urteilsaufhebung, erwächst der bestehen bleibende Teil in Rechtskraft; dieser ist im neuen Verfahren nicht mehr nachzuprüfen (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 353 Rdn. 32). Der neue Tatrichter, an den das Verfahren nach der Zurückverweisung gelangt, hat lediglich den noch offenen Verfahrensgegenstand neu zu verhandeln und zu entscheiden (vgl. Wohlers in SK-StPO § 354 Rdn. 87). Hieraus folgt etwa, dass der Schuldspruch rechtskräftig wird, wenn das angefochtene Urteil allein im Strafausspruch aufgehoben wird (sog. horizontale Teilrechtskraft). Auch innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs kann horizontale Teilrechtskraft bezüglich einzelner Tatfolgen eintreten, wenn lediglich der Strafausspruch aufgehoben wird und weitere Rechtsfolgen, auf die das Tatgericht erkannt hat, von Art und Höhe der Strafe unabhängig sind. Dies richtet sich nach den für die Rechtsmittelbschränkung geltenden Grundsätzen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 353 Rdn. 8) und kann etwa der Fall sein bei Einziehungs- (vgl. BGH, Beschl. vom 16. Dezember 1998 - 2 StR 536/98 Rdn. 5) sowie Unterbringungsanordnungen (vgl. BGH bei Holtz MDR 1980, 454 f.; NStZ 1982, 483) oder sonstigen Maßregeln wie der Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 1983 - 3 StR 215/83 Rdn. 4 ff.). Maßgebend für den Umfang der Aufhebung ist die Formulierung im Urteilstenor bzw. der Beschlussformel der revisionsgerichtlichen Entscheidung. Die Aufhebung des Strafausspruchs betrifft regelmäßig nur die Strafe, die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs die gesamten Rechts- folgen der Tat (vgl. Kuckein aaO Rdn. 21 m. w. N.; weitergehend für § 76 a StGB aF noch BGHSt 14, 381, 382).
8
Nach diesen Maßstäben erfasst die Aufhebung allein des Strafausspruchs durch das Revisionsgericht grundsätzlich die Frage eines Ausgleichs für eine bis dahin eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht; vielmehr tritt insoweit horizontale (Teil-)Rechtskraft ein. Zwar wurde nach der früheren Rechtsprechung die übermäßige und von dem Angeklagten nicht zu vertretende Verzögerung des Verfahrens bei der Strafzumessung berücksichtigt. Demgemäß umfasste damals die Aufhebung eines tatgerichtlichen Urteils im Strafausspruch auch die Frage der Kompensation eines rechtsstaatswidrigen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot. Jedoch hat der Große Senat für Strafsachen dieses sog. Strafabschlagsmodell mit seiner Entscheidung vom 17. Januar 2008 (BGHSt 52, 124) aufgegeben und es durch die sog. Vollstreckungslösung ersetzt. Danach ist der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nunmehr getrennt und unabhängig von der Strafzumessung vorzunehmen. Er lässt die Frage des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe unberührt und stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (vgl. Meyer-Goßner aaO Art. 6 MRK Rdn. 9 a). Deshalb sind der Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung grundsätzlich je für sich auf Rechtsfehler überprüfbar (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09 Rdn. 27). Hieraus folgt im Einzelnen:
9
Enthält ein landgerichtliches Urteil - wie hier die ursprüngliche Entscheidung der Strafkammer vom 15. Februar 2008 - keine Kompensationsentscheidung für eine bis zur Urteilsverkündung eingetretene Verzögerung, kann der Angeklagte, wenn er dies für rechtsfehlerhaft hält, sich hiergegen mit seiner Revision wenden. Zu diesem Zweck muss er grundsätzlich - wenn sich die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht bereits aus den Urteilsgründen ergibt und deshalb mit der Sachrüge zur Prüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden kann (vgl. BGHSt 49, 342) - eine Verfahrensrüge erheben (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 50, 56). Dringt er wie hier mit seiner Beanstandung nicht durch, und hebt das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit auch nicht wegen einer erheblichen Verletzung des Beschleunigungsgebotes nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist auf eine zulässige Revision von Amts wegen auf (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 320), steht rechtskräftig fest, dass der Angeklagte nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 MRK vor Ergehen der Revisionsentscheidung zu entschädigen ist. Gleiches gilt, wenn das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil neben dem Strafausspruch aufhebt, soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist; denn die Frage, ob eine solche Maßregel anzuordnen ist, berührt die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung aus den genannten Gründen ebenfalls nicht. Es liegt zudem nahe, dass die vorgenannten Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn der Angeklagte keine Verfahrensrüge erhoben hat und für das Revisionsgericht auch sonst kein Anlass besteht, die Frage der Verfahrensverzögerung ausdrücklich in den Blick zu nehmen; denn diese Umstände sind für den Eintritt und die Wirkungen der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich ohne Belang.
10
Dem neuen Tatrichter ist es deshalb verwehrt, dem Angeklagten nach der Teilaufhebung eines Urteils ausschließlich im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist allein wegen eines zeitlich vor der Entscheidung des Revisionsgerichts liegenden Verstoßes gegen Art. 6 MRK eine Entschädigung zuzusprechen; er hat vielmehr lediglich neu über die Strafzumessung und den Maßregelausspruch zu befinden. Daneben hat er, sofern hierzu Anlass besteht, allerdings zu prüfen und zu entscheiden, ob nach der Entscheidung des Revisionsgerichts eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten und zu kompensieren ist; denn der Umstand, dass eine Entschädigungspflicht wegen eines bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung gegebenen Verstoßes gegen Art. 6 MRK nicht besteht, schließt es nicht aus, dass eine Kompensation aufgrund einer erst danach aufgetretenen Verzögerung ausgesprochen werden kann. Diese Frage hat das Tatgericht nach den insoweit allgemein geltenden Grundsätzen zu beurteilen (vgl. BGHSt 52, 124, 146 ff.); demgemäß hat es bei seiner Bewertung das gesamte Verfahren und damit auch diejenigen Teile in den Blick zu nehmen, die vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen. Diese Gesamtbetrachtung ist ihm nicht deshalb verschlossen, weil bereits rechtskräftig entschieden ist, dass dem Angeklagten allein aufgrund von Umständen, die zeitlich vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen, kein Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu gewähren ist.
11
Aus alldem ergibt sich, dass die nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zur sog. Vollstreckungslösung ergangene teilweise Aufhebung des landgerichtlichen Urteils durch den Beschluss des Senats vom 7. August 2008 die Frage der Entschädigung des Angeklagten für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung in der Zeit bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung nicht betroffen hat; insoweit ist vielmehr (Teil-)Rechtskraft eingetreten. Das Landgericht durfte deshalb nach der Zurückverweisung der Sache nicht einen - vermeintlichen - Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot im Ermittlungsverfahren kompensieren. Der entsprechende Ausspruch muss somit entfallen; dies hat der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst entschieden.
12
3. Der Senat hat deshalb nicht mehr in der Sache zu entscheiden, ob die Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung tragen. Die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils geben jedoch Anlass zu bemerken, dass nicht jedes Versäumnis der Ermittlungsbehörden einen zu kompensierenden Verstoß gegen Art. 6 MRK zu begründen vermag. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese wie hier nicht völlig untätig waren und der Vorwurf allein dahin geht, sie hätten möglicherweise noch intensiver ermitteln können. Der Senat neigt dazu, in solchen Fällen eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung - in Anlehnung an die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Kompensation von Verfahrensverzögerungen , die allein durch eine auf die Revision des Angeklagten erfolgte Aufhebung des tatgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache entstehen (vgl. BGH NStZ 2009, 104) - allenfalls bei ganz erheblichen, kaum verständlichen Ermittlungsfehlern in Betracht zu ziehen. In diesem Sinne gravierende Versäumnisse hat das Landgericht nicht festgestellt. Sost-Scheible Pfister Hubert Schäfer Mayer