Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2019 - 4 StR 471/18

published on 31/01/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2019 - 4 StR 471/18
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 471/18
vom
31. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Urkundenfälschung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:310119B4STR471.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 31. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 26. April 2018 im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte der Urkundenfälschung in 13 Fällen schuldig ist, davon in vier Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug (Fälle 2, 3, 9 und 11); in zwei Fällen in Tateinheit mit zwei Fällen des Betrugs oder Computerbetrugs (Fälle 1 und 5); in zwei Fällen in Tateinheit mit Betrug (Fälle 8 und 10); in jeweils einem Fall in Tateinheit mit vier Fällen des versuchten Betrugs und mit versuchtem Betrug oder Computerbetrug (Fall 6); in Tateinheit mit zwei Fällen des versuchten Betrugs oder versuchten Computerbetrugs (Fall 12); in Tateinheit mit zwei Fällen des versuchten Betrugs (Fall 13); in Tateinheit mit Betrug oder Computerbetrug und mit zwei Fällen des versuchten Betrugs (Fall 4); in Tateinheit mit Betrug und mit versuchtem Betrug (Fall 7). 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in 13 Fällen in Tateinheit mit „insgesamt 4 Fällen des Betrugs und insgesamt 39 Fällen des Betrugs oder Computerbetrugs, wobei es in 28 Fällen beim Ver- such blieb“ unter Auflösung einer Gesamtgeldstrafe aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Düsseldorf vom 18. April 2016 und Einbeziehung der dort verhängten Geldstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Berichtigung des Schuldspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Schuldspruchberichtigung beruht auf folgenden Erwägungen:
3
a) In den Fällen 2 bis 8, 11 und 13 bestehen gegen die vom Landgericht vorgenommene Wahlfeststellung zwischen versuchtem Betrug und versuchtem Computerbetrug durchgreifende rechtliche Bedenken, soweit es festgestellt hat, dass jeweils ein Bankmitarbeiter die vom Angeklagten gefälschten Überweisungsträger prüfte und davon absah, die Überweisung auszuführen. Da sich nach den Feststellungen die Täuschungshandlung hier gegen eine natürliche Person richtete, was als (versuchter) Betrug zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2008 – 4 StR 623/07, NJW 2008, 1394, 1395), war kein Raum für eine Wahlfeststellung; eine solche ist nur bei Unaufklärbarkeit des tatsächlichen Ablaufs zulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. September 2014 – 3 ARs 13/14, NStZ-RR 2015, 39; vom 18. Juni 2008 – 2 StR 115/08, juris Rn. 15; vom 12. Februar 2008 – 4 StR 623/07, NJW 2008, 1394, 1395; SSW-StGB/Hilgendorf, 4. Aufl., § 263a Rn. 45).
4
b) Eine Wahlfeststellung zwischen versuchtem Betrug und versuchtem Computerbetrug war auch im Fall 9 nicht veranlasst, bei dem ein Bankmitarbeiter den gefälschten Überweisungsträger prüfte und die Überweisung ausführte, ohne dass es zu einer Gutschrift auf dem Empfängerkonto kam. Dadurch, dass die Strafkammer in diesem Fall lediglich eine Versuchsstrafbarkeit angenommen hat, obwohl ein Gefährdungsschaden eintrat, ist der Angeklagte nicht beschwert (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 – 3 StR 178/13, wistra 2014, 392 mwN).
5
c) Der Schuldspruch bedurfte schließlich auch insoweit der Berichtigung, als das Landgericht in den Fällen 1 bis 8 und 13 mehrere Betrugstaten zum Nachteil desselben Geschädigten angenommen hat. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand, weil insoweit jeweils eine natürliche Handlungseinheit vorliegt. Eine solche ist anzunehmen, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer einzigen Willensentschließung beruhen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. September 2010 – 4 StR 422/10, NStZ-RR 2010, 375; vom 18. Mai 2010 – 4 StR 182/10, wistra 2010, 345, jeweils mwN). Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Angeklagte nach den Feststellungen in diesen Fällen mehrere Überweisungsträger mit den Kontodaten desselben Geschädigten – gebündelt – bei derselben Bank abgab.
6
2. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
7
Die Berichtigung des Schuldspruchs lässt die Einzelstrafen und den Gesamtstrafausspruch unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse auf niedrigere Freiheitsstrafen erkannt hätte, weil eine unterschiedliche konkurrenzrechtliche Beurteilung bei unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschlüsse vom 9. März 2005 – 2 StR 544/04, NStZ-RR 2005, 199, 200; vom 27. Juni 2018 – 4 StR 116/18, NStZ 2019, 97 mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.