Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2015 - 4 StR 423/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Sachrüge und mehrere verfahrensrechtliche Beanstandungen gestützte Revision. Das Rechtsmittel hat nur zum Strafausspruch Erfolg.
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- 1. Zwar sind die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer für sich materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Strafausspruch kann aber gleich- wohl keinen Bestand haben, weil sich die Urteilsgründe nicht zum Vollstreckungsstand der Urteile des Amtsgerichts Freiburg vom 2. Mai 2014 und vom 3. Juli 2014 verhalten. Da die verfahrensgegenständlichen Taten am 26. Februar 2014 begangen wurden, der Angeklagte am 24. Mai 2014 festgenommen wurde, er sich seit dem 25. Mai 2014 „ununterbrochen“ in Untersuchungshaft befindet (UA S. 6) und er bei nur unregelmäßigem Arbeitseinkommen hoch verschuldet ist (UA S. 4 bis 6), kann der Senat nicht ausschließen, dass die in jenen Urteilen verhängten Geldstrafen im Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils noch nicht erledigt waren. Sollten sie erledigt sein und deshalb eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB ausscheiden, wäre – wieder Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 14. September 2015 dargelegt hat – ein Härteausgleich möglich. Im Hinblick hierauf ist allerdings – über den Antrag des Generalbundesanwalts hinaus – nicht nur der Ausspruch über die Gesamtstrafe, sondern der gesamte Strafausspruch aufzuheben und die Sache insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen.
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- 2. Der Schuldspruch weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Ein solcher liegt im Hinblick auf die Besonderheiten des Falls auch nicht darin, dass das Landgericht bezüglich der zum Nachteil von S. mit einem unbekannten Mittäter begangenen versuchten schweren räuberischen Erpressung den für die Prüfung eines strafbefreienden Rücktritts grundsätzlich erforderlichen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 – 3 StR 149/14, NStZ-RR 2015, 8, 9 mwN) „Rück- trittshorizont“ des Angeklagten nicht festgestellt hat. Denn der Senat kann an- gesichts der zum Abbruch der Tatausführung getroffenen Feststellungen (hefti- ge Gegenwehr des Opfers und „Störung“ durch die Nachbarin) ausschließen, dass der Rücktritt freiwillig im Sinn des § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB erfolgt ist (vgl. auch UA S. 44 f.).
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- 3. Auch die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts vom 24. September 2015 bemerkt der Senat:
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- Den Beweisantrag auf Erholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens hat die Strafkammer auch hinsichtlich der am 28. Februar 2014 in der Sparkasse E. gefertigten Lichtbilder rechtsfehlerfrei abgelehnt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 – 3 StR 284/11, NStZ 2012, 345 unter anderem zum insofern zulässigen und gebotenen Freibeweis). Hinsichtlich des zur (Nicht-)Existenz der 200.000 € gestellten Beweisantrags (Zeugenvernehmung von Rechtsanwalt D. ) fehlt es jedenfalls am Beruhen, da die Strafkammer – rechtsfehlerfrei – offen gelassen hat, ob es diesen Bargeldbetrag jemals gegeben hat (UA S. 12). Die Rüge zum Beweisantrag auf Erholung eines „Glaubwürdigkeitsgutachtens“ zu den „Bekundungen von S. “ ist schon deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil unter anderem der im Beweisantrag in Bezug genommene Bericht der „BG Klinik“ vom 4. März 2014 nicht vollständig mitgeteilt wurde; dies war schon deshalb unerlässlich, weil die Strafkammer festgestellt hat, dass der Zeuge (lediglich) vor 17 Jahren an einer Psychose litt (UA S. 33). Auch die Rüge zum Beweisantrag auf Erholung eines Sachverständigengutachtens zur Nicht-Benutzung des Pkw Fiat Panda durch den Angeklagten ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), da der dort in Bezug genommene Spurensicherungsbericht nicht vollständig mitgeteilt wurde. Der Rüge der Ablehnung des Aussetzungsantrags (§ 338 Nr. 8 StPO) ist der Erfolg auch deshalb zu versagen, weil es für die Annahme , die Verteidigung sei in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden, nicht genügt, dass diese Beschränkung nur generell (abstrakt ) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu beeinflussen. Vielmehr ist § 338 Nr. 8 StPO nur dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zu- sammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Februar 2010 – 4 StR 599/09, NStZ 2010, 530, 531 mwN). Dies ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, zumal der Verteidiger den Ausführungen in dem Ablehnungsbeschluss, mit dem die späte Verbescheidung der Beweisanträge erläutert wird, nicht entgegengetreten ist und der Senat – auch deshalb – keine Zweifel an der Richtigkeit der dortigen Darlegungen hat.
Mutzbauer Bender
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(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
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wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.