Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - 4 StR 31/17

bei uns veröffentlicht am05.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 31/17
vom
5. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person
ECLI:DE:BGH:2017:050717B4STR31.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 5. Oktober 2016
a) im Strafausspruch dahin geändert, dass die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre und sechs Monate festgesetzt wird;
b) im Adhäsionsausspruch wie folgt geändert: aa) Der Angeklagte wird verurteilt, an die Adhäsionsklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.500 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. September 2016 zu zahlen. Die Entscheidung ist insoweit für die Adhäsionsklägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. bb) Es wird festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Adhäsionsklägerin sämtliche künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus dem Vorfall vom 31. Mai 2015 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die der Neben- und Adhäsionsklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen und die im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person im besonders schweren Fall“ zu einer Frei- heitsstrafe verurteilt, die im Urteilstenor mit zwei Jahren und neun Monaten, hingegen in den Urteilsgründen mit zwei Jahren und sechs Monaten bestimmt ist. Weiter hat es den Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3.500 Euro nebst Zinsen ab dem 31. August 2016 „für die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung vom 31.05.2015“ verurteiltund seine Ersatz- pflicht für „sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vom 31.05.2015“ festgestellt.
2
Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner allgemein auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Soweit sich das Rechtsmittel gegen den Schuldspruch richtet, hat es keinen Erfolg. Insbesondere ist vorliegend – bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise – die seit dem 10. November 2016 geltende Neuregelung des § 177 StGB nF gegenüber der vom Landgericht angewandten Vorschrift des § 179 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1 StGB in der bis zum 9. November 2016 geltenden Fassung kein milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB; denn der Senat kann angesichts der Erwägungen der Strafkammer bei der Prüfung eines minder schweren Falls gemäß § 179 Abs. 6 StGB aF sowie bei der konkreten Strafzumessung ausschließen, dass sie bei Geltung des neuen Rechts zu einem Absehen von der Regelwirkung des § 177 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB gelangt wäre.
4
2. Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand. Nach der Urteilsformel im schriftlichen Urteil beträgt die verhängte Freiheitsstrafe zwei Jahre und neun Monate, nach den Urteilsgründen nur zwei Jahre und sechs Monate (UA S. 21). Worauf dieser Widerspruch beruht, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Um ein offenkundiges Fassungsversehen handelt es sich nicht, weil den Strafzumessungserwägungen nicht zu entnehmen ist, dass die dort bezeichnete niedrigere Freiheitsstrafe ohne jeden vernünftigen Zweifel von der Strafkammer so nicht verhängt werden sollte. Auszuschließen ist aber, dass das Landgericht eine niedrigere als die in den Urteilsgründen genannte Strafe verhängen wollte. Der Senat ist deshalb nicht gehindert, die niedrigere der beiden Strafen selbst festzusetzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Februar2012 – 2 StR 544/11, NStZ-RR 2012, 179 f.; vom 14. Januar 2009 – 4 StR 579/08, NStZ-RR 2009, 250; vom 13. Oktober 2006 – 2 StR 293/06).
5
3. Das Rechtsmittel führt zudem zu einer Abänderung der vom Landgericht getroffenen Adhäsionsentscheidung.
6
a) Zutreffend hat der Generalbundeswalt in seiner Antragsschrift zunächst darauf hingewiesen, dass die Adhäsionsklägerin Zinsen auf das geltend gemachte Schmerzensgeld erst ab dem Zeitpunkt der – am 2. September 2016 erfolgten – Zustellung des Adhäsionsantrags begehrt und zudem lediglich die Feststellung der Ersatzpflicht des Angeklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden beantragt hatte; über die geltend gemachten Ansprüche durfte das Landgericht nicht hinausgehen (§ 308 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 – 2 StR 168/09, NStZ-RR 2009, 319; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 404 Rn. 10).
7
b) Darüber hinaus musste sowohl im Schmerzensgeldausspruch als auch im Feststellungsausspruch die vom Landgericht getroffene Feststellung einer „vorsätzlich begangenen unerlaubtenHandlung vom 31.05.2015“ entfallen , weil die Adhäsionsklägerin diese besondere Feststellung nicht beantragt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 4 StR 473/16, NStZ-RR 2017, 93).
8
4. Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

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BESCHLUSS
2 StR 544/11
vom
28. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Februar 2012
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 27. Juli 2011 im Strafausspruch dahin geändert, dass die Jugendstrafe auf drei Jahre und sechs Monate festgesetzt wird. Die weitergehende Revision wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung, im Übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Nach der Urteilsformel im schriftlichen Urteil beträgt die verhängte Jugendstrafe drei Jahre und neun Monate, nach den Urteilsgründen (UA S. 24) hingegen nur drei Jahre und sechs Monate. Worauf der Widerspruch beruht, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Um ein offenkundiges Fassungsversehen, das eine Berichtigung zulassen könnte, handelt es sich nicht, weil - worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist - den in sich folgerichtigen und rechtlich einwandfreien Strafzumessungsgründen nicht zu entnehmen ist, dass die dort bezeichnete niedrigere Jugendstrafe ohne jeden vernünftigen Zweifel von der Kammer so nicht verhängt werden sollte. Auszuschließen ist aber, dass die Strafkammer eine niedrigere als die in den Gründen genannte verhängen wollte. Der Senat ist daher nicht gehindert, auf die niedrigere von beiden Strafen zu erkennen (Senat, Beschlüsse vom 15. Juni 2011 - 2 StR 194/11 und vom 17. März 2004 - 2 StR 516/03; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 5 StR 46/09, Beschluss vom 1. September 2010 - 5 StR 262/10, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Urteilstenor 5 mwN) und hat diese, dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend, selbst festgesetzt.
3
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision des Beschwerdeführers ist es nicht unbillig, ihn mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Fischer Appl Schmitt Berger Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 579/08
vom
14. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. Januar 2009 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 11. August 2008 im Strafausspruch dahin geändert, dass gegen den Angeklagten wegen des Diebstahls eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt und er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls, versuchten Betruges , Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort und Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer verkündeten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Strafausspruch hat zu der wegen Diebstahls verhängten Einzelstrafe und zur Gesamtstrafe keinen Bestand, weil das Urteil insoweit - wie die Revision zu Recht rügt - unauflösliche Widersprüche aufweist. Nach den Gründen des schriftlichen Urteils hat das Landgericht gegen den Angeklagten wegen des Diebstahls eine Freiheitsstrafe von "3 Jahren" als tat- und schuldangemessen verhängt (UA 63). Demgegenüber wird diese Einsatzstrafe im Rahmen der Ausführungen zur Gesamtstrafenbildung mit "2 Jahren 6 Monaten" angegeben (UA 68). Nach der Urteilsformel im schriftlichen Urteil, die auch der verkündeten Entscheidung entspricht, beträgt die Gesamtfreiheitsstrafe drei Jahre und sechs Monate. Demgegenüber weist das schriftliche Urteil lediglich eine Gesamtfreiheitsstrafe von "3 Jahren" auf (UA 68). Worauf diese Widersprüche beruhen, lässt sich dem schriftlichen Urteil nicht eindeutig entnehmen. Um offensichtliche Schreibversehen, die eine Berichtigung zulassen könnten (vgl. Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 267 Rdn. 39 m.N.), handelt es sich nicht. Denn die Einzelerwägungen zur Bemessung der Strafe wegen Diebstahls tragen die Bemessung dieser Einsatzstrafe mit zwei Jahren und sechs Monaten nicht weniger als die auf UA 63 ausgewiesenen drei Jahre. Bleibt aber danach die Möglichkeit, dass diese Einsatzstrafe mit zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe zugemessen worden ist, wäre auch die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, wie sie die schriftlichen Urteilsgründe abweichend von dem Urteilstenor ausweisen, zumindest rechtlich möglich. Daran ändert auch die offensichtliche Lücke zwischen der Nennung der "Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren" und dem folgenden "und schuldangemessen" nichts. Denn insoweit könnte ohne Weiteres an dieser Stelle auch lediglich die Silbe "tat-" fehlen. Angesichts dessen war der Berichtigungsbeschluss der Strafkammer unzulässig (vgl. BGHR StPO § 267 Berichtigung 1 und 2).
3
Auszuschließen ist jedoch, dass die Strafkammer wegen des Diebstahls eine niedrigere als die auf UA 68 genannte Einsatzstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängen und auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als drei Jahre erkennen wollte. Der Senat hat deshalb sowohl die entsprechende Einzelstrafe als auch die Gesamtstrafe selbst festgesetzt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 2006 - 2 StR 293/06 - und vom 17. März 2004 - 2 StR 516/03).
4
2. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. Dezember 2008, denen gegenüber die Ausführungen im Schriftsatz des Verteidigers vom 29. Dezember 2008 nicht durchdringen. Die Änderung des Strafausspruchs hat auf die Anordnung der Sicherungsverwahrung keine Auswirkung.
5
Der geringfügige Erfolg der Revision gibt keinen Anlass, den Angeklagten teilweise von den Kosten seines Rechtsmittels freizustellen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Mutzbauer

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 168/09
vom
27. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Mai 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 21. November 2008 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Adhäsionsentscheidung wie folgt abgeändert wird: Der Angeklagte wird verurteilt, an die Nebenklägerin J. aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung 5.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 2008 zu zahlen. Der Angeklagte wird verurteilt, an die Nebenklägerin B. aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung 2.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 2008 zu zahlen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, wegen Nötigung und wegen se- xueller Nötigung - Vergewaltigung - in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Es hat den Angeklagten weiter verurteilt aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung an die Nebenklägerin J. 7.500 € und an die Nebenklägerin B. 2.000 € jeweils nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 2008 zu bezahlen.
2
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Der Schmerzensgeldbetrag der Nebenklägerin J. war auf 5.000 € herabzusetzen. Diese Nebenklägerin hat die Höhe des Schmerzensgeldes nicht in das Ermessen des Gerichtes gestellt, sondern mit 5.000 € bestimmt beziffert und auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass es sich hierbei um einen Mindestbetrag handelt. Das Landgericht durfte daher nicht mehr als 5.000 € zusprechen. Das Verbot des § 308 Abs. 1 ZPO, einer Partei zuzusprechen, was nicht beantragt ist, gilt auch im Adhäsionsverfahren, und ein Verstoß gegen dieses Verbot ist im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (vgl. BGHR StPO § 404 Abs. 1 Entscheidung 2). Zugleich kann im Revisionsverfahren die Beschränkung des Urteilsausspruchs unter Beseitigung dessen, was nicht beantragt war, erfolgen (BGH aaO; BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 2). Der Senat hat daher den Schmerzensgeldbetrag selbst entsprechend herabgesetzt.
4
Hinsichtlich des jeweiligen Zinsanspruchs hat der Senat bezüglich beider Nebenklägerinnen - wie von diesen auch beantragt worden war - klargestellt, dass der Zinssatz fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).
5
Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Fischer Rothfuß Appl Cierniak Schmitt

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 473/16
vom
7. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
ECLI:DE:BGH:2016:071216B4STR473.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 20. April 2016 im Ausspruch über die Entschädigung der Verletzten aufgehoben, soweit „festgestellt (wird), dass sich die Forderung Ziff. 2 aus einer vor- sätzlichen unerlaubten Handlung ergibt“. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt lediglich den geringen aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Adhäsionsentscheidung auch festgestellt, dass sich das zuerkannte Schmerzensgeld nebst Zinsen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ergebe. Insoweit erweist sich der Adhäsionsausspruch als rechtsfehlerhaft, weil die Nebenklägerin diese Feststellung nicht beantragt hat. Den Verstoß gegen § 404 Abs. 1 StPO hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2006 – 4 StR 505/06; vom 30. Mai 2012 – 2 StR 98/12; vom 23. August 2012 – 1 StR 311/12; und vom 3. Dezember 2014 – 4 StR 292/14).
3
2. Die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 265 Abs. 1 StPO ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat versäumt, den in der Hauptverhandlung vom 23. März 2016 verkündeten Beschluss gemäß § 154a Abs. 2 StPO mitzuteilen. Darin hat das Landgericht „die Strafverfolgung auf die rechtlichen Gesichtspunkte des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 StGB … beschränkt“. Da das Tatgericht hier (uneingeschränkt) von vollendeter Tatbegehung ausgeht, hätte es dieses Vortrags bedurft, um die Rüge, wonach ein Hinweis auf die (mögliche ) Annahme von Tatvollendung unterblieben sei, auf ihre Schlüssigkeit prüfen zu können.
4
Im Übrigen beruht die Verurteilung des Angeklagten nicht auf einem etwaigen Verstoß gegen § 265 Abs. 1 StPO (vgl. zur Beruhensprüfung BGH, Urteile vom 30. Mai 1996 – 4 StR 109/96; und vom 25. März 1992 – 3 StR 519/91; Beschlüsse vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 9; und vom 14. Juni 2016 – 3 StR 196/16). Das Landgericht hat den zur Sache schweigenden Angeklagten aufgrund der Angaben der Nebenklägerin in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 8. Februar 2013 und ihrer auf Video aufgezeichneten und in der Hauptverhandlung abgespielten richterlichen Vernehmung vom 13. November 2013 für überführt erachtet. Ausweislich der Urteilsgründe hat die Jugendschutzkammer diesen Angaben die der Verurteilung zugrunde gelegten Tathandlungen entnommen. Es ist nicht ersichtlich, wie der Angeklagte sich gegen diese bereits von Anbeginn des Verfahrens gegen ihn erhobenen Vorwürfe anders hätte verteidigen können, wenn das Gericht ihn – abweichend von der Anklage – darauf hingewiesen hätte, dass eine Verurteilung wegen eines vollendeten Delikts im Fall 122 in Betracht kommt.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Paul