Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2009 - 4 StR 579/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls, versuchten Betruges , Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort und Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer verkündeten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Strafausspruch hat zu der wegen Diebstahls verhängten Einzelstrafe und zur Gesamtstrafe keinen Bestand, weil das Urteil insoweit - wie die Revision zu Recht rügt - unauflösliche Widersprüche aufweist. Nach den Gründen des schriftlichen Urteils hat das Landgericht gegen den Angeklagten wegen des Diebstahls eine Freiheitsstrafe von "3 Jahren" als tat- und schuldangemessen verhängt (UA 63). Demgegenüber wird diese Einsatzstrafe im Rahmen der Ausführungen zur Gesamtstrafenbildung mit "2 Jahren 6 Monaten" angegeben (UA 68). Nach der Urteilsformel im schriftlichen Urteil, die auch der verkündeten Entscheidung entspricht, beträgt die Gesamtfreiheitsstrafe drei Jahre und sechs Monate. Demgegenüber weist das schriftliche Urteil lediglich eine Gesamtfreiheitsstrafe von "3 Jahren" auf (UA 68). Worauf diese Widersprüche beruhen, lässt sich dem schriftlichen Urteil nicht eindeutig entnehmen. Um offensichtliche Schreibversehen, die eine Berichtigung zulassen könnten (vgl. Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 267 Rdn. 39 m.N.), handelt es sich nicht. Denn die Einzelerwägungen zur Bemessung der Strafe wegen Diebstahls tragen die Bemessung dieser Einsatzstrafe mit zwei Jahren und sechs Monaten nicht weniger als die auf UA 63 ausgewiesenen drei Jahre. Bleibt aber danach die Möglichkeit, dass diese Einsatzstrafe mit zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe zugemessen worden ist, wäre auch die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, wie sie die schriftlichen Urteilsgründe abweichend von dem Urteilstenor ausweisen, zumindest rechtlich möglich. Daran ändert auch die offensichtliche Lücke zwischen der Nennung der "Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren" und dem folgenden "und schuldangemessen" nichts. Denn insoweit könnte ohne Weiteres an dieser Stelle auch lediglich die Silbe "tat-" fehlen. Angesichts dessen war der Berichtigungsbeschluss der Strafkammer unzulässig (vgl. BGHR StPO § 267 Berichtigung 1 und 2).
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- Auszuschließen ist jedoch, dass die Strafkammer wegen des Diebstahls eine niedrigere als die auf UA 68 genannte Einsatzstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängen und auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als drei Jahre erkennen wollte. Der Senat hat deshalb sowohl die entsprechende Einzelstrafe als auch die Gesamtstrafe selbst festgesetzt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 2006 - 2 StR 293/06 - und vom 17. März 2004 - 2 StR 516/03).
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- 2. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. Dezember 2008, denen gegenüber die Ausführungen im Schriftsatz des Verteidigers vom 29. Dezember 2008 nicht durchdringen. Die Änderung des Strafausspruchs hat auf die Anordnung der Sicherungsverwahrung keine Auswirkung.
- 5
- Der geringfügige Erfolg der Revision gibt keinen Anlass, den Angeklagten teilweise von den Kosten seines Rechtsmittels freizustellen.
Ernemann Mutzbauer
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.