Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12

bei uns veröffentlicht am23.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 305/12
vom
23. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Angeklagten am 23. August 2012 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 7. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 3. Mai 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Die der Verurteilung des Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger zu Grunde liegende Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
1. Nach den Feststellungen lebte der Angeklagte mit der Nebenklägerin und deren Lebensgefährten, einem Halbbruder des Angeklagten, in einer Wohnung. Im Dezember 2009 suchte die Nebenklägerin den Angeklagten in seinem Zimmer auf, weil sie nicht schlafen konnte. Zuvor hatte sie ein ihr verschriebenes Antidepressivum in einer überhöhten Dosis eingenommen, das eine beruhigende und schlaffördernde Wirkung hatte. Beide setzten sich auf das Bett des Angeklagten und sahen sich eine DVD an. Nachdem die Nebenklägerin auf dem Bett liegend eingeschlafen war, entkleidete der Angeklagte ihren Unterleib und führte an ihr den vaginalen Geschlechtsverkehr aus. Als die Nebenklägerin erwachte, stieß sie den Angeklagten von sich, der daraufhin außerhalb ihres Körpers zur Ejakulation kam (UA 10). Die schockierte Nebenklägerin verließ das Zimmer und begab sich weinend ins Bad, um sich zu waschen. Anschließend kehrte sie zu ihrem schlafenden Lebensgefährten zurück, ohne ihm etwas von dem Geschehenen zu berichten. Als die Nebenklägerin den Angeklagten am nächsten Tag auf den Vorfall ansprach, erklärte dieser, dass er von einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr ausgegangen sei. Am 17. Dezember 2009 erfuhr die Nebenklägerin von ihrer Frauenärztin, dass sie schwanger ist. Daraufhin erklärte sie dem Angeklagten, dass sie den Vorfall nun ihrem Lebensgefährten offenbaren werde, weil sie sich des genauen Zeitpunkts des Geschlechtsverkehrs mit ihm nicht mehr sicher war und deshalb befürchtete, er könnte der Vater des Kindes sein (UA 11).
4
Der Angeklagte hat angegeben, dass ihn die Nebenklägerin in seinem Zimmer aufgesucht habe und es in der Folge zu einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen sei. Bereits zuvor habe es bei zwei Gelegenheiten sexuelle Kontakte (Handverkehr) zwischen ihm und der Nebenklägerin gegeben. Drei bis vier Tage nach dem Vorfall habe die Nebenklägerin einen Schwangerschaftstest durchgeführt, der positiv verlaufen sei. Daraufhin habe sie ihm vorgeworfen, dass er der Vater sei und angekündigt, ihrem Lebensgefährten von dem Vorfall zu erzählen. Er habe sie daraufhin eindringlich gebeten , dabei die Wahrheit zu sagen. Dies habe die Nebenklägerin mit der Begründung abgelehnt, dass dann ihr Lebensgefährte die Beziehung zu ihr beenden würde. Sie werde deshalb behaupten, der Angeklagte habe sie vergewaltigt, nachdem sie unter dem Einfluss eingenommener Medikamente eingeschlafen sei (UA 15).
5
Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten auf die für glaubhaft erachtete Einlassung der Nebenklägerin gestützt. Dabei ist das Landgericht dem aussagepsychologischen Gutachten der Sachverständigen O. gefolgt, die zu dem Schluss gelangt ist, dass die Angaben der Nebenklägerin ausschließlich mit der Erlebnishypothese in Einklang zu bringen sind (UA 21 f.).
6
2. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148, 149; Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). In einem Fall in dem Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung allein davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat, die die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten beeinflussen können (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148, 149; Beschluss vom 15. Januar 2008 – 4 StR 533/07; Beschluss vom 22. Januar 2002 – 5 StR 549/01, NStZ-RR 2002, 146; Beschluss vom 23. Mai 2000 – 1 StR 156/00, NStZ 2000, 496, 497). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
7
a) Die Ausführungen des Landgerichts zu den Angaben der Nebenklägerin in Bezug auf frühere sexuelle Kontakte mit dem Angeklagten lassen besorgen , dass nahe liegende Gesichtspunkte nicht in Betracht gezogen worden sind, deren Berücksichtigung zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis führen könnte.
8
Die Nebenklägerin hat in der Hauptverhandlung (UA 18) und bei ihrer zweiten polizeilichen Einvernahme im Ermittlungsverfahren angegeben (UA 26, 31), an sexuelle Kontakte mit dem Angeklagten im Vorfeld des Tatgeschehens keine Erinnerung zu haben. Das Landgericht hat darin kein gegen die Glaubhaf- tigkeit ihrer Angaben sprechendes Indiz gesehen, weil bei einer „konstruierten Aussage“ eine „komplikationslose Verneinung“ dieser Frage zu erwarten gewe- sen wäre. Zudem habe die Nebenklägerin die ihr verordneten Medikamente schon vor dem Tatgeschehen in eigenmächtig überhöhter Dosierung eingenommen , sodass aus ihrer Sicht zumindest die Möglichkeit bestanden habe, dass sich der Angeklagte ihr zuvor schon in ähnlicher Weise genähert und sexuelle Handlungen an ihr begangen haben könnte (UA 32).
9
Macht ein Zeuge in Bezug auf ein wenig vergessensanfälliges Erleben eine unter normalen Bedingungen nicht erklärbare Erinnerungslücke geltend, besteht Grund zu der Annahme, dass er dieses Thema meiden will und sein Aussageverhalten auch im Übrigen einer entsprechenden Steuerung unterliegt. Das Landgericht hätte daher erörtern müssen, ob die Nebenklägerin der Frage nach weiteren, insbesondere einvernehmlichen sexuellen Kontakten mit dem Angeklagten ausweichen wollte und – bejahendenfalls – inwieweit sich daraus Schlüsse auf eine entsprechende Steuerung ihrer Aussage auch in Bezug auf die Schilderung des Tatgeschehens ziehen lassen.
10
Die Erwägung, dass bei einer erfundenen Aussage eine „komplikationslose Verneinung“ der Frage nach einvernehmlichen sexuellen Handlungen zu erwarten gewesen wäre, vermag die glaubwürdigkeitskritische Bedeutung der geltend gemachten Erinnerungslücke nicht zu entkräften. Zwar trifft es zu, dass ein falsche Anschuldigungen erhebender Zeuge häufig darauf bedacht sein wird, seine Einlassung von Schwächen freizuhalten (vgl. Niehaus in Volbert/ Steller, Handbuch der Rechtspsychologie, S. 314), sodass in dem Zugeständnis von Erinnerungslücken ein motivationsbezogenes Glaubhaftigkeitsmerkmal gesehen werden kann (vgl. Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie, 2. Aufl. Rn. 732), doch kann dies nur für Erinnerungslücken gelten, die mit allgemeinen Gedächtnisgesetzmäßigkeiten erklärbar sind und deshalb auf eine ungesteuerte Aussageweise hindeuten. So liegt es hier aber gerade nicht.
11
Die Annahme des Landgerichts, die Nebenklägerin könnte im Unklaren darüber gewesen sein, ob sie schon zuvor von dem Angeklagten ohne ihr Wissen in ähnlicher Weise sexuell angegangen worden ist, findet in den Urteilsgründen keine Stütze und ist eine bloße Vermutung. Sie ist zudem unbehelflich, weil ein solcher sexueller Kontakt unfreiwillig gewesen wäre und es an dieser Stelle vornehmlich um die Frage ging, ob die Nebenklägerin freiwillig sexuelle Handlungen mit dem Angeklagten vorgenommen hat.
12
b) Die Wertung des Landgerichts, wonach sich „gerade auch in den be- stehenden Erinnerungslücken“ eine Konstanz in der Aussage der Nebenkläge- rin gezeigt habe (UA 30, 31), korrespondiert nicht in jeder Hinsicht mit allgemeinen Erfahrungssätzen.
13
Der Annahme, dass in der Übereinstimmung von Aussageinhalten in aufeinanderfolgenden Vernehmungen ein Indiz für das Vorliegen einer erlebnisbegründeten Aussage gesehen werden kann, liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Beobachtungen realer Vorgänge und eigene Erlebnisse zuverlässiger gespeichert werden, als aus dem Allgemeinwissen zusammengesetzte oder von Dritten vorgegebene Inhalte (vgl. Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage, 5. Aufl., S. 51). Eine für die Glaubwürdigkeitsbeurteilung bedeutsame Konstanz kann sich daher nur in Bezug auf hinreichend komplexe Sachverhaltsschilderungen ergeben (Greuel, Wirklichkeit-Erinnerung-Aussage, S. 38; Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage, 5. Aufl., S. 53 ff.). Sie lässt sich dagegen nur mit Einschränkungen auf die wiederholte Äußerung stützen, zu einem bestimmten Geschehen nichts mehr zu wissen.
14
c) Die Bewertung der Abweichungen in den Angaben der Nebenklägerin zum Kerngeschehen weist einen Erörterungsmangel auf.
15
Die Nebenklägerin hat im Ermittlungsverfahren angegeben, bei dem Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten auf der rechten Seite mit etwa rechtwinklig angewinkelten Beinen gelegen zu haben, während der Angeklagte auf dem Bett hinter ihr kniete und von hinten in sie eingedrungen sei. Ob sie tatsächlich auf der rechten Seite gelegen habe, könne sie nicht mehr mit Bestimmtheit sagen (UA 25). Bei der drei Wochen später erfolgten Exploration durch die Sachverständige war sich die Nebenklägerin hinsichtlich ihrer Lage auf dem Bett nicht mehr sicher. Sie gab an, dass sich „vor ihren Augen ein Bild entwickelt“ habe, nach dem sie auf dem Rücken gelegen und der Angeklagte sich über ihr befunden habe (UA 27). In der Hauptverhandlung erklärte die Nebenklägerin hierzu „dass sie gelegen und sich der Angeklagte über ihr be- funden habe. Ob sie dabei auf der rechten Seite gelegen habe, könne sie nicht mehr sagen“ (UA 19). Die vom Landgericht angehörte Sachverständige hat die- se Abweichungen für unbedenklich gehalten, weil die polizeiliche Aussage nicht zeitnah zu dem Tatgeschehen erfolgt und die Zeugin bestrebt gewesen sei, den Vorfall zu verdrängen (UA 29). Dem hat sich das Landgericht angeschlossen (UA 30) und weiter ausgeführt, dass bei einer Aussagekonstruktion zu erwarten gewesen wäre, dass die Nebenklägerin bestehende Unsicherheiten im Lauf der Vernehmungen ausräumt (UA 31).
16
Eine Inkonstanz in den Bekundungen eines Zeugen stellt einen Hinweis auf mangelnde Glaubhaftigkeit der Angaben insgesamt dar, wenn sie nicht mehr mit natürlichen Gedächtnisunsicherheiten erklärt werden kann (BGH, Urteil vom 30. Juli 1999 – 1 StR 618/98, BGHSt 45, 164, 172). Bei der Schilderung von körpernahen Ereignissen ist im Allgemeinen zu erwarten, dass der Zeuge globale Körperpositionen bei der Haupthandlung auch über längere Intervalle in Erinnerung behält (Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage, 5. Aufl., S. 53; Greuel, Wirklichkeit-Erinnerung-Aussage, S. 38 f.). Das Landgericht hätte sich daher näher damit auseinandersetzen müssen, dass die Nebenklägerin ihre eigene Gesamtkörperposition bei zwei kurz aufeinanderfolgenden Vernehmungen abweichend geschildert hat. Mit einem Bemühen um Verdrängung ist dies nicht ohne Weiteres erklärbar.
17
d) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht ein Falschaussagemotiv ausgeschlossen hat, stehen nicht im Einklang mit dem übrigen Beweisergebnis.
18
Das Landgericht hat in Betracht gezogen, dass die Nebenklägerin aufgrund der bei ihr festgestellten Schwangerschaft gegenüber ihrem Lebensgefährten ein schlechtes Gewissen bekommen und sich daraufhin zu rechtfertigen versucht haben könnte. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass für die Nebenklägerin im Fall einvernehmlicher sexueller Handlungen nicht die Not- wendigkeit bestanden hätte, sich ihrem Lebensgefährten anzuvertrauen. Sie habe sich nicht in einer Rechtfertigungssituation befunden, da die Vaterschaft ihres Lebensgefährten von keiner Seite angezweifelt worden sei. Die Offenbarung des Vorfalls habe vielmehr nur die Funktion gehabt, sich durch eine Aussprache von einem innerlich belastenden Erleben zu befreien. Ein einvernehmliches sexuelles Erleben mit dem Angeklagten hätte sie hingegen verschweigen können. Insofern deuteten die gewichtigeren Umstände darauf hin, dass ein sich stetig steigernder innerer Druck, der durch die Schwangerschaft entscheidend verstärkt worden sei, dazu geführt habe, dass sie sich ihrem Lebensgefährten habe anvertrauen müssen (UA 39).
19
Nach den Feststellungen hat die Nebenklägerin ihrem Lebensgefährten den Vorfall unmittelbar nach dem positiv verlaufenen Schwangerschaftstest offengelegt und dies gegenüber dem Angeklagten damit begründet, dass sie sich des genauen Zeitpunkts des Geschlechtsverkehrs mit ihm, dem Angeklagten , nicht mehr sicher sei und deshalb befürchte, er könne der Vater des Kindes sein (UA 11). Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung (UA 20). Anlass für die Offenbarung war danach allein die konkrete Angst, infolge des Geschlechtsverkehrs mit dem Angeklagten schwanger geworden zu sein und nicht ein sich stetig steigernder innerer Druck. Die Erwägung, dass für die Nebenklägerin bei einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr kein Grund bestanden hätte, sich ihrem Lebenspartner anzuvertrauen , geht vor diesem Hintergrund ebenso ins Leere, wie die Annahme, dass sie sich nicht in einer Rechtfertigungssituation befunden habe, weil bisher noch keine Zweifel in Bezug auf die Vaterschaft angemeldet worden seien.
20
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Dazu wird es sich empfehlen, einen anderen Sachverständigen zu Rate zu ziehen.

II.


21
Sollte das Landgericht wieder zu einer Verurteilung gelangen, wird erneut eine nachträgliche Gesamtstrafe (§ 55 Abs. 1 StGB) gebildet werden müssen. Dazu sind die in dem früheren Urteil verhängten Einzelstrafen festzustellen , da allein sie in die nachträglich zu bildende Gesamtstrafe einfließen und die Gesamtstrafe aus dem früheren Urteil aufgelöst wird (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1958 – 1 StR 312/58, BGHSt 12, 99; SSW-StGB/Eschelbach, § 55 Rn. 24).
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2011 - 1 StR 501/11

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 501/11 vom 14. Dezember 2011 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Dezember 2011, an der teilgenommen hab
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2014 - 4 StR 445/13

bei uns veröffentlicht am 13.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 445/13 vom 13. März 2014 in der Strafsache gegen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. März 2014, an der teil

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13

bei uns veröffentlicht am 23.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 135/13 vom 23. August 2013 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. August 2013 beschlossen : Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil d

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 24. Mai 2017 - 2 OLG 4 Ss 54/17

bei uns veröffentlicht am 24.05.2017

Tenor Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Andernach vom 15. Februar 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine ande

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 02. Mai 2016 - 2 OLG 4 Ss 32/16

bei uns veröffentlicht am 02.05.2016

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Koblenz vom 1. Dezember 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und En

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 501/11
vom
14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. Dezember 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte – bei der Verhandlung –,
Justizangestellte – bei der Verkündung –
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2011 wird verworfen. 2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der verheiratete Angeklagte seit dem Jahr 2005 ein Verhältnis mit F. Ö. . Zu Beginn des Verhältnisses lebte er noch in seiner ehelichen Wohnung. Die Beziehung zum Angeklagten wurde von F. Ö. als gut empfunden. Dies änderte sich jedoch, als der Angeklagte im Jahr 2009 A. K. kennenlernte und mit ihr ein sexuelles Verhältnis einging. F. Ö. beauftragte einen Detektiv, der den Angeklag- ten überwachen sollte. Aufgrund von dessen Erkenntnissen gelang es F. Ö. , den Angeklagten im Bett mit A. K. zu überraschen.
3
Nach einer vorübergehenden Trennung versöhnten sich beide wieder. Sein Versprechen, sich nicht mehr mit A. K. zu treffen, hielt der Angeklagte allerdings nicht ein. Wegen der Vermutung F. Ö. s, dass das Verhältnis zur neuen Freundin andauere, kam es immer wieder zum Streit zwischen beiden. Dabei wurde der Angeklagte auch handgreiflich gegen F. Ö. . Auch diese ergriff bei einer solchen Gelegenheit einmal ein Messer und verletzte den Angeklagten an der Hüfte. Im Januar 2010 kam es dann zu einem Vorfall, bei dem der Angeklagte auf F. Ö. einschlug und dabei sagte, sie solle "verrecken". Um dies zu erreichen, werde er sie "bis morgen früh festhalten". F. Ö. gelang es jedoch zu flüchten und Strafanzeige zu erstatten. Ein behördliches Annäherungsverbot missachtete der Angeklagte mehrfach. Dabei führte er u.a., wenn sie ihm das Gesicht zuwandte, seinen Zeigefinger an seinem Hals vorbei, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass er ihr den Hals abschneiden wolle. Außerdem schlug er mit der Handkante mehrfach schnell auf seine Handfläche, um ihr zu verdeutlichen, dass er sie zerstückeln wolle. Nachdem F. Ö. ihn deswegen angezeigt hatte und er als Beschuldigter vernommen worden war, nahm sie ihn aber auf sein Drängen hin wieder in ihrer Wohnung auf. Den gestellten Strafantrag nahm sie mit der Begründung wieder zurück, sie sei mit dem Angeklagten verlobt.
4
2. Zum Tatgeschen hat das Landgericht Folgendes festgestellt: Der Angeklagte wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 22. und 26. März 2010 auf F. Ö. in deren Wohnung wütend, weil sie verlangt hatte, dass er aus ihrer Wohnung ausziehe. Er vermutete, dass sie eine Beziehung zu einem anderen Mann habe. Dies wollte er sich nicht gefallen lassen. Er bezichtigte F. Ö. der Untreue und packte sie, als sie dies bestritt, mit beiden Händen am Hals. Dann drückte er sie der Länge nach auf das Sofa, so dass sie auf dem Rücken zum liegen kam, kniete sich über sie, fixierte ihre Arme, indem er seine Knie auf ihren Oberarmen aufstützte, und drückte mit beiden Händen mindestens dreimal ihren Hals zu. Dabei legte er die Handflächen seitlich an ihren Hals und die Daumen auf ihre Halsvorderseite an den Kehlkopf. Beim dritten Mal drückte er so heftig und so lange zu, nämlich mindestens 10 bis 15 Sekunden, dass F. Ö. das Bewusstsein verlor. Als sie entgegen seiner Erwartung wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte, sagte er zu ihr: "Bist Du noch immer nicht verreckt", nahm aber von ihm möglichen , weiteren tätlichen Angriffen auf F. Ö. Abstand. Während sie seinem Würgegriff ausgesetzt war, erlebte F. Ö. Schmerzen und Todesangst. Nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit musste sie sich übergeben. Danach hatte sie am Hals Druckstellen sowie zwei Tage lang Hautrötungen und litt mehrere Tage unter Schluckbeschwerden. Seitdem kann sie aus Angst nicht mehr alleine schlafen.
5
Aus Angst vor dem Angeklagten wagte sie zunächst nicht, zum Arzt zu gehen, Anzeige zu erstatten oder jemandem von dem Vorfall zu berichten. Erst am 11. April 2010 vertraute sie sich ihrer Freundin C. an und erstattete dann Strafanzeige gegen den Angeklagten, weil er ihr in der Woche vom 22. bis 26. März 2010 im Streit die Kehle zugedrückt habe, bis sie ohnmächtig geworden sei. Am Tag nach der Strafanzeige flog F. Ö. mit ihren beiden Kindern in die Türkei und kehrte erst im Juni 2010 wieder nach Deutschland zurück.
6
Der Angeklagte nahm in der Folge mit A. K. eine gemeinsame Wohnung. Nach F. Ö. s Rückkehr aus der Türkei traf er auch mit dieser bei wenigen Gelegenheiten nochmals zusammen. U.a. besuchten sie gemeinsam ein Spielkasino. Dabei wusste der Angeklagte noch nicht, dass er von F. Ö. angezeigt worden war; sie ließ sich auch nichts anmerken. Erst am 12. Juli 2010 wurde der Angeklagte angesichts einer Vorladung bei der Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontiert.
7
3. Nachdem der Angeklagte zunächst gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zur Sache gemacht hatte, bestritt er in der Hauptverhandlung , seine damalige Freundin F. Ö. gewürgt zu haben. Er habe sich wegen A. K. von F. Ö. getrennt, sei aber dann mit ihr wieder zusammengekommen und habe sich mit ihr verlobt. Am 11. April 2010 habe er sich dann erneut von ihr getrennt, wobei sie geweint und ihn bedroht habe. Nach zwei bis drei Monaten habe er dann Anrufe von F. Ö. erhalten, die sich wieder mit ihm versöhnen wollte, was er aber abgelehnt habe. Dann sei er überraschend von der Polizei festgenommen worden. Die Anschuldigungen von F. Ö. träfen nicht zu. Sie habe diese nur erhoben, weil er eine viel hübschere und viel intelligentere neue Freundin habe.
8
4. Demgegenüber hat F. Ö. in der Hauptverhandlung den Sachverhalt wie vom Landgericht festgestellt geschildert. Als sie den Angeklagten aufgefordert habe, aus ihrer Wohnung auszuziehen, habe er "durchgedreht" und geschrien "Du hast mich betrogen!". Er habe sich dann mit seinenKnien auf ihre Arme gesetzt und sie dreimal gewürgt, bis sie bewusstlos geworden sei. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe er gesagt: "Bist Du noch immer nicht verreckt". Sie habe durch das Würgen rote Druckstellen am Hals gehabt, die zwei Tage sichtbar gewesen seien. Allerdings habe sie einen Schal um den Hals getragen; die Druckstellen habe sie niemandem gezeigt.
9
Nach der Tat habe sie weiter mit dem Angeklagten in der Wohnung gelebt. Sie habe ihn auch chauffiert, da er keinen Führerschein gehabt habe. Am Tag nach der Tat habe sie zwar zum Arzt gehen wollen, der Angeklagte habe ihr dies aber verboten. Aus Angst vor dem Angeklagten sei sie auch nicht zur Polizei gegangen. Erst am 11. April 2010 habe sie den Mut gefunden, den Angeklagten zu verlassen und habe sich drei Freundinnen offenbart. Ihre Freundin C. habe sie dabei aufgefordert Strafanzeige gegen den Angeklagten zu erstatten, was sie dann auch getan habe. Nach der Anzeigeerstattung bei der Polizei sei sie für mehrere Wochen in die Türkei geflogen.
10
5. Das Landgericht hält den Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise, insbesondere aufgrund der Angaben der Zeugin F. Ö. , für überführt. Es ist davon überzeugt, dass deren Angaben einem tatsächlichen Erleben entsprechen und glaubhaft sind, zumal sie schon in der Vergangenheit vom Angeklagten misshandelt worden war. Auch die Beobachtungen von Zeugen, welche F. Ö. am Tag der Anzeigenerstattung erlebt hatten, sprächen dafür, dass sie das Geschilderte tatsächlich erlebt habe.

II.

11
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg; sie ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch und die Nachprüfung des Urteils aufgrund der näher ausgeführten Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
12
1. Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. September 2011 genannten Gründen jedenfalls unbegründet. Einer Erörterung bedarf Folgendes:
13
Soweit die Revision im Rahmen einer Aufklärungsrüge die Behauptung aufstellt, das Landgericht habe die von der Zeugin F. Ö. im Ermitt- lungsverfahren gemachten Angaben in wesentlichen Teilen nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und dadurch gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen (zu den Voraussetzungen einer solchen Rüge vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 506/01), trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Landgericht in den Urteilsgründen nach der Schilderung der Angaben der Zeugin Ö. in der Hauptverhandlung (UA S. 19 - 23) die "Aussagequalität" einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Dabei hat es auch die Aussagen der Zeugin in der Hauptverhandlung mit denen bei der Anzeigeerstattung am 11. April 2010 und mit denen bei einer weiteren polizeilichen Vernehmung am 29. Juni 2010 verglichen. Hierzu hat es ausweislich der Urteilsgründe die jeweiligen Vernehmungsbeamten als Zeugen vernommen und deren Angaben in den Urteilsgründen wiedergegeben (UA S. 23 - 25). Die auf der Basis des Vergleichs der Angaben der Zeugin F. Ö. vorgenommene Wertung des Landgerichts, deren Aussage sei "von Anfang an logisch, konsistent und detailliert gewesen, (habe) Einzelheiten und psychische Vorgänge enthalten und (sei) konstant gewesen", ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es keinen "Wechsel in der Beschreibung, wie es zur Tat gekommen" ist, dar, wenn F. Ö. bei der ersten Vernehmung als Grund für die Tat lediglich angegeben hat, der Angeklagte habe ihr "im Streit" die Kehle zugedrückt, und die Eifersucht des Angeklagten als Tatmotiv erst bei späteren Vernehmungen erwähnt hat.
14
2. Auch die Sachrüge, mit der im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet wird, deckt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
15
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es ge- nügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH, Urteil vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, StV 1994, 580). Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
16
b) Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auch in den Blick genommen, dass für das eigentliche Tatgeschehen außer der Belastungszeugin F. Ö. keine weiteren Tatzeugen vorhanden waren und die von ihr geschilderten (UA S. 20) Druckstellen am Hals von Dritten nicht wahrgenommen worden waren (UA S. 37).
17
In einem solchen Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daß das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 15) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; BGH, Beschluss vom 12. November 1998 - 4 StR 511/98, NStZ-RR 1999, 139). Dies hat das Landgericht hier rechtsfehlerfrei getan.
18
aa) Das Landgericht hat die Aussage der Belastungszeugin F. Ö. "auf aussageimmanente Qualitätsmerkmale wie logische Konsistenz, quantitativen Detailreichtum, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, deliktsspezifische Aussageelemente, auf Konstanz und Motivation unter Berücksichtigung der Persönlichkeit" überprüft und hat dabei die Überzeugung gewonnen, dass ihre Angaben einem persönlichen Erleben entsprechen und deshalb glaubhaft sind.
19
Zur Überprüfung der Qualität der Aussage der F. Ö. hat das Landgericht deren Aussagen im Ermittlungsverfahren mit den Angaben in der Hauptverhandlung verglichen. Es hat dabei festgestellt, dass die Angaben von Anfang an detailreich und konstant gewesen waren. Zu keinem Zeitpunkt habe F. Ö. Angaben, die sie gegenüber dritten Personen oder gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht habe, korrigiert oder auch nur korrigieren wollen (UA S. 58). Den erkennbar fehlenden Belastungseifer von F. Ö. hat das Landgericht ebenso in die Gesamtwürdigung einbezogen wie die "rechtsmedizinische Plausibilität" der von ihr geschilderten Verletzungen und den Umstand, dass der Angeklagte F. Ö. bereits mehrfach verletzt und - unter Zeugen - auch mit Gesten bedroht hatte.
20
bb) Den bedeutsamen Umstand, dass objektive Spuren für das Würgen nicht gesichert werden konnten, hat das Landgericht eingehend erörtert. Es hat dabei berücksichtigt, dass F. Ö. angeben hatte, die durch das Würgen entstandenen Hautrötungen seien zwei Tage sichtbar gewesen. Um diese zu verbergen, habe sie ein Halstuch getragen. Die Tatsache, dass F. Ö. tatsächlich einen Schal getragen habe, hat deren Mutter als Zeugin bestätigt.
21
cc) Mit dem Umstand, dass F. Ö. auch anhand eines Kalenders den Zeitpunkt der Tatbegehung nicht genauer eingrenzen konnte als durch Angabe der Woche vom 22. bis 26. März 2010, hat das Landgericht ebenfalls eingehend erörtert (UA S. 43 ff.). Es hat dabei ebenso berücksichtigt, dass die Tage der F. Ö. als Hausfrau eintönig verlaufen waren, wie, dass die Vernehmungsbeamtin bei der Anzeigeerstattung nicht den Versuch unternommen hatte, sie zu einer näheren Festlegung zu veranlassen. Samstag und Sonntag konnte F. Ö. als Tattag ausschließen, weil ihre Kinder in der Schule gewesen seien.
22
dd) Die Möglichkeit einer Falschbelastung des Angeklagten durchF. Ö. hat das Landgericht ebenfalls erörtert und im Rahmen der Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat dabei nicht nur Eifersucht, sondern auch finanzielle Gründe als mögliches Falschbelastungsmotiv in den Blick genommen. Dabei hat das Landgericht auch berücksichtigt, dass F. Ö. den Angeklagten nicht nur be-, sondern auch entlastet habe, indem sie insbesondere darauf hingewiesen habe, dass der Angeklagte sie nicht habe umbringen wollen, weil er sie "doch so geliebt habe". Auch habe sie geschildert, dass der Angeklagte, "nachdem sie wieder zu sich gekommen sei, nicht mehr tätlich geworden sei, obwohl er ohne weiteres die Gelegenheit dazu gehabt hätte".
23
ee) Schließlich hat das Landgericht in die Gesamtwürdigung der für und gegen eine Tatbegehung des Angeklagten sprechenden Umstände auch einbezogen , dass der Angeklagte F. Ö. bereits im Januar 2010 geschlagen , getreten und später auch noch bedroht hatte und von F. Ö. wegen dieser Vorgänge zu Recht angezeigt worden war.
24
ff) Den Grund für den "auffälligen" (UA S. 45) Umstand, dass F. Ö. mit dem Angeklagten nach dessen "Würgeangriff" weiter in einer Wohnung zusammengelebt und ihn - weil er im Jahr 2009 seinen Führerschein verloren hatte - abends und nachts zu den Gaststätten gefahren hat, in denen der Angeklagte als Automatenaufsteller Geldspielautomaten aufgestellt hatte, hat das Landgericht ebenso wie den Grund für die späte Anzeigerstattung in ihrer Einschüchterung durch den Angeklagten gesehen (UA S. 45). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich die Angabe der F. Ö. , sie habe erst am 11. April 2010 den Mut gefunden, den Angeklagten anzuzei- gen, weil ihr an diesem Tag die Hilfe und Unterstützung der Familie und ihrer Freundinnen zuteil geworden sei, mit den Wahrnehmungen der Zeuginnen C. sowie F. und Ka. K. deckte (UA S. 41).
25
c) Die von der Revision behaupteten Lücken in der Beweiswürdigung liegen nicht vor.
26
aa) Den Umstand, dass F. Ö. nach der Tat und auch noch nach ihrer im unmittelbaren Anschluss an die Anzeigeerstattung am 11. April 2010 angetretenen Reise in die Türkei Angst vor dem Angeklagten hatte, hat das Landgericht gesehen (UA S. 16) und auch mit Blick auf die Frage der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben erörtert. Es hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass F. Ö. in den Tagen nach der Tat die Möglichkeit hatte, Zeiten der Abwesenheit des Angeklagten zum Arztbesuch auszunutzen oder um eine Strafanzeige zu erstatten. Das Landgericht hat sich dabei rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass das zögerliche Verhalten der Zeugin auf deren Angst vor dem Angeklagten zurückzuführen war (UA S. 45). Insbesondere angesichts der vom Landgericht in den Blick genommenen Erfahrungen der ZeuginF. Ö. nach der Strafanzeige gegen den Angeklagten wegen des Vorfalls im Januar 2010 (UA S. 46), ist diese Überzeugung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte F. Ö. nach jener Strafanzeige bedroht und bedrängt , bis sie ihn schließlich wieder in ihre Wohnung aufnahm und den Strafantrag zurücknahm (UA S. 12).
27
bb) Das Landgericht hat auch erörtert, dass sich F. Ö. noch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei mit dem Angeklagten traf, obwohl sie bereits Anzeige gegen ihn erstattet hatte (UA S. 15, 56). Es musste diese Treffen auch nicht als gegen die Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben der Zeugin Ö. sprechenden Umstand werten. Denn nach den Feststellungen des Landgerichtswusste der Angeklagte bei diesen Treffen noch nicht, dass F. Ö. Anzeige gegen ihn erstattet hatte; sie hat ihn davon auch nicht unterrichtet. Dass die Initiative zu diesen Treffen von der Zeugin ausgegangen sei, hat das Landgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat ihr das Landgericht geglaubt , dass sie keine Versuche unternommen hat, den Angeklagten wieder für sich zu gewinnen (UA S. 56). Diese - rechtsfehlerfreien - Erwägungen belegen auch, dass das Landgericht entgegen der Annahme der Revision bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben F. Ö. s im Blick hatte, dass diese auch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei noch Angst vor dem Angeklagten hatte.
28
cc) Auch den Umstand, dass F. Ö. die von ihr beschriebenen und nur kurze Zeit sichtbaren (UA S. 28) Druckstellen am Hals niemandem - und damit auch nicht ihren Kindern - zeigte und im Übrigen ein Halstuch trug, hat das Landgericht ausdrücklich erörtert. Eine Aufklärungsrüge zu den Wahrnehmungen ihrer Kinder ist nicht erhoben. Mit den Angaben der Schwester der F. Ö. , sie habe keine Verletzungen am Hals ihrer Schwester gesehen, hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (UA S. 38).
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 501/11
vom
14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. Dezember 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte – bei der Verhandlung –,
Justizangestellte – bei der Verkündung –
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2011 wird verworfen. 2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der verheiratete Angeklagte seit dem Jahr 2005 ein Verhältnis mit F. Ö. . Zu Beginn des Verhältnisses lebte er noch in seiner ehelichen Wohnung. Die Beziehung zum Angeklagten wurde von F. Ö. als gut empfunden. Dies änderte sich jedoch, als der Angeklagte im Jahr 2009 A. K. kennenlernte und mit ihr ein sexuelles Verhältnis einging. F. Ö. beauftragte einen Detektiv, der den Angeklag- ten überwachen sollte. Aufgrund von dessen Erkenntnissen gelang es F. Ö. , den Angeklagten im Bett mit A. K. zu überraschen.
3
Nach einer vorübergehenden Trennung versöhnten sich beide wieder. Sein Versprechen, sich nicht mehr mit A. K. zu treffen, hielt der Angeklagte allerdings nicht ein. Wegen der Vermutung F. Ö. s, dass das Verhältnis zur neuen Freundin andauere, kam es immer wieder zum Streit zwischen beiden. Dabei wurde der Angeklagte auch handgreiflich gegen F. Ö. . Auch diese ergriff bei einer solchen Gelegenheit einmal ein Messer und verletzte den Angeklagten an der Hüfte. Im Januar 2010 kam es dann zu einem Vorfall, bei dem der Angeklagte auf F. Ö. einschlug und dabei sagte, sie solle "verrecken". Um dies zu erreichen, werde er sie "bis morgen früh festhalten". F. Ö. gelang es jedoch zu flüchten und Strafanzeige zu erstatten. Ein behördliches Annäherungsverbot missachtete der Angeklagte mehrfach. Dabei führte er u.a., wenn sie ihm das Gesicht zuwandte, seinen Zeigefinger an seinem Hals vorbei, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass er ihr den Hals abschneiden wolle. Außerdem schlug er mit der Handkante mehrfach schnell auf seine Handfläche, um ihr zu verdeutlichen, dass er sie zerstückeln wolle. Nachdem F. Ö. ihn deswegen angezeigt hatte und er als Beschuldigter vernommen worden war, nahm sie ihn aber auf sein Drängen hin wieder in ihrer Wohnung auf. Den gestellten Strafantrag nahm sie mit der Begründung wieder zurück, sie sei mit dem Angeklagten verlobt.
4
2. Zum Tatgeschen hat das Landgericht Folgendes festgestellt: Der Angeklagte wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 22. und 26. März 2010 auf F. Ö. in deren Wohnung wütend, weil sie verlangt hatte, dass er aus ihrer Wohnung ausziehe. Er vermutete, dass sie eine Beziehung zu einem anderen Mann habe. Dies wollte er sich nicht gefallen lassen. Er bezichtigte F. Ö. der Untreue und packte sie, als sie dies bestritt, mit beiden Händen am Hals. Dann drückte er sie der Länge nach auf das Sofa, so dass sie auf dem Rücken zum liegen kam, kniete sich über sie, fixierte ihre Arme, indem er seine Knie auf ihren Oberarmen aufstützte, und drückte mit beiden Händen mindestens dreimal ihren Hals zu. Dabei legte er die Handflächen seitlich an ihren Hals und die Daumen auf ihre Halsvorderseite an den Kehlkopf. Beim dritten Mal drückte er so heftig und so lange zu, nämlich mindestens 10 bis 15 Sekunden, dass F. Ö. das Bewusstsein verlor. Als sie entgegen seiner Erwartung wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte, sagte er zu ihr: "Bist Du noch immer nicht verreckt", nahm aber von ihm möglichen , weiteren tätlichen Angriffen auf F. Ö. Abstand. Während sie seinem Würgegriff ausgesetzt war, erlebte F. Ö. Schmerzen und Todesangst. Nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit musste sie sich übergeben. Danach hatte sie am Hals Druckstellen sowie zwei Tage lang Hautrötungen und litt mehrere Tage unter Schluckbeschwerden. Seitdem kann sie aus Angst nicht mehr alleine schlafen.
5
Aus Angst vor dem Angeklagten wagte sie zunächst nicht, zum Arzt zu gehen, Anzeige zu erstatten oder jemandem von dem Vorfall zu berichten. Erst am 11. April 2010 vertraute sie sich ihrer Freundin C. an und erstattete dann Strafanzeige gegen den Angeklagten, weil er ihr in der Woche vom 22. bis 26. März 2010 im Streit die Kehle zugedrückt habe, bis sie ohnmächtig geworden sei. Am Tag nach der Strafanzeige flog F. Ö. mit ihren beiden Kindern in die Türkei und kehrte erst im Juni 2010 wieder nach Deutschland zurück.
6
Der Angeklagte nahm in der Folge mit A. K. eine gemeinsame Wohnung. Nach F. Ö. s Rückkehr aus der Türkei traf er auch mit dieser bei wenigen Gelegenheiten nochmals zusammen. U.a. besuchten sie gemeinsam ein Spielkasino. Dabei wusste der Angeklagte noch nicht, dass er von F. Ö. angezeigt worden war; sie ließ sich auch nichts anmerken. Erst am 12. Juli 2010 wurde der Angeklagte angesichts einer Vorladung bei der Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontiert.
7
3. Nachdem der Angeklagte zunächst gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zur Sache gemacht hatte, bestritt er in der Hauptverhandlung , seine damalige Freundin F. Ö. gewürgt zu haben. Er habe sich wegen A. K. von F. Ö. getrennt, sei aber dann mit ihr wieder zusammengekommen und habe sich mit ihr verlobt. Am 11. April 2010 habe er sich dann erneut von ihr getrennt, wobei sie geweint und ihn bedroht habe. Nach zwei bis drei Monaten habe er dann Anrufe von F. Ö. erhalten, die sich wieder mit ihm versöhnen wollte, was er aber abgelehnt habe. Dann sei er überraschend von der Polizei festgenommen worden. Die Anschuldigungen von F. Ö. träfen nicht zu. Sie habe diese nur erhoben, weil er eine viel hübschere und viel intelligentere neue Freundin habe.
8
4. Demgegenüber hat F. Ö. in der Hauptverhandlung den Sachverhalt wie vom Landgericht festgestellt geschildert. Als sie den Angeklagten aufgefordert habe, aus ihrer Wohnung auszuziehen, habe er "durchgedreht" und geschrien "Du hast mich betrogen!". Er habe sich dann mit seinenKnien auf ihre Arme gesetzt und sie dreimal gewürgt, bis sie bewusstlos geworden sei. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe er gesagt: "Bist Du noch immer nicht verreckt". Sie habe durch das Würgen rote Druckstellen am Hals gehabt, die zwei Tage sichtbar gewesen seien. Allerdings habe sie einen Schal um den Hals getragen; die Druckstellen habe sie niemandem gezeigt.
9
Nach der Tat habe sie weiter mit dem Angeklagten in der Wohnung gelebt. Sie habe ihn auch chauffiert, da er keinen Führerschein gehabt habe. Am Tag nach der Tat habe sie zwar zum Arzt gehen wollen, der Angeklagte habe ihr dies aber verboten. Aus Angst vor dem Angeklagten sei sie auch nicht zur Polizei gegangen. Erst am 11. April 2010 habe sie den Mut gefunden, den Angeklagten zu verlassen und habe sich drei Freundinnen offenbart. Ihre Freundin C. habe sie dabei aufgefordert Strafanzeige gegen den Angeklagten zu erstatten, was sie dann auch getan habe. Nach der Anzeigeerstattung bei der Polizei sei sie für mehrere Wochen in die Türkei geflogen.
10
5. Das Landgericht hält den Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise, insbesondere aufgrund der Angaben der Zeugin F. Ö. , für überführt. Es ist davon überzeugt, dass deren Angaben einem tatsächlichen Erleben entsprechen und glaubhaft sind, zumal sie schon in der Vergangenheit vom Angeklagten misshandelt worden war. Auch die Beobachtungen von Zeugen, welche F. Ö. am Tag der Anzeigenerstattung erlebt hatten, sprächen dafür, dass sie das Geschilderte tatsächlich erlebt habe.

II.

11
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg; sie ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch und die Nachprüfung des Urteils aufgrund der näher ausgeführten Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
12
1. Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. September 2011 genannten Gründen jedenfalls unbegründet. Einer Erörterung bedarf Folgendes:
13
Soweit die Revision im Rahmen einer Aufklärungsrüge die Behauptung aufstellt, das Landgericht habe die von der Zeugin F. Ö. im Ermitt- lungsverfahren gemachten Angaben in wesentlichen Teilen nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und dadurch gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen (zu den Voraussetzungen einer solchen Rüge vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 506/01), trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Landgericht in den Urteilsgründen nach der Schilderung der Angaben der Zeugin Ö. in der Hauptverhandlung (UA S. 19 - 23) die "Aussagequalität" einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Dabei hat es auch die Aussagen der Zeugin in der Hauptverhandlung mit denen bei der Anzeigeerstattung am 11. April 2010 und mit denen bei einer weiteren polizeilichen Vernehmung am 29. Juni 2010 verglichen. Hierzu hat es ausweislich der Urteilsgründe die jeweiligen Vernehmungsbeamten als Zeugen vernommen und deren Angaben in den Urteilsgründen wiedergegeben (UA S. 23 - 25). Die auf der Basis des Vergleichs der Angaben der Zeugin F. Ö. vorgenommene Wertung des Landgerichts, deren Aussage sei "von Anfang an logisch, konsistent und detailliert gewesen, (habe) Einzelheiten und psychische Vorgänge enthalten und (sei) konstant gewesen", ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es keinen "Wechsel in der Beschreibung, wie es zur Tat gekommen" ist, dar, wenn F. Ö. bei der ersten Vernehmung als Grund für die Tat lediglich angegeben hat, der Angeklagte habe ihr "im Streit" die Kehle zugedrückt, und die Eifersucht des Angeklagten als Tatmotiv erst bei späteren Vernehmungen erwähnt hat.
14
2. Auch die Sachrüge, mit der im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet wird, deckt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
15
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es ge- nügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH, Urteil vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, StV 1994, 580). Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
16
b) Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auch in den Blick genommen, dass für das eigentliche Tatgeschehen außer der Belastungszeugin F. Ö. keine weiteren Tatzeugen vorhanden waren und die von ihr geschilderten (UA S. 20) Druckstellen am Hals von Dritten nicht wahrgenommen worden waren (UA S. 37).
17
In einem solchen Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daß das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 15) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; BGH, Beschluss vom 12. November 1998 - 4 StR 511/98, NStZ-RR 1999, 139). Dies hat das Landgericht hier rechtsfehlerfrei getan.
18
aa) Das Landgericht hat die Aussage der Belastungszeugin F. Ö. "auf aussageimmanente Qualitätsmerkmale wie logische Konsistenz, quantitativen Detailreichtum, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, deliktsspezifische Aussageelemente, auf Konstanz und Motivation unter Berücksichtigung der Persönlichkeit" überprüft und hat dabei die Überzeugung gewonnen, dass ihre Angaben einem persönlichen Erleben entsprechen und deshalb glaubhaft sind.
19
Zur Überprüfung der Qualität der Aussage der F. Ö. hat das Landgericht deren Aussagen im Ermittlungsverfahren mit den Angaben in der Hauptverhandlung verglichen. Es hat dabei festgestellt, dass die Angaben von Anfang an detailreich und konstant gewesen waren. Zu keinem Zeitpunkt habe F. Ö. Angaben, die sie gegenüber dritten Personen oder gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht habe, korrigiert oder auch nur korrigieren wollen (UA S. 58). Den erkennbar fehlenden Belastungseifer von F. Ö. hat das Landgericht ebenso in die Gesamtwürdigung einbezogen wie die "rechtsmedizinische Plausibilität" der von ihr geschilderten Verletzungen und den Umstand, dass der Angeklagte F. Ö. bereits mehrfach verletzt und - unter Zeugen - auch mit Gesten bedroht hatte.
20
bb) Den bedeutsamen Umstand, dass objektive Spuren für das Würgen nicht gesichert werden konnten, hat das Landgericht eingehend erörtert. Es hat dabei berücksichtigt, dass F. Ö. angeben hatte, die durch das Würgen entstandenen Hautrötungen seien zwei Tage sichtbar gewesen. Um diese zu verbergen, habe sie ein Halstuch getragen. Die Tatsache, dass F. Ö. tatsächlich einen Schal getragen habe, hat deren Mutter als Zeugin bestätigt.
21
cc) Mit dem Umstand, dass F. Ö. auch anhand eines Kalenders den Zeitpunkt der Tatbegehung nicht genauer eingrenzen konnte als durch Angabe der Woche vom 22. bis 26. März 2010, hat das Landgericht ebenfalls eingehend erörtert (UA S. 43 ff.). Es hat dabei ebenso berücksichtigt, dass die Tage der F. Ö. als Hausfrau eintönig verlaufen waren, wie, dass die Vernehmungsbeamtin bei der Anzeigeerstattung nicht den Versuch unternommen hatte, sie zu einer näheren Festlegung zu veranlassen. Samstag und Sonntag konnte F. Ö. als Tattag ausschließen, weil ihre Kinder in der Schule gewesen seien.
22
dd) Die Möglichkeit einer Falschbelastung des Angeklagten durchF. Ö. hat das Landgericht ebenfalls erörtert und im Rahmen der Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat dabei nicht nur Eifersucht, sondern auch finanzielle Gründe als mögliches Falschbelastungsmotiv in den Blick genommen. Dabei hat das Landgericht auch berücksichtigt, dass F. Ö. den Angeklagten nicht nur be-, sondern auch entlastet habe, indem sie insbesondere darauf hingewiesen habe, dass der Angeklagte sie nicht habe umbringen wollen, weil er sie "doch so geliebt habe". Auch habe sie geschildert, dass der Angeklagte, "nachdem sie wieder zu sich gekommen sei, nicht mehr tätlich geworden sei, obwohl er ohne weiteres die Gelegenheit dazu gehabt hätte".
23
ee) Schließlich hat das Landgericht in die Gesamtwürdigung der für und gegen eine Tatbegehung des Angeklagten sprechenden Umstände auch einbezogen , dass der Angeklagte F. Ö. bereits im Januar 2010 geschlagen , getreten und später auch noch bedroht hatte und von F. Ö. wegen dieser Vorgänge zu Recht angezeigt worden war.
24
ff) Den Grund für den "auffälligen" (UA S. 45) Umstand, dass F. Ö. mit dem Angeklagten nach dessen "Würgeangriff" weiter in einer Wohnung zusammengelebt und ihn - weil er im Jahr 2009 seinen Führerschein verloren hatte - abends und nachts zu den Gaststätten gefahren hat, in denen der Angeklagte als Automatenaufsteller Geldspielautomaten aufgestellt hatte, hat das Landgericht ebenso wie den Grund für die späte Anzeigerstattung in ihrer Einschüchterung durch den Angeklagten gesehen (UA S. 45). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich die Angabe der F. Ö. , sie habe erst am 11. April 2010 den Mut gefunden, den Angeklagten anzuzei- gen, weil ihr an diesem Tag die Hilfe und Unterstützung der Familie und ihrer Freundinnen zuteil geworden sei, mit den Wahrnehmungen der Zeuginnen C. sowie F. und Ka. K. deckte (UA S. 41).
25
c) Die von der Revision behaupteten Lücken in der Beweiswürdigung liegen nicht vor.
26
aa) Den Umstand, dass F. Ö. nach der Tat und auch noch nach ihrer im unmittelbaren Anschluss an die Anzeigeerstattung am 11. April 2010 angetretenen Reise in die Türkei Angst vor dem Angeklagten hatte, hat das Landgericht gesehen (UA S. 16) und auch mit Blick auf die Frage der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben erörtert. Es hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass F. Ö. in den Tagen nach der Tat die Möglichkeit hatte, Zeiten der Abwesenheit des Angeklagten zum Arztbesuch auszunutzen oder um eine Strafanzeige zu erstatten. Das Landgericht hat sich dabei rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass das zögerliche Verhalten der Zeugin auf deren Angst vor dem Angeklagten zurückzuführen war (UA S. 45). Insbesondere angesichts der vom Landgericht in den Blick genommenen Erfahrungen der ZeuginF. Ö. nach der Strafanzeige gegen den Angeklagten wegen des Vorfalls im Januar 2010 (UA S. 46), ist diese Überzeugung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte F. Ö. nach jener Strafanzeige bedroht und bedrängt , bis sie ihn schließlich wieder in ihre Wohnung aufnahm und den Strafantrag zurücknahm (UA S. 12).
27
bb) Das Landgericht hat auch erörtert, dass sich F. Ö. noch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei mit dem Angeklagten traf, obwohl sie bereits Anzeige gegen ihn erstattet hatte (UA S. 15, 56). Es musste diese Treffen auch nicht als gegen die Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben der Zeugin Ö. sprechenden Umstand werten. Denn nach den Feststellungen des Landgerichtswusste der Angeklagte bei diesen Treffen noch nicht, dass F. Ö. Anzeige gegen ihn erstattet hatte; sie hat ihn davon auch nicht unterrichtet. Dass die Initiative zu diesen Treffen von der Zeugin ausgegangen sei, hat das Landgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat ihr das Landgericht geglaubt , dass sie keine Versuche unternommen hat, den Angeklagten wieder für sich zu gewinnen (UA S. 56). Diese - rechtsfehlerfreien - Erwägungen belegen auch, dass das Landgericht entgegen der Annahme der Revision bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben F. Ö. s im Blick hatte, dass diese auch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei noch Angst vor dem Angeklagten hatte.
28
cc) Auch den Umstand, dass F. Ö. die von ihr beschriebenen und nur kurze Zeit sichtbaren (UA S. 28) Druckstellen am Hals niemandem - und damit auch nicht ihren Kindern - zeigte und im Übrigen ein Halstuch trug, hat das Landgericht ausdrücklich erörtert. Eine Aufklärungsrüge zu den Wahrnehmungen ihrer Kinder ist nicht erhoben. Mit den Angaben der Schwester der F. Ö. , sie habe keine Verletzungen am Hals ihrer Schwester gesehen, hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (UA S. 38).
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.