Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2017 - 4 StR 168/17

bei uns veröffentlicht am13.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 168/17
vom
13. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. September 2017 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Zweibrücken vom 15. Dezember 2016 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2017:130917B4STR168.17.0

Ergänzend bemerkt der Senat:
Bei der nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen konkreten Betrachtungsweise (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 19. März 1998 – 4 StR 90/98; zuletzt Beschluss vom 30. August 2017 – 4 StR 345/17) hat das Landgericht das Tatgeschehen im Fall II. 1. a der Urteilsgründe rechtsfehlerfrei als sexuellen Missbrauch von Kindern im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen gewürdigt. Wie die Strafkammer bei der Urteilsabfassung selbst erkannt hat, ist die von ihr tateinheitlich ausgeurteilte Bestimmung des § 179 StGB (aF) durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBl. I 2016, S. 2460) mit Wirkung vom 10. November 2016 durch § 177 Abs. 2 StGB nF abgelöst worden. Der Senat schließt mit dem Generalbundesanwalt aus, dass trotz des milderen Strafrahmens der neuen Vorschrift bei Berücksichtigung der Gesetzesänderung eine niedrigere Strafe verhängt worden wäre.
Die Auffassung des Landgerichts, die gemäß § 64 Satz 2 StGB erforderliche hinreichend konkrete Erfolgsaussicht für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt scheitere bereits daran, dass die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die Zweijahresfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB überschreite , ist nach der am 1. August 2016 in Kraft getretenen Neufassung des § 64 Satz 2 StGB (BGBl. I 2016, S. 1610) nicht mehr haltbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2017 – 2 StR 581/16, NStZ-RR 2017, 139; vom 4. Mai 2017 – 2 StR 570/16, StraFo 2017, 245). Die Nichtanordnung der Maßregel wird indes von den rechtsfehlerfreien Ausführungen zum Fehlen eines symptomatischen Zusammenhangs getragen.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

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Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafgesetzbuch - StGB | § 67d Dauer der Unterbringung


(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 581/16 vom 15. März 2017 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. ECLI:DE:BGH:2017:150317B2STR581.16.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschw

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(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 345/17
vom
30. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen
Person
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. August 2017 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der Strafkammer des
Landgerichts Münster bei dem Amtsgericht Bocholt vom 21. Februar
2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils
auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil
des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der
Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2017:300817B4STR345.17.0

Ergänzend bemerkt der Senat:
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchten schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person gemäß §§ 22, 23 Abs. 1, § 179 Abs. 5 Nr. 1 StGB in der bis zum 9. November 2016 geltenden Fassung bejaht. Das Landgericht hat anhand der konkreten Betrachtungsweise nach § 2 Abs. 3 StGB geprüft, ob der zur Zeit der Verurteilung geltende § 177 StGB in der Fassung des 50. Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460) – eine mildere Bestrafung eröffnet (zum identischen Unrechtskern der Nachfolgeregelung vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 – 4 StR 366/16, NStZ-RR 2017, 240, 241). Das hat die Strafkammer im Ergebnis zutreffend verneint. Insoweit hat sie nach altem Recht rechtsfehlerfrei einen minder schweren Fall gemäß § 179 Abs. 6 StGB aF verneint, ebenso auch eine Abweichung von der Regelwirkung des § 177 Abs. 6 StGB nF (vgl. zu dieser Konstellation auch BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 – 4 StR 31/17; Urteil vom 12. Juli 2017 – 5 StR 134/17). Hierfür hat es allerdings den „Grundtatbestand des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB“ der nunmehr geltenden Gesetzesfassung herangezogen. Die Widerstandsunfähigkeit gemäß § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF hat es hingegen darauf gestützt, dass „die Nebenklägerin nicht mehr in der Lage (war), einen eigenen Willensentschluss in Bezug auf sexuelle Handlungen durchzusetzen …“ (UA 8;ebenso UA 9 und 18). Für diese Variante der Widerstandsunfähigkeit enthält § 177 Abs. 2 Nr. 1 (und 2) StGB nF indes keine Entsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 – 4 StR 366/16, NStZ-RR 2017, 240, 241).
Dieser Rechtsfehler stellt jedoch das vom Landgericht gefundene Ergebnis nicht in Frage: Die Feststellungen im angefochtenen Urteil belegen, dass der Angeklagte sich nach neuem Recht einer versuchten Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1
und Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht hat und daher das neue Recht nicht zu einer milderen Bewertung seiner Tat führt. Der Angeklagte hat an der Nebenklägerin sexuelle Handlungen vorgenommen, indem er „mit seinem Penis bzw. der Kranzfurche jedenfalls in unmittelbaren körperlichen Kontakt zum Intimbereich“ (UA 9) der auf der Rasenfläche liegenden Nebenklägerin kam. Der Tatentschluss des Angeklagten (§ 22 StGB) umfasste auch den Umstand, dass er den sexuellen Übergriff im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB nF „gegen den erkennbaren Willen“ der ihm unbekannten Nebenklägerin vornahm. Denn das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass „der Angeklagte wusste, dass die Nebenklägerin aufgrund ihres Zustandes nicht in der Lage war, einen der Vornahme sexueller Handlungen entge- genstehenden Willen durchzusetzen“ (UA 9). Dies umfassthier den zumindest be- dingten Vorsatz, dass seine sexuellen Handlungen gegen den erkennbaren Willen der Nebenklägerin erfolgten bzw. erfolgen sollten. Dies lag angesichts der Auffindesituation – die Nebenklägerin lag apathisch und regungslos auf dem Rücken; sie selbst sprach in der Hauptverhandlung von einem „Blackout“, aus dem sie erst im Krankenhaus wieder aufgewacht sei – auf der Hand (vgl. auch Renzikowski, NJW 2016, 3553, 3554: „… dass die Weigerung … sich unmissverständlich aus der Situa- tion ergibt“).
Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, wie die Sachverhaltskonstellation zu beurteilen wäre, in welcher der Täter sexuelle Handlungen an einer widerstandsunfähigen Person vornimmt oder vorzunehmen versucht, die einen dem entgegenstehenden Willen gebildet hat, der Täter indes nicht erkennt, dass er „ge-
gen den erkennbaren Willen“des Opfers handelt (vgl. BT-Drucks. 18/9097 S. 22 f.; Renzikowski, aaO; Hörnle, NStZ 2017, 13, 15; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 177 Rn. 10 ff.).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Quentin Feilcke

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 581/16
vom
15. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:150317B2STR581.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 15. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 5. Oktober 2016 im Strafausspruch, und soweit von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2
1. Die Nachprüfung des Urteils zum Schuldspruch hat keinen Rechtsfehler ergeben.
3
2. Der Strafausspruch kann dagegen nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer hat sowohl bei der Strafrahmenrahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten darauf abgestellt, dass „er zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse nach nicht auf sexuelle Hand- lungen mit der Nebenklägerin angewiesen war, sondern diese Bedürfnisse auch legal mit der Zeugin P. befriedigen konnte“ (UA S. 38 f.). Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft, denn dem Angeklagten wird damit im Ergebnis angelastet, dass er die Taten überhaupt begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2003 – 4 StR 424/03). Der Senat kann nicht ausschließen, dass ohne diesen Rechtsfehler auf niedrigere Strafen erkannt worden wäre. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf seine Rechtsprechung zur Berücksichtigung von psychischen Schäden bei einer Tatserie sexuellen Kindesmissbrauchs hin (vgl. Senat, Beschluss vom 12. April 2016 – 2 StR 483/15, NStZRR 2016, 242; Urteil vom 9. Juli 2014 − 2 StR 574/13, NStZ 2014, 701 mwN).
4
3. Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
5
a) Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht der Maßregel hat das Landgericht die am 1. August 2016 in Kraft getretene Neufassung des § 64 Satz 2 StGB (BGBl. I 2016 S. 1610) nicht bedacht. Das Landgericht hat die Nichtanordnung der Maßregel entscheidend damit begründet, dass beim Angeklagten die für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Therapie (§ 64 Satz 2 StGB) nicht bestehe, weil die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB genannte Frist von zwei Jahren überschreite (UA S. 35 f.). Dabei hat sich die Strafkammer an der bisherigen Rechtsprechung einiger Strafsenate des Bundesgerichtshofs zur Rechtslage vor der Gesetzesänderung orientiert, wonach die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 StGB dann nicht vorliegen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich nicht innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für die Maßregel vorgesehenen Höchstfrist von zwei Jahren zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 48/14, NStZ-RR 2014, 212 mwN; Senat Urteil vom 20. Januar 2016 – 2 StR 378/15; Beschluss vom 8. August 2012 – 2 StR 279/12, NStZ-RR 2013, 7, 8; vgl. auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 64 Rn. 19a; dagegen: BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315 f.; zuletzt offengelassen: BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315, 316; vgl. zum Ganzen: Schneider , NStZ 2014, 617). Dieser - auf den Wortlaut des § 67d Satz 1 Satz 1 StGB und den Willen des Gesetzgebers gestützten - Auslegung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 65/12, NJW 2012, 2292) ist mit der Neufassung des § 64 Satz 2 StGB im Zuge des Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuchs und zur Änderung anderer Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. I 2016 S. 1610) die Grundlage entzogen worden (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 132 Rn. 21). Denn durch diese Gesetzesänderung enthält § 64 Satz 2 StGB nun eine entsprechende Klarstellung, indem nach dem Wort „Entzie- hungsanstalt“ die Worte „innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3“ eingefügt wurden. Damit hat der Gesetzgeber – um eine flexiblere Handhabung des § 64 StGB für den Einzelfall zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 18/7244, S. 13, 24 f.) – an die Rechtsansicht des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs angeknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, aaO), wonach für eine erfolgversprechende Behandlung im Sinne des § 64 Satz 2 StGB grundsätzlich die bei Verhängung einer Begleitstrafe geltende verlängerte Unterbringungsfrist nach § 67d Absatz 1 Satz 3 StGB zur Verfügung steht.
6
b) Die Neufassung des § 64 Satz 2 StGB findet gemäß § 2 Abs. 6 StGB auch auf den vorliegenden Fall Anwendung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – 3 StR 390/07, NStZ 2008, 213). Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht, das die übrigen Voraussetzungen des § 64 StGB als gegeben angesehen hat, unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet hätte.
7
c) Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; Senat, Beschluss vom 28. Januar 2016 – 2 StR 424/15; BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7 ff.). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 363; Beschluss vom 5. November 2015 – 2 StR 373/15), sondern die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ausdrücklich als rechtsfehlerhaft beanstandet. Appl Krehl Eschelbach Bartel Grube

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 570/16
vom
4. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:040517B2STR570.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 4. Mai 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 26. September 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubter Einfuhr von in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die Angeklagte F. unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubter Einfuhr von in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihrer jeweils auf die Sachrüge gestützten Re- vision. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Nachprüfung des Urteils zum Schuld- und Strafausspruch hat keinen Rechtsfehler ergeben.
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2. Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB hält rechtlicher Überprüfung hingegen nicht stand.
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a) Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht der Maßregel hat das Landgericht die am 1. August 2016 in Kraft getretene Neufassung des § 64 Satz 2 StGB (BGBl. I 2016 S. 1610) nicht bedacht. Das Landgericht hat die Nichtanordnung der Maßregel betreffend beide Angeklagte entscheidend damit begründet, dass die für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Therapie (§ 64 Satz 2 StGB) nicht bestehe, weil die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB genannte Frist von zwei Jahren überschreite (UA S. 50, 53). Dabei hat sich die Strafkammer an der bisherigen Rechtsprechung einiger Strafsenate des Bundesgerichtshofs zur Rechtslage vor der Gesetzesänderung orientiert, wonach die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 StGB dann nicht vorliegen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich nicht innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für die Maßregel vorgesehenen Höchstfrist von zwei Jahren zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 48/14, NStZ-RR 2014, 212, 213 mwN; Senat, Urteil vom 20. Januar 2016 – 2 StR 378/15, NStZ 2016, 683, 685; Beschluss vom 8. August 2012 – 2 StR 279/12, NStZ-RR 2013, 7, 8; vgl. auch Fischer, StGB,64. Aufl., § 64 Rn. 19a; dagegen BGH, Urteil vom 6. Februar 1996 – 5 StR 16/96; zuletzt offengelassen BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315, 316; vgl. zum Ganzen Schneider, NStZ 2014, 617). Dieser – auf den Wortlaut des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB und den Willen des Gesetzgebers gestützten – Auslegung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 65/12, NJW 2012, 2292) ist mit der Neufassung des § 64 Satz 2 StGB im Zuge des Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuchs und zur Änderung anderer Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. I 2016 S. 1610) die Grundlage entzogen worden (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 132 Rn.  21). Denn durch diese Gesetzesänderung enthält § 64 Satz 2 StGB nun eine entsprechende Klarstellung, indem nach dem Wort „Entziehungsanstalt“ die Worte „innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3“ eingefügt wurden. Damit hat der Gesetzgeber – um eine flexiblere Handhabung des § 64 StGB für den Einzelfall zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 18/7244, S. 13, 24 f.) – an die Rechtsansicht des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs angeknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, aaO), wonach für eine erfolgversprechende Behandlung im Sinne des § 64 Satz 2 StGB grundsätzlich die bei Verhängung einer Begleitstrafe geltende verlängerte Unterbringungsfrist nach § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB zur Verfügung steht (Senat, Beschluss vom 15. März 2017 – 2 StR 581/16).
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b) Die Neufassung des § 64 Satz 2 StGB findet gemäß § 2 Abs. 6 StGB auch auf den vorliegenden Fall Anwendung (vgl. Senat, Beschluss vom 15. März 2017 – 2 StR 581/16, juris Rn. 6). Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht, das die übrigen Voraussetzungen des § 64 StGB als gegeben angesehen hat, unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet hätte.
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c) Über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist deshalb hinsichtlich beider Angeklagter neu zu befinden. Dass nur die Angeklagten Revision eingelegt haben, hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; Senat, Beschlüsse vom 15. März2017 – 2 StR581/16, juris Rn. 7; vom 28. Januar 2016 – 2 StR 424/15; BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7 ff.), denn die Angeklagten haben die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht vom Rechtsmittelangriff nicht ausgenommen (vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 363; Beschlüsse vom 15. März 2017 – 2 StR 581/16; vom 5. November 2015 – 2 StR 373/15). Einer Aufhebung des Strafausspruchs bedarf es nicht. Der Senat schließt aus, dass die Strafen geringer ausgefallen wären, wenn das Landgericht die Maßregel angeordnet hätte. Appl Eschelbach Bartel Wimmer Grube