Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 4 StR 142/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) in den Fällen II. 2 bis II. 4 sowie II. 6 bis II. 11 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und angeordnet, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer die verhängte Freiheitsstrafe in Höhe von vier Monaten als vollstreckt gilt. Ferner hat es eine Verfallsentscheidung getroffen.
I.
- 2
- Dem Angeklagten ist nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da ihn an der Versäumung der Frist kein (Mit-)Verschulden trifft (§ 44 Satz 1 StPO). Der Beschluss des Landgerichts Halle vom 28. Februar 2012, durch den das Rechtsmittel als unzulässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos.
II.
- 3
- Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
- 4
- Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
- 5
- 1. Von Januar 1998 an betrieb der Angeklagte in H. ein Bordell in dem als Beherbergungsbetrieb ausgelegten Objekt „K. “. Die dort tätigen, vorwiegend aus Kolumbien und Osteuropa stammenden Prostituierten mussten an den Angeklagten ein festes Entgelt als Zimmermiete entrichten und durften im Gegenzug sämtliche Einnahmen behalten. Im Sommer richtete der Angeklagte in dem Nachtclub „D. “ einen weiteren Bordellbetrieb ein, den er gemeinsam mit zwei gesondert verfolgten Mittätern führte. Auch in diesem Betrieb waren Frauen aus Kolumbien und Osteuropa tätig. Ihre Einnahmen hatten sie zur Hälfte an den Angeklagten abzuführen, der sie nach Abzug der Betriebskosten mit seinen Mittätern zu gleichen Teilen aufteilte. Der Angeklagte nahm durch seine regelmäßige Anwesenheit in den beiden Bordellbetrieben und seine dem Personal gegenüber erteilten Weisungen maßgeblichen Einfluss auf den jeweiligen Betriebsablauf. Er entschied insbesondere über die Zimmerbelegung und kümmerte sich um die Getränkeversorgung.
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- Im Tatzeitraum zwischen März 2000 und Juni 2002 waren insgesamt mindestens zwölf Frauen zu unterschiedlichen Zeiten in den beiden Bordellbetrieben als Prostituierte tätig. Im Einzelnen handelte es sich um die kolumbianischen Staatsangehörigen V. (13. Dezember 2001), „J. “ (15. September 2001), P. (13. Dezember 2001), R. (13. Dezember 2001), F. (1. bis 12. Juni 2002), V. O. und L. O. (beide am 12. Juni 2002) sowie die Moldawierin K. (März bis Dezember 2000), jeweils tätig im „K. “, und die Rumäninnen C. (9. April bis 12. Juni 2002) und Fl. (6. bis 12. Juni 2002), die ukrainische Staatsangehörige H. (April 2002 bis 12. Juni 2002) und die russische Staatsangehörige Ch. (9. April bis 12. Juni 2002), jeweils tätig im Nachtclub „D. “.
- 7
- 2. Das Landgericht hat jeweils den Tatbestand des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern im Sinne des § 92a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG in der vom 1. November 1997 bis zum 31. Dezember 2004 gültigen Fassung als erfüllt angesehen. Der Angeklagte habe den illegalen Aufenthalt der Frauen gefördert, indem er ihnen durch die Bereitstellung entsprechender Räumlichkeiten Gelegenheit zur Ausübung der Prostitution gegeben habe. Er habe dabei billigend in Kauf genommen, dass die aus Kolumbien und Osteuropa eingereisten Frauen nicht über die zur Ausübung der Prostitution erforderliche Arbeitserlaubnis verfügt hätten. Er habe durch seine nicht nur unerhebliche Beteiligung an den von den Prostituierten abgeführten Einnahmen seinen Lebensunterhalt dauerhaft finanzieren wollen.
III.
- 8
- Es begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht für die Beurteilung der Strafbarkeit des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern allein darauf abgestellt hat, ob die in den beiden Bordellen tätigen ausländischen Prostituierten eine Arbeitserlaubnis hatten oder nicht. Der Schuldspruch erweist sich daher lediglich in den Fällen II. 1 und 5 der Urteilsgründe als im Ergebnis rechtsfehlerfrei; in den verbleibenden Fällen hält er rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war bei der Frage, ob sich ein Ausländer im Tatzeitraum durch die Aufnahme einer Arbeit nach damaliger Rechtslage wegen unerlaubten Aufenthalts gemäß § 92 AuslG – und wer ihm hierbei behilflich war, als Gehilfe – strafbar machen konnte, zunächst danach zu unterscheiden, ob der Ausländer über ein formell gültiges Visum verfügte oder nicht. War ein solches erteilt, entfaltete es Tatbestandswirkung unabhängig von seiner materiell-rechtlichen Richtigkeit (BGH, Urteil vom 27. April 2005 – 2 StR 457/04, BGHSt 50, 105); der Aufenthalt war daher auch dann erlaubt , wenn das Visum den Aufenthalt zum Zwecke der Erwerbstätigkeit nicht umfasste (vgl. BGH aaO, S. 116) oder rechtsmissbräuchlich erlangt worden war (BGH aaO, S. 115 – vgl. insoweit zur geltenden Rechtslage nach Einführung des § 95 Abs. 6 AufenthG BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 567/11, NJW 2012, 2210, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 10. April 2012 – Rs. C-83/12 PPU, EuGRZ 2012, 310). Demgegenüber ist der vom Land- gericht gewählte Ansatz im Ausgangspunkt in den Fällen zutreffend, in denen der Ausländer für die Einreise kein Visum benötigte, solange er keine Erwerbstätigkeit aufnahm. In diesem Fall konnte sich der Ausländer, der gleichwohl arbeitete, durch die Arbeitsaufnahme wegen unerlaubten Aufenthalts strafbar machen, die Unterstützung hierbei eine Beihilfehandlung darstellen (vgl. BGH aaO, S. 116).
- 10
- 2. Insofern hat die Strafkammer jedoch bei der rechtlichen Bewertung des von ihr festgestellten Tatgeschehens das für die Entscheidung maßgebliche Regelungsgefüge außer Acht gelassen, das sich aus dem Ineinandergreifen nationaler und unionsrechtlicher Vorschriften ergibt.
- 11
- a) Die Staaten der Europäischen Union (EU) haben gemäß Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABl. L 81 vom 21. März 2001, S. 1 ff. – EUVisaVO) in Verbindung mit den zugehörigen Anhängen I und II für die Zeit ab dem 10. April 2001 unionseinheitlich verbindlich festgelegt, ob und unter welchen Voraussetzungen Staatsangehörige von Drittländern beim Überschreiten der Außengrenzen der EU im Besitz eines Visums sein mussten (sog. Positiv- bzw. Negativstaaten). Wegen des allgemeinen unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs im Fall der Kollision zwischen nationalem und Unionsrecht (st. Rspr.; vgl. nur EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964 – Rs. 6/64, Slg. 1964, S. 1253, 1269 – Costa/ENEL; Urteil vom 22. Oktober 1998 – Rs. C-10/97 bis C-22/97, NJW 1999, 200 – IN.CO.GE.’90 u.a.; BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339 – Solange II)gehen diese Bestimmungen der EUVisaVO dem inzwischen aufgehobenen AuslG wie auch dem an seine Stelle getretenen AufenthG vor. Anders als das deutsche Recht, das im Visum sowohl eine Einreise- als auch eine Aufenthaltsgenehmigung sieht, regelt die EUVisaVO die Einreise über eine Außengrenze der EU. Der erlaubte Aufenthalt eines nach der EUVisaVO visumsfrei nach Deutschland eingereisten Drittausländers ergibt sich vorrangig aus Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ), bei dem es sich ebenfalls um unmittelbar anzuwendendes, den nationalen Bestimmungen vorgehendes Recht handelt (zum Ganzen vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. September 2003 – 12 TG 2339/03, EzAR 011 Nr. 19; BayObLG, Beschluss vom 21. Mai 2002 – 4 St RR 44/02, NStZ-RR 2002, 249; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. April 2008 – 3 Ss 79/07, StraFo 2008, 258; Dienelt/Röseler in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., AufenthG, § 4 Rn. 19 ff.; Westphal/Stoppa, Ausländerrecht für die Polizei, 2. Aufl., S. 137 f.; dies. ZAR 2002, 315).
- 12
- b) Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 SDÜ stellt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht auf eine beabsichtigte Erwerbstätigkeit ab. Jedoch erlaubt Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO i.V.m. Anhang II den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU, Ausnahmen von der Visumsbefreiung für solche Drittausländer abweichend zu regeln, die während ihres Aufenthalts einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Eine solche für den Tatzeitraum maßgebliche Ausnahmeregelung enthielt § 3 Abs. 1 Satz 2 AuslG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 12 DVAuslG für Drittausländer aus den in Anlage I zur DVAuslG aufgeführten Drittstaaten (vgl. dazu BayObLG, Beschluss vom 21. Mai 2002 – 4 St RR 44/02 aaO, Tz. 9 f.; Hess. VGH, Beschluss vom 7. Februar 2003 – 12 TG 212/03, NVwZ-RR 2003, 897; a.A. Westphal/Stoppa, ZAR 2002, 315, 316 f.; dies. InfAuslR 2001, 309, 311). Die der Kommission der EU gemäß Art. 5 Abs. 1 EUVisaVO mitgeteilte und gemäß Art. 5 Abs. 2 EUVisaVO im Amtsblatt der EU vom 19. Dezember 2001 (Nr. C 363/21) veröffentlichte Liste der Staaten entspricht im Wesentlichen der Positivliste der Anlage I zur DVAuslG; Rumänien fand sich in der der Kommission übersandten Liste bis zum 21. März 2003 (vgl. ABl. EU Nr. C 68/2) indes nicht.
- 13
- 3. Ob die Erwerbstätigkeit der von dem Angeklagten beschäftigten Prostituierten im vorliegenden Fall zu deren unerlaubtem Aufenthalt und damit zur Strafbarkeit des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens führt, hängt demgemäß zunächst davon ab, ob die betreffenden Frauen einem Positiv - oder einem Negativstaat im Sinne der genannten Bestimmungen angehören. Dies ist gesondert nach Maßgabe der – insoweit nicht deckungsgleichen – Anlagen zur EUVisaVO und denen zur DVAuslG zu prüfen. Diese Prüfung ergibt für den maßgeblichen Zeitraum hier Folgendes:
- 14
- a) Kolumbien (Fälle II. 1 bis 4, 6 und 7 der Urteilsgründe):
- 15
- aa) Kolumbien war Negativstaat i.S.d. Anhangs I zu Art. 1 Abs. 1 EUVisaVO, jedoch Positivstaat i.S.d. Anlage zur DVAuslG, weshalb kolumbianische Staatsangehörige bei der Überquerung der EU-Außengrenzen im Tatzeitraum visumspflichtig waren. Da die Regelungen der EUVisaVO, wie bereits ausgeführt, nicht an den illegalen Aufenthalt, sondern an die illegale Einreise anknüpfen, § 92 AuslG jedoch auf die Rechtslage nach dem AuslG und der DVAuslG abstellte, richtet sich die Strafbarkeit im vorliegenden Fall allein nach den Bestimmungen des AuslG (vgl. dazu Westphal/Stoppa, Ausländerrecht für die Polizei, 2. Aufl., S. 143). Als sog. Positivstaater im Sinne der DVAuslG bedurften sie gemäß § 1 Abs. 1 DVAuslG für die Dauer von drei Monaten keiner Aufenthaltsgenehmigung, sofern sie einen Pass besaßen und keine Erwerbstätigkeit aufnahmen. Mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit endete die in § 1 Abs. 1 DVAuslG normierte Befreiung vom Erfordernis einer Aufenthaltsgenehmigung , der Tatbestand des § 92a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung war erfüllt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2004 – 4 StR 67/04, Tz. 18). Eine andere rechtliche Beurteilung kann, wie ausgeführt, vor dem Hintergrund des auch vom Generalbundesanwalt in Bezug genommenen Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2005 (2 StR 457/04, BGHSt 50, 105) indes dann in Betracht kommen, wenn eine der nach der DVAuslG nicht visumspflichtige kolumbianische Staatsangehörige im Besitz eines Visums nach der EUVisaVO war.
- 16
- bb) Danach erweist sich die Verurteilung im Fall II. 1 der Urteilsgründe als rechtsfehlerfrei, da die kolumbianische Staatsangehörige V. nach den Feststellungen (UA 13) nicht im Besitz eines gültigen Visums angetroffen wurde und eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte.
- 17
- In den Fällen II. 2, 3 und 7 hat das Landgericht, von seinem rechtlichen Ausgangspunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zum Vorhandensein eines gültigen Visums getroffen. Hingegen ergibt sich das Vorhandensein eines gültigen Visums für die kolumbianischen Staatsangehörigen R. und F. aus den Feststellungen (UA 14, 16). Dem Senat ist indes insoweit ein Freispruch verwehrt, da er nicht ausschließen kann, dass die neue Verhandlung Feststellungen zu einer Einbindung des Angeklagten in die Beschaffung der Visa ergibt, die dessen Strafbarkeit nach § 92 Abs. 2 Nr. 2, § 92a Abs. 1 AuslG begründen können.
- 18
- b) Ukraine und Russland (Fälle II. 9 und 10 der Urteilsgründe):
- 19
- aa) Bei der Ukraine und Russland handelt es sich um Negativstaaten sowohl im Sinne der Anhänge zur EUVisaVO als auch derjenigen zur DVAuslG. Nach den vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27. April 2005 (aaO) zur Auslegung der §§ 92, 92a AuslG entwickelten Grundsätzen war der Aufenthalt der diesen Staaten angehörigen Frauen bei Vorliegen eines formell wirksamen Visums unabhängig von der während des Aufenthalts aufgenommenen Erwerbstätigkeit und – vor Einführung des § 95 Abs. 6 AufenthG (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 567/11 aaO, Tz. 14) – unabhängig davon erlaubt, ob die Aufnahme dieser Tätigkeit bereits bei Erteilung des Visums beabsichtigt war und den Behörden verschwiegen wurde.
- 20
- bb) In den Fällen II. 9 und 10 sind die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit des Angeklagten nicht hinreichend dargetan. Als sog. Negativstaaterinnen im Sinne der EUVisaVO und der DVAuslG bedurften die ukrainische Staatsangehörige H. und die russische Staatsangehörige Ch. eines Visums. Das Landgericht hat insoweit lediglich bei der russischen Staatsangehörigen Ch. eine Einreise „als Touristin“ festgestellt (UA 21), nicht aber, ob sie tatsächlich über ein entsprechendes Visum verfügte. Beide Fälle bedürfen daher ebenfalls erneuter Verhandlung und Entscheidung.
- 21
- c) Rumänien (Fälle II. 8 und 11 der Urteilsgründe):
- 22
- aa) Rumänien war im Tatzeitraum Positivstaat i.S.d. Anhangs II zur EUVisaVO, jedoch Negativstaat i.S.d. Anlage I zur DVAuslG, der Aufenthalt eines rumänischen Staatsangehörigen im Schengen-Gebiet danach gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 1 SDÜ für maximal drei Monate innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten visumsfrei erlaubt. Da Rumänien auf der der EU-Kommission für den Tatzeitraum mitgeteilten Liste über die länderspezifischen Ausnahmeregelungen zur Visumspflicht bei Erwerbstätigkeit gemäß Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO nicht enthalten ist, stand die Erwerbstätigkeit der hier betroffenen rumänischen Staatsangehörigen einem legalen Aufenthalt nur unter den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 lit. e SDÜ entgegen , also bei einem Verstoß der Tätigkeit gegen Rechtsvorschriften. Insoweit kommt im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen § 284 Abs. 3 i.V.m. § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III i.d.F. vom 1. Januar 1998 (Arbeitsgenehmigung bei unselbständiger Tätigkeit) oder gegen Vorschriften des Gewerbe-, Gesundheits- und Steuerrechts (bei selbständiger Tätigkeit) in Betracht (vgl. dazu VG Ansbach, Beschluss vom 22. September 2003 – AN 19 S 03.01339; Westphal/Stoppa, ZAR 2002, 315, 319 zur Ausübung der Prostitution).
- 23
- bb) Danach kann der Schuldspruch in den Fällen II. 8 und 11 (rumänische Staatsangehörige C. und Fl. ) ebenfalls keinen Bestand haben. Zwar bedurften beide Frauen keines Visums und fielen auch nicht unter die länderspezifische Ausnahmeregelung im Sinne von Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO; der neue Tatrichter wird jedoch der Frage nachgehen müssen, ob die – freiberuflich oder abhängig ausgestaltete – Erwerbstätigkeit als Prostituierte in diesen Fällen gegen Gesetze verstieß und damit die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 lit. e SDÜ vorlagen.
- 24
- d) Moldawien (Fall II. 5 der Urteilsgründe):
- 25
- Die Verurteilung im Fall II. 5 der Urteilsgründe ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die moldawische Staatsangehörige K. bedurfte im Jahr 2000 als Negativstaaterin im Sinne der DVAuslG sowohl nach nationalem Recht als auch nach der zur Tatzeit geltenden Verordnung (EG) Nr. 574/1999 des Rates vom 12. März 1999 (ABl. L 72 vom 18. März 1999, S. 2 ff.) eines gültigen Visums. Über ein solches verfügte sie jedoch nicht; als sie angetroffen wurde, war sie lediglich im Besitz eines abgelaufenen Touristenvisums (UA 9).
Quentin Reiter
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Unternehmerin oder Unternehmer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem sie oder er eine andere Unternehmerin oder einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem sie oder er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass diese oder dieser zur Erfüllung dieses Auftrags
- 1.
entgegen § 284 Absatz 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt oder - 2.
eine Nachunternehmerin oder einen Nachunternehmer einsetzt oder es zulässt, dass eine Nachunternehmerin oder ein Nachunternehmer tätig wird, die oder der entgegen § 284 Absatz 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
entgegen § 42 Absatz 4 oder § 287 Abs. 3 sich die dort genannte Gebühr oder den genannten Aufwendungsersatz erstatten lässt, - 1a.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 3 einen Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbringt, - 2.
entgegen § 165 Absatz 5 einen dort genannten Beschluß nicht oder nicht rechtzeitig bekanntgibt, - 3.
entgegen § 284 Abs. 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt, - 4.
entgegen § 284 Absatz 1 oder entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 24 Absatz 6 Satz 2 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz des Aufenthaltsgesetzes eine Beschäftigung ausübt, - 5.
entgegen § 39 Absatz 4 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes eine Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erteilt, - 6.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 288a Abs. 1 zuwiderhandelt, - 7.
entgegen § 288a Abs. 2 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, - 8.
entgegen § 288a Abs. 3 Satz 2 eine Maßnahme nicht duldet, - 9.
einer Rechtsverordnung nach § 292 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, - 10.
(weggefallen) - 11.
entgegen § 296 Abs. 2 oder § 296a eine Vergütung oder einen Vorschuss entgegennimmt, - 12.
(weggefallen) - 13.
entgegen § 298 Abs. 2 Satz 1 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zurückgibt, - 14.
(weggefallen) - 15.
(weggefallen) - 16.
einer Rechtsverordnung nach § 352 Abs. 2 Nr. 2 oder § 357 Satz 1 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, - 17. u. 18.
(weggefallen) - 19.
entgegen - a)
§ 312 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder Absatz 3 oder § 313 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3, - b)
§ 312a Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder § 314 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2,
- 20.
entgegen § 313 Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, eine Nebeneinkommensbescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig verlangt, - 21.
entgegen § 313a Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz einen Nachweis nicht oder nicht rechtzeitig zuleitet, - 22.
(weggefallen) - 23.
entgegen § 315 Abs. 1, 2 Satz 1 oder Abs. 3, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 4, § 315 Absatz 5 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, § 316, § 317 oder als privater Arbeitgeber oder Träger entgegen § 318 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder entgegen § 318 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 eine Mitteilung an die Agentur für Arbeit nicht oder nicht rechtzeitig erteilt, - 24.
entgegen § 319 Abs. 1 Satz 1 Einsicht oder Zutritt nicht gewährt, - 25.
entgegen § 320 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 oder 2 oder Abs. 5 einen Nachweis nicht, nicht richtig oder nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbringt, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt oder eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, - 26.
entgegen § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder - 27.
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches eine Änderung in den Verhältnissen, die für einen Anspruch auf eine laufende Leistung erheblich ist, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1, 5 bis 9 und 11 bis 13 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, 4, 16, 26 und 27 mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro geahndet werden.