Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2018 - 3 StR 84/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 20. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betrugs in sieben Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Abgabenüberhebung und mit Untreue, und wegen Untreue in Tateinheit mit Abgabenüberhebung in zwei weiteren Fällen schuldig ist,
b) im Strafausspruch zu Fall II. 8 der Urteilsgründe aufgehoben ; die verhängte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in sieben Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Abgabenüberhebung und mit Untreue, und wegen Untreue in Tateinheit mit Abgabenüberhebung in drei weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt und vornehmlich die Strafzumessung beanstandet, führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs sowie zum Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe im Fall II. 8 der Urteilsgründe; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Die Feststellungen belegen in den Fällen II. 8 und 9 der Urteilsgründe nicht die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB).
- 3
- a) Nach den Feststellungen hatte der anderweitig verfolgte C. die Geschädigten S. und K. darauf angesprochen, ob sie Interesse hätten , sich an der Übernahme einer Spielhalle zu beteiligen. Als diese sich dazu bereit erklärten, suchte C. zusammen mit S. den als Sachgebietsleiter des Gewerbeaufsichtsamts der Stadt H. tätigen Angeklagten auf, derS. vorspiegelte, er könne sich zusammen mit K. und C. das Recht zur Übernahme der in Kürze schließenden Spielhalle eines anderen Betreibers sichern , wenn er unverzüglich eine entsprechende Betriebserlaubnis beantrage. S. stellte den Antrag, worauf der Angeklagte die Erlaubnis erteilte und hierfür "Gebühren" von insgesamt 87.500 € geltend machte. Hiervon zahlte S. 62.500 €, K. 25.000 €. Der Angeklagte kehrte davon 9.000 € als "Vermitt- lungsgebühr" an C. aus, den Rest des Geldes verwendete er für sich. An die Stadtkasse H. führte er nichts ab.
- 4
- b) Danach erweist sich die Annahme von zwei tatmehrheitlichen Fällen der Abgabenüberhebung (§ 353 Abs. 1 StGB; zur Spezialität dieser Vorschrift im Verhältnis zu § 263 StGB s. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507, sofern keine weitere Täuschung zu derjenigen, die notwendig zur Abgabenüberhebung gehört, hinzutritt; solche weiteren Täuschungen hat das Landgericht in anderen Fällen rechtsfehlerfrei festgestellt) als rechtsfehlerhaft. Das Landgericht ist hiervon ersichtlich deswegen ausgegangen , weil die Zahlungen auf die - zum gewichtigen Teil rechtswidrig - geltend gemachten Gebühren von zwei Geschädigten geleistet wurden. Es hat dabei indes unberücksichtigt gelassen, dass der Angeklagte nach den Feststellungen allein gegenüber dem Geschädigten S. handelte und auf dessen Vorstellungsbild einwirkte, sodass sich die Tat als lediglich eine einheitliche Gebührenüberhebung darstellt. Da sich den Feststellungen auch nicht entnehmen lässt, dass der Angeklagte die vereinnahmten Gelder der Stadtkasse durch mehrere Tathandlungen vorenthielt, ist danach zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass er sich in den Fällen II. 8 und 9 der Urteilsgründe nur einer Abgabenüberhebung in Tateinheit mit Untreue (zumindest bezüglich der rechtmäßigen Gebühren; § 266 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht hat; denn weitergehende Feststellungen sind in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten.
- 5
- c) Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen die Annahme von Tateinheit der Fälle II. 8 und 9 der Urteilsgründe nicht anders als geschehen hätte verteidigen können und er durch die entsprechende Änderung des Schuldspruchs hier außerdem nicht beschwert ist.
- 6
- 2. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses zieht den Wegfall der im Fall II. 8 verhängten Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten nach sich, die trotz des höheren auf S. entfallenden Schadens niedriger als die für den Fall II. 9 verhängte Strafe ausgefallen ist.
- 7
- Der Wegfall der genannten Einzelstrafe lässt den Gesamtstrafausspruch unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei einer Einsatzfreiheitsstrafe von drei Jahren und verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und vier Monaten, zwei Jahren (fünfmal) und einem Jahr und neun Monaten (zweimal) auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der seit den Taten verstrichenen Zeiträume, die ohnehin bis auf den Fall II. 1 allein angesichts des Umfangs des Verfahrens als nicht besonders auffällig erscheinen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Ein Amtsträger, der Steuern, Gebühren oder andere Abgaben für eine öffentliche Kasse zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrag schuldet, erhebt und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Teil nicht zur Kasse bringt, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Amtsträger bei amtlichen Ausgaben an Geld oder Naturalien dem Empfänger rechtswidrig Abzüge macht und die Ausgaben als vollständig geleistet in Rechnung stellt.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.