Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2000 - 3 StR 50/00

published on 08/03/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2000 - 3 StR 50/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 50/00
vom
8. März 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schußwaffe u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu Ziff. 2. auf dessen Antrag - am
8. März 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten Iso B. wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 21. Oktober 1999, soweit es diesen Angeklagten betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß er der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstlade-Kurzwaffe schuldig ist,
b) und im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten Camil B. s owie die weitergehende Revision des Angeklagten Iso B. werden verworfen.
Der Beschwerdeführer Camil B. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten Camil B. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren sechs Monaten und den Angeklagten Iso B. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schußwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstlade-Kurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der Angeklagte Iso B. hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Revision des Angeklagten Camil B. sowie die weitergehende Revision des Angeklagten Iso B. s ind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Hinsichtlich der Revision des Angeklagten Camil B. nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift vom 8. Februar 2000 und bemerkt ergänzend:
Die Tatprovokation durch den verdeckten Ermittler ”C. ” und die Vertrauensperson der Polizei ”Der Bo. ” hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung ausreichend berücksichtigt. Den Urteilsgründen läßt sich kein Hinweis entnehmen, daß die Vertrauensperson und der verdeckte Ermittler den Angeklagten zu den Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in relevanter Weise provoziert haben. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn diese
über das bloße ”Mitmachen” hinaus zur Weckung der Tatbereitschaft oder zur Intensivierung der Tatplanung mit einiger Erheblichkeit stimulierend auf den Angeklagten eingewirkt hätten (BGH, Urt. vom 18. November 1999 - 1 StR 221/99 -, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Nach den Feststellungen entschloß sich der Angeklagte, für einen Drogendealer-Ring in größerem Umfang Kokain in der Bundesrepublik zu verkaufen. Er hat sich dahin eingelassen , dem Albaner ”T. ” von sich aus Kokain im Kilogrammbereich zum Kauf oder zum Zwecke der Weitervermittlung angeboten zu haben. In der Folgezeit war er sowohl gegenüber der Vertrauensperson als auch gegenüber dem verdeckten Ermittler sofort tatbereit und bot ihnen größere Mengen Kokain an. Dabei erklärte er, normalerweise verkaufe er nichts unter einem halben Kilogramm. Der Angeklagte verfügte bereits über eine Bezugsquelle in den Niederlanden.
2. Die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts durch den Angeklagten Iso B. führt zur Abänderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs.

a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bat der Angeklagte Camil B. am 1. März 1999 den Angeklagten Iso B. , mit ihm nach K. zu fahren und ihn bei der Übergabe des Kokains, das er am selben Tag aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt hatte, zur Sicherheit zu begleiten. Der Angeklagte Iso B. steckte seine Selbstladepistole Marke Ceska, Kal. 7,65 mm, nebst eingeführtem Magazin, in dem sich fünf Patronen befanden, verdeckt in seinen Hosenbund. Nicht erwiesen ist, daß der Angeklagte Camil B. dies bemerkte oder von dem Angeklagten Iso B. über das Mitführen der Waffe informiert wurde. Am Abend des 1. März 1999 gegen 18.20 Uhr trafen sich die Angeklagten mit”C. ” - dem verdeck-
ten Ermittler - sowie der Vertrauensperson der Polizei in einem Hotel in K. , um knapp 600 Gramm Kokain für 55.000 DM an ”C. ” zu verkaufen. An den Verkaufsverhandlungen beteiligte sich auch der Angeklagte Iso B. , der die geladene Pistole bei sich trug. Bei der Übergabe von 584,6 Gramm Kokain (Wirkstoffanteil: 481,71 Gramm KHC) an ”C. ” außerhalb des Hotels wurden der Angeklagte Camil B. und anschließend auch der im Hotel zurückgebliebene Angeklagte Iso B. festgenommen.

b) Aufgrund dieser Feststellungen hat sich der Angeklagte Iso B. nur wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstlade-Kurzwaffe (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 53 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. b WaffG) strafbar gemacht. Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG liegt nicht vor, weil der Angeklagte Camil B. wegen dieser Tat als Täter des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - mangels Kenntnis von der Bewaffnung des Angeklagten Iso B. - nicht wegen bewaffneten Handeltreibens gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, sondern nur wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verurteilt worden ist.
Beim Mitführen einer Schußwaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG handelt es sich um ein tatbezogenes (vgl. BGHSt 42, 368, 370), qualifizierendes Unrechtsmerkmal, da es die besondere Gefährlichkeit der Tat selbst näher umschreibt (vgl. BGHR BtMG § 30 a II Mitsichführen 1). § 28 Abs. 2 StGB, der nur für täterbezogene Merkmale gilt (vgl. BGHSt 23, 103, 105), ist auf den tatbezogenen Umstand des bewaffneten Handeltreibens nicht anwendbar. Es
verbleibt somit beim Prinzip der strengen Akzessorität der Teilnahme von der Haupttat.
§ 265 StPO steht der Abänderung des Schuldspruchs nicht entgegen.

c) Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe auf dem dargestellten Rechtsfehler beruht (§ 337 StPO), weil das Landgericht bei der Strafzumessung von einem Strafrahmen von zwei Jahren bis 11 Jahre drei Monate ausgegangen ist, während der nach §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 BtMG lediglich von drei Monaten bis 11 Jahre drei Monate Freiheitsstrafe reicht. Die Feststellungen zum Strafausspruch werden durch den Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb aufrechterhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen sind zulässig.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.