Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2016 - 3 StR 311/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtmittel ist aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 2. August 2016 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
- 2
- 1. Der Angeklagte hat seine Revision mit Schreiben vom 13. September 2016 nicht wirksam zurückgenommen. Die Rücknahme einer Revision muss eindeutig und zweifelsfrei erklärt werden, um Wirksamkeit zu erlangen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. August 2016 - 1 StR 380/16, juris Rn. 2; vom 3. November 2011 - 2 StR 353/11, juris Rn. 3; LR/Jesse, StPO, 26. Aufl., § 302 Rn. 21; KK-Paul, StPO, 7. Aufl., § 302 Rn. 11). Als Prozesshandlung ist sie bedingungsfeindlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1953 - 3 StR 435/53, BGHSt 5, 183; Beschluss vom 27. April 2001 - 3 StR 502/99, bei Becker, NStZRR 2002, 97, 101 (Nr. 43)). Die von dem Angeklagten abgegebene Erklärung, die Revision zurückzuziehen, jedoch mit der Bitte, dass er in Therapie gehen kann, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Denn es bleibt auch nach Auslegung dieser Erklärung zweifelhaft, ob die Revision nur unter der Bedingung einer Therapiebewilligung zurückgenommen oder ob die Rücknahme unabhängig von einer Therapiebewilligung und damit unbedingt erklärt werden sollte.
- 3
- 2. Das Landgericht hat die Anwendung des § 31 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BtMG rechtsfehlerfrei abgelehnt. Soweit die Revision die Auffassung vertritt, der Angeklagte sei aufgrund seiner Unkenntnis von der Eröffnung des Hauptverfahrens so zu behandeln, als hätte er seine Angaben bereits vor diesem Zeitpunkt gemacht, ist dies nicht zutreffend. Maßgeblich für die Präklusion offenbarten Wissens gemäß § 31 Satz 2 BtMG, § 46b Abs. 3 StGB ist der Zeitpunkt , zu dem der Eröffnungsbeschluss gefasst wird, nicht derjenige, zu dem der Angeklagte Kenntnis von der Eröffnung des Hauptverfahrens erlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 1 StR 538/10, StraFo 2011, 61). Zudem hat sich das Tatgericht aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung nicht davon überzeugen können, dass die Darstellung des Angeklagten über die Beteiligung des Zeugen K. an der Tat zutrifft. Eine Anwendung des § 31 BtMG scheidet auch aus diesem Grunde aus (vgl. BGH, Urteile vom 24. November 1982 - 3 StR 384/82, BGHSt 31, 163,166 f.; vom 18. Juni 2009 - 3 StR 171/09, NStZ-RR 2009, 320, 321; Beschluss vom 13. Januar 2009 - 3 StR 561/08, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 35).
Berg Hoch
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.
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Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
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für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten U. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie den Angeklagten F. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagte S. hat es eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Das sichergestellte Rauschgift sowie den bei den Taten benutzten PKW des Angeklagten F. hat es eingezogen. Die auf die Sachrüge gestützte, zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft ist ausweislich der Revisionsbegründung - ungeachtet des auf Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs gerichteten Revisionsantrags - bei den Angeklagten U. und F. auf die Strafzumessung in den Fällen des Bandenhandels, bei dem Angeklagten F. darüber hinaus auf die Nichtanordnung des Wertersatzverfalls und bei der Angeklagten S. auf die Strafzumessung beschränkt. Der Angeklagte F. wendet sich mit einer nicht ausgeführten Formal- und der allgemeinen Sachrüge gegen das Urteil. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet, soweit das Landgericht bei dem Angeklagten F. von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen hat; ihr weitergehendes Rechtsmittel sowie die Revision des Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
- 2
- 1. Die allein dem Tatgericht obliegende Strafzumessung hält bei allen Angeklagten sachlichrechtlicher Prüfung stand. Revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler in dem Sinne, dass die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen, oder dass sich die verhängten Einzel- und Gesamtstrafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung , gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit lösen, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter einzuräumenden Spielraums liegen, zeigt die Revision nicht auf. Zu den einzelnen Einwendungen gilt:
- 3
- a) Das Landgericht hat für die Angeklagten U. und F. in den Fällen des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Ergebnis rechtsfehlerfrei minder schwere Fälle nach § 30 a Abs. 3 BtMG angenommen. Es hat alle im vorliegenden Fall maßgebenden Umstände in seine umfassende Gesamtbewertung einbezogen und ohne Rechtsfehler darauf abgestellt , dass das äußere Erscheinungsbild der Taten und die jeweilige Persönlichkeit der Angeklagten für die Anwendung des milderen Ausnahmestrafrahmens des § 30 a Abs. 3 BtMG sprechen. Mit seiner - für sich allein betrachtet allerdings bedenklichen - Formulierung, der Regelstrafrahmen des § 30 a Abs. 1 BtMG sei "für einerseits international organisierte Syndikate und andererseits Mengen an Drogen und Verdienstmöglichkeiten, die hohe Gewinne versprechen" gedacht, hat es in der Sache den durch die Feststellungen belegten Umstand in seine Abwägung eingestellt, dass der Zusammenschluss der Angeklagten primär auf einer persönlichen Verbundenheit beruhte und nicht dem Bild der üblichen Bandenkriminalität entsprach, deren Bekämpfung mit der Schaffung des OrgKG erstrebt wurde. Hiergegen ist nichts zu erinnern (vgl. BGHR BtMG § 30 a Bande 2; Weber, BtMG 3. Aufl. § 30 Rdn. 242). Dies gilt auch, soweit die Strafkammer die Menge des jeweils gehandelten Rauschgifts in den Blick genommen hat.
- 4
- b) Die in den Fällen des Bandenhandels vorgenommene Strafmilderung nach § 31 BtMG i. V. m. § 49 Abs. 2 StGB ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG ohne Rechtsfehler bejaht. Danach kann sich der Täter Strafmilderung verschaffen, wenn er die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus offen legt und die Offenbarung zu einem Aufklärungserfolg führt (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 25). Ein solcher Erfolg ist dann gegeben, wenn der Aufklärungsgehilfe durch die Mitteilung seines Wissens die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass gegen den von ihm Belasteten voraussichtlich mit Erfolg ein Strafverfahren geführt werden kann (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 11; § 30 Abs. 2 Strafrahmenwahl 4). Maßgebend hierfür ist die aus der Hauptverhandlung gewonnene Überzeugung des Tatgerichts, dass zum einen die Darstellung des Angeklagten über die Beteiligung anderer an der Tat zutrifft und zum anderen dessen Angaben wesentlich zu einem voraussichtlich erfolgreichen Abschluss der Strafverfolgung beitragen (vgl. Maier in Münch-Komm StGB § 31 BtMG Rdn. 111; Weber , BtMG 3. Aufl. § 31 Rdn. 125).
- 5
- Diese Voraussetzungen hat das Landgericht ausreichend substantiiert sowie mit Tatsachen belegt und damit - jedenfalls bei einer Gesamtschau der Urteilsgründe - für das Revisionsgericht nachprüfbar dargelegt. Die Strafkammer hat nicht nur pauschal am Ende der Erwägungen zur Wahl des Strafrahmens (UA S. 17) mitgeteilt, die Strafverfolgungsbehörden hätten aufgrund der Angaben der Angeklagten abgesicherte Erkenntnisse gewonnen, die zu einer weiteren Aufklärung der Taten wesentlich beigetragen haben und zur erfolgreichen Überführung der Tatbeteiligten führen können. Vielmehr hat es bereits im Rahmen der Beweiswürdigung auf die ausführlichen, detailreichen Geständnisse der Angeklagten und die Bekundungen des Zeugen POK F. hingewiesen, durch deren Angaben seien zahlreiche Folgeverfahren gegen Abnehmer eingeleitet worden. Sodann hat die Strafkammer bei der Begründung der Strafrah- menwahl zunächst an mehreren Stellen der Urteilsgründe (UA S. 15, 16) ausgeführt , obgleich bei den Ermittlungsbehörden keine Erkenntnisse über die Tat II. 1. der Urteilsgründe vorhanden gewesen seien, hätten die Angaben der Angeklagten U. und F. einen Fahndungserfolg ermöglicht. Aufgrund ihrer Schilderung sei die Identifizierung des Veräußerers der Drogen möglich. Auch könne die Tatbeteiligung des gesondert Verfolgten C. aufgeklärt werden; diese hätten die Angeklagten konkret offenbart. Im Fall II. 8. der Urteilsgründe sei durch die Preisgabe des Drogenverstecks eine konkrete Überprüfung und strafrechtliche Verfolgung des niederländischen Hintermannes eröffnet. In der vom Generalbundesanwalt herangezogenen Urteilspassage war die Strafkammer daher nicht veranlasst, diese Ausführungen noch einmal im Detail zu wiederholen; vielmehr durfte sie sich mit Blick auf die in den Urteilsgründen bereits enthaltenen Angaben mit einer zusammenfassenden Bewertung zur abschließenden Begründung ihrer gewonnenen Überzeugung von sogar mehreren Aufklärungserfolgen begnügen.
- 6
- c) Das Landgericht hat keine bestimmenden Strafzumessungsgründe außer Acht gelassen. Es hat die hohe kriminelle Energie, die bei dem Verbringen des Rauschgifts nach Deutschland durch den Körperschmuggel der Angeklagten S. und der getrennten Einreise des Angeklagten U. sowie des gesondert Verfolgten C. aufgewendet wurde, bei der Strafrahmenwahl für die Angeklagten U. und F. im ersten der abgeurteilten Fälle (Fall II. 1. der Urteilsgründe, UA S. 15) ausdrücklich berücksichtigt. Dasselbe gilt für die Art des Betäubungsmittels und seine Gefährlichkeit. Gerade aufgrund dieser Umstände hat die Strafkammer bei dieser Tat die Annahme eines minder schweren Falles nach § 30 Abs. 2 BtMG abgelehnt. Es ist deshalb nicht zu besorgen , dass der Strafkammer diese Strafzumessungsgesichtspunkte bei den weiteren, im Wesentlichen gleichgelagerten Betäubungsmitteldelikten aus dem Blick geraten sind, auch wenn sie dort nicht erneut aufgeführt worden sind.
- 7
- d) Die Bildung der Gesamtstrafen für die Angeklagten U. und F. lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
- 8
- aa) Die Begründung des Landgerichts genügt den an sie zu stellenden Anforderungen. Das Tatgericht braucht insoweit wie bei den Einzelstrafen nur die bestimmenden Zumessungsgründe im Urteil darzulegen; eine erschöpfende Darstellung ist nicht erforderlich. Die Urteilsgründe müssen allerdings stets erkennen lassen, dass die für die Gesamtstrafenbildung wesentlichen formellen und materiellen Kriterien beachtet worden sind. Der Gesamtstrafenausspruch ist umso eingehender zu begründen, je mehr sich die Gesamtstrafe der oberen oder unteren Grenze des Zulässigen nähert (st. Rspr.; vgl. etwa BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 8).
- 9
- Diesen Maßstäben werden die Ausführungen des Landgerichts gerecht. Es hat für beide Angeklagte zunächst auf die bei der Bemessung der Einzelstrafen ausführlich dargelegten Gesichtspunkte Bezug genommen. Dies begründet keinen Rechtsfehler; denn auf die Begründung der Einzelstrafen kann verwiesen werden, wenn die erneute Darlegung sich wie hier in einer unnötigen Wiederholung erschöpfen würde (st. Rspr.; vgl. schon BGHSt 24, 268, 271). Sodann hat die Strafkammer für jeden Angeklagten gesondert die weiteren, aus ihrer Sicht bestimmenden Strafzumessungstatsachen erörtert. Dieses rechtsfehlerfreie Vorgehen ermöglicht dem Senat entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts die Überprüfung, ob sich das Landgericht von dem maßgeblichen Gesamttatunrecht hat leiten lassen. Aus den vom Landgericht angeführten , sich zu Gunsten der Angeklagten auswirkenden Gründen ergibt sich auch in ausreichendem Maße, weshalb die Gesamtstrafe insbesondere bei dem Angeklagten U. relativ nahe an der unteren Grenze des Gesamtstrafrahmens gebildet wurde.
- 10
- bb) In der Sache sind die Gesamtstrafen zwar sehr mild, jedoch mit Blick auf die vom Landgericht angeführten Strafzumessungstatsachen und den Seriencharakter der Taten noch nicht unvertretbar.
- 11
- e) Soweit die Revision die Strafzumessung bei der Angeklagten S. rügt, zeigt sie keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Es ist nicht zu beanstanden , dass die Strafkammer alle Taten einheitlich mit einer Jugendstrafe geahndet hat, obwohl die Angeklagte bei den Taten II. 5. bis 8. der Urteilsgründe bereits Erwachsene war. Sie hat insbesondere im Hinblick auf die festgestellten Brüche im Lebenslauf der Angeklagten und deren teilweise naive Lebensführung rechtsfehlerfrei angenommen, dass auf die Straftaten, welche die Angeklagte als Heranwachsende beging, gemäß § 1, § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden ist, da die Angeklagte nach ihrer Entwicklung noch einer Jugendlichen gleichstand. Die nach § 32 JGG erforderliche Beurteilung , ob das Schwergewicht bei diesen oder bei denjenigen Straftaten liegt, die nach allgemeinem Strafrecht zu beurteilen wären, ist im Wesentlichen Tatfrage und daher durch das Revisionsgericht nur dahin überprüfbar, ob der Tatrichter den ihm zuzubilligenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat (vgl. BGHR JGG § 32 Schwergewicht 1, 3). Dies ist hier der Fall. Das Landgericht hat in nicht zu beanstandender Weise insbesondere darauf abgestellt, dass die ersten Delikte eine auslösende Bedeutung für die weiteren Straftaten hatten, die Bandenabrede noch im Heranwachsendenalter gefasst wurde und die Angeklagte aus mangelnder Reife und Dankbarkeit gegenüber dem Angeklagten F. handelte sowie sich zur Begehung der Taten verführen ließ.
- 12
- 2. Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung über die Anordnung von Wertersatzverfall (§§ 73, 73 a StGB) gegen den Angeklagten F. unterblieben ist. Das Landgericht hat zwar rechtsfehlerfrei begründet, weshalb es sich nicht in der Lage gesehen hat, die Einlassung des Angeklagten zu den bei ihm sichergestellten 750 € zu widerlegen. Da der Angeklagte jedoch nach den Feststellungen aus den vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäften - jedenfalls überwiegend - Einnahmen erzielte, hätte Anlass zur Prüfung bestanden, ob aus diesem Grunde Wertersatzverfall anzuordnen ist.
- 13
- Der Senat hat die bisherigen, teilweise nicht ausreichend genauen Feststellungen aufgehoben, um dem neuen Tatrichter eine Prüfung auf der Grundlage insgesamt widerspruchsfreier Tatsachen zu ermöglichen. Insbesondere mit Blick auf die Tat II. 3. der Urteilsgründe wird auch zu beachten sein, dass bei mehreren Beteiligten nur das für verfallen erklärt werden kann, was der jeweilige Angeklagte tatsächlich in dem Sinne selbst erlangte, dass er zumindest eine Mitverfügungsgewalt hatte (vgl. BGH NStZ 2008, 623).
- 14
- Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des§ 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 StPO). Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Becker Pfister von Lienen RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und sichergestellte 50 kg Haschisch eingezogen. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Die Überprüfung des Urteils hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Strafausspruch hält dagegen bereits sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand, weil die Strafkammer die Anwendung des § 31 Nr. 1 BtMG nicht rechtsfehlerfrei abgelehnt hat. Auf die insoweit ebenfalls erhobene Aufklärungsrüge kommt es deshalb nicht an.
- 2
- 1. Der Angeklagte, der die äußeren Umstände der Einfuhrfahrt eingeräumt , jedoch bestritten hat, vom Vorhandensein der Betäubungsmittel in dem von ihm gelenkten Fahrzeug gewusst oder dies gebilligt zu haben, hatte bereits im Ermittlungsverfahren angegeben, von B. mit der Durchführung u. a. dieser Fahrt beauftragt worden zu sein und sich am Tattag mit diesem in den Niederlanden verabredungsgemäß getroffen zu haben. Auf Grund der Aussage des Angeklagten wurde gegen B. vom Amtsgericht Dresden Haftbefehl u. a. wegen des dringenden Verdachts seiner Beteiligung an der verfahrensgegenständlichen Kurierfahrt erlassen. Einen Aufklärungserfolg im Sinne des § 31 Nr. 1 BtMG hat das Landgericht gleichwohl verneint. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, das Amtsgericht habe den Haftbefehl gegen B. nach einiger Zeit wieder außer Vollzug gesetzt, weil sich Zweifel an der Aussage des Angeklagten, dem bislang einzigen Beweismittel für eine Tatbeteiligung des B. , ergeben hätten.
- 3
- 2. Die fehlende Überzeugung des Landgerichts von einer erfolgreichen Aufklärungshilfe des Angeklagten wird nicht nachvollziehbar belegt.
- 4
- Das Landgericht geht zwar im Ansatz zu Recht davon aus, dass § 31 Nr. 1 BtMG nicht zur Anwendung kommt, wenn der Tatrichter nicht die Überzeugung gewinnt, dass die Darstellung des Täters über die Beteiligung Anderer an der Tat zutrifft (BGHSt 31, 163, 166), wobei der Zweifelsgrundsatz dem Täter hier nicht zugute kommt (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 7; BGH NStZ 2003, 162). Die weiteren Ausführungen des Landgerichts lassen indes besorgen, dass die Annahme, es bestünden berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Angeklagten zu einer Tatbeteiligung des B. , nicht auf einer eigenen Überzeugungsbildung der Strafkammer beruht. Vielmehr legt die Begründung des Landgerichts nahe, dass es sich an die Be- wertung der Aussage des Angeklagten durch das Amtsgericht im Haftverschonungsbeschluss gebunden gefühlt und eine eigenständige Würdigung der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Angeklagten sprechenden Umstände deshalb selbst nicht mehr vorgenommen hat. So gibt das Urteil nicht die Umstände wieder, die dem Amtsgericht Anlass für Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten in Bezug auf eine Tatbeteiligung des B. gegeben haben. Das Landgericht hat auch nicht näher dargelegt, ob und inwieweit die vom Zeugen ZAM Br. in diesem Zusammenhang zu weiteren Ermittlungsergebnissen gemachten Angaben die Einlassung des Angeklagten bestätigt haben. Der Senat kann deshalb nicht beurteilen, ob die Strafkammer § 31 Nr. 1 BtMG zu Recht wegen eines fehlenden Aufklärungserfolgs für unanwendbar gehalten hat.
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- 3. Sollte sich der neue Tatrichter die Überzeugung verschaffen, dass die Angaben des Angeklagten zur Tatbeteiligung des B. zutreffend sind, hätte der Angeklagte einen Aufklärungserfolg geleistet. Der Umstand, dass es möglicherweise - etwa wegen des Zweifelssatzes - nicht gelingen wird, den vom Angeklagten benannten Mittäter letztlich zu überführen, stünde der Annahme eines Aufklärungserfolgs nicht entgegen (vgl. BGH StV 1997, 639; BGH NStZ 2003, 162).
Hubert Schäfer
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.