Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2013 - 3 StR 259/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Betruges in zwei Fällen sowie des versuchten Betrugs schuldig ist,
b) aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen B. II. 1. c) und d) - Taten 3 und 4 - sowie 3. a), b) und c) - Taten 5 bis 7 - der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe ; die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in sechs Fällen und wegen versuchten Betruges zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich in den Fällen B. II. 1. c) und d) - Taten 3 und 4 - sowie 3. a), b) und c) - Taten 5 bis 7 - der Urteilsgründe jeweils rechtlich selbständiger (in Mittäterschaft begangener) Betrugstaten schuldig gemacht, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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- a) Bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie ist die Frage, ob Handlungseinheit besteht oder Tatmehrheit gegeben ist, für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Erbringt der Mittäter einer solchen Serie lediglich in deren Vorfeld oder in deren weiterem Verlauf einen einheitlichen, mehrere der Einzeltaten fördernden Beitrag, ohne sich im Weiteren an der Ausführung dieser Einzeltaten zu beteiligen, so sind ihm die so gleichzeitig geförderten Einzeltaten nicht als jeweils rechtlich selbständig, sondern als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen, denn sie werden in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet. Ob andere Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben, bleibt ohne Belang (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Be- schluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 29/13; Beschluss vom 5. Februar 2013 - 3 StR 499/12, wistra 2013, 307).
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- b) Hieran gemessen ist das dem Angeklagten nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen insoweit zur Last fallende Tatgeschehen als eine einheitliche Tat zu bewerten. Die Mitwirkung des Angeklagten an den genannten Einzeltaten bestand übergreifend darin, dass er sich gegen Gewinnbeteiligung als unverdächtiger Strohmann-Geschäftsführer der als Vermittlerin der Versicherungsverträge auftretenden GmbH zur Verfügung stellte und als solcher das Bankkonto eröffnete, auf das die erstrebten Provisionszahlungen des Versicherungsunternehmens zunächst fließen sollten. Darüber hinausgehende konkrete Mitwirkungshandlungen des Angeklagten an den jeweiligen Einzeltaten hat das Landgericht hier - anders als bei den verbleibenden Taten B. III. 1. und 2. der Urteilsgründe - nicht feststellen können. So oblagen die Anwerbung der Neukunden , die Einreichung der entsprechenden Anträge beim Versicherungsunternehmen und der vertragswidrige Abzug der eingegangenen Zahlungen aus dem Vermögen der haftenden GmbH ausschließlich den anderen Mittätern.
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- c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei er davon absieht, in der Urteilsformel auch die gleichartige Idealkonkurrenz zum Ausdruck zu bringen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 418/12; Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, juris Rn. 69). § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätte verteidigen können.
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- 2. Die Abänderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Urteils in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den betroffenen Fällen B. II. 1. c) und d) sowie 3. a), b) und c) der Urteilsgründe und damit auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Die jeweils zugehörigen Feststellungen werden von dem Fehler in der rechtlichen Bewertung nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
Mayer Spaniol
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.