Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Aug. 2019 - 3 StR 252/19

bei uns veröffentlicht am07.08.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 252/19
vom
7. August 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
ECLI:DE:BGH:2019:070819B3STR252.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag - am 7. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19. Februar 2019
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte der Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben aa) im Strafausspruch, bb) soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Verwendung eines gefährlichen Gegenstands" unter Einbeziehung eines anderen Urteils zu der Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Senat hat den Schuldspruch zur Klarstellung neu gefasst (vgl. zur Tenorierung BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 - 3 StR 632/14, juris Rn. 3; Urteil vom 19. Januar 2017 - 4 StR 334/16, juris).
3
2. Der Rechtsfolgenausspruch hat keinen Bestand, da die Strafkammer die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB, § 7 Abs. 1, § 105 Abs. 1 JGG mit einer nicht tragfähigen Begründung abgelehnt hat und dies gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG die Aufhebung des - für sich gesehen rechtsfehlerfreien - Strafausspruchs nach sich zieht.
4
a) Den Urteilsfeststellungen zufolge rauchte der Angeklagte "gegen Einsamkeit und um sich besser zu fühlen" Marihuana, zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung rund drei Gramm über die Woche verteilt. Die Straftat beging er, da er aufgrund seines stetigen Geldmangels das von ihm gekaufte Marihuana nicht mehr bezahlen konnte und Geld sowie Marihuana erlangen wollte. Hierfür gab er sogar die Nutzungsmöglichkeit seiner Wohnung auf. Das Amtsgericht Wuppertal hatte ihm im Zusammenhang mit dem einbezogenen Urteil vom 28. Februar 2018 die Bewährungsauflage erteilt, innerhalb von sechs Monaten sechs Termine bei der Drogenberatung nachzuweisen. Dem kam er nicht nach.
Ausweislich der Beweiswürdigung hat er zudem angegeben, ein "Rauchproblem" zu haben.
5
b) Das - sachverständig nicht beratene - Landgericht hat von einer Unterbringung mit der Erwägung abgesehen, dass bei dem Angeklagten ein Hang, Cannabis im Übermaß zu konsumieren, nicht festzustellen sei. Es bestünden Zweifel, bei dem noch recht jungen Angeklagten von einer eingewurzelten Neigung zum Rauschmittelkonsum im Übermaß auszugehen. Die Strafkammer sei überzeugt, dass er seinen Konsum nach Verfügbarkeit habe steuern können. Zudem seien seine Leistungsfähigkeit und Gesundheit nicht beeinträchtigt gewesen.
6
c) Diese Begründung trägt das Absehen von der Maßregel nicht.
7
Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB genügt nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Februar 2019 - 3 StR 549/18, NStZ-RR 2019, 159, 160; vom 27. November 2018 - 3 StR 299/18, NStZ 2019, 265, 266 jeweils mwN). Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (s. etwa BGH, Beschluss vom 2. April 2015 - 3 StR 103/15, juris Rn. 5 mwN).
8
Daher sprechen die fortbestehende Leistungsfähigkeit und Gesundheit nicht maßgeblich gegen einen Hang.
9
Die weitere Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe seinen Konsum nach Verfügbarkeit steuern können, ist nicht belegt. Insbesondere fehlt eine Erörterung des entgegenstehenden Gesichtspunktes, dass der Geldmangel ihn gerade nicht zur Abstinenz führte, sondern dazu, zur Fortsetzung des Konsums die Tat zu begehen. Bei der Bemessung der Rechtsfolgen nimmt die Strafkammer selbst an, dass neben den Schulden des Angeklagten der fortdauernde Konsum von Marihuana erwarten lasse, er werde ohne längere Gesamterziehung weitere Straftaten begehen.
10
Schließlich werden die Zweifel der Strafkammer daran, ob bei dem "noch recht jungen Angeklagten von einer eingewurzelten, intensiven Neigung zum Rauschmittelkonsum im Übermaß auszugehen" sei, nicht weiter ausgeführt. Allein das Alter des bei der Tat 18-jährigen Angeklagten hindert die Annahme eines Hanges nicht von vornherein.
11
Angesichts der zum Betäubungsmittelkonsum getroffenen Feststellungen reichen die vom Landgericht angeführten Gründe danach insgesamt nicht aus, um einen Hang im Sinne des § 64 StGB abzulehnen.
12
Da die weiteren Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht von vornherein zu verneinen sind, ist die Unterbringung - mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) - erneut durch das Tatgericht zu prüfen. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht dem nicht entgegen (s. § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; zum Zusammenhang von Jugendstrafe und Maßregel BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1997 - 4 StR 581/97, NStZ-RR 1998, 188, 189).
13
d) Mit Blick auf § 5 Abs. 3 JGG ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt von einer Ahndung durch eine Jugendstrafe abgesehen hätte. Folglich ist auch der Strafausspruch aufzuheben.
Schäfer Spaniol Tiemann Berg Anstötz

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

3
2. Der Schuldspruch hält der auf die Sachrüge veranlassten materiellrechtlichen Überprüfung stand. Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen, dass der Angeklagte sich in den Fällen II. 1. bis 30. der Urteilsgründe nach § 29 Abs. 1 BtMG und im Fall II. 31. der Urteilsgründe nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht hat. Der Schuldspruch ist allerdings in den Fällen II. 1. bis 30. der Urteilsgründe dahin neu zu fassen, dass der Zusatz "gewerbsmäßig" entfällt; denn das gewerbsmäßige Handeln als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG betrifft nur die Strafzumessung und ist deshalb gemäß § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005 - 3 StR 133/05, NStZ 2006, 172, 173). Im Fall II. 31. der Urteilsgründe bedarf es des Zusatzes "in nicht geringer Menge" nicht, da der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG stets voraussetzt, dass die Tat eine solche Menge betrifft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 334/16
vom
19. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190117U4STR334.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Januar 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Quentin, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 29. Februar 2016 werden verworfen; jedoch wird auf die Revision des Angeklagten der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln sowie des Raubes schuldig ist. 2. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die Kosten seines Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung eines Gegenstandes, der nach seiner Art zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln“ so- wie wegen Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte rügt mit seinem unbeschränkten Rechtsmittel allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erhebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Einzelstrafe zu Fall II. 2 der Urteilsgründe sowie die Gesamtstrafe beschränkten Revision ebenfalls die Sachrüge. Sie beanstandet, das Landgericht habe im Fall II. 2 zu Unrecht einen minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angenommen.
3
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet und führt lediglich zu der aus dem Tenor ersichtlichen Neufassung des Schuldspruchs (zur Entbehrlichkeit des Zusatzes „in nicht geringer Menge“ beim bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln siehe BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14, NStZ-RR 2015, 144 [Ls]).
4
2. Der wirksam beschränkten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.
5
a) Das Landgericht hat zu Fall II. 2 der Urteilsgründe im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
6
Am 21. September 2015 erwarb der Angeklagte, der bereits zuvor mit Amphetamin gehandelt hatte, zumindest 328,5 g dieses Betäubungsmittels mit einer Wirkstoffkonzentration von 9,2 %. 70 g waren für seinen Eigenkonsum, der Rest zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Das Amphetamin lagerte der Angeklagte im Kühlschrank in der Küche seiner Wohnung. In seinem offen mit der Küche verbundenen Wohnzimmer bewahrte er ein 104 cm langes Samurai-Schwert mit einer spitz zulaufenden, jedoch stumpfen Klinge auf, das zur Verletzung von Personen geeignet und von ihm hierzu auch bestimmt war. Bei einer polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung am 22. September 2015 befand sich das Schwert in einer Schwertscheide auf einem vor dem Wohnzimmersofa stehenden Tisch. In der Wohnung wurden weiterhin eine Feinwaage, ein Vakuumierer, dazugehöriges Verpackungsmaterial und handschriftliche Aufzeichnungen über den Handel mit verschiedenen Betäubungsmitteln sichergestellt.
7
Das Landgericht hat diese Tat als minder schweren Fall eines bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 3 BtMG gewürdigt , unter Beachtung der Sperrwirkung der Mindeststrafe des zugleich verwirklichten § 29a Abs. 1 BtMG einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe angewandt und auf die Einsatzstrafe von vier Jahren und drei Monaten erkannt.
8
b) Die Annahme eines minder schweren Falls des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 3 BtMG im Fall II. 2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung stand.
9
aa) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldaus- gleich zu sein. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349). Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatgericht obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts, welches Gewicht es den einzelnen Milderungsgründen im Verhältnis zu den Erschwerungsgründen beimisst; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2001 – 2 StR 276/01, StV 2002, 20; vom 14. Dezember 2016 – 2 StR 338/16).
10
bb) Hieran gemessen hat die Annahme eines minder schweren Falls des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Bestand. Weder fehlt es an der gebotenen Gesamtwürdigung der für die Wertung der Tat und des Täters wesentlichen Umstände, noch bestehen gegen die einzelnen vom Landgericht zugunsten des Angeklagten in seine Gesamtwürdigung eingestellten Gesichtspunkte durchgreifende rechtliche Bedenken. Die Beschwerdeführerin dringt mit ihren Einzelangriffen gegen die Strafrahmenwahl daher nicht durch.
11
(1) Soweit das Landgericht neben dem umfassenden Geständnis des Angeklagten strafmildernd berücksichtigt hat, dass er bei der Durchsuchung seiner Wohnung durch die Polizei keinerlei Anstalten unternahm, sich der Waffe zu bedienen, ist hiergegen von Rechts wegen nichts zu erinnern. Zwar könnte auf das Fehlen des Strafschärfungsgrundes eines denkbaren Einsatzes der Waffe ein minder schwerer Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG nicht gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 StR 536/14). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Denn nach dem Zusammenhang der Ausführungen hat die Strafkammer nicht maßgeblich auf den fehlenden Gebrauch der Waffe abgestellt , sondern vorrangig dem Angeklagten zugutegehalten, dass er sogleich bei Eintreffen der Polizei signalisierte, er werde keinen Widerstand leisten, und sich insoweit kooperativ verhielt (UA 35).
12
(2) Es stellt hier ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass das Landgericht bei der Strafrahmenwahl auch die lange Dauer der Untersuchungshaft zugunsten des Angeklagten angeführt hat. Zwar ist erlittene Untersuchungshaft bei einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteile vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100, und vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, NStZ 2014, 31); eine strafmildernde Berücksichtigung kommt nur in Betracht, wenn mit ihrem Vollzug ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12; Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Diese Grundsätze hat das Landgericht indes nicht verkannt. Vielmehr hat es bei Fall II.1 der Urteilsgründe relativierend ausgeführt , dass erlittene Untersuchungshaft auf eine Haftstrafe angerechnet wird (UA 33). Insoweit hat es der – überdies lediglich ergänzend erwähnten – langen Dauer der Untersuchungshaft des Angeklagten erkennbar kein bestimmendes Gewicht beigemessen.
13
(3) Soweit die Strafkammer bei ihrer Strafrahmenwahl nicht (erneut) erwähnt hat, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Tat unter Führungsaufsicht stand, schließt der Senat aus, dass ihr dieser Umstand aus dem Blick geraten ist. Denn das Urteil teilt an anderer Stelle mit, dass der Angeklagte noch bis zum 18. Dezember 2016 unter Führungsaufsicht stand (UA 14). Zudem hat das Landgericht im Zusammenhang mit der Erörterung der Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG ausdrücklich zulasten des Angeklagten die erst kurz zuvor erfolgte „Vollverbüßung“ der Jugendstrafevon zwei Jahren und vier Monaten gewertet, die von Gesetzes wegen (§ 68f Abs. 1 Satz 1 StGB) die Anordnung der Führungsaufsicht nach sich zieht.
14
(4) Die von der Strafkammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigten tatbezogenen Umstände begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht hat in zulässiger Weise für den Angeklagten in Ansatz gebracht, dass das Schwert aufgrund seiner geringen Qualität – hierzu ist im Urteil festgestellt, dass dem Angeklagten durch den Verkäufer des Schwertes mitgeteilt worden war, die Waffe sei nicht geeignet, um damit auf feste Gegenstände zu schlagen –, seiner stumpfen Klinge und seiner Aufbewahrung in einer Schwertscheide nur ein eingeschränktes Gefährdungspotential besaß. Weiter hat das Landgericht in seine Abwägung miteinstellen dürfen, dass sich die Straftat auf ein Betäubungsmittel mit im Vergleich insbesondere zu Heroin und Kokain geringerem Suchtpotential bezog und die Drogenmenge innerhalb der erfahrungsgemäß vorkommenden Bandbreite der nicht geringen Menge im unteren Bereich lag (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12, NStZRR 2013, 150, 152; Beschluss vom 14. November 2003 – 2 StR 404/03, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Strafzumessung 1). Schließlich hat auch die Sicherstellung der Betäubungsmittel zu Recht zugunsten des Angeklagten Berücksichtigung gefunden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2012 – 5 StR 252/12, NStZ 2013, 50, und vom 25. Februar 2016 – 3 StR 513/15).
15
c) Gegen die konkrete Strafzumessung im Fall II. 2 der Urteilsgründe sowie den Gesamtstrafenausspruch ist gleichfalls von Rechts wegen nichts zu erinnern.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 5 4 9 / 1 8
vom
5. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:050219B3STR549.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 5. Februar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 20. August 2018
a) im Schuldspruch zu Fall II. 1. der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte lediglich der Vergewaltigung schuldig ist,
b) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten, wegen versuchter sexueller Nötigung und wegen Bedrohung zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensbeanstandung dringt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch.
3
2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zu den Schuldsprüchen in den Fällen II. 2. und 3. der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Gegen den Schuldspruch wegen Vergewaltigung im Fall II. 1. der Urteilsgründe ist aus Rechtsgründen ebenfalls nichts zu erinnern. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Beischlafs zwischen Verwandten (§ 173 Abs. 2 Satz 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung dagegen nicht stand.
4
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen zwang der Angeklagte in diesem Fall seine Mutter unter Anwendung körperlicher Gewalt zunächst zum Vaginal - und anschließend zum Oralverkehr. Dadurch hat der Angeklagte zwar den Tatbestand des § 173 Abs. 2 Satz 1 StGB verwirklicht, wonach sich strafbar macht, wer mit leiblichen Verwandten aufsteigender Linie den Beischlaf vollzieht. Der Strafbarkeit des Angeklagten nach dieser Vorschrift steht jedoch entgegen, dass er zur Tatzeit erst 17 Jahre alt war (§ 173 Abs. 3 StGB).
5
3. Der Rechtsfolgenausspruch hat insgesamt keinen Bestand.
6
a) Es ist zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht Jugendstrafrecht angewendet hat. Die Ausführungen, die der Verhängung der Jugendstrafe und deren Bemessung zugrunde liegen, erweisen sich indes in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft.
7
aa) So entbehrt schon die Annahme schädlicher Neigungen des Angeklagten einer zureichenden Begründung. Die Jugendkammer hat insoweit allein darauf abgestellt , dass der Angeklagte die abgeurteilten Taten zum Nachteil seiner Mutter sowie seiner Schwester beging. Sie hat dabei nicht bedacht, dass schädliche Neigungen im Sinne von § 17 Abs. 2 Alternative 1 JGG in der Regel nur bejaht werden können, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel, aus denen sich eine Neigung zur Begehung von Straftaten ergibt, schon vor der Tat angelegt waren (BGH, Beschluss vom 13. November 2013 - 2 StR 455/13, BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schädliche Neigungen 11).
Davon kann bei einem Täter, der - wie der Angeklagte - bisher noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, regelmäßig nicht ohne Weiteres ausgegangen werden (BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 1988 - 1 StR 219/88, BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schädliche Neigungen 3; vom 3. März 1993 - 3 StR 618/92, BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schädliche Neigungen 6). Es bedarf insoweit eingehenderer Erörterungen, welche die Urteilsgründe vermissen lassen.
8
bb) Bei der Bemessung der Jugendstrafe hat das Landgericht nicht sämtliche für den Schuldumfang bedeutsamen Umstände berücksichtigt, die nach allgemeinem Strafrecht Strafrahmenverschiebungen begründen könnten.
9
Die Jugendkammer hat nicht verkannt, dass es für die Bewertung des Tatunrechts , wenngleich die Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts im Jugendstrafrecht nicht gelten, von maßgeblicher Bedeutung ist, ob sich die Tat, falls sie nach allgemeinem Strafrecht zu bewerten wäre, als minder schwerer Fall darstellen würde (BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 1986 - 2 StR 330/86, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 Minder schwerer Fall 1; vom 4. November 1987 - 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 Minder schwerer Fall 3). Sie ist auch im Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass insoweit insbesondere das Vorliegen gesetzlich vertypter Strafmilderungsgründe von Belang ist. Sie hat jedoch nicht alle im Rahmen dieser Prüfung relevanten Gesichtspunkte in den Blick genommen.
10
So hat das Landgericht im Hinblick auf die dem Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe zur Last fallende Vergewaltigung zum Nachteil seiner Mutter, die er an einem nicht näher feststellbaren Tag zwischen dem 1. März und dem 31. Oktober 2016 beging und auf die das Landgericht zutreffend § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Fassung vom 13. November 1998 angewendet hat, ausgeführt, dass "§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F." einen minder schweren Fall "nicht vorgesehen" habe. Sie hat dabei nicht bedacht, dass § 177 Abs. 5 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung durchaus einen Ausnahmestrafrahmen für minder schwere Fälle des § 177 Abs. 1 StGB aF normierte - ebenso wie nunmehr § 177 Abs. 9 StGB für minder schwere Fälle des § 177 Abs. 5 StGB. Die Jugendkammer hat sich dadurch den Blick darauf verstellt, dass die Annahme eines minder schweren Falles jedenfalls dann in Betracht kommt, wenn die gebotene Gesamtwürdigung ergibt, dass trotz des tatbestandlichen Vorliegens des Regelbeispiels gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB aF die Regelwirkung entfällt und der Regelstrafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB gleichwohl noch unangemessen wäre.
11
Ferner hat das Landgericht nicht in die Prüfung eingestellt, dass im Fall II. 1. der Urteilsgründe der gesetzlich vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB vorlag , weil der Angeklagte zur Tatzeit aufgrund einer Drogenintoxikation nicht ausschließbar erheblich vermindert schuldfähig war. Die Jugendkammer hat diesen Gesichtspunkt lediglich als allgemeinen Milderungsgrund berücksichtigt.
12
Gleichermaßen rechtsfehlerhaft ist schließlich, dass die Jugendkammer im Hinblick auf die dem Angeklagten im Fall II. 2. der Urteilsgründe zur Last fallende Tat des versuchten sexuellen Missbrauchs das Vorliegen des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemäß § 23 Abs. 2 StGB nicht in die Gesamtabwägung einbezogen hat.
13
b) Die Entscheidung des Landgerichts, von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abzusehen, hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
14
aa) Die - sachverständig beratene - Jugendkammer hat bereits einen Hang des Angeklagten verneint, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich nehmen. Sie hat dazu ausgeführt:
15
Ein Hang in diesem Sinne sei eine den Täter treibende oder beherrschende Neigung, Rauschmittel im Übermaß, das heiße in einem Umfang (Maß und Häufigkeit ) zu konsumieren, durch welchen Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt würden. Ein Hang setze entweder eine körperliche Abhängigkeit oder eine eingewurzelte intensive Neigung, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, voraus.
16
Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sei der Angeklagte nicht ständig bestrebt, Drogen zu konsumieren. Der vom Angeklagten berichtete polyvalente Suchtmittelgebrauch von Alkohol, Cannabis, LSD, Amphetaminen, Ecstasy und - selten - Kokain erfülle weder die Kriterien eines Missbrauchs oder einer Abhängigkeit im Sinne der ICD 10 noch sei von einem schweren Drang oder Zwang, immer wieder ein oder mehrere Suchtmittel zu konsumieren, auszugehen. Gegen einen Hang spreche schließlich auch, dass der Angeklagte in der Untersuchungshaft keinerlei Entzugserscheinungen gehabt habe.
17
bb) Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht für die Annahme eines Hangs im Sinne von § 64 StGB einen unzutreffenden Maßstab angelegt hat. Dazu gilt:
18
Ein Hang im Sinne von § 64 StGB liegt vor bei einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit oder zumindest bei einer eingewurzelten, auf psychischer Disposition beruhenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung , immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Ausreichend ist, dass der Betroffene aufgrund seiner Konsumgewohnheiten sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelgenuss die Gesundheit , Arbeits- und/oder Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, kann insoweit zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen; das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt die Bejahung eines Hangs aber nicht aus (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 9. August 2016 - 3 StR 287/16, juris Rn. 3 mwN).
19
Daran gemessen lag nach den Urteilsgründen die Annahme eines Hangs des Angeklagten, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, nicht fern. Den Feststellungen zufolge "begann" er im Alter von 17 Jahren, gelegentlich Ecstasy, MDMA und LSD zu konsumieren. "Ab und zu" trank er auch Alkohol, vor allem Bier, Wodka und Schnaps. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, wie sich der Alkohol- und Drogenkonsum des Angeklagten in der Folgezeit entwickelte. Ihre Entscheidung, von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abzusehen, hat die Jugendkammer indes unter anderem damit begründet, dass ein symptomatischer Zusammenhang zwischen einem etwaigen Hang des Angeklagten und der von ihm unter Einfluss von Cannabis begangenen Tat im Fall II. 1. der Urteilsgründe fehle, weil er "Cannabis gewöhnt" gewesen sei. Schließlich hat das Landgericht die für eine Behandlung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt erforderliche Erfolgsaussicht unter Hinweis darauf verneint, dass es dem Angeklagten an der nötigen "Einsicht" in seinen "problematischen Suchtmittelmissbrauch" fehle.
20
Die Frage einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf deshalb schon aus diesem Grund erneuter Prüfung. Zudem hat das Landgericht einen symptomatischen Zusammenhang zwischen einem etwaigen Hang des Angeklagten, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und der Tat im Fall II. 1. der Urteilsgründe verneint, ohne zu bedenken, dass der Angeklagte den Feststellungen zufolge in diesem Fall aufgrund einer Cannabisintoxikation nicht ausschließbar erheblich vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war.
Schäfer Spaniol Wimmer
Tiemann Berg

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 299/18
vom
27. November 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
ECLI:DE:BGH:2018:271118B3STR299.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 27. November 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 1. März 2018, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, die er auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts stützt, hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Urteil hält jedoch insoweit der rechtlichen Prüfung nicht stand, als das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat.
3
a) Das Landgericht hat zum Rauschmittelkonsum des Angeklagten festgestellt, dass dieser mit 18 Jahren begann, Cannabis zu konsumieren. Ab seinem 21. Lebensjahr rauchte er täglich eineinhalb bis zwei Gramm Marihuana. Allerdings ging er bald darauf eine Beziehung ein, die rund dreieinhalb Jahre dauerte. In dieser Zeit verzichtete er auf den Konsum von Cannabis und reduzierte seinen Alkoholkonsum, den er seit dem 15. Lebensjahr betrieb, erheblich. Nach der Trennung von seiner Freundin nahm er im März 2017 seinen Marihuanakonsum wieder auf und verbrauchte nun zwei bis drei Gramm täglich. Dazu trank er am Tag ein bis zwei Flaschen Wodka. Nachdem er im Mai 2017 seine neue Freundin kennengelernt hatte, ging sein Rauschmittelkonsum erheblich zurück.
4
Das Landgericht hat es dahinstehen lassen, ob bei dem Angeklagten, bei dem der Sachverständige eine "leichte Alkohol- und Cannabiskonsumstörung" diagnostiziert hat, ein Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB vorliegt. Denn jedenfalls scheide vorliegend ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Rauschmittelkonsum des Angeklagten und der festgestellten Straftat aus. Der Angeklagte habe dem Mitangeklagten K. mit der Begehung der räuberischen Erpressung nur zeigen wollen, dass er bemüht sei, die gegenüber dem Mitangeklagten bestehenden Schulden abzutragen, nicht aber, um mit der Tatbeute Betäubungsmittel zu erwerben.
5
b) Diese Begründung trägt das Absehen von einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein symptomatischer Zusammenhang zwischen einem Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und der Anlasstat des Täters immer dann vor, wenn der Hang jedenfalls neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist. Es ist nicht erforderlich , dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, NStZ 2010, 83, 84). Danach hätte das Landgericht vorliegend einen symptomatischen Zusammenhang nicht verneinen dürfen. Der Angeklagte beging nach den Feststellungen den abgeurteilten Überfall auf die Tankstelle zwar, um den Betrag von 6.000 € zurückzuzahlen, den er sich von dem Mitangeklagten K. geliehen hatte. Das Bargeld in Höhe von 100 €, das er als Tatbeute erhielt, verspielte er nach seinen Angaben. Doch hatte er das von dem Mitangeklagten K. erhaltene Geld ausgegeben, um Drogen zu erwerben, die er teilweise verkaufte, teilweise aber auch selbst konsumierte. Damit diente die abgeurteilte Tat letztlich der Rückzahlung von Drogenschulden. Zudem war der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts bei Begehung der Tat durch vorangegangenen Rauschmittelkonsum enthemmt.
6
c) Da das Vorliegen der übrigen Unterbringungsvoraussetzungen, insbesondere auch ein Hang, nach den Feststellungen des Landgerichts nicht von vornherein ausscheidet, muss über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7 ff.).
7
2. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB genügt nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 - 1 StR 587/16, juris Rn. 9; Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Wenngleich erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen und in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 - 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; vom 2. April 2015 - 3 StR 103/15, juris Rn. 6). Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem Vorliegen eines Hangs nicht entgegen (BGH, Beschlüsse vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 30. März 2010 - 3 StR 88/10, NStZ-RR 2010, 216). Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 3 StR 645/17, juris Rn. 8 mwN). Danach liegt nach den bisher getroffenen Feststellungen ein Hang nicht fern.
Schäfer Spaniol Tiemann
Berg Leplow
5
a) Zum einen ist das Landgericht von einem zu engen Begriff des Hangs ausgegangen. Hierfür ausreichend ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210). Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass es sich bei der Tat um eine solche, der Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienende Kriminalität handelte. Der Angeklagte konsumierte ab dem Alter von 17 Jahren "regelmäßig" Haschisch. Auch nach Abschluss seiner Ausbildung im Jahr 2010 "trank er viel und nahm Drogen" (UA S. 4). Dementsprechend musste er schon im Alter von 15 Jahren wegen Besitzes und Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 45 JGG ermahnt werden, 2007 wurde er wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten und 2013 unter anderem wegen desselben Delikts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Tat beging der Angeklagte mit seinen beiden Mittätern, um Betäubungsmittel und Geld zu erbeuten. Den Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten hat das Landgericht deshalb auch als "Hintergrund" der Tat und diese wiederum im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung betreffend den Mitangeklagten B. auch als "Beschaffungstat" eingeordnet (UA S. 26).

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.