Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2019 - 2 StR 60/19

bei uns veröffentlicht am20.03.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 60/19
vom
20. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2
StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 25. Oktober 2018 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

ECLI:DE:BGH:2019:200319B2STR60.19.0 Ergänzend bemerkt der Senat: Den Urteilsgründen ist auch zu entnehmen, dass der Angeklagte durch Vorführen pornographischer Filme im Sinne von § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB auf die Kinder eingewirkt hat (vgl. Senat, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 2 StR 509/13, NStZ-RR 2015, 74; BGH, Beschlüsse vom 22. Juni 2010 – 3 StR 177/10, NStZ 2011, 455, und vom 22. Januar 2015 – 3 StR 490/14, NStZ-RR 2015, 139, 140). Dazu ist eine Einflussnahme tiefer gehender Art erforderlich. Diese ergibt sich aus den Feststellungen, wonach der Angeklagte die fünf und sieben Jahre alten Mädchen dazu gebracht hat, sich in seine Wohnung zu begeben, wo er ihnen Filme mit Darstellungen harter Pornographie gezeigt hat, um sich dadurch sexuell zu erregen.
Franke Appl Eschelbach Meyberg Wenske

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2019 - 2 StR 60/19 zitiert 3 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2010 - 3 StR 177/10

bei uns veröffentlicht am 22.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 177/10 vom 22. Juni 2010 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalt

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2015 - 3 StR 490/14

bei uns veröffentlicht am 22.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 4 9 0 / 1 4 vom 22. Januar 2015 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. hier: Revision des Nebenklägers N. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesa

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2014 - 2 StR 509/13

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 S t R 5 0 9 / 1 3 vom 22. Oktober 2014 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom am 22. Oktober

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 5 0 9 / 1 3
vom
22. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
am 22. Oktober 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten H. N. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. N. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 21. Juni 2013 werden verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. N. wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und ihn vom Vorwurf der Tatbegehung in sechs weiteren Fällen freigesprochen. Den Angeklagten M. N. hat es wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn vom Vorwurf einer weiteren Tat freigesprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der Angeklagte H. N. ist der Großonkel, der Angeklagte M. N. der Onkel der am 20. Oktober 1999 geborenen Nebenklägerin. Diese war bereits als Kind wegen der Trennung der Eltern erheblich psychisch belastet und verhaltensauffällig. Der Angeklagte H. N. unterstützte die Mutter der Nebenklägerin in der Trennungssituation, weshalb sich der Kontakt ab Juni 2007 verstärkte. Seit Ende des Jahres 2009 änderte sich diese Situation aus unbekannten Gründen dahin, dass nun der Angeklagte M. N. die Nebenklägerin und ihren Bruder beaufsichtigte. Vor diesem Hintergrund kam es im Zeitraum von Juni 2007 bis Februar 2011 zu einer Reihe von sexuellen Übergriffen durch die Angeklagten auf die Nebenklägerin.
4
Die erste Tat beging der Angeklagte H. N. im Zeitraum zwischen Juni und Dezember 2007, indem er das Kind veranlasste, seinen Penis anzufassen (Fall II.2.1 der Urteilsgründe). An einem Tag zwischen Juni 2007 und Ende 2009 versuchte er den vaginalen und analen Geschlechtsverkehr; jedoch gelang es ihm nicht einzudringen. Anschließend sah er gemeinsam mit dem Kind einen "Pornofilm" (Fall II.2.2). Einige Tage danach sah er erneut mit dem Kind diesen Film (Fall II.2.3). An einem anderen Tag im Zeitraum zwischen Juni und Dezember 2007 versuchte der Angeklagte H. N. erneut erfolglos den analen Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin (Fall II.2.4) und an einem weiteren Tag den vaginalen Geschlechtsverkehr (Fall II.2.5). Ferner forderte er die Nebenklägerin auf, an seinem Geschlechtsteil zu lutschen, was diese ablehnte (Fall II.2.6, wegen freiwilligen Rücktritts vom Versuch nicht abgeurteilt). Im Tatzeitraum veranlasste er das Kind in zwei Fällen jeweils während einer Autofahrt dazu, seinen Penis über der Bekleidung anzufassen (Fälle II.2.7 und II.2.8). Während eines Urlaubs in Griechenland im Sommer 2009 berührte er die Nebenklägerin an der Scheide (Fall II.2.9).
5
Der Angeklagte M. N. beging seine erste Tat an einem unbekannten Tag zwischen Juni 2007 und dem 7. Februar 2011, jedenfalls aber nach der ersten Tat des Angeklagten H. N. . Dabei fasste er der Nebenklägerin in die Hose und manipulierte an ihrer Scheide (Fall II.2.10). In einem weiteren Fall manipulierte er ebenfalls an ihrer Scheide (Fall II.2.11). Am 5. Februar 2011 versuchte er den vaginalen Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin , konnte aber nicht eindringen (Fall II.2.12).

II.

6
Die Revisionen der Angeklagten gegen dieses Urteil sind unbegründet.
7
1. Die Feststellungen werden von der Beweiswürdigung des Landgerichts getragen. Die Einwände der Revisionen hiergegen greifen nicht durch.
8
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat auf Grund der Sachrüge nur zu prüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder wenn sie gegen die Denkgesetze oder gegen gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Einen solchen Mangel weist das angefochtene Urteil nicht auf.
9
Die von einer Aussagepsychologin sachverständig beratene Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Nebenklägerin aussagetüchtig ist und glaubhaft über die Taten berichtet hat. Falschaussagen seien wegen der Qualität der Angaben auszuschließen, die originelle Details, Komplikationen im Handlungsverlauf, eigenpsychisches Erleben und deliktstypische Interaktionen, wie ein Schweigegebot der Angeklagten, enthalten. Ein Falschaussagemotiv sei nicht ersichtlich. Eine suggestive Beeinflussung der Nebenklägerin durch ihre Mutter, ihre Großmutter oder die Therapeutin sei auszuschließen, weil diese der Nebenklägerin lediglich die Möglichkeit gewährt hätten, sich zu offenbaren , ohne selbst im Einzelnen nachzufragen. Eine Übertragung von Erlebnissen der Nebenklägerin mit einer Person auf eine andere sei auszuschließen, weil die einzelnen Tatschilderungen eng mit den jeweiligen Lebensumständen der Angeklagten verknüpft gewesen seien.
10
Gegen diese Würdigung der Zeugenaussagen der Nebenklägerin ist rechtlich nichts zu erinnern. Die Strafkammer hat auch nicht übersehen, dass die Nebenklägerin bereits vor Beginn des Tatzeitraums erheblich psychisch belastet war. Einen relevanten Einfluss dieser Beeinträchtigung auf die Aussa- getüchtigkeit und das Aussageverhalten der Nebenklägerin hat das Landgericht ausgeschlossen. Wenn es danach die Glaubhaftigkeit der Tatschilderungen insbesondere damit begründet hat, dass die Qualität der Aussagen die Falschaussagekompetenz der Nebenklägerin überschreite, weist die Beweiswürdigung keinen Rechtsfehler auf.
11
2. Auch die rechtliche Würdigung des Landgerichts weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Das gilt auch, soweit es auf das gemeinsame Anschauen eines "Pornofilms" durch den Angeklagten H. N. und die Nebenklägerin in den Fällen II.2.2 und II.2.3 jeweils § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB angewendet hat.
12
Pornographisch sind Darstellungen, die sexualbezogenes Geschehen vergröbernd und ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen zeigen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 - 3 StR 177/10, NStZ 2011, 455). Dies ist hier nicht lediglich mit der Bezeichnung als "Pornofilm" umschrieben worden. Die Eigenschaft des Films als pornographisch ist vielmehr durch die Feststellung, dass er "unterschiedliche sexuelle Handlungen mehrerer Personen , wie beispielsweise den oralen Geschlechtsverkehr, zeigte", hinreichend belegt.
13
Die Tathandlung des Einwirkens im Sinne von § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB setzt eine psychische Einflussnahme tiefergehender Art voraus (vgl. BGH aaO). Auch dies ist jedenfalls nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe anzunehmen. Das erste Anschauen des Videofilms erfolgte in Tateinheit mit und im Anschluss an den vergeblichen Versuch des Angeklagten H. N. , den vaginalen und analen Geschlechtsverkehr mit der damals achtjährigen Nebenklägerin zu vollziehen. In diesem Zusammenhang ist das Anschauen des Films als erhebliches Einwirken auf die Nebenklägerin zu bewerten. Hinsichtlich des weiteren Falls im Sinne von § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB konnte das Landgericht zwar nicht feststellen, dass diese Tat in unmittelbarem Zu- sammenhang mit weiteren sexuellen Handlungen begangen wurde. Jedoch war die erneute Tat im Sinne von § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB jedenfalls im weiteren Sinne in eine Serie von sexuellen Übergriffen mit Körperkontakt eingebettet. Sie erlangt hierdurch ebenfalls den Charakter einer erheblichen Einwirkung.
14
3. Schließlich weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler auf.
15
Das Landgericht hat aus dem zeitlichen und situativen Zusammenhang der Taten mit Verhaltensänderungen der Nebenklägerin darauf geschlossen, dass die Beeinträchtigung der psychisch vorgeschädigten Nebenklägerin jedenfalls auch durch die Sexualdelikte mitverursacht wurde. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
16
Das Landgericht durfte entgegen der Annahme der Revision des Angeklagten H. N. auch strafschärfend das Alter des Kindes berücksichtigen , weil es selbst gegen Ende des Tatzeitraums noch deutlich von der Schutzaltersgrenze entfernt lag. § 46 Abs. 3 StGB wurde dadurch nicht verletzt.
17
Soweit das Landgericht den Angeklagten zur Last gelegt hat, dass sie innerhalb eines längeren Zeitraums eine Mehrzahl von Taten zum Nachteil der Nebenklägerin begangen haben, ist auch dies rechtsfehlerfrei. In der Tatbegehung über einen langen Zeitraum lag eine gravierende Belastung des psychisch vorgeschädigten Opfers. Das ist - unabhängig von der Anzahl der Taten, die erst bei der Bildung der Gesamtstrafe von Bedeutung ist - eine rechtlich nicht zu beanstandende Erwägung. Fischer RiBGH Prof. Dr. Schmitt Eschelbach ist an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 177/10
vom
22. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 22. Juni
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 16. November 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben - im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Falle II. 12. der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden ist, - im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in neun Fällen und wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Im Falle II. 12. der Urteilsgründe tragen die insoweit lückenhaften Feststellungen nicht den Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB in der bis 31. März 2004 geltenden Fassung.
3
Nach den Feststellungen zog der Angeklagte an einem nicht mehr zu ermittelnden Tag im Jahre 2002 die 1991 geborene Tochter Annemarie seiner Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung zu seinem Computer und "zeigte ihr pornographische Aufnahmen". Als sie weggehen wollte, weil sie die Bilder nicht sehen wollte, "versuchte der Angeklagte, sie festzuhalten, ließ sie dann jedoch gehen, als sie sich dagegen wehrte".
4
Soweit hier von Belang, setzt der Tatbestand des § 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF - ebenso wie § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB nF - voraus, dass der Täter durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen auf ein Kind einwirkt. Pornographisch sind Abbildungen oder Darstellungen, die sexualbezogenes Geschehen vergröbernd und ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen zeigen (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 184 Rdn. 7). Allein die verallgemeinernde Beschreibung mit "pornographische Aufnahmen" belegt dies nicht. Zudem verlangt ein Einwirken eine psychische Einflussnahme tiefergehender Art (vgl. BGHSt 29, 29, 30 f.; BGH NStZ 1991, 485; NJW 1976, 1984); auch hierauf kann ohne nähere Feststellungen zum Inhalt der Aufnahmen nicht geschlossen werden.
5
2. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Falle II. 12. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs, denn das Landgericht hat bei der Bemessung sämtlicher Einzelstrafen und der Gesamtstrafe erschwerend berücksichtigt, dass von den Taten des Angeklagten alle drei Kinder seiner Lebensgefährtin betroffen waren. Zwar begegnet diese Erwägung für sich gesehen keinen rechtlichen Bedenken, gegen Annemarie richtete sich jedoch lediglich diese eine Tat. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die pauschale Erwägung, keiner der Übergriffe sei ein "Ausrutscher" gewesen, nicht erkennen lässt, ob die bei der Prüfung eines minderschweren Falls anzulegenden rechtlichen Maßstäbe jeweils beachtet worden sind. Becker RiBGH Pfister befindet sich von Lienen im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 9 0 / 1 4
vom
22. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
hier: Revision des Nebenklägers N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. Januar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 30. April 2014 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der notwendigen Auslagen des Angeklagten im Revisionsverfahren findet nicht statt.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Bezüglich zum Nachteil des Nebenklägers begangener Missbrauchstaten hat es das Verfahren in der Hauptverhandlung auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 1, 2 StPO eingestellt. In einem zur Verurteilung gelangten Fall hat es den Angeklagten wegen Anstiftung des Nebenklägers zum sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, ist die Revision unzulässig.
3
Die von dem Nebenkläger erhobenen Verfahrensbeanstandungen sowie die ausgeführte Sachrüge betreffen ausschließlich die Fälle, hinsichtlich derer die Strafkammer durch Beschlüsse vom 19. Februar 2014 und 30. April 2014 das Verfahren vorläufig eingestellt hat. Gegen Einstellungsentscheidungen nach den §§ 153 ff. StPO steht der Nebenklage aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 400 Abs. 2 Satz 2 StPO aber selbst dann kein Rechtsmittel zu, wenn diese rechtsfehlerhaft ergangen sind (BGH, Urteil vom 22. März 2002 - 4 StR 485/01, JR 2003, 125 mwN; Beschluss vom 8. November 2010 - 5 StR 478/10, juris).
4
Soweit die Sachrüge auch die ausgeurteilte Tat vom 13. April 2013 betreffen könnte, ist sie nicht ausgeführt und lässt deshalb eine Begründung vermissen , die deutlich macht, dass der Nebenkläger mit seiner Revision die Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich eines Nebenklagedelikts begehrt. Bleibt aufgrund der Revisionsbegründung offen, ob die Nebenklage solch ein zulässiges Ziel verfolgt oder aber entgegen § 400 Abs. 1 StPO lediglich die Rechtsfolgenentscheidung beanstanden will, ist ihre Revision als unzulässig zu verwerfen (BGH, Beschluss vom 11. März 2004 - 3 StR 493/03, NStZ-RR 2005, 262 bei Becker).
5
Dem Nebenkläger waren die dem Angeklagten durch das unzulässige Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen nicht aufzuerlegen, weil dessen Revision ebenfalls ohne Erfolg geblieben ist (BGH aaO, insoweit in NStZ-RR 2005, 262 nicht abgedruckt).
Becker RiBGH Pfister befindet sich Hubert im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Gericke