Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2019 - 2 StR 594/18

bei uns veröffentlicht am20.03.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 594/18
vom
20. März 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u. a.
ECLI:DE:BGH:2019:200319B2STR594.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 20. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten O. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 2. August 2018, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch und im Ausspruch über den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten R. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, unter Anordnung eines Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und – zum Nachteil des Angeklagten R. – eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
2
1. Die Revision des Angeklagten O. ist begründet. Die Verurteilung dieses Angeklagten hat insgesamt keinen Bestand.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts verabredeten sich die Angeklagten, den dem Mitangeklagten R. als Drogendealer bekannten Geschädigten in dessen Wohnung zu überfallen, um sich Betäubungsmittel für den eigenen Konsum zu beschaffen und gegebenenfalls auch andere stehlenswerte Gegenstände und Geld wegzunehmen. Der Mitangeklagte R. führte in seiner Jackentasche ein Tierabwehrspray bei sich, was dem Angeklagten O. nicht bekannt war. Nachdem der Geschädigte auf vor- heriges Klopfen hin die Wohnungstür geöffnet hatte, „trat der Angeklagte R. aus seiner verborgenen Position hervor und sprühte unvermittelt“ – und auch für den Angeklagten O. überraschend – dem Geschädigten mit dem aus der Jackentasche hervorgeholten Tierabwehrspray in das Gesicht und schob ihn in die Wohnung, woraufhin der Geschädigte zu Boden ging. Gemeinsam betraten sie sodann die Wohnung des Geschädigten, die sie durchsuchten, und u. a. Schmuck, Bargeld und einen Laptop entwendeten. Dabei kam es dem Angeklagten O. darauf an, die durch den Mitangeklagten R. geschaffene und erkannte „Einschränkung“ des Geschädigten „für den gemeinsamen Plan zur Beschaffung von Betäubungsmitteln und wertvollen Gegenständen mit auszunutzen“.
4
b) Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten O. wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
aa) Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass dem Angeklagten O. der Einsatz des Tierabwehrsprays und die daraus entstandene körperliche Beeinträchtigung des Geschädigten, die während der weiteren Tatausführung angedauert hat, im Wege der sukzessiven Mittäterschaft zugerechnet werden könne. Das wird indes von den Feststellungen nicht getragen.
6
(1) Voraussetzung für eine strafbare Verantwortung im Wege der sukzessiven Mittäterschaft ist, dass jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mit dem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2011 – 5 StR 515/10, NStZ-RR 2011, 111, 112). Daran fehlt es, wenn für die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolgs bereits alles getan (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 – 4 StR 343/96, NStZ 1997, 82) oder das Geschehen vollständig abgeschlossen ist, selbst wenn die hinzutretende Person dessen Folgen kennt, billigt und ausnutzt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2017 – 5 StR 433/16, NStZ-RR 2017, 221, 222; Senat, Beschluss vom 7. März 2016 – 2 StR 123/15, NStZ 2016, 524,

525).


7
(2) Daran gemessen ist das Landgericht zwar zu Recht davon ausgegangen , dass die getroffenen Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schweren Raubes tragen. Für die Annahme sukzessiver Mittäterschaft hinsichtlich des Tatbestandes der gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gilt dies jedoch nicht. Als der Angeklagte den spontanen Einsatz des Tierabwehrsprays bemerkte, war die Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten G. bereits beendet. Zuverlässige Feststellungen dazu, dass der Angeklagte den Einsatz des Sprays schon vorher bemerkt und gebilligt haben könnte, hat das Landgericht ersichtlich nicht zu treffen vermocht.
8
bb) Auch eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB wird von den Feststellungen nicht belegt. Der Generalbundesanwalt weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass sich das Landgericht von Tritten gegen die Rippen des Zeugen G. durch beide Angeklagte nicht überzeugen konnte und eine gemeinschaftliche Körperverletzung auch nicht darin gesehen werden kann, dass der Zeuge nach den Feststellungen lediglich geschoben wurde und infolgedessen rückwärts stolperte.
9
c) Der aufgezeigte Rechtsfehler führt auch zur Aufhebung des an sich rechtsfehlerfreien Schuldspruchs wegen tateinheitlich verwirklichten besonders schweren Raubes. Der Senat kann nicht ausschließen, dass ein neu mit der Sache befasstes Tatgericht Feststellungen zu treffen vermag, die zu einem Schuldspruch wegen (tateinheitlicher) gefährlicher Körperverletzung führen können.
10
2. Die Revision des Angeklagten R. zeigt in Bezug auf Schuldspruch , Maßregelanordnung und Einziehungsentscheidung keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler auf.
11
Jedoch hält der Strafausspruch gegen diesen Angeklagten – unbeschadetdes Umstands, dass die Feststellungen lediglich eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, nicht hingegen auch gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB belegen (s. unter 1. b) bb)) – der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Denn das Landgericht hat eine mögliche Strafmilderung nach § 46b StGB nicht erörtert, obwohl nach den Urteilsfeststellungen dazu Anlass bestand.
12
Nach den insoweit getroffenen Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte R. in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung den Mitangeklagten als weiteren Täter (namentlich) benannt, weshalb am gleichen Tag die Wohnung des Mitangeklagten durchsucht und er polizeilich vernommen worden ist. Anhaltspunkte, dass der Mitangeklagte bis dahin von den Strafverfolgungsbehörden bereits anderweitig namhaft gemacht worden war, lassen sich dem angegriffenen Urteil nicht entnehmen.
13
Die Aufklärungshilfe des Angeklagten R. hat das Landgericht lediglich als allgemeinen Strafzumessungsumstand berücksichtigt. Nach den Feststellungen erscheint es jedoch möglich, dass der Angeklagte R. durch seine Angaben wesentlich dazu beigetragen hat, die verübte Tat über seinen eigenen Beitrag hinaus aufzuklären (§ 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. k StPO). Das Landgericht hätte in diesem Fall prüfen müssen, ob es von der gegebenenfalls eröffneten Milderungsmöglichkeit nach § 49 StGB Gebrauch macht oder unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes einen minder schweren Fall (§ 250 Abs. 3 StGB) bejaht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 9. Oktober 2017 – 5 StR 421/17, BeckRS 2017, 129185; 18. August 2015 – 3 StR 280/15, BeckRS 2015, 16317). Dass der Angeklagte seine Tatbeteiligung bestritten hat, stünde der Anwendung des § 46b Abs. 1 StGB nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 512/18, BeckRS 2018, 37282; Senat, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 34/11, BeckRS 2011, 12463).
14
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafe niedriger bemessen worden wäre (§ 337 Abs. 1 StPO), und hebt deshalb den Strafausspruch mit den Feststellungen auf. Die Aufhebung des Strafausspruchs entzieht der Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe die Grundlage.
Franke Appl Eschelbach Zeng Schmidt

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

5 StR 515/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2011

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 3. Juni 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) hinsichtlich der Angeklagten R. und E. jeweils im Schuldspruch, wobei die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten bleiben;
b) hinsichtlich des Angeklagten S. im Strafausspruch.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen, bezüglich des Angeklagten S. jedoch mit der Klarstellung, dass er wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „gemeinschaftlicher versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung“ zu Freiheitsstrafen von neun Jahren (S. ) sowie von jeweils sechs Jahren und sechs Monaten (R. und E. ) verurteilt. Die An- geklagten wenden sich gegen die Verurteilung und machen die Verletzung formellen (S. und E. ) und materiellen Rechts geltend. Die Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Nach den Feststellungen suchten die mehrfach, auch einschlägig vorbestraften Angeklagten am 1. Februar 2010 den Nebenkläger B. in seiner Wohnung auf; der Angeklagte S. beabsichtigte, den Nebenkläger aus Verärgerung über eine frühere Bemerkung „zu schlagen und Geld von ihm zu verlangen“ (UA S. 8). R. und E. hatte er „zur Unterstützung und Einschüchterung“ (UA S. 9) zu dem Treffen mitgenommen. Indes vermochte die Strafkammer nicht festzustellen, dass diese um das geplante Vorgehen wussten. Seinem Vorhaben entsprechend versetzte der Angeklagte S. dem Nebenkläger unter Verwendung von „Quarzhandschuhen“ mehrere Faustschläge ins Gesicht. Während der Schläge saßen R. und E. auf der Couch „gleich links neben der Tür“ des etwa zwölf Quadratmeter großen Zimmers des Nebenklägers und beobachteten das Geschehen. Immer noch verärgert nahm S. ein Messer von der Ablage unter dem Couchtisch und stach den Nebenkläger in die linke Schulter und den rechten Oberschenkel. Er forderte von B. „einen Schein“, womit er die Zahlung von 1.000 Euro meinte, „oder ihm würden die Finger abgeschnitten. Zur Untermauerung seiner Forderung ergriff er die Hand B. s, legte sie auf den Schreibtisch und setzte das Messer so an die Finger des Nebenklägers, als wenn er sie abschneiden wollte“ (UA S. 10). Dies veranlasste R. , S. vom Nebenkläger wegzuziehen, während E. dem S. das Messer abnahm. Um den Nebenkläger herumstehend, fragten ihn nun alle drei Angeklagten, ob er zahlen werde. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen schlug der Nebenkläger eine Zahlung am 16. Februar 2010 vor, weil er dann erst wieder Geld erhalte, und zeigte gleichzeitig eine bis auf wenige Cent leere Geldbörse vor. Die Fragen von S. und R. , ob er irgendwo anders noch Geld habe, verneinte er. S. ließ sich auf eine spätere Zahlung ein und betonte drohend , dass er wisse, wo die Mutter und die Schwester des Nebenklägers wohnten. E. und R. „untermauerten“ die Forderung des S. , indem sie äußerten, B. solle lieber zahlen, „weil ihm andernfalls die Finger abgeschnitten würden“ und auch seine Mutter und seine Schwester zu leiden haben würden (UA S. 11). Zu einer Geldübergabe kam es letztlich nicht, weil der Nebenkläger die Polizei informierte.
3
2. Die Verurteilung der Angeklagten E. und R. wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an den Straftaten hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
4
Das Landgericht nimmt sukzessive Mittäterschaft an: E. und R. hätten die Körperverletzungshandlungen des S. gesehen und dessen von Drohungen begleitete Geldforderung vernommen. Nach ihrem Einschreiten , das lediglich der Verhinderung des Abschneidens der Finger des Nebenklägers gegolten habe, hätten sie die Forderung des S. „untermauert“. Insoweit hätten sie „mehrere Tatbeiträge geleistet, um den Angeklagten S. zu Unrecht zu bereichern“ (UA S. 23).
5
a) Diese Erwägungen tragen ersichtlich nicht die Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung der Angeklagten E. und R. an der Körperverletzung. Sukzessive Mittäterschaft ist nur gegeben, wenn jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mit dem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (BGH, Urteil vom 22. April 1999 – 4 StR 3/99, NStZ 1999, 452, 453 mwN). Die Körperverletzungshandlungen zum Nachteil des Nebenklägers waren indes – wozu R. und E. durch ihr Eingreifen beigetragen hatten – im Zeitpunkt ihres Tätigwerdens zur verbalen Verstärkung der Geldforderung des S. bereits beendet.
6
Die Tatbeiträge von E. und R. zu der Körperverletzung könnten allenfalls in einer psychischen Unterstützung des S. liegen. Die Strafkammer hat insoweit festgestellt, dass sich der Nebenkläger auch durch die Angeklagten E. und R. bedroht gefühlt habe. „Er sah sie im Lager des Angeklagten S. , zumal sie weder verbal noch sonst Anstalten machten, S. von den Schlägen abzuhalten“ (UA S. 10). Erstreckt sich der Gehilfenbeitrag jedoch – wie vorliegend – auf bloßes „Dabeisein“, bedarf es sorgfältiger und genauer Feststellungen darüber, dass dadurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestalt objektiv gefördert oder erleichtert wurde und dass der Gehilfe sich dessen bewusst war (BGH, Beschluss vom 13. Januar 1993 – 3 StR 516/92, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Unterlassen 5). Insbesondere zur subjektiven Seite verhält sich das Urteil indes nicht, so dass eine entsprechende Abänderung des Schuldspruchs durch den Senat nicht möglich war.
7
b) Auch die Annahme einer Mittäterschaft von E. und R. an der räuberischen Erpressung – wobei ihnen der im Zeitpunkt ihrer Unterstützungshandlungen bereits beendete Einsatz des Messers nicht zuzurechnen wäre – wird von den Feststellungen nicht getragen. Ob ein Tatbeteiligter als Mittäter eine Tat begeht, ist nach den gesamten Umständen, die von der Verurteilung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 1 StR 742/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 14 st. Rspr.).
8
Aus den Feststellungen ergibt sich indes, dass E. und R. kein eigenes Interesse an der Tat hatten, deren „Nutznießer“ alleine S. sein sollte (UA S. 26). Dieser hatte auch die Idee zur Tat und bestimmte deren „Ob“. Auf das „Wie“ der Tat machten E. und R. nur insoweit einen maßgeblichen gestalterischen Einfluss geltend, als sie den weiteren Mes- sereinsatz verhinderten. Auch hinsichtlich der versuchten räuberischen Erpressung hatten sie damit weder Tatherrschaft noch den Willen dazu. Bei der bloßen verbalen „Untermauerung“ der Geldforderung des Angeklagten S. handelt es sich vielmehr um eine typische Beihilfehandlung.
9
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs gegen die Angeklagten E. und R. führt hier auch zur Aufhebung des Strafausspruchs bezüglich des Angeklagten S. . Die Strafkammer hat in seiner Person strafschärfend berücksichtigt, dass „er durch seine Tat zwei Straftaten jeweils in mehreren Alternativen verwirklicht hat“. Hinsichtlich der begangenen Körperverletzung bezog sich die Strafkammer dabei auch auf die Variante der gemeinschaftlichen Begehung, welche durch die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht begründet ist.
10
Rechtlichen Bedenken begegnet insbesondere auch, dass die Strafkammer hinsichtlich der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung von der fakultativen Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB keinen Gebrauch gemacht hat. Die Wahl des Strafrahmens – die revisionsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist – hat aufgrund aller schuldrelevanten Umstände zu erfolgen, wobei den wesentlich versuchsbezogenen besonderes Gewicht zukommt, namentlich der Nähe zur Tatvollendung, der Gefährlichkeit des Versuchs und der eingesetzten kriminellen Energie (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 23 Rn. 4 mwN). Die Strafkammer hat in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Zur Nähe der Tatvollendung war zu berücksichtigen, dass dem Geschädigten zwar eine Zahlungsfrist von zwei Wochen gewährt worden war, zwei Wochen Zeit zur Beschaffung von 1.000 Euro für einen Auszubildenden jedoch sehr kurzfristig ist, so dass hier durchaus von einer geringen Nähe zur Tatvollendung gesprochen werden kann“ (UA S. 29). Diese Begründung ist unschlüssig. Sie stellt auf die persönlichen Umstände des Nebenklägers ab, die gerade dagegen sprechen, dass er das Geld innerhalb der gesetzten Frist hätte aufbringen können und es somit zur Vollendung der Tat gekommen wäre. Nachdem sich eine unmittelbare Verwirklichung des Tatziels aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Geschädigten nicht realisieren ließ und die Angeklagten die Wohnung verlassen hatten, lag eine Vollendung des Erpressungstatbestandes vielmehr fern. Daneben vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Strafkammer aufgrund der rechtlich unzutreffenden Würdigung der Teilnahmebeiträge der Angeklagten E. und R. von einer übersteigerten kriminellen Intensität der Tat ausgegangen ist und sich dies in der Versagung einer Strafmilderung ebenfalls ausgewirkt hat.
11
Aufgrund der vorliegenden Wertungsfehler bedurfte es keiner Aufhebungen der Feststellungen bezüglich des Angeklagten S. . Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bislang getroffenen nicht widersprechen.
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 433/16
vom
25. April 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:250417U5STR433.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. April 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Dr. Mutzbauer,
Richter Prof. Dr. Sander, Richterin Dr. Schneider, Richter Dölp, Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt M.
als Verteidiger des Angeklagten A. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger des Angeklagten Al. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Juni 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten , auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen gegen den Schuldspruch. Sie beanstandet, dass das Landgericht die Angeklagten nicht wegen besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verurteilt hat. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

I.


2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
Die Angeklagten befanden sich am Morgen des 5. Dezember 2015 gemeinsam mit zwei unbekannten Personen in der Nähe eines U-Bahnhofs in Berlin. Spontan entschloss sich die Gruppe, den an der Treppe des U-Bahnhofs stehenden Zeugen G. gegebenenfalls unter Anwendung oder Androhung körperlicher Gewalt dazu zu bringen, sein Geld und sein Handy herauszugeben bzw. deren Wegnahme geschehen zu lassen.
4
Die Angeklagten sowie eine der unbekannt gebliebenen Personen gingen auf den Zeugen zu und der Angeklagte AI. verlangte erfolglos die Herausgabe des Mobiltelefons. Daraufhin baute sich der Angeklagte A. bedrohlich vor dem Zeugen G. auf, hielt ihn an der linken Hosentasche fest und forderte die Herausgabe von Geld. Mittlerweile war auch die vier- te Person aus der Gruppe an den Zeugen herangetreten, so dass dieser „komplett umringt“ war. Der Angeklagte AI. hielt den Zeugen G. nunmehr am rechten Oberarm fest und er sowie der Angeklagte A. forderten von dem Zeugen erneut die Herausgabe seiner Sachen. Für die Angeklagten überraschend griff der dritte TatbeteiIigte in seine Hosentasche, holte ein Messer mit einer KIingenIänge von etwa 10 cm heraus, klappte es auf, sprang zwischen den Angeklagten hindurch auf den Zeugen zu und stach in Richtung dessen Oberkörpers. Während der Zeuge G. zurückwich und dabei zu Fall kam, versuchte dieser unbekannte Tatbeteiligte noch mehrfach, ihn mit dem Messer zu treffen, wodurch jedoch lediglich der Gurt der Umhängetasche des Zeugen teilweise durchtrennt wurde. Nachdem der Zeuge wieder aufgestanden war und eine Boxerhaltung eingenommen hatte, kamen alle vier TatbeteiIigten auf ihn zu und versuchten, ihn zu schlagen, um an seine Wertgegenstände zu gelangen. Der Zeuge G. äußerte immer wieder, dass er keine Probleme haben wolle; sie sollten aufhören. Diese Aufforderung blieb jedoch erfolglos. Das Messer hatte der unbekannt gebliebene Tatbeteiligte an „andere Personen, die das Geschehen ohne sich einzumischen beobachteten“, weitergereicht. Als den sich wehrenden Zeugen G. die Kräfte verließen, drehte er sich zu den umstehenden Personen und bat um Hilfe. Als er sich wieder dem Angeklagten A. zuwandte, versetzte dieser ihm einen gezielten Faustschlag auf die Nase. Der Zeuge entledigte sich daraufhin seiner Jacke und seiner Tasche, um sich besser wehren zu können. Einer der unbekannten Tatbeteiligten entnahm sodann der Tasche ein Mobiltelefon sowie 40 € Bargeld.
5
Der Geschädigte erlitt einen Nasenbeinbruch, einen Bruch des kleinen rechten Fingers sowie Rückenschmerzen.
6
2. Das Landgericht hat das Geschehen als Raub nach § 249 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB gewürdigt. Die Verwendung des Messers hat es den Angeklagten nicht zugerechnet. Diese sei weder vom Tatplan umfasst gewesen, noch sei das Messer im weiteren Verlauf benutzt worden. Zwar sei nach dem Einsatz des Messers weiter auf den Zeugen eingewirkt worden, um ihm seine Wertsachen abzunehmen. Hieraus könne jedoch nicht auf ein Billigen geschlossen werden, da das Messer danach „sofort aus dem Geschehen quasi herausgenommen wurde“, weshalb sie seinenEinsatz weder ausgenutzt noch sich zu eigen gemacht hätten.

II.


7
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Denn die revisions- gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt zugängliche Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
1. Das Landgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend von den Grundsätzen der sukzessiven Mittäterschaft ausgegangen.
9
Eine solche liegt dann vor, wenn in Kenntnis und Billigung des bisher Geschehenen – auch wenn dies in wesentlichen Punkten von dem ursprünglichen gemeinsamen Tatplan abweicht – in eine bereits begonnene Aus- führungshandlung als Mittäter eingetreten wird. Das Einverständnis bezieht sich dann auf die Gesamttat mit der Folge, dass diese strafrechtlich zugerechnet wird. Nur für das, was schon vollständig abgeschlossen vorliegt, vermag das Einverständnis die strafbare Verantwortlichkeit nicht zu begründen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 – 1 StR 301/07, NStZ 2008, 280; vgl. ferner Beschluss vom 20. August 2013 – 3 StR 237/13).
10
Ein vollständig abgeschlossenes Geschehen lag hier schon im Hinblick darauf nicht vor, dass die Wegnahme der Sachen noch nicht erfolgt war. Die Weitergabe des Messers durch die unbekannte Person an außenstehende Dritte stellte auch nicht etwa einen (Teil-)Rücktritt von der Qualifikation des § 250 Abs. 2 StGB dar. Durch den Gebrauch des Messers war das Qualifikationsmerkmal bereits verwirklicht und die qualifikationsbegründende erhöhte Gefahr schon eingetreten (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2007 – 2 StR 34/07, NStZ 2007, 468).
11
2. Soweit das Landgericht sich nicht davon zu überzeugen vermocht hat, dass die Angeklagten den erfolgten Messereinsatz des unbekannten Mittäters gebilligt haben, erweist sich die Beweiswürdigung als rechtsfehlerhaft.
12
a) Das Landgericht hat bei seiner Würdigung maßgeblich darauf abgestellt , dass das Messer nach dem Einsatz „sofort wieder aus dem Geschehen genommen worden sei“. Diese sich nur in der Beweiswürdigung und den Rechtsausführungen wiederfindende Erwägung wird jedoch von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Denn danach versuchte der unbekannt gebliebene Tatbeteiligte mehrmals, auf den Zeugen einzustechen, der auswich und zu Boden fiel, wieder aufstand, von allen vier Tatbeteiligten mit Schlägen attackiert wurde und diese zum Aufhören aufforderte. Der sich hieran anschließenden Mitteilung, dass der unbekannt gebliebene Tatbeteiligte „das Messer ... an andere Personen ... weitergereicht“ habe, lässt sich gerade nicht entnehmen , wann dies genau bzw. dass es „sofort“ erfolgt sein soll.
13
b) Im Übrigen kann die Feststellung, dass ein Täter die von ihm für möglich gehaltenen Folgen seines Handelns gebilligt hat, sofern er dies bestreitet, vor allem durch Rückschlüsse aus dem äußeren Tatgeschehen getroffen werden (vgl. BGH, Urteile vom 21. November 2002 – 3 StR 296/02; vom 23. Mai 2002 – 3 StR 513/01). Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten eines Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen , für deren Vorliegen – selbst bei nicht widerlegbaren, aber durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten – keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2016 – 1 StR 597/15). Nichts anderes gilt für die Billigung eines Mittäterexzesses bei sukzessiver Mittäterschaft. Unter diesem Blickwinkel begegnet die Feststellung, die Angeklagten hätten den Messereinsatz bei ihren diesem nachfolgenden Handlungen (unter anderem: mehrfaches Ansetzen zu Schlägen, Faustschlag ins Gesicht, Wegnahme von Handy und Geld) nicht gebilligt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
15
a) Die strafmildernde Erwägung im angefochtenen Urteil, die Angeklagten seien als Ausländer ohne hiesige soziale Kontakte besonders haftempfindlich , widerspricht den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen.
16
b) Die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB erfordert keine Abhängigkeitserkrankung. Ausreichend ist eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 1 StR 604/16 mwN). Eine „Neigung zum Drogenmissbrauch“ der zur Tatzeit erheblich alkoholisierten sowie unter „anderen Drogen“ stehenden und deshalb nur vermindert schuldfähigen Angeklagten hat das Landgericht festgestellt.
Mutzbauer Sander Schneider
Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 123/15
vom
7. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:070316B2STR123.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. März 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 1. Dezember 2014, auch soweit es den Mitangeklagten S. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, den nicht revidierenden Mitangeklagten S. wegen des gleichen Schuldvorwurfs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten K. hat Erfolg und ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten zu erstrecken.
2
1. Die (tateinheitliche) Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen drangen beide Angeklagte am 2. Juni 2014 gegen 8.30 Uhr in einen Bungalow in A. ein, um daraus Stehlenswertes zu entwenden. Dabei gingen sie davon aus, dass sich niemand in dem Haus befindet. Als einer der Angeklagten aber die Tür eines der Schlafzimmer öffnete , stellte er zu seiner Überraschung fest, dass darin eine Person schlief, die durch den Lichteinfall geweckt wurde. Es handelte sich bei ihr um die dort nicht wohnhafte Tochter des Hauseigentümers, B. ; diese begab sich unmittelbar nach dem Erwachen zu der Schlafzimmertür, die der Täter sofort wieder geschlossen hatte und die nunmehr zugehalten wurde. Frau B. fing an zu schreien und hämmerte gegen die Tür, woraufhin sich zumindest einer der beiden Angeklagten entschloss, sie mit Gewalt einzuschüchtern, um ungestört die Wegnahme weiterer Gegenstände aus dem Haus zu ermöglichen. Hierzu öffnete dieser Täter die Tür einen Spalt breit und sprühte Frau B. aus kurzer Distanz Pfefferspray mitten ins Gesicht, bevor die Tür wieder geschlossen wurde. Schon zuvor und währenddessen hörte die Zeugin, wie sich zwei Personen in polnischer Sprache unterhielten. Zumindest jetzt hatte sich auch der zweite Angeklagte mit dem Vorgehen gegen Frau B. einverstanden erklärt; zugleich entschlossen die Angeklagten sich, das Tatopfer einzuschließen, indem sie - um weiter ungehindert nach Beute suchen zu können - eine schwere Couch vor die Tür des Schlafzimmers schoben. Die Angeklagten setzten ihre Suche nach stehlenswerten Gegenständen fort, wurden dabei aber von der Polizei gestört, die von der Zeugin B. mittels ihres Handys herbeigerufen worden war. Beide Angeklagte ergriffen die Flucht. Der Mitangeklagte S. wurde in der Nähe des Hauses von Polizeibeamten gestellt, der Angeklagte K. konnte zunächst entkommen und wurde erst ca. eine Stunde später einige Kilometer vom Tatort entfernt festgenommen. Die Pfefferspraydose wurde auf dem Fluchtweg des Angeklagten K. gefunden.
4
b) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass beide Angeklagte zunächst im Hinblick auf einen Wohnungseinbruchsdiebstahl arbeitsteilig gehandelt hätten, und hat im Übrigen dahinstehen lassen, ob ein eventueller Einsatz des Sprays vorab zwischen den Angeklagten vereinbart gewesen sei bzw.ob der jeweilige Mittäter überhaupt gewusst habe, dass der andere ein Pfefferspray bei sich führe und dies gegebenenfalls zum Einsatz bringen wollte. Unabhängig davon, dass sich Feststellungen dazu, wer das Spray gegen die Zeugin B. eingesetzt hatte, nicht treffen ließen, war die Strafkammer sodann der Ansicht, dass sich beide Angeklagte den Einsatz des Pfeffersprays zurechnen lassen müssten (UA S. 63 f.). Denn der nicht sprayende Täter habe sich spätestens (jedenfalls) den Einsatz des Sprays zu eigen gemacht, als er dem Mittäter geholfen habe, die Couch vor die Tür zu schieben, und trotz Kenntnis der Gewaltanwendung mit den Wegnahmehandlungen fortgefahren sei.
5
c) Dies begegnet mit Blick auf die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zu Recht ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass die getroffene Feststellung zur Zurechnung der Gewaltanwendung im Hinblick auf die noch nicht vollendete Wegnahme von Sachen und damit zur Verurteilung wegen besonders schweren Raubes (statt Wohnungseinbruchsdiebstahls) führt. Für die Annahme sukzessiver Mittäterschaft des jeweils nicht sprayenden Angeklagten ist in Bezug auf den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung aber kein Raum. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zieht bei einem Geschehen, welches schon vollständig abgeschlossen ist, das Einverständnis des später Hinzutretenden trotz Kenntnis, Billigung oder Ausnutzung der durch den anderen Mittäter geschaffenen Lage eine strafbare Verantwortung für das bereits abgeschlossene Geschehen nicht nach sich (st. Rspr.; zuletzt Senat, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 37). So liegt der Fall hier. Als die beiden Angeklagten die Couch vor die Tür schoben, war die zuvor begangene Körperverletzung bereits beendet. Zu- verlässige Feststellungen, dass der nicht sprayende Angeklagte den Einsatz des Sprays schon vorher, d.h. vor dessen Beendigung, gemerkt und gebilligt haben könnte, hat das Landgericht - auch mit Blick auf zuvor geführte Gespräche unter den Angeklagten - ersichtlich nicht treffen können.
6
Kommt aufgrund der getroffenen Feststellungen die Annahme sukzessiver Tatbegehung nicht in Betracht, scheidet - nachdem sich das Landgericht nicht davon zu überzeugen vermocht hat, dass der Angeklagte K. selbst das Pfefferspray eingesetzt hat - eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung aus. Dies führt auch zur Aufhebung des an sich rechtsfehlerfreien Schuldspruchs wegen besonders schweren Raubes. Der Senat kann nicht ausschließen , dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die auch zu einem Schuldspruch wegen (tateinheitlicher) gefährlicher Körperverletzung führen können.
7
2. Die Entscheidung war auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten S. zu erstrecken (§ 357 StPO). Auch insoweit hat das Landgericht den Einsatz des Pfeffersprays rechtsfehlerhaft im Wege sukzessiver Tatbeteiligung als gefährliche Körperverletzung zugerechnet. Fischer Krehl Eschelbach Zeng Bartel

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 421/17
vom
9. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes
ECLI:DE:BGH:2017:091017B5STR421.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 9. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten J. gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 22. Mai 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das genannte Urteil , soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben; die zugrundeliegenden Feststellungen bleiben bestehen. Im Übrigen wird sein Rechtsmittel als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Der den Angeklagten A. betreffende Strafausspruch hat keinen Bestand. Denn das Landgericht hat hierbei den Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB angewendet, ohne zuvor die Voraussetzungen des § 46b StGB geprüft zu haben.
2
Hierzu hätte freilich nach den getroffenen Feststellungen Anlass bestanden. Danach erschien der Angeklagte A. fünf Tage nach der Tat auf einer Polizeidienststelle, um den in Rede stehenden „Vorfall … zu klären“. In der hie- rauf durchgeführten Beschuldigtenvernehmung benannte er den Mitangeklagten als seinen bei der Tat bestimmenden Mittäter. Anhaltspunkte, dass dieser bis dahin von den Strafverfolgungsbehörden bereits anderweitig namhaft gemacht worden war, lassen sich dem angegriffenen Urteil nicht entnehmen.
3
Danach erscheint es als möglich, dass der Angeklagte A. durch seine Angaben wesentlich dazu beigetragen hat, die verübte Tat über seinen eigenen Beitrag hinaus aufzuklären (§ 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 StGB). Das Landgericht hätte in diesem Fall prüfen müssen, ob es von der gegebenenfalls eröffneten Milderungsmöglichkeit über § 49 StGB Gebrauch macht oder unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes einen minder schweren Fall (§ 250 Abs. 3 StGB) bejaht.
4
Angesichts dessen kann der Senat nicht ausschließen, dass die im Übrigen rechtsfehlerfrei bestimmte Strafe niedriger bemessen worden wäre (§ 337 Abs. 1 StPO), und hebt deshalb den Strafausspruch auf. Die zugrundeliegenden Feststellungen können hingegen bestehen bleiben und gegebenenfalls durch neue, ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
5
Sofern das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46b StGB als erfüllt ansehen sollte, so wird es beim Ausüben des ihm eröffneten Ermessens in den Blick zu nehmen haben, dass der Angeklagte sich einerseits aus eigenem Antrieb an die Polizeibehörde gewandt und dabei andererseits seinen eigenen Tatbeitrag zu minimieren versucht , schließlich in der Hauptverhandlung zum Anklagevorwurf ganz geschwiegen hat.
Mutzbauer Sander Schneider
König Mosbacher

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 512/18
vom
18. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:181218B1STR512.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – am 18. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 25. Juni 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Raubes schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung gemäß § 55 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verfahrensrügen haben aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.

II.


3
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen.
4
1. Keinen Rechtsfehler lässt der Schuldspruch gegen den Angeklagten wegen schweren Raubes erkennen. Die Beweiswürdigung zur grundsätzlichen Täterschaft des Angeklagten weist entgegen dem Revisionsvorbringen keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf. Vielmehr hat die Strafkammer ihre entsprechende Überzeugung tragfähig auf die an einer Maskierung gesicherten DNA-Spuren und die Angaben zweier Mittäter gestützt. Zudem sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB durch die Urteilsgründe belegt. Dass die Mittäter des Angeklagten Gegenstände mit sich führten, um den anwesenden Wohnungsinhaber hiermit zu fesseln, lag nach den von der Strafkammer festgestellten Gesamtumständen derart nahe, dass ein dahingehender gemeinsamer Tatplan keiner näheren Beweiswürdigung bedurfte. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Tatbeteiligten das gesamte Objekt zu durchsuchen und Stehlgut in mindestens vier mitgebrachten Plastiksäcken mitzunehmen gedachten, was einen größeren Aufwand und den ungestörten Einsatz vereinter Kräfte nahelegte.
5
2. Hingegen kann der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung keinen Bestand haben. Nach den Feststellungen verübte der Angeklagte die dem Geschädigten anfänglich versetzten Faustschläge nicht selbst. Dies taten vielmehr drei andere Tatbeteiligte, ohne dass diese gemeinschaftlich begangene Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) dem Angeklagten als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden könnte.
6
a) Zwar hat die Strafkammer einen gemeinsamen Tatplan festgestellt, der die Körperverletzung des Geschädigten durch Faustschläge umfasste. Diese Feststellung wird aber in der Beweiswürdigung nicht belegt. Das Landgericht hat seine entsprechende Überzeugung lediglich pauschal unter Verweis auf die objektiven Umstände bejaht. Dies genügt an dieser Stelle nicht. Denn körperlicher Widerstand durch den allein anwesenden 71-jährigen Geschädig- ten gegen die insgesamt fünf Tatbeteiligten, den es durch „gezielte Faustschläge“ (UA S. 4f.) zu verhindern galt, war im Vorfeld nicht zu erwarten. Deshalb versteht es sich nicht von selbst, dass der gemeinsame Tatplan das ausdrückliche oder stillschweigende Einverständnis des Angeklagten – und sei es in Form von Gleichgültigkeit gegenüber der Ausführungsweise (vgl. UA S. 6) – mit einer (gefährlichen) Körperverletzung berechtigt anwesender Personen umfasste. Die mitgeteilten Zeugenaussagen von zwei gesondert verfolgten Tatbeteiligten stützen das Beweisergebnis des Landgerichts nicht. Dagegen spricht vielmehr, dass die am Tatort eintreffende Tochter des Wohnungsinhabers körperlich unversehrt blieb, obgleich sie sich drei Tatbeteiligten gegenüber sah. Das Landgericht hätte auch diesen Umstand erörtern und mithin seine Überzeugung näher begründen müssen.
7
b) Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung kann sich auch nicht auf eine sukzessive Mittäterschaft stützen. Diese setzt voraus, dass ein weiterer Beteiligter in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und sich mit dem (oder den) anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – 3 StR 451/17, StV 2018, 717, 718 mwN). Hieran fehlt es nach den Urteilsgründen schon mangels zusätzlicher Körperverletzungshandlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2018 – 4 StR 621/17, juris).
8
3. Der Senat schließt mit Blick auf die besonderen Gesamtumstände einschließlich der in den Urteilsgründen mitgeteilten bisherigen Zeugenaussagen aus, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen könnte, die eine Beteiligung des Angeklagten an der Körperverletzung des Geschädigten trügen. Der Senat ändert folglich entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch dahin ab, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung entfällt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 3 StR 165/16, juris Rn. 7 [insoweit nicht abgedruckt in NStZ-RR 2016, 334 f.]).
9
4. Dies bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat die tateinheitlich begangene gefährliche Körperverletzung bei der Bemessung der Freiheitsstrafe von zehn Jahren strafschärfend berücksichtigt (UA S. 18).
10
Der Senat hebt auch die dem Strafausspruch zugehörigen Feststellungen auf. Denn dieser hätte – worauf für die neue Hauptverhandlung hinzuweisen ist – noch aus einem anderen Grund keinen Bestand haben können. Das angefochtene Urteil lässt keine Überprüfung zu, ob die Strafkammer die Voraussetzungen einer Aufklärungshilfe des Angeklagten nach § 46b StGB zu Recht verneint hat. Die vom Landgericht abgelehnte Wesentlichkeit der Aufklärungshilfe ist ein Rechtsbegriff, der revisionsgerichtlicher Prüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2016 – 5 StR 26/16, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 5 Rn. 10). Für diese Prüfung werden weder die Angaben des An-geklagten bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung noch die Verdachtslage gegen die Mittäter hinreichend genau mitgeteilt. Denn eine wesentliche Aufklärungshilfe kann bereits vorliegen, wenn die Aussage des Täters zumindest eine sicherere Grundlage für die Aburteilung von Tatbeteiligten schafft, indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen (vgl. BGH aaO mwN; SSW-StGB/Eschelbach, 4. Aufl., § 46b Rn. 26). Dies hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht und mit seinen Ausführungen nicht ausgeschlossen.
11
Dass der Angeklagte seine Tatbeteiligung bestritten hat, steht der Anwendung des § 46b Abs. 1 StGB nicht entgegen, sondern ist gegebenenfalls bei der Prüfung eines minder schweren Falls (§ 250 Abs. 3 StGB) und bei dessen Verneinung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 46b Abs. 2 StGB zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 – 3StR 83/12, NStZ-RR 2012, 201; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 46b Rn. 13).
Aufklärungsbemühungen des Angeklagten können darüber hinaus allgemein strafmildernd zu berücksichtigen sein.
Raum Bellay Fischer
Bär Pernice

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 34/11
vom
14. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. April 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 29. September 2010, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und wegen schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung einer früheren Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Außerdem hat es den vom Angeklagten zur Tatausführung genutzten Pkw BMW 535i eingezogen. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). http://www.juris.de/jportal/portal/t/348e/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE066200310&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/348e/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE066200310&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/348e/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE066200310&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/348e/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE016428160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/348e/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE066200310&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s4n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BORE805258609&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 3 -
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war es der Angeklagte K. , der die Ermittlungen auf die beiden Mitangeklagten gelenkt und bei der Polizei deren Namen und Adressen genannt hatte (UA S. 41, 45). Die Aufklärungshilfe , die der Angeklagte durch seine "entscheidenden Hinweise" auf die beiden Mitangeklagten als Täter der Raubtaten gegeben hatte, hat das Landgericht lediglich als allgemeinen Strafmilderungsgrund in die zu einer Verneinung minder schwerer Fälle führende Gesamtwürdigung eingestellt sowie im Rahmen der konkreten Strafzumessung berücksichtigt (UA S. 52).
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Damit hat es das Landgericht rechtsfehlerhaft unterlassen zu prüfen, ob die zu erkennenden Strafen gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB zu mildern sind. Nach den getroffenen Feststellungen lagen die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. k StPO vor. Der Umstand, dass der Angeklagte seine eigenen Tatbeiträge geleugnet hat, steht der Anwendung der Vorschrift des § 46b Abs. 1 StGB nicht entgegen (vgl. Fischer StGB 58. Aufl. § 46b Rn. 13 mwN), sondern ist im Rahmen der für die Ausübung des Ermessens nach § 46b Abs. 2 StGB vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht zu niedrigeren Einzelfreiheitsstrafen und zu einer insgesamt niedrigeren Gesamtfreiheitsstrafe gelangt wäre, wenn es § 46b StGB in seine Erwägungen einbezogen hätte.
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2. Das Landgericht hat zudem bei der Strafzumessung nicht erörtert, ob die Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Pkws strafmildernd zu berücksichtigen ist. Ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust durch Einziehung kann strafmildernd zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 - Strafzumessung 1, 16 und 39). Einer ausdrücklichen Erörterung bedarf es zwar dann nicht, wenn angesichts des Wertes die Einziehung die Bemessung der Strafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag (Senat, NStZ 1985, 362; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 39). Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, kann der Senat aber nicht beurteilen, da das Landgericht den Wert des eingezogenen Pkws nicht mitgeteilt hat.
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3. Da die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen sind, hat der Senat sie aufrechterhalten. Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen.

Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.