Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2015 - 2 StR 529/14

bei uns veröffentlicht am15.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 5 2 9 / 1 4
vom
15. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 2. auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 15. April 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 4. August 2014 wird das Verfahren eingestellt, soweit es den Vorwurf eines am 8. November 2012 versuchten Betrugs betrifft. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Betrugs in sieben Fällen und versuchten Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Außerdem hat es angeordnet, dass Auslieferungshaft , die der Angeklagte in Rumänien erlitten hat, im Verhältnis von zwei zu eins auf die Strafe angerechnet wird. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens wegen des Vorwurfs des versuchten Betrugs. Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG dürfen von einem Mitgliedstaat übergebene Personen wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Tat als derjenigen , die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden. Der Begriff der "anderen Tat" im Sinne von § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG knüpft dabei an die Beschreibung der Straftat in der Auslieferungsbewilligung, diese wiederum an den Europäischen Haftbefehl an. Eine Beschreibung der Tat vom 8. November 2012 fehlt in dem Europäischen Haftbefehl gegen den Angeklagten vom 18. Oktober 2013. Dort wurden ausschließlich die Tattage der vollendeten Betrugstaten genannt, denen sodann eine generelle Beschreibung ihres Tatbilds hinzugefügt wurde. Die abweichende Tatzeit des abgeurteilten versuchten Vergehens wurde in dem Europäischen Haftbefehl nicht erwähnt, der Versuchstatbestand dort nicht umschrieben und die Rechtsnormen der §§ 22, 23 StGB wurden darin nicht genannt. Deshalb fehlt es unbeschadet des Umstands, dass sich der Europäische Haftbefehl nach einer vorangestellten, allgemeinen Mitteilung "auf insgesamt 11 Taten" beziehen sollte, an einer ausreichenden Kennzeichnung des Vorwurfs eines versuchten Betrugs am 8. November 2012.
3
Insoweit ist die Einstellung des Verfahrens angezeigt, da ein Ausnahmefall gemäß § 83h Abs. 2 IRG (vgl. Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 2 StR 170/13) hier nicht vorliegt. Damit entfällt die Einzelstrafe zu Fall II.11 der Urteilsgründe. Der Senat schließt aus, dass der Ausspruch über die Gesamtstrafe ohne die weggefallene Strafe niedriger ausgefallen wäre.
4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Wegen des geringen Erfolgs des Rechtsmittels ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit Gebühren und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO). Fischer Krehl Eschelbach Ott Zeng

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2015 - 2 StR 529/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2015 - 2 StR 529/14

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2015 - 2 StR 529/14 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83h Spezialität


(1) Von einem Mitgliedstaat aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergebene Personen dürfen 1. wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Tat als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt noch einer freiheits

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2015 - 2 StR 529/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2015 - 2 StR 529/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2014 - 2 StR 170/13

bei uns veröffentlicht am 10.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 S t R 1 7 0 / 1 3 vom 10. Dezember 2014 in der Strafsache gegen wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember 20

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Von einem Mitgliedstaat aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergebene Personen dürfen

1.
wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Tat als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden und
2.
nicht an einen dritten Staat weitergeliefert, überstellt oder in einen dritten Staat abgeschoben werden.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn

1.
die übergebene Person den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes innerhalb von 45 Tagen nach ihrer endgültigen Freilassung nicht verlassen hat, obwohl sie dazu die Möglichkeit hatte, oder nach Verlassen in ihn zurückgekehrt ist,
2.
die Straftat nicht mit einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung bedroht ist,
3.
die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führt,
4.
die übergebene Person der Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung ohne Freiheitsentzug unterzogen wird, selbst wenn diese Strafe oder Maßnahme die persönliche Freiheit einschränken kann, oder
5.
der ersuchte Mitgliedstaat oder die übergebene Person darauf verzichtet hat.

(3) Der nach Übergabe erfolgte Verzicht der übergebenen Person ist zu Protokoll eines Richters oder Staatsanwalts zu erklären. Die Verzichtserklärung ist unwiderruflich. Die übergebene Person ist hierüber zu belehren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Von einem Mitgliedstaat aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergebene Personen dürfen

1.
wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Tat als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden und
2.
nicht an einen dritten Staat weitergeliefert, überstellt oder in einen dritten Staat abgeschoben werden.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn

1.
die übergebene Person den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes innerhalb von 45 Tagen nach ihrer endgültigen Freilassung nicht verlassen hat, obwohl sie dazu die Möglichkeit hatte, oder nach Verlassen in ihn zurückgekehrt ist,
2.
die Straftat nicht mit einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung bedroht ist,
3.
die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führt,
4.
die übergebene Person der Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung ohne Freiheitsentzug unterzogen wird, selbst wenn diese Strafe oder Maßnahme die persönliche Freiheit einschränken kann, oder
5.
der ersuchte Mitgliedstaat oder die übergebene Person darauf verzichtet hat.

(3) Der nach Übergabe erfolgte Verzicht der übergebenen Person ist zu Protokoll eines Richters oder Staatsanwalts zu erklären. Die Verzichtserklärung ist unwiderruflich. Die übergebene Person ist hierüber zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 1 7 0 / 1 3
vom
10. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 13. November 2012 dahin geändert, dass die Strafaussetzung zur Bewährung entfällt.
2. Die weitergehenden Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Verschaffens falscher amtlicher Ausweise zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten, der einen Verstoß gegen den Spezialitätsgrundsatz geltend macht, die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts rügt und die Sachbeschwerde erhebt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge gegen den Teilfreispruch und die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung. Die Rechtsmittel führen zum Wegfall des Ausspruchs über die Strafaussetzung zur Bewährung; im Übrigen sind sie unbegründet.

A.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts wies sich der Angeklagte am 3. März 2008 im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle mit einer kroatischen Identitätskarte und einem kroatischen Führerschein aus, die mit seinem Lichtbild versehen und auf den Namen Z. , geboren am 4. Juli 1981, ausgestellt waren. Hierbei handelte es sich um Totalfälschungen, die sich der Angeklagte auf ungeklärte Weise zu dem Zweck verschafft hatte, diese "zur Täuschung im Rechtsverkehr, insbesondere zum Nachweis einer Fahrerlaubnis , einzusetzen". Dies hat das Landgericht als Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen gemäß § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB gewertet.
3
Vom Vorwurf eines im November 2007 zum Nachteil der Zeugen Ü. und K. begangenen Betrugs im Rahmen eines vorgetäuschten Geldwechselgeschäfts in R. (Niederlande) hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. B. Revision des Angeklagten

I.

4
Der Spezialitätsgrundsatz (§ 83h Abs. 1 IRG) ist nicht verletzt.
5
1. Der Nachprüfung unterliegt insoweit folgendes Verfahrensgeschehen:
6
a) Gegen den Angeklagten wurde durch die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Strafverfahren wegen eines am 5. Dezember 2008 begangenen Raubes geführt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Koblenz am 7. Juli 2010 in jenem Verfahren einen Haftbefehl gegen den Angeklagten, auf dessen Grundlage die Staatsanwaltschaft Koblenz am 13. Juli 2010 einen Europäischen Haftbefehl ausstellte. Dieser führte zur Festnahme des Angeklagten in Belgien und am 20. Januar 2011 zu seiner Auslieferung nach Deutschland, wobei dieser nicht auf die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität verzichtete. Der Haftbefehl wurde am 21. Januar 2011 außer Vollzug gesetzt, ab 16. Dezember 2011 erneut vollstreckt und am 18. Januar 2012 während noch laufender Hauptverhandlung aufgehoben. Der Angeklagte wurde daraufhin am 19. Januar 2012 aus der Untersuchungshaft entlassen. In der Folge fanden bis zur Verhaftung des Angeklagten in der vorliegenden Sache am 6. März 2012 (dazu sogleich nachfolgend b) und auch danach weitere Hauptverhandlungstermine statt, an denen der Angeklagte jeweils teilnahm.
7
Mit Urteil vom 22. März 2012 sprach das Landgericht den Angeklagten des schweren Raubes schuldig und verurteilte ihn unter Einbeziehung früherer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Dieses Urteil hob der Senat mit Beschluss vom 15. Januar 2013 - 2 StR 488/12 auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. Auf Grund einer neuen Hauptverhandlung am 3. und 9. September 2013 sprach das Landgericht den Angeklagten frei. Dieses Urteil vom 9. September 2013 ist rechtskräftig.
8
b) Das vorliegende Verfahren wurde, nachdem es zuletzt von der Staatsanwaltschaft Essen geführt worden war, im März 2012 von der Staatsanwaltschaft Koblenz übernommen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Koblenz in dieser Sache am 6. März 2012 einen Haftbefehl gegen den Angeklagten. Er wurde am selben Tag verhaftet und befand sich bis zur Aufhebung des Haftbefehls durch Beschluss vom 19. Oktober 2012 für das vorliegende Verfahren in Untersuchungshaft. Im Anschluss befand er sich bis zu seiner Entlassung am 26. Februar 2013 im Verfahren wegen Raubes erneut in Untersuchungshaft.
9
2. Bei dieser Sachlage ist kein Verstoß gegen den Spezialitätsgrundsatz gegeben.
10
Nach § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG dürfen Personen, die von einem Mitgliedsstaat auf Grund eines Europäischen Haftbefehls übergeben worden sind, wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Tat weder verfolgt noch verurteilt oder einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden. Die Taten, wegen derer der Angeklagte im hiesigen Verfahren verfolgt wird, waren nicht Gegenstand des Europäischen Haftbefehls. Der Angeklagte hat auch nicht auf die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität verzichtet. Die Bindung nach § 83h Abs. 2 Nr. 1 IRG ist jedoch entfallen. Nach dieser Vorschrift findet der Spezialitätsgrundsatz keine Anwendung, wenn die übergebene Person das Bundesgebiet innerhalb von 45 Tagen nach ihrer endgültigen Freilassung nicht verlassen hat, obwohl sie dazu die Möglichkeit hatte, oder nach Verlassen zurückgekehrt ist. Dies ist hier der Fall.
11
a) Dabei kann offenbleiben, ob der Spezialitätsgrundsatz der Verfolgung schon deswegen nicht mehr entgegenstand, weil der Angeklagte im Verfahren wegen Raubes am 19. Januar 2012 aus der Untersuchungshaft entlassen worden war und danach bis zu seiner Verhaftung am 6. März 2012 Deutschland nicht innerhalb von 45 Tagen verlassen hatte. Gegen die Annahme, bei dieser Haftentlassung habe es sich um eine endgültige Freilassung im Sinne von § 83h Abs. 2 Nr. 1 IRG gehandelt, spricht immerhin, dass der Angeklagte wegen der laufenden Hauptverhandlung die Bundesrepublik Deutschland nicht dauerhaft verlassen konnte, ohne rechtliche Pflichten zu verletzen (vgl. Vogel/Burchard in Grützner/Pötz/Kreß, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, § 11 IRG Rn. 86 [Stand: Juli 2011]). Wie sich aus § 230 Abs. 1 und § 231 Abs. 1 Satz 1 StPO ergibt, hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung eine Anwesenheitspflicht, die mit Zwangsmitteln gemäß § 230 Abs. 2 StPO durchgesetzt werden kann. Auf die Möglichkeit, zu weiteren Hauptverhandlungsterminen aus dem Ausland anzureisen, müsste sich der Angeklagte nicht verweisen lassen. Durch diese Wiedereinreise wäre ihm dann nämlich der Schutz aufgrund des Spezialitätsgrundsatzes verloren gegangen. Von einer freiwilligen Entscheidung des Angeklagten (vgl. Vogel/Burchard aaO § 11 IRG Rn. 84 f.; Walter NStZ 1993, 393) über sein Verbleiben oder die Ausreise kann in dieser Situation nicht ohne weiteres ausgegangen werden.
12
b) Die Voraussetzungen des § 83h Abs. 2 Nr. 1 IRG für den Wegfall der Bindung nach dem Spezialitätsgrundsatz sind aber aus anderen Gründen erfüllt.
13
Spätestens nach Aufhebung des neuen Haftbefehls und der Entlassung aus der Untersuchungshaft am 26. Februar 2013 war der Angeklagte endgültig freigelassen. Ab diesem Zeitpunkt bestanden jedenfalls keine seine Bewegungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen mehr.
14
Nach den vom Senat im Freibeweisverfahren durchgeführten Ermittlungen nahm der Angeklagte ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls an den Terminen der neuen Hauptverhandlung wegen des Vorwurfs des Raubes am 3. und 9. September 2013 teil. Demnach verblieb er nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft am 26. Februar 2013 entweder mehr als 45 Tage im Bundesgebiet oder er kehrte im Falle einer Ausreise vor der neuen Hauptverhandlung wieder in das Bundesgebiet zurück. Beide Alternativen erfüllen die Voraussetzungen des § 83h Abs. 2 Nr. 1 IRG; eine dritte Variante kommt nicht in Frage. Die möglichen auslieferungsrechtlichen Konsequenzen eines längeren Aufenthalts im Bundesgebiet oder einer Aus- und Wiedereinreise wurden im Verfahren vor dem Landgericht Koblenz, auch auf Antrag der Verteidigung, umfassend thematisiert und waren daher dem Angeklagten bekannt.
15
Dem Wegfall der Bindung aufgrund des Spezialitätsgrundsatzes steht nicht entgegen, dass der Angeklagte bei seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft am 26. Februar 2013 auf Grund der Senatsentscheidung vom 15. Januar 2013 mit der Durchführung einer neuen Hauptverhandlung im vom Spezialitätsgrundsatz erfassten Verfahren wegen Raubes rechnen musste.
16
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass nach einem tatrichterlichen Urteil und Einlegung der Revision allein die Tatsache, dass der Angeklagte für den Fall der Rechtskraft des Urteils mit einer Strafverbüßung rechnen muss, keine die Bewegungsfreiheit einschränkende Maßnahme darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 148/11, BGHSt 57, 138, 144 zu Art. 14 EuAlÜbk). Im Ergebnis dasselbe muss nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils im Revisionsverfahren und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht mit offenem Verfahrensausgang gelten. Insbesondere würde der Angeklagte durch eine etwaige Ausreise bis zum Beginn einer neuen Hauptverhandlung weder seine Anwesenheitspflicht noch eine andere rechtliche Pflicht verletzen.
17
Der Angeklagte konnte sich in dieser Situation auch frei entscheiden, ob er bis zu Beginn der neuen Hauptverhandlung ausreisen oder länger als 45 Tage in Deutschland bleiben wollte. Denn anders als während der laufenden Hauptverhandlung im hiesigen Verfahren, wo eine Wiedereinreise nach § 83h Abs. 2 Nr. 1 IRG zum Verlust des ihm zustehenden Spezialitätsschutzes geführt hätte, konnte eine Wiedereinreise in dem von der Spezialitätsbindung von Anfang an erfassten Verfahren wegen Raubes zu keinen weitergehenden nachtei- ligen Konsequenzen führen, als sie dem Angeklagten ohnehin schon drohten. Insoweit unterschied sich seine Lage nicht von derjenigen, die bestanden hätte, wenn er zuvor gar nicht ausgeliefert worden wäre. Auch in diesem Fall hätte er nicht nach Deutschland zurückkehren können, ohne sich der Strafverfolgung im Inland auszusetzen. Dies aber wäre allein die Folge der Tat, nicht der Auslieferung (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 148/11, BGHSt 57, 138, 144).
18
c) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht veranlasst.
19
Zwar führt die Nichtbeachtung des Spezialitätsgrundsatzes nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union grundsätzlich nur zu einem Verbot freiheitsentziehender Maßnahmen und nicht zu einem Verfahrenshindernis (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 - C-388/08, NStZ 2010, 35, 39 mit Anm. Heine; BGH, Beschlüsse vom 25. Juni 2014 - 1 StR 218/14, vom 25. September 2012 - 1 StR 442/12, vom 9. Februar 2012 - 1 StR 148/11, BGHSt 57, 138, 142, und vom 27. Juli 2011 - 4 StR 303/11, NStZ 2012, 100 f.). Daran könnte aber zu zweifeln sein, wenn - wie hier - Untersuchungshaft entgegen diesem Verbot vollzogen wurde. Bei Annahme eines bloßen Vollstreckungshindernisses würde dieser Verstoß gegen den Spezialitätsgrundsatz nicht nur folgenlos bleiben, sondern durch die spätere Anrechnung der Untersuchungshaft (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB) sogar noch vertieft werden (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. Juli 2011 - 4 StR 303/11, NStZ 2012, 100). Angesichts des dargelegten Wegfalls der Spezialitätsbindung braucht der Senat dieser Frage indes nicht weiter nachzugehen.

II.

20
Die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des Landgerichts greift - unbeschadet der Frage ihrer Zulässigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 - 1 StR 485/12, NStZ 2013, 300 f.) - jedenfalls in der Sache nicht durch. Dabei kann offen bleiben, ob ein Gerichtsstand am Ergreifungsort (§ 9 StPO) zu Recht angenommen wurde. Jedenfalls bestand aufgrund des Sachzusammenhangs (§ 13 Abs. 1 i. V. m. § 3 Alt. 1 StPO) mit dem in Koblenz geführten Verfahren wegen Verdachts des Raubes eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts. Dieser Gerichtsstand entsteht nicht erst durch eine förmliche Verbindung der Verfahren, sondern schon durch das tatsächliche Vorliegen des sachlichen Zusammenhangs. Er steht den übrigen Gerichtsständen gleich (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 13 Rn. 1 f.; KK/Scheuten, StPO, 7. Aufl., § 13 Rn. 1 f., jeweils mwN).

III.

21
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge führt zum Wegfall des Ausspruchs über die Strafaussetzung zu Bewährung, da die erkannte Strafe bereits verbüßt ist und daher nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann (std. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1982 - 3 StR 29/82, BGHSt 31, 25, 27; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 56 Rn. 2 mwN); durch die Bewährungsauflagen wäre der Angeklagte auch beschwert (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2014 - 1 StR 36/14).
22
Im Übrigen hat die Nachprüfung zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

IV.

23
Der geringe Teilerfolg des Rechtsmittels rechtfertigt es nicht, von der Regelung des § 473 Abs. 4 StPO Gebrauch zu machen. C. Revision der Staatsanwaltschaft

I.

24
Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf des Betruges hält rechtlicher Nachprüfung stand.
25
Die Beweiswürdigung ist dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt ihm allein, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überspannte Anforderungen stellt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. August 2014 - 3 StR 224/14; Senat, Urteil vom 13. August 2014 - 2 StR 573/13).
26
Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtsfehlerfrei. Die Strafkammer hatte alle wesentlichen Beweisanzeichen, die für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechen, abgewogen. Insbesondere hat es das Aussageverhalten der Geschädigten eingehend gewürdigt. Revisionsrechtlich ist es unerheblich, dass einzelne Beweisanzeichen auch anders hätten bewertet werden können (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2012 - 2 StR 547/11).

II.

27
1. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Verurteilung wendet, ist nach der Rechtsmittelbegründung allein die Strafaussetzung zur Bewährung angefochten. Der Schuldspruch und der Strafausspruch im Übrigen sind vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. zur Auslegung des Umfangs des Rechtsmittelangriffs Senat, Urteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285 mwN).
28
2. Die Beschränkung ist wirksam. Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung ist grundsätzlich selbständig angreifbar (vgl. KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 12 mwN). Besondere Umstände, die dies in Frage stellen könnten, liegen nicht vor. Zwar belegen die Feststellungen auch das Vorliegen einer Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB, hinter die § 276 StGB zurücktritt (vgl. Senat, Beschluss vom 23. März 2001 - 2 StR 90/01, BGHR StGB § 276 Konkurrenzen 1). Der Umstand, dass das Landgericht auf Grund dieses Wertungsfehlers von einem zu niedrigen Strafrahmen ausgegangen ist, lässt die vollständigen und widerspruchsfreien Feststellungen zum Schuld- und Strafausspruch unberührt und steht einer selbständigen Prüfung der Bewährungsentscheidung nicht entgegen.
29
3. Im Umfang der Beschränkung ist die Revision begründet und führt - insoweit auch zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - aus den unter B.III. bereits dargestellten Gründen zum Wegfall des Ausspruchs über die Strafaussetzung zur Bewährung. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.