Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2018 - 2 StR 497/17
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Zu der vom Beschwerdeführer erhobenen Rüge, § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO sei verletzt, bemerkt der Senat ergänzend: 1. Die Verfahrensrüge genügt den Vorgaben des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die vom Generalbundesanwalt vermisste Mitteilung eines weiteren Schreibens des Verteidigers und einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zu dem mit dem Antrag im Zusammenhang stehenden Verfahrensgeschehen erweist sich mangels inhaltlicher Relevanz als nicht erforderlich.
2. Die Verfahrensrüge, mit der beanstandet wird, das Landgericht habe Erkenntnisse aus der Überwachung eines Telefonanschlusses verwertet, obwohl der Angeklagte weder einer Katalogtat gemäß § 100a Abs. 2 StPO verdächtig gewesen sei noch die ihm vorgeworfene Hehlerei dieselbe – den Mitan- geklagten zur Last gelegte – prozessuale (Katalog)Tat betreffe, ist indes unbegründet.
a) Dass der Ermittlungsrichter die Voraussetzungen für seine Anordnungen vom 23. März, 8. Juni, 20. Juni und 19. Juli 2016 zu Unrecht angenommen habe, behauptet der Angeklagte nicht. Das Revisionsgericht hat infolgedessen keinen Anlass, sich mit der Frage der Zulässigkeit dieser Anordnungen zu befassen (BGH, Urteil vom 30. August 1978 – 3 StR 255/78, BGHSt 28, 122, 124), die wegen einer Katalogtat (vgl. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j StPO) ergangen sind.
b) Die durch die Telefonüberwachung gewonnenen Erkenntnisse durfte das Tatgericht auch gegen den Angeklagten verwerten, weil sie im Zusammenhang mit dem Anlass der Anordnungen standen, nämlich dem Tatverdacht gegenüber den Mitangeklagten wegen schweren Bandendiebstahls: Die Anordnungen zielten zugleich auf Hinweise darauf, „die Bandenstruktur aufzudecken (und) weitere Mittäter sowie die Absatzwege der Beute zu identifizieren“. Dass weder die Anklageschrift dem Angeklagten zur Last gelegt hat, er habe als Mitglied einer Bande gehandelt, noch das Tatgericht diese Qualifikation angenommen hat, hinderte die Verwertung ebenso wenig wie der Umstand, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Anordnung nicht zu dem in § 100a Abs. 3 StPO genannten Personenkreis gehörte (vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Januar1979 – 1 StR 642/78,NJW 1979, 1370, 1371). Von der Verwertbarkeit ausgeschlossene Zufallserkenntnisse, die sich auf Handlungen außerhalb des Tätigkeitsbereichs der überwachten Mitangeklagten beziehen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. August 1978 – 3 StR 255/78, BGHSt 28, 122, 127), liegen hier gerade nicht vor (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 8. August 2013 – III-1 RVs 58/13, wistra 2014, 39 f.; Wolter, Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, 1989, S. 761, 767).
Der Senat kann deswegen letztlich hier dahin stehen lassen, ob im Zeitpunkt der Beweiserhebung durch Verwertung der aus der Telefonüberwachung gewonnenen Beweismittel die Möglichkeit bestand, dass der Angeklagte (auch) wegen einer Katalogtat verurteilt werden konnte und der Beweiserhebung damit jedenfalls der objektive Bezug auf den Nachweis einer Katalogtat nicht fehlte (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 1979 - 1 StR 642/78, NJW 1979, 1370, 1371).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Von Amts wegen dürfen personenbezogene Daten aus Strafverfahren Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten für Zwecke der Strafverfolgung sowie den zuständigen Behörden und Gerichten für Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten übermittelt werden, soweit diese Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle hierfür erforderlich sind.
(2) Eine von Amts wegen erfolgende Übermittlung personenbezogener Daten aus Strafverfahren ist auch zulässig, wenn die Kenntnis der Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist für
- 1.
die Vollstreckung von Strafen oder von Maßnahmen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 8 des Strafgesetzbuches oder für die Vollstreckung oder Durchführung von Erziehungsmaßregeln oder von Zuchtmitteln im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes, - 2.
den Vollzug von freiheitsentziehenden Maßnahmen oder - 3.
Entscheidungen in Strafsachen, insbesondere über die Strafaussetzung zur Bewährung oder deren Widerruf, oder in Bußgeld- oder Gnadensachen.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn
- 1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat, - 2.
die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und - 3.
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:
- 1.
aus dem Strafgesetzbuch: - a)
Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a, - b)
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e, - c)
Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h, - d)
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Absatz 3 und 4 sowie den §§ 129 bis 130, - e)
Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4, - f)
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177, - g)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b, § 184c Absatz 2, - h)
Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212, - i)
Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b, 233 Absatz 2, den §§ 233a, 234, 234a, 239a und 239b, - j)
Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Absatz 4 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a, - k)
Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255, - l)
gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a, - m)
Geldwäsche nach § 261, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist, - n)
Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2, - o)
Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5, - p)
Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 genannten Voraussetzungen, - q)
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 genannten Voraussetzungen, - r)
Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2, - s)
Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen, - t)
Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299, - u)
gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c, - v)
Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,
- 2.
aus der Abgabenordnung: - a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen, - b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373, - c)
Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,
- 3.
aus dem Anti-Doping-Gesetz: Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b, - 4.
aus dem Asylgesetz: - a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3, - b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
- 5.
aus dem Aufenthaltsgesetz: - a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2, - b)
Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
- 5a.
aus dem Ausgangsstoffgesetz: Straftaten nach § 13 Absatz 3, - 6.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz: vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes, - 7.
aus dem Betäubungsmittelgesetz: - a)
Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen, - b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
- 8.
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz: Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen, - 9.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen: - a)
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, - b)
Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,
- 9a.
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz: Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a, - 10.
aus dem Völkerstrafgesetzbuch: - a)
Völkermord nach § 6, - b)
Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7, - c)
Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12, - d)
Verbrechen der Aggression nach § 13,
- 11.
aus dem Waffengesetz: - a)
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3, - b)
Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.
(3) Die Anordnung darf sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss oder ihr informationstechnisches System benutzt.
(4) Auf Grund der Anordnung einer Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation hat jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) diese Maßnahmen zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. § 95 Absatz 2 gilt entsprechend.
(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 ist technisch sicherzustellen, dass
- 1.
ausschließlich überwacht und aufgezeichnet werden können: - a)
die laufende Telekommunikation (Absatz 1 Satz 2), oder - b)
Inhalte und Umstände der Kommunikation, die ab dem Zeitpunkt der Anordnung nach § 100e Absatz 1 auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und aufgezeichnet werden können (Absatz 1 Satz 3),
- 2.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und - 3.
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.
(6) Bei jedem Einsatz des technischen Mittels sind zu protokollieren
- 1.
die Bezeichnung des technischen Mittels und der Zeitpunkt seines Einsatzes, - 2.
die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen, - 3.
die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und - 4.
die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
1
Gründe
2I.
3Das Amtsgericht Dortmund hat den Angeklagten mit Urteil vom 07.09.2010 wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 24 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 400 Tagessätzen zu je 30,00 EUR verurteilt. Gegen dieses Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Dortmund form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 14.02.2013 hat das Landgericht Dortmund die Berufung des Angeklagten verworfen und ihn auf Berufung der Staatsanwaltschaft Dortmund nach erfolgter Beschränkung gem. § 154 StPO wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen dieses ihm auf Anordnung des Vorsitzenden vom 19.03.2013 am 18.04.2013 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit bei dem Landgericht Dortmund am 19.02.2013 eingegangenem Schreiben seines Verteidigers vom 15.02.2013 Revision eingelegt und diese mit bei dem Landgericht Dortmund am 29.04.2013 eingegangenem Schreiben vom 24.04.2013 mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.
4II.
5Die zulässige Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
61.
7Die Strafzumessungserwägungen im angefochtenen Urteil halten rechtlicher Überprüfung nicht Stand. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in Ihrer Antragsschrift insoweit zutreffend ausgeführt:
8„Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben, weil das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung einen bestimmenden Strafmilderungsgrund nicht – zumindest nicht erkennbar – berücksichtigt hat. Zwar hat es zugunsten des Angeklagten „nicht unberücksichtigt“ gelassen, dass die Taten bereits „längere Zeit zurückliegen“. Mit dieser eher formelhaft wirkenden Erwägung hätte es aber nicht sein Bewenden haben dürfen. Denn damit verkennt die Kammer, dass nicht nur der Zeitablauf seit der Tat sondern auch eine lange Verfahrensdauer ein bestimmender Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267
9Abs. 3 S. 1 StPO ist (vgl. Fischer, StGB, 60. Auflg., § 46 Rdn. 61). Die sich aus den Urteilsfeststellungen ergebenden Zeitangaben – Taten zwischen
10dem 01.07.2004 und 11.01.2005 (Bl. 325 ff Bd. II d.A.), erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 07.09.2010, Berufungsurteil (erst) vom 14.02.2013 – hätten die Strafkammer zu einer Erörterung des naheliegenden Strafmilderungsgrundes einer überlangen Verfahrensdauer veranlassen müssen. Dies gilt umso mehr, als eine solche in der Regel selbst dann strafmildernd wirkt, wenn sie – was vorliegend eher fern liegen dürfte – sachlich begründet gewesen sein sollte (Fischer, a.a.O.).“
11Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und weist darauf hin, dass der – vom Senat von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmende – Strafbefehl aus April 2009 stammt.
12Einer Prüfung, ob auch die Nichterörterung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung allein auf die Sachrüge hin hier zum Erfolg geführt hätte, bedarf es nicht. Der o.g. Rechtsfehler führt bereits zur Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch insgesamt und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Dortmund (§§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 2 StPO) und gibt dem neuen Tatrichter auch die Möglichkeit, ggf. das Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zu prüfen und eine entsprechende Feststellungs- oder Kompensationsentscheidung zu treffen. Der neue Tatrichter wird dann auch erneut zu prüfen haben, ob ein minder schwerer Fall nach § 374 Abs. 2 S. 2 AO in der ab dem 01.08.2008 gültigen Fassung (§ 2 Abs. 3 StGB) gegeben ist.
132.
14In Übrigen weist das Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
15a) Die erhobene Rüge der Verletzung der §§ 100a, 100b, 261 StPO genügt bereits nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 StPO.
16aa) Im Rahmen einer Verfahrensrüge muss der Revisionsführer alle Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensfehler begründen, so vollständig und genau vortragen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Revisionsbegründung prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, sollten die behaupteten Tatsachen zutreffen (Wiedner in: Graf, StPO, 2. Aufl., § 344 Rdn. 37). Das ist hier nicht geschehen. Die Revisionsbegründung nimmt an mehreren Stellen auf den Akteninhalt Bl. 24-35 Bd. I d.A. sowie an einer Stelle auf den Akteninhalt Bl. 1-20 d.A. Bezug. Der Inhalt dieser Aktenteile wird nicht näher wiedergegeben. Es wird lediglich mitgeteilt, dass es sich um „TKÜ-Ausdrucke“ bzw. um ein „Wortprotokoll“ handele. Ohne Mitteilung des näheren Inhalts dieser in Bezug genommenen Aktenbestandteile kann der Senat aber nicht prüfen, inwieweit deren Inhalte mit den von dem Revisionsführer in Bezug genommenen TKÜ-Beschlüssen des AG Görlitz überhaupt in Zusammenhang stehen. Im angefochtenen Urteil werden jedenfalls Erkenntnisse aus dem TKÜ-Sonderband wiedergegeben, nicht erkennbar aber auch solche aus den o.g. Fundstellen (UA S. 11 ff.). Dass das Landgericht sich im angefochtenen Urteil nicht näher mit der Verwertbarkeit der Erkenntnisse aus der Telekommunikations-Überwachung auseinandergesetzt hat, ist unschädlich. Dies gebietet § 267 StPO nicht (BGH, Beschl. v. 07.03.2006 – 1 StR 316/05).
17bb) Die Rüge ist aber auch unbegründet. Die Überwachungsergebnisse dürfen in dem Verfahren gegen den Beschuldigten und alle Tatbeteiligten – auch bei Begünstigung, Hehlerei und Strafvereitelung – verwertet werden (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 100a Rdn. 30). Es liegen insoweit nämlich keine Zufallserkenntnisse vor (vgl. auch: Graf in: Graf, StPO, 2. Aufl., § 100a Rdn. 54; Allgayer NStZ 2006, 603, 604; Wolter in: Gedächtnisschrift für A. Kaufmann, 1989, S. 761, 766). Der Gesetzgeber hat bei Schaffung des § 477 Abs. 2 S. 2 StPO, der die Verwertbarkeit von Zufallsfunden regelt, klargestellt:
18„In rechtmäßiger Weise erlangte Erkenntnisse sind im Ausgangsverfahren
19– sowohl als Spurenansatz als auch zu Beweiszwecken – sowohl hinsichtlich anderer Begehungsformen der zunächst angenommenen Katalogtat als auch hinsichtlich sonstiger Straftatbestände und anderer Tatbeteiligten insoweit verwertbar, als es sich noch um dieselbe Tat im prozessualen Sinn handelt“ (BT-Drs. 16/5846, S. 66; vgl. auch BGH NJW 2009, 791).
20Die gewinnbringende Weiterveräußerung durch die dortigen Beschuldigten war aber bereits Gegenstand der Tatschilderung im Beschluss des AG Görlitz vom 18.05.2004 (8 Gs 729/04). Der Angeklagte als Aufkäufer der in das Bundesgebiet eingeschmug-
21gelten Zigaretten ist damit nur ein weiterer Tatbeteiligter innerhalb der von den Beschlüssen nach §§ 100a, 100b StPO erfassten prozessualen Tat. Es kommt damit auch nicht darauf an, dass die Verurteilung nicht wegen der seinerzeit angenommenen Katalogtat des § 129 StGB erfolgte.
22cc) Soweit der Angeklagte nunmehr in seiner Gegenerklärung auf die Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamm ausführt, dass es nicht darauf ankomme, ob es sich um Zufallsfunde handele, weil die Beschlüsse des AG Görlitz nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten, ist diese Rüge nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist angebracht worden. Kommen nach den vorgetragenen Tatsachen mehrere Verfahrensmängel in Betracht, ist vom Beschwerdeführer. darzutun, welcher Verfahrensmangel geltend gemacht wird, um somit die Angriffsrichtung der Rüge deutlich zu machen. Die Angriffsrichtung bestimmt den Prüfungsumfang seitens des Revisionsgerichts (BGH NStZ 2007, 161, 162; BGH NStZ 2008, 229, 230; Wiedner in: Graf, StPO, 2. Aufl., § 344 Rdn. 40). Die ursprüngliche Revisionsbegründung zielte indes allein darauf, dass die Beschlüsse des AG Görlitz nicht gegen den Angeklagten (und anfänglich auch nicht gegen den Zeugen C) richteten und es sich deshalb um Zufallsfunde handele.
23b) Auch die Sachrüge zeigt keine (weiteren) durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.