Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2015 - 2 StR 429/15

bei uns veröffentlicht am12.11.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 429/15
vom
12. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 3. auf dessen Antrag, und nach Anhörung der Beschwerdeführer
am 12. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten jeweils des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen schuldig sind,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.2. bis II.5. der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen und des versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in drei Fällen schuldig gesprochen und sie - jeweils unter Einbeziehung der Strafen aus früheren Verurteilungen - zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren verurteilt. Außerdem hat es angeordnet, dass sechs Monate der Gesamtfreiheitsstrafen als bereits vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen veranlassten die Angeklagten die arbeitslose Zeugin H. dazu, drei Eigentumswohnungen in L. zu kaufen und zur Finanzierung des Kaufpreises für zwei dieser Wohnungen am 10. November 2007 mit der D. K. AG einen Darlehensvertrag über 154.000 Euro abzuschließen. Auf Veranlassung der Angeklagten legte die Zeugin der Bank dabei gefälschte Bonitätsunterlagen vor. Eine Rückführung des Darlehens war nicht beabsichtigt; es sollte auch nicht zur Bezahlung der Kaufpreisforderung verwendet werden. Die Grundschulden für die Eigentumswohnungen stellten für die Bank keine ausreichende Kreditsicherheit dar. Ihr Rückzahlungsanspruch hatte nach der Verwertung der Objekte einen Minderwert in Höhe von 37.520 Euro. Der Darlehensbetrag wurde zwischen den Angeklagten , der Zeugin und verschiedenen Vermittlern des Immobiliengeschäfts aufgeteilt (Fall II.1. der Urteilsgründe).
3
Die Angeklagten veranlassten auch den Zeugen E. dazu, als Darlehensnehmer gegenüber Banken aufzutreten und zur Erlangung von Darlehen, die angeblich zum Kauf von Immobilien verwendet werden sollten, gefälschte Bonitätsunterlagen vorzulegen. Der Zeuge E. schloss in der Zeit vom 21. Juli 2008 bis zum 16. April 2009 bei vier verschiedenen Kreditinstituten Darlehensverträge ab (Fälle II.2. bis II.5. der Urteilsgründe), wobei es nur bei einer Tat (Fall II.2. der Urteilsgründe) zur Auszahlung eines Darlehens in Höhe von 517.000 Euro kam.
4
Bei diesen Darlehensgeschäften wurde jeweils ein gefälschter Arbeitsvertrag verwendet, der den Zeugen E. als Polier einer Baufirma mit einem Bruttoarbeitslohn von 5.600 Euro pro Monat bezeichnete. Tatsächlich war der Zeuge als Hilfsarbeiter tätig, verfügte nur über ein monatliches Nettoeinkommen von 600 Euro und hatte Schulden in Höhe von 30.000 Euro. Er eröffnete Bankkonten , auf denen er Bargeldbeträge einzahlte, die ihm dazu von dem Angeklagten U. zeitweilig überlassen worden waren; nach der jeweiligen Buchung des Zahlungseingangs ließ sich der Zeuge einen Kontoauszug erstellen und hob anschließend den eingezahlten Betrag wieder ab. Die Immobilien, die angeblich mithilfe der Bankdarlehen erworben werden sollten, waren minderwertig und die dazu bestellten Grundschulden stellten keine ausreichenden Kreditsicherheiten dar. Den Angeklagten ging es nur darum, jeweils einen Teil der Darlehenssumme selbst zu erhalten und für eigene Zwecke zu verwenden.
5
Im Fall II.5. der Urteilsgründe hatte der Filialleiter der S. k. Ha. den Verdacht des Betrugs. Er informierte die Polizei. Der Angeklagte U. und der Zeuge E. wurden in den Räumen der S. k. festgenommen. Danach gingen die Angeklagten davon aus, dass "die Katze aus dem Sack" sei. Sie nahmen selbst Kontakt mit der im Fall II.4. der Urteilsgründe getäuschten S. - k. O. auf, offenbarten die Täuschung und wirkten darauf hin, dass das Darlehen nicht ausgezahlt wurde. Im Fall II.3. der Urteilsgründe war es zur Darlehensauszahlung nicht gekommen, weil die notarielle Bescheinigung der Fälligkeit des Kaufpreises nicht vorgelegt wurde. Zudem bezahlte der Zeuge E. nach seiner Verhaftung die Bereitstellungszinsen nicht mehr. Die Angeklagten unternahmen auch keine Anstrengungen mehr, um die Darlehensauszahlungen zu forcieren.
6
2. Das Landgericht hat den festgestellten Sachverhalt dahin gewürdigt, dass bei der Täuschung von Mitarbeitern verschiedener Banken jeweils rechtlich selbständige Handlungen vorgelegen hätten. Im Fall II.5. der Urteilsgründe sei der Versuch des Betruges fehlgeschlagen. In den Fällen II.3. und II.4. habe es an der Freiwilligkeit eines Rücktritts gefehlt.

II.

7
Die Revisionen der Angeklagten sind teilweise begründet.
8
1. Die Rechtsmittel führen zu einer Konkurrenzkorrektur.
9
Wird eine gefälschte Urkunde dem ursprünglichen Tatplan entsprechend mehrfach gebraucht, liegt nur eine Urkundenfälschung vor (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 - 4 StR 95/14, wistra 2014, 349). Das den Angeklagten als Mittätern zugerechnete mehrfache Gebrauchmachen von dem gefälschten Arbeitsvertrag des Zeugen E. beruht nach den Urteilsgründen auf einem einheitlichen Tatentschluss. Es stellt eine einheitliche Urkundenfälschung dar. Diese verklammert die verschiedenen Täuschungshandlungen des Betruges in den Fällen II.2. bis II.5. zu einer rechtlichen Einheit.
10
Der Senat ändert den Schuldspruch dahin, dass die Angeklagten des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen schuldig sind. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil die Angeklagten sich nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
11
2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II.2. bis II.5. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und zum Wegfall der Gesamtfreiheitsstrafe.
12
Der neue Tatrichter hat auch Gelegenheit nochmals zu prüfen, ob in den Fällen II.3. und II.4. davon auszugehen ist, dass die Angeklagten den Entschluss zur Herbeiführung der Darlehensauszahlung durch Täuschung freiwillig aufgegeben haben. Die Verhaftung des Zeugen E. und des Angeklagten U. war möglicherweise für die Angeklagten noch kein zwingendes Hindernis die Tat zu vollbringen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Januar 1988 - 2 StR 665/87, BGHSt 35, 184, 186).
13
3. Die Kompensationsentscheidungen bleiben von der Schuldspruchänderung und der Aufhebung eines Teils des Rechtsfolgenausspruchs unberührt. Krehl Eschelbach Ott Zeng Bartel

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR95/14
vom
7. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 7. Mai 2014 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 25. November 2013 werden die Schuldsprüche im Fall II.3. b der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte der gewerbsmäßigen Hehlerei sowie der Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten B. und die Revision des Angeklagten I. werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 16 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung und mit Betrug, wegen Urkundenfälschung in 14 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Verwaltungsbehörde angewiesen, diesem Angeklagten vor Ablauf von zwei Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen. Den Angeklagten I. hat es wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zehn Fällen und wegen Urkundenfälschung in neun Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Betrug, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit ihren hiergegen gerichteten Revisionen beanstanden die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte B. erhebt darüber hinaus die (unausgeführte ) Verfahrensrüge. Die Revision des Angeklagten B. erzielt mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist dieses Rechtsmittel ebenso wie die Revision des Angeklagten I. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen zum Fall II.3.b der Urteilsgründe erwarb der Angeklagte B. für 2.500 € einen zuvor in Frankreich entwendeten Pkw in Kenntnis dessen deliktischer Herkunft. Er beschaffte sich Blanko-Unterlagen und stellte gefälschte Fahrzeugpapiere her. Anschließend bemühte er sich im Internet um Kaufinteressenten, die er mit Hilfe der gefälschten Papiere über die illegale Herkunft des Fahrzeugs täuschen wollte. In seinem Auftrag führte ein Bekannter unter dem Decknamen „M. E. “ ein Verkaufsgespräch am 17. April 2013. Den Kaufinteressenten fielen jedoch Unstimmigkeiten an den (gefälschten) Fahrzeugpapieren auf, so dass sie von dem Kauf Abstand nahmen. Auf Grund der Anzeige im Internet meldete sich ein weiterer Interessent. Bei einem Treffen mit „M. E. “ am 21. April2013 fielen jedoch auch ihm Unstimmigkeiten an den vorgelegten Papieren auf. Als der Interessent darauf- hin ein Telefonat führen wollte, ergriff „M. E. “ die Flucht.
3
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei gemäß § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Form des Ankaufens zu der Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Tatmehrheit- lich hierzu hat es ihn für den ersten Verkaufsversuch wegen (gewerbsmäßiger) Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 und 3 Satz 2 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit versuchtem (gewerbsmäßigem) Betrug gemäß §§ 22, 23 Abs. 1, § 263 Abs. 1 und 3 Satz 2 Nr. 1 StGB zu der weiteren Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Wegen des zweiten Verkaufsversuchs hat es den Angeklagten ein weiteres Mal der (gewerbsmäßigen) Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem (gewerbsmäßigem) Betrug schuldig gesprochen und ihn zu der weiteren Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt.
4
2. Die Würdigung der beiden Verkaufsversuche als selbständige Taten hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. In beiden Fällen machte „M. E. “ von den zuvor vom Angeklagten B. gefälschten Fahr- zeugpapieren Gebrauch. Wird eine gefälschte Urkunde dem ursprünglichen Tatplan entsprechend mehrfach gebraucht, liegt indes nur eine Urkundenfälschung vor (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 – 3 StR 406/11 mwN). Der Angeklagte hat sich daher im Fall II.3.b der Urteilsgründe nur wegen einer (gewerbsmäßigen ) Urkundenfälschung strafbar gemacht. Diese Urkundenfälschung verklammert den zweimaligen Betrugsversuch zur Tateinheit.
5
3. Der Senat schließt aus, dass ein neues Tatgericht Feststellungen treffen könnte, die eine Verurteilung wegen zweier materiell-rechtlich selbständiger Taten der Urkundenfälschung tragen könnte. Er ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst ab. § 265 StPO steht nicht entgegen; denn der geständige Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
6
Der Senat hat davon abgesehen, die gleichartige Tateinheit zwischen den beiden Betrugsversuchen in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen (§ 260 Abs. 4 Satz 5 StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09 wistra 2010, 484, 492, Rn. 69 mwN).
7
4. Damit entfällt die weitere Einzelstrafe von einem Jahr und acht Monaten wegen des zweiten Verkaufsversuchs. Mit Blick auf die bestehen bleibende Einsatzstrafe (ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe) sowie die Vielzahl und Höhe der weiteren Einzelfreiheitsstrafen schließt der Senat aus, dass das Tatgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Konkurrenzen im Fall II.3.b der Urteilsgründe auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe gegen den Angeklagten B. erkannt hätte; diese hat deshalb ebenfalls Bestand.
8
5. Mit Blick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig , den Angeklagten B. mit den gesamten durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
9
6. Die Revision des Angeklagten I. gegen das vorbezeichnete Urteil ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Bender

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.