Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2015 - 2 StR 373/15

bei uns veröffentlicht am05.11.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 373/15
vom
5. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:0511152STR373.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 26. Mai 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Nachprüfung des Urteils zum Schuld- und Strafausspruch hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt begegnet hingegen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken.
3
a) Nach den Feststellungen konsumierte der mehrfach vorbestrafte, heute 41 Jahre alte Angeklagte seit jungen Jahren Kokain und Speed sowie ab dem 15. Lebensjahr auch Heroin. Nach Antritt einer Jugendstrafe im Jahr 1993 nahm er kein Heroin mehr zu sich, jedoch konsumierte er weiterhin Kokain, Marihuana und Amphetamine. Der Angeklagte war in seinem Leben überwiegend ohne Beschäftigung. Zur Finanzierung seines Betäubungsmittelkonsums beging er auch Straftaten.
4
Im Jahr 2011 begann der Angeklagte erneut, Heroin zu konsumieren. Ab 2012 nahm er zusätzlich Methadon zu sich. Zur Finanzierung seines Konsums beging er Diebstähle und Einbruchsdiebstähle. Ab Mai 2012 begann er zudem, Heroin gewinnbringend weiter zu verkaufen und verübte die verfahrensgegenständlichen Taten. Ab Juni 2013 ließ sich der Angeklagte durch den Drogenersatzstoff Subutex subsituieren, um von seinem Heroinkonsum loszukommen. Zur Finanzierung seines Beikonsums von Kokain und anderen Betäubungsmitteln setzte er den verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelhandel jedoch noch bis März 2014 fort.
5
Nach seiner Festnahme im März 2014 wurde der Angeklagte von der Haft verschont, erhielt jedoch die Weisung, eine elektronische Fußfessel zu tragen. Im Rahmen dessen standen ihm zunächst dreieinhalb Stunden zur täglichen freien Verfügung, später sechs Stunden. Bis zur Hauptverhandlung war es zu keinem Rückfall hinsichtlich des Konsums oder Handels von Betäubungsmitteln gekommen.
6
b) Die Strafkammer hat von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen. Aufgrund der Substitution bestehe bei ihm kein Hang mehr, Heroin zu sich zu nehmen. Soweit ein gegebenenfalls auf andere Betäubungsmittel bezogener Hang bestehe, fehle es an der erhöhten Wahrscheinlichkeit , dass der Angeklagte infolge dieses Hangs weitere Straftaten begehen werde, da er seit über einem Jahr nicht rückfällig geworden sei.
7
c) Die Ablehnung der Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB hat keinen Bestand. Die vom Landgericht getroffene Gefährlichkeitsprognose lässt die gebotene Würdigung aller für und gegen eine Rückfallgefahr maßgeblichen Umstände vermissen.
8
Zwar hat das Landgericht für die Prognose, ob die Gefahr, dass der Angeklagte infolge eines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, zu Recht auf den Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung abgestellt. Auch kann es gegen eine Gefährlichkeit sprechen, wenn ein Täter bis zu diesem Zeitpunkt über einen langen Zeitraum hinweg keine hangbedingte Straftat mehr begangen hat. Bestehen aber Anhaltspunkte in der Persönlichkeit des Täters, seinem bisherigen Rauschmittelkonsum (Zeiträume, Mengen, Stoffe), dem Vorleben , Vorstrafen, der Anlasstat oder seinem Nachtatverhalten, die demgegenüber für eine Rückfallgefahr sprechen, müssen diese in die anzustellende Gefahrenprognose eingestellt werden.
9
Dies hat das Landgericht vorliegend versäumt. Es hat schon den für eine Rückfallgefahr sprechenden Umstand nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem Angeklagten um einen langjährigen Konsumenten verschiedener Betäubungsmittel handelte, der zur Finanzierung seines Konsums auch schon zahlreiche Straftaten begangen hat. Auch hat das Gericht nicht bedacht, dass der Angeklagte seit seiner Haftverschonung im März 2014 mit der Weisung belegt war, eine elektronische Fußfessel zu tragen, und er im Rahmen dessen seine Wohnung nur stundenweise verlassen konnte, weshalb dem Umstand, dass er in dieser Zeit - neben Subutex - weder Betäubungsmittel konsumiert noch mit ihnen gehandelt hat, möglicherweise nur eingeschränkte Aussagekraft zukommen kann.
10
Im Übrigen hätte sich das Landgericht zunächst damit auseinander setzen müssen, im Hinblick auf welche "berauschenden Mittel" ein Hang des Angeklagten besteht und welches Ausmaß diesem Hang zukommt, da beide Umstände in die Gefahrenprognose einzustellen gewesen wären. Daher durfte es das Landgericht nicht offen lassen, ob bei dem Angeklagten überhaupt ein Hang vorliegt. Insofern hat das Gericht bereits verkannt, dass nicht nur das vom Angeklagten zunächst konsumierte Heroin, sondern auch das später konsumierte Subutex ein berauschendes Mittel im Sinne des § 64 StGB ist (vgl. zu Methadon, Senat, Beschluss vom 27. Juni 2001 - 2 StR 204/01, Beschluss vom 5. Juli 2000 - 2 StR 87/00, NStZ-RR 2001, 12; BGH, Beschluss vom 18. Februar 1998 - 1 StR 17/98, NStZ 1998, 414).
11
2. Die Frage der Maßregelanordnung bedarf daher - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neuer Verhandlung und Entscheidung. Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich nicht, dass eine stationäre Therapie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 64 S. 2 StGB).
12
Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, da auszuschließen ist, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte.
13
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung gemäß § 358 Abs. 2 StPO nicht. Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen. Appl Krehl RiBGH Dr. Eschelbach ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Appl Ott Bartel

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Strafprozeßordnung - StPO | § 246a Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung


(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Ange

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 204/01
vom
27. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 27. Juni 2001 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 18. Dezember 2000 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat die Angeklagten des gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünfzehn Fällen schuldig gesprochen. Den Angeklagten W. hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und den Angeklagten M. z u einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die sichergestellten Betäubungsmittel, die Konsum- und Verpakkungsutensilien , die Waagen, das Toshiba-Notebook, die Mobiltelefone und die Handy-Karten wurden eingezogen. Das sichergestellte Bargeld in Höhe von
DM 650 und DM 2.950, der sichergestellte Schmuck sowie das Piaggio Kleinkraftrad , Typ C 01 (FW ZAPC 01 000000 28226) wurden für verfallen erklärt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie sich gegen den Rechtsfolgenausspruch richten. Im übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

II.

1. Aufzuheben ist das Urteil, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die Strafkammer hat es unterlassen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB erfüllt sind. Das hätte geschehen müssen, weil die getroffenen Feststellungen hierzu drängten. Danach konsumierte der Angeklagte W. s eit ca. Mitte 1999 erneut Heroin, nachdem er zuvor von Ende 1995 an pausiert hatte. Das letzte halbe Jahr vor seiner Festnahme, das heißt, zur Tatzeit von Mitte Januar 2000 bis 22.3.2000, konsumierte er kein Heroin mehr, nahm jedoch aufgrund ärztlicher Verordnung Methadon zu sich. Das Landgericht geht - ohne Anhörung eines Sachverständigen - davon aus, daß der Angeklagte W. aufgrund seines Methadonkonsums im Tatzeitraum an einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung sowie einer erheblichen Verminderung seiner "Einsichtsfähigkeit" (gemeint ist offensichtlich hier - wie auch im Fall M. - die Steuerungsfähigkeit) litt, und kommt daher zu einer Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB hinsichtlich der Einzelstrafen.
Nach den Urteilsfeststellungen ist der Angeklagte M. s eit Mai 1999 heroinabhängig. Von den alle vier Tage erfolgten Heroinlieferungen zweigte er jeweils 2 Gramm mit einem Heroinhydrochloridgehalt von 24 % zum Eigenkonsum ab. Die nicht sachverständig beratene Kammer gelangt zu der Auffassung, daß der Angeklagte M. aufgrund seines Heroinkonsums im Tatzeitraum an einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung und einer erheblichen Verminderung seiner "Einsichtsfähigkeit" litt, was auch bei ihm zu einer Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB hinsichtlich der Einzelstrafen führte. Diese Feststellungen legen bei beiden Angeklagten einen Hang zu übermäßigem Rauschmittelkonsum nahe (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 1). Nicht nur das vom Angeklagten W. z unächst konsumierte Heroin, sondern auch das zur Tatzeit konsumierte Methadon ist ein berauschendes Mittel im Sinne des § 64 StGB (vgl. BGH, Beschl. vom 5. Juli 2000 - 2 StR 87/00 - m.w.N.; BGH NStZ 98, 414). Wenn die Strafkammer weiter feststellt, aufgrund des Rauschmittelkonsums habe im Tatzeitraum eine erheblich verminderte "Einsichtsfähigkeit" vorgelegen, so liegt es auch nahe, daß die Taten auf den Hang zurückgehen. Angesichts dieser Umstände hätte der Tatrichter prüfen und entscheiden müssen, ob bei den Angeklagten die Gefahr besteht, daß sie auch in Zukunft infolge des bei ihnen offenbar vorhandenen Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen werden. Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Maßregel gegeben sind (vgl. BGHSt 37, 5, 6; BGHR StGB § 64 Anordnung 1). Daß keine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges besteht, ist nicht ersichtlich. 2. Die Strafaussprüche zu den Gesamt- und Einzelstrafen können nicht bestehen bleiben.
Die unterbliebene Prüfung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird der neue Tatrichter unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) nachzuholen haben. Es ist nicht auszuschließen, daß die zu § 21 StGB getroffenen Feststellungen davon beeinflußt werden. Die gesetzlich gebotene Vernehmung eines Sachverständigen über den Zustand der Angeklagten kann insoweit doppelt relevante Tatsachen ergeben und auf die Bewertung der verminderten Schuldfähigkeit Auswirkungen haben. Der Senat hebt daher den gesamten Strafausspruch auf, damit die Rechtsfolgenentscheidung insgesamt auf einheitliche und widerspruchsfreie Feststellungen gestützt werden kann. 3. Die Anordnung von Einziehung und Verfall hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, warum die sichergestellten Gegenstände der Einziehung bzw. dem Verfall unterliegen. Der Tatrichter beschränkt sich insoweit auf eine strafmildernde Berücksichtigung von Verfall und Einziehung bestimmter, dem jeweiligen Angeklagten zugeordneter Gegenstände im Rahmen der Strafzumessung (§ 46 StGB). Die Einziehungsanordnung kann Einfluß auf die zu bemessende Strafe haben (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 6, 12 und 16), die Anordnung von Verfall dagegen nicht (vgl. BGHR StGB § 73 d Strafzumessung 1). Die Voraussetzungen für die Verhängung der Maßnahmen sind für das Revisionsgericht nicht überprüfbar. Bode Detter Otten Fischer Elf

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.