Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Aug. 2017 - 2 StR 257/17

bei uns veröffentlicht am03.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 257/17
vom
3. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:030817B2STR257.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. August 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8. Februar 2017 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung und in einem Fall in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge des Angeklagten hat im Schuld- und Strafausspruch keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
3
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn u.a. zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht. Der Defektzustand muss, um die notwendige Gefährlichkeitsprognose tragen zu können, von längerer Dauer sein. Der Tatrichter hat die der Unterbringungsanordnung zugrunde liegenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 - 1 StR 594/16, NStZ-RR 2017, 76; vom 12. Oktober 2016 - 4 StR 78/16, NStZ-RR 2017, 74, 75; Senat, Beschluss vom 17. Februar 2016 - 2 StR 545/15, StV 2016, 720, 722, jeweils mwN).
5
b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Vorliegen eines länger andauernden Zustands im Sinne des § 63 StGB beim Angeklagten ist nicht ausreichend belegt.
6
Das sachverständig beratene Landgericht ist davon ausgegangen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei den Taten infolge einer Kombination aus einer nicht behebbaren Intelligenzminderung, einer Abhängigkeit von Cannabis und Amphetamin, einem schädlichen Alkoholgebrauch und einer Persönlichkeit mit emotional-instabilen, selbstunsicheren und dependenten Zügen erheblich vermindert gewesen sei. Nach den Ausführungen des Landgerichts haben Intelligenzminderung und Persönlichkeitsstruktur nicht alleine, sondern nur im Zusammenwirken mit dem Substanzmissbrauch zur Annahme des § 21 StGB geführt.
7
Ein die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus rechtfertigender Zustand liegt im Fall einer Kombination aus Intelligenzminderung, Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum indes regelmäßig erst vor, wenn der Täter an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder eine länger andauernde geistig-seelische Störung hat, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit auslösen können und dies getan haben (vgl. Senat, Beschluss vom 1. April 2014 - 2 StR 602/13, NStZ-RR 2014, 207; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - 3 StR 376/09, NStZ-RR 2010, 42; Senat, Urteil vom 17. Februar 1999 - 2 StR 483/99, BGHSt 44, 369, 373 f.). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
8
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 29. Juni 2017 u.a. Folgendes ausgeführt: „Eine krankhafte Alkoholabhängigkeit des Angeklagten hat die Strafkammer nicht festgestellt. Die hier festgestellte ‚zumindest psychische Drogenabhängigkeit‘ des Angeklagten (UA S. 26) genügt nicht, den länger andauernden Zustand im Sinne des § 63 StGB zu begründen, da der Angeklagte nicht in Alltagssituationen, sondern nach den Feststellungen im Wesentlichen in ihn überfordernden Situationen zu Substanzmissbrauch neigt (UA S. 34). […] Die Feststellungen belegen aber auch nicht hinreichend eine länger dauernde geistig-seelische Störung des Angeklagten, bei der bereits alltägliche Ereignisse die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit auslösen können. Die festgestellte ‚Desaktualisierungsschwäche‘ des Angeklagten, die dazu führt, dass er sich ihm aufdrängende Handlungsimpulse nur eingeschränkt zu unterdrücken vermag (UA S. 27), zeigt sich zwar nicht nur in Belastungs- sondern auch in Alltagssituationen (UA S. 34). Aber nach den Feststellungen führt sie nur in Verbindung mit Alkohol oder Drogenkonsum dazu, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert ist (UA S. 24). Es bedarf bestimmter Außenreize und der enthemmenden Wirkung von Alkohol oder Amphetamin (UA S. 34). Nach den Urteilsgründen ist der Substanzmissbrauch ein wesentlicher, die Grundbefindlichkeit des Angeklagten verstärkender konstellativer Faktor (UA S. 34). Nach den Feststellungen neigt der Angeklagte in ihn überfordernden Situationen zu Substanzmissbrauch. Führt aber die Persönlichkeitsstörung erst in Kombination mit einer zusätzlichen Belastungssituation und hierauf folgenden Alkohol- oder Drogenkonsums zu einer zusätzlichen Enthemmung, so ist ein dauerhaft bestehender, den Täter beeinträchtigender psychischer Zustand damit nicht ausreichend belegt […].“
9
Dem tritt der Senat bei.
10
c) Da sich nicht ausschließen lässt, dass sich noch weitere Feststellungen treffen lassen, ist die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Appl Eschelbach Zeng Bartel Schmidt

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 78/16
vom
12. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:121016B4STR78.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 12. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 15. Oktober 2015 mit den zugehörigen Feststellungen – ausgenommen die Feststellungen zu den Tatgeschehen, die aufrecht erhalten bleiben – aufgehoben,
a) soweit die Angeklagte in den Fällen A.II.2. (2), (4) bis (7) der Urteilsgründe freigesprochen worden ist, sowie
b) im Maßregelausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung , unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu der Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 60 € verurteilt und sie im Übrigen freigesprochen. Ferner hat es die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die auf die Maßregelanordnung beschränkte Revision der Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat ganz überwiegend Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen leidet die Angeklagte spätestens ab Sommer 2000 an einer paranoiden Schizophrenie, die in der Folgezeit gut medikamentös eingestellt war. Nachdem sich im Sommer 2013 ihr langjähriger Lebensgefährte von ihr getrennt hatte und sie gegen Ende des Jahres gegen ihren Willen als Lehrerin in den Ruhestand versetzt worden war, vernachlässigte die Angeklagte zunehmend ihre Lebensführung und isolierte sich.
3
Am 23. Dezember 2013 befuhr die Angeklagte nach vorangegangenem Alkoholgenuss mit ihrem Pkw die Straße vor ihrem Wohnanwesen. Infolge der für sie erkennbaren alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit (Blutalkoholkonzentration 0,46 ‰) missachtete sie an einer Kreuzung die Vorfahrt eines anderen Pkws und stieß mit diesem zusammen, wodurch ein Fremdschaden in Höhe von 7.082,62 € entstand. Als der Unfallgegner trotz des Schuldeingeständnisses der Angeklagten dazu ansetzte, die Polizei zu verständigen, entschloss sich die Angeklagte, den Unfallort zu verlassen. Nachdem sie auf Nachfrage ihre Wohnanschrift, nicht aber ihren Namen genannt hatte, fuhr sie unter dem Vorwand , ihr Auto aus dem Weg räumen zu wollen, mit ihrem stark beschädigten Pkw von der Unfallstelle zu ihrem ca. 50 m entfernten Wohnhaus, wobei sie sich aufgrund des vorangegangen Unfalls ihrer Fahruntüchtigkeit nunmehr be- wusst war. Gegenüber einem sie wenig später in der Wohnung aufsuchenden Polizeibeamten trat sie aufgebracht und cholerisch auf (A.II.2. (1) der Urteilsgründe ). Obwohl ihr Führerschein im Anschluss an den Unfall sichergestellt worden war, befuhr die Angeklagte am 3. Januar 2014 mit einem Mietwagen eine öffentliche Straße in K. (A.II.2. (3) der Urteilsgründe).
4
In zwei Telefonaten am 27. Dezember 2013 und 17. Januar 2014 be- schimpfte die Angeklagte ihren Schulleiter als „Arschloch“ bzw. „Mörder“ (A.II.2. (2) und (4) der Urteilsgründe). Als ihr am 28. März 2014 von einer Mitarbeiterin des Straßenverkehrsamts die Zulassung eines Pkws verwehrt wurde, äußerte sie aus Verärgerung in aggressivem Ton gegenüber der Mitarbeiterin: „Ihr seid doch bescheuert“ (A.II.2. (5) der Urteilsgründe).
5
Nachdem die Angeklagte weiterhin vergeblich versucht hatte, an ein Fahrzeug zu gelangen, beabsichtigte sie am 8. April 2014, bei ihrem Bruder ein Fahrzeug zu entwenden. Zu diesem Zweck ließ sie sich zu dem Haus ihres Bruders fahren und klingelte dort. Als die Haushaltshilfe die Haustür öffnete, stürmte die Angeklagte hinein und ergriff den in der Küche liegenden Fahrzeugschlüssel und die Geldbörse der Ehefrau ihres Bruders, um diese für sich zu verwenden. Anschließend wollte sie das Haus wieder verlassen, wobei es der Haushaltshilfe gelang, ihr die Geldbörse aus der Hand zu schlagen. Als sie von der Ehefrau und dem Sohn ihres Bruders, die ihr den in der Hand gehaltenen Fahrzeugschlüssel wieder abnehmen wollten, festgehalten wurde, widersetzte sich die Angeklagte, indem sie unter erheblicher Kraftentfaltung durch nicht gegen eine Person gerichtetes Umsichschlagen, Sperren und Windenversuchte sich loszureißen, um sich den Besitz des Fahrzeugschlüssels zu erhalten. Für Ehefrau und Sohn bedeutete dies einen erheblichen Kraftaufwand. Schließlich gelang es der Ehefrau, die Angeklagte zu Boden zu drücken, woraufhin der Sohn ihr den Schlüssel entreißen konnte (A.II.2. (6) der Urteilsgründe). Am 6. Juni 2014 wurde der Angeklagten in den Räumlichkeiten der Sparkasse K. wegen einer zwischenzeitlich eingerichteten Betreuung die Umbuchung von Geld für den Kauf eines Autos verwehrt, worüber sich die Angeklagte lautstark aufregte. Als eine Mitarbeiterin der Sparkasse sie beruhigen wollte, schlug die Angeklagte ihr unvermittelt mit der flachen Hand heftig auf die linke Gesichtshälfte , so dass deren Gesicht zurückschnellte. Die Geschädigte erlitt eine Rötung und Schwellung der linken Wange (A.II.2. (7) der Urteilsgründe).
6
Aufgrund der psychischen Erkrankung der Angeklagten war deren Fähigkeit , entsprechend der vorhandenen Unrechtseinsicht zu handeln, bei den Taten am 23. Dezember 2013 und 3. Januar 2014 (A.II.2. (1) und (3) der Urteilsgründe) erheblich gemindert. Bei den übrigen Taten (A.II.2. (2), (4) bis (7) der Urteilsgründe) war die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten sicher erheblich beeinträchtigt, nicht ausschließbar auch gänzlich aufgehoben.

II.


7
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Die Revision ist entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts gemäß § 344 Abs. 2 Satz 1 StPO formwirksam mit der Sachrüge begründet, weil den Ausführungen in der Begründungsschrift vom 14. Dezember 2015 mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass die Beschwerdeführerin den Maßregelausspruch in materiell-rechtlicher Hinsicht beanstandet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. August 1997 – 2 StR 386/97, NStZ-RR 1998, 18; vom 21. August 1991 – 3 StR 296/91, NStZ 1991, 597; vom 17. Januar 1992 – 3 StR 475/91, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 1 Revisionsbegründung 2). So macht die Revisionsbegründung eine unzureichende Darle- gung der Gefährlichkeitsprognose im Urteil und die Unverhältnismäßigkeit der Unterbringungsanordnung geltend.
8
2. Die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil der von der Strafkammer angenommene symptomatische Zusammenhang zwischen der psychotischen Erkrankung der Angeklagten und der von ihr begangenen Straftaten nicht tragfähig begründet ist.
9
a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht. Der Defektzustand muss, um eine Gefährlichkeitsprognose tragen zu können, von längerer Dauer sein. Daneben ist eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades erforderlich, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird (§ 63 Satz 1 StGB in der am 1. August 2016 in Kraft getretenen Neufassung durch das Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften vom 6. Juli 2016, BGBl. I 1610). Der Tatrichter hat die der Unterbringungsanordnung zugrunde liegenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2016 – 4 StR 210/16 Rn. 5; vom 15. Januar 2015 – 4 StR 419/14, NStZ 2015, 394, 395; vom 29. April 2014 – 3 StR 171/14, NStZ-RR 2014, 243, 244).
10
b) Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des angefochtenen Urteils zum Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen der psychotischen Erkrankung der Angeklagten und den festgestellten Taten nicht gerecht.
11
Die Diagnose einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis führt für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 2014 – 4 StR 171/14, NStZ-RR 2014, 305, 306; vom 23. August 2012 – 1 StR 389/12, NStZ 2013, 98; vom 24. April 2012 – 5 StR 150/12, NStZ-RR 2012, 239; vom 29. Mai 2012 – 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307). Feststellungen dazu, ob und in wel- cher Weise die paranoide Schizophrenie der Angeklagten Auswirkungen auf die Begehung der festgestellten Taten hatte, hat das Landgericht nicht getroffen. Die von der Strafkammer allein mitgeteilte Erwägung des Sachverständigen, wonach es für psychisch erkrankte Personen typisch sei, wütend zu werden, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, ist nicht geeignet, eine Beeinflussung der von der Angeklagten begangenen Taten durch deren psychotische Erkrankung tragfähig zu belegen. Soweit sich das Landgericht im Übrigen der gutachterlichen Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen angeschlossen hat, lässt das Urteil schließlich die gebotene, für ein Verständnis des Gutachtens und die Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderliche Wiedergabe der wesentlichen Anknüpfungspunkte und Darlegungen des Sachverständigen vermissen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 2014 – 4 StR 171/14 aaO; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 275/13, NStZ 2014, 36, 37).
12
c) Die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB kann daher nicht bestehen bleiben. Mit Blick auf die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO sind auch die Freisprüche der Angeklagten in den Fällen A.II.2. (2) und (4) bis (7) der Urteilsgründe aufzuheben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2014 – 3 StR 271/14, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 2 Freispruch 1; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 275/13 Rn. 18 insoweit in NStZ 2014, 36 nicht abgedruckt). In diesem Umfang ist die Beschränkung der Revision auf die Maßregelanordnung wegen des untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Entscheidung über die Unterbringung nach § 63 StGB und den auf § 20 StGB gestützten Freisprüchen unwirksam (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12, NStZ 2013, 424; vom 21. Mai 2013 – 2 StR 29/13, NStZ-RR 2014, 54).
13
Die zu den Tatgeschehen in objektiver und subjektiver Hinsicht getroffenen tatsächlichen Feststellungen beruhen auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung und können daher bestehen bleiben.
14
d) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zur Tat A.II.2. (6) der Urteilsgründe auf Folgendes hin:
15
Der räuberische Diebstahl gemäß § 252 StGB ist bereits mit dem auf Gewahrsamssicherung gerichteten Einsatz eines Nötigungsmittels vollendet, ohne dass es darauf ankommt, ob es dem Täter gelingt, sich den Besitz des gestohlenen Guts zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 1984 – 3 StR 203/84, StV 1985, 13; Sander in MK-StGB, 2. Aufl., § 252 Rn. 18). Bei der Entwendung von Geldbörse und Fahrzeugschlüssel handelt es sich um eine ein- heitliche Diebstahlstat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 487/15, NJW 2016, 2349, 2350 mwN), die wegen des Fehlens des nach § 247 StGB erforderlichen Strafantrags nicht verfolgt werden kann. Da zwischen dem räuberischen Diebstahl und dem vorangegangenen Diebstahl Gesetzeseinheit besteht (vgl. Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 252 Rn. 77) und eine Verfahrenseinstellung innerhalb einer materiell-rechtlichen Tat nicht in Betracht kommt (vgl. Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 260 Rn. 116 mwN), ist insoweit für eine Teileinstellung des Verfahrens kein Raum.
VRinBGH Sost-Scheible ist Cierniak Franke urlaubsbedingt an der Beifügung der Unterschrift gehindert. Cierniak Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 545/15
vom
17. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der besonders schweren räuberischen Erpressung
ECLI:DE:BGH:2016:170216B2STR545.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 2. September 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich seine auf die Sachrüge gestützte Revision, mit der er „eine angemessene Verurteilung wegen der Tat und Aufhebung der Einweisung in ein psychiatri- sches Krankenhaus“ erstrebt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der Angeklagte an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Nach der Zwangsversteigerung und Räumung seines Elternhauses zog er sich zurück und lebte in ei- nem Zelt in den Dünen am Strand zwischen K. und T. . Er verfügte weder über Geld noch über Lebensmittel und hatte zwei Tage lang nichts gegessen, als er am 16. April 2015 beschloss, die Urlauberinnen H. und S. , die am Strand spazieren gingen, mit Gewalt zur Herausgabe von Bargeld zu zwingen. Er ergriff einen Ast und näherte sich den beiden Frauen von hinten. Um ihren Widerstand von vornherein auszuschalten, schlug er den beiden Frauen nacheinander mit dem Ast auf den Kopf, sodass sie zu Boden gingen. Dabei rief er „Geld, Portemonnaie, Handy her!“ Nacheinem vergeblichen Versuch den Angeklagten zu vertreiben, händigte die Geschädigte S. ihm ihr Portemonnaie und ihr Mobiltelefon aus. Der Angeklagte stellte fest, dass sich zehn Euro in dem Portemonnaie befanden, nahm diese Beute mit und warf das Mobiltelefon in die Ostsee. Von dem Geld kaufte er sich Nahrungsmittel.
3
Das sachverständig beratene Landgericht hat angenommen, dass die Handlung den Tatbestand der besonders schweren räuberischen Erpressung erfülle. Jedoch habe der Angeklagte ohne Schuld gehandelt. Bei ihm liege eine „kontinuierliche Schizophrenie“ vor, die in einem Wahnsystem mit Verfolgungs- erlebnissen zum Ausdruck komme. Der Angeklagte wirke teilweise zerfahren, zeige einen hohen Redefluss und Empathieverlust. Er besitze keine Krankheitseinsicht. Seine Wahrnehmung der Realität sei verzerrt. Zur Tatzeit habe er aus seiner Sicht nur die Wahl gehabt zu verhungern oder die Tat zu begehen. Er sei nicht zu einer realistischen Einschätzung seiner Situation in der Lage gewesen. In der Hauptverhandlung sei er nicht in der Lage gewesen, sich mit seiner Tat auseinanderzusetzen. Er habe erklärt, er könne die Geschädigten nicht als Opfer „annehmen“.
4
Die Strafkammer ist dem Sachverständigen darin gefolgt, dass bei Gewaltdelikten generell bereits eine über 50 % liegende Wiederholungsgefahr be- stehe; dieses sei im Fall der Schizophrenie „siebenfach erhöht“. Es sei negativ zu bewerten, dass der Angeklagte über keinerlei soziale Bindungen mehr verfüge. Er akzeptiere keine Unterstützung durch einen Betreuer. Nachteilig wirke sich der Empathieverlust aus. Aufgrund seines Wahnsystems könne es jederzeit zu Situationen kommen, in denen er sich zur Anwendung von Gewalt als Mittel zur eigenen Rettung entschließen werde.

II.

5
Die Revision des Angeklagten ist begründet. Das Landgericht hat die Voraussetzungen für die Annahme der Schuldunfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit und die Erforderlichkeit seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht rechtsfehlerfrei dargelegt.
6
1. a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie setzt zunächst voraus, dass zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. Hierfür muss vom Tatrichter im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte, einem Merkmal von §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der konkreten Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstat auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 265/15, NStZ-RR 2016, 76 mwN).
7
Schließt sich der Tatrichter bei der Frage der Schuldfähigkeit der Beurteilung des Sachverständigen an, muss er dessen wesentliche Anknüpfungspunk- te und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist. Dies gilt auch in Fällen einer Psychose aus dem Formenkreis der Schizophrenie; denn die Diagnose einer solchen Erkrankung führt für sich genommen noch nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr die Feststellung eines akuten Schubs der Erkrankung sowie die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 - 4 StR 171/14, NStZRR 2014, 305, 306).
8
b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
9
Das Landgericht ist offenbar davon ausgegangen, dass der Angeklagte zur Tatzeit ohne Einsicht in das Unrecht seiner Tat gehandelt hat. Dies hat es darauf gestützt, dass der Angeklagte aus seiner Sicht ausschließlich die Wahl zwischen den Alternativen des Verhungerns oder des Überfalls auf die Urlauberinnen gehabt habe. Deshalb habe er seine Handlung als gerechtfertigt angesehen. Der Sache nach hat das Landgericht die Tatsache, dass der Angeklagte es nicht in Betracht gezogen hat, sich an seinen Betreuer oder an die Sozialbehörden zu wenden, als Hinweis auf fehlende Unrechtseinsicht gewertet. Damit hat es eine verkürzte Betrachtung zu Grunde gelegt.
10
Die allgemein festgestellte Wahnvorstellung des Angeklagten, dass er Opfer einer Verschwörung geworden sei, „an der die P. AG maßgeblich beteiligt war“ und die zur Zwangsversteigerung und Räumung seines Eltern- hauses geführt hatte, hat sich nicht auf die Geschädigten seiner Tat bezogen.
Der Entschluss des Angeklagten in der konkreten Tatsituation am Strand einen Überfall zu begehen, um Geld zu erlangen, das er wegen seines Hungers für die Beschaffung von Nahrungsmitteln verwenden wollte, erscheint rational nachvollziehbar. Inwieweit die Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sich auf die Unrechtseinsicht oder das Hemmungsvermögen des Angeklagten ausgewirkt hat, wurde vom Landgericht nicht geprüft. Seine Annahme, dass es sich bei der Erkrankung des Angeklagten um eine „kontinuierliche Schizophrenie“ handele und nicht – wie es sonst bei paranoiden Psychosen aus dem schi- zophrenen Formenkreis regelmäßig der Fall ist – um eine schubweise auftretende Erkrankung, ist nicht durch Tatsachen belegt.
11
Möglicherweise hat sich der Angeklagte zur Tatzeit nicht in einer Phase eines akuten Schubs der paranoiden Psychose befunden, der in der Regel zum Ausschluss der Unrechtseinsicht führt (vgl. Kröber/Lau in Kröber/Dölling/ Leygraf/Sass, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, 2010, S. 312, 327 ff.). In subakuten Zuständen wird man dagegen allenfalls eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit belegen können (vgl. Müller-Isberner/ Eusterschulte in Venzlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung , 6. Aufl., S. 227, 236).
12
2. a) Voraussetzung der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist weiter eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustandes zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, die schwerwiegende Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen. Die erforderliche Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens sowie der von ihm begangenen Anlasstat zu treffen. Das Tatgericht ist dabei auch verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise in den Urteilsgründen darzustellen (BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 372/14).
13
b) Diesem Maßstab werden die Erwägungen des Landgerichts bisher ebenfalls nicht gerecht.
14
Die Behauptungen der vom Landgericht gehörten Sachverständigen, bei Gewaltdelikten bestehe grundsätzlich bereits eine über 50 % liegende Wiederholungsgefahr und diese sei bei der Schizophrenie siebenfach erhöht (vgl. Kröber/Lau in Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der Forensischen Psychiatrie , Bd. 2, 2010, S. 312, 314 ff.), werden nicht erläutert. Statistische Werte sind bei der individuellen Gefahrenprognose im Rahmen der Maßregelprüfung auch allenfalls am Rande von Bedeutung. Der Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Gewalt ist zudem empirisch umstritten (krit. Schanda in Lammel/ Sutarski/Lau/Bauer, Wahn und Schizophrenie, S. 67 ff.). Maßgeblich ist stattdessen die konkrete Krankheits- und Kriminalitätsentwicklung. Der Angeklagte ist „bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten“. Seine Krankheitsge- schichte ist vom Landgericht nur insoweit dargestellt worden, als sein – vergleichsweise kurzer – Aufenthalt in einem Krankenhaus und die Anordnung der Betreuung im Urteil erwähnt sind. Es fehlen Angaben dazu, wann die Krankheit erstmals aufgefallen ist, welche Symptome sie im Einzelnen gezeigt hat und wie sich die Symptomatik im Verlauf der Zeit entwickelt hat. Situative Risikofaktoren sind bei der Prognosebeurteilung ebenfalls zu berücksichtigen (Kröber/Lau aaO S. 312, 325 f.). Insoweit ist die Prognose des Landgerichts, es könne wegen der „kontinuierlichen Schizophrenie“ jederzeit zu Situationen kommen, in denen der Angeklagte die Anwendung von Gewalt als letztes Mittel zur eigenen Rettung ansehe, nicht ausreichend belegt. Fischer Appl Eschelbach Zeng Bartel

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 6 0 2 / 1 3
vom
1. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. April 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 2. August 2013
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Vergewaltigung und Freiheitsberaubung schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und jeweils in Tateinheit hierzu schwerer sexueller Nötigung und Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Berichtigung des Schuldspruchs und der Aufhebung der Maßregel; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Nebenklägerin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben der Nebenklägerin sowie dieser nahe stehender Personen zur Duldung einer dem Beischlaf ähnlichen Handlung - Eindringen mit dem Finger in die Scheide (BGH Urteil vom 28. Januar 2004 - 2 StR 351/03 - NStZ 2004, 440, 441) - genötigt, die diese besonders erniedrigte. Da somit das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB erfüllt war, war die Tat im Urteilstenor nicht als "schwere sexuelle Nötigung", sondern als "Vergewaltigung" zu bezeichnen (siehe nur BGH Beschluss vom 11. Oktober 2012 - 2 StR 161/12).
4
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) unterliegt der Aufhebung. Die Maßregel setzt u.a. die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Zustands voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sicher begründet (vgl. nur BGHSt 42, 385). Das Vorliegen eines solchen länger andauernden Zustands ist hier nicht belegt.
5
Die Kammer begründet ihn damit, dass der Angeklagte eine rechtswidrige Tat im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit begangen habe. Nach den Feststellungen war bei der Tat infolge einer Kombination aus Minderbegabung, kombinierter Persönlichkeitsstörung und erheblichem Alkoholkonsum die Steue- rungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert. Diese Ausführungen legen es - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - nahe, dass Minderbegabung und Persönlichkeitsstörung nicht alleine, sondern nur im Zusammentreffen mit der vorübergehenden Alkoholisierung zur Annahme des § 21 StGB geführt haben. Ist die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit aber auf ein Zusammenwirken zwischen Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum zurückzuführen, kann ein die Unterbringung nach § 63 StGB rechtfertigender Zustand nur angenommen werden, wenn der Angeklagte an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder an einer länger andauernden geistigen-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (siehe nur BGHSt 44, 369, 374 ff.; BGH NStZ-RR 2010, 170). Hierzu enthält das angefochtene Urteil jedoch keine Ausführungen; entsprechende Feststellungen in der neuen Hauptverhandlung erscheinen allerdings möglich.
6
Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat schließt mit Rücksicht auf das in den Feststellungen zum Ausdruck kommende Tatbild sowie die darauf Bezug nehmenden Ausführungen zur Strafzumessung aus, dass das Landgericht eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte, wenn die Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus unterblieben wäre. Fischer Appl Schmitt RiBGH Dr. Ott ist aus Krehl tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 376/09
vom
6. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. Oktober
2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 11. Mai 2009 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schwerer Brandstiftung und wegen Diebstahls in vier Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge im Rechtsfolgenausspruch Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. Nach den Feststellungen zur schweren Brandstiftung trank der Angeklagte am Tattag ab etwa 18.00 Uhr 12 bis 13 Flaschen Bier. Gegen 23.30 Uhr betrat er die in einem Mehrfamilienhaus gelegene Dachwohnung seiner früheren Freundin Nadine K. , zündete an der Garderobe und am Schlafzimmerschrank hängende Kleidungsstücke an und verließ die Wohnung. Dabei hielt er es für möglich und nahm es billigend in Kauf, dass das Feuer das Haus erfassen werde. Das Haus geriet in Brand und die Wohnungen wurden unbewohnbar. Es entstand ein Schaden in Höhe von 139.000 €.
3
II. Der gesamte Strafausspruch hat keinen Bestand.
4
1. Die sachverständig beratene Jugendkammer hat bei der schweren Brandstiftung eine verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) des Angeklagten bejaht und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Der Angeklagte leide an einer schweren Borderline-Persönlichkeitsstörung impulsiven Typs bei durchgängig bestehender Störung der Impulskontrolle. Da seine Affektregulation deutlich herabgesetzt sei, äußerten sich Wutausbrüche in Körperverletzungen, Sachbeschädigungen , Autoaggressionen und in Brandstiftungen. Zerstörerische Taten zum Nachteil von Personen, mit denen er eine Beziehung gehabt habe, hätten Symptomcharakter für die Persönlichkeitsstörung. Bei dieser handele es sich nach ihrem Gewicht um eine schwere andere seelische Abartigkeit, weil durch sie das Selbstwertgefühl, die Beziehungsgestaltung, die Affektregulation und damit insgesamt die Lebensführung des Angeklagten in erheblichem Maße beeinträchtigt seien. Infolge der Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit der Alkoholisierung sei von einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit auszugehen.
5
Das Landgericht hat auf die verfahrensgegenständlichen Taten, die der Angeklagte zum Teil als Heranwachsender beging, gemäß § 32 JGG Erwach- senenstrafrecht angewendet. Es hat einen minder schweren Fall der schweren Brandstiftung verneint, den Strafrahmen des § 306 a Abs. 1 StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert und eine Einzelstrafe von zwei Jahren und drei Monaten festgesetzt. Aus dieser Strafe sowie den Einzelstrafen für die jeweils zwei Fälle des vollendeten und des versuchten Diebstahls von einmal fünf, zweimal drei und einmal zwei Monaten Freiheitsstrafe hat es dann eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gebildet.
6
2. Gegen die Begründung, mit der die Jugendkammer einen minder schweren Fall der schweren Brandstiftung abgelehnt hat, bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.
7
Sie hat nicht erkennbar geprüft, ob wegen der zu Gunsten des Angeklagten angeführten Strafzumessungserwägungen und der verminderten Steuerungsfähigkeit infolge der Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit der Alkoholisierung ein minder schwerer Fall der schweren Brandstiftung bejaht werden kann (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 86; § 50 Rdn. 4). Die Jugendkammer hat lediglich darauf abgestellt, dass die Alkoholisierung nicht ohne weiteres die Annahme eines minder schweren Falles rechtfertigt, und zwar selbst dann nicht, wenn infolge der Alkoholisierung die Voraussetzungen des § 21 StGB vorliegen sollten (UA S. 27). Damit hat sie weder die Persönlichkeitsstörung des Angeklagten noch den vertypten Milderungsgrund des § 21 StGB, den sie wegen der Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit dem Alkoholkonsum als gegeben angenommen hat, in ihre Abwägung einbezogen.
8
Weiterhin hat die Jugendkammer bei der Ablehnung des minder schweren Falles und der konkreten Strafzumessung rechtsfehlerhaft zu Lasten des Angeklagten gewertet, die Brandstiftung aus Wut darüber, dass sich die Geschädigte K. einem anderen Mann zugewandt habe, stelle sich als Aus- druck eines krassen, nicht mehr nachvollziehbaren Besitzdenkens und damit eines besonders verachtenswerten Motivs dar. Diese Formulierung lässt besorgen , dass das Landgericht dem Angeklagten diese Tatmotivation uneingeschränkt vorgeworfen hat, obwohl sie ihre Ursache in der festgestellten Persönlichkeitsstörung hat (vgl. BGHR StGB § 21 Strafzumessung 5; Fischer aaO § 46 Rdn. 28).
9
Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass sich die dargestellten Rechtsfehler bei der Bemessung der für die schwere Brandstiftung verhängten Einzelstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
10
3. Die Aufhebung der wegen der schweren Brandstiftung verhängten Einzelstrafe führt zum Wegfall der Gesamtfreiheitsstrafe. Der Senat hat auch die Einzelstrafen für die jeweils zwei Fälle des Diebstahls und des versuchten Diebstahls aufgehoben, um dem neuen Tatrichter eine in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen, zumal dieser wiederum zu prüfen haben wird, ob auf alle Taten Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Außerdem kann bei der Anwendung von Jugendstrafrecht unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 JGG von einer Jugendstrafe abgesehen werden.
11
III. Die angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) kann ebenfalls nicht bestehen bleiben.
12
Diese Maßregel setzt die positive Feststellung eines länger andauernden , nicht nur vorübergehenden Zustands voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sicher begründet (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 22, 26 f.; 42, 385 f.). Sie bedarf einer besonders sorgfältigen Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maßnahme darstellt.
13
Das Vorliegen eines länger andauernden Zustandes im Sinne des § 63 StGB beim Angeklagten ist nicht belegt. Vielmehr ist zu besorgen, dass die Jugendkammer rechtsfehlerhaft den Zustand mit der erheblich verminderten Schuldfähigkeit gleichgesetzt hat (vgl. Fischer aaO § 63 Rdn. 6). Nach den Feststellungen war der Angeklagte bei der schweren Brandstiftung, die entscheidend für die Unterbringungsanordnung war, als Folge der Persönlichkeitsstörung in Kombination mit der Alkoholisierung, die regelmäßig nur vorübergehender Natur ist, in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert. Diese Ausführungen legen es nahe, dass die Persönlichkeitsstörung allein die verminderte Schuldfähigkeit nicht bewirkte. In einem Fall, in dem die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf das Zusammenwirken von Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum zurückzuführen ist, liegt ein die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus rechtfertigender Zustand nur vor, wenn der Täter an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist (vgl. BGHR StGB § 63 Zustand 9 und 30) oder eine länger andauernde geistig-seelische Störung hat, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (vgl. BGHSt 44, 369, 373 ff.). Dazu verhält sich das Urteil nicht.
14
IV. Wegen der dargestellten Rechtsfehler hebt der Senat den Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen zur Schuldfähigkeitsbeurteilung und zu den Voraussetzungen des § 63 StGB auf. Der Schuldspruch kann bestehen bleiben, weil eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten bei allen Taten sicher auszuschließen ist. Sollte der neue Tatrichter die Voraussetzungen des § 21 StGB auch aufgrund einer Alkoholisierung bejahen und wiederum feststellen , dass vom Angeklagten auch künftig erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, so wird er zu prüfen haben, ob dieser Gefahr schon durch die we- niger beschwerende Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) ausreichend begegnet werden kann (vgl. Fischer aaO § 72 Rdn. 5).
Becker Pfister von Lienen
Sost-Scheible Schäfer

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.