Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 50/18
2 AR 35/18
vom
28. März 2018
in der Gerichtsstandsbestimmungssache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Az.: 10 Ds 23 Js 7/13-30/13 Amtsgericht Marl
302 AR 3/18 Amtsgericht Nagold
56 AR 35/14 Amtsgericht Marburg
72 AR 23/16 BewH Amtsgericht Norderstedt
ECLI:DE:BGH:2018:280318B2ARS50.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 28. März 2018 beschlossen:
Für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung der mit dem Urteil des Amtsgerichts Marl vom 4. Juni 2013 - 10 Ds 23 Js 7/13-30/13 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe beziehen, ist das Amtsgericht Nagold zuständig.

Gründe:

1
Die Amtsgerichte Nagold (Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart), Marburg (Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main) und Norderstedt (Bezirk des Oberlandesgerichts Schleswig) streiten um die Zuständigkeit für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung der mit dem Urteil des Amtsgerichts Marl vom 4. Juni 2013 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe beziehen.

I.


2
1. Das Amtsgericht Marl verhängte mit Urteil vom 4. Juni 2013 gegen den Verurteilten wegen Diebstahls, versuchten Diebstahls und Erschleichens von Leistungen in sieben Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt und im weiteren Verlauf um ein Jahr verlängert. Nachdem das Amtsgericht Marl die Bewährungsaufsicht gemäß § 462a Abs. 2 StPO zunächst an das Amtsgericht Marburg abgegeben hatte, erklärte es mit Beschluss vom 4. November 2014 die Rückübernahme der Bewährungsaufsicht.
3
2. Mit Urteil vom 8. Dezember 2014 verhängte das Amtsgericht Marl gegen den Verurteilten wegen Diebstahls und Erschleichens von Leistungen in neun Fällen eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Die Tatzeitpunkte (31. Januar 2014 bis 3. April 2014) fielen in die vorbezeichnete Bewährungszeit. Nach erfolgreicher Beendigung einer stationären Entziehungstherapie im Zeitraum vom 15. Juni 2015 bis zum 14. Dezember 2015 und einer wegen dieser Therapie erfolgten Zurückstellung gemäß § 35 BtMG setzte das Amtsgericht Marl mit Beschluss vom 21. April 2016 die weitere Vollstreckung der mit dem Urteil vom 8. Dezember 2014 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 36 BtMG zur Bewährung aus. Die Dauer der Bewährungszeit in diesem Verfahren wurde bis zum 8. August 2018 bestimmt.
4
Mit Beschluss vom 15. August 2016 übertrug das Amtsgericht Marl die Bewährungsaufsicht in vorliegender Sache gemäß § 462a Abs. 2 StPO auf das Amtsgericht Norderstedt, wo der Verurteilte nach dem Abschluss der stationären Entziehung wohnte.
5
3. Am 14. Dezember 2016 verhängte das Amtsgericht Marburg gegen den Verurteilten wegen Erschleichens von Leistungen in neun Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Der Zeitpunkt der letzten dort abgeurteilten Tat ist der 12. August 2014. Die Dauer der Bewährungszeit wurde zunächst bis zum 13. Dezember 2020 festgesetzt.
6
Mit Beschluss des Amtsgerichts Marburg vom 8. Mai 2017 wurde aus den mit den Urteilen des Amtsgerichts Marl vom 8. Dezember 2014 und des Amtsgerichts Marburg vom 14. Dezember 2016 verhängten Strafen unter Auflösung der jeweils verhängten Gesamtstrafen eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit dauert bis zum 15. Juni 2021. Die Bewährungsaufsicht wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach Rechtskraft des Gesamtstrafenbeschlusses (16. Juni 2017) an das Amtsgericht Nagold gemäß § 462a Abs. 2 Satz 2 StPO abgegeben. Nach Auskunft der Bewährungshelferin befand sich der Verurteilte nach der Beendigung der stationären Entwöhnungstherapie in einer Adaption in E. (Amtsgerichtsbezirk Nagold); er beabsichtige zudem, sich eine Wohnung im süddeutschen Raum zu suchen, zumal er die Wohnung in N. zum 1. August 2017 gekündigt habe.
7
4. Mit Verfügung vom 21. August 2017 beantragte die Staatsanwaltschaft Essen beim Amtsgericht Norderstedt die Verlängerung der Bewährungszeit, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Marl vom 4. Juni 2013 bezieht, um ein Jahr und sechs Monate im Hinblick auf die Verurteilungen durch das Amtsgericht Recklinghausen vom 24. Februar 2014 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Tatzeitpunkt: 28. Januar 2014) und durch das Amtsgericht Marburg vom 14. Dezember 2016. Das Amtsgericht Norderstedt stellte mit Verfügung vom 26. September 2017 den Übergang der Bewährungsaufsicht auf das Amtsgericht Marburg fest und legte diesem das Bewährungsheft vor. Das Amtsgericht Marburg übersandte das eingegangene Bewährungsheft zunächst an die Staatsanwaltschaft Essen, die den Antrag auf Verlängerung der Bewährungszeit beim Amtsgericht Marburg wiederholte. Dieses wies mit Schreiben vom 27. Dezember 2017 auf die Abgabe der Bewährungsaufsicht an das Amtsgericht Nagold hin und teilte mit, dass eine Zuständigkeit für das vorliegende Verfahren nicht ersichtlich sei. Auf den daraufhin mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Essen vom 3. Januar 2018 beim Amtsgericht Nagold wiederholten Antrag auf Verlängerung der Bewährungszeit teilte dieses mit, dass die Bewährungsaufsicht im vorliegenden Verfahren nicht an das Amtsgericht Nagold abgegeben worden sei. Daraufhin wiederholte die Staatsanwaltschaft Essen mit Verfügung vom 17. Januar 2018 beim Amtsgericht Norderstedt den Antrag auf Verlängerung der Bewährungszeit.
8
Das Amtsgericht Norderstedt hat sich mit Beschluss vom 25. Januar 2018 für die Überwachung der Bewährung hinsichtlich der mit Urteil des Amtsgerichts Marl vom 4. Juni 2013 bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung für unzuständig erklärt und die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.


9
1. Als gemeinschaftliches oberes Gericht nach § 14 StPO ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen.
10
2. Zuständig für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung der mit dem Urteil des Amtsgerichts Marl vom 4. Juni 2013 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe beziehen, ist gemäß §§ 453, 462a Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO das Amtsgericht Nagold.

11
a) Die durch das Amtsgericht Marl mit Urteil vom 8. Dezember 2014 verhängte und mit Beschluss vom 21. April 2016 zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe hat durch den Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Marburg vom 8. Mai 2017 ihre Grundlage verloren, da sie in der neu gebildeten Gesamtstrafe aufgegangen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 3. April 2002 – 2 ARs 95/02, BGH bei Becker, NStZ-RR 2003, 97, 103 mwN; LöweRosenberg /Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 462a Rn. 75). Die Zuständigkeit für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung der mit dem Beschluss vom 8. Mai 2017 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe beziehen, oblag demnach zunächst dem Amtsgericht Marburg.
12
b) Mit der sodann durch das Amtsgericht Marburg erfolgten wirksamen Übertragung der Bewährungsaufsicht an das Wohnsitzgericht (§ 462a Abs. 2 Satz 2 StPO) wurde das Amtsgericht Nagold nicht nur zuständig für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung der mit dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Marburg vom 8. Mai 2017 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe beziehen, sondern auch für die übrigen der Konzentrationswirkung unterfallenden Verfahren (BGH, Beschluss vom 8. November 2000 – 2 ARs 299/00, BGHR StPO § 462a Abs. 4 Bewährungsaufsicht 2; Löwe-Rosenberg/Graalmann-Scheerer, aaO, § 462a Rn. 72 mwN), mithin auch für die Bewährungsaufsicht aus dem Urteil des Amtsgerichts Marl vom 4. Juni 2013.
13
c) Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 16. Februar 2018 u.a. sodann zutreffend ausgeführt: „Der Zuständigkeit des Amtsgerichts Nagold steht auch nicht ent- gegen, dass die Bewährungszeit zur Erlangung eines Straferlasses aus dem Urteil des Amtsgerichts Marl vom 4. Juni 2013 seit dem 4. Juni 2017 abgelaufen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 1998 – 2 ARs 188/98, NStZ 1998, 586). Die Zuständigkeit bestimmt sich erst bei einem bereits erfolgten Straferlass nicht (mehr) nach § 462a Abs. 4 StPO, sondern nach § 462a Abs. 2 Satz 1 StPO. Die in § 462a Abs. 4 StPO begründete Zuständigkeitskonzentration setzt voraus, dass bezüglich mehrerer Verurteilungen unterschiedlicher Gerichte Nachtragsentscheidungen nach §§ 453, 454, 454a oder 462 StPO zu treffen sind. Für diesen Fall besteht die Gefahr einer Entscheidungszersplitterung und divergierender Entscheidungen, der mit der Zuständigkeitskonzentration bei einem Gericht vorgebeugt werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Januar 1999 – 2 ARs 516/98, NStZ 1999, 215). Erst wenn Nachtragsentscheidungen im Sinne des § 462a Abs. 4 StPO nur (noch) bei einem Gericht anstehen, entfällt die sachliche Rechtfertigung für eine Zuständigkeitsbündelung (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 1992 – 2 ARs 485/92, BGHR StPO § 462a Abs. 4 Entscheidung 1). Die Gefahr divergierender Entscheidungen kann im vorliegenden Verfahren wegen der Möglichkeit vor dem Straferlass zu prüfender Nachverurteilungen, die den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung auch nach dem Ablauf der Bewährungszeit noch rechtfertigen können (§ 56g Abs. 2 StGB), nicht ausgeschlossen werden.
[…]
Die Entscheidung über die von der Staatsanwaltschaft Essen beantragte Verlängerung der Bewährungszeit und den zu prüfenden Straferlass obliegt daher dem Amtsgericht Nagold, auf das die Bewährungsaufsicht in dem Verfahren 59 Ds 3 Js 2518/15 (Bl. 221, 224 BewH) durch das Amtsgericht Marburg übertragen wurde, so dass ein Wechsel der Bewährungsaufsicht auch im vorliegenden Verfahren aufgrund der Zuständigkeitskonzentration eingetreten ist.“
Schäfer Appl Zeng Grube Schmidt

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(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Die Entscheidung über die Anrechnungsfähigkeit trifft das Gericht zugleich mit der Zustimmung nach § 35 Abs. 1. Sind durch die Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt oder ist eine Behandlung in der Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, so setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(2) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte einer anderen als der in Absatz 1 bezeichneten Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder des Strafrestes zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(3) Hat sich der Verurteilte nach der Tat einer Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so kann das Gericht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen, anordnen, daß die Zeit der Behandlung ganz oder zum Teil auf die Strafe angerechnet wird, wenn dies unter Berücksichtigung der Anforderungen, welche die Behandlung an den Verurteilten gestellt hat, angezeigt ist.

(4) Die §§ 56a bis 56g und 57 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft das Gericht des ersten Rechtszuges ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Vollstreckungsbehörde, der Verurteilte und die behandelnden Personen oder Einrichtungen sind zu hören. Gegen die Entscheidungen ist sofortige Beschwerde möglich. Für die Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 3 und nach Absatz 2 gilt § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung entsprechend; die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes erteilt das Gericht.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 95/02
2 AR 31/02
vom
3. April 2002
in der Bewährungssache
gegen
wegen Entziehung elektrischer Energie sowie Betrugs
Az.: 7 Ds 236/99 - 961 Js 83542/99 Amtsgericht Krefeld
Az.: 7 BRs 90/00 Amtsgericht Wernigerode
Az.: 22 AR 22/00 Amtsgericht Krefeld
Az.: ARs 3/02 Generalstaatsanwaltschaft Naumburg
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 3. April 2002 beschlossen:
Das Amtsgericht Wernigerode ist für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, zuständig.

Gründe:

Das Amtsgericht Wernigerode hat eine gegen den Verurteilten am 30. November 2000 verhängte Freiheitsstrafe von fünf Monaten zur Bewährung ausgesetzt und die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, dem Amtsgericht in Krefeld, in dessen Bezirk der Verurteilte damals seinen ständigen Wohnsitz hatte, einverständlich übertragen. Durch Beschluß vom 29. März 2001 hat das Amtsgericht Wernigerode dann aus den Einzelstrafen des Urteils vom 30. November 2000 sowie eines Strafbefehls des Amtsgerichts Krefeld vom 10. Juli 2000 eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten gebildet und diese zur Bewährung ausgesetzt, ohne weitere Entscheidungen hinsichtlich der Bewährungsüberwachung zu treffen. Die beiden Amtsgerichte streiten nunmehr über die Zuständigkeit für die weiteren nachträglichen Entscheidungen. Zuständig ist das Amtsgericht Wernigerode als Gericht des ersten Rechtszuges (§ 462 a Abs. 2 StPO).
Die vom Amtsgericht Krefeld durch Beschluß vom 10. Januar 2001 übernommene Bewährungsaufsicht hat durch den Gesamtstrafenbeschluß vom 29. März 2001 ihre Grundlage verloren, da die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe in der neu gebildeten Gesamtstrafe aufgegangen ist (vgl. BGH, Beschluß vom 5. August 1981 - 2 ARs 208/81 = GA 1982, 177, 178; NStZ 1997, 100, 101 m.w.N.). Die Zuständigkeit für die nachträglichen Entscheidungen richtet sich daher nach § 462 a Abs. 2 StPO, zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges, also das Amtsgericht Wernigerode. Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, daß der Verurteilte zwischenzeitlich eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt hat (vgl. Bericht des Bewährungshelfers vom 20. März 2001), da diese Maßnahme vor Erlaß des Gesamtstrafenbeschlusses erledigt war. Jähnke Detter Bode Otten Elf

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 299/00
2 AR 193/00
vom
8. November 2000
in der Bewährungssache
gegen
Az.: 132 c AR 26/00 Amtsgericht Hamburg
Az.: 4 AR 36/00 Amtsgericht Seesen
Az.: 212 BRs 44/99 Amtsgericht Hannover
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 8. November 2000 gemäß § 14 StPO beschlossen:
Für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen , die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, ist das Amtsgericht Hamburg zuständig.

Gründe:

1. Das Amtsgericht Hannover hat den Angeklagten am 3. August 1999 zu der Freiheitsstrafe von zwei Monaten mit Bewährung verurteilt. Am 6. April 2000 hat es die Bewährungsaufsicht an das Amtsgericht Hamburg übertragen, weil der Verurteilte nach dort verzogen war. Das Amtsgericht Seesen hat den Angeklagten am 9. Februar 2000 zu der Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, die das Berufungsgericht ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Hinblick auf die erneute Verurteilung gab das Amtsgericht Hamburg die Bewährungssache an das Amtsgericht Hannover zurück, da für die Bewährungsaufsicht nunmehr das Amtsgericht Seesen zuständig sei. Das Amtsgericht Hannover verweigerte die Rücknahme mit dem Hinweis, die Bewährungsaufsicht sei von Gesetzes wegen auf das Amtsgericht Seesen übergegangen (§ 462 a Abs. 4 StPO), ein Übertragungsbeschluß des Amtsgerichts Hannover sei daher nicht erforderlich. Das Amtsgericht Hamburg übersandte daraufhin die Akten wiederholt an das Amtsgericht Seesen, das sich jedoch am
23. August und 11. September 2000 "unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt" für zuständig hielt. In dem eigenen Verfahren hatte das Amtsgericht Seesen bereits am 26. Juli 2000 die Bewährungsaufsicht an das Amtsgericht Hamburg als Wohnsitzgericht des Verurteilten übertragen. Das Amtsgericht Hamburg hat nunmehr die Sache zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Bundesgerichtshof vorgelegt. 2. Zuständig für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen gemäß § 453 StPO ist das Amtsgericht Hamburg. Aufgrund des Konzentrationsprinzips wurde das Amtsgericht Seesen als "Stammgericht" auch für die Bewährungaufsicht für die vom Amtsgericht Hannover bewilligte Strafaussetzung zuständig, weil das Amtsgericht Seesen die höhere Strafe verhängt hat (§ 462 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO). Das Amtsgericht Seesen hat jedoch für die in seinem Verfahren bewilligte Strafaussetzung die Bewährungsaufsicht am 26. Juli 2000 an das Amtsgericht Hamburg als Wohnsitzgericht des Verurteilten übertragen (§ 462 a Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies hat zur Folge, daß dem Amtsgericht Hamburg auch die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen obliegen, die sich auf die Strafaussetzung beziehen, die für die Strafe des Amtsgerichts Hannover bewilligt wurde. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Zuständigkeitskonzentration beim Wohnsitzgericht - wie der Senat unter Bezugnahme auf Anträge des Generalbundesanwalts wiederholt entschieden hat - ohne weiteres von Gesetzes wegen eintritt (vgl. BGH NStZ 1994, 97; Beschl. v. 17. April 1996 - 2 ARs 80/96; NStZ-RR 2000, 83). Es mag durchaus Gründe von Gewicht für die Annahme geben, daß auch in den weiteren Verfahren der Zuständigkeitswechsel vom "Stammgericht", das die höchste Strafe verhängt hat, zum Wohnsitzgericht eine gesonderte Übertragungsentscheidung des "Stammgerichts" erfor-
dert. Dies bedarf hier jedoch keiner weiteren Erörterung, denn das Amtsgericht Seesen hat durch seine wiederholte Weigerung hinreichend deutlich gemacht, daß es die Bewährungsaufsicht auch für die vom Amtsgericht Hannover verhängte Strafe nicht selbst übernehmen, sondern dem Wohnsitzgericht in Hamburg überlassen wollte.
Jähnke Detter Bode Rothfuß Fischer

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Beschließt das Gericht die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe mindestens drei Monate vor dem Zeitpunkt der Entlassung, so verlängert sich die Bewährungszeit um die Zeit von der Rechtskraft der Aussetzungsentscheidung bis zur Entlassung.

(2) Das Gericht kann die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe bis zur Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht mehr verantwortet werden kann; § 454 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 57 Abs. 5 des Strafgesetzbuches bleibt unberührt.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Widerruft das Gericht die Strafaussetzung nicht, so erläßt es die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit. § 56f Abs. 3 Satz 1 ist anzuwenden.

(2) Das Gericht kann den Straferlaß widerrufen, wenn der Verurteilte wegen einer in der Bewährungszeit begangenen vorsätzlichen Straftat zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird. Der Widerruf ist nur innerhalb von einem Jahr nach Ablauf der Bewährungszeit und von sechs Monaten nach Rechtskraft der Verurteilung zulässig. § 56f Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 gilt entsprechend.