Bundesgerichtshof Beschluss, 07. März 2017 - 1 StR 629/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:070317B1STR629.16.0
bei uns veröffentlicht am07.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 629/16
vom
7. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:070317B1STR629.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. März 2017 beschlossen :
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 5. Juli 2016 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus steht nicht entgegen, dass bereits im Jahr 2011 die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus unter Aussetzung von deren Vollstreckung zur Bewährung angeordnet worden und zum Urteilszeitpunkt ein Verfahren über den Widerruf der Aussetzung zur Bewährung anhängig war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Frage, ob gegen einen Angeklagten oder Beschuldigten, gegen den bereits zuvor die Unterbringung angeordnet worden ist, eine erneute Unterbringungsanordnung getroffen werden kann, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Die Verhältnismäßigkeit ist jedenfalls dann gewahrt , wenn das neue Urteil erhebliche Auswirkungen auf Dauer und Ausgestaltung des Maßregelvollzugs haben kann und das Erkenntnisverfahren in
besserer Weise als das Vollstreckungsverfahren dazu geeignet ist, die neue Symptomtat sowie die sich darin widerspiegelnde Gefährlichkeit des Angeklagten bzw. Beschuldigten für alle an der Maßregelvollstreckung Beteiligten verbindlich festzustellen und damit Änderungen in der Ausgestaltung des Vollzugs oder die Anordnung von dessen Fortdauer zu legitimieren (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. Mai 2006 – 3 StR 111/06, BGHR StGB § 62 Verhältnismäßigkeit 6 mwN sowie Beschlüsse vom 9. April 2013 – 5 StR 58/13, StraFo 2013, 250 und vom 21. Juli 2010 – 5 StR 243/10, NStZ-RR 2011, 41; Urteil vom 17. September 2009 – 4 StR 325/09, RuP 2010, 57).
Auch im vorliegenden Fall ist die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Ob im Vollstreckungsverfahren ausreichende Feststellungen zur verfahrensgegenständlichen Symptomtat getroffen werden können, so dass hinsichtlich der im Jahr 2011 zur Bewährung ausgesetzten Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Bewährungswiderruf erfolgen kann, ist ungewiss. Dies gilt umso mehr, als die damalige Unterbringungsanordnung nach alter Rechtslage (§ 63 StGB aF) erging und allein auf Taten der Beleidigung und Bedrohung als Symptomtaten gestützt werden konnte. Vor diesem Hintergrund ist das vorliegende Erkenntnisverfahren besser dazu geeignet, die sich von den früheren Taten des Angeklagten erheblich unterscheidende neue
Symptomtat eines unter Einsatz gefährlicher Werkzeuge (Reizgas und Küchenmesser ) begangenen versuchten Tötungsdelikts und die sich darin widerspiegelnde Gefährlichkeit des Angeklagten für alle an der Maßregelvollstreckung Beteiligten verbindlich festzustellen.
Graf Jäger Bellay
Radtke Fischer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 62 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit


Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Apr. 2013 - 5 StR 58/13

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5 StR 58/13 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 9. April 2013 in der Strafsache gegen wegen räuberischen Diebstahls u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. April 2013 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.

5 StR 58/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischen Diebstahls u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. April 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 24. Oktober 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur umfassenden Aufhebung des Urteils.
2
1. Nach den Feststellungen entwendete der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung 38-jährige Angeklagte im Juli 2009 in einem Supermarkt in S. eine Flasche Alkohol, die er unter seiner Kleidung versteckte. Als er das Geschäft ohne Bezahlung der Flasche verließ, wurde er von der Kassiererin verfolgt und aufgefordert, die Flasche zu bezahlen. Ohne darauf zu erwidern, schlug der Angeklagte ihr mit der Faust ins Gesicht und entfernte sich unter Mitnahme der Flasche vom Tatort.
3
Das Landgericht ist – sachverständig beraten – zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem bereits seit September 1995 mit zwei kurzen Unterbrechungen im Maßregelvollzug nach § 63 StGB untergebrachten Angeklag- ten neben einer leichten Intelligenzminderung eine Alkoholabhängigkeit vorliegt , die bereits zu alkoholbedingten Persönlichkeits- und Verhaltensveränderungen geführt hat. Am Tattag war der Angeklagte aus dem geschlossenen Wohnbereich eines Heimes in W. entwichen und hatte sich nach S. begeben. Mit dem Sachverständigen geht das Landgericht davon aus, dass bei der Tat „die Beschaffung von Alkohol und der schnellst- mögliche Konsum sein vorderstes Begehren“ gewesen seien (UA S. 12). Es gelangt zu dem Schluss, dass zur Tatzeit seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen und er aufgrund der Kombination aus fortbestehender Alkoholabhängigkeit, der dadurch eingetretenen Veränderung seiner Persönlichkeit sowie seiner leichten intellektuellen Minderbegabung auch weiterhin gefährlich sei. Aus diesem Grund hat das Landgericht den Angeklagten erneut in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.
4
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts trägt bereits nicht die Annahme der Täterschaft des Angeklagten.
5
Das Urteil verhält sich nicht ausdrücklich dazu, aufgrund welcher Indizien sich das Landgericht von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt hat. Insoweit kommt in erster Linie sein Wiedererkennen durch die als Zeugin vernommene Geschädigte in Frage. Indes bleibt offen, unter welchen Umständen und in welcher Situation dieses Wiedererkennen erfolgt ist. Angesichts dessen ist es für den Senat nicht überprüfbar, ob der Identifizierungssituation eine verstärkte Suggestibilität innewohnte, der das Landgericht in seiner Beweiswürdigung hätte Rechnung tragen müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. September 2012 – 5 StR 372/12, NStZ-RR 2012, 381, und vom 25. Januar 2006 – 5 StR 593/05, NStZ-RR 2006, 212). Diese ist insbesondere bei einem Wiedererkennen in der Hauptverhandlung zu berücksichtigen , die nach der Darstellung im Urteil nahe liegt.
6
Dass der Angeklagte rund fünf Stunden nach der Tat in S. volltrunken als hilflose Person von der Polizei aufgegriffen wurde, ist für sich genommen kein hinreichendes Indiz für seine Täterschaft. Das Urteil lässt insoweit offen, wann und aufgrund welcher Umstände ihm die Tat zugeordnet wurde. Insbesondere ist nicht ersichtlich, ob die Geschädigte und die weitere Tatzeugin, die den Angeklagten indes nicht wiedererkannt hat, eine Beschreibung des Täters abgegeben hatten und inwieweit diese gegebenenfalls mit dem Erscheinungsbild des Angeklagten korrespondierte. Dem Urteil lässt sich auch nicht entnehmen, welche Art von Alkohol der Angeklagte entwendet haben soll und ob bei ihm eine Flasche gefunden wurde, die als Beutegegenstand in Frage kommt.
7
Dem Umstand, dass der Angeklagte den Tatvorwurf „nicht in Abrede gestellt“ hat, kommt hier kein Beweiswert zu. Nach seinen Angaben kann er sich an die Tat nicht mehr erinnern und auch nicht mehr sagen, wie er von W. nach S. gekommen ist. Ob es sich hierbei um eine Schutzbehauptung handelt, ist aus dem Urteil nicht ersichtlich. Dagegen spricht die wiedergegebene Ansicht des Sachverständigen, dass die „später aufgetretene Amnesie“ auf den nach der Tat herbeigeführten Rauschzustand zurückzuführen sei (UA S. 14). Angesichts dessen kann der Einlassung des Angeklagten nicht mehr entnommen werden, als dass er sich selbst die Tat zutraut.
8
3. Sollte die neue Verhandlung zum Nachweis einer Täterschaft des Angeklagten führen, wird die Beutesicherungsabsicht im Sinne des § 252 StGB zu prüfen und zu belegen sein. Bei der Entscheidung über die Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB wäre folgendes zu berücksichtigen:
9
Im Rahmen der Prüfung der Gefährlichkeit des Angeklagten wird sich das neue Tatgericht damit auseinanderzusetzen haben, dass die Tat mittlerweile mehr als drei Jahre zurückliegt und der Angeklagte in dieser Zeit auf der Grundlage der Unterbringungsentscheidung des Landgerichts Bautzen vom 2. Mai 1995 weiter im SKH A. behandelt worden ist. Das neue Tatgericht wird sich hier insbesondere mit etwaigen zwischenzeitlichen Behandlungsfortschritten und etwa gegebenen weiteren Verhaltensauffälligkeiten auseinanderzusetzen haben.
10
Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB) der Maßregel wird es zu beachten haben, dass auf der einen Seite die Tat nach ihren konkreten Umständen an der Erheblichkeitsschwelle des § 63 StGB liegt, auf der anderen Seite der Angeklagte bereits seit September 1995 im psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist, wobei offenbar jedenfalls bis zum Tatzeitpunkt keine nachhaltigen Therapieerfolge erzielt werden konnten. Mit welcher Wahrscheinlichkeit von dem Angeklagten schwerer wiegende Taten als die hier begangene erwartet werden können, ist in dem angefochtenen Urteil nicht nachvollziehbar begründet.
11
Im Übrigen kann die nochmalige Anordnung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus neben einer bereits bestehenden Anordnung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur dann in Betracht kommen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie zur Erreichung des Maßregelziels erforderlich ist, weil von ihr Wirkungen ausgehen, die nicht bereits der erste Maßregelausspruch zeitigt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2010 – 5StR 243/10, NStZ-RR 2011, 41, und vom 9. Mai 2006 – 3 StR 111/06, BGHR StGB § 62 Verhältnismäßigkeit 6). Auch dies ist im angefochtenen Urteil nicht nachvollziehbar begründet (vgl. UA S. 18).
12
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass das neue Tatgericht hinsichtlich der Besetzung des Spruchkörpers § 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 GVG zu beachten hat. Vor einer erneuten Hauptverhandlung sollte geprüft werden, ob das Verfahren im Blick auf die weiterhin vollzogene Unterbringung nach § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt werden sollte.
Basdorf Sander Schneider Dölp Bellay
5 StR 243/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. Juli 2010
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2010

beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben. Der Antrag der Staatsanwaltschaft , den Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten trägt die Staatskasse.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung sachlichen Rechts. Über den Teilaufhebungsund Zurückverweisungsantrag des Generalbundesanwalts hinausgehend führt das Rechtsmittel zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückweisung des Antrags auf Unterbringung.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der 49 Jahre alte Beschuldigte seit Ende der 90er Jahre wegen akuter psychotischer Zustände wiederholt stationär medikamentös behandelt. Im Herbst 2005 wurde er nach dem Hamburger PsychKG untergebracht, weil er in einem psychotischen Zustand einen Baumstamm über die Fahrbahn einer Bundesstraße gelegt und die Tür einer Feuerwache in Brand gesetzt hatte.
3
Im Juni 2008 verurteilte ihn das Landgericht Hamburg wegen Diebstahls in zehn Fällen, tätlicher Beleidigung, Trunkenheit im Verkehr und gefährlicher Körperverletzung sowie Nötigung zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt wurde. Unter anderem hatte er eine Passantin durch einen gezielten Flaschenwurf am Kopf verletzt und eine weitere ihm unbekannte Person „in den Schwitzkasten genommen“. Dabei war er schuldunfähig, da er wegen des Absetzens der Medikation an einer akut ausgebrochenen chronisch paranoiden Schizophrenie litt.
4
Gegenstand des vorliegenden Sicherungsverfahrens ist der Diebstahl persönlicher Gegenstände aus einer Handtasche, die im Personalbereich eines Blumenladens abgelegt war. Diesen beging der Beschuldigte, nachdem er die ihm verordneten Neuroleptika erneut eigenmächtig abgesetzt hatte und deswegen in einen akut psychotischen Zustand geraten war. Kurz nach der Tat ließ er sich von den herbeigerufenen Polizeibeamten in der Nähe des Tatorts widerstandslos festnehmen. Eine Woche später wurde er wiederum auffällig, weil er in der Hamburger Innenstadt seine Hose verlor; von der Polizei wurde er in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht.
5
Nach neuerlicher stationärer Unterbringung und medikamentöser Einstellung wurde der Beschuldigte in Freiheit entlassen. Nunmehr erhält er in regelmäßigen Abständen eine Depotspritze und sein Betreuer wird informiert, wenn er nicht rechtzeitig zu deren Verabreichung erscheint. Seitdem haben sich die Lebensverhältnisse des Beschuldigten deutlich stabilisiert und er fühlt sich besser.
6
Die Strafkammer hat sachverständig beraten festgestellt, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte rechtswidrige Tat im Zustand „zumindest möglicher Schuldunfähigkeit, allerdings bestehender verminderter Schuldfähigkeit“ (UA S. 11) begangen hat. Aufgrund der psychischen Erkrankung des Beschuldigten seien „vergleichbare erhebliche rechtswidrige Taten zu erwar- ten“, „so wie in der Vergangenheit“ auch solche, die mit der Gefährdung von Leib und Leben von Personen einhergehen könnten (UA S. 12).
7
2. Die erneute Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus kann keinen Bestand haben.
8
a) Die Darlegungen des Landgerichts genügen – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Stellungnahme zu Recht hingewiesen hat – nicht den Anforderungen, die an die hierfür erforderliche Gefahrenprognose zu stellen sind.
9
Im Ansatz zutreffend ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass die Anlasstat für die Gefährlichkeit des Beschuldigten keinen hinreichenden Anhaltspunkt bietet und stellt bei der Bejahung einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Begehung schwerer Delikte maßgeblich auf die Vortaten des Beschuldigten ab: Es sei nicht vorhersehbar, welche Art von Taten der Beschuldigte im Zustand akuter psychotischer Schübe begehen werde. Mit fremdaggressiven Impulsausbrüchen sei vor allem dann zu rechnen, wenn er sich nicht medikamentös behandeln lasse und zusätzlich erneut Drogen oder Alkohol konsumiere.
10
Diese auf das Sachverständigengutachten gestützten Feststellungen genügen indes nicht für die nach § 63 StGB erforderliche Gefahrenprognose. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades und nicht nur die einfache Möglichkeit neuerlicher erheblicher Straftaten besteht (vgl. die Nachweise bei Fischer, StGB 57. Aufl. § 63 Rdn. 15). Im maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung gab es angesichts der zwischenzeitlich getroffenen Vorkehrungen auch keine Anhaltspunkte mehr dafür, dass der Beschuldigte wiederum eigenmächtig die Medikamentierung absetzen oder Drogen oder Alkohol konsumieren könnte.
11
Überdies sind die Erwägungen des Landgerichts zur Gefährlichkeitsprognose lückenhaft. Die Strafkammer hat wesentliche zugunsten des Beschuldigten zu wertende Umstände unerwähnt gelassen. Sie berücksichtigt nicht, dass die erheblicheren Vortaten zum Teil geraume Zeit zurückliegen und sich der Beschuldigte weder im Rahmen der Begehung der Anlasstat und der darauf folgenden Festnahme, noch anlässlich des Vorfalls eine Woche nach der Tat aggressiv verhielt. Zudem lässt sich der zwischen der Anlasstat und der zukünftigen Gefahr geforderte symptomatische Zusammenhang nicht erkennen (vgl. hierzu Stree in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 63 Rdn. 18 m.w.N.).
12
c) Im Übrigen war die nochmalige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus neben der bereits bestehenden unverhältnismäßig. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie zur Erreichung des Maßregelziels erforderlich war, weil von ihr Wirkungen ausgehen , die nicht bereits der erste Maßregelausspruch zeitigt (vgl. BGHR StGB § 62 Verhältnismäßigkeit 6). Etwaigen neu zu Tage getretenen Betreuungsoder Kontrollbedürfnissen des Beschuldigten hätte auch durch eine Anpassung der im Rahmen der bestehenden Unterbringung angeordneten Bewährungsauflagen Genüge getan werden können.
13
3. Nach den getroffenen Feststellungen ist es ausgeschlossen, dass aufgrund einer neuen Hauptverhandlung noch Umstände festgestellt werden, unter denen die nochmalige Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB gegen den Beschuldigten rechtsfehlerfrei angeordnet werden könnte. Analog § 354 Abs. 1 StPO ist der entsprechende Antrag der Staatsanwaltschaft daher zurückzuweisen.
Brause Sander Schneider
König Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 325/09
vom
17. September 2009
in dem Sicherungsverfahren
gegen
wegen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
17. September 2009, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 10. März 2009 wird verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Beschuldigten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat es im Sicherungsverfahren abgelehnt, die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel bleibt erfolglos.
2
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts leidet der jetzt 46 Jahre alte Beschuldigte seit vielen Jahren an einer paranoiden Schizophrenie bei schizoid-depressiver Persönlichkeitsstruktur und schädlichem Gebrauch von Alkohol. Seit Beginn seiner Erkrankung ist er nicht in der Lage, seine Impulse zu kontrollieren und sich in seinem Handeln zu steuern. Die seit mindestens 16 Jahren andauernde Grunderkrankung ist nach den überzeugenden Ausführungen des gehörten psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. L. trotz langjähriger Behandlung in der Unterbringung weiterhin ohne jeden Behandlungsfortschritt vorhanden.
3
Der Beschuldigte ist bereits in der Vergangenheit durch schwerwiegende Straftaten in Erscheinung getreten. An seinem 22. Geburtstag im Juni 1985 erstach er im Zustand erheblicher Alkoholisierung einen Bekannten, als dieser ihn zu sexuellen Handlungen veranlassen wollte. Anschließend stach er auch den Bruder des Bekannten nieder, der nach kurzer Zeit verblutete. Das Landgericht wertete seinerzeit die Tötungsdelikte als Vollrausch, verurteilte den Beschuldigten im Strafverfahren zu vier Jahren Freiheitsstrafe und ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Die Alkoholentwöhnungstherapie erwies sich als erfolglos, weshalb der Beschuldigte in den Strafvollzug verlegt wurde, aus dem er Ende April 1991 entlassen wurde.
4
Bereits ein Jahr nach seiner Entlassung wurde der Beschuldigte erneut straffällig. Wiederum im Zustand erheblicher Alkoholisierung zwang er die spätere Geschädigte, die er erst am Tatabend in einer Gaststätte kennen gelernt und die ihn mit zu sich in ihre Wohnung genommen hatte, erst zum Oral- und anschließend zum Geschlechtsverkehr. Das Landgericht sprach ihn wegen Schuldunfähigkeit vom Vorwurf der tateinheitlichen sexuellen Nötigung und Vergewaltigung frei, ordnete aber seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Diese wurde seit Anfang April 1993 im L. -Z. für Forensische Psychiatrie in Li. vollzogen, von wo der Beschuldigte Anfang März 2002 in die H. -K. nach He. verlegt wurde. Von dort wurde er Anfang November 2004 in das "Haus L. " nach M. verlegt. Dort kam es am 1./2. Juli 2008 zu dem Tatgeschehen, das Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist und auf Grund dessen die früher angeordnete Unterbringung seither erneut in Li. vollzogen wird.
5
Bei dem verfahrensgegenständlichen Tatgeschehen verlangte der Beschuldigte von der im "Haus L. " tätigen Erzieherin, Frau S. , Maß- nahmen wegen des von ihr bei ihm nach seiner Rückkehr von einem Spaziergang festgestellten, verbotenen Alkoholkonsums zu unterlassen, was sie ablehnte , worauf er sich mit einem Messer bewaffnete, ihr androhte, sie abzustechen , und von ihr die Herausgabe von Geld verlangte. Unter dem Eindruck der Bedrohung händigte sie ihm mehr als 100 Euro aus. Er hielt sie aber weiterhin in seiner Gewalt, fesselte sie und schloss sie ein. Darüber hinaus veranlasste er sie, ihm acht Flaschen Bier zu besorgen, die er austrank. Am nächsten Morgen verlangte er, während er der Geschädigten S. das Messer an die Kehle setzte, von zwei hinzugekommenen weiteren Bediensteten, ihn nach C. zu fahren. Beiden gelang aber die Flucht. Sodann forderte er die Geschädigte S. auf, die Polizei anzurufen. Während er später von einem Fenster der Einrichtung aus über Mobiltelefon mit der Polizei verhandelte , hielt er der Geschädigten weiter das Messer an die Kehle, bemächtigte sich dann aber einer weiteren Geisel und verlangte fünf Flaschen Bier und seine Verbringung nach E. . Als ihm dies zugesichert wurde, ließ er sich schließlich widerstandslos festnehmen.
6
2. Das Landgericht hat das - von dem Beschuldigten eingeräumte - Tatgeschehen als erpresserischen Menschenraub, Geiselnahme und [richtig: schwere] räuberische Erpressung (§§ 239 a, 239 b und 255 i.V.m. § 250 [irrtümlich : „252“; UA 15]) StGB gewertet. Der Beschuldigte konnte jedoch nicht bestraft werden, weil er - wovon sich das Landgericht rechtsfehlerfrei überzeugt hat - auf Grund seiner psychiatrischen Erkrankung bei Tatbegehung schuldunfähig (§ 20 StGB) war. Das Landgericht hat - auch insoweit in Übereinstimmung mit den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen - dem Beschuldigten eine "extrem hohe Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit" bescheinigt, die seine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus "unter sehr streng kontrollierten, reizarmen Bedingungen" erforderlich mache.
Gleichwohl hat es von einer (zweiten) Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB abgesehen, weil dies "nicht erforderlich" , sondern mit Blick auf die bereits auf Grund des früheren Urteils bestehende dauerhafte Unterbringung "unverhältnismäßig" sei. Von einer weiteren Unterbringungsanordnung seien keine Wirkungen zu erwarten, die über diejenigen des ersten, zur Zeit weiter vollzogenen Maßregelausspruchs hinausgingen. Das neuerliche Tatgeschehen habe bereits zum weiteren Vollzug unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen in Li. geführt. Bei ihren Prognoseentscheidungen habe die Strafvollstreckungskammer das neuerliche Tatgeschehen ohnehin zu berücksichtigen. Im Übrigen weise das Tatgeschehen letztlich auch keine Steigerung in der kriminellen „Qualität“ gegenüber der früheren Straffälligkeit des Beschuldigten auf. Wie der Sachverständige dargelegt habe, habe schließlich auch medizinisch eine zweite Unterbringungsanordnung keine Auswirkungen auf die Behandlung des Beschuldigten.
7
3. Die Staatsanwaltschaft greift die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis ohne Erfolg an.
8
Das Landgericht hat seiner Entscheidung - wie auch die Beschwerdeführerin nicht verkennt - die Grundsätze zu Grunde gelegt, die in der Rechtsprechung zur wiederholten Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB entwickelt worden sind. Danach ist die erneute Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zwar nicht schon deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil diese Maßregel bereits auf Grund eines in einem früheren Verfahren ergangenen Urteils gegen den Beschuldigten vollzogen wird. Maßgeblich ist bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne aber darauf abzustellen, ob die erneute Anordnung zur Erreichung des Maßregelziels der Besserung (Heilung) und Sicherung geeignet und erforderlich ist, weil von ihr Wirkungen ausgehen, die der erste Maßregelausspruch nach § 63 StGB nicht zeitigt, was insbesondere dann der Fall sein wird, wenn das neue Urteil erhebliche Auswirkungen auf Dauer und Ausgestaltung des Maßregelvollzugs haben kann (BGHSt 50, 199; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2006 - 3 StR 111/06 = NStZ-RR 2007, 8; BayObLG NStZ-RR 2004, 295, 297; Pollähne JR 2006, 316; krit. Grünebaum R&P 2004, 187, 190 f.). Dass Letzteres in Bezug auf den Beschuldigten und den Vollzug der Unterbringung der Fall ist, hat das Landgericht umfassend geprüft und mit nachvollziehbaren Erwägungen ausgeschlossen. Dies lässt nach dem eingeschränkten Prüfungsmaßstab des Revisionsgerichts einen Rechtsfehler nicht erkennen, auch wenn eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre oder sogar näher gelegen hätte.
9
Das Landgericht hat eine in dem nunmehr abgeurteilten Tatgeschehen liegende Steigerung der Aggressivität und damit der Gefährlichkeit des Beschuldigten gegenüber der Vergewaltigungstat von 1992, die Anlass für die erste Unterbringungsanordnung war, tragfähig verneint. Dabei kam mit Blick auf die von dem Beschuldigten verwirklichten Straftatbestände weder der Konkurrenzfrage noch den gesetzlichen Regelstrafrahmen entscheidende Bedeutung zu. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin hiergegen erschöpfen sich letztlich in dem in der Revision untauglichen Versuch, die Wertung des Landgerichts durch eine eigene zu setzen. Davon abgesehen, kann in diesem Zusammenhang auch das als Vollrausch gewertete Tötungsgeschehen von 1985 nicht außer Betracht bleiben. Dieses hat zwar nicht selbst zu einer Anordnung nach § 63 StGB geführt; ihm lag aber der schädliche Gebrauch von Alkohol durch den Beschuldigten zu Grunde, der ein Teilaspekt seines andauernden psychiatrischen Zustandes ist, auf dem seine Gefährlichkeit beruht.
10
Der in dem hier im Strengbeweisverfahren festgestellten Tatgeschehen erneut zum Ausdruck gekommenen hohen Gefährlichkeit des Beschuldigten werden die zuständigen Stellen, wie dies bereits die nach dem Tatgeschehen unverzüglich erfolgte Zurückverlegung des Beschuldigten nach Li. zeigt, im Rahmen der weiteren Vollzugsgestaltung und der Vollstreckungsentscheidungen Rechnung tragen. Unter diesen Umständen hat die Strafkammer mit ihrer Annahme, dass die Ausgestaltung und der weitere Vollzug der Unterbringung, insbesondere deren Dauer, der erneuten Anordnung der Maßregel nicht bedurften , den ihr eröffneten Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum nicht überschritten. Schließlich durfte das Landgericht - auch darin dem Sachverständigen folgend - berücksichtigen, dass sich auch medizinisch eine weitere Anordnung auf die Behandlung des Beschuldigten nicht auswirken würde.
11
Nach alledem hat es bei der angefochtenen Entscheidung sein Bewenden.
Maatz Athing Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.