Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2014 - 1 StR 515/14

published on 16/12/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2014 - 1 StR 515/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 5 1 5 / 1 4
vom
16. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Dezember 2014 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Regensburg vom 7. Februar 2014 wird als unbegründet verworfen
, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Zwar darf auch nach Rechtskraft des Schuld- und Strafausspruchs zulässiges
Verteidigungsverhalten weder hangbegründend noch als Anknüpfungspunkt
für die Gefährlichkeit gewertet werden (BGH, Beschlüsse vom
10. Juli 2001 – 5 StR 250/01; NStZ 2001, 595, 596; vom 4. August 2009
– 1StR 300/09, NStZ 2010, 270, 271; vom 21. August 2014 – 1 StR 320/14).
Dies hat das Landgericht auch beachtet. Es hat dementsprechend das Vorliegen
eines Hangs des Angeklagten und seiner daraus resultierenden erhöhten
Gefährlichkeit mit einer sorgfältigen Würdigung der individuell bedeutsamen
und weiter wirksamen Bedingungsfaktoren für die Delinquenz begründet, ohne
an das Verteidigungsverhalten des Angeklagten anzuknüpfen.
Im Rahmen seiner Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 Satz 2
StGB aF hat es sodann geprüft, ob die individuelle Entwicklung während der
Strafhaft eine Verringerung der Gefährlichkeit aufgrund des Hinzutretens protektiv
wirkender Umstände erwarten lässt. Als solche hat es unter anderem
mögliche Therapien und deren Erfolgsaussichten erörtert. Im Anschluss an
zwei Sachverständige hat es sich davon überzeugt, dass es beim Angeklagten
eines komplexen Therapieansatzes bedarf, der jedoch nur bei „echtem“ Thera-
piewillen und damit verbundener Einsicht in die Taten Erfolg verspreche. Da es
daran beim Angeklagten fehle, könnten zum „aktuellen Zeitpunkt“ die nötigen
Voraussetzungen für eine Therapie nicht festgestellt werden, so dass der Erfolg
etwaiger therapeutischer Maßnahmen „gegenwärtig völlig offen“ sei.
Dies zeigt keine Rechtsfehler auf. Die Wirkungen von im Strafvollzug
(möglicherweise) wahrgenommenen Therapieangeboten können im Einzelfall
wesentliche gegen die Anordnung der Maßregel sprechende Gesichtspunkte
darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – 5 StR 421/10,
StV 2011, 276). Ein Absehen von der Anordnung trotz bestehender hangbedingter
Gefährlichkeit kommt in Ausübung des in § 66 Abs. 2 und 3 StGB eingeräumten
Ermessens aber nur dann in Betracht, wenn bereits zum Zeitpunkt
des Urteilserlasses die Erwartung begründet ist, der Täter werde hierdurch eine
Haltungsänderung erfahren, so dass für das Ende des Strafvollzugs eine günstige
Prognose gestellt werden kann (BGH, Urteil vom 28. März 2012
2 StR 592/11, NStZ-RR 2012, 272 [Ls.]; Beschluss vom 11. August 2011
Danach hat das Landgericht für seine Ermessensausübung den zutreffenden
rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt und geprüft, ob zumindest konkrete
Anhaltspunkte für einen Behandlungserfolg (vgl. auch BGH, Urteile vom
19. Juli 2005 – 4 StR 184/05, NStZ-RR 2005, 337, 338 und vom 3. Februar
2011 – 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172; Beschluss vom 28. März 2011
– 2StR 592/11) vorliegen, dies aber wegen der derzeit schlechten Ausgangsbedingungen
für eine Therapie zutreffend verneint.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.