Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2005 - 1 StR 502/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
1. Die Revision ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beweiswürdigung, insbesondere die Würdigung des Geständnisses des Angeklagten, ist rechtsfehlerfrei. Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Aussagefähigkeit des Angeklagten und der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen ist rechtsfehlerfrei. Zwar gehört die Beurteilung der Zuverlässigkeit einer Auskunftsperson, zumal des Angeklagten, zum Wesen richterlicher Rechtsfindung. Vom Richter wird erwartet, daß er über die zur Ausübung seines Amteserforderliche Menschenkenntnis und Fähigkeit verfügt, Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Der Hinzuziehung eines Sachverständigen kann es, und zwar auch hinsichtlich der Aussagen des Angeklagten, aber dann bedürfen , wenn die Eigenart des Einzelfalles eine außergewöhnliche Sachkunde erfordert (vgl. BGH NStZ 1987, 182). Auch soweit hiervon der Angeklagte betroffen ist, stehen der Hinzuziehung eines Sachverständigen, jedenfalls wenn der Angeklagte umfassende Angaben gemacht hat, keine strafverfahrensrechtlichen Hinderungsgründe entgegen. Das Gericht ist jedenfalls nicht gehindert (§ 244 Abs. 2 StPO), sich insoweit sachverständiger Hilfe zu bedienen. Hier bestand bei dem Angeklagten eine Minderbegabung mit psychosozialer und psychosexueller Retardierung. Seine im Ermittlungsverfahren abgegebenen Geständnisse hat er in der Hauptverhandlung widerrufen. Um die Glaubhaftigkeit der Geständnisse bzw. des Widerrufs und der Angaben in der Hauptverhandlung verläßlich prüfen zu können, war der Einsatz sachverständiger Hilfe sachgerecht. 2. Mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des vorgenannten Urteils, nach der der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, soweit er verurteilt sowie die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde, und die Staatskasse die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Umfang des Freispruchs trägt, macht der Angeklagte geltend, die Hauptverhandlung habe vom 7. bis 28. Oktober 2003 über sechs Verhandlungstage in unvorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts - Einsatz einer Ergänzungsschöffin statt einer Hauptschöffin - stattgefunden und deshalb neu begonnen werden müssen. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Kostenentscheidung des Landgerichts entspricht der Sach- und Rechtslage (§ 465 Abs. 1 StPO).
Die Voraussetzungen des § 465 Abs. 2 StPO, wonach aus Billigkeitserwägungen besondere Auslagen der Staatskasse und besondere notwendige Auslagen des Angeklagten ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegt werden können, wenn Untersuchungen zu Gunsten des Angeklagten ausgegangen sind, liegen hier ersichtlich nicht vor. Die sechs Verhandlungstage im Oktober 2003 in unvorschriftsmäßiger Besetzung hätten allerdings vermieden werden können. Bei richtiger Behandlung der Sache wären diese Kosten nicht entstanden. Daher ist es sachgerecht , von der Erhebung der insoweit entstandenen Kosten und gerichtlichen Auslagen gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen. Diese Entscheidung kann der Senat - auch für die Vorinstanz (vgl. BGHZ 27, 163, 164, 171) - von Amts wegen treffen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 GKG; vgl. u.a. BGHR GKG § 8 aF Nichterhebung 2). Die dem Angeklagten selbst entstandenen notwendigen Auslagen fallen allerdings nicht unter diese Anordnung (BGH aaO). Nack Wahl Boetticher Kolz Elf
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.