Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2006 - 1 StR 371/06

published on 29/08/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2006 - 1 StR 371/06
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 371/06
vom
29. August 2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. August 2006 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 6. März 2006 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
2
Näherer Erörterung bedarf lediglich die Rüge, an dem Urteil habe der Vorsitzende Richter L. mitgewirkt, nachdem ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden sei (Verstoß gegen § 338 Nr. 3 i.V.m. § 24 Abs. 1 StPO).
3
1. Der Beschwerdeführer trägt folgendes Verfahrensgeschehen vor:
4
In die Hauptverhandlung wurden Erkenntnisse aus einer Telefonüberwachung eingeführt. Die Gespräche wurden weitgehend in dem Sinti-Dialekt "Sintitikes" geführt. Da der Angeklagte Zweifel an der Richtigkeit der im Ermittlungsverfahren gefertigten Übersetzung äußerte, wurde auf den dritten Verhandlungstag eine Sprachsachverständige geladen. Zur Vorbereitung des Termins hatte der Vorsitzende der Sachverständigen vier aufgezeichnete Gespräche in digitalisierter Form und die jeweiligen Übertragungsprotokolle der Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt.
5
Mit der Beweiserhebung durch Abspielen einzelner Gespräche aus der Telefonüberwachung und ihre Übersetzung durch die Sachverständige wurde nach 11.50 Uhr begonnen. Dabei erfolgte auch die Mitteilung an die Verfahrensbeteiligten , dass der Sachverständigen Aktenteile überlassen worden waren. Um 12.32 Uhr wurde die Hauptverhandlung unterbrochen und um 13.36 Uhr fortgesetzt.
6
Der Verteidiger lehnte anschließend namens des Angeklagten den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Ablehnungsgesuch begründete er damit, der Vorsitzende habe die Verteidigung nicht darüber informiert , dass er der Sachverständigen Aktenteile zur Vorbereitung des Termins zur Verfügung gestellt habe; er habe auf ausdrückliche Nachfrage des Verteidigers geäußert, die der Sachverständigen überlassenen Gespräche seien für den Tatnachweis nicht relevant, obwohl eins davon das "Kernstück" der Telefonüberwachung darstellen würde. Das Befangenheitsgesuch wurde mit Gerichtsbeschluss unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen , da der Ablehnungsgrund nicht glaubhaft gemacht und das Gesuch verspätet eingebracht worden sei.
7
Daraufhin brachte der Verteidiger ein zweites inhaltsgleiches Ablehnungsgesuch an und bezog sich zur Glaubhaftmachung auf die noch einzuholenden dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und des Sitzungsstaatsanwalts. Auch dieses zweite Gesuch wurde mit Gerichtsbeschluss unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen, weil es sich um die unzulässige Wiederholung eines bereits abgelehnten Gesuchs handele.
8
2. Die Revision greift ausschließlich den auf das erste Befangenheitsgesuch ergangenen Beschluss an; den zweiten Beschluss lässt sie unbeanstandet. Sie macht geltend, dass die Verwerfung des ersten Antrags rechtsfehlerhaft gewesen sei, weil eine Glaubhaftmachung über die anwaltliche Erklärung hinaus nicht erforderlich gewesen und er nicht verspätet eingebracht worden sei. Dass der zweite Antrag verworfen wurde, rügt der Beschwerdeführer hingegen nicht.
9
Dem Senat ist es demnach verwehrt, den zweiten Verwerfungsbeschluss zu prüfen. Kommen nach den vorgetragenen Tatsachen mehrere Verfahrensmängel in Betracht, ist vom Beschwerdeführer darzutun, welcher Verfahrensmangel geltend gemacht wird, um somit die Angriffsrichtung der Rüge deutlich zu machen (BGH NStZ 1998, 636; 1999, 94; Cirener/Sander JR 2006, 300). Die Angriffsrichtung bestimmt den Prüfungsumfang seitens des Revisionsgerichts.
10
3. Die Rüge ist unbegründet, da die nach Beschwerdegrundsätzen vorgenommene Prüfung durch den Senat ergibt, dass beim Vorsitzenden die Besorgnis der Befangenheit nicht bestand.
11
a) Die Entscheidung der Strafkammer, das erste Ablehnungsgesuch als im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 1, 2 Alt. 2 StPO unzulässig zu verwerfen, war rechtsfehlerhaft. Der Antrag bedurfte nicht der weiteren Glaubhaftmachung (§ 26 Abs. 2 StPO), da der Verteidiger seine eigenen Wahrnehmungen mitteilte; dass er die Richtigkeit seiner Angaben anwaltlich versicherte, war nicht erforderlich (BayObLG StV 1995, 7; OLG Schleswig MDR 1972, 165; Pfeiffer in KK 5. Aufl. § 26 Rdn. 5; Maul in KK 5. Aufl. § 45 Rdn. 11; a.A. OLG Koblenz OLGSt StPO § 45 Nr. 5). Auch war der Antrag nicht verspätet eingebracht (§ 25 StPO), weil die maßgeblichen Vorgänge, auf die er sich gründete, "unmittelbar" vor der Mittagspause - so die Revision - erfolgten und das Ablehnungsgesuch als erster protokollierter Vorgang danach gestellt wurde.
12
b) Bei zutreffender rechtlicher Beurteilung hätte daher der Vorsitzende nach § 27 Abs. 1 StPO an der Entscheidung über den ersten - zulässigen - Antrag nicht mitwirken dürfen. Hat das Gericht über ein Ablehnungsgesuch in falscher Besetzung entschieden, so ist in dem Fall, dass das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden ist, allein deswegen der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO gegeben, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit bestand. Denn im Fall eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist es dem Revisionsgericht verwehrt, nach Beschwerdegrundsätzen darüber zu entscheiden , ob das Ablehnungsgesuch begründet war (BVerfG NJW 2005, 3410, 3413 f.; StraFo 2006, 232, 236; BGHSt 50, 216, 219; BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 154/06 - Umdr. S. 9 f.). Ein derartiger Fall liegt hier allerdings nicht vor.
13
c) Ein Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelungen der §§ 26a, 27 StPO führt nur dann zu einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn diese Vorschriften willkürlich angewendet werden oder die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie verkennt (BVerfG NJW 2005, 3410, 3411; StraFo 2006, 232, 235 f.; BGHSt 50, 216, 218; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006 - 5 StR 249/06 - Umdr. S. 3). Willkür liegt vor, wenn der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten wertend beurteilt, sich gleichsam zum "Richter in eigener Sache" macht (BVerfG NJW 2005, 3410, 3412; StraFo 2006, 232, 235; Beschluss vom 2. August 2006 - 2 BvR 1518/06 - Umdr. S. 5; BGHSt aaO 219; BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - 3 StR 429/05 - Umdr. S. 4; Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 154/06 - Umdr. S. 7 f.), oder ein Verstoß von vergleichbarem Gewicht gegeben ist. Demgegenüber gibt es auch Fallgestaltungen, in denen sich ein Verfassungsverstoß nicht feststellen lässt, vielmehr die §§ 26a, 27 StPO "nur" schlicht fehlerhaft angewendet wurden (BVerfG StraFo 2006, 232, 236; vgl. ferner BGH StV 2005, 587, 588; Beschluss vom 25. April 2006 - 3 StR 429/05 - Umdr. S. 6).
14
Erfolgt die Verwerfung nur aus formalen Erwägungen, wurden die Ablehnungsgründe aber nicht inhaltlich geprüft, ist im Einzelfall danach zu differenzieren , ob die Entscheidung des Gerichts auf einer groben Missachtung oder Fehlanwendung des Rechts beruht, ob also Auslegung und Handhabung der Verwerfungsgründe nach § 26a Abs. 1 StPO offensichtlich unhaltbar oder aber lediglich schlicht fehlerhaft sind (BGHSt 50, 216, 219 f.). In letzterem Fall entscheidet das Revisionsgericht weiterhin nach Beschwerdegrundsätzen sachlich über die Besorgnis der Befangenheit (zur bisherigen Rspr. vgl. BGHSt 18, 200, 203; 23, 265; BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 1, 3, 9).
15
d) Die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs nach § 26a Abs. 1 StPO erfolgte hier nicht willkürlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Strafkammer Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verkannt hat.
16
Das mit dem Befangenheitsgesuch beanstandete Verhalten des Vorsitzenden war für die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als unzulässig nicht relevant, sodass er bei der Mitwirkung am Verwerfungsbeschluss sein eigenes Verhalten nicht wertend beurteilen musste. Vielmehr wurde die Verwerfung nur mit formalen Mängeln des Gesuchs - Form und Frist, d.h. fehlende Glaubhaftmachung und Verspätung - begründet.
17
Die Entscheidung, das erste Ablehnungsgesuch wegen fehlender Glaubhaftmachung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StPO als unzulässig zu verwerfen, war zwar rechtsfehlerhaft; denn der von einem Verteidiger verfasste Antrag genügt schon dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn die Tatsachen, mit denen die Besorgnis der Befangenheit begründet wird, gerichtsbekannt sind (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1972, 17; Wendisch in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 26 Rdn. 16) oder der Antrag Wahrnehmungen des Verteidigers enthält, wobei das Fehlen einer anwaltlichen Versicherung grundsätzlich unschädlich ist (vgl. BayObLG StV 1995, 7; OLG Schleswig MDR 1972, 165; Pfeiffer in KK 5. Aufl. § 26 Rdn. 5; Maul in KK 5. Aufl. § 45 Rdn. 11).
18
Die Bewertung des Landgerichts ist aber nicht offensichtlich unhaltbar. Die Erklärungen des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung mussten zwar als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden. Das gilt jedoch nicht für die unterbliebene Information bezüglich des Überlassens von Aktenteilen im Vorfeld der Sachverständigenvernehmung. Insoweit teilt die Revision nicht mit, ob dieser von der Verteidigung erhobene Vorwurf gerichtsbekannt, insbesondere Gegenstand der Hauptverhandlung war. Auch diesbezüglich genügt zwar die in dem Befangenheitsgesuch enthaltene anwaltliche Erklärung, da es sich um eine eigene Wahrnehmung - gegebenenfalls auch außerhalb der Hauptverhandlung - handelte. Indem die Kammer jedoch insgesamt nicht die schlichte Erklärung ausreichen ließ, sodass zumindest die anwaltliche Versicherung von deren Richtigkeit erforderlich gewesen wäre, wandte sie den Verwerfungsgrund des § 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StPO nicht grob rechtsfehlerhaft an. Zwar setzt die Glaubhaftmachung nach zutreffender Auffassung insoweit eine anwaltliche Versicherung nicht voraus. Die der Entscheidung der Kammer zugrunde liegende Auslegung, die sich auch auf obergerichtliche Rechtsprechung berufen kann (vgl. OLG Koblenz OLGSt StPO § 45 Nr. 5), ist jedoch vertretbar. Sie kann das Argument für sich beanspruchen, dass dem Verteidiger, der ein Ablehnungsgesuch stellt, mit der anwaltlichen Versicherung Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung für das Ablehnungsverfahren, in dem keine Beweisaufnahme über den Ablehnungsgrund stattfindet, vor Augen geführt werden.
19
e) Die demnach nach Beschwerdegrundsätzen vorgenommene Prüfung des Sachverhalts ergibt, dass das auf die Überlassung von Aktenteilen bezügliche Verhalten einem verständigen Angeklagten keinen Anlass geben konnte, an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden zu zweifeln. Maßstab hierfür ist, ob der Richter den Eindruck erweckt, er habe sich in der Schuld- und Straffrage bereits festgelegt. Dies ist grundsätzlich vom Standpunkt des Angeklagten aus zu beurteilen. Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (Senat , Urteil vom 9. August 2006 - 1 StR 50/06 - Umdr. S. 23; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 24 Rdn. 6, 8 m.w.N.).
20
Die umfangreichen Bemühungen des Vorsitzenden um einen Sprachsachverständigen für den Sinti-Dialekt "Sintitikes" erfolgten im Interesse des Angeklagten, der Zweifel an der Richtigkeit der im Ermittlungsverfahren gefertigten Übersetzung äußerte. Dass es der Vorsitzende dabei unterließ, die Verteidigung davon zu informieren, dass er der schließlich beauftragten Sachverständigen zu ihrer Vorbereitung bestimmte Aktenteile zur Verfügung gestellt hatte, konnte von vornherein kein Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit begründen , weil eine Verpflichtung hierzu nicht bestand (vgl. zu § 33 Abs. 2, 3 StPO; Maul aaO § 33 Rdn. 2; Wendisch aaO § 33 Rdn. 7). Weiterhin war die Frage des Verteidigers nach der Tatrelevanz der überlassenen digitalisierten Gespräche mit Übersetzungsprotokollen sachwidrig. Denn es war notwendig, der Sachverständigen den für ihre Übersetzungstätigkeit jedenfalls auch bedeutsamen fremdsprachlichen Akteninhalt zur Kenntnis zu bringen (§ 80 Abs. 2 StPO). Welches Interesse der Angeklagte daran haben konnte, ihr nur für den Tatvorwurf nicht relevante Gespräche zur Verfügung zu stellen, ist weder von der Revision vorgetragen noch sonst ersichtlich, zumal sich der Auftrag an die Sachverständige naturgemäß (auch) auf die relevanten Gespräche bezog. Die Frage des Verteidigers zielte ferner auf eine vorläufige Bewertung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise und des Akteninhalts. Hierauf haben die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich keinen Anspruch (BGHSt 43, 212); im Übrigen obliegt die Würdigung des Beweisstoffs ohnehin nicht dem Vorsitzenden allein, sondern dem gesamten Spruchkörper. Die vom Vorsitzenden auf diese sachwidrige Frage gegebene Antwort konnte, zumal die Verfahrensbeteiligten sie ohne weiteres überprüfen konnten, vom Standpunkt eines verständigen Angeklagten die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen. Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit Elf
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(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de
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Annotations

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann dem Antragsteller aufgeben, ein in der Hauptverhandlung angebrachtes Ablehnungsgesuch innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich zu begründen.

(2) Der Ablehnungsgrund und in den Fällen des § 25 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens sind glaubhaft zu machen. Der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Eine Entscheidung des Gerichts, die im Laufe einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach Anhörung der Beteiligten erlassen.

(2) Eine Entscheidung des Gerichts, die außerhalb einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach schriftlicher oder mündlicher Erklärung der Staatsanwaltschaft erlassen.

(3) Bei einer in Absatz 2 bezeichneten Entscheidung ist ein anderer Beteiligter zu hören, bevor zu seinem Nachteil Tatsachen oder Beweisergebnisse, zu denen er noch nicht gehört worden ist, verwertet werden.

(4) Bei Anordnung der Untersuchungshaft, der Beschlagnahme oder anderer Maßnahmen ist Absatz 3 nicht anzuwenden, wenn die vorherige Anhörung den Zweck der Anordnung gefährden würde. Vorschriften, welche die Anhörung der Beteiligten besonders regeln, werden durch Absatz 3 nicht berührt.

(1) Dem Sachverständigen kann auf sein Verlangen zur Vorbereitung des Gutachtens durch Vernehmung von Zeugen oder des Beschuldigten weitere Aufklärung verschafft werden.

(2) Zu demselben Zweck kann ihm gestattet werden, die Akten einzusehen, der Vernehmung von Zeugen oder des Beschuldigten beizuwohnen und an sie unmittelbar Fragen zu stellen.