Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2001 - 1 StR 333/01

bei uns veröffentlicht am22.08.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 333/01
vom
22. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2001 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 23. März 2001
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 22 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen , sowie des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in weiteren 22 Fällen schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 44 Fällen, davon in 22 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die die Verletzung von
Verfahrensrecht und sachlichem Recht rügt, hat teilweise Erfolg. Sie führt zu einer Ä nderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs ; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlichen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 21 Fällen (Fallgruppen II B.1 bis II B.3 der Urteilsgründe; § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) kann keinen Bestand haben, weil hinsichtlich dieser Gesetzesverletzungen Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zu Recht hervorhebt , hat der Angeklagte die insoweit festgestellten Taten (II B.1 bis II B.3 der Urteilsgründe) in der Zeit von Herbst 1992 bis Sommer 1995 begangen. Die Verjährungsfrist für sexuellen Mißbrauch von Schutzbefohlenen beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die erste zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Handlung lag in dem richterlichen Durchsuchungsbeschluß vom 24. Januar 2000 (Bd. I Bl. 53 der Strafakte). Die nach dem 24. Januar 1995 beendeten Vergehen nach § 174 StGB können mithin nicht mehr verfolgt werden. Auch bei Tateinheit unterliegt jede Gesetzesverletzung einer eigenen Verjährung (st.Rspr.; vgl. nur BGH NStZ 1990, 80, 81). Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann danach lediglich für eine Tat des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in den genannten Tatkomplexen davon ausgegangen werden, daß sie in unverjährter Zeit begangen wurde. Das Landgericht hat festgestellt (Fallgruppe II B.2), daß es ab Herbst 1992 bis zum Sommer 1995 in mindestens 20 Fällen zu sexuellen Handlungen des Angeklagten an seiner von ihm adoptierten Stieftochter kam. Diese seien in einem Abstand von jeweils höchstens drei Wochen erfolgt (UA S. 7). Im Rahmen der Beweiswürdigung (UA S. 20) hat die Strafkammer jedoch
für die Berechnung der Gesamtzahl einen "großzügigen Sicherheitsabschlag" vorgenommen. Nachdem sie zunächst eine Tat pro Monat zugrunde gelegt und 36 Einzelfälle errechnet hat, ist sie dann - um sicher zu gehen, daß der Angeklagte durch die summarische Feststellung nicht beschwert wird - von lediglich 20 Fällen ausgegangen, ohne diese zeitlich genauer zu konkretisieren (vgl. dazu BGH NStZ 1994, 502). Bei dieser Sachlage kann aufgrund der Begrenzung des Tatzeitraumes bis zum Sommer 1995 lediglich sicher davon ausgegangen werden, daß in der unverjährten Zeit, also nach dem 24. Januar 1995, wenigstens eine Tat begangen wurde. Da der Senat ausschließt, daß in diesem Punkte eine weitere Klärung des Sachverhalts erfolgen kann, vermag er den Schuldspruch selbst zu ändern. 2. Schon die Schuldspruchänderung wegen teilweiser Verjährung muß zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe und die Einzelstrafen in den Fallgruppen II B.1 bis 3 führen. Das Landgericht hat bei der Zumessung der Strafen für diese Taten (Fallgruppen II B.1 bis 3) aus dem Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB ausdrücklich berücksichtigt, daß der Angeklagte zwei Straftatbestände verwirklicht hat (UA S. 28). Der Senat kann daher nicht sicher ausschließen, daß dieser Gesichtspunkt die Straffindung mit beeinflußt hat. Darüber hinaus unterliegen auch die Einzelstrafen in den Fallgruppen II B.4 bis 6 der Aufhebung, weil die Überprüfung der Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung nach den Grundsätzen des Täter-Opfer-Ausgleichs durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet (UA S. 30). Zu Recht weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß das Landgericht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 46a Nr. 2 StGB ausgegangen ist, sich jedoch vor allem die Vorschrift des § 46a Nr. 1 StGB auf den Ausgleich der immateriellen Folgen einer Straftat bezieht (BGH NStZ 1999, 610; 2000, 205 f.; BGH, Beschluß vom
25. Mai 2001 - 2 StR 78/01). Nach § 46a Nr. 1 StGB genügt das ernsthafte Bemühen des Täters um Wiedergutmachung, wobei die Vorschrift als Rahmenbedingung fordert, daß das Bemühen darauf gerichtet sein muß, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, was das Gesetz mit dem Klammerzusatz "Täter-Opfer-Ausgleich" stichwortartig charakterisiert. Die Vorschrift setzt einen kommunikativen Prozeß zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein muß. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt nicht. Durch die engen Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB soll eine Privilegierung reicher Täter verhindert werden, die jederzeit zur Wiedergutmachung in der Lage sind und sich ohne weiteres - auch ohne Berücksichtigung der Opferinteressen - "freikaufen" könnten. § 46a Nr. 1 StGB verlangt allerdings keinen "Wiedergutmachungserfolg". Erforderlich ist, daß der Täter im Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil" wiedergutgemacht hat; ausreichend ist aber auch, daß der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt (st.Rspr.; BGH NStZ 1995, 492, 493; BGH, Beschlüsse vom 20. Februar 2001 - 4 StR 551/00 - und vom 25. Mai 2001 - 2 StR 78/01). Das Landgericht geht zwar davon aus, daß die Voraussetzungen des § 46a (Nr. 2) StGB gegeben sind, erläutert dies aber nicht näher. Es hebt lediglich hervor, der Angeklagte habe mit seiner Verpflichtung zur Leistung von Schmerzensgeld auf einen Teil seiner Alterssicherung verzichtet. Demgegenüber wögen die zu Lasten des Angeklagten wirkenden Gesichtspunkte derart schwer, daß eine Schadenswiedergutmachung sie "nicht aufwiegen" könne (UA S. 30 unten). Dies läßt besorgen, daß das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Milderungsmöglichkeit nach §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB gestellt hat, zumal Feststellungen dazu fehlen, wie sich die Geschädigte zu den Bemühun-
gen des Angeklagten stellt und welche Folgen die Schmerzensgeldverpflichtung für den Angeklagten hat, aber auch wie sicher deren Erfüllung ist. 3. Die getroffenen Feststellungen können bestehenbleiben, da lediglich Wertungsfehler in Rede stehen. Ergänzende Feststellungen, die den getroffenen nicht widersprechen, sind zulässig. Dies wird in der neuen Hauptverhandlung namentlich hinsichtlich des Täter-Opfer-Ausgleichs in Betracht zu ziehen sein. Schäfer Wahl Schluckebier Kolz Schaal

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 551/00
vom
20. Februar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 20. Februar 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 21. September 2000 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Dagegen kann der Strafausspruch keinen Bestand haben. Allerdings erweisen sich die Angriffe des zur Tatzeit knapp vor Vollendung des 21. Lebensjahres stehenden Angeklagten revisionsrechtlich als unbegründet, soweit er sich gegen die Anwendung des allgemeinen Strafrechts wendet. Der Senat schließt auch aus, daß die der Sache nach überflüssigen, von der Jugendkammer vorangestellten rechtspolitischen Erwägungen über die Anwendung von Jugendrecht (UA 11) sich im Ergebnis auf die Entscheidung zu § 105 Abs. 1 JGG ausgewirkt haben.
Der Strafausspruch muß aber aufgehoben werden, weil das Landgericht eine Strafmildung nach §§ 46 a, 49 Abs. 1 StGB nicht erörtert hat, obwohl nach den Feststellungen hierzu Anlaß bestand. Abgesehen davon, daß das bei der Tat erlangte Geld bis auf einen vergleichsweise geringen Betrag alsbald an den Geschädigten zurückgegeben werden konnte, hat der von Anfang an geständige Angeklagte sich bei der Spielhallenaufsicht, die er bei der Tat mit dem Messer bedroht hatte, nicht nur entschuldigt, sondern hat ihr auch "Schmerzensgeld zukommen lassen" (UA 15). Nähere Einzelheiten hierzu teilt das Urteil nicht mit. Bei dieser Sachlage stellt es einen durchgreifenden Rechtsfehler dar, daß das Landgericht auf die Vorschrift des § 46 a StGB nicht eingegangen ist. In Betracht zu ziehen war hier die Vorschrift des § 46 a Nr. 1 StGB, die - anders als die in erster Linie für materiellen Schadensersatz bei Vermögensdelikten vorgesehene Vorschrift des § 46 a Nr. 2 StGB - dem immateriellen Ausgleich zwischen Täter und Opfer dient (BGH NStZ 1995, 492). Die Vorschrift verlangt, daß der Täter im Bemühen, diesen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil" wiedergutgemacht hat, läßt es aber auch ausreichen, daß der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Daß es sich hier so verhält und die von dem Angeklagten erbrachten Leistungen
Ausdruck "umfassender Ausgleichsbemühungen" und "Übernahme von Verantwortung für die Folgen seiner Straftat" sind (BTDrucks. 12/6853 S. 21), kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die allgemeine strafmildernde Berücksichtigung der Schadenswiedergutmachung konnte die hier gebotene Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 a StGB nicht ersetzen (BGH StV 2000, 129 m.w.N.). Über die Strafe ist deshalb neu zu befinden.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.