Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 253/19
vom
11. Juli 2019
in dem Sicherungsverfahren und der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:110719B1STR253.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 11. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 11. März 2019 aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat im zweiten Rechtsgang den Angeklagten und Beschuldigten (im Folgenden lediglich: Beschuldigten) in dem wegen eines Teils der verfahrensgegenständlichen Taten als Straf- und wegen einer weiteren Tat im Sinne von § 264 StPO als Sicherungsverfahren geführten Verfahren erneut freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, nachdem eine vorhergehende gleichlautende Entscheidung durch Beschluss des Senats vom 4. April 2018 (1 StR 116/18) wegen widersprüchlicher Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten aufgehoben worden war. Die gegen seine Unterbringung gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Beschuldigten hat den aus der Be- schlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen waren bereits in Rechtskraft erwachsen. Nunmehr hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt , dass der Beschuldigte infolge seiner paranoiden Schizophrenie unfähig war, das Unrecht seiner drei Taten einzusehen (§ 20 StGB).
3
2. Die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) hält dennoch der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Denn die Gefahrenprognose ist nicht tragfähig begründet.
4
a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme , die besonders gravierend in die Rechte des Betroffenen eingreift. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass vom Täter infolge seines fortdauernden Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu stellen und hat sich darauf zu erstrecken , ob und welche rechtswidrigen Taten vom Täter infolge seines Zustands drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit, Rückfallfrequenz ) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2013 – 2 BvR 2957/12 Rn. 27; BGH, Beschluss vom 7. Juli 2016 – 4 StR 79/16 Rn. 6). Bei den zu erwartenden Taten muss es sich um solche handeln, die geeignet erscheinen, den Rechtsfrieden schwer zu stören sowie das Gefühl der Rechtssicherheit erheblich zu beeinträchtigen, und die damit zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sind (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 22. Mai 2019 – 5 StR 683/18 Rn. 15; vom 11. Oktober 2018 – 4 StR 195/18 Rn. 17 und vom 26. Juli 2018 – 3 StR 174/18 Rn. 12). An die Darlegung der künftigen Gefährlichkeit sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 62 StGB) um einen Grenzfall handelt (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2012 – 4 StR 224/12 Rn. 8 und vom 8. November 2006 – 2 StR 465/06 Rn. 8).
5
Der Umstand, dass ein Täter trotz bestehender Grunderkrankungen in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, kann dabei ein gewichtiges Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit künftiger gefährlicher Straftaten sein und ist deshalb regelmäßig zu erörtern (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 7. Mai 2019 – 4 StR 135/19 Rn. 6; vom 4. Juli 2012 – 4 StR 224/12 Rn. 11 und vom 9. Mai 2019 – 5 StR 109/19 Rn. 14; Urteile vom 22. Mai 2019 – 5 StR 99/19 Rn. 9 und vom 17. November 1999 – 2 StR 453/99 Rn. 5, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 27).
6
b) An diesen Grundsätzen gemessen erweisen sich die Erwägungen als lückenhaft, mit denen das Landgericht seine Gefahrenprognose bei den nicht besonders schwerwiegenden Anlasstaten (Körperverletzungen [§ 223 StGB] und Bedrohung [§ 241 StGB]), bei denen die Erheblichkeitsschwelle nicht deutlich überschritten ist, begründet hat. Denn es bleibt unerörtert, dass der Beschuldigte im Zeitraum von September 2005 bis April 2016 trotz bestehender Grunderkrankung weder Körperverletzungen noch andere Straftaten von ausreichendem Gewicht beging. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Beschul- digte innerhalb der in dieser Sache angeordneten einstweiligen Unterbringung (§ 126a StPO) während eines Zeitraums von fast eineinhalb Jahren keinen Regelverstoß beging, ohne dass er psychotherapeutisch behandelt worden wäre. Dass er außerhalb des Vollzugs die verordneten neuroleptischen Medikamente absetzen würde, ist zudem derzeit nicht ausreichend belegt.
7
3. Die Feststellungen sind von dem Erörterungsmangel nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht wird sich eingehender mit der Erheblichkeit der Anlasstaten und den zu erwartenden Taten auseinanderzusetzen und sie zu werten haben. Es kann ergänzende Feststellungen treffen, sofern diese den aufrechterhaltenen nicht widersprechen.
Raum Fischer Hohoff Leplow Pernice

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 116/18
vom
4. April 2018
in dem Sicherungsverfahren und der Strafsache
gegen
ECLI:DE:BGH:2018:040418B1STR116.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. April 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 4. Dezember 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; davon ausgenommen sind diejenigen zu den äußeren Tatgeschehen, die bestehen bleiben.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten und Beschuldigten (im Folgenden lediglich: Beschuldigten) in dem wegen eines Teils der verfahrensgegenständlichen Taten als Strafverfahren und wegen einer weiteren Tat im Sinne von § 264 StPO als Sicherungsverfahren geführten Verfahren freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
2
Seine dagegen gerichtete Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antrags- schrift des Generalbundeanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Das Landgericht hat – insoweit ohne Rechtsfehler – die rechtswidrige Begehung von drei Anlasstaten des Beschuldigten näher festgestellt. Sachverständig durch einen Psychiater beraten hat es dabei jeweils eine Aufhebung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten, der seit langem an einer dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB zugeordneten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis (ICD-10: F.20.0) leidet und deswegen in der Vergangenheit häufig stationär behandelt worden war, nicht auszuschließen vermocht.
4
2. Die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die vom Landgericht der Unterbringungsentscheidung zugrunde gelegte Schuldfähigkeitsbeurteilung enthält durchgreifende Rechtsfehler. Sie lässt nicht widerspruchsfrei erkennen, dass der Beschuldigte die Anlasstaten jeweils im Zustand sicher erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat.
5
a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat(en) aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder sicher erheblich vermindert schuldfähig war (etwa BGH, Beschluss vom 8. November 2017 – 4 StR 242/17, Rn. 5; in NStZ-RR 2018, 12 f. nur redaktioneller Leitsatz). Wie das Landgericht im Ausgangspunkt an sich nicht verkannt hat, erfordert die Entscheidung, ob die Schuldfähigkeit des Unterzubringenden zur Tatzeit bzw. zu den Tatzeiten aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe ausgeschlossen oder im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert war, grundsätzlich eine mehrstufige Prüfung (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 30. März 2017 – 4 StR 463/16, NStZ-RR 2017, 165, 166 und Beschluss vom 21. November 2017 – 2 StR 375/17, Rn. 5; in NStZ-RR 2018, 69 nur redaktioneller Leitsatz jeweils mwN). Nach der Feststellung, bei dem Täter liegt eine psychische Störung vor, die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist, bedarf es näherer Feststellungen zum Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters. Aufgrund der festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss die psychische Funktionsfähigkeit des Täters bei Begehung der Anlasstaten in relevanter Weise beeinträchtigt gewesen sein (vgl. BGH jeweils aaO).
6
Die Frage, ob bei Vorliegen eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB bei – mit sachverständiger Hilfe festgestelltem – gesichertem Vorliegen eines psychiatrischen Befunds die Schuldfähigkeit des Täters aufgehoben oder im Sinne von § 21 StGB erheblich beeinträchtigt war, ist eine Rechtsfrage. Um sie beantworten zu können und zudem eine revisionsgerichtliche Kontrolle der tatgerichtlichen Entscheidung darüber zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2015 – 1 StR 287/15, NJW 2016, 341 f.; Beschluss vom 29. Juni 2016 – 1 StR 254/16, StV 2017, 592 f.), bedarf es im Urteil des Tatgerichts konkretisierender und widerspruchsfreier Darlegungen dazu, in welcher Weise sich die festgestellte Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Täters in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts - oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (st. Rspr.; siehe BGH, Urteil vom 30. März 2017 – 4 StR 463/16, NStZ-RR 2017, 165, 166; Beschluss vom 21. November 2017 – 2 StR 375/17, Rn. 5; in NStZ-RR 2018, 69 nur redaktioneller Leitsatz und Beschluss vom 28. Januar 2016 – 3 StR 521/15, NStZ-RR 2016, 135). Solche Darlegungen sind im Rahmen der Unterbringungsanordnung auch deshalb geboten, weil die im Rahmen des § 63 StGB zu erstellende Gefährlichkeitsprognose maßgeblich auch an den Zustand des Täters bei Begehung der Anlasstaten anknüpft (BGH, Beschluss vom 18. November 2013 – 1 StR 594/13, NStZ-RR 2014, 75, 77; Urteil vom 29. September 2015 – 1 StR 287/15, NJW 2016, 341 f.).
7
b) Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgezeigt hat, genügt das angefochtene Urteil den gestellten Anforderungen an widerspruchsfreie Darlegungen zur Schuldfähigkeitsbeurteilung nicht.
8
Im Rahmen seiner Feststellungen geht das Landgericht von einer nicht ausschließbaren vollständigen Aufhebung der Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten bei den Anlasstaten aus (UA S. 5). Auch wenn psychische Störungen, bei denen sowohl die Einsichts- als auch die Steuerungsfähigkeit aufgehoben sind, eher eine Ausnahme darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 – 2 StR 394/05, NStZ-RR 2006, 167, 168; Beschluss vom 21. November 2017 – 2 StR 375/17, NStZ-RR 2018, 69 Rn. 7), bildet dies allein noch keinen durchgreifenden Rechtsmangel. Allerdings lässt sich die genannte Feststellung mit den weiteren Urteilsgründen nicht widerspruchsfrei vereinbaren. So leitet das Landgericht seine rechtliche Würdigung damit ein, der Beschuldigte habe sich bei Begehung der Taten jeweils in einem Zustand befunden , in dem er – zumindest nicht ausschließbar – unfähig gewesen sei, nach der bei ihm vorhandenen Fähigkeit, das Unrecht seiner Taten einzusehen, zu handeln (UA S. 13 f.). Davon habe sich das Landgericht, beraten durch den psychiatrischen Sachverständigen, überzeugt (UA S. 14). Damit stellt das Landgericht aber allein auf die Steuerungsfähigkeit ab.
9
Zu dem damit ohnehin bereits vorhandenen gewissen Widerspruch zu den bereits genannten Feststellungen (UA S. 5) treten weitere Unklarheiten in den die Schuldfähigkeitsbeurteilung betreffenden Darlegungen hinzu. Nach den wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen, auf den das Landgericht seine Überzeugungsbildung stützt, ist dieser davon ausgegangen, dem Beschuldigten habe nicht ausschließbar krankheitsbedingt die Einsichtsfähigkeit vollständig gefehlt (UA S. 14). Der bei dem Beschuldigten vorhandene wahnhafte Zustand führe aus psychiatrischer Sicht dazu, dass der Beschuldigte nicht in den Lage (gewesen) sei, über Recht und Unrecht zu reflektieren, was dem Fehlen der Einsichtsfähigkeit im Sinne von § 20 StGB entspreche (UA S. 14 unten). Weiter heißt es in der Darstellung des Gutachtens, der Sachverständige könne mit Sicherheit die Voraussetzungen für eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit annehmen, die Aufhebung der Einsichtsfähigkeit aber nicht ausschließen (UA S. 15 oben). Dem folgt das Landgericht aus eigener Überzeugung in vollem Umfang und nimmt (nunmehr) an, es sei die Einsichtsfähigkeit nicht ausschließbar aufgehoben gewesen (UA S. 15 Mitte). Zur Steuerungsfähigkeit verhält sich das Landgericht in der vorgenannten Urteilspassage nicht mehr.
10
c) Angesichts der mehrfach nicht ohne weiteres miteinander in Einklang zu bringenden Darlegungen über die Auswirkungen der bei dem Beschuldigten diagnostizierten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis auf die Schuldfähigkeit des Beschuldigten bei den Anlasstaten bildet selbst der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe bei Anlegung des aufgezeigten Maßstabs der Widerspruchsfreiheit keine insoweit tragfähige Grundlage für die Unterbringungsanordnung. Wegen des in unzureichenden Darlegungen zur Schuldfähigkeitsbeurteilung liegenden Rechtsfehlers bedarf es neben der Aufhebung der Unterbringungsentscheidung auch der Aufhebung der zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Die Feststellungen zu den äußeren Abläufen der drei Anlasstaten sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen. Sie bleiben daher bestehen.
11
Der Umstand, dass allein der Beschuldigte Revision eingelegt hat, steht der Aufhebung des Freispruchs von der am 21. Juni 2016 begangenen, im Strafverfahren verfolgten prozessualen Tat (B.I. der Urteilsgründe) gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht entgegen, weil die Unterbringung gemäß § 63 StGB und der auf § 20 StGB gestützte Freispruch gleichermaßen von der Bewertung der Schuldfähigkeit abhängen und deshalb zwischen beiden Entscheidungen aus sachlich-rechtlichen Gründen ein untrennbarer Zusammenhang besteht (siehe nur BGH, Beschluss vom 21. November 2017 – 2 StR 375/17, NStZ-RR 2018, 69 Rn. 13 mwN).
12
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
13
a) Angesichts der häufigen und insgesamt über mehrere Jahre andauernden stationären Aufenthalte des Beschuldigten im Bezirkskrankenhaus L. könnte sich die Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) anbieten, der nicht bereits in die dortige Behandlung des Beschuldigten eingebunden war.
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b) Sollte sich bei der erneuten Begutachtung ebenfalls ein auch durch akustische Halluzinationen (dialogische Stimmen) mitgeprägtes Wahnsystem bei dem Beschuldigten ergeben, wird es näherer Darlegungen sowohl zum Inhalt dieses Wahnsystems und seiner konkreten Ausprägung als auch zu den Auswirkungen des Störungsbildes auf die Schuldfähigkeit bedürfen (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 30. März 2017 – 4 StR 463/16, NStZ-RR 2017, 165,

166).


15
c) Für den Fall, dass sich in der neuen Hauptverhandlung wiederum ein wahnhaftes Störungsbild, etwa die bislang diagnostizierte Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, als gegenüber dem bei dem Beschuldigten eben- falls vorhandenen schädlichen Gebrauch von Alkohol führendes Störungsbild erweist, dürfte auch im Rahmen von § 72 Abs. 1 und 2 StGB eine Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) kaum in Betracht kommen. Typischerweise wird eine derartige Psychose der für die Anordnung des § 64 StGB erforderlichen hinreichenden Aussicht auf einen Therapieerfolg entgegenstehen (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 1 StR 254/16, StV 2017, 592 f. mwN). Ein schädlicher Gebrauch von Alkohol und eine Alkoholabhängigkeit werden zudem regelmäßig im Vollzug der Maßregel § 63 StGB mitbehandelt werden können (BGH aaO mwN).
Raum Graf Radtke Fischer Hohoff

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

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a) Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 Satz 1 StGB kommt als außerordentlich beschwerende Maßnahme nur dann in Betracht, wenn eine Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Bei den zu erwartenden Taten muss es sich um solche handeln, die geeignet erscheinen, den Rechtsfrieden schwer zu stören sowie das Gefühl der Rechtssicherheit erheblich zu beeinträchtigen, und damit zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 2018 – 4 StR 195/18, NStZ-RR 2019, 41, 42; vom 26. Juli 2018 – 3 StR 174/18 Rn. 12, und vom 10. April 2014 – 4 StR 47/14 Rn. 14; Beschlüsse vom 31. Oktober 2018 – 3 StR 432/18 Rn. 6 und vom 4. Juli 2012 – 4 StR 224/12, NStZ-RR 2012, 337, 338, jeweils mwN). Zudem ist eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades für die Begehung solcher Taten erforderlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 2018 – 1 StR 36/18 Rn. 25 und vom 16. Januar 2013 – 4 StR 520/12, NStZ-RR 2013, 141, 142 mwN). Die Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018 – 4 StR 195/18, aaO, mwN).
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a) Eine Unterbringung nach § 63 Satz 1 StGB kommt nur dann in Betracht , wenn eine Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Dabei muss es sich um Taten handeln, die zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 – 3 StR 174/18, Rn. 12 mwN). Zudem ist eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2018 – 1 StR 36/18, Rn. 25; Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 618/16, BGHR StGB § 63 Beweiswürdigung 2; Beschluss vom 16. Januar 2013 – 4 StR 520/12, NStZ-RR 2013, 141, 142 mwN). Die zu stellende Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat zu entwickeln (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 – 4 StR 348/12, NStZ 2013, 424 mwN). Dabei sind neben der konkreten Krankheits- und Kriminalitätsentwicklung auch die auf die Person des Täters und seine konkrete Le- benssituation bezogenen Risikofaktoren, die eine individuelle krankheitsbedingte Disposition zur Begehung von Straftaten jenseits der Anlasstaten belegen können, einzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2016 - 1 StR 594/16, NStZ-RR 2017, 76, 77; Beschluss vom 7. Juni 2016 - 4 StR 79/16, NStZ-RR 2016, 306 f. mwN).
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Dementsprechend ist nach wie vor davon auszugehen, dass nur solche Taten als erheblich im Sinne des § 63 Satz 1 StGB anzusehen sind, die geeignet erscheinen, den Rechtsfrieden empfindlich bzw. schwer zu stören sowie das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen, und damit zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sind (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 18; BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 - 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202 mwN). Das kommt bei Gewalt- und Aggressionsdelikten regelmäßig in Betracht (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - 2 BvR 2181/11, NJW 2012, 513, 514; BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2011 - 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202; vom 25. April 2012 - 4 StR 81/12, juris Rn. 5), ist indes stets anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu prüfen (BT-Drucks. aaO, S. 18; BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 - 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202 mwN). Einfache Körperverletzungen im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB, die nur mit geringer Gewaltanwendung verbunden sind und die Erheblichkeitsschwelle der tatbestandlich vorausgesetzten Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit lediglich unwesentlich überschreiten, reichen grundsätzlich nicht aus; das gilt beispielsweise für eine einfache Ohrfeige (BGH, Beschluss vom 28. August 2012 - 3 StR 304/12, juris Rn. 4 f.), das Ziehen an den Haaren, einen Stoß gegen die Brust oder einen Kniff ins Gesäß (BT-Drucks. aaO, S. 19). Nicht erforderlich ist hingegen, dass Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer körperlich oder seelisch "schwer" geschädigt werden (BT-Drucks. aaO, S. 19). Dementsprechend sind etwa Faustschläge ins Gesicht in der Regel bereits mittlerer Kriminalität zuzurechnen , insbesondere wenn sie Platzwunden zur Folge haben, die ärztlich versorgt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2010 - 3 StR 268/10, juris).

Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.

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Die für die Maßregelanordnung erforderliche Gefährlichkeitsprognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters , seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln (BGH, Urteil vom 17. August 1977 – 2 StR 300/77, BGHSt 27, 246, 248 f.; Urteil vom 17. November 1999 – 2 StR 453/99, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 27). Dabei sind an die Darlegungen umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 62 StGB) um einen Grenzfall handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2006 – 2 StR 465/06, NStZ-RR 2007, 73,
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1. Eine Unterbringung nach § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass von dem Täter infolge seines fortdauernden Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln und hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten von dem Täter infolge seines Zustandes drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit, Rückfallfrequenz) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2013 – 2 BvR 2957/12, Rn. 27; BGH, Beschluss vom 7. Juni 2016 – 4 StR 79/16, NStZ-RR 2016, 306 mwN). Der Umstand, dass ein Täter trotz bestehender Grunderkrankung in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, kann dabei ein gewichtiges Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit künftiger gefährlicher Straftaten sein und ist deshalb regelmäßig zu erörtern (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2019 – 4 StR 419/18, Rn. 13; Beschluss vom 4. Juli 2012 – 4 StR 224/12, NStZ-RR 2012, 337, 338; Beschluss vom 11. März 2009 – 2 StR 42/09, NStZ-RR 2009, 198, 199; Urteil vom 17. November 1999 – 2 StR 453/99, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit
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Die für die Maßregelanordnung erforderliche Gefährlichkeitsprognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters , seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln (BGH, Urteil vom 17. August 1977 – 2 StR 300/77, BGHSt 27, 246, 248 f.; Urteil vom 17. November 1999 – 2 StR 453/99, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 27). Dabei sind an die Darlegungen umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 62 StGB) um einen Grenzfall handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2006 – 2 StR 465/06, NStZ-RR 2007, 73,
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Die für die Maßregelanordnung erforderliche Gefährlichkeitsprognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters , seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln (vgl. BGH, Urteile vom 17. August 1977 – 2 StR 300/77, BGHSt 27, 246, 248 f.; vom 17. November 1999 – 2 StR 453/99, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 27; Beschluss vom 8. Januar 2014 – 5 StR 602/13, NJW 2014, 565, 566). Dabei ist in diese Würdigung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine länger währende Straffreiheit als gewichtiges Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit künftiger gefährlicher Taten einzubeziehen (vgl. BGH, Urteile vom 28. August 2012 – 5 StR 295/12, NStZ-RR 2012, 366, 367; vom 10. Dezem- ber 2014 – 2 StR 170/14, NStZ 2015, 387, 388 mwN; Beschlüsse vom 11. März 2009 – 2 StR 42/09, NStZ-RR 2009, 198, 199; vom 4. Juli 2012 – 4 StR 224/12, NStZ-RR 2012, 337, 338). Danach hätte die Strafkammer auch in Bezug auf die Gefährlichkeitsprognose den Umstand nicht unerörtert lassen dürfen, dass der Beschuldigte seit seinem Eintreffen in Deutschland und damit in einem Zeitraum, in dem bei ihm nach der Annahme des Sachverständigen die diagnostizierte psychische Störung schon vorgelegen haben soll, strafrechtlich unauffällig geblieben ist.
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Das gilt namentlich für die von der Beschwerdeführerin beanstandete Gefährlichkeitsprognose. Das Landgericht hat dabei – im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2016 – 2 StR 108/16) – auf die bisherige Zeit der Erkrankung, das Verhalten der Be- schuldigten in der einstweiligen Unterbringung und die erstmalige Auffälligkeit mit einer rechtswidrigen Tat im Alter von 52 Jahren trotz bereits 14 Jahre dauernder Krankheit abgestellt. Zudem hat es zutreffend gesehen, dass die bloße Möglichkeit der krankheitsbedingten Begehung rechtswidriger Taten, wie sie die Sachverständige formuliert hat („kommen könne“), die Unterbringung nach § 63 StGB nicht rechtfertigen kann (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2015 – 2 StR 393/14, NStZ-RR 2015, 306, 307; BVerfG, Beschluss vom 22. August 2017 – 2BvR 2039/16). Die Strafkammer hat damit eine höhergradige Wahrscheinlichkeit der krankheitsbedingten Begehung erheblicher Straftaten rechtsfehlerfrei abgelehnt.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.

(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1831 Absatz 5 und des § 1820 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.