Bundesfinanzhof Beschluss, 01. Feb. 2012 - VII B 234/11

bei uns veröffentlicht am01.02.2012

Tatbestand

1

I. Im Rahmen von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung über Kundenbeziehungen deutscher Kapitalanleger zu Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaften wurde bekannt, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vom 23. April 1999 bis 20. Februar 2003 als Kunde bei der X-AG geführt worden ist. Daraufhin forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger auf, im Zusammenhang mit der X-AG stehende Konto- und Depotauszüge einzureichen, die Herkunft der ggf. in der Schweiz angelegten Mittel zu erklären und sich zur Besteuerung der daraus ggf. resultierenden Beträge zu äußern. Auf die Mitteilung des Klägers, lediglich mit einer --ergebnislos gebliebenen-- Kreditanfrage im Jahre 1999 Kontakt mit der X-AG gehabt zu haben, forderte das FA von ihm, diese Angaben bzw. das Nichtbestehen von Geschäftsbeziehungen durch entsprechende Bescheinigungen der X-AG zu belegen.

2

Auf die Mitteilung des Klägers, er könne über nicht bestehende Geschäftsbeziehungen keine Bescheinigungen vorlegen, drohte das FA die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 400 € an und setzte nach ergebnislosem Ablauf der für die Vorlage der Bescheinigungen gesetzten Frist das Zwangsgeld fest.

3

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Im Klageverfahren legte der Kläger ein Schreiben der X-AG vor, wonach unter den von ihm angegebenen Kundendaten in den letzten fünf Jahren keine Geschäftsbeziehungen bestanden hätten. Das Finanzgericht (FG) urteilte, entgegen der Auffassung des Klägers greife das Zwangsmittelverbot nach § 393 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) wegen der Gefahr der Selbstbelastung nicht. Die Steuerfahndung habe keine steuerstrafrechtlichen Ermittlungen geführt, sondern sei zur Ermittlung unbekannter Fälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO tätig geworden. Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand bestehe noch kein Anfangsverdacht für Steuerstraftaten oder Steuerordnungswidrigkeiten. Wie sich aus dem Begriff "belasten" i.S. des § 393 Abs. 1 Satz 2 AO ergebe, seien steuerliche Zwangsmittel im Zusammenhang mit straflosen Vorbereitungshandlungen zulässig. Dem Kläger verbleibe die Möglichkeit der Selbstanzeige. Die Anforderung der Unterlagen sei auch weiterhin gerechtfertigt, da das Schreiben der X-AG nicht den Ermittlungszeitraum betreffe.

4

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage geltend. Zu klären sei, ob ein Steuerpflichtiger durch Zwangsmittel zur Beschaffung ihm nicht vorliegender Unterlagen verpflichtet werden könne, obwohl das FA berechtigt gewesen wäre, wegen der Nichtvorlage der Bescheinigung die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Die angebliche Verpflichtung widerspreche der Systematik der AO und sei deshalb geeignet, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Insbesondere würden die Grenzen zwischen steuerlichen und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren verwischt und die Norm des § 393 AO ad absurdum geführt. Die Revision sei auch zur Rechtsfortbildung hinsichtlich der vorgenannten Frage zuzulassen. Schließlich sei die Entscheidung des FG ermessensfehlerhaft und die Entscheidungsgründe ließen nicht erkennen, wie er, der Kläger, sich korrekt habe verhalten müssen, nachdem er die von der X-AG erteilte Bescheinigung im Klageverfahren vorgelegt und seine Verpflichtung damit erfüllt habe.

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Das FA hält die Nichtzulassungsbeschwerde für unzulässig.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet. Keiner der vom Kläger genannten Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt vor.

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1. Die Rechtsfrage, ob ein Steuerpflichtiger durch Zwangsmittel zur Beschaffung ihm nicht vorliegender Unterlagen verpflichtet werden könne, obwohl das FA berechtigt gewesen wäre, wegen der Nichtvorlage der Bescheinigung die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, ist in dieser allgemeinen Form im Streitfall nicht klärungsfähig und kann schon deshalb nicht die Zulassung der Revision erfordern. Denn die Beantwortung dieser Frage hängt von den konkreten Umständen ab, die zur Anforderung der Unterlagen geführt haben.

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2. Bezogen auf den Streitfall ist die Frage nicht klärungsfähig, weil die Steuerschätzung keine Alternative zur geforderten Beschaffung von Unterlagen ist. Denn die Steuerschätzung nach § 162 AO setzt voraus, dass das FA die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann und keine weitere Aufklärung --ggf. unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen (§ 162 Abs. 2, § 90 AO)-- möglich ist. Die Anforderung der Unterlagen diente aber zunächst der Ermittlung, ob überhaupt ein steuerbarer Sachverhalt vorlag.

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3. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht aus der --vom Kläger zwar so nicht formulierten, aber wohl gemeinten-- Frage, ob die Festsetzung des Zwangsgeldes während der Vorermittlungen i.S. des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO wegen des Erzwingungsverbots des § 393 AO unzulässig ist. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Ihr kommt deshalb weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordert sie eine Rechtsfortbildung (vgl. zur Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung z.B. den Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Januar 2011 V B 65/10, BFH/NV 2011, 646, und zur Zulassung wegen Rechtsfortbildung z.B. Beschluss vom 3. Dezember 2010 V B 29/10, BFH/NV 2011, 563).

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An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder diese offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2011 VII B 3/11, BFH/NV 2011, 2079; BFH-Beschlüsse vom 18. August 2005 II B 90/04, BFH/NV 2006, 62; vom 26. Mai 2004 III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221; vom 10. Oktober 1994 X B 9/94, BFH/NV 1995, 472, m.w.N.).

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Das FG hat im Streitfall die Voraussetzungen des Erzwingungsverbots des § 393 Abs. 1 Satz 2 AO zu Recht verneint. Die Regelung verbietet die Anwendung von Zwangsmitteln nicht nur im Strafverfahren, sondern bereits im Besteuerungsverfahren, wenn der Steuerpflichtige dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Unbeschadet dessen, ob die Vorschrift im Rahmen der sog. Vorfeldermittlungen i.S. des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO, um die es sich im Streitfall nach den insoweit den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) handelt, überhaupt anwendbar ist, würde die Beschaffung der geforderten Unterlagen noch zu keiner Selbstbezichtigung des Klägers geführt haben. Denn selbst wenn aus den Unterlagen hervorginge, dass der Kläger im Inland steuerpflichtiges Einkommen auf Schweizer Konten transferiert hat, so hätte es --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- in seiner Hand gelegen, die Strafverfolgung zu verhindern. Zur Selbstbezichtigung hätte die geforderte Mitwirkung nur dann werden können, wenn der Kläger --falls er eine Steuerstraftat begangen oder versucht haben sollte-- nicht den Weg der strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO wählte. Diese Möglichkeit stand und steht ihm nach den mit der Beschwerde nicht angefochtenen Feststellungen des FG offen, da die Steuerfahndung die Mitwirkung des Klägers zu einem Zeitpunkt forderte, in dem sie noch keinen konkreten Tatverdacht gegen den Kläger hatte, so dass keiner der die Straffreiheit ausschließenden Fälle des § 371 Abs. 2 AO vorlag.

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4. Mit dem Vorwurf, die Entscheidung des FG sei ermessensfehlerhaft und das FG habe nicht beachtet, dass er mit der Vorlage der von der X-AG erteilten Bescheinigung im Klageverfahren seine Verpflichtung erfüllt habe, rügt der Kläger materiell-rechtliche Fehler des FG, die --selbst wenn sie vorlägen-- nicht zur Zulassung der Revision führen. Die Rügen betreffen auch keine offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung, die ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führen könnten (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 28. August 2007 VII B 357/06, BFH/NV 2008, 113; BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031, m.w.N.).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Abgabenordnung - AO 1977 | § 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen un

Abgabenordnung - AO 1977 | § 371 Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung


(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht n

Abgabenordnung - AO 1977 | § 393 Verhältnis des Strafverfahrens zum Besteuerungsverfahren


(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328

Abgabenordnung - AO 1977 | § 208 Steuerfahndung (Zollfahndung)


(1) Aufgabe der Steuerfahndung (Zollfahndung) ist1.die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten,2.die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nummer 1 bezeichneten Fällen,3.die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steu

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Gründe 1 Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.

(1) Aufgabe der Steuerfahndung (Zollfahndung) ist

1.
die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten,
2.
die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nummer 1 bezeichneten Fällen,
3.
die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle.
Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes haben außer den Befugnissen nach § 404 Satz 2 erster Halbsatz auch die Ermittlungsbefugnisse, die den Finanzämtern (Hauptzollämtern) zustehen. In den Fällen der Nummern 2 und 3 gelten die Einschränkungen des § 93 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 und des § 97 Absatz 2 nicht; § 200 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 gilt sinngemäß, § 393 Abs. 1 bleibt unberührt.

(2) Unabhängig von Absatz 1 sind die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes zuständig

1.
für steuerliche Ermittlungen einschließlich der Außenprüfung auf Ersuchen der zuständigen Finanzbehörde,
2.
für die ihnen sonst im Rahmen der Zuständigkeit der Finanzbehörden übertragenen Aufgaben.

(3) Die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter (Hauptzollämter) bleiben unberührt.

(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Aufgabe der Steuerfahndung (Zollfahndung) ist

1.
die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten,
2.
die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nummer 1 bezeichneten Fällen,
3.
die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle.
Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes haben außer den Befugnissen nach § 404 Satz 2 erster Halbsatz auch die Ermittlungsbefugnisse, die den Finanzämtern (Hauptzollämtern) zustehen. In den Fällen der Nummern 2 und 3 gelten die Einschränkungen des § 93 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 und des § 97 Absatz 2 nicht; § 200 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 gilt sinngemäß, § 393 Abs. 1 bleibt unberührt.

(2) Unabhängig von Absatz 1 sind die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes zuständig

1.
für steuerliche Ermittlungen einschließlich der Außenprüfung auf Ersuchen der zuständigen Finanzbehörde,
2.
für die ihnen sonst im Rahmen der Zuständigkeit der Finanzbehörden übertragenen Aufgaben.

(3) Die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter (Hauptzollämter) bleiben unberührt.

(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.

Gründe

1

Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf grundsätzliche Bedeutung und Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) zuzulassen.

3

a) Der Kläger hält es für klärungsbedürftig, ob es "die Erteilung des Unterrichts als 'Privatlehrer' im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG [erfordert], dass der Lehrer für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt und ob es [genügt], dass die Auftraggeber bei geringer Nachfrage berechtigt sind, ohne Zahlungsverpflichtung Vorträge und Seminare abzusagen, um die Tätigkeit des Klägers als solche eines 'Privatlehrers' zu qualifizieren …?"

4

b) Nach dem zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (BFH/NV 2010, 583 Rdnrn. 21 bis 23 und 32) bezieht sich die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung entgegen ihrer deutschen Sprachfassung nicht auf den "von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht", sondern entsprechend den anderen Sprachfassungen der Richtlinie auf "Unterrichtseinheiten, die von Unterrichtenden erteilt werden und sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen".

5

Wie der EuGH weiter entschieden hat, gehört hierzu im Wesentlichen die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende im Rahmen einer Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit (EuGH-Urteil Eulitz in BFH/NV 2010, 583 Rdnr. 32). Dabei ist nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden, der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben (EuGH-Urteil Eulitz in BFH/NV 2010, 583 Rdnr. 35).

6

c) Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen sind auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG), an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden ist, nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. April 2009 XI B 61/08, nicht veröffentlicht --n.v.--).

7

Denn nach den für den Senat in einem Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des FG war nicht festzustellen, dass der Kläger mit Ausnahme der als steuerfrei anerkannten Lehrgänge weitere Vortrags- oder Unterrichtsleistungen erbracht hat, die der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Rahmen einer Ausbildung gedient hätten.

8

Fallen die durch den Kläger erbrachten Leistungen bereits nach ihrem Leistungsgegenstand nicht unter Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG, ist aber nicht klärungsfähig, welche Anforderungen der Unternehmer in eigener Person zu erfüllen hat, um die Steuerfreiheit nach dieser Bestimmung in Anspruch zu nehmen.

9

2. Die Beschwerde hat auch insoweit keinen Erfolg, als der Kläger die grundsätzliche Bedeutung weiter darauf stützt, dass klärungsbedürftig sei, ob "es bei dem Tatbestandsmerkmal einer 'Einrichtung mit sozialem Charakter' im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 77/388/EWG noch der förmlichen anderweitigen Anerkennung [bedarf], wenn die Kosten der Leistungen als freiberuflicher Dozent und Fachberater im vollen Umfang vom Jugendamt, Landesjugendamt oder anerkannten gemeinnützigen Trägern der freien Jugendhilfe getragen und honoriert werden …".

10

Liegt zu der im Beschwerdeverfahren herausgestellten Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, gehört zu der erforderlichen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) auch eine fundierte Stellungnahme dazu, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt habe oder aufgrund welcher neuen Entwicklung sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden müsse (BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 2007 II B 107/06, BFH/NV 2008, 573; vom 14. April 2009 II B 92/08, n.v.). Daher hätte die Beschwerde den Begründungserfordernissen nur genügt, wenn sich der Kläger mit der zu dieser Bestimmung ergangenen Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 26. Mai 2005 Rs. C-498/03, Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., BFH/NV Beilage 2005, 310) und der des Senats (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634) auseinandergesetzt hätte, was aber unterblieben ist.

11

3. Soweit der Kläger meint, das FG sei zu einer Vorlage an den EuGH verpflichtet gewesen, übersieht er, dass Gerichte, deren Entscheidungen mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, nach dem im Zeitpunkt des Urteils des FG anzuwendenden Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet sind, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Das FG ist danach auch dann nicht verpflichtet, eine solche Vorabentscheidung einzuholen, wenn es die Revision gegen sein Urteil nicht zulässt (BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 1996 VII B 169/95, BFH/NV 1996, 652; vom 14. März 2008 V B 137/06, BFH/NV 2008, 1213, und vom 14. April 2009 II B 92/08, n.v.).

12

4. Die Rüge, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, ist nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger hätte insoweit ausführen müssen, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. Mai 2007 VI B 119/06, BFH/NV 2007, 1697; vom 19. Januar 2010 IV B 136/08, BFH/NV 2010, 918).

13

Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Das FG hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG auch mit der Begründung verneint, der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass und ggf. welche der Leistungen im Sinne dieser Vorschrift er ausgeführt haben will. Inwiefern die Beachtung des Schriftsatzes vom 19. Mai 2010 zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, hat der Kläger nicht dargelegt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Rechtsfragen zur Auslegung des Unionsrechts sind bereits geklärt.

3

a) Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt in Betracht, wenn Auslegungszweifel in Bezug auf das anzuwendende Unionsrecht vorhanden sind und im Revisionsverfahren voraussichtlich eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuholen wäre (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. November 2007 IV B 169/06, BFH/NV 2008, 390).

4

b) Die Klägerin wirft in der Beschwerdebegründung vom 17. Juni 2010 mehrere unionsrechtliche Auslegungsfragen auf.

5

aa) Sie hält gestützt auf Ausführungen im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. September 2008  2 BvR 1321/07 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 60) das Unionsrecht hinsichtlich der Frage für auslegungsbedürftig, ob die Einspruchsfrist (§§ 347 Abs. 1 Satz 1, 355 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--) bei einer fehlerhaften Umsetzung der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG durch den Gesetzgeber einer Anlaufhemmung unterliegen müsse, bis der Steuerpflichtige durch ein EuGH-Urteil Kenntnis vom Umsetzungsverstoß erlangen könne.

6

bb) Der EuGH müsse ferner darüber befinden, ob die Regelung in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO, der eine Änderung rechtswidriger bestandskräftiger Steuerbescheide nach § 130 AO ausschließe, den Vorgaben des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips zuwiderlaufe.

7

c) Diese unionsrechtlichen Fragen sind geklärt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf sein Urteil vom 16. September 2010 V R 57/09 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 2400; vgl. auch BFH-Entscheidungen vom 8. Juli 2009 XI R 41/08, BFH/NV 2010, 1, und vom 9. Juni 2010 X B 41/10, BFH/NV 2010, 1783).

8

2. Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ein Spezialtatbestand der Grundsatzrevision ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. April 2007 III B 36/06, BFH/NV 2007, 1518; in BFH/NV 2010, 1783), kommt auch die Zulassung der Revision aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht in Betracht.

9

3. Soweit die Klägerin eine Zulassung der Revision zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) begehrt, hat sie nicht --wie erforderlich-- die behauptete Abweichung durch das Gegenüberstellen einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus der Entscheidung der Vorinstanz einerseits und einer Divergenzentscheidung andererseits i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Die von ihr angeführten Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (FG) im Urteil vom 25. März 2010  4 K 29/10 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1549) und der Vorinstanz stimmen untereinander und auch mit dem Senatsurteil in DStR 2010, 2400 in ihren tragenden Rechtsgrundsätzen überein. Eine Zulassung der Revision zur Vermeidung einer drohenden "nachträglichen Divergenz" (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31. Oktober 2002 IV B 126/01, BFH/NV 2003, 291; Senatsbeschluss vom 26. Juni 2009 V B 34/08, BFH/NV 2009, 2011) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Senat hat die bei ihm anhängigen Verfahren mittlerweile entschieden; damit stimmen die tragenden Rechtssätze des angefochtenen FG-Urteils überein.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) war Geschäftsführer einer GmbH.

2

Mit Bescheid vom 9. Juni 1992 nahm der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) den Kläger für --von ihm für die GmbH am 18. Februar 1992 angemeldete, den Voranmeldungszeitraum Dezember 1991 betreffende-- rückständige Umsatzsteuern in Höhe von … DM in Haftung. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA zurück. Mit Urteil vom 19. März 2008, dem FA zugestellt am 7. April 2008, hob das Finanzgericht (FG) den Haftungsbescheid sowie die Einspruchsentscheidung wegen fehlerhafter Anwendung des Auswahlermessens auf.

3

Mit Haftungsbescheid vom 16. April 2008 nahm das FA den Kläger erneut als Haftungsschuldner in Höhe von insgesamt … € in Anspruch. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA zurück. Das FG hob mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 939 veröffentlichten Urteil den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung auf. Da Zahlungsverjährung hinsichtlich der von der GmbH geschuldeten Umsatzsteuer eingetreten sei, hätte der Haftungsbescheid gemäß § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht ergehen dürfen. Denn für die Feststellung der Zahlungsverjährung bei der Haftungsinanspruchnahme des Klägers sei auf den zweiten Haftungsbescheid vom 16. April 2008 und nicht auf den ersten Haftungsbescheid vom 9. Juni 1992 abzustellen.

4

Seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stützt das FA auf sämtliche in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründe.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO liegt vor.

6

1. Die Rechtssache hat --mangels Klärungsbedarfs-- nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung.

7

a) Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Juli 1999 IX B 81/99, BFHE 189, 401, BStBl II 1999, 760, und vom 21. April 1999 I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254, m.w.N.). Das ist sie, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, so dass mehrere Lösungen vertretbar sind (Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 115 Rz 102 ff., und Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt und die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. statt aller BFH-Beschluss vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231).

8

b) Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage, bis zu welchem Verfahrensstadium Ermessensfehler bei Haftungsbescheiden geheilt werden können, ist nicht klärungsbedürftig. Denn die Finanzbehörde kann nach § 102 Satz 2 FGO Ermessenserwägungen bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachschieben. Maßgeblicher Zeitpunkt ist daher der Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. bei Verfahren ohne mündliche Verhandlung das Urteil des FG, bis zu dem Ermessenserwägungen ergänzt werden können (Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 102 Rz 77).

9

2. Dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH im Streitfall erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO), ist weder schlüssig dargelegt noch ersichtlich. Denn zur schlüssigen Darlegung einer Divergenz gehört u.a. die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen. Des Weiteren ist auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage handelt (z.B. BFH-Beschluss vom 27. Juni 2008 II B 19/07, BFH/NV 2008, 1519).

10

a) Daran fehlt es, soweit das FA eine Divergenz des angegriffenen FG-Urteils zu den Senatsurteilen vom 11. Juli 2001 VII R 28/99 (BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267) und vom 5. Oktober 2004 VII R 18/03 (BFHE 208, 292, BStBl II 2005, 323) sowie zum BFH-Urteil vom 16. Dezember 2008 I R 29/08 (BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539) behauptet, ohne aber abstrakte Rechtssätze herauszuarbeiten und gegenüberzustellen.

11

b) Eine Divergenz, eine den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügende schlüssige Darlegung unterstellt, liegt aber auch aus folgenden Gründen nicht vor:

12

aa) Das FG weist in den Entscheidungsgründen zu Recht darauf hin, dass der dem Senatsurteil in BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267 zugrunde liegende Sachverhalt mit dem, der dem angegriffenen FG-Urteil zugrunde liegt, nicht vergleichbar ist. Denn im Unterschied zum vorgenannten Senatsurteil war im Streitfall die Zahlungsverjährung des Steueranspruchs bereits vor dem Erlass des zweiten Haftungsbescheids eingetreten und der erste Haftungsbescheid durch das FG aufgehoben worden.

13

bb) Auch ist dem FG-Urteil keine Divergenz zu dem Senatsurteil in BFHE 208, 292, BStBl II 2005, 323 zu entnehmen, da --wie das FG ausgeführt hat-- im Streitfall im Unterschied zum vorgenannten Senatsurteil Zahlungsverjährung hinsichtlich der für die Haftung akzessorischen Steuerschuld eingetreten war und die Haftungsinanspruchnahme des Klägers nicht an der Festsetzungsverjährung (§ 191 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 171 Abs. 3a AO) scheiterte.

14

cc) Die Revision ist auch nicht wegen (vermeintlicher) Divergenz des angegriffenen FG-Urteils zu dem BFH-Urteil in BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539 zuzulassen, weil sich der dem BFH-Urteil zugrunde liegende Sachverhalt vom Streitfall darin unterscheidet, dass dort der Haftungsbescheid noch während des Klageverfahrens vom FA --mit der Rechtsfolge des § 68 Satz 1 FGO-- ersetzt worden ist. Im Übrigen waren die Ausführungen zur Ersetzungsbefugnis des FA bis zum Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens für die Entscheidung nicht tragend.

15

3. Ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.

16

a) Bezüglich der behaupteten Verstöße gegen die Regelungen in § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 76 Abs. 1 FGO fehlt es bereits an der ausreichenden Darlegung i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Tatsächlich knüpft der Vorwurf, das FG habe seine Entscheidung auf der Grundlage eines unvollständig ermittelten Sachverhalts getroffen, ausschließlich an die angeblich fehlerhafte Sachverhaltswürdigung durch das FG an. So meint das FA --allerdings zu Unrecht--, dass das FG die teilweise Aufrechnung des FA mit Steuererstattungsansprüchen des Klägers nicht geprüft und daher Zahlungsverjährung hinsichtlich der gesamten Umsatzsteuerschuld angenommen habe. Offensichtlich hat das FG bei der Frage, ob Zahlungsverjährung hinsichtlich der Umsatzsteuerschuld eingetreten ist, die Aufrechnung als nicht entscheidungserheblich erachtet. Selbst wenn das zu beanstanden sein sollte, rechtfertigt ein solcher materiell-rechtlicher Fehler nicht die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24 und 45, sowie § 116 Rz 34, 38 und 42, m.w.N.).

17

b) Ein Verfahrensmangel ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen, die Entscheidung des FG verstoße gegen den klaren Inhalt der Akten. Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten kein Verfahrensmangel (vgl. BFH-Beschluss vom 14. November 2001 II B 29/00, BFH/NV 2002, 512), die Rüge eines solchen Verstoßes kann allerdings dahin zu verstehen sein, dass hiermit die Nichtbeachtung des § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO geltend gemacht wird, wonach das Gericht aus seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung heraus entscheidet. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 512).

18

Eine solche Berücksichtigung ist im Streitfall erfolgt, wie die ausdrückliche Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 25. Februar 2010 belegt. Dass das FG nicht die vom FA gewünschten rechtlichen Schlussfolgerungen gezogen hat, begründet jedoch keinen Verfahrensmangel.

(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.

(1) Aufgabe der Steuerfahndung (Zollfahndung) ist

1.
die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten,
2.
die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nummer 1 bezeichneten Fällen,
3.
die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle.
Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes haben außer den Befugnissen nach § 404 Satz 2 erster Halbsatz auch die Ermittlungsbefugnisse, die den Finanzämtern (Hauptzollämtern) zustehen. In den Fällen der Nummern 2 und 3 gelten die Einschränkungen des § 93 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 und des § 97 Absatz 2 nicht; § 200 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 gilt sinngemäß, § 393 Abs. 1 bleibt unberührt.

(2) Unabhängig von Absatz 1 sind die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Behörden des Zollfahndungsdienstes zuständig

1.
für steuerliche Ermittlungen einschließlich der Außenprüfung auf Ersuchen der zuständigen Finanzbehörde,
2.
für die ihnen sonst im Rahmen der Zuständigkeit der Finanzbehörden übertragenen Aufgaben.

(3) Die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter (Hauptzollämter) bleiben unberührt.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn

1.
bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung
a)
dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des § 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, oder
b)
dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
c)
ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung, oder
d)
ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
e)
ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des Einkommensteuergesetzes oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat oder
2.
eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste,
3.
die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25 000 Euro je Tat übersteigt, oder
4.
ein in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 6 genannter besonders schwerer Fall vorliegt.
Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart.

(2a) Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich.

(3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Absatz 4 angerechnet werden, sowie die Verzugszinsen nach Artikel 114 des Zollkodex der Union innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. In den Fällen des Absatzes 2a Satz 1 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die fristgerechte Entrichtung von Zinsen nach § 233a oder § 235 unerheblich ist.

(4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend.