Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) befördert Postsendungen. Gestellungspflichtige Sendungen aus Drittländern, die sie nicht selbst zu einem Zollverfahren anmelden kann, werden von ihr zu der für den Empfänger zuständigen Zollstelle befördert, dort gestellt und bis zur Abholung durch den Empfänger, der über den Verbleib der Sendung benachrichtigt wird, gelagert. Wird die Postsendung vom Empfänger abgeholt, werden ihm für die Lagerung Verwahrungsgebühren auferlegt. Während nach der alten Zollkostenverordnung (ZollKostV a.F.) die ersten sieben Tage der Lagerung gebührenfrei waren, enthält die seit dem 1. Oktober 2009 geltende Zollkostenverordnung (ZollKostV) vom 6. September 2009 (BGBl I 2009, 3001) eine solche Regelung nicht mehr. Unter der Geltung der ZollKostV a.F. waren nach der damaligen Dienstvorschrift des Beklagten und Beschwerdegegners (Bundesministerium der Finanzen --BMF--), falls die Postsendung dem Empfänger nicht zugestellt werden konnte oder deren Annahme verweigert wurde, bis dahin entstandene Verwahrungsgebühren von der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht zu fordern. Die neue Dienstvorschrift zur ZollKostV sieht dagegen eine solche Ausnahme für die Klägerin nicht vor. Dementsprechend haben Hauptzollämter bereits in mehreren Fällen nicht abgeholter Postsendungen Verwahrungsgebühren gegen die Klägerin festgesetzt.

2

Im Oktober 2009 beantragte die Klägerin beim BMF, die Praxis der Zollkostenbehandlung gemäß der früheren Dienstvorschrift wiederherzustellen, was das BMF mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 ablehnte. Die hiergegen erhobene Klage mit dem Antrag, das BMF unter Aufhebung des Schreibens vom 28. Dezember 2009 zu verpflichten, die nachgeordneten Hauptzollämter anzuweisen, keine Kostenbescheide für die Verwahrung von Post- und Kuriersendungen nach § 7 Abs. 1 ZollKostV gegen sie zu erlassen, wies das Finanzgericht (FG) als unzulässig ab. Das FG urteilte, dass der Klägerin die Klagebefugnis fehle, weil ihr der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zustehen könne. Die Entscheidung, ob die Klägerin von Verwahrungsgebühren freizustellen sei, treffe das im jeweiligen Fall zuständige Hauptzollamt, nicht aber das BMF. Die Klägerin könne auch nicht beanspruchen, dass das BMF die Hauptzollämter anweise, keine Kostenbescheide gegen sie zu erlassen, denn es gebe keinen Anspruch auf Erlass allgemeiner Regelungen durch die oberste Dienstbehörde.

3

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe schon nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

5

1. Der von der Beschwerde als klärungsbedürftig angesehenen Frage, ob ein Anspruch der Klägerin gegen das BMF besteht, die Hauptzollämter anzuweisen, seine § 13 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) vom 23. Juni 1970 (BGBl I 1970, 821) in rechtswidriger Weise auslegende Dienstanweisung zurückzunehmen bzw. durch eine § 13 VwKostG in rechtmäßiger Weise auslegende Dienstanweisung zu ersetzen, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Bereits die Formulierung dieser Frage zeigt, dass sie allein dem im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch der Klägerin gilt, ihre Beantwortung also nicht, wie es der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt, aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/ oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Darüber hinaus ist diese Frage aber auch eindeutig zu verneinen. Das FG hat zu Recht den gegen das BMF gerichteten Anspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als in Betracht kommend angesehen und hat deshalb eine mögliche Verletzung subjektiver Rechte der Klägerin zutreffend verneint.

6

2. Es gibt im Übrigen auch keine Klageart der FGO, mit der sich der vermeintliche Anspruch der Klägerin gerichtlich durchsetzen ließe.

7

Die im erstinstanzlichen Verfahren erhobene Verpflichtungsklage ist nicht die im Streitfall zulässige Klageart, weil die Klägerin nicht die Verurteilung des BMF zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (§ 40 Abs. 1 FGO), sondern dessen Verurteilung zur Änderung einer Dienstvorschrift begehrt. Dienstvorschriften fehlt die zur Definition des Verwaltungsakts gehörende unmittelbare Rechtswirkung nach außen (§ 118 Satz 1 der Abgabenordnung).

8

Andere Klagearten der FGO kommen zur Durchsetzung des klägerischen Anspruchs ebenfalls nicht in Betracht. Der mit der Klageschrift im erstinstanzlichen Verfahren hilfsweise gestellte Feststellungsantrag, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, Verwahrungsgebühren für Post- und Kuriersendungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ZollKostV zu tragen (dessen Übergehen durch das FG die Beschwerde zu Unrecht rügt, weil dieser Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht mehr gestellt wurde), ist unzulässig, weil nach § 41 Abs. 2 FGO die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, sie sei nicht Kostenschuldner i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG der nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ZollKostV entstandenen Verwahrungsgebühren oder es sei jedenfalls, soweit auch andere Kostenschuldner in Betracht kommen, im Rahmen des Auswahlermessens von ihrer Inanspruchnahme abzusehen, kann sie ihre Rechte im Wege der Anfechtungsklage gegen den an sie ergangenen Kostenbescheid verfolgen. Derartige Klageverfahren sind bereits anhängig; auf den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Senatsbeschluss vom 22. Februar 2011 VII B 210/10 (BFH/NV 2011, 1038) wird verwiesen.

9

Entsprechendes gilt für die sog. allgemeine Leistungsklage, die ebenfalls nicht zulässig ist, soweit mit ihr die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen einer möglichen Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage umgangen würden, und die deshalb gegenüber diesen Klagearten subsidiär ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Dezember 1987 I R 66/84, BFH/NV 1988, 319).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 40


(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer a

Abgabenordnung - AO 1977 | § 118 Begriff des Verwaltungsakts


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 41


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Zollkostenverordnung - ZollKostV | § 7 Lagerkosten


(1) Für die Lagerung von Nichtunionswaren durch die Zollstelle wird eine Verwahrungsgebühr erhoben. Sie beträgt pro Tag: 1. für Post- und Kuriersendungen bis 20 Kilogramm je Packstück 0,50 Euro,2. für andere Stückgüter 0,50 Euro für jede angefangenen

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Bundesfinanzhof Beschluss, 22. Feb. 2011 - VII B 210/10

bei uns veröffentlicht am 22.02.2011

Tatbestand 1 I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) befördert Postsendungen. Gestellungspflichtige Sendungen aus Drittländern meldet sie in der

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(1) Für die Lagerung von Nichtunionswaren durch die Zollstelle wird eine Verwahrungsgebühr erhoben. Sie beträgt pro Tag:

1.
für Post- und Kuriersendungen bis 20 Kilogramm je Packstück 0,50 Euro,
2.
für andere Stückgüter 0,50 Euro für jede angefangenen 50 Kilogramm,
3.
für andere Sendungen 0,15 Euro für jede angefangenen 100 Kilogramm, mindestens jedoch 6 Euro.

(2) Gebühren werden nicht erhoben:

1.
für den Tag der Gestellung der Ware,
2.
für den Tag, an dem die Zollanmeldung angenommen worden ist, und
3.
für die darauf folgenden Tage bis zu dem Tag, an dem die Waren dem Anmelder überlassen werden, wenn sich die Überlassung nicht aus Gründen verzögert, die dem Anmelder zuzurechnen sind, oder die Verzögerung durch eine kostenpflichtige Untersuchung veranlasst ist.

(3) Werden die Nichtunionswaren von der Zollstelle einem anderen in Verwahrung gegeben, so werden die hierdurch entstandenen Auslagen erhoben.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Für die Lagerung von Nichtunionswaren durch die Zollstelle wird eine Verwahrungsgebühr erhoben. Sie beträgt pro Tag:

1.
für Post- und Kuriersendungen bis 20 Kilogramm je Packstück 0,50 Euro,
2.
für andere Stückgüter 0,50 Euro für jede angefangenen 50 Kilogramm,
3.
für andere Sendungen 0,15 Euro für jede angefangenen 100 Kilogramm, mindestens jedoch 6 Euro.

(2) Gebühren werden nicht erhoben:

1.
für den Tag der Gestellung der Ware,
2.
für den Tag, an dem die Zollanmeldung angenommen worden ist, und
3.
für die darauf folgenden Tage bis zu dem Tag, an dem die Waren dem Anmelder überlassen werden, wenn sich die Überlassung nicht aus Gründen verzögert, die dem Anmelder zuzurechnen sind, oder die Verzögerung durch eine kostenpflichtige Untersuchung veranlasst ist.

(3) Werden die Nichtunionswaren von der Zollstelle einem anderen in Verwahrung gegeben, so werden die hierdurch entstandenen Auslagen erhoben.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Für die Lagerung von Nichtunionswaren durch die Zollstelle wird eine Verwahrungsgebühr erhoben. Sie beträgt pro Tag:

1.
für Post- und Kuriersendungen bis 20 Kilogramm je Packstück 0,50 Euro,
2.
für andere Stückgüter 0,50 Euro für jede angefangenen 50 Kilogramm,
3.
für andere Sendungen 0,15 Euro für jede angefangenen 100 Kilogramm, mindestens jedoch 6 Euro.

(2) Gebühren werden nicht erhoben:

1.
für den Tag der Gestellung der Ware,
2.
für den Tag, an dem die Zollanmeldung angenommen worden ist, und
3.
für die darauf folgenden Tage bis zu dem Tag, an dem die Waren dem Anmelder überlassen werden, wenn sich die Überlassung nicht aus Gründen verzögert, die dem Anmelder zuzurechnen sind, oder die Verzögerung durch eine kostenpflichtige Untersuchung veranlasst ist.

(3) Werden die Nichtunionswaren von der Zollstelle einem anderen in Verwahrung gegeben, so werden die hierdurch entstandenen Auslagen erhoben.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) befördert Postsendungen. Gestellungspflichtige Sendungen aus Drittländern meldet sie in der Regel bei einer der vier sog. Auswechslungsstellen im Namen des Empfängers unter Inanspruchnahme der ihr gemäß § 5 Abs. 2 des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) verliehenen Vollmacht zu einem Zollverfahren an. Ist dies nicht möglich, weil entweder die für eine Zollanmeldung erforderlichen Unterlagen nicht vorhanden sind oder der Empfänger sich als sog. "Selbstverzoller" hat registrieren lassen, wird die Postsendung zu der für den Empfänger zuständigen Zollstelle befördert, dort gestellt und der Empfänger über den Verbleib der Sendung benachrichtigt.

2

Für die Lagerung mehrerer auf diese Weise im Februar und März 2010 in die zollamtliche Verwahrung gelangter Postsendungen, die von ihrem jeweiligen Empfänger nicht abgeholt wurden, hat der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --HZA--) mit Kostenbescheid vom … Verwahrungsgebühren in Höhe von insgesamt … € von der Antragstellerin erhoben, welche die Antragstellerin inzwischen entrichtet hat. Über die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden. Es hat allerdings dem zugleich mit der Klage gestellten Antrag auf Aufhebung der Vollziehung entsprochen, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheids bestünden. Zweifelhaft sei, ob die Antragstellerin i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) vom 23. Juni 1970 (BGBl I 1970, 821) die zollamtliche Verwahrung der Postsendungen veranlasst habe oder ob nicht vielmehr angenommen werden müsse, dass sie bei der Gestellung objektiv erkennbar im Namen des jeweiligen Empfängers gehandelt habe und sich ihre Vollmacht, für diesen zu handeln, aus § 5 Abs. 2 ZollVG herleiten lasse.

3

Mit seiner Beschwerde macht das HZA geltend, dass allein die Antragstellerin durch die Gestellung der Postsendung die kostenpflichtige Amtshandlung i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG "veranlasst" habe, zumal die Gestellung allein ihrem Pflichtenkreis zuzurechnen sei, denn es sei die Antragstellerin, nicht aber der Empfänger der Postsendung, der die Pflicht obliege, das Versandverfahren "Post" (Art. 91 Abs. 2 Buchst. f des Zollkodex --ZK--) durch Gestellung der Postsendung bei der Bestimmungszollstelle zu beenden (Art. 92 ZK). Die gesetzliche Vollmacht der Antragstellerin zur Abgabe einer Zollanmeldung ändere daran nichts, da es an dem erkennbaren Willen fehle, im fremden Namen handeln zu wollen. Aus Sicht der Zollverwaltung sei die Gestellung der Postsendung durch die Antragstellerin nur als Erfüllung ihrer eigenen Pflicht zur Beendigung des Versandverfahrens zu verstehen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das FG hat die Vollziehung des Kostenbescheids zu Recht aufgehoben.

5

Der beschließende Senat geht mit dem FG davon aus, dass für den im Streitfall begehrten vorläufigen Rechtsschutz § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die maßgebende Vorschrift ist, weil nach § 178 Abs. 4 der Abgabenordnung auf die Festsetzung von Kosten für die besondere Inanspruchnahme oder Leistung der Zollverwaltung die für Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind und somit Art. 244 ZK keine Anwendung findet (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 178 Rz 10).

6

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen oder (Satz 3 der Vorschrift) seine Vollziehung aufheben. Die Aussetzung bzw. Aufhebung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken.

7

Ausgehend von der vom FG aufgrund summarischer Prüfung angenommenen Einhaltung der Klagefrist, die im Hauptsacheverfahren abschließend zu beurteilen sein wird, hat das FG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheids vom … zu Recht bejaht, wobei das FG auch zutreffend angenommen hat, dass derartige Zweifel hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids vom …, der Erfüllung des Gebührentatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Zollkostenverordnung (ZollKostV) vom 6. September 2009 (BGBl I 2009, 3001) und der Rechtmäßigkeit der ZollKostV sowie des maßgebenden Gebührentatbestands nicht bestehen (insoweit wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen FG-Beschluss verwiesen), sondern allein hinsichtlich der Frage, ob die Antragstellerin Kostenschuldnerin ist.

8

Nach der im Streitfall allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Gebührenrechtlicher Veranlasser ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), der der beschließende Senat folgt, wer die Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, oder derjenige, in dessen Pflichtenkreis sie erfolgt (BVerwG-Urteile vom 22. Oktober 1992  3 C 2.90, BVerwGE 91, 109, und vom 14. Juni 2005  1 C 15.04, BVerwGE 124, 1). Danach liegt es im Streitfall zwar zunächst nahe, die Antragstellerin als Veranlasser der zollamtlichen Verwahrung der Postsendungen anzusehen, weil sie die Sendungen dem HZA gestellt hat (Art. 50 ZK) und --wie die Beschwerde zutreffend ausführt-- die Gestellung auch ihrem Pflichtenkreis zuzurechnen ist, da sie die Postsendungen im externen Versandverfahren befördert hat (Art. 91 Abs. 2 Buchst. f ZK) und somit verpflichtet war, das Versandverfahren durch Gestellung der Postsendungen bei der Bestimmungszollstelle ordnungsgemäß zu beenden (Art. 92 ZK).

9

Der Senat hält es allerdings für bedenkenswert, dass --wie vom FG Düsseldorf angenommen (Beschluss vom 12. Oktober 2010 4 V 2938/10 A (Z), nicht veröffentlicht)-- auch andere Personen als gebührenrechtlicher Veranlasser in Betracht kommen, wie z.B. der Empfänger, der sich als sog. "Selbstverzoller" die Abgabe der Zollanmeldung vorbehalten hat und damit bewirkt, dass die Antragstellerin die Postsendung lediglich gestellt, ohne eine Zollanmeldung abzugeben. Nicht fernliegend erscheint es auch, dass --wie vom FG im Streitfall angenommen-- die Antragstellerin aufgrund ihrer gesetzlichen Vollmacht, eine Zollanmeldung im Namen des Empfängers abzugeben, auch berechtigt ist, die Postsendung für den Empfänger beim zuständigen HZA nur zu gestellen, und dass der Wille, im fremden Namen zu handeln, im Zeitpunkt der Gestellung auch erkennbar ist. Auch in dem mit dem BVerwG-Urteil in BVerwGE 91, 109 entschiedenen Fall war nicht derjenige Kostenschuldner, der durch sein Handeln die gebührenpflichtige Amtshandlung unmittelbar ausgelöst hatte, sondern derjenige, für den diese Handlung vorgenommen worden und dem sie deshalb zuzuordnen war.

10

Da Kostenschuldner gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG ebenso derjenige ist, zu dessen Gunsten die Amtshandlung vorgenommen wird, ist schließlich auch zu erwägen, dass Begünstigter im Streitfall nicht die Antragstellerin sein dürfte, die --wovon auch die Beschwerde ausgeht-- mit der Gestellung der Postsendung ihre Pflicht aus dem Versandverfahren erfüllt hat und vom HZA auch keine weitere Amtshandlung mehr "erwartet", so dass die anschließende Amtshandlung des HZA, für welche Gebühren berechnet werden, nämlich die Verwahrung der Warensendung über einen bestimmten Zeitraum, allein zu Gunsten des Empfängers der Sendung erfolgt, dem Gelegenheit gegeben wird, die für ihn bestimmte Sendung einer zollrechtlichen Bestimmung zuzuführen (Art. 48, Art. 49 ZK).

11

Diese Zweifel, wer in Fällen der vorliegenden Art die zollamtliche Verwahrung "veranlasst" hat, auszuräumen, bedarf einer eingehenden rechtlichen Prüfung, welche über die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotene lediglich summarische Prüfung hinausgeht und deshalb dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist. Die summarische Rechtsprüfung führt --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- zu dem Ergebnis, dass nicht allein die Antragstellerin als Kostenschuldnerin in Betracht kommt. Anders als die Beschwerde meint, könnte der angefochtene Kostenbescheid auch dann keinen Bestand haben, wenn neben anderen Personen jedenfalls auch die Antragstellerin als gebührenrechtlicher Veranlasser anzusehen wäre, da in einem solchen Fall das HZA von seinem Auswahlermessen keinen Gebrauch gemacht hätte.

12

Für die gemäß § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO mögliche Anordnung einer Sicherheit besteht, zumal in Anbetracht des relativ geringen streitigen Betrags, kein Anlass.