Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 89/11

bei uns veröffentlicht am24.08.2011

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

1. Der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs obliegt es dem Gericht u.a., den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben und ihre Ausführungen und Anträge wie auch den Akteninhalt zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Allerdings muss ein --zumindest fachkundig vertretener-- Beteiligter gerade bei umstrittener Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (s. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Oktober 2010 IX B 83/10, BFH/NV 2011, 61; vom 14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222, m.w.N.). Vorliegend hatte das FA im Erörterungstermin vom 29. April 2010 und den mündlichen Verhandlungen vom 24. Januar und 30. März 2011 hinreichend Gelegenheit, sich zur anstehenden Problematik (Umbau, Neubau) zu äußern. Abgesehen davon war bereits im Erörterungstermin laut Protokoll (zu dessen Beweiskraft: § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung) von einer nicht abgeschlossenen "Dachgeschosswohnung" die Rede, so dass --auch angesichts der vorgelegten Bauskizze des Dachgeschosses: keine Küche-- hinreichend Anlass bestanden hätte, dazu Stellung zu nehmen oder auf eine weitere Klärung zu drängen. Daher liegt auch keine Überraschungsentscheidung vor.

3

2. a) Die gerügte Divergenz zum BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 III R 53/00 (BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565) liegt im Ergebnis nicht vor. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565 und der nachfolgenden BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 1. März 2005 IX R 60/04, BFH/NV 2005, 1505; vom 10. Mai 2007 IX R 31/06, BFH/NV 2007, 1835) bedeutet "bautechnisch neu", dass die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude oder dass die Baumaßnahmen der jeweils entstandenen Wohnung das bautechnische Gepräge geben. Zwar handelte es sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) bei den Räumen im Dachgeschoss mangels Abgeschlossenheit und mangels Küche nicht um eine Wohnung i.S. des Eigenheimzulagengesetzes; jedoch gaben die Umbaumaßnahmen der aus Erdgeschoss und Dachgeschoss neu gebildeten (einheitlichen) Wohnung (und damit dem Gebäude insgesamt) das bautechnische Gepräge, so dass sich das FG-Urteil im Ergebnis als richtig erweist (vgl. analog § 126 Abs. 4 FGO; BFH-Beschlüsse vom 26. September 2008 VIII B 23/08, www.bundesfinanzhof.de, unter 3. a.E.; vom 6. April 2001 II B 95/00, BFH/NV 2001, 1299). Die gerügte Abweichung ist damit nicht entscheidungserheblich.

4

b) Soweit das FA im Kern mit einer (vermeintlich) unzutreffenden Tatsachen- und Beweiswürdigung die Unrichtigkeit des FG-Urteils, also materiell-rechtliche Fehler rügen sollte, kann damit die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 61, unter 3., m.w.N.).

5

c) Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 89/11 zitiert 9 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 165 Beweiskraft des Protokolls


Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 94


Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 13. Feb. 2012 - II B 12/12

bei uns veröffentlicht am 13.02.2012

Gründe 1 Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.