Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Juli 2013 - IX B 22/13

15.07.2013

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet; die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.

2

1. Die Vorentscheidung leidet unter keinem Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

3

a) Das Finanzgericht (FG) musste die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) angebotenen Beweise nicht erheben. Nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz kam es nämlich auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht an. Das FG hat den Aktivitäten des Klägers, die der Kläger im Einzelnen aufgeführt und unter Beweis gestellt hat, keinerlei streitentscheidende Bedeutung beigemessen. Es hat sich in seinem Urteil auf S. 14/15 (dritter Spiegelstrich) im Rahmen der Gesamtwürdigung explizit damit auseinandergesetzt.

4

b) Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Dies gilt schon deshalb, weil der Kläger nicht jede zumutbare Gelegenheit wahrgenommen hat, sich Gehör zu verschaffen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird begrenzt durch die Mitverantwortung der Beteiligten (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juli 2012 IX B 179/11, BFH/NV 2012, 1633; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 119 FGO Rz 58). Danach haben diese alles in ihren Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um ihr Recht auf Gehör zu verwirklichen. Daran fehlt es, wenn der Beteiligte trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin erscheint. So stehen auch die Hinweispflichten des Gerichts aus § 76 Abs. 2 FGO mit der prozessualen Mitwirkung der Beteiligten in einer gewissen Wechselwirkung. Wer zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erscheint, kann regelmäßig anschließend nicht rügen, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2012, 1633; vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, BFH/NV 2000, 580, und vom 1. Februar 2010 XI B 50/09, BFH/NV 2010, 921).

5

Das FG hat dem Kläger mit der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit gegeben, sich Gehör zu verschaffen. Diese Möglichkeit hat er nicht genutzt. Er ist seiner Prozessverantwortung nicht nachgekommen. Er hätte dort als Partei oder informatorisch das vortragen können und müssen, was er nun in seiner Beschwerdebegründung ausführt. Dabei hat das Gericht das Fernbleiben des Klägers von der mündlichen Verhandlung entgegen der Beschwerdebegründung keineswegs verursacht. Der Kläger ist ordnungsgemäß geladen worden. Es steht im Ermessen des Gerichts, das persönliche Erscheinen eines Beteiligten gemäß § 80 Abs. 1 FGO zur Aufklärung des Sachverhalts anzuordnen; einen Anspruch darauf hat der Beteiligte nicht. Deshalb stellt es keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, wenn das FG das persönliche Erscheinen des Klägers --wie auch der Beigeladenen-- nicht anordnet (BFH-Beschluss vom 20. August 2010 IX B 41/10, BFH/NV 2010, 2239; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 FGO Rz 70, m.w.N.).

6

Auch wenn das Gericht das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet hat, entbindet das nicht von der prozessualen Mitverantwortung des Beteiligten, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen, um sich hinreichend Gehör zu verschaffen. Dies gilt hier umso mehr, als sich dem Kläger nach Ergehen eines Gerichtsbescheides sowie nach eingehender schriftlicher Einlassung der Beigeladenen die Notwendigkeit erschließen musste, seine (abweichende) Sicht der Dinge nochmals darzustellen. Zutreffend führt das FG nach diesen Maßstäben aus, dass "der Kläger die mündliche Verhandlung nicht genutzt" habe, "dem FG die Sachverhalte selbst und in unmittelbarer Gegenüberstellung zum Vortrag der Beigeladenen darzulegen".

7

2. Die Rechtssache ist auch nicht grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO); ebenso wenig ist das Recht fortzubilden (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Mit seinen Formulierungen auf den Seiten 14 ff. der Beschwerdebegründung legt der Kläger im Kern keine konkreten Rechtsfragen dar, sondern wendet sich gegen die Rechtsanwendung im Einzelfall. Damit allein ist eine Zulassung der Revision nicht zu erreichen. Denn ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil ist das FG in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgrund der Gesamtwürdigung aller Umstände zu einer mindestens vertretbaren subjektiven Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gelangt.

8

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz FGO ab.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Einer Festsetzung des Streitwerts gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes bedarf es mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht, da sich die Höhe des Streitwerts aus dem Klageantrag ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 2008 I R 84/07, juris, und vom 23. Mai 2001 IV S 1/01, BFH/NV 2001, 1431).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Juli 2013 - IX B 22/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Juli 2013 - IX B 22/13

Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Juli 2013 - IX B 22/13 zitiert 9 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 119


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn 1. das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2. bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 80


(1) Das Gericht kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Für den Fall des Ausbleibens kann es Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen androhen. Bei schuldhaftem Ausbleiben setzt das Gericht durch

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Das Gericht kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Für den Fall des Ausbleibens kann es Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen androhen. Bei schuldhaftem Ausbleiben setzt das Gericht durch Beschluss das angedrohte Ordnungsgeld fest. Androhung und Festsetzung des Ordnungsgelds können wiederholt werden.

(2) Ist Beteiligter eine juristische Person oder eine Vereinigung, so ist das Ordnungsgeld dem nach Gesetz oder Satzung Vertretungsberechtigten anzudrohen und gegen ihn festzusetzen.

(3) Das Gericht kann einer beteiligten öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Behörde aufgeben, zur mündlichen Verhandlung einen Beamten oder Angestellten zu entsenden, der mit einem schriftlichen Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.