Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Jan. 2013 - IV B 64/11

bei uns veröffentlicht am09.01.2013

Gründe

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Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Oktober 2010 VI B 91/10, BFH/NV 2011, 280).

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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 28. September 2009 XI B 103/08, BFH/NV 2010, 73, m.w.N.). Das ist hier der Fall.

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In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass das Finanzamt in einem Gewerbesteuermessbescheid nicht mit bindender Wirkung für den Gewerbesteuerbescheid auch die hebeberechtigte Gemeinde bestimmt. Diese Bestimmung ist als materiell-rechtliche Voraussetzung vielmehr eigenständig beim Erlass des Gewerbesteuerbescheids zu prüfen, sofern sie nicht Gegenstand eines Zuteilungs- oder Zerlegungsbescheids nach § 190 bzw. § 185 der Abgabenordnung (AO) ist. Dementsprechend kann gemäß § 127 AO die Aufhebung eines Gewerbesteuermessbescheids nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 2003 I R 88/02, BFHE 204, 283, BStBl II 2004, 751). Demzufolge kam der BFH in seinem Urteil in BFHE 204, 283, BStBl II 2004, 751 zu dem Ergebnis, dass die Frage, ob die Klägerin jenes Verfahrens in den Streitjahren ihre Geschäftsleitungsbetriebsstätte statt in X in Y gehabt habe, nicht im Verfahren gegen den Gewerbesteuermessbescheid zu beantworten sei.

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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich, weshalb diese Rechtsprechungsgrundsätze nicht auch dann gelten, wenn, wie im Land Berlin, das Finanzamt nicht nur für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, sondern auch für die Festsetzung der Gewerbesteuer selbst zuständig ist. Denn auch in diesem Fall handelt es sich bei dem Gewerbesteuermessbescheid und dem Gewerbesteuerbescheid um zwei selbständige Verwaltungsakte. Die Bestimmung des Steuergläubigers, also der hebeberechtigten Gemeinde, als materiell-rechtliche Voraussetzung ist deshalb auch in diesem Fall eigenständig beim Erlass des Gewerbesteuerbescheids zu prüfen und ggf. in einem gegen diesen Bescheid gerichteten Rechtsbehelfsverfahren zu klären, sofern sie nicht Gegenstand eines Zuteilungsbescheids nach § 190 AO oder eines Zerlegungsbescheids nach § 185 AO ist. Dies übersieht die Klägerin, wenn sie davon ausgeht, dass in einem solchen Fall "infolge der Zuständigkeitsfestschreibung eine Prüfung der Steuergläubigereigenschaft infolge Handelndenidentität nicht mehr (gesondert) erfolgt".

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2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Von dem Rechtssatz, dass das Finanzamt bei Erlass eines Gewerbesteuermessbescheids nicht mit bindender Wirkung für den Gewerbesteuerbescheid auch über die Hebeberechtigung der Gemeinde entscheidet, ist das Finanzgericht (FG) in der angegriffenen Entscheidung nicht abgewichen. Einen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung, der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führt (z.B. BFH-Beschluss vom 6. September 2010 IV B 104/09, BFH/NV 2011, 29, m.w.N.), hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

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3. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

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a) Bei der Rüge von Verfahrensmängeln ist von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auszugehen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2004 V B 85/04, BFH/NV 2005, 712).

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Das FG hat in dem angegriffenen Urteil nur über den geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 1994 und über den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1994 entschieden, nicht aber auch über den geänderten Gewerbesteuerbescheid für 1994. Zwar führt das Urteil, dem protokollierten Antrag der Klägerin entsprechend, im Klageantrag auch den Gewerbesteuerbescheid auf. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich jedoch eindeutig, dass das FG nur über den Feststellungsbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid entschieden hat und auch nur hierüber entscheiden wollte. Die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils enthalten Ausführungen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage jeweils nur hinsichtlich des Gewerbesteuermessbescheids und des Feststellungsbescheids, nicht auch hinsichtlich des Gewerbesteuerbescheids. Das FG ging ersichtlich davon aus, dass die Gewerbesteuer 1994 nicht Gegenstand des Klageverfahrens sei. So hatte es mit Schreiben vom … (u.a.) dem seinerzeitigen Bevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, es gehe davon aus, dass der Gewerbesteuerbescheid 1994 "kein eigenständiger Streitgegenstand ist, weil es sich insoweit um einen Folgebescheid des Gewerbesteuermessbescheids handelt" und daher die Löschung dieses Streitgegenstands im Rubrum veranlasst werde. Dementsprechend werden auch im Rubrum des angegriffenen Urteils als Streitgegenstand nur der Gewerbesteuermessbetrag und die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen des Streitjahres, nicht aber auch die Gewerbesteuer genannt. So hat auch der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) das Urteil verstanden, denn er geht in seiner Beschwerdeerwiderung davon aus, dass (neben dem Feststellungsbescheid) nur der Gewerbesteuermessbescheid Gegenstand des Verfahrens gewesen sei. Letztlich geht auch die Klägerin selbst davon aus, dass das FG in dem angegriffenen Urteil nicht über den Gewerbesteuerbescheid als selbständig angegriffenen Verwaltungsakt entschieden hat. Im Rahmen der Rüge der unterlassenen Beiladung der Gemeinden A und B führt sie zwar aus, dass "vorliegend ... zugleich auch über den Gewerbesteuerbescheid entschieden und damit die alleinige Berechtigung des Beklagten im Erhebungszeitraum bestätigt" worden sei. Aus ihrer gesamten Beschwerdebegründung, insbesondere aus ihrem Vorbringen zur ihrer Ansicht nach gegebenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, ergibt sich jedoch, dass sie der Auffassung ist, dass jedenfalls in den Fällen, in denen --wie im Land Berlin-- die Finanzämter auch für die Festsetzung der Gewerbesteuer zuständig sind, über die Frage der Hebeberechtigung der Gemeinde mit bindender Wirkung für den Gewerbesteuerbescheid bereits im Gewerbesteuermessbescheid entschieden werde. Hierfür spricht auch ihr Vorbringen, sie habe auch in der mündlichen Verhandlung noch einmal deutlich klargestellt, dass für sie "die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten auch und gerade mit der Frage der Hebeberechtigung bzw. Steuergläubigereigenschaft verknüpf(t) bzw. dies denklogisch notwendigerweise einhergehe und nicht zu trennen sei". Wäre sie davon ausgegangen, dass auch der Gewerbesteuerbescheid als der Bescheid, in dem über die Hebeberechtigung der Gemeinde entschieden wird, selbständiger Gegenstand des Verfahrens wäre, hätte es jedoch nahe gelegen, unter Hinweis auf ihren Klageantrag im Wege eines Antrags auf Urteilsergänzung nach § 109 Abs. 1 FGO geltend zu machen, dass über den Antrag auf Aufhebung des Gewerbesteueränderungsbescheids versehentlich nicht entschieden worden sei. Eine entsprechende Rüge lässt sich dem Vorbringen der Klägerin jedoch nicht entnehmen.

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b) War Gegenstand des angegriffenen Urteils demnach (neben dem geänderten Feststellungsbescheid 1994) nur der geänderte Gewerbesteuermessbescheid 1994 und kam es nach der dargelegten Rechtsprechung für einen Erfolg der hiergegen gerichteten Klage auf Ort und Sitz der Geschäftsleitung der Klägerin bzw. auf die Hebeberechtigung des Landes Berlin nicht an, ist die Rüge der Klägerin, das FG habe gegen das Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) und gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen, bereits unzulässig. Denn es fehlt für die Zulässigkeit der Gehörsrüge an der Darlegung, dass das als übergangen gerügte Vorbringen zu Sitz und Ort der Geschäftsleitung bzw. zur Hebeberechtigung aus der maßgeblichen Sicht des FG entscheidungserheblich war, und für die Zulässigkeit der Sachaufklärungsrüge, dass sich dem FG weitere Ermittlungen zur Hebeberechtigung des Landes Berlin bzw. zu Sitz und Ort der Geschäftsleitung der Klägerin im Streitjahr 1994 aus der maßgeblichen Sicht des FG hätten aufdrängen müssen. Darüber hinaus hätte die ordnungsgemäße Darlegung eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht --woran es ebenfalls fehlt-- auch Ausführungen dazu erfordert, welche Beweise das FG nicht erhoben hat und dass entweder die Nichterhebung angebotener Beweise von der --anwaltlich vertretenen-- Klägerin in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder aber warum die Rüge nicht rechtzeitig erhoben werden konnte (z.B. BFH-Beschluss vom 19. Januar 2012 IV B 9/11, BFH/NV 2012, 697).

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c) Ohne Erfolg rügt die Klägerin eine unterlassene Beiladung der Gemeinden A und B nach § 60 Abs. 3 FGO. Dabei kann dahinstehen, ob diese Gemeinden zu einem Verfahren gegen den geänderten Gewerbesteuerbescheid überhaupt notwendig beizuladen wären. Denn dieser Bescheid war, wie dargelegt, nicht Gegenstand des angegriffenen Urteils. Zum Verfahren gegen den geänderten Gewerbesteuermessbescheid waren die Gemeinden jedenfalls nicht notwendig beizuladen, da in diesem Verfahren nicht mit bindender Wirkung über die hebeberechtigte Gemeinde entschieden wird.

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Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Jan. 2013 - IV B 64/11 zitiert 10 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 60


(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 127 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn ke

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 109


(1) Wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten gestellter Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen. (2) Die Entscheidung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 185 Geltung der allgemeinen Vorschriften


Auf die in den Steuergesetzen vorgesehene Zerlegung von Steuermessbeträgen sind die für die Steuermessbeträge geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 190 Zuteilungsverfahren


Ist ein Steuermessbetrag in voller Höhe einem Steuerberechtigten zuzuteilen, besteht aber Streit darüber, welchem Steuerberechtigten der Steuermessbetrag zusteht, so entscheidet die Finanzbehörde auf Antrag eines Beteiligten durch Zuteilungsbescheid.

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Auf die in den Steuergesetzen vorgesehene Zerlegung von Steuermessbeträgen sind die für die Steuermessbeträge geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

Ist ein Steuermessbetrag in voller Höhe einem Steuerberechtigten zuzuteilen, besteht aber Streit darüber, welchem Steuerberechtigten der Steuermessbetrag zusteht, so entscheidet die Finanzbehörde auf Antrag eines Beteiligten durch Zuteilungsbescheid. Die für das Zerlegungsverfahren geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

Auf die in den Steuergesetzen vorgesehene Zerlegung von Steuermessbeträgen sind die für die Steuermessbeträge geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten gestellter Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die Entscheidung muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden. Die mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn mit der Ergänzung des Urteils nur über einen Nebenanspruch oder über die Kosten entschieden werden soll und wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Vor der Beiladung ist der Steuerpflichtige zu hören, wenn er am Verfahren beteiligt ist.

(2) Wird eine Abgabe für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet, so kann dieser nicht deshalb beigeladen werden, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.

(3) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 nicht klagebefugt sind.

(4) Der Beiladungsbeschluss ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden.

(5) Die als Mitberechtigte Beigeladenen können aufgefordert werden, einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(6) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines als Kläger oder Beklagter Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.