Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Jan. 2019 - II B 62/18

ECLI:ECLI:DE:BFH:2019:BA.080119.IIB62.18.0
bei uns veröffentlicht am08.01.2019

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sächsischen Finanzgerichts vom 9. Mai 2018  2 V 382/18 aufgehoben. Die Vollziehung des Bescheids über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 13. Februar 2017 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung, längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft, ausgesetzt. Soweit er bereits vollzogen ist, wird die Vollziehung aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine KG mit Grundbesitz im Freistaat Sachsen. Komplementärin ist eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (G), die mittlerweile als GmbH eingetragen und deren Geschäftsführer ... (X) ist; Kommanditist war zunächst nur X mit einer Einlage von 30.000 €. Mit Vertrag vom 16. Januar 2013 setzte X seinen Kommanditanteil auf 2.500 € herab, während die ... (S) als Kommanditistin eintrat. Mit weiterem --bisher nicht aktenkundigen-- Vertrag vom 19. Februar 2013 erhöhte S ihren Kommanditanteil auf 77.500 €, eingetragen im Handelsregister am 6. März 2013. Im Jahre 2014 folgte eine weitere Erhöhung des Kommanditanteils der S auf 137.500 €.

2

Ausweislich der Anmeldung zum Handelsregister war die S am 10. August 2011 nach dem International Business Companies Act der Republik Seychellen (Seychellen) gegründet worden. Ihre Alleingesellschafterin war ausweislich der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) in der Zeit vom 1. Februar 2013 bis 30. Juli 2015 die ... (C) mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln. X hatte in Zypern mit der C eine Vereinbarung abgeschlossen, der zufolge die C den Geschäftsanteil an der S treuhänderisch für X hielt.

3

Im Jahre 2015 wurde dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) angezeigt, dass X seinen Wohnsitz sowie die Antragstellerin und die G ihre Geschäftsleitung nach ..., Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts ... (FA Y) im Bundesland verlegt hätten.

4

Das FA erließ am 13. Februar 2017 den streitgegenständlichen Bescheid, mit dem es sinngemäß feststellte, dass durch die Erhöhung des Kommanditanteils vom 19. Februar/6. März 2013 unmittelbar bzw. mittelbar Anteile der grundbesitzenden Antragstellerin übergegangen seien und hierdurch ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) verwirklicht worden sei. Über den Einspruch ist nach Aktenlage noch nicht entschieden.

5

Das Lagefinanzamt hat einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 6. März 2013 erlassen. Das Finanzamt ... hat einen Bescheid über Grunderwerbsteuer erlassen und betreibt die Vollstreckung.

6

Die Generalstaatsanwaltschaft ... führt gegen X ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch. Am 14. September 2017 hatte das Amtsgericht (AG) ... einen Untersuchungshaftbefehl erlassen, der allerdings nicht vollständig aktenkundig ist. Er wurde am 2. November 2017 unter Fortbestand des Tatverdachts gegen Auflagen und Weisungen außer Vollzug gesetzt. Der Haftbefehl stützt sich --soweit es den vorliegenden Auszügen zu entnehmen ist-- auf Vorgänge im Zusammenhang mit der S und der C.

7

So heißt es darin, die S sei nach den Feststellungen des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) eine Briefkastengesellschaft. Tatsächlich könnten weder eigenes Personal noch eigene Geschäftsräume, eigene Geschäftsausstattung oder eine Teilnahme am Marktgeschehen im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auf den Seychellen oder am formalen Ort der Geschäftsleitung auf Zypern festgestellt werden, auch wenn der Vertreter der C, die ihrerseits Geschäftsführerin der S sei, in Zypern ansässig sei. X habe als Bevollmächtigter sowie als tatsächlich die Geschäftsführung bestimmender wirtschaftlicher Inhaber alle wichtigen organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vorgenommen.

8

Nachdem ein operatives Geschäft der S im Zeitraum 2011 bis 2012 nicht festzustellen sei, sei die S, vertreten durch X, an dessen Stelle mehreren KGs beigetreten und habe diesen durch Erhöhung der Kommanditanteile in erheblichem Umfange Kapital zufließen lassen. Damit habe X zu privatnützigen Zwecken seine ausländischen Einkünfte verlagert. Da als Ort der Geschäftsleitung einer Briefkastenfirma der Wohnsitz des X anzusehen sei, sei die S als Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland unbeschränkt körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig. Die Kapitalerhöhungen der Kommanditanteile in den deutschen Vermögensverwaltungsgesellschaften des X wiederum seien als Entnahmen in das Privatvermögen infolge von Gewinnausschüttungen zu bewerten. Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens brachte die Generalstaatsanwaltschaft zur Vollziehung von Vermögensarresten u.a. Pfändungsbeschlüsse in die (angeblichen) Kommanditanteile der S und des X sowie des Geschäftsanteils der G an der Antragstellerin aus.

9

Der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Bescheids vom 13. Februar 2017 blieb sowohl beim FA als auch beim FG erfolglos. Das FG hat ausgeführt, die örtliche Unzuständigkeit des FA sei nach § 127 der Abgabenordnung (AO) unbeachtlich, der Bescheid im Übrigen rechtmäßig. Die S habe mit der Kapitalerhöhung vom 19. Februar 2013 ihren Kapitalanteil auf 96,875 % aufgestockt. Unerheblich sei, welche Rolle X hinter der S einnehme, da es eine über eine Kapitalgesellschaft vermittelte Beteiligung als Altgesellschafter an der Personengesellschaft nicht gebe. Ebenso wenig sei von Bedeutung, welche ertragsteuerlichen Folgen aus den Aktivitäten des X gezogen worden seien.

10

Mit der seitens des FG mit Rücksicht auf das anhängige Revisionsverfahren II R 18/17 zugelassenen Beschwerde macht die Antragstellerin weiterhin Zweifel an der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheids sowie eine in der sofortigen Beitreibung liegende unbillige Härte geltend.

11

Das FA sei zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheids örtlich nicht mehr zuständig gewesen, nachdem bereits im Jahre 2015 sowohl dem FA als auch dem örtlich zuständigen FA Y der Umzug der Geschäftsführung angezeigt worden sei. Es sei auch nicht nahezu ausgeschlossen, dass das FA Y angesichts der materiell-rechtlichen Zweifelhaftigkeit der Sache anders entschieden hätte. Diese wiederum liege darin, dass sich mittelbar die wirtschaftliche Verfügungsmacht des X über das fragliche Grundstück nicht verändert habe.

12

Im Streitfall trete hinzu, dass es in entsprechender Anwendung des § 174 AO nicht zulässig sei, wenn die Finanzverwaltung, zudem dasselbe FA, ein- und denselben Lebenssachverhalt mehrfach unterschiedlich würdige, um möglichst viel Steuer zu generieren.

13

In dem Strafverfahren gegen X rechne die Finanzverwaltung u.a. die streitige Kapitalerhöhung dem X für einkommensteuerrechtliche Zwecke zu, ohne dass bisher allerdings entsprechende Bescheide ergangen wären. Grunderwerbsteuerrechtlich werde allein auf die formale Eintragung der S im Handelsregister abgestellt. Das entspräche einer widerstreitenden Steuerfestsetzung i.S. des § 174 AO, wenn bereits Bescheide erlassen worden wären. Der Nichterlass rechtsmittelfähiger Bescheide schneide die Rechtsschutzmöglichkeiten ab. Wegen der Maßnahmen der Steuerfahndung zeitige die (zudem falsche und damit rechtswidrige) einkommensteuerrechtliche Rechtsauffassung des FA bereits erhebliche Wirkungen. Das Vermögen des X sei gepfändet und damit blockiert; die Antragstellerin habe dadurch auch keine Mittel mehr, die Grunderwerbsteuer auch nur vorläufig zu zahlen. Wenn die Würdigungen ein- und desselben Lebenssachverhalts für Zwecke der einzelnen Steuerarten einander denklogisch widersprächen, liege ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot vor. Zumindest wäre in derartigen Fällen die Rechtsfrage zu klären, ob die analoge Anwendung von § 174 AO in Frage kommt, wenn zwar die Voraussetzungen der Vorschrift noch nicht vorliegen, wohl aber die Finanzverwaltung durch anderweitige Maßnahmen die Folgen der widerstreitenden Festsetzung eintreten lässt.

14

Die Antragstellerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 13. Februar 2017 ab Wirksamkeit und ohne Sicherheitsleistungen bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung auszusetzen bzw. die Vollziehung aufzuheben.

15

Das FA beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und schließt sich der Auffassung des FG an.

16

Auf den Hinweis des Senats, dass Bedenken an der Rechtsfähigkeit der S bestünden, ist das FA dem entgegengetreten und hat einen Auszug der Datenbank ... vorgelegt, demzufolge die S am 10. August 2011 gegründet worden sei, noch bestehe und über eine Anschrift auf den Seychellen verfüge.

Entscheidungsgründe

II.

17

Die Beschwerde ist begründet. Bei der im Verfahren über die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

18

1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.

19

a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts bestehen, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der hiernach gebotenen Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen, wobei diese nicht überwiegen müssen. Es ist eine summarische Prüfung aufgrund des Sachverhalts vorzunehmen, der sich aus den sog. präsenten Beweismitteln, dem Vortrag der Beteiligten und den Akten ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Oktober 2011 VIII S 5/11, BFH/NV 2012, 262, und vom 12. Juli 2017 X B 16/17, BFHE 257, 523, Rz 53).

20

b) Verfahrensrechtlich beruht der Bescheid auf § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG. Danach werden in den Fällen des § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG die Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks dieses Finanzamts liegendes Grundstück oder ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieses Finanzamts liegenden Grundstücks betroffen wird.

21

c) Materiell-rechtlich stützt sich der angefochtene Bescheid auf § 1 Abs. 2a GrEStG. Diese Vorschrift fingiert einen grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgang bei bestimmten Änderungen des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft.

22

aa) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.

23

bb) Gesellschafter einer Personengesellschaft kann auch eine ausländische Kapitalgesellschaft sein. Diese wird grunderwerbsteuerrechtlich nicht anders behandelt als eine inländische Kapitalgesellschaft (ausdrücklich für den Fall des Anteilserwerbs BFH-Urteil vom 2. August 2006 II R 23/05, BFH/NV 2006, 2306, unter II.2.). Dies setzt aber voraus, dass das als ausländische Kapitalgesellschaft und damit als ausländische juristische Person auftretende Gebilde tatsächlich rechtsfähig ist. Fehlt es daran, ist im Einzelfall zu prüfen, welche zivilrechtlichen Folgen sich hieraus für Rechtsgeschäfte mit der Scheingesellschaft ergeben.

24

Jedenfalls kann ein nicht rechtsfähiges Gebilde nicht Rechtsträger und deshalb auch nicht Gesellschafter einer Personengesellschaft i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG sein.

25

cc) Die Frage, ob eine im Ausland gegründete juristische Person rechtsfähig ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Recht, das am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes gilt (sog. Sitztheorie, vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juni 1995 II S 9/95, BFHE 177, 347, BStBl II 1995, 605, unter II.2.c).

26

aaa) Abweichend davon richtet sich die Frage der Rechtsfähigkeit nach der sog. Gründungstheorie, wenn eine Gesellschaft in einem Vertragsstaat der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder in einem mit diesen aufgrund Staatsvertrags in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat nach dessen Vorschriften wirksam gegründet ist. Diese ist in einem anderen Vertragsstaat auf der Grundlage der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) garantierten Niederlassungsfreiheit (Art. 54 AEUV) unabhängig von dem Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 13. März 2003 VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185; vom 13. April 2010  5 StR 428/09, Der Betrieb --DB-- 2010, 1581; BFH-Urteil vom 29. Juni 2016 II R 14/12, BFH/NV 2017, 1, m.w.N.).

27

bbb) Für Gesellschaften außerhalb des geschilderten Raumes bleibt es bei der Sitztheorie (im Einzelnen Palandt/Thorn, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Aufl., Anhang des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch 12, Rz 10 bis 13). Haben Kapitalgesellschaften, die nach ausländischem Recht gegründet wurden, ihren Sitz im Inland, können sie im Regelfall mangels Einhaltung der inländischen Gründungsvorschriften für Kapitalgesellschaften nicht als solche betrachtet werden. Damit entfällt die Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaft und ist auf die hinter ihr stehenden Gesellschafter zurückzugreifen. Folgerichtig kommt in einem solchen Falle die Behandlung als rechtsfähige Personengesellschaft in Betracht (vgl. BGH-Urteile vom 1. Juli 2002 II ZR 380/00, BGHZ 151, 204, unter II.1.; vom 27. Oktober 2008 II ZR 158/06 "Trabrennbahn", BGHZ 178, 192, unter I.1.c). Dies wiederum setzt voraus, dass die Gesellschaft mehr als einen Gesellschafter hat, denn eine Einmann-Personengesellschaft existiert im deutschen Recht nicht (grundlegend für die GbR Palandt/Sprau, a.a.O., § 705 Rz 1). Hat mithin die ausländische Kapitalgesellschaft lediglich einen Gesellschafter, tritt dieser an die Stelle der Personengesellschaft. Damit entfällt die Möglichkeit, in der Gesellschaft ein rechtsfähiges Gebilde zu sehen. Maßgebender Rechtsträger ist der Gesellschafter allein.

28

2. Der Senat geht aufgrund seiner Beschränkung auf präsente Beweismittel für Zwecke der AdV davon aus, dass der Inhalt des bisher nicht aktenkundigen Vertrags vom 19. Februar 2013, mit dem der Kommanditanteil der S auf 77.500 € erhöht worden sein soll, der Anmeldung zum Handelsregister und den Feststellungen des FG entspricht; im Hauptsacheverfahren bedürfte dies ggf. der Überprüfung.

29

Es bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, weil S mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Briefkastengesellschaft (Domizilgesellschaft/Basisgesellschaft) ist, von der nicht feststeht, ob sie im Inland überhaupt rechtsfähig und als solche in der Lage ist, einen Anteil an der Antragstellerin zu halten. Die seitens der Antragstellerin vorgelegten Dokumente aus dem Ermittlungsverfahren gegen X, gegen deren Echtheit keine Bedenken bestehen, begründen Zweifel daran, ob Erwerb und Erhöhung des Kommanditanteils an der Antragstellerin durch die wirkliche oder vermeintliche ausländische Kapitalgesellschaft S die Voraussetzungen eines nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Tatbestands erfüllen. Insoweit liegt eine Unsicherheit in der Beurteilung von Tat- und Rechtsfragen vor, die die AdV rechtfertigt.

30

a) Sollte die Sachverhaltsdarstellung in dem gegen X erlassenen Haftbefehl zutreffen, dürfte S als reine Briefkastengesellschaft außerhalb des Anwendungsbereichs des EU-Rechts nicht rechtsfähig gewesen sein.

31

aa) Die Rechtsfähigkeit der S beurteilt sich nach dem Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes und nicht nach ihrem Gründungsstatut. S wurde nach Aktenlage nach dem Recht der Seychellen gegründet, die weder Vertragsstaat der EU noch des EWR noch hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit gleichgestellt ist. Aus dem Umstand, dass die C als ihre Alleingesellschafterin --wenn auch in Treuhand für X-- ihren Sitz augenscheinlich auf den im Wege der Assoziierung nach Art. 198, 199 Nr. 5, Anhang II AEUV in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit einbezogenen Britischen Jungferninseln hatte und mutmaßlich auch nach dem dortigen Recht gegründet wurde, folgt in diesem Zusammenhang schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil nicht das Gesellschaftsstatut der Gesellschafterin C, sondern das der Gesellschaft S selbst maßgebend ist. Aus demselben Grunde kommt es erst recht nicht darauf an, dass der Vertreter der C auf dem zur EU gehörenden Zypern ansässig gewesen sein soll.

32

bb) Der tatsächliche Verwaltungssitz der S könnte sich in Deutschland befunden haben. Der Haftbefehl geht davon aus, dass S mangels Personals, Geschäftsräumen, eigener Geschäftsausstattung oder Teilnahme am Marktgeschehen weder auf den Seychellen noch auf Zypern irgendeine Form von Geschäftstätigkeit ausgeübt habe und X sowohl kraft Vollmacht als auch tatsächlich die Geschäftsführung bestimmt habe. X war in Deutschland ansässig.

33

cc) Es ist nicht erkennbar und auch in der Sache nicht wahrscheinlich, dass S die Gründungsvorschriften für eine deutsche Gesellschaft eingehalten hätte, so dass ihr nach diesem Maßstab keine Rechtsfähigkeit als Kapitalgesellschaft zukäme.

34

dd) Eine Rechtsfähigkeit als Personengesellschaft ist bei der im AdV-Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung ebenfalls nicht anzunehmen. Die S hatte lediglich eine Gesellschafterin, die C. Damit kann die S nicht Personengesellschaft sein, und zwar unabhängig davon, welche Rechtsqualität der C zukommen könnte.

35

Nach alledem ist zweifelhaft, ob die S für Zwecke der Grunderwerbsteuer als tauglicher Rechtsträger zu behandeln ist.

36

b) Gänzlich ungeklärt ist, ob der Gesellschaftsanteil an der Antragstellerin (und damit auch ein Erwerb des Gesellschaftsanteils) der C als Gesellschafterin der S zuzurechnen sein könnte. Dies ist für den Fall zu prüfen, dass die C mit ihrem Sitz auf den Britischen Jungferninseln ihrerseits nach den vorgenannten Maßstäben rechtsfähig ist.

37

Eine abschließende Beurteilung dieser Rechtsfrage ist dem Senat allerdings im AdV-Verfahren nicht möglich. Dafür wäre u.a. die Frage zu beantworten, welche Rechtswirkungen die Treuhandvereinbarung zwischen der C und dem X betreffend den Gesellschaftsanteil an der S haben könnte, welchen konkreten Inhalt diese Vereinbarung hat, ob für das Zustandekommen und die Rechtswirkungen das Recht der Britischen Jungferninseln als Gründungsstatut der C, das Recht Zyperns als formalem Ort der Geschäftsleitung und Ort des Vertragsschlusses oder aber das Recht Deutschlands als Ansässigkeitsstaat des Treugebers X maßgebend ist. Zu den Rechtswirkungen einer Treuhandvereinbarung gehört auch die Frage ihrer Reichweite, hier, ob das Treugut (der in der Hand der C befindliche Geschäftsanteil an der S) noch dem Treuhänder --der C-- oder bereits dem Treugeber --dem X-- zuzurechnen ist.

38

c) Der Senat geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte von dem Sachverhalt aus, der dem Haftbefehl zugrunde liegt.

39

aa) Wenn auch insoweit keine Bindung besteht, stellen doch diejenigen tatsächlichen Annahmen, auf die sich ein Haftbefehl stützt, in einem summarischen Verfahren wie dem vorliegenden AdV-Verfahren ein erhebliches Indiz für deren inhaltliche Richtigkeit dar, wenn sie nicht substantiiert bestritten werden. Bestritten hat diese Feststellungen allenfalls die Antragstellerin, nicht hingegen das FA, das im Rahmen der Grunderwerbsteuer aus dem Bestreiten Vorteile hätte ziehen können.

40

Die Untersuchungshaft setzt nach § 112 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) neben dem grundsätzlich erforderlichen Haftgrund dringenden Tatverdacht voraus, wobei es sich um einen zwar an dem Stadium der Ermittlungen orientierten und insofern ggf. auch unvollständigen, aber doch stärkeren Verdacht handeln muss (vgl. im Einzelnen Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2007, § 112, Rz 16 bis 21). Die Einstufung der S als Briefkastengesellschaft war, soweit es sich den Auszügen entnehmen lässt, wesentlicher Bestandteil des Haftbefehls. Der Senat hat aktuell keine Hinweise darauf, inwiefern der Haftbefehl auf unzutreffender Tatsachengrundlage beruhen sollte und folglich das AG zu Unrecht die Haft angeordnet haben sollte.

41

Bezieht sich aber ein dringender Tatverdacht i.S. des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO auf Sachverhaltselemente, die ihrerseits, wenn sie zutreffen, zur Rechtswidrigkeit eines angefochtenen Steuerverwaltungsakts führen, so bestehen bei summarischer Prüfung im Allgemeinen auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts.

42

An dem dringenden Tatverdacht hat sich durch die Außervollzugsetzung des Haftbefehls nichts geändert. Dies ergibt sich aus dem Beschluss selbst, der über die Auflagen und Weisungen allein den Haftgründen (Flucht- und Verdunkelungsgefahr) zu begegnen sucht. Wäre der Verdacht entfallen, hätte der Haftbefehl aufgehoben werden müssen.

43

bb) Der Senat verkennt nicht, dass die Antragstellerin selbst erklärt, sie teile die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen X vertretene Auffassung der Finanzverwaltung zur Einkommensteuer nicht. Sie hat nicht näher erläutert, ob sie die Sachverhaltsfeststellungen für fehlerhaft oder die rechtliche Würdigung für unzutreffend hält oder ob es sich insoweit lediglich um eine salvatorische Klausel handelt, um ein inzidentes Schuldeingeständnis zu Lasten des X sowie negative Folgen bei der Einkommensteuer zu vermeiden. Ein substantiierter Vortrag ist diese nicht durch Tatsachendarstellungen untermauerte Einlassung jedenfalls nicht.

44

cc) Im Übrigen ist es ein Indiz für die Richtigkeit der in dem Haftbefehl enthaltenen Feststellungen, dass sie sich auf die --wiederum nicht aktenkundigen-- Feststellungen des BZSt stützen, die ihrerseits regelmäßig auf belastbaren Informationen gründen.

45

dd) Soweit die Behörden im vorliegenden Sachverhaltskomplex Maßnahmen ergriffen haben, von denen fraglich ist, ob sie nicht die Rechtsfähigkeit der S voraussetzen (so etwa die Pfändung in einen möglichen Kommanditanteil), steht das der vorliegenden --vorläufigen-- Beurteilung nicht entgegen. Zum einen ist bereits der Pfändungsbeschluss so offen gefasst, dass er möglicherweise verschiedene rechtliche Wertungen abdeckt --dies abschließend zu beurteilen, ist nicht Aufgabe des vorliegenden Verfahrens--; zum anderen ist der Senat an diese Wertungen nicht gebunden.

46

ee) Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf dem aktuellen Informationsstand beruht. Falls sich im Zuge der weiteren Aufklärungsmaßnahmen die mögliche Annahme, die S sei eine nicht rechtsfähige Briefkastengesellschaft, als nicht zutreffend erweist, kommt eine Änderung des Beschlusses nach § 69 Abs. 6 FGO durch das jeweilige Gericht der Hauptsache in Betracht.

47

d) Offen kann bleiben, welche Folgen die unstreitige Verletzung der örtlichen Zuständigkeit für den Erlass des Feststellungsbescheids durch das FA hat und ob insoweit § 127 AO anzuwenden ist. Nicht entscheidungserheblich ist auch die von der Antragstellerin geltend gemachte analoge Anwendung des § 174 AO.

48

3. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 6 FGO). Ein ausdrücklicher Ausschluss der Sicherheitsleistung kommt nicht in Betracht. Die vorstehenden Erwägungen lassen nicht den Schluss zu, dass der Rechtsbehelf gegen den Grundlagenbescheid mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 1997 VIII S 1/97, BFH/NV 1998, 186).

49

4. Auf den Aspekt der unbilligen Härte war hiernach nicht mehr einzugehen.

50

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

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(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG 1983 | § 1 Erwerbsvorgänge


(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen: 1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;2. die Auflassung, wenn kein Rech

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Abgabenordnung - AO 1977 | § 127 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn ke

Referenzen

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Für die Besteuerung ist vorbehaltlich des Satzes 2 das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück oder der wertvollste Teil des Grundstücks liegt. Liegt das Grundstück in den Bezirken von Finanzämtern verschiedener Länder, so ist jedes dieser Finanzämter für die Besteuerung des Erwerbs insoweit zuständig, als der Grundstücksteil in seinem Bezirk liegt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 sowie in Fällen, in denen sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht, die in den Bezirken verschiedener Finanzämter liegen, stellt das Finanzamt, in dessen Bezirk der wertvollste Grundstücksteil oder das wertvollste Grundstück oder der wertvollste Bestand an Grundstücksteilen oder Grundstücken liegt, die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest.

(3) Die Besteuerungsgrundlagen werden

1.
bei Grundstückserwerben durch Umwandlungen auf Grund eines Bundes- oder Landesgesetzes durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Erwerbers befindet, und
2.
in den Fällen des § 1 Absatz 2a bis 3a durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet,
gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks dieser Finanzämter liegendes Grundstück oder ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieser Finanzämter liegenden Grundstücks betroffen wird. Befindet sich die Geschäftsleitung nicht im Geltungsbereich des Gesetzes und werden in verschiedenen Finanzamtsbezirken liegende Grundstücke oder in verschiedenen Ländern liegende Grundstücksteile betroffen, so stellt das nach Absatz 2 zuständige Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest.

(3a) In die gesonderte Feststellung nach Absatz 2 und 3 sind nicht die Grundbesitzwerte im Sinne des § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 157 Absatz 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes aufzunehmen, wenn die Steuer nach § 8 Absatz 2 zu bemessen ist.

(4) Von der gesonderten Feststellung kann abgesehen werden, wenn

1.
der Erwerb steuerfrei ist oder
2.
die anteilige Besteuerungsgrundlage für den Erwerb des in einem anderen Land liegenden Grundstücksteils 2.500 Euro nicht übersteigt.
Wird von der gesonderten Feststellung abgesehen, so ist in den Fällen der Nummer 2 die anteilige Besteuerungsgrundlage denen der anderen für die Besteuerung zuständigen Finanzämter nach dem Verhältnis ihrer Anteile hinzuzurechnen.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.