Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2016 - 9 C 16.392

published on 11/05/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2016 - 9 C 16.392
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Verwaltungsgericht Würzburg, W 5 K 16.93, 27/01/2016

Gericht

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Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Gründe

I. Die Kläger wenden sich gegen den Beschluss vom 27. Januar 2016, in dem das Verwaltungsgericht die Fortsetzung eines ausgesetzten erstinstanzlichen Klageverfahrens ausgesprochen hat.

Das Verwaltungsgericht hatte das bei ihm anhängige Verfahren über die baurechtliche Nachbarklage der Kläger mit Beschluss vom 7. März 2013 bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im Normenkontrollverfahren über den Bebauungsplan, der der angefochtenen Baugenehmigung zugrunde liegt (im Folgenden: Parallelverfahren), nach § 94 VwGO ausgesetzt, weil mit den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs im Parallelverfahren eine vorgreifliche Frage beantwortet wird. Nach Ergehen der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs im Parallelverfahren aufgrund der - noch nicht rechtskräftigen - Urteile vom 26. November 2015 (Az.: 9 N 12.2595 und 9 N15.1896) erließ das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beigeladenen am 27. Januar 2016 den angefochtenen Beschluss, der den Klägern am 3. Februar 2016 zugestellt wurde. Hiergegen richtet sich die am 17. Februar 2016 beim Verwaltungsgericht eingegangene Beschwerde der Kläger, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig.

a) Das Beschwerdebegehren der Kläger, „unter Abänderung des (Fortsetzungs-) Beschlusses vom 27.1.2016 bleibt das Verfahren weiterhin ausgesetzt“, ist mangels Beschwer unzulässig.

aa) Hat das Gericht - wie hier - die Aussetzung des Verfahrens nur bis zur Entscheidung eines anderen Gerichts angeordnet und nicht bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung, so enden die Wirkungen der Aussetzung ohne weiteres mit Wirksamwerden der Entscheidung des anderen Gerichts. Mit Wirksamwerden dieser Entscheidung hat das aussetzende Gericht den Rechtsstreit von Amts wegen unverzüglich fortzusetzen; ein Fortsetzungsbeschluss ist zweckmäßig, aber nicht vorgeschrieben (vgl. BGH, U. v. 24.1.1989 - XI ZR 75/88 - BGHZ 106, 295 = juris Rn. 10; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 94 Rn. 9; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 94 Rn. 35, 122; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Auflage 2016, § 150 Rn. 5; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016, § 148 Rn. 9, § 250 Rn. 1; Wagner in MünchKommZPO, 4. Auflage 2013, § 250 Rn. 1, jeweils m. w. N.).

Da die Aussetzung des Verfahrens hier mit Wirksamwerden der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs im Parallelverfahren endete und die Kläger keinen (erneuten) Aussetzungsantrag gestellt haben, den das Verwaltungsgericht im Fortsetzungsbeschluss hätte ablehnen können, fehlt es ihrem Begehren an der erforderlichen Beschwer. Die Beschwer kann sich auch nicht aus einer unterlassenen weiteren Aussetzung von Amts wegen ergeben, weil es im Verwaltungsprozessrecht keine Untätigkeitsbeschwerde gibt (vgl. BVerwG, B. v. 13.3.2008 - 7 B 4.08 - juris; BVerwG, B. v. 30.1.2003 - 3 B 8.03 - juris).

bb) Die Annahme der Kläger, die Verweisung in der Begründung des Fortsetzungsbeschlusses auf „§ 250 ZPO“ sei ein Schreibfehler, die richtige Norm sei „§ 150 ZPO“, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat die von ihm erlassene Aussetzungsanordnung gerade nicht (nach pflichtgemäßem Ermessen) gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 150 Satz 1 ZPO aufgehoben; dies war ihm aufgrund der von selbst endenden Aussetzung gar nicht möglich. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Fortsetzung des Verfahrens ausgesprochen - „auch wenn die Entscheidungen noch nicht rechtskräftig sind“ - und damit dem Fortsetzungsantrag des Beigeladenen entsprochen, weil die Aussetzung nur bis zu den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs im Parallelverfahren angeordnet worden war. Zwar bedurfte es keiner förmlichen Aufnahmeerklärung i. S. d. Fortsetzungsantrags des Beigeladenen nach § 250 ZPO, um das Ende der Aussetzung herbeizuführen (vgl. BGH, U. v. 24.1.1989 - XI ZR 75/88 - BGHZ 106, 295 = juris Rn. 10). Das Verwaltungsgericht hat den Fortsetzungsantrag des Beigeladenen vom 25. Januar 2016 aber zum Anlass genommen, die ohnehin beendete Aussetzung durch förmlichen Beschluss klarzustellen.

cc) Von Vorstehendem ausgehend kann der Beschwerdeantrag, das Verfahren beim Verwaltungsgericht „weiterhin“ ausgesetzt zu lassen, auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die Aussetzung im Zeitpunkt des Fortsetzungsbeschlusses bereits beendet war.

b) Soweit im Beschwerdeantrag die Aufhebung des Fortsetzungsbeschlusses als Minus enthalten ist, fehlt es der Beschwerde am Rechtsschutzbedürfnis.

Da die Aussetzung des Verfahrens mit Ergehen der Entscheidungen im Parallelverfahren von selbst geendet hat, würde die Aufhebung des beanstandeten Fortsetzungsbeschlusses - der dies nur bestätigt - die Rechtsstellung der Kläger nicht verbessern.

2. Ein Verstoß gegen die Gewährung des rechtlichen Gehörs kommt nach Vorstehendem nicht in Betracht. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Aussetzungsbeschlusses vom 7. März 2013 stand für die Beteiligten erkennbar fest, dass die Aussetzung mit den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs im Parallelverfahren, die den Beteiligten zugestellt wurden, endete. Einen darüber hinausgehenden Gehalt hat der Fortsetzungsbeschluss nicht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO (vgl. zur Erforderlichkeit einer Kostenentscheidung BayVGH, B. v. 8.8.2011 - 8 C 11.1451 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 9.7.2001 - 1 C 01.970 - juris Rn. 13, jeweils m. w. N.).

Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
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Annotations

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Das Gericht kann die von ihm erlassenen, eine Trennung, Verbindung oder Aussetzung betreffenden Anordnungen wieder aufheben. § 149 Abs. 2 bleibt unberührt.

Die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens und die in diesem Titel erwähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.