Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2018 - 4 ZB 17.2268

bei uns veröffentlicht am06.11.2018

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 6.592,50 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich als Inhaber einer Ferienwohnungsagentur gegen die Heranziehung zu Fremdenverkehrsbeiträgen.

Von seinem in einer anderen Gemeinde gelegenen Firmensitz aus betreut der Kläger u. a. Ferienwohnungen im Gemeindegebiet der Beklagten. Im Rahmen dieser Tätigkeit wird er von den jeweiligen Eigentümern beauftragt, deren Wohnungen zu vermieten und zu betreuen. Er übernimmt u. a. die Werbung für die Wohnungen, die Bereitstellung, die Korrespondenz mit Interessenten und den Abschluss der Mietverträge sowie den Empfang, die Betreuung und die Verabschiedung der Gäste.

Mit Bescheiden vom 30. März, 28. Juni und 5. Dezember 2016 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger jeweils auf der Grundlage von Schätzungen Fremdenverkehrsbeiträge für die Jahre 2011 bis 2014, Vorauszahlungen für die Jahre 2016 und 2017 sowie Verspätungszuschläge fest.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger dagegen jeweils Anfechtungsklage. Er trug vor, er unterliege als Auswärtiger nicht der Beitragspflicht.

Mit Urteil vom 21. September 2017 hob das Verwaltungsgericht die angegriffenen Bescheide auf. Der Kläger sei von der Beitragspflicht nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil seine Vermittlungsagentur nicht im Gemeindegebiet liege. Aus dem Territorialitätsprinzip folge aber, dass die Gemeinden durch Abgabensatzungen (nur) solche Personen verpflichten könnten, die in ihrem Gebiet Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hätten, ein Gewerbe ausübten oder sonstige Tatbestände erfüllten, durch die sie in nähere Beziehungen zur Gemeinde träten und sich damit in die Abgabenhoheit der Gemeinde begäben. Das sei nur dann der Fall, wenn der Betroffene zu der Gemeinde in einer nicht nur vorübergehenden, objektiv verfestigten Beziehung stehe, die jedenfalls dann anzunehmen sei, wenn in der Gemeinde eine Betriebsstätte gem. § 12 AO unterhalten werde. Der Kläger unterhalte keine solche Betriebsstätte; das bloße Tätigwerden in fremden Räumen reiche hierzu nicht aus. Die Ferienwohnungen „dienten“ nicht der Tätigkeit des Unternehmens des Klägers, sondern ihre Verwaltung sei der Gegenstand dieses Unternehmens. Der Kläger unterhalte im Gemeindegebiet der Beklagten keine Geschäfts- oder Büroräume und keine sonstigen Anlagen. Es halte sich kein von ihm angestelltes Personal ständig oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit in den Ferienwohnungen auf. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger Gerätschaften, die er zur Ausübung seiner Verwaltungstätigkeit benötige, dauerhaft in den von ihm verwalteten Ferienwohnungen untergestellt habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Der Kläger tritt dem Zulassungsantrag entgegen.

Die Landesanwaltschaft Bayern unterstützt unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr das Zulassungsbegehren des Beklagten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

aa) An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Solche Zweifel sind nur gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642). Dies ist hier nicht der Fall.

Die Beklagte trägt vor, das Verwaltungsgericht habe das Fehlen eines territorialen Bezugs des Klägers zu ihrem Gemeindegebiet ausschließlich mit dem Nichtvorliegen einer Betriebsstätte gemäß § 12 AO begründet. Darin liege aber keine zwingende Voraussetzung für eine nicht nur vorübergehende, objektiv verfestigte Beziehung. Eine solche sei hier gegeben, da der Kläger regelmäßig und nicht nur gelegentlich Dienstleistungen durch die Vermittlung und - meist kurzzeitige - Vermietung von Ferienwohnungen im Gebiet der Beklagten erbringe. Da diese Tätigkeit in den immer gleichen Objekten ausgeübt werde, könne man von einer örtlichen Verfestigung sprechen. Der Kläger übernehme auch vor Ort die konkrete Bereitstellung der Wohnungen, die Reinigung, den Empfang, die Betreuung und Verabschiedung der Gäste sowie Hausmeisterregiearbeiten. Nach dem Verständnis der Beklagten sei zudem von einer Betriebsstätte auszugehen, da die vermittelten Wohnungen dem Unternehmen des Klägers unmittelbar dienten. Er habe darüber eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht, da ihm regelmäßig das alleinige Recht zur Vermietung eingeräumt sei. Er besitze auch jeweils einen Wohnungsschlüssel und habe damit die tatsächliche Sachherrschaft über die Wohnungen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Die vom Kläger erbrachten Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vermittlung und Vermietung von Ferienwohnungen im Gemeindegebiet der Beklagten reichen nicht aus, um ihn zur Zahlung des Fremdenverkehrsbeitrags heranzuziehen.

(1) Nach § 1 Abs. 1 der Satzung der Beklagten für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags (FBS) wird von allen selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet - mittelbare oder unmittelbare (vgl. § 2 Abs. 1 FBS) wirtschaftliche (vgl. Art. 6 Abs. 1 KAG) - Vorteile erwachsen, ein Fremdenverkehrsbeitrag erhoben. Einer solchen Beitragspflicht können nach der Rechtsprechung des Senats auch ortsfremde Personen unterfallen; Voraussetzung dafür ist aber, dass sie zu der beitragserhebenden Gemeinde in einer nicht nur vorübergehenden, objektiv verfestigten Beziehung stehen (BayVGH, U.v. 5.4.2017 - 4 BV 16.1970 - juris Rn. 16 m.w.N.). Eine derartige Beziehung kann insbesondere durch das Innehaben einer Betriebsstätte im steuerrechtlichen Sinne (Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i. V. m. § 12 AO) im Gemeindegebiet vermittelt werden. Das Abstellen auf den Begriff der Betriebsstätte ermöglicht eine aus Gründen der Rechtsklarheit unumgängliche und praktikable Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen; es verhindert, dass auch auswärtige Lieferanten, die nur in einer Geschäftsbeziehung zu ortsansässigen Betrieben stehen, zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden mit der Folge, dass der Kreis der Beitragspflichtigen unüberschaubar würde (so bereits BayVGH, U.v. 9.4.1987 - 4 B 85 A.435 - NVwZ-RR 1989, 156/157).

(2) Der Kläger unterhält keine Betriebsstätte im Gebiet der Beklagten. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AO ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Nach dieser Legaldefinition muss, wie auch aus der exemplarischen Aufzählung in Satz 2 hervorgeht, ein dem Unternehmenszweck unmittelbar förderlicher körperlicher Gegenstand oder eine entsprechende Sachgesamtheit existieren und für eine gewisse Dauer „fest“ an einem bestimmten Ort verbleiben (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 8/2018, § 12 AO Rn. 4 ff.; Gersch in Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 12 Rn. 2 ff.). Dass sich der Kläger in Ausübung seiner selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig im Gemeindegebiet der Beklagten aufhält, wo seine Agentur über keinen festen Anlaufpunkt verfügt, kann hiernach mangels räumlich-gegenständlicher Verfestigung allein noch keine Betriebsstätte begründen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus der dem Kläger eingeräumten Vertretungsmacht, selbständig Mietverträge namens der Wohnungseigentümer abzuschließen und als deren Besitzdiener (§ 855 BGB) die Schlüssel der Ferienwohnungen zu übergeben, keine ortsgebundene Geschäftseinrichtung im Sinne des steuerrechtlichen Betriebsstättenbegriffs, die zur Fremdenverkehrsbeitragspflicht wie auch zur Gewerbesteuerpflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GewStG führen müsste. Die zur Vermietung angebotenen Wohnungen stellen Betriebsstätten allenfalls für die jeweiligen Eigentümer dar, deren unternehmerischer Tätigkeit sie unmittelbar zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, U.v. 17.1.1997 - 4 B 95.2592 - juris Rn. 13 f.). Für den Kläger bilden dagegen die Wohnungen, die ihm weder gehören noch zur eigenen Nutzung zur Verfügung stehen, nicht das Mittel, sondern den Gegenstand seiner gewerblichen Tätigkeit (vgl. BayVGH, U.v. 9.4.1987, a.a.O.). Sein Tätigwerden bei der Vermittlung und Bereitstellung einer Ferienwohnung erfolgt in Erfüllung der mit dem jeweiligen Eigentümer geschlossenen schuldrechtlichen Vereinbarung und unterscheidet sich damit nicht von demjenigen eines Handwerkers, der in der Wohnung Reparaturen ausführt. Ein bloßes Tätigwerden in fremden Räumen reicht für die Annahme einer Betriebsstätte nach allgemeiner Auffassung nicht aus (vgl. Koenig in ders., AO, 3. Aufl. 2014, § 12 Rn. 11 m.w.N.).

(3) Ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen auch nicht deshalb, weil - trotz des Fehlens einer Betriebsstätte - eine auf anderweitigen Umständen beruhende nicht nur vorübergehende und objektiv verfestigte Beziehung des Klägers zum Gemeindegebiet der Beklagten bestehen würde.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat es in dem bereits erwähnten Urteil vom 9. April 1987 (NVwZ-RR 1989, 156/157) offengelassen, ob besonders gelagerte Einzelfälle denkbar sind, in denen eine Fremdenverkehrsbeitragspflicht für nicht Ortsansässige entsteht, ohne dass in der beitragserhebenden Gemeinde eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO unterhalten wird. Wie in den Entscheidungsgründen weiter ausgeführt wurde, genügt es dafür jedenfalls nicht, dass ein von einem Gewerbetreibenden verwaltetes Objekt im Gebiet der fremdenverkehrsbeitragserhebenden Gemeinde gelegen ist; neben dieser bloßen Belegenheit müssen weitere Umstände vorliegen, die eine besondere Verknüpfung zum Gemeindegebiet begründen könnten.

Eine solche spezifische Ortsbezogenheit kann sich entgegen der Meinung der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses nicht schon aus der Dauer bzw. Häufigkeit oder aus dem Inhalt einer objektbezogenen Verwaltungstätigkeit ergeben, hier also aus der Tatsache, dass der Kläger im Gemeindegebiet der Beklagten regelmäßig Ferienwohnungen vermittelt und dabei für die Vermieter auch einige der aus dem Mietverhältnis folgenden Nebenpflichten übernimmt. Der Kreis der dem Fremdenverkehrsbeitrag unterliegenden auswärtigen Personen ließe sich nicht mehr in hinreichend klarer und praktikabler Weise bestimmen, wenn die örtliche Radizierung einer Verwaltungs- oder sonstigen Dienstleistungstätigkeit davon abhinge, dass diese in zeitlicher und/oder sachlicher Hinsicht einen noch zu definierenden Mindestumfang überschreitet. In der Entscheidung vom 9. April 1987 hat der Senat demgemäß die Beitragspflicht der damaligen Klägerin in ihrer Eigenschaft als Verwalterin eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Hotels verneint, ohne näher zu prüfen, worin ihre Leistungen vereinbarungsgemäß bestanden und wie oft sie deswegen die betreffenden Wohnungen aufsuchen musste. Solche individuellen Vertragsgestaltungen und Verhaltensweisen, die sich nur schwer vergleichen und überprüfen lassen und überdies ständigem Wandel unterliegen, können nicht maßgebend dafür sein, ob ein auswärtiger Gewerbetreibender in einer objektiv verfestigten Beziehung zum Gemeindegebiet steht, die der Errichtung einer Betriebsstätte gleichkommt (vgl. dazu BayVGH, U.v. 5.4.2017, a.a.O., Rn. 22 ff.).

bb) Der Rechtssache kommt auch nicht die im Zulassungsverfahren geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob eine nicht nur vorübergehende, objektiv verfestigte Beziehung eines Gewerbetreibenden zu einer Gemeinde bereits dann ausscheidet, wenn dieser keine Betriebsstätte im Sinne von § 12 AO unterhält, kommt es hier nicht entscheidungserheblich an. Denn selbst wenn man die Frage verneint, führt dies in der vorliegenden Fallkonstellation aus den oben genannten Gründen nicht zu einer Beitragspflicht des Klägers.

Die darüber hinaus gestellte Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen einer nicht nur vorübergehenden, objektiv verfestigten Beziehung eines Gewerbetreibenden zu einer den Fremdenverkehrsbeitrag erhebenden Gemeinde zu stellen sind, wenn keine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO vorliegt, lässt sich in Anbetracht der Vielzahl denkbarer rechtlicher und tatsächlicher Gestaltungsmöglichkeiten nicht in verallgemeinerungsfähiger Form beantworten.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2018 - 4 ZB 17.2268 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Abgabenordnung - AO 1977 | § 12 Betriebstätte


Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen: 1. die Stätte der Geschäftsleitung,2. Zweigniederlassungen,3. Geschäftsstellen,4. Fabrikations-

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 855 Besitzdiener


Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so i

Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 4 Hebeberechtigte Gemeinde


(1) 1Die stehenden Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten wird. 2Befinden sich Betriebsstätten desselben Gewerbebetriebs in mehreren Gemeinden, oder er

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 05. Apr. 2017 - 4 BV 16.1970

bei uns veröffentlicht am 05.04.2017

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung

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Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:

1.
die Stätte der Geschäftsleitung,
2.
Zweigniederlassungen,
3.
Geschäftsstellen,
4.
Fabrikations- oder Werkstätten,
5.
Warenlager,
6.
Ein- oder Verkaufsstellen,
7.
Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
8.
Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn
a)
die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b)
eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
c)
mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:

1.
die Stätte der Geschäftsleitung,
2.
Zweigniederlassungen,
3.
Geschäftsstellen,
4.
Fabrikations- oder Werkstätten,
5.
Warenlager,
6.
Ein- oder Verkaufsstellen,
7.
Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
8.
Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn
a)
die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b)
eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
c)
mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein überregional tätiges Energieversorgungsunternehmen, das im Gemeindegebiet des Beklagten die Grundversorgung durchzuführen hat. Sie wendet sich gegen die Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen.

Die Klägerin, die nicht als Netzbetreiberin tätig ist, verkauft Strom an Haushaltskunden (Jahresverbrauch < 10.000 kWh, § 3 Nr. 22 EnWG) und an Nichthaushaltskunden entweder über Sonderkundenverträge oder im Rahmen der Grundversorgung. Der von der Klägerin eingekaufte Strom wird in überregionale Übertragungsnetze eingespeist, gelangt von dort in die regionalen und kommunalen Verteilernetze und wird darin zu den Abnahmestellen der einzelnen Kunden weitergeleitet. Bei den von der Klägerin mit ihren Abnehmern geschlossenen Sonderkundenverträgen handelt es sich in der Regel um „integrierte Stromlieferverträge“, die neben dem Verkauf der Energie auch die Nutzung der Übertragungs- und Verteilernetze umfassen. Mit den Verteilernetzbetreibern hat die Klägerin sog. Lieferantenrahmenverträge über die Netznutzung zur Durchleitung des Stroms an ihre Kunden abgeschlossen. Ein solcher Rahmenvertrag besteht auch zwischen der Klägerin und der B. AG, die das Elektrizitätsverteilernetz im Gemeindegebiet des Beklagten betreibt.

Mit Bescheiden vom 10. Juli 2015 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin aufgrund einer Schätzung für das Jahr 2013 einen Fremdenverkehrsbeitrag in Höhe von 8.850,41 Euro sowie eine Vorauszahlung für das Jahr 2015 ebenfalls in Höhe von 8.850,41 Euro fest. Dabei wurden jeweils ein körperschaftsteuerpflichtiger Gewinn von 221.260,21 Euro, ein steuerbarer Umsatz von 5.687.923,17 Euro und ein Vorteilssatz von 50% zugrunde gelegt. Eine Erklärung hierzu hatte die Klägerin zuvor trotz Aufforderung nicht abgegeben.

Die Klägerin erhob dagegen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Anfechtungsklage. Sie sei weder Eigentümerin des regionalen und kommunalen Verteilernetzes noch des überregionalen Übertragungsnetzes und verfüge über keine betrieblichen Einrichtungen im Gemeindegebiet des Beklagten, sondern handle lediglich mit Strom. Der Lieferantenrahmenvertrag mit der B. AG vermittle ihr einen Zugang zum gesamten europaweiten Elektrizitätsversorgungsnetz. Weder die im Gemeindegebiet des Beklagten vorhandenen Stromzähler bzw. Steckdosen noch das Verteilernetz seien Betriebsstätten der Klägerin im Sinne des § 12 AO. Sie verfüge für den Vertrieb im Gemeindegebiet über keine Niederlassung oder Betriebsstätte und auch über keine Einrichtung, mit welcher der Stromfluss kontrolliert, geändert oder sonst beeinflusst werde. Sie besitze keine Verfügungsmacht über das Verteilernetz der B. AG, da der Lieferantenrahmenvertrag ihr nur das Recht einräume, das Netz für ihre Stromlieferungen mitzubenutzen und die Endkunden mit Strom zu beliefern. Anders als z.B. bei Nießbrauch, Miete, Leihe oder Pacht verleihe der Vertrag ihr nicht das Recht, in irgendeiner Form auf das Leitungsnetz Einfluss zu nehmen. Die vorhandenen Umspannwerke, Verteilerkästchen oder Zählereinrichtungen gehörten allein dem Verteilernetzbetreiber. Durch den Lieferantenrahmenvertrag als typengemischtem Vertrag werde der Netznutzer nicht Mitbesitzer der Leitungen; die Netznutzung sei vielmehr mit einer Straßenmaut vergleichbar. Das Elektrizitätsverteilernetz sei nicht auf das Gemeinde- oder Stadtgebiet beschränkt, sondern Teil eines Verbundnetzes, bei dem großräumige Bereiche mit Stromnetzen unterschiedlicher Spannungsebenen (Nieder-, Mittel-, Hoch- und Höchstspannung) abgedeckt würden. Die Stromentnahmen im Gemeindegebiet des Beklagten wirkten sich auch auf andere Elektrizitätsverteilernetze und damit überregional aus. Das Verteilernetz unterliege deshalb ebenso wenig der Fremdenverkehrsbeitragspflicht wie ein auswärtiges Nahverkehrsunternehmen, das die Fremdenverkehrsgemeinde anfahre, oder wie ein auswärtiger Lieferant, der Geschäftsbeziehungen zu ortsansässigen Betrieben pflege. Auch die Verpflichtung zur Sicherstellung der Grundversorgung mit Strom begründe keine objektiv verfestigte Beziehung zum Gemeindegebiet. Die Grundversorgung erfolge über das gesamte, nicht nur auf das Gebiet des Beklagten beschränkte Leitungsnetz; die betreffende Pflicht habe keine Auswirkungen auf den Lieferantenrahmenvertrag. Dieser unterscheide nicht danach, ob der Lieferant einen Teil seiner Kunden im Rahmen der Grundversorgungspflicht beliefere. Für eine Fremdenverkehrsbeitragspflicht der Klägerin fehle es zudem an einem wirtschaftlichen Vorteil i. S. d. Art. 6 KAG, da kein Zusammenhang zwischen unmittelbarem und mittelbarem Vorteil gegeben sei. Die Stromlieferverträge der Klägerin nähmen nicht Bezug auf den Fremdenverkehr. Einziger Vertragsinhalt, der einen geschäftlichen Bezug aufweise, sei Ziffer. 4.3., wonach sich der Auftraggeber verpflichte, den gelieferten Strom überwiegend für den beruflichen, landwirtschaftlichen oder gewerblichen Bedarf zu nutzen.

Der Beklagtenvertreter beantragte, die Klage abzuweisen. Eine nicht nur vorübergehende, objektiv verfestigte Beziehung zum Gemeindegebiet ergebe sich daraus, dass die Klägerin eine Betriebsstätte im Gemeindegebiet des Beklagten betreibe. Das Elektrizitätsverteilernetz stelle eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage dar, die der Tätigkeit ihres Unternehmens diene. Dabei genüge eine Mitverfügungsmacht aufgrund einer obligatorischen Berechtigung. Die vorgelegten Verträge (Lieferantenrahmenvertrag und Netznutzungsvertrag) seien auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, unterlägen der ordentlichen Kündigung und seien daher einem schuldrechtlichen Mietverhältnis vergleichbar. Hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion einer mehrgemeindlichen Betriebstätte sei auf § 30 GewStG zu verweisen. Eine nicht nur vorübergehende, objektiv verfestigte Beziehung im Gemeindegebiet des Beklagten liege zumindest in der gesetzlichen Verpflichtung der Klägerin, dort die Grundversorgung durchzuführen.

Mit Urteil vom 16. Juni 2016 hob das Verwaltungsgericht München die Fremdenverkehrsbeitragsbescheide des Beklagten vom 10. Juli 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes Rosenheim vom 3. Dezember 2015 auf. Bei der Klägerin bestehe keine persönliche Beitragspflicht, da sie keine örtliche Unternehmerin im Sinne der Fremdenverkehrsbeitragssatzung sei. Der Beitragspflicht könnten zwar auch ortsfremde Personen unterfallen; das setze allerdings voraus, dass sie zur beitragserhebenden Gemeinde in einer nicht nur vorübergehenden, objektiv verfestigten Beziehung stünden, insbesondere durch eine gewerbliche Niederlassung bzw. eine Betriebsstätte gemäß § 12 AO in der Gemeinde. Eine Betriebsstätte könne hier nicht aufgrund der im Gemeindegebiet vorhandenen Stromzähler und Steckdosen in Verbindung mit den daran angeschlossenen Endgeräten angenommen werden, da die Klägerin insoweit keine Verfügungsmacht besitze. Das von der Klägerin durch Lieferantenrahmenvertrag mit dem Verteilernetzbetreiber B. AG vorgehaltene Leitungsnetz zur Durchleitung des Stromes möge zwar als Betriebsstätte zu beurteilen sein; daraus könne aber keine hinreichend verfestigte Beziehung der Klägerin zum Gemeindegebiet des Beklagten hergeleitet werden. Das Vorhalten eines Stromnetzes sei zu vergleichen mit dem Vorhalten eines Telefonnetzes, bei dem es sich nach der Rechtsprechung nicht um eine Betriebsstätte „in der Gemeinde“, sondern um eine (einheitliche) überregionale Betriebsstätte handle. Das Stromnetz im Gemeindegebiet des Beklagten sei lediglich Teil des Gesamtstromnetzes, das gemeindeübergreifend ausgelegt und Teil eines sog. Verbundnetzes sei, bei dem die einzelnen Netz- bzw. Spannungsebenen über Transformatoren, die den jeweiligen Netzbetreibern gehörten, miteinander verbunden seien. Da die Durchleitung von Strom sich aufgrund seiner physikalischen Form nicht auf bestimmte Teile des Leitungsnetzes eingrenzen lasse, sei ein örtlicher Bezug des Leitungsnetzes zum Gemeindegebiet nicht gegeben. Das der Klägerin aufgrund Lieferantenrahmenvertrags gewährte Recht auf Zugang zum gesamten (europaweiten) Elektrizitätsversorgungsnetz werde vom Netzbetreiber jedem Energielieferanten eingeräumt, der in dem Netzgebiet Endkunden habe. Ein Vergleich zu den Vertragstypen der Miete oder Pacht könne nicht gezogen werden, da die Klägerin durch den Abschluss des Lieferantenrahmenvertrages andere Energielieferunternehmen nicht von der Nutzung desselben Netzes ausschließen könne. Auch die Grundversorgungspflicht stelle keine objektiv verfestigte Beziehung zum Gemeindegebiet des Beklagten her, da die Stromkunden, welche die Grundversorgung in Anspruch nähmen, denselben Bedingungen unterlägen wie die übrigen Kunden, die mit der Klägerin einen Stromliefervertrag abgeschlossen hätten. Auch diese Kunden versorge die Klägerin im Rahmen ihres Energieliefervertrages über das gesamte überörtliche Stromnetz des jeweiligen Netzbetreibers.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung. Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin betreibe auf dem Gebiet des Beklagten eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO. Das Netz sei auf das Gebiet der Gemeinde beschränkt und weise insofern das Merkmal eines regionalen Netzes auf. Mit einem Telefonnetz könne ein Stromnetz nicht gleichgesetzt werden. Ersteres sei mittels Verzweigungspunkten aufgebaut, so dass ein Telefonsignal von jedem Punkt eines Verzweigungskabels ohne Hindernis und Transformation zu jedem beliebigen Punkt an einem anderen Verzweigungskabel geleitet werden könne. Ein Stromnetz dagegen bestehe aus vielen eigenen Netzen, die durch jeweils unterschiedliche Spannungen klar voneinander getrennt und strukturiert seien. Ein vom Mittelspannungsnetz abzweigendes Niederspannungsnetz werde gemeinhin als Orts- oder Stadtnetz bezeichnet. Ein solches in sich geschlossenes System grenze sich von den anderen Netzen durch seine eigene Spannungsebene ab. Eine Verbindung zum übergeordneten Netz bzw. ein Stromaustausch könne nur durch Transformatoren im Wege der Umspannung erfolgen. Im Ergebnis sei damit jedes Niederspannungsnetz als eigenes Netz zu qualifizieren, so wie hier das Netz für das Gebiet des Beklagten. Die Klägerin besitze darüber eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht, wobei eine Mitverfügungsmacht aufgrund einer obligatorischen Berechtigung ausreiche. Nicht entscheidend sei, ob das der Klägerin zustehende Nutzungsrecht ausreiche, andere Lieferanten vom Netz auszuschließen. Zu verweisen sei auch auf die rechtliche Konstruktion der mehrgemeindlichen Betriebsstätte, bei der nach dem Sinn und Zweck des § 30 GewStG denknotwendig vorausgesetzt werde, dass alle Betriebsstättenteile in der jeweiligen Gemeinde je für sich die Merkmale einer Betriebsstätte erfüllten. Selbst wenn man eine Betriebsstätte verneine, handle es sich bei der Klägerin jedenfalls um eine ortsfremde Person, die zum Beklagten in einer nicht nur vorübergehenden objektiv verfestigten Beziehung stehe. Der Klägerin obliege die Grundversorgung mit Strom, die nach Art. 83 Abs. 1 BV grundsätzlich in den eigenen Wirkungskreis der Kommunen falle. Wenn Kommunen diese Grundversorgung nicht selbst durch örtliche Stadt- und Gemeindewerke gewährleisteten, werde die Aufgabe von überregional tätigen Stromanbietern wie der Klägerin übernommen, was zwangsläufig zu einer nicht nur vorübergehenden objektiv verfestigten Beziehung zu der jeweiligen Kommune führe. An der Dauerhaftigkeit fehle es auch nicht deshalb, weil die Grundversorgungspflicht des § 36 Abs. 2 EnWG i. V. m. § 1 Abs. 3 StromGVV in einem Abstand von drei Jahren zu überprüfen sei und daher wechseln könne. Wer als Ortsfremder eine Betriebsstätte im Gemeindegebiet durch Anmietung einer Anlage befristet auf drei Jahre begründe, sei zweifelsohne fremdenverkehrsbeitragspflichtig.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Differenzierung des Stromnetzes in verschiedene Spannungsebenen bezwecke nicht, die Netze jeweils konkreten Gemeindegebieten zuzuordnen; damit sollten vielmehr lediglich die auf jeder Spannungsebene verwendeten Betriebsmittel bzw. Aufwendungen der unterschiedlichen Netzbetreiber kostenscharf den einzelnen Ebenen zugeordnet werden mit dem Ziel, die Entgelte für die Netznutzung verursachergerecht zu ermitteln. Die Bezeichnung des Niederspannungsnetzes als Orts- oder Stadtnetz besage nur, dass die Mehrzahl der Netznutzer im Ort bzw. in der Stadt auf der Niederspannungsebene an das Stromnetz angeschlossen sei. Es sei deshalb falsch, aus der Bezeichnung als Orts- oder Stadtnetz einen bestimmten örtlichen Bezug des Niederspannungsnetzes abzuleiten. Das Verteilernetzgebiet sei nicht kommunal auf bestimmte Gemeindegebiete beschränkt, sondern gemeindegebietsübergreifend ausgestaltet und müsse aus technischen (Systemsicherheit) und rechtlichen (deutschlandweiter Netzzugang) Gründen auch so ausgestaltet sein. Auch das Netz der B. AG decke nicht einzelne Gemeindegebiete ab, sondern sei ein flächendeckendes und gemeindeübergreifendes Stromnetz. Abrechnungstechnisch gebe es keine in sich abgeschlossenen Netzbereiche. Wie das Telefonnetz sei das Stromnetz aus „Hauptkabeln“, „Verzweigungspunkten“ und „Verzweigungsleitungen“ aufgebaut; der Strom könne über alle Spannungsebenen von einem Punkt zum anderen fließen. Der Lieferantenvertrag begründe keine solche Verfügungsmacht über das Stromnetz, dass nach außen der Anschein entstehe, das Stromnetz sei Betriebsstätte eines jeden Stromanbieters im Gemeindegebiet. Einem Mieter, Pächter oder Entleiher werde eine deutlich weitergehende Rechtsposition verschafft als der Klägerin mit dem Lieferantenrahmenvertrag; der wesentliche Unterschied liege darin, dass ein Mieter weitere Dritte von der Nutzung der Mietsache ausschließen könne. Die gemeindegebietsübergreifenden Verteilernetze stünden dagegen einem theoretisch unbegrenzten Benutzerkreis offen, der sich ständig verändern könne. Da die Einrichtung „Netz“ von vielen, in ihrer Zahl nie für längere Zeit konkret bestimmbaren Stromanbietern gleichzeitig genutzt werde, sei es nicht möglich, das Netz einem der Stromanbieter so zuzuordnen, dass nach außen der Eindruck bestehe, es sei vor allem Bestandteil seines Betriebs. Die Klägerin habe auch keine sonstige objektiv verfestigte Beziehung zum Beklagten. Art. 83 Abs. 1 BV treffe keine Aussage dazu, wer die Grundversorgung mit Strom durchzuführen habe. Auch kommunale Stromversorger müssten sich dem Markt stellen und seien nur dann Grundversorger, wenn sie im jeweiligen Netzgebiet die meisten Haushaltskunden versorgten. Der Umstand, dass die Grundversorgung dem gemeindlichen Wirkungskreis zugewiesen sei, reduziere diese nicht automatisch auf das jeweilige Gemeindegebiet. § 36 EnWG stelle vielmehr ausdrücklich auf Netzgebiete und nicht auf Gemeindegebiete ab. Da Netzgebiete und Gemeindegebiete regelmäßig auseinanderfielen, weil die entsprechenden Netzgebiete mehrere Gemeindegebiete oder Teilflächen davon umfassten, könne keine verfestigte Beziehung bzw. kein besonderes Näheverhältnis zu einem konkreten Gemeindegebiet angenommen werden. Nach § 36 Abs. 2 EnWG i. V. m. § 1 Abs. 3 StromGVV könne die Grundversorgungspflicht wechseln, ohne dass dies im Einflussbereich der Klägerin liege. Eine Dauerhaftigkeit sei somit bei der Grundversorgung von Beginn an ausgeschlossen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. Juni 2016 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Fremdenverkehrsbeitragsbescheide des Beklagten vom 10. Juli 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes Rosenheim vom 3. Dezember 2015 jedenfalls im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Ob sich die Rechtswidrigkeit entsprechend den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil bereits daraus ergibt, dass die Klägerin als überörtlich tätiges Energieversorgungsunternehmen von vornherein nicht zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden durfte, erscheint fraglich.

Nach § 1 Abs. 1 der Satzung des Beklagten für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags (FBS) wird von allen selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet - mittelbare oder unmittelbare (vgl. § 2 Abs. 1 FBS) wirtschaftliche (vgl. Art. 6 Abs. 1 KAG) - Vorteile erwachsen, ein Fremdenverkehrsbeitrag erhoben. Der Beitragspflicht können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch ortsfremde Personen unterfallen; Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sie zu der beitragserhebenden Gemeinde in einer nicht nur vorübergehenden, objektiv verfestigten Beziehung stehen (BayVGH, U.v. 23.3.1988 - 4 B 86.02555 - BayVBl 1989, 658/659; v. 7.2.1990 - 4 B 87.1411 - NVwZ-RR 1990, 647; B.v. 28.11.2002 - 4 ZB 02.2347 - juris Rn. 3; U.v. 29.11.2002 - 4 B 98.1347 - VGH n.F. 55, 155/157 = NVwZ-RR 2003, 892). Eine derartige Beziehung kann insbesondere durch den Besitz einer gewerblichen Niederlassung bzw. einer Betriebsstätte gemäß § 12 AO im Gemeindegebiet vermittelt werden. Das Merkmal der objektiv verfestigten Beziehung zur Gemeinde ermöglicht eine aus Gründen der Rechtsklarheit unumgängliche und praktikable Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen und verhindert, dass auch auswärtige Lieferanten, die lediglich in einer Geschäftsbeziehung zu ortsansässigen Betrieben stehen, zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden mit der Folge, dass der Kreis der Beitragspflichtigen unüberschaubar würde.

a) Die Klägerin, deren Sitz sich außerhalb des Gemeindegebiets des Beklagten befindet, unterhält dort keine Betriebsstätte, aus der sich ein spezifischer Ortsbezug - eine „örtliche Radizierung“ - ihrer Geschäftstätigkeit ableiten ließe.

Eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 Satz 1 AO setzt eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (vgl. BFH, U.v. 16.12.2009 - I R 56/08 - BFHE 228, 356 juris Rn. 21 m.w.N.). Als eine solche standortgebundene Einrichtung können hier nicht die im Ortsgebiet des Beklagten installierten Stromzähler angesehen werden, mit deren Hilfe die Klägerin ihre Rechnungen erstellt. Denn der Betrieb dieser Messstellen (einschließlich der Ablesung) gehört nicht zum Geschäftsfeld der einzelnen Stromversorger, sondern ist kraft Gesetzes Aufgabe des jeweiligen Netzbetreibers oder eines von den Anschlussnutzern bzw. Anschlussnehmern bestimmten Dritten (§ 21b EnWG a.F.; seit 1.9.2016 § 2 Nr. 4, § 3 Abs. 1, § 5, § 6 MsbG). Dies gilt auch dann, wenn der Stromlieferant im betreffenden Netzgebiet Grundversorger ist (vgl. § 8 StrGVV).

Das von der Klägerin aufgrund des bestehenden Lieferantenrahmenvertrags genutzte Niederspannungsnetz der B. AG erfüllt allerdings für sich genommen die Begriffsmerkmale einer Betriebsstätte (vgl. zu einer unterirdisch verlaufenden Rohrleitung BFH, U.v. 30.10.1996 - II R 12/92 -, BFHE 181, 356 juris Rn. 19 ff.). Da es insoweit keiner alleinigen Verfügungsmacht bedarf, sondern ein bloßes Mitbenutzungsrecht ausreicht (vgl. BFH, U.v. 18.3.2009 - III R 2/06 - juris Rn. 13 m.w.N.), greift hier auch nicht der Einwand der Klägerin, das von zahlreichen Stromversorgern in Anspruch genommene Verteilernetz könne nicht einem einzelnen Unternehmen als Betriebsstätte zugeordnet werden.

Die der Versorgung der Endverbraucher dienenden Niederspannungsnetze sind jedoch - ungeachtet einer gängigen (Fehl-)Bezeichnung - keine „Ortsnetze“ im wörtlichen Sinne, sondern bestehen aus einem gemeindegebietsübergreifenden Geflecht von Stromleitungen. Daher kann allein aus der vertraglich abgesicherten Nutzung eines solchen Netzes durch die Klägerin nicht der für die Heranziehung zum Fremdenverkehrsbeitrag erforderliche spezifische Ortsbezug zum Beklagten hergeleitet werden. Ähnlich wie das von den verschiedenen Telefongesellschaften genutzte Telekommunikationsnetz, bei dem der Senat in einer früheren Entscheidung die örtliche Radizierung verneint hat (U.v. 29.11.2002 - 4 B 98.1347 - a.a.O.), ist auch das Niederspannungsnetz keine (ausschließlich oder zumindest schwerpunktmäßig) „im Gemeindegebiet“ (§ 1 Abs. 1 FBS) gelegene Einrichtung, sondern eine überörtliche Betriebsstätte, die sich lediglich auf das Gebiet des Beklagten miterstreckt. Dass die Stromversorger mit der Verfügungsmacht über die Verteilernetze die Möglichkeit des Durchleitens von Strom innerhalb der einzelnen Gemeinden erhalten, lässt weder in technischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht selbständige „Gemeindestromnetze“ entstehen, die als gesonderte Betriebsstätten angesehen werden könnten.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann hier auch nicht auf die Rechtsfigur der „mehrgemeindlichen Betriebsstätte“ im Sinne des § 30 GewStG verwiesen werden. Die genannte Sondervorschrift regelt die Zerlegung des Steuermessbetrags in den Fällen, in denen sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden erstreckt, so dass der in einem Grundlagenbescheid (§ 14 GewStG) festzusetzende Gewerbesteuermessbetrag (§ 11 GewStG) auf die betroffenen Gemeinden aufgeteilt werden muss. Anders als bei der Gewerbesteuer ist aber beim Fremdenverkehrsbeitrag weder von einer gleichzeitigen Abgabenerhebung durch sämtliche (Nachbar-)Gemeinden auszugehen, noch findet hier eine einheitliche gemeindeübergreifende Festsetzung der Bemessungsgrundlage statt; der Beitrag bemisst sich vielmehr nach den dem Abgabepflichtigen im jeweiligen Gemeindegebiet erwachsenen besonderen wirtschaftlichen Vorteilen (vgl. Art. 6 Abs. 2 KAG). Damit fehlt es an einer Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des spezifisch gewerbesteuerrechtlichen Begriffs der mehrgemeindlichen Betriebsstätte rechtfertigen könnte.

b) Es spricht aber Vieles dafür, dass sich eine nicht nur vorübergehende, objektiv verfestigte Beziehung zur beitragserhebenden Gemeinde hier aus dem Umstand ergibt, dass die Klägerin im Ortsgebiet des Beklagten grundversorgungspflichtig ist.

Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG haben Energieversorgungsunternehmen für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen. Grundversorger ist nach Absatz 2 der Vorschrift jeweils das Energieversorgungsunternehmen, das die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet der allgemeinen Versorgung beliefert (Satz 1); die Betreiber von Energieversorgungsnetzen der allgemeinen Versorgung nach § 18 EnWG sind verpflichtet, hiernach alle drei Jahre den Grundversorger für die nächsten drei Kalenderjahre festzustellen und dies im Internet zu veröffentlichen sowie der nach Landesrecht zuständigen Behörde schriftlich mitzuteilen (Satz 2). Die B. AG als der in der Region tätige Netzbetreiber hat entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben die Klägerin als Grundversorger für das Gemeindegebiet des Beklagten zuletzt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2015 festgestellt (vgl. Download unter https: …www.b...de/cps/rde/xchg/b../hs.xsl/437.htm).

Mit der Inpflichtnahme eines Energieversorgungsunternehmens als Grundversorger entsteht eine spezielle Rechtsbeziehung zu dem Gebiet der einzelnen Gemeinden. Dies folgt zwar nicht schon aus dem Wortlaut des § 36 Abs. 2 Satz 1 EnWG, in dem nur vom „Netzgebiet der allgemeinen Versorgung“ die Rede ist. In der - höchstrichterlich bisher nicht geklärten - Frage nach der räumlichen Abgrenzung dieses „Netzgebiets“ besteht jedoch weitgehend Einigkeit darin, dass damit nicht das gesamte (meist eine ganze Region umfassende) Niederspannungsnetz gemeint sein kann mit der Folge, dass der Netzbetreiber durch Änderungen des Netzzuschnitts Einfluss darauf nehmen könnte, wer in seinem Bereich Grundversorger wird. Nach ganz herrschender Auffassung kann sich die Grundversorgungspflicht im „Netzgebiet“ nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EnWG in gleicher Weise wie die Anschlusspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 EnWG nur jeweils auf dasjenige Gemeindegebiet (oder Teile davon) beziehen, für das der Netzbetreiber in der Regel einen Konzessionsvertrag nach § 46 Abs. 2 EnWG über die Nutzung der öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb der Leitungen abgeschlossen hat (Hellermann in Britz u.a., EnWG, 3. Aufl. 2015, § 36 Rn. 37 f.; Rasbach in Kment, EnWG, 1. Aufl. 2015, § 36 Rn. 27; Borries/ Lohmann, EnWZ 2015, 441/446 f. jew. m.w.N.; a. A. Busche in Säcker, Berliner Kommentar z. Energierecht, Bd. 1 Halbb. 2, 3. Aufl. 2014, § 36 EnWG Rn. 31 ff.). Dementsprechend werden in der Praxis bei der Veröffentlichung der Grundversorger nicht die vom Niederspannungsnetz abgedeckten Regionen dargestellt, sondern die Strom-Konzessionsgemeinden des jeweiligen Netzbetreibers unter Angabe der amtlichen Gemeindeschlüssel einzeln aufgelistet (so im o.g. Download der B. AG).

In der auf das Ortsgebiet bezogenen, über einen Zeitraum von drei Jahren fortbestehenden Pflichtenstellung des Grundversorgers kann eine nicht nur vorübergehende, objektiv verfestigte Beziehung zur jeweiligen Gemeinde gesehen werden, die für die Heranziehung eines überörtlichen Energieversorgers zum Fremdenverkehrsbeitrag ausreicht. Das grundversorgungspflichtige Unternehmen unterscheidet sich von den anderen Stromlieferanten dadurch, dass es die zur Daseinsvorsorge gehörende, ursprünglich vom gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG umfasste Aufgabe der allgemeinen leitungsgebundenen Versorgung der Gemeindeeinwohner mit Strom (BVerfG, B.v. 16.5.1989 - 1 BvR 705/88 - NJW 1990, 1783; BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 7 C 58.94 - BVerwGE 98, 273/275 ff.) gleichsam stellvertretend wahrzunehmen hat und dabei wie ein öffentlicher Träger einem umfassenden Kontrahierungszwang sowie einem strikten Gleichbehandlungsgebot unterliegt.

Die Klägerin wendet dagegen zwar ein, dass sie die Funktion als Grundversorger nicht kraft eigener Willensentscheidung, sondern nur aufgrund der Gesetzesregelung des § 36 Abs. 2 Satz 1 EnWG „unfreiwillig“ übernommen habe, wobei sich für sie in der Praxis keinerlei Unterschiede in den Versorgungsbedingungen zwischen den der Grundversorgung unterliegenden und allen sonstigen Gemeinde- bzw. Postleitzahlgebieten ergäben. Es ist aber fraglich, ob das Vorliegen einer objektiv verfestigten Sonderbeziehung zu der beitragserhebenden Gemeinde in dieser Weise aus dem Blickwinkel des betroffenen Unternehmens bestimmt werden kann und ob insbesondere die Freiwilligkeit der bestehenden Rechtsbeziehung eine weitere ungeschriebene Voraussetzung für das Entstehen der Beitragspflicht sein kann.

2. Die vorgenannte Frage bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung, da die Anfechtungsklage auch dann Erfolg haben muss, wenn die Heranziehung der Klägerin zum Fremdenverkehrsbeitrag für grundsätzlich zulässig erachtet wird. Die angegriffenen Beitragsbescheide sind schon deshalb rechtswidrig, weil sich der vom Beklagten geschätzte Vorteilssatz von 50% ersichtlich nicht auf objektiv feststehende tatsächliche Umstände stützen lässt.

a) Nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 3 FBS bezeichnet der Vorteilssatz den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Teil des einkommen- und körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns oder steuerbaren Umsatzes (Satz 1); er wird durch Schätzung für jeden Fall gesondert ermittelt (Satz 2), wobei insbesondere Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, die Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises von Bedeutung ist (Satz 3). Von diesen in der Satzung exemplarisch aufgezählten schätzungsrelevanten Kriterien kommt bei einem Stromversorger neben Art und Umfang der Tätigkeit vor allem die Zusammensetzung des Kundenkreises in Betracht. Dazu fehlt es hier bislang an konkreten quantitativen Feststellungen.

Zur Erläuterung des angenommenen Vorteilssatzes hat der Beklagte in einem Schreiben an die Widerspruchsbehörde vom 21. Oktober 2015 darauf verwiesen, dass die Veranlagung mit einem Satz von 50% auch schon bei den Rechtsvorgängern der Klägerin seit 1979 praktiziert worden sei. Seit den 1980er Jahren sei die Zahl der Zweitwohnsitze auf etwa 530 gestiegen, so dass von ca. 2650 Gebäuden im Ort rund ein Fünftel dem Zweitwohnsitz zuzuordnen seien. Stelle man die verbleibende Zahl von ca. 2130 Gebäuden den derzeit 913 fremdenverkehrsbeitragspflichtigen Betrieben gegenüber, so ergebe sich ein Anteil von rund 43%. Im Jahr 2012 habe es bei 10.075 Einwohnern 94.811 Übernachtungsgäste gegeben. Im Übrigen werde auf die Steigerung des Fremdenverkehrs in der Gemeinde mit einer Vielzahl entsprechender Veranstaltungen, auf die gewachsene Zahl der Fahrgäste in der Chiemseeschifffahrt, die mittlerweile drei fremdenverkehrsbeitragspflichtigen Kliniken im Ort, das große Freizeitbad, den Hafen- und Werftbetrieb, die beiden ganzjährig genutzten Kursäle, den Wochenmarkt sowie den Weihnachtsmarkt und eine Reihe weiterer touristischer Attraktionen verwiesen.

b) Mit diesen Ausführungen hat der Beklagte zwar umschrieben, in welchem Zusammenhang bzw. aus welchen Anlässen im Gemeindegebiet ein unmittelbar fremdenverkehrsbedingter Stromverbrauch stattfindet. Die Angaben reichen aber nicht aus, um das Maß dieses Verbrauchs, soweit es sich um den von der Klägerin gelieferten Strom handelt, auch nur grob abschätzen zu können. Das vom Beklagten angeführte Verhältnis des örtlichen Gebäudebestands zur Anzahl der Zweitwohnungen und der (beitragspflichtigen) Gewerbebetriebe kann hierzu schon deshalb keine genaueren Erkenntnisse liefern, weil sich innerhalb desselben Gebäudes mehrere (Haupt- oder Zweit-)Wohnungen oder Betriebe befinden können; zudem kann der jährliche Stromverbrauch zwischen den Wohnungsarten und den unterschiedlich energieintensiven Gewerbearten erheblich differieren. Die Höhe der jeweiligen Stromkosten und der darauf entfallende Fremdenverkehrsanteil müssen daher zumindest im Ansatz personen- und betriebs- bzw. branchenbezogen ermittelt werden, was angesichts des weitgefächerten Kundenkreises der Klägerin naturgemäß einen erheblichen Aufklärungsaufwand erfordert. Der Umstand, dass sich die Klägerin bisher der - allerdings nicht näher substantiierten - Aufforderung zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsfeststellung verweigert hat, rechtfertigt es jedenfalls nicht, der Beitragsberechnung einen „gegriffenen“ Vorteilssatz zugrunde zu legen.

Um eine annähernd genaue Schätzgrundlage hinsichtlich des auf Zweitwohnungen und Beherbergungsbetriebe entfallenden Umsatz- oder Gewinnanteils der Klägerin zu gewinnen, müsste der Beklagte zunächst auf der Grundlage der Jahresgesamtzahl der Übernachtungen die für diese Verbrauchstage anfallende Strommenge bestimmen, wobei er z. B. von dem häuslichen Durchschnittsverbrauch einer Person in einem 2-Personen-Haushalt ausgehen könnte (vgl. dazu etwa https: …www.destatis. de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Umwelt/UmweltoekonomischeGesamtrechnungen/MaterialEnergiefluesse/Tabellen/Stromverbrauch Haushalte.html). Da die Klägerin nicht alle Haushalte im Gemeindegebiet des Beklagten beliefert, sondern nur einen bestimmten - vom Netzbetreiber im 3-Jahres-Turnus ermittelten - Anteil, müsste die insoweit errechnete Jahresstrommenge entsprechend gekürzt werden. Mit der daraus resultierenden Zahl von Kilowattstunden und dem für Haushaltskunden geltenden Tarif ließe sich dann der jährliche fremdenverkehrsspezifische Umsatzanteil in Bezug auf den unterkunftsbezogenen Energiebedarf (Heizung, Beleuchtung, Haushaltsgeräte etc.) feststellen.

Neben diesem nur für Übernachtungsgäste anzusetzenden Sonderverbrauch wäre der sonstige fremdenverkehrsbedingte Jahresstromverbrauch zu ermitteln, der auf der Nutzung des örtlichen Waren- und Dienstleistungsangebots durch Tages- und Übernachtungsgäste beruht. Hierzu müssten zunächst - mit Ausnahme der bereits berücksichtigten Beherbergungsbetriebe - für jene ortsansässigen Betriebe und Freiberufler, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbare Vorteile erwachsen und die ihren Strom von der Klägerin beziehen, die Jahresverbrauchsmengen erfragt, diese gemäß den individuell oder branchenspezifisch ermittelten Vorteilssätzen gekürzt und die danach sich ergebenden Anteilszahlen mit den für die einzelnen Betriebe geltenden (Sonder- oder Haushaltskunden-)Stromtarifen multipliziert werden. Die für diese Berechnung des gewerblichen Umsatzanteils notwendigen Daten müsste die Klägerin auf Verlangen des Beklagten nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i.V.m. § 90 Abs. 1 AO offenlegen, ohne sich auf eine im Verhältnis zu ihren Kunden bestehende Verschwiegenheitspflicht berufen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 9.5.2016 - 4 B 14.2771 - juris Rn. 31 f. m.w.N. zur Auskunftspflicht eines Freiberuflers bezüglich seiner Mandanten). Soweit der Beklagte eigene Einrichtungen unterhält oder Veranstaltungen durchführt, die (auch) dem Fremdenverkehr zugutekommen, obliegt es ihm, die hierfür von der Klägerin bezogenen jährlichen Stromteilmengen entsprechend der jeweiligen Zahl der auswärtigen Besucher bzw. Benutzer auf die fremdenverkehrsbedingten Einzelbeträge zu reduzieren und dann anhand des geltenden Tarifs die diesbezüglichen weiteren Umsatzanteile zu ermitteln.

Erst die Summe aller - auf Stromlieferungen der Klägerin beruhenden - zusätzlichen Stromkosten, welche dadurch entstehen, dass auswärtige Besucher innerhalb der Gemeinde Wohnräume nutzen, Waren erwerben und Dienstleistungen einschließlich der kommunalen Tourismusangebote in Anspruch nehmen, bildet hiernach den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Umsatz. Wird dieser Gesamtbetrag ins Verhältnis gesetzt zum Gesamtumsatz der Klägerin im Gebiet des Beklagten, so ergibt sich der Vorteilssatz, der dem Fremdenverkehrsbeitrag zugrunde gelegt werden kann. Ob sich dieser Parameter der Beitragsbemessung innerhalb des den beitragserhebenden Gemeinden zustehenden Schätzungsspielraums auch noch auf andere Weise konkretisieren lässt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Da der Beklagte nicht einmal ansatzweise versucht hat, konkrete Stromverbrauchszahlen für eine realitätsnahe Bestimmung des Vorteilssatzes heranzuziehen, kommt hier jedenfalls keine gerichtliche Korrektur des angenommenen Vorteilssatzes und der darauf beruhenden Abgabenhöhe in Betracht (zu einem solchen Fall BayVGH, U.v. 7.10.2013 - 4 B 13.209 - BayVBl 2015, 98 Rn. 23 ff. m.w.N.). Die angegriffenen Bescheide waren daher insgesamt aufzuheben.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:

1.
die Stätte der Geschäftsleitung,
2.
Zweigniederlassungen,
3.
Geschäftsstellen,
4.
Fabrikations- oder Werkstätten,
5.
Warenlager,
6.
Ein- oder Verkaufsstellen,
7.
Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
8.
Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn
a)
die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b)
eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
c)
mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.

Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere Besitzer.

(1)1Die stehenden Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten wird.2Befinden sich Betriebsstätten desselben Gewerbebetriebs in mehreren Gemeinden, oder erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden, so wird die Gewerbesteuer in jeder Gemeinde nach dem Teil des Steuermessbetrags erhoben, der auf sie entfällt.

(2)1Für Betriebsstätten in gemeindefreien Gebieten bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, wer die nach diesem Gesetz den Gemeinden zustehenden Befugnisse ausübt.2Der in § 2 Absatz 7 Nummer 1 und 2 bezeichnete Anteil am Festlandsockel und an der ausschließlichen Wirtschaftszone ist gemeindefreies Gebiet.3In Fällen von Satz 2 bestimmt sich die zuständige Landesregierung im Sinne des Satzes 1 unter entsprechender Anwendung des § 22a der Abgabenordnung.

(3)1Für Betriebsstätten im nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörenden Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets im Sinne des § 2 Absatz 7 Nummer 3 ist die Gemeinde hebeberechtigt, in der der zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil des grenzüberschreitenden Gewerbegebiets liegt.2Liegt der zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil in mehreren Gemeinden, gilt Absatz 2 entsprechend.

Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:

1.
die Stätte der Geschäftsleitung,
2.
Zweigniederlassungen,
3.
Geschäftsstellen,
4.
Fabrikations- oder Werkstätten,
5.
Warenlager,
6.
Ein- oder Verkaufsstellen,
7.
Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
8.
Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn
a)
die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b)
eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
c)
mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:

1.
die Stätte der Geschäftsleitung,
2.
Zweigniederlassungen,
3.
Geschäftsstellen,
4.
Fabrikations- oder Werkstätten,
5.
Warenlager,
6.
Ein- oder Verkaufsstellen,
7.
Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
8.
Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn
a)
die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b)
eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
c)
mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.