Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 460.715,48 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt eine teilweise Rückzahlung des von ihm für das Jahr 2012 gezahlten Entgelts für die Mitbenutzung der Entwässerungseinrichtung der Beklagten.

Die Beklagte gestattet mehreren Zweckverbänden und einer Reihe von Gemeinden aus der Region München die Mitbenutzung ihrer Entwässerungseinrichtung. In den Entsorgungsgebieten der angeschlossenen Zweckverbände und Umlandgemeinden wird das Abwasser im Trennverfahren abgeleitet. Die Beklagte übernimmt in ihre Entwässerungseinrichtung nicht das anfallende Niederschlagswasser. In der Zweckvereinbarung (im Folgenden: ZV) vom 12. Oktober 1994/14. März 1995 haben der Kläger und die Beklagte die gegenseitigen Rechte und Pflichten geregelt. Danach verpflichtet sich die Beklagte, das Abwasser, das aus den Gemeinden Unterhaching, Oberhaching und (teilweise) Taufkirchen im Wege des Trennverfahrens dem Entwässerungsnetz des Klägers aus den im Verbandsgebiet angeschlossenen Grundstücken zufließt, ohne Vorbehandlung durch den Kläger für die Dauer der vorliegenden Vereinbarung abzunehmen und zusammen mit dem im Netz des Beklagten anfallenden Abwasser zu klären. Für die Mitbenutzung der städtischen Entwässerungseinrichtung entrichtet der Kläger ein Entgelt.

Dazu wird in § 12 Abs. 1 und 2 ZV (Laufendes Entgelt) Folgendes geregelt:

„1. Für die Mitbenutzung der städtischen Entwässerungseinrichtung zahlt der Zweckverband ein Entgelt, das den Aufwendungen der Stadt zur ordnungsgemäßen Beseitigung des vom Zweckverband angelieferten Abwassers entspricht. Dieses Entgelt wird auf der Grundlage des Rechenmodells des Gutachtens des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom 13. Dezember (richtig: Februar) 1989 für die darin behandelten Zweckverbände und Gemeinden einheitlich ermittelt. Die bei dieser Berechnung anfallenden Kosten gehen in die von den Nachbargemeinden und Zweckverbänden zu tragende Kostenmasse ein.

2. Die aus dem Gebiet des Zweckverbandes dem städtischen Entwässerungsnetz zugeführte Abwassermenge wird nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 durch Abwassermessvorrichtungen gemessen. Die Messergebnisse werden der Berechnung des Entgelts zugrunde gelegt.

Muss die Jahresabwassermenge rechnerisch ermittelt werden, so berechnet sie sich nach dem Wasserverbrauch der angeschlossenen Grundstücke abzüglich 10%.

Dazu hat der Zweckverband der Stadt auf Verlangen den Wasserverbrauch mitzuteilen. In gleicher Weise wird für das Abwasser der Grundstücke verfahren, die wegen zu geringen Abwasseranfalls ohne Messeinrichtung angeschlossen werden. Hierbei wird auf den Wasserbezug aus gemeindlichen und aus privaten Wasserversorgungsanlagen, z.B. aus Brunnen, abgestellt. Der Zweckverband wirkt darauf hin, dass durch den Erlass entsprechender ortsrechtlicher Vorschriften der Wasserverbrauch in ausreichender Weise ermittelt werden kann. Ein weiterer Abzug evtl. dem Kanalnetz nicht zugeführten, auf den angeschlossenen Grundstücken verbrauchten Frischwassers wird ausgeschlossen.“

Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (im Folgenden: Prüfungsverband) ermittelt seit 1998 das laufende Entgelt für die Beseitigung des Schmutzwassers aus den angeschlossenen Zweckverbänden und Umlandgemeinden durch die Entwässerungseinrichtung der Beklagten (erstmals für das Rechnungsjahr 1997). Die Berechnungen für die Jahre 1997 bis 2011 wurden von allen beteiligten Gemeinden und Zweckverbänden akzeptiert. Für das Rechnungsjahr 2012 erkannte der Kläger erstmals einen Teil der gestellten Forderung nicht an. Er machte geltend, dass bei der Abrechnung als Schmutzwassermenge nach § 12 Abs. 2 ZV die Ergebnisse der Abwassermesseinrichtungen zugrunde gelegt würden. Lediglich für die Beklagte werde die Schmutzwassermenge rechnerisch ermittelt. Es sei bereits bei der Erstellung des Rechenmodells vom 13. Februar 1989 bekannt gewesen, dass in der gemessenen Abwassermenge des Klägers nachweislich eine nicht unerhebliche Menge Grundwasser (Fremdwasser) enthalten sei. Bei der Kalkulation seien 2% für die Grundwasserkosten der Umlandgemeinden veranschlagt worden. Diese dürften in voller Höhe auf den Kläger entfallen, weil dieser neben der Beklagten die einzigen Umlandgemeinden als Mitglieder habe, die neben Schmutzwasser auch Grundwasser (Fremdwasser) in das Kanalnetz der Beklagten einleiteten. Es widerspreche dem Rechenmodell vom 13. Februar 1989, wenn die gemessene Abwassermenge des Klägers zur Gänze als Schmutzwasser behandelt werde. Ausgehend von der gemessenen Abwassermenge solle vielmehr eine Aufteilung in Schmutz- und Grundwasser erfolgen, wobei die Schmutzwassermenge in Anlehnung an die Berechnung für die Beklagte aus dem Frischwasserverbrauch rechnerisch ermittelt werden könne.

Gemäß der in § 17 Abs. 4 ZV vorgesehenen Schiedsvereinbarung überprüfte der Prüfungsverband die Einwände des Klägers und kam zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger gewünschte Handhabung aufgrund der ausdrücklichen Regelung in der Zweckvereinbarung, dass die Messergebnisse dem Berechnungsentgelt zugrunde gelegt würden, ausscheide.

Der Kläger erhob daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 460.715,48 Euro nebst Zinsen i.H.v. 8% über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen. Im Unterschied zu den übrigen Abwasserzweckverbänden und Umlandgemeinden beinhalte das von ihm eingeleitete Schmutzwasser Fremdwasser (Grundwasser). Im Jahr 2012 habe er laut Messung eine Gesamtabwassermenge von 2.956.306 m³ eingeleitet. Ausgehend von dem (gemessenen) Frischwasserverbrauch abzüglich eines Anteils von 10% für nicht eingeleitetes Frischwasser ergebe sich eine Schmutzwassermenge von 2.558.317 m³, so dass sich eine Fremdwassermenge von 397.989 m³ errechne. Die Entgeltvereinbarung enthalte in § 12 ZV keine ausdrückliche Regelung zur Behandlung des Fremdwassers. Der Fremdwasseranteil sei erheblich. Seine Beseitigung verursache gegenüber der Beseitigung des übrigen Abwassers deutlich geringere Kosten. Die vertragliche Vereinbarung bedürfe daher einer Auslegung gemäß Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB. Es sei der wirkliche Wille der Vertragsparteien zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Nach § 12 Abs. 1 ZV sei ein Entgelt zu entrichten, das den Aufwendungen der Beklagten zur ordnungsgemäßen Beseitigung des vom Kläger angelieferten Abwassers entspreche. Dieses Entgelt werde auf der Grundlage des Rechenmodells des Gutachtens des Prüfungsverbands vom 13. Februar 1989 ermittelt. Bezüglich der Abwassermenge sehe § 12 Abs. 2 ZV alternativ die Möglichkeit einer Messung durch Abwassermessvorrichtungen oder einer rechnerischen Ermittlung nach Maßgabe des Wasserverbrauchs der angeschlossenen Grundstücke vor. Das Gutachten vom 13. Februar 1989 differenziere bei der Aufwandsermittlung zwischen den Kosten für die Schmutzwasserbeseitigung und den Kosten für die Grundwasserbeseitigung. Hiernach sei es geboten, getrennt nach den beiden Kostenmassen das Entgelt zu errechnen. Dem stünden die unter § 12 Abs. 2 ZV getroffenen Vereinbarungen nicht entgegen. Dieser Absatz regele lediglich die Ermittlungsmethoden für den Ansatz der Abwassermenge, schließe jedoch Differenzierungen nach den genannten Kostenmassen nicht aus. Dem Unterabsatz 2, welcher für die rechnerische Ermittlung der Jahresabwassermenge auf den Wasserverbrauch der angeschlossenen Grundstücke abzüglich 10% (für verbrauchtes Wasser) abstelle, könne im Gegenteil entnommen werden, dass der Vertragswille der Parteien darauf gerichtet gewesen sei, das Fremdwasser entgeltmäßig gerade nicht wie das Schmutzwasser zu behandeln. Hiernach könne die Beklagte vom Kläger lediglich für die eingeleitete Schmutzwassermenge von 2.558.317 m³ ein Entgelt von 1,32 Euro/m³ verlangen, für das Fremdwasser dagegen nur ein Entgelt von 0,16 Euro/m³. Damit ergebe sich für das Jahr 2012 ein Entgelt i.H.v. insgesamt 3.441.608,44 Euro, so dass sich die Überzahlung auf 460.715,48 Euro belaufe. Der Kläger verlange keine Vertragsanpassung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse, sondern berufe sich auf eine die bestehende Interessenlage berücksichtigende Auslegung der Zweckvereinbarung.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung und trug vor, die maßgebliche Einleitungsmenge sei zutreffend ermittelt worden. Eine summenmäßige Aufspaltung der gemessenen Einleitungsmenge in Schmutz- und Fremdwasser scheitere schon an der Tatsache, dass jedenfalls in der Entwässerungsanlage der Beklagten infolge Vermischung des Fremdwassers mit dem übrigen Schmutzwasser nur „echtes“ Schmutzwasser ankomme. Der gesonderten kostenmäßigen Berücksichtigung von Fremdwasser im Wege der Vertragsauslegung stehe zunächst entgegen, dass § 12 ZV dies nicht zulasse und insoweit auch nicht lückenhaft sei. Eine Korrektur der gemessenen Einleitungsmenge sei in § 12 ZV nicht vorgesehen. Den Beteiligten sei die Fremdwasserproblematik bereits zum Zeitpunkt des Erstellens des Rechenmodellgutachtens vom 13. Februar 1989 und damit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen. Eine unzumutbare Veränderung der Umstände werde vom Kläger weder vorgetragen noch seien Gründe, die die Annahme einer solchen rechtfertigten, ersichtlich. Es müsse im Gegenteil bezweifelt werden, ob beim Kläger tatsächlich in der behaupteten Größenordnung Fremdwasser anfalle. Eine Korrektur der tatsächlichen Einleitungsmenge im Wege einer „interessengerechten“ Auslegung der streitgegenständlichen Zweckvereinbarung scheitere jedenfalls daran, dass der Fremdwassereintrag in das Entwässerungsnetz ausschließlich dem Pflichtenkreis des Klägers zuzuordnen sei, weil gemäß § 4 Abs. 1 ZV „die Herstellung, Erweiterung und Unterhaltung seiner Entwässerungsnetze … Sache des Zweckverbandes“ sei. Die Auslegung der streitgegenständlichen Zweckvereinbarung habe sich an den werkvertraglichen Spezialvorschriften bzw. den sonstigen schuldrechtlichen Bestimmungen zu orientieren, bevor über §§ 133, 157 BGB auf allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden dürfe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht trug der Vertreter des Klägers vor, dass nicht die Aufwandsermittlung gemäß § 12 Abs. 1 ZV streitig sei, sondern nur der Berechnungsmaßstab. Im Zweckverbandsgebiet lägen etwa 20 km der Kanäle im Grundwasser. Es seien in der Vergangenheit Sanierungsmaßnahmen vorgenommen worden; diese hätten aber nicht dazu geführt, dass das Fremdwasser völlig habe ausgeschlossen werden können. Es erfolge derzeit ein Eintrag von Fremdwasser von ca. 10%. Die Parteien trugen übereinstimmend vor, dass am 4. Dezember 2013 bzw. am 26. März 2015 eine erneute Zweckvereinbarung zwischen den Parteien unterschrieben worden sei, deren Entgeltregelung im Wesentlichen der bisherigen entspreche. Allerdings sei dort für den Fall, dass die Jahresabwassermenge rechnerisch ermittelt werden müsse, der Abzug von 10% weggefallen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 23. September 2015 ab. Bei der Berechnung des Entgelts für die Abnahme des Schmutzwassers aus dem Gebiet des Klägers sei zu Recht von der gemessenen Abwassermenge gemäß § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZV ausgegangen worden. Streitig zwischen den Parteien sei allein der Berechnungsmaßstab nach § 12 Abs. 2 ZV, der die Ermittlung der Abwassermenge betreffe. Diese werde nach § 12 Abs. 2 Unterabs. 1 ZV durch Abwassermessvorrichtungen gemessen, und die Messergebisse würden der Berechnung des Entgelts zugrunde gelegt. § 12 Abs. 2 Unterabs. 2 ZV sehe für den Fall, dass die Jahresabwassermenge rechnerisch ermittelt werden müsse, die Berechnung nach dem Wasserverbrauch der angeschlossenen Grundstücke abzüglich 10% vor. Der Wortlaut „muss“ und die Gliederung der Entgeltregelung in § 12 Abs. 2 ZV zeigten, dass die rechnerische Ermittlung der Jahresabwassermenge ein Hilfsmaßstab sei. Die Regelung sei – auch im Zusammenhang mit dem Unterabsatz 3 – so zu verstehen, dass die Jahresabwassermenge rechnerisch ermittelt werden müsse, wenn sie tatsächlich nicht gemessen werden könne, weil die Abwassermessvorrichtungen ausfielen oder weil Grundstücke wegen zu geringem Abwasseranfalls ohne Messeinrichtung angeschlossen seien. Der klägerischen Auffassung, wonach § 12 Abs. 2 ZV auch dann anwenden sei, wenn in dem übergebenen Abwasser eine erhebliche Menge an Fremdwasser (Grundwasser) enthalten sei, könne sich das Gericht bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 ZV im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Vertragsvereinbarung nicht anschließen. Eine Differenzierung zwischen Schmutzwasser und Grundwasser sei zwar nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil bei den Übergabestellen tatsächlich nur ein einheitliches Abwasser ankomme. Auch wenn die im Abwasser enthaltene Menge an Grundwasser erheblich geringere Kosten bei der Abwasserreinigung verursache, ergebe sich für die vom Kläger gewünschte Differenzierung weder aus dem Inhalt der Regelung in § 12 Abs. 2 ZV noch dessen Gliederung oder seinem Sinn und Zweck Anhaltspunkte. Würde man der vom Kläger vertretenen Auslegung folgen, würde die gemessene Abwassermenge nur dazu dienen, das darin enthaltene Fremdwasser zu ermitteln. Dies würde aber das Verhältnis von § 12 Unterabs. 1 und 2 ZV in das Gegenteil verkehren. Hätten die Vertragsparteien eine Berechnung des Entgelts für das Schmutzwasser nach dem Frischwasserverbrauch gewollt, hätte es nahe gelegen, eine entsprechende Regelung in § 12 Abs. 2 ZV aufzunehmen. Es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass die anderen Zweckverbände und Gemeinden keinen erheblichen Anteil von Fremdwasser einleiteten. Nach dem Gutachten des Prüfungsverbands sei bisher nur festgestellt worden, dass aus dem Gebiet des Klägers Grundwasser in das Kanalnetz der Stadt komme und dass die Kanäle in diesem Verbandsgebiet zwischenzeitlich weitgehend saniert worden seien. Ausgehend von dem der Zweckvereinbarung zugrunde liegenden Gutachten habe daher kein Anlass bestanden, das Fremdwasser bei der Bemessung des Entgelts gesondert zu berücksichtigen. Dieser Auslegung stünden insbesondere die Maßgabe, dass das Entgelt einheitlich ermittelt werden solle, und die Tatsache, dass die anderen Betroffenen kein entsprechendes Problem und kein entsprechendes Interesse hätten, entgegen. Eine einheitliche Behandlung mit der Beklagten bei der Berechnung der Schmutzwasserkosten sei schon wegen der unterschiedlichen Entwässerungssysteme nicht geboten. Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 ZV sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger über viele Jahre hinweg – insgesamt 15 Jahre – die Vorschrift ebenso wie die anderen Betroffenen dahingehend verstanden habe, dass die Berechnung des Entgelts nach der gemessenen Abwassermenge erfolge. Auch hätten die Parteien beim Abschluss der neuen Zweckvereinbarung vom 4. Dezember 2013/26. März 2015, welche die alte Zweckvereinbarung ersetze, bei der Ermittlung des Entgelts wieder auf das Rechenmodell des Gutachtens des Prüfungsverbands und die gemessene Abwassermenge abgestellt. Es liege grundsätzlich im Interesse und Aufgabenbereich des Klägers, den Eintrag von Grundwasser in die Kanäle zu vermeiden bzw. möglichst gering zu halten.

Gegen das Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen. Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

1. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beklagten, dass eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hier schon deshalb nicht in Betracht komme, weil der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht hinsichtlich aller tragenden Gründe des Urteils dargelegt hätte (zu diesem Erfordernis vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2016 – 12 ZB 16.173 – juris; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61). Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 ZV auch das jahrelange übereinstimmende Verständnis der Beteiligten über den Inhalt der Vorschrift sowie der mittlerweile erfolgte Abschluss einer insoweit inhaltsgleichen Zweckvereinbarung zu berücksichtigen seien, sind keine selbständig tragenden Entscheidungsgründe, sondern nur zusätzliche Erwägungen zur Stützung des insgesamt gefundenen Auslegungsergebnisses. Der Hinweis des Gerichts auf das Verhalten des Klägers nach Vertragsschluss kann insbesondere nicht dahingehend verstanden werden, dass einem etwaigen Anspruch auf gesonderte Berechnung des Fremdwasseranteils der Einwand der Verwirkung entgegenstünde.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen nicht. Der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – NVwZ 2009, 515/516 m.w.N.).

2.1 Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsverfahren hat das Verwaltungsgericht mit der Annahme, dass sich das vom Kläger zu zahlende Entgelt grundsätzlich nach den gemessenen Abwassermengen bestimmt und dass der in § 12 Abs. 2 ZV angesprochene Frischwasserverbrauch der angeschlossenen Grundstücke abzüglich 10% nur einen Hilfsmaßstab für die im Urteil genannten Sonderfälle darstellt, nicht den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien und die beiderseitige Interessenlage (vgl. Art. 62 Satz 2 BayVwVfG, §§ 133, 157 BGB) unberücksichtigt gelassen. Wie sich aus dem im Urteil zitierten Gutachten des Prüfungsverbands vom 13. Februar 1989 ergibt, war allen Beteiligten bereits damals bekannt, dass sich vor allem in den Abwassermengen des Klägers ein erheblicher Anteil von Grundwasser befindet. Es war daher von Anfang an ersichtlich, dass die Regelung in § 12 Abs. 2 ZV wegen des allein nach den Abwassermengen ermittelten Entgelts für den Kläger mit seinem hohen Grundwasseranteil im Abwasser ungünstiger sein würde als eine gleichartige Regelung für diejenigen Zweckverbände und Umlandgemeinden, die keinen oder nur einen geringen Grundwasseranteil im Abwasser aufweisen. Eine Änderung dieser Regelung hätte entweder zu Einnahmeverlusten bei der Beklagten geführt oder durch eine Anpassung auch der übrigen Zweckvereinbarungen kompensiert werden müssen. Sie hätte daher entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht der beiderseitigen Interessenlage (vgl. § 157 BGB) gedient, sondern lediglich einseitig den Interessen des Klägers. Dass dessen Vertragsauslegung nicht dem Willen der anderen einleitenden Zweckverbände und Umlandgemeinden und auch nicht dem der Beklagten entspricht, wird durch die bis 2011 zwischen allen Beteiligten unstreitige Vertragspraxis sowie durch die Beibehaltung der bisherigen Regelung in der neu abgeschlossenen Zweckvereinbarung vom 4. Dezember 2013/26. März 2015 belegt.

Dass das zu zahlende Entgelt in zwei Stufen zu ermitteln ist, wobei in der ersten Stufe die Abwassermenge und in der zweiten Stufe die Aufwendungen für die Reinigung des Abwassers nach dem Gutachten vom 13. Februar 1989 zu ermitteln sind, spricht entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht dafür, dass der im Abwasser enthaltene Grundwasseranteil bestimmt werden müsste. Der Grundwasseranfall im Gebiet der Beklagten und im Gebiet der angeschlossenen Zweckverbände und Gemeinden wurde zwar im damaligen Gutachten berücksichtigt, dies aber nur als (negativer) Kostenfaktor für die Berechnung der Schmutzwasserentsorgungskosten, wobei ein Anteil für das von den angeschlossenen Zweckverbänden und Gemeinden eingeleitete Grundwasser ebenso einkalkuliert wurde wie die Tatsache, dass die Grundwasserentsorgung deutlich geringere Kosten als die Schmutzwasserentsorgung verursacht. Für eine über diesen pauschalen Berechnungsansatz hinausgehende Berücksichtigung eines jährlich neu zu ermittelnden individuellen Fremdwasseranteils einzelner Körperschaften bietet weder das Gutachten noch der Text der Vereinbarung einen Anhaltspunkt.

2.2 Soweit der Kläger vorträgt, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts habe bei Abschluss der Zweckvereinbarung durchaus Anlass bestanden, das Fremdwasser bei der Berechnung des Entgelts gesondert zu berücksichtigen, da das Gutachten des Prüfungsverbands vom 13. Februar 1989 sogar eine Berechnungsformel hierfür enthalte, übersieht er, dass diese Formel lediglich dazu diente, die Kosten der Schmutzwasserentsorgung von den Kosten der Niederschlagswasserentsorgung einerseits und der Grundwasserentsorgung andererseits abzugrenzen und dadurch die Kosten für die Schmutzwasserentsorgung zu berechnen. Sie diente dagegen nicht dazu, die vom Kläger der Entwässerungseinrichtung der Beklagten zugeführte Abwassermenge zu bestimmen.

2.3 Der Kläger trägt weiter vor, die vom Verwaltungsgericht gebilligte Entgeltberechnung führe zu einer extremen Ungleichbehandlung der jeweiligen Gebührenschuldner, welche letztlich für die Refinanzierung der Abwasserbeseitigungskosten aufzukommen hätten. Während auf Seiten des Klägers das Fremdwasser infolge der Abwassermessung in voller Höhe der Schmutzwassermenge zugeordnet werde, bleibe es auf Seiten der Beklagten aufgrund der Berechnung nach dem Frischwassermaßstab überwiegend unberücksichtigt. Um einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV zu vermeiden, müsse entweder auf Seiten des Klägers das anfallende Fremdwasser mit den deutlich niedrigeren Reinigungskosten berücksichtigt werden oder es müssten auf Seiten des Beklagten – was zu einer erheblichen Mehrbelastung führen würde – bei der Entgeltberechnung auch die Fremdwassermengen berücksichtigt werden.

Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV verlangt nicht, dass der Gebührenmaßstab für die Schmutzwasserentsorgung im Gebiet des Klägers und im Gebiet der Beklagten gleich sein muss. Denn jeder Träger öffentlicher Gewalt – und damit auch jede Gemeinde bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben – hat den Gleichheitssatz nur innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs zu beachten (BVerfG, B.v. 21.12.1966 – 1 BvR 33/64 – BVerfGE 21, 54/68; Osterloh/Nußberger in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 81). Da die Frage, nach welchen Maßstäben der Kläger und die Beklagte ihre jeweiligen Abwassergebühren kalkulieren und festsetzen, nicht Gegenstand der gemeinsamen Zweckvereinbarung war, musste darin auch keine Regelung getroffen werden, die auf eine gleich hohe Gebührenbelastung im Stadt- und im Verbandsgebiet abzielte.

Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung durch die Beklagte im Vergleich zu den anderen angeschlossenen Zweckverbänden und Umlandgemeinden geltend machen möchte, ist darauf hinzuweisen, dass für juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und des Art. 118 Abs. 1 BV gilt, sondern lediglich das objektive Willkürverbot, das auch innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaus zu berücksichtigen und bei einschlägigen gerichtlichen Entscheidungen zu beachten ist (vgl. BVerfG, B.v. 2.5.1967 – 1 BvR 578/63 – BVerfGE 21, 362/372). Ein Verstoß gegen das objektive Willkürverbot ist hier nicht ersichtlich. Aus Sicht der Beklagten besteht ein sachlicher Grund dafür, auf die an den Übergabestellen gemessenen Abwassermengen abzustellen, weil sie selbst die bei allen angeschlossenen Zweckverbänden und Umlandgemeinden verbrauchten Frischwassermengen nicht ermitteln und berechnen kann, sondern hierfür auf die Feststellungen der Zweckvereinbarungspartner angewiesen wäre. Auf die Beklagte käme anderenfalls die zusätzliche Aufgabe zu, die Feststellungen der angeschlossenen Zweckverbände und Umlandgemeinden zu überprüfen bzw. überprüfen zu lassen. Misst sie dagegen lediglich die übergebenen Abwassermengen, lassen sich diese leicht und eindeutig feststellen.

2.4 Dass der Abwassermengenregelung i.V.m. der Entgeltregelung insgesamt ein unangemessener Kostenersatz im Sinne von Art. 10 Abs. 3 KommZG zugrunde läge, die zur Ungültigkeit der Zweckvereinbarung führen würde (vgl. § 134 BGB i.V.m. Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG), hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht dargelegt. Ein diesbezüglicher Rechtsverstoß liegt auch nicht vor. Denn die im Abwasser enthaltenen Grundwassermengen können nicht isoliert betrachtet werden. Das Schiedsgutachten des Prüfungsverbands vom 29. Juli 2014 weist am Ende (S. 6 unten) zu Recht darauf hin, dass das Berechnungsmodell des Gutachtens 1989 zahlreiche Schätzungen, Aufteilungen und Vorschläge zur Kostenaufteilung und Kostenverteilung enthalte, die in einem längeren Prozess mit allen Beteiligten abgestimmt worden seien und sicherlich von allen Beteiligten gewisse Zugeständnisse erfordert hätten; es sei daher nicht sachgerecht, einzelne Schlüssel anzupassen und die übrigen Ansätze und Verteilungsschlüssel ungeprüft weiter beizubehalten.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Da es hier nur um die Auslegung einer einzelnen Bestimmung der Zweckvereinbarung und nicht um die konkrete Entgeltberechnung in den Gutachten des Prüfungsverbands (grundlegend 1989, sodann für die einzelnen Jahre) geht, weist die Rechtsache weder bei der Rechtsanwendung noch in tatsächlicher Hinsicht einen über das normale Maß hinausgehenden Schwierigkeitsgrad auf.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

5. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


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Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zusta

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2016 - 12 ZB 16.173

bei uns veröffentlicht am 22.02.2016

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 12 ZB 16.173 Beschluss vom 22. Februar 2016 (VG Ansbach, Entscheidung vom 12. November 2015, Az.: AN 6 K 15.851) 12. Senat Sachgebietsschlüssel: 1521

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Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 12 ZB 16.173

Beschluss

vom 22. Februar 2016

(VG Ansbach, Entscheidung vom 12. November 2015, Az.: AN 6 K 15.851)

12. Senat

Sachgebietsschlüssel: 1521

Hauptpunkte:

Zustimmung zur ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung eines Schwerbehinderten

Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung im Rahmen der vom Integrationsamt zu treffenden Ermessensentscheidung

Ermessensfehlerhaftigkeit der Zustimmung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat Bayern, vertreten durch: Landesanwaltschaft Bayern, Ludwigstr. 23, 80539 München,

- Beklagter -

beigeladen: Wohnstudio Otte, vertreten durch den Geschäftsführer, Claffheim 38, 91522 Ansbach,

bevollmächtigt: HBE Handelsverband Bayern e. v. Bezirksgeschäftsführung Recht Arbeit und Soziales, Sandstr. 29, 90443 Nürnberg,

wegen Schwerbehindertenrechts;

hier: Antrag des Beklagten und des Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. November 2015,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Mayer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kurzidem, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kraheberger ohne mündliche Verhandlung am 22. Februar 2016 folgenden Beschluss:

I.

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung wird verworfen.

II.

Der Antrag des Beigeladenen auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Zustimmung des Beklagten zur ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung des einem Schwerbehinderten gleichgestellten Klägers durch den Beigeladenen.

1. Am 11. Dezember 2014 beantragte der Beigeladene beim Integrationsamt des Beklagten die Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses. Das Verhalten des Klägers gegenüber Kollegen und dem Beigeladenen sei weder teamförderlich noch verkaufsfördernd noch zuverlässig. Er führe ihm zugewiesene Aufgaben selten fehlerfrei aus und weise die Schuld anderen zu. Komplexere Aufgaben unterbreche er alle ein bis zwei Stunden mit regelmäßiger Nahrungsaufnahme an seinem Arbeitsplatz oder durch andere Tätigkeiten. Vertrauen und Verlässlichkeit als Grundlage der Arbeit in einem kleinen Team seien nicht mehr gegeben. Trotz mehrerer Gespräche seit Mai 2014 habe der Kläger sein Verhalten nicht geändert.

2. Nachdem der Kläger gegen die Zustimmung zur Kündigung Einwendungen erhoben hatte, führte das Integrationsamt am 19. Februar 2015 einen Gütetermin durch, bei dem eine Einigung nicht erzielt werden konnte. Der Kläger habe die vom Beigeladenen dargestellte Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses nicht nachvollziehen können. Aus Sicht des Integrationsamts fehle es an der Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Objektivierbare Kündigungsgründe lägen nicht vor; vielmehr stünde Aussage gegen Aussage.

3. In einer Stellungnahme vom 25. März 2015 kam der vom Beklagten eingeschaltete Integrationsfachdienst ebenfalls zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Kündigungsgründe zu häufig Aussage gegen Aussage stünde und nicht mit genauer Sicherheit beurteilt werden könne, welche Partei im Recht sei. Ob das Arbeitsverhältnis angesichts des völlig zerrütteten Verhältnisses der beiden Parteien sinnvoll fortgeführt werden könne, sei zweifelhaft. Die Argumente der Arbeitgeberseite erwiesen sich zum Teil als pauschaliert und nicht immer konkret beschrieben. Auch sei die Häufigkeit des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers zum Teil nicht hinreichend belegt. Insoweit sei fraglich, ob die vom Arbeitgeber vorgetragenen Gründe ausreichten, um eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

4. Nachdem das Integrationsamt des Beklagten ferner unter dem 15. April 2015 eine Stellungnahme des den Kläger behandelnden Diplom-Psychologen P. W. eingeholt hatte, erteilte es mit Bescheid vom 7. Mai 2015 die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Bei seiner Ermessensentscheidung sei es zu der Überzeugung gelangt, dass im konkreten Fall den Interessen des Arbeitgebers der Vorzug einzuräumen sei. Die beabsichtigte Kündigung finde ihre Rechtfertigung im Fehlverhalten des Klägers, wobei ein Zusammenhang zwischen der festgestellten Behinderung und dem Kündigungsgrund nicht ausgeschlossen werden könne. Eine Abmahnung des Klägers vor Ausspruch der Kündigung sei aufgrund des massiv gestörten Vertrauensverhältnisses entbehrlich gewesen. Das Verhältnis unter den Kollegen im Betrieb des Beigeladenen erweise sich als völlig zerrüttet, was im Rahmen des Gütetermins deutlich zum Ausdruck gekommen sei. Für den Arbeitgeber sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar. Soweit der Kläger die Kündigungsgründe für vorgeschoben erachte, müsse dem entgegengehalten werden, dass es nicht Aufgabe des Integrationsamts sei, schwerbehinderte Menschen vor vorgetäuschten Kündigungsgründen zu schützen. Die Gesamtumstände führten hier zu der Schlussfolgerung, dass die für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauensbasis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig gestört sei.

5. Der gegen die Zustimmung erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12. November 2015 statt. Die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers liege im Ermessen des Integrationsamts. Bei der Entscheidung hierüber seien die Interessen des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten mit den Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abzuwägen. Im Zuge dieser Abwägung sei das Integrationsamt indes der ihm nach § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) obliegenden Aufklärungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Insbesondere genügten die Ermessenserwägungen nicht den Erfordernissen des Schwerbehindertenschutzes. Dieser gewinne dann an Gewicht, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt werde, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. Abzustellen sei maßgeblich auf den vom Arbeitgeber vorgetragenen Kündigungssachverhalt, unabhängig davon, ob dieser arbeitsrechtlich eine Kündigung rechtfertige.

Zwar habe im vorliegenden Fall das Integrationsamt auf der Basis der medizinischen Befunde zutreffend festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der Behinderung des Klägers und der Kündigung des Beigeladenen nicht ausgeschlossen werden könne. Liege ein derartiger Zusammenhang vor, habe das Integrationsamt den Kündigungssachverhalt umso sorgfältiger zu prüfen und dürfe sich nicht allein auf den Vortrag des Arbeitgebers verlassen. Die Aufklärungspflicht aus § 20 SGB X werde dann verletzt, wenn das Integrationsamt sich damit begnüge, das Vorbringen des Arbeitgebers nur auf seine Schlüssigkeit hin zu prüfen. Hinsichtlich der vom Arbeitgeber vorgetragenen Kündigungsgründe habe sowohl das Integrationsamt im Gütetermin wie auch der Integrationsfachdienst festgestellt, dass Aussage gegen Aussage stehe und nicht genau angegeben werden könne, wessen Aussage zutreffe. Auch teile der Kläger die Einschätzung des Beigeladenen nicht, dass das Arbeitsverhältnis völlig zerrüttet sei. Von daher liege es auf der Hand, dass das Integrationsamt noch weitere Aufklärung hätte betreiben müssen. Hinzu komme, dass das dem Kläger vorgeworfene Verhalten lediglich pauschal behauptet werde und konkrete Angaben zu Anlass, Anzahl, Häufigkeit und Schwere des Fehlverhaltens fehlten, so dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, den Vortrag des Beigeladenen substantiiert zu bestreiten. Seien bereits die der Kündigung zugrunde liegenden Pflichtverletzungen nicht hinreichend geklärt, lasse sich auch keine verlässliche Aussage darüber treffen, ob das Arbeitsverhältnis, wie behauptet, völlig zerrüttet sei. Ferner entbinde auch der Umstand, dass es sich bei dem Beigeladenen um einen Kleinbetrieb handele, den Beklagten nicht von seiner Verpflichtung zur umfassenden Sachverhaltsermittlung. Weiter habe der Beklagte den unzureichend ermittelten Sachverhalt im Rahmen der Abwägungsentscheidung auch einseitig zugunsten des Beigeladenen gewichtet. Demgegenüber hätten Interessen des Klägers an der Beibehaltung seines Arbeitsplatzes annähernd keine Erwähnung gefunden. Die Entscheidung des Integrationsamts erweise sich mithin als ermessensfehlerhaft.

6. Gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil richten sich die Anträge des Beklagten und des Beigeladenen auf Zulassung der Berufung.

Während der Beklagte den Zulassungsantrag in der Folge nicht begründet hat, macht der Beigeladene ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie Mängel im Verfahren nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend. Die Annahme von Ermittlungsdefiziten auf Seiten des Integrationsamts gehe fehl. Von der Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses habe sich der Beklagte beim Gütetermin selbst ein Bild verschafft. Umgekehrt fehle es auf Seiten des Klägers an einem substantiierten Bestreiten des Kündigungssachverhalts. Zum Teil habe er das ihm vorgeworfene Fehlverhalten selbst zugestanden. Weiterhin beruhe die angefochtene Entscheidung auch auf Verfahrensmängeln. Indem das Verwaltungsgericht den Zustimmungsbescheid wegen unzureichender Sachverhaltsermittlungen aufgehoben habe, habe es das rechtliche Gehör des Beigeladenen verletzt. Im Übrigen hätte es die erforderlichen Ermittlungen selbst nachholen müssen. Weiter verstoße das Urteil auch gegen § 113 Abs. 3 VwGO.

Der Kläger wendet sich gegen die Zulassung der Berufung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Zulassungsantrag des Beklagten ist bereits unzulässig (1.), der des Beigeladenen hingegen unbegründet (2.).

1. Das Zentrum Bayern für Familie und Soziales, Region Mittelfranken, Integrationsamt, hat zwar innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO die Zulassung der Berufung gegen das streitbefangene Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach beantragt, jedoch trotz Ankündigung im Schriftsatz vom 28. Dezember 2015 innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO keine Begründung eingereicht. Zur Antragstellung war das Integrationsamt als Ausgangsbehörde nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 der Verordnung über die Landesanwaltschaft Bayern (LABV) grundsätzlich neben der Landesanwaltschaft Bayern ermächtigt. Die Landesanwaltschaft Bayern hat ebenfalls keine Begründung für den Zulassungsantrag abgegeben. Da Gründe für eine eventuelle Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist nicht ersichtlich sind, war der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung daher als unzulässig zu verwerfen, so dass es dahingestellt bleiben kann, ob die den Zulassungsantrag unterzeichnende Regierungsdirektorin T. über die Befähigung zum Richteramt verfügt und damit nach § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof postulationsfähig ist.

2. Der Zulassungsantrag des Beigeladenen ist zulässig, aber unbegründet, da weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung noch Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts vorliegen bzw. nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt sind.

2.1 Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach begegnet auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Beigeladenen im Zulassungsverfahren keinen ernstlichen Zweifel an seiner Richtigkeit, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Zustimmung des Beklagten zur ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung des Klägers durch den Beigeladenen als ermessensfehlerhaft aufgehoben.

2.1.1 Die ordentliche Kündigung eines schwerbehinderten oder eines einem Schwerbehinderten gleichgestellten Arbeitnehmers erfordert nach § 85 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) die vorherige Zustimmung des Integrationsamts. Bei der Zustimmung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der das Interesse des Arbeitgebers am Erhalt seiner wirtschaftlichen Gestaltungsfreiheit mit dem Interesse des betroffenen schwerbehinderten Arbeitsnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abgewogen werden muss (vgl. BayVGH, U. v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - BayVBl. 2014, 440 ff. Rn. 28). Wesentliche Berücksichtigung kommt dabei dem Umstand zu, ob zwischen der Behinderung des Arbeitnehmers und dem vom Arbeitgeber vorgetragenen Kündigungssachverhalt ein Zusammenhang besteht (vgl. BayVGH, U. v. 28.9.2010 - 12 B 10.1088 - juris Rn. 30; U. v. 22.10.2008 - 12 BV 07.2256 - juris Rn. 16). Je stärker der Bezug der vorgebrachten Kündigungsgründe zur Behinderung des Arbeitnehmers ist, umso stärker sind auch seine Belange an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes zu gewichten (vgl. BayVGH, U. v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - BayVBl. 2014, 440 ff. Rn. 28). Dies gilt auch im Fall einer verhaltensbedingten Kündigung, wenn die Behinderung des Arbeitnehmers sich gerade in seinem Verhalten widerspiegelt (vgl. hierzu Hohmann in Wiegand, SGB IX Teil 2 - Schwerbehindertenrecht, § 85 SGB IX Rn. 93 f.).

Demzufolge obliegt es im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dem Integrationsamt zunächst, einen Zusammenhang zwischen der Behinderung und den vorgebrachten Kündigungsgründen aufzuklären. Dem ist das Integrationsamt im vorliegenden Fall durch Einholung einer Stellungnahme des den Kläger behandelnden Diplompsychologen und psychologischen Psychotherapeuten P. W. nachgekommen und dabei zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass ein derartiger Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden könne. Der Kläger habe sowohl bei seinem jetzigen Arbeitgeber wie in seinem vorhergehenden Arbeitsverhältnis Konflikte am Arbeitsplatz gehabt. Grundsätzlich sei er zwar in der Lage, soziale Rücksichtnahme und teamförderliches Verhalten zu praktizieren, er neige jedoch aufgrund seiner Persönlichkeit dazu, Grenzen auszuloten und Konflikten nicht auszuweichen, wobei es zu Selbstüberschätzungen kommen könne. Insoweit könnten die Arbeit in einem kleinen Team, komplexe Aufgabenstellungen und zu offene Arbeitsbedingungen konfliktverstärkend wirken. Beim Kläger liege insoweit keine Behinderung vor, die mit einer Verkennung der Realität einhergehe. Grundsätzlich könne er die Konsequenzen seines Handelns antizipieren, wenngleich dies viel Auseinandersetzung und eine konfliktfreie Atmosphäre erfordere.

Auf die Stellungnahme des Diplompsychologen und Psychotherapeuten P. W. nimmt auch das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich Bezug. Insofern geht der Vortrag der Bevollmächtigten des Beigeladenen fehl, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung die - unzutreffend als ärztliche Stellungnahme bezeichnete - Einschätzung von P. W. nicht berücksichtigt.

2.1.2 Des Weiteren obliegt es dem Integrationsamt, um die Zustimmungsentscheidung ermessensfehlerfrei treffen zu können, die ihm unterbreiteten Kündigungsgründe jedenfalls in der Sache nachzuvollziehen. Denn die Feststellung des Sachverhalts geht der Abwägung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen unter Berücksichtigung der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zwingend voraus. Bleibt die Sachverhaltsermittlung des Integrationsamts unvollständig, ist die Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung hingegen ermessensfehlerhaft (vgl. BayVGH, U. v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - BayVBl. 2014, 440 ff. Rn. 33; U. v. 22.10.2008 - 12 BV 07.2256 - juris Rn. 15; Hohmann in Wiegand, SGB IX Teil 2 - Schwerbehindertenrecht, § 85 SGB IX Rn. 95). Im Rahmen der gebotenen Sachaufklärung darf das Integrationsamt sich deshalb auch nicht allein auf eine Schlüssigkeitsprüfung des vom Arbeitgeber vorgetragenen Sachverhalts beschränken (BVerwG, U. v. 10.10.1995 - 5 C 24.93 - BVerwGE 96, 336; BayVGH, U. v. 22.10.2008 - 12 BV 07.2256 - juris Rn. 17). Es muss vielmehr nach § 20 SGB X alle Tatsachen ermitteln, die unter Berücksichtigung des Antrags auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung erforderlich sind, um die gegensätzlichen Interessen gegeneinander abzuwägen und sich von der Richtigkeit der für die Entscheidung wesentlichen Behauptungen der Verfahrensbeteiligten eine eigene Überzeugung zu bilden (vgl. BVerwG, B. 24.11.2009 - 5 B 35.09 - juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - BayVBl. 2014, 440 ff. Rn. 31; U. v. 28.9.2010 - 12 B 10.1088 - juris Rn. 36). Diesem Erfordernis ist das Integrationsamt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet hat - nicht ausreichend nachgekommen.

Zur Sachverhaltsklärung hat zunächst der Gütetermin beim Integrationsamt des Beklagten am 19. Februar 2015 nichts beigetragen. Denn im hierüber gefertigten Ergebnisprotokoll wird ausdrücklich festgehalten (Bl. 35 der Verwaltungsakte), dass es an „objektivierbaren Kündigungsgründen“ des Beigeladenen fehle, dass letztlich „Aussage gegen Aussage“ stehe und dass die Einschätzung des Beigeladenen, das Arbeitsverhältnis sei völlig zerrüttet, vom Kläger nicht habe nachvollzogen werden können. Auch aus der zusätzlich eingeholten Stellungnahme des Integrationsfachdienstes vom 25. März 2015 (Bl. 42 ff. der Akte) lässt sich nichts anderes entnehmen. Sie kommt zu dem Schluss, dass nicht genau festgestellt werden könne, welche Partei angesichts des für die Kündigung herangezogenen Sachverhalts Recht habe. Die Argumente der Arbeitgeberseite seien „teilweise pauschaliert und nicht immer konkret beschrieben“. Außerdem sei die Häufigkeit des Fehlverhaltens des Arbeitsnehmers „zum Teil nicht hinreichend belegt“. Ferner sei zu hinterfragen, „ob die vom Arbeitgeber hervorgebrachten Gründe für das Fehlverhalten des Arbeitnehmers (z. B. Post, Internet, Nahrungsaufnahme) ausreichen, um eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen“. Angesichts dessen ist das Verwaltungsgericht zutreffend von einer defizitären Sachverhaltsermittlung durch das Integrationsamt ausgegangen.

Soweit die Bevollmächtigten des Beigeladenen in der Zulassungsbegründung demgegenüber vortragen, das Integrationsamt habe sich „sehr wohl mit den Kündigungsgründen beschäftigt“, die Kündigung sei - arbeitsrechtlich zulässig - aufgrund einer Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses erfolgt und die vom Arbeitgeber vorgetragenen Kündigungsgründe habe der Kläger weder vollständig noch substantiiert bestritten, ignoriert dieses Vorbringen die Feststellungen sowohl des Integrationsamts wie des Integrationsfachdienstes, es fehle an objektivierbaren und nachvollziehbaren Kündigungsgründen. Auch ersetzt der Verweis auf die sowohl vom Integrationsamt wie vom Integrationsfachdienst festgestellte „Zerrüttung“ des Arbeitsverhältnisses, die der Kläger zudem bestreitet, die erforderliche Überprüfung des Kündigungssachverhalts nicht, die ihrerseits erst eine Bewertung erlaubt, in wessen Verantwortungsbereich die „Zerrüttung“ fällt, was wiederum bei der Ermessensentscheidung über die Zustimmung zu berücksichtigen ist.

Inwieweit die Einschätzung der „Zerrüttung“ des Arbeitsverhältnisses durch die dem Integrationsamt vorgelegten Arbeitgebernotizen vom 10. Mai 2014 und 20. Februar 2015 untermauert werden kann, legen die Beigeladenenbevollmächtigten ebenfalls nicht substantiiert dar. Sie setzen sich insbesondere nicht mit der Auffassung im angefochtenen Urteil auseinander, wonach bereits nicht klar sei, ob die in den Notizen niedergelegten Angaben dem Kläger überhaupt zur Kenntnis gebracht worden seien, und ihnen deshalb keine Aussagekraft zukomme.

Auch der weitere Vortrag, der Kläger habe selbst einen Teil der ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe eingeräumt, kann die Annahme eines Ermittlungsdefizits auf Seiten des Integrationsamts nicht in Frage stellen. Zwar findet sich im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 30. Dezember 2014 das „Zugeständnis“ der Aussage des Klägers, nur derjenige mache keine Fehler, der nicht arbeite. Indes bildet diese Aussage nur einen kleinen - nicht näher präzisierten - Teil des dem Integrationsamt vom Beigeladenen vorgetragenen Kündigungssachverhalts. Insoweit fehlt es an der Aufklärung der näheren Umstände der genannten Äußerung, die erst deren sachgerechte Berücksichtigung im Rahmen der Ermessensentscheidung ermöglicht. Dies gilt gleichermaßen, soweit der Beigeladene im Zulassungsverfahren vorträgt, der Kläger habe im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nunmehr weitere Kündigungsgründe „zugestanden“, konkret die Aussage „Ich lasse mich nicht hetzen. Ich bin auf der Arbeit, nicht auf der Flucht“. Zu dem aus dem im arbeitsgerichtlichen Schriftsatz angeführten Hintergrund dieses „Zugeständnisses“, nämlich dass es sich um die Aufschrift der Bürotasse des Klägers handele und er diese Aussage erkennbar nur im Scherz getroffen habe, verhält sich das Zulassungsvorbringen nicht.

Auch das weitere Argument des Beigeladenen, ein Ermittlungsdefizit des Integrationsamts bestehe deshalb nicht, weil der Kläger sich gegenüber dem Kündigungssachverhalt nicht substantiiert, sondern - falls überhaupt - pauschal eingelassen habe, greift nicht durch, da es unberücksichtigt lässt, dass sowohl das Integrationsamt wie auch der Integrationsfachdienst und - ihnen folgend - das Verwaltungsgericht die vorgebrachten Kündigungsgründe jeweils für „nicht objektivierbar“ bzw. zu „pauschal“ angesehen haben, mit der Folge, dass dem Kläger eine substantiierte Entgegnung nicht möglich sei. Dass entgegen dieser Auffassung der Beigeladene hinreichend konkrete und substantiierte Kündigungsgründe vorgetragen habe, wird im Zulassungsvorbringen indes nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen angesichts dessen nicht.

2.1.3 Soweit das Verwaltungsgericht die Ermessensfehlerhaftigkeit der Zustimmungsentscheidung des Integrationsamts auch darauf stützt, dass das Integrationsamt seine Entscheidung einseitig zugunsten des Beigeladenen getroffen und Gründe, die den Interessen des Klägers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes zu dienen geeignet wären, annähernd nicht erwähnt habe, ferner dem Fürsorgegedanken des Schwerbehindertenschutzes nicht hinreichend Rechnung getragen habe, geht es von einem Ermessensfehlgebrauch des Beklagten bei der Entscheidung über die Zustimmung und damit von einem weiteren Ermessensfehler des Beklagten aus. Hierzu verhält sich das Zulassungsvorbringen des Beigeladenen nicht. Stützt indes, wie im vorliegenden Fall, das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere tragende Gründe, werden hingegen vom Rechtsmittelführer nur Richtigkeitszweifel hinsichtlich einer Begründung dargelegt, vermag dies die Richtigkeit der Entscheidung insgesamt nicht in Zweifel zu ziehen, so dass eine Zulassung der Berufung bereits aus diesem Grund ausscheidet (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61).

2.2 Darüber hinaus ist die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auch nicht verfahrensfehlerhaft im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ergangen.

2.2.1 Soweit der Beigeladene eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, wird bereits nicht substantiiert dargelegt, worin diese im vorliegenden Verfahren konkret liegen soll. Insoweit konzediert er selbst, dass das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass es die streitgegenständliche Zustimmungsentscheidung für ermessensfehlerhaft halte.

Auch der sinngemäße Vortrag, das Verwaltungsgericht habe seine aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO resultierende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen verletzt, bleibt unsubstantiiert. Die Bevollmächtigten des Beigeladenen erkennen überdies nicht, dass es bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung nach § 85 SGB IX nicht zur Pflicht des Verwaltungsgerichts rechnet, bei einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung durch die Behörde den Sachverhalt selbst zu ermitteln, da das Gericht nicht zu einer eigenen Ermessensentscheidung berechtigt ist, mithin seine Ermessenserwägungen gerade nicht an die Stelle derjenigen der Ausgangsbehörde setzen darf. In einem derartigen Fall beschränkt sich die Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, die Streitsache zur Spruchreife zu bringen, folglich auf die Ermittlung, ob die von der Behörde herangezogenen Erwägungen ausreichen, die getroffene Verwaltungsentscheidung zu tragen (vgl. BayVGH, U. v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - BayVBl. 2014, 440 ff. LS. 5 Rn. 33 ff. mit weiteren Nachweisen; VG Augsburg, U. v. 4.11.2014 - Au 3 K 14.40 - juris Rn. 37). Dieser Pflicht ist das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nachgekommen.

Dass das Verwaltungsgericht die Spruchreife der Streitsache bereits dergestalt herbeigeführt hat, berücksichtigt der Beigeladene auch nicht, soweit er einen Verstoß gegen § 113 Abs. 3 VwGO behauptet. Denn das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall den Zustimmungsbescheid des Beklagten nicht deshalb aufgehoben, weil es eine weitere Sachverhaltsaufklärung für erforderlich gehalten, sondern weil es vielmehr den Bescheid aufgrund mehrerer Ermessensfehler für materiell rechtswidrig erachtet hat. Diesbezüglich war die Streitsache spruchreif, so dass es einer Abwägung nach § 113 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht bedurfte. Mithin kommt die Zulassung der Berufung wegen Verfahrensfehlerhaftigkeit ebenfalls nicht in Betracht.

3. Der Beklagte und der Beigeladene tragen nach § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.