Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 4 CE 15/273

bei uns veröffentlicht am24.01.2017

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um ein von der Antragsgegnerin angekündigtes Verbot, die Abwässer aus Rastanlagen der Antragstellerin in die örtliche Kläranlage einzuleiten.

Mit Schreiben vom 28. November 2014 bot die Antragsgegnerin der Antragstellerin an, entsprechend einer seit längerem erhobenen Forderung eine Vereinbarung über die Beteiligung an den Investitions- und Betriebskosten der im Ortsteil Rieden neu errichteten Kläranlage abzuschließen. Zugleich erklärte sie, falls sich die Antragstellerin gegen eine solche Vereinbarung entscheide, sei beabsichtigt, gemäß § 15 der Entwässerungssatzung (EWS) die weitere Einleitung von Schmutzwasser aus der Rastanlage Riedener Wald in die Kläranlage auf der Grundlage eines Einleitungsverbots nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Bestandskraft des Verbotsbescheids zu unterbinden. Da die Antragstellerin kein satzungsrechtliches oder vertragliches Anschlussrecht habe, sei die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, das Schmutzwasser von den Betriebsgrundstücken der Rastanlage abzunehmen und zu reinigen. Die Antragstellerin habe Gelegenheit, sich bis zum 29. Dezember 2014 zu dem beabsichtigten Einleitungsverbot zu äußern.

Die Antragstellerin beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht Würzburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin den Erlass einer Verfügung zu untersagen, die es der Antragstellerin verbiete, das Abwasser ihrer Betriebe in die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin einzuleiten, so 1 wie diese zu verpflichten, eine etwaige Einleiteverbotsverfügung sofort aufzuheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragstellerin drohten aufgrund des angekündigten Einleitungsverbots so schwerwiegende Nachteile, dass sie nicht auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden könne, sondern vorbeugenden Rechtsschutz in Anspruch nehmen müsse. Das Verwaltungsgericht habe in seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 15. Oktober 2014 (Az. W 2 K 12.864) zu erkennen gegeben, dass es einer Einleiteverbotsverfügung der Antragsgegnerin wohlwollend entgegensehe, so dass sich die Antragstellerin auf einen Misserfolg einer künftigen Anfechtungsklage in erster Instanz sowie auf die Nichtzulassung der Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil einstellen müsse. Angesichts des angedrohten Einleitungsverbots müsse sie daher umgehend damit beginnen, sich um den Bau einer Autobahnkläranlage zu bemühen, da es unmöglich sei, innerhalb von sechs Monaten ab Bestandskraft eines Verbots das erforderliche Planfeststellungsverfahren und die tatsächliche Errichtung einer solchen Anlage zum Abschluss zu bringen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 17 FStrG könne aber nur die Bundesstraßenverwaltung einen solchen Planfeststellungsbeschluss beantragen. Schon jetzt bestehe die Gefahr, dass die Bundesstraßenverwaltung die Unwägbarkeiten zum Anlass nehmen könnte, die Konzessionsverträge für die Rastanlagen Riedener Wald Ost und West zu kündigen und bei einer künftigen Neuausschreibung von den Bewerbern eine Bestätigung der Antragsgegnerin über die Sicherstellung der Entwässerung zu verlangen. Da ein Ausschreibungsverfahren Zeit koste, müsse die Autobahndirektion Nordbayern als zuständige Stelle der Bundesstraßenverwaltung, wenn sie den Eintritt der Bestandskraft einer Verbotsverfügung für möglich halte, umgehend die bestehenden Konzessionsverträge kündigen und ein neues Ausschreibungsverfahren einleiten; ihr Vertreter habe in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die „Möglichkeit einer Neuausschreibung“ ausdrücklich erwähnt. Der Anordnungsgrund für den Eilantrag folge aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin mit dem angekündigten Einleitungsverbot unlautere Zwecke verfolge, da sie damit lediglich Druck aufbauen wolle, um die Antragstellerin nach Abweisung der Zahlungsklage doch noch zu einer Zahlung zu veranlassen; ein eigenes Interesse an dem Einleitungsverbot habe sie angesichts der Dimensionierung der neuen Kläranlage nicht. Sie verstoße damit auch gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Der Anordnungsanspruch in Form eines Unterlassungsanspruchs ergebe sich daraus, dass ein Einleiteverbot das aus Art. 21 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 GO i. V. m. § 4 EWS folgende Benutzungsrecht der Antragstellerin vereiteln würde. Ein Übernahmeverweigerungsrecht nach § 15, § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder § 4 Abs. 3 Nr. 2 EWS bzw. nach Art. 27 Abs. 1 GO bestehe nicht; auch stehe der Antragsgegnerin im Verhältnis zur Antragstellerin keine Verwaltungsaktsbefugnis zu. In einem Einleitungsverbot sei zudem eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung gemäß §§ 19, 20 GWB zu sehen. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Sofortaufhebung einer erlassenen Einleiteverbotsverfügung, da schon deren Existenz die Autobahndirektion Nordbayern veranlassen könnte, die Konzessionsverträge zu kündigen und eine Neuausschreibung einzuleiten, womit ein irreparabler Schaden entstünde.

Die Antragsgegnerin beantragte, die Anträge abzulehnen. Sie seien mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, da noch kein Umstand eingetreten sei, der die Rechte der Antragstellerin beeinträchtige. Im Schreiben vom 28. November 2014 liege lediglich eine Anhörung vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts, gegen den mittels einer Anfechtungsklage und im Falle des Sofortvollzugs mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgegangen werden könne. Angesichts der für die Unterbindung der Einleitung angekündigten Frist von sechs Monaten ab Bestandskraft des Einleitungsverbots könne die Antragstellerin den gesamten verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug beschreiten. Das für einen vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche qualifizierte Rechtsschutzinteresse ergebe sich weder aus der Möglichkeit einer Nichtzulassung der Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil noch aus der Möglichkeit, dass die Bundesstraßenverwaltung die Konzessionsverträge kündigen könnte. Ein das Einleitungsrecht betreffendes Hauptsacheverfahren sei noch keine Tatsache, die eine Fortsetzung des Vertrags für den Kündigenden unzumutbar mache und einen wichtigen Grund nach § 314 BGB darstelle; dies könne erst nach rechtskräftiger Feststellung des Nichtbestehens eines Einleitungsrechts der Fall sein. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei im Übrigen auch unbegründet. Es fehle ein Anordnungsgrund, da der Antragstellerin trotz Abwartens bis zum Ab-schluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens keine Beeinträchtigung ihrer Rechte drohe. Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht, da die Antragsgegnerin zur Aufnahme und Reinigung des Schmutzwassers von den Betriebsgrundstücken der Antragstellerin weder vertraglich noch satzungsrechtlich verpflichtet sei, so dass ein Einleitungsverbotsbescheid nicht rechtswidrig sei. Seitens der Antragsgegnerin sei nicht beabsichtigt, vor Abschluss des „gesamten gegenständlichen Verfahrens“ einen Einleitungsverbotsbescheid zu erlassen.

Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg die Anträge ab. Sie seien mangels Rechtschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Dass der Antragstellerin durch die Verweisung auf nachträglichen Rechtsschutz schwere und unzumutbare Nachteile drohten, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten, sei nicht glaubhaft gemacht. Mit den vorgetragenen Umständen werde ein schützenswertes Interesse an der Inanspruchnahme vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutzes nicht dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht. Dass die Antragstellerin seit über 40 Jahren unbeanstandet Abwasser in die Entwässerungseinrichtung einleite, treffe schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu, da die einschlägigen Konzessionsverträge erst 1998 abgeschlossen worden seien. Über den möglichen Ausgang eines künftigen Hauptsacheverfahrens und einer Berufungszulassung im Falle des Unterliegens könne noch keine Aussage getroffen werden. Auch die von der Antragstellerin gezogene Folgerung, sie müsse sich sofort um den Bau einer Autobahnkläranlage bemühen, weil dies innerhalb einer Umsetzungsfrist von sechs Monaten nicht möglich sein werde, begründe kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis; die Rechtmäßigkeit einer solchen Frist müsse in einem Klageverfahren erst noch geklärt werden. Aus der von der Antragstellerin für möglich gehaltenen umgehenden Kündigung des Konzessionsvertrags ergebe sich ebenfalls kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis. Der Vertreter der Bundesstraßenverwaltung habe in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 15. Oktober 2015 laut Niederschrift lediglich auf die Möglichkeit einer Neuausschreibung „nach Ablauf der Laufzeit des Konzessionsvertrags“ hingewiesen. Eine Gefahr, dass die Konzessionsverträge vorab gekündigt werden könnten, sei nicht ansatzweise anzunehmen. Ein Anordnungsgrund werde mit der Behauptung, die Antragsgegnerin verfolge mit dem angekündigten Einleitungsverbot unlautere Zwecke, nicht glaubhaft gemacht. Die Behauptung sei zudem sachlich unzutreffend, da die Antragsgegnerin haushalts- und kommunalabgabenrechtlich gehalten sei, für eine Kostendeckung ihrer Entwässerungsanlage zu sorgen. Darin liege kein unlauterer Zweck, zumal die Antragstellerin seit Inbetriebnahme der neuen Kläranlage keine Zahlungen mehr leiste. Ob ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sei, könne hiernach offenbleiben.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der vorliegenden Beschwerde. Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine Verfügung zu erlassen, die es der Antragstellerin verbietet, das Abwasser der Betriebe der Antragstellerin auf der Rastanlage Riedener Wald Ost und/oder der Rastanlage Riedener Wald West in die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin einzuleiten, und

die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine etwaige Einleitverbotsverfügung, die es der Antragstellerin verbietet, das Abwasser der Betriebe der Antragstellerin auf der Rastanlage Riedener Wald Ost und/oder der Rastanlage Riedener Wald West in die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin einzuleiten, sofort aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht sei seiner Aufklärungspflicht nicht nachgekommen und habe durch eine unzulässige Überraschungsentscheidung das rechtliche Gehör verletzt. Es habe die einschlägigen Akten nicht vollständig angefordert und daher die seit über 40 Jahren erfolgte Einleitung seitens der Antragstellerin zu Unrecht in Abrede gestellt, die Gefahr einer Kündigung der Konzessionsverträge vorschnell ausgeschlossen, den von der Antragsgegnerin verfolgten unlauteren Zweck verkannt, das Fehlen von Gebührenbescheiden als Grund für die nicht geleisteten Zahlungen der Antragstellerin übersehen und die Einbeziehung der Rastanlagen in die geltende Entwässerungssatzung nicht zur Kenntnis genommen. Aufgrund der Gehörsverletzung sei im Beschwerdeverfahren der gesamte Sach- und Streitstoff entscheidungsrelevant. Das für einen vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich daraus, dass die Planung und Errichtung einer eigenen Kläranlage an der Rastanlage einer mehrjährigen „Auslauffrist“ bedürfe, so dass eine vorzeitige Kündigung der Konzessionsverträge drohe; wegen der darin liegenden irreparablen Nachteile könne ein späteres Hauptsacheverfahren keinen effektiven Rechtsschutz bieten. Die Antragstellerin sei in den Jahren 1994 und 1999 schrittweise durch Umwandlung der 1951 gegründeten Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen m. b. H. (GfN) entstanden, die das Abwasser der Rastanlage seit dem Abschluss der Sondervereinbarung 1970 und dem Bau der Kläranlage 1970/71 unbeanstandet dorthin eingeleitet habe; aus den Konzessionsverträgen ergebe sich nichts anderes. Die Rechtsprechung gewähre wegen Unzumutbarkeit nachrangigen Rechtsschutzes ausnahmsweise vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutz, wenn der drohende Ausschluss von der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung einen Betrieb gefährde. Ein Ausschluss der Antragstellerin von der Benutzung der Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin führe zwingend zur umgehenden Einstellung der Nebenbetriebe auf den Rastanlagen, insbesondere der sanitären Anlagen. Da das Verwaltungsgericht in einem obiter dictum habe erkennen lassen, dass es einer Einleiteverbotsverfügung wohlwollend entgegensehe, bestehe schon jetzt die Gefahr, dass die Bundesstraßenverwaltung die durch ein solches Verbot ausgelösten Unwägbarkeiten wegen der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das fernstraßenrechtliche Verkehrsnetz als wichtigen Grund für eine Kündigung ansehe, wobei es nach Art. 60 BayVwVfG nicht auf ein Verschulden ankomme. Angesichts der Dauer eines nachfolgenden Ausschreibungsverfahrens könne mit einer solchen Kündigung nicht bis zu einem für die Antragstellerin möglicherweise negativen Ende des Hauptsacheverfahrens gewartet werden. Angesichts der Kündigungsmöglichkeit nach § 16 Abs. 3 der Konzessionsverträge sei die Annahme des Verwaltungsgerichts unzutreffend, dass eine solche Gefahr bei Erlass eines Einleitungsverbots „nicht ansatzweise“ bestehe. Der Anordnungsanspruch ergebe sich daraus, dass das angekündigte Einleitungsverbot rechtswidrig in das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 3. November 2014 (Az. 4 N 12.2074) bestätigte Anschluss- und Benutzungsrecht der Antragstellerin als Eigentümerin der Betriebsgrundstücke nach Art. 21 Abs. 1 GO i. V. m. § 4 EWS, in ihr Konzessionsrecht aus § 15 Abs. 2 FStrG i. V. m. den Konzessionsverträgen sowie in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreife. Es sei widersprüchlich, wenn die Antragsgegnerin einerseits behaupte, die Antragstellerin falle nicht unter die Entwässerungssatzung, andererseits aber das Einleitungsverbot in Form eines Verwaltungsakts auf Bestimmungen dieser Satzung stützen wolle. Die Kläranlage der Antragsgegnerin könne das Abwasser der Rastanlagen ohne weiteres aufnehmen, da sie auf dem technisch neuesten Stand sei und über eine Reinigungsleistung von 3.800 Einwohnergleichwerten (EGW) verfüge, von denen nach den Planungen der Antragsgegnerin 1.800 EGW auf die Betriebsanlagen der Antragstellerin und 2.000 EGW auf das im übrigen Satzungsgebiet anfallende Abwasser entfielen. Die Betriebsgrundstücke der Antragstellerin seien über einen in Straßengrundstücken der Bundesrepublik Deutschland verlaufenden Kanal dauerhaft gesichert an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen. Der Anordnungsgrund ergebe sich bereits aus den zur Notwendigkeit vorbeugenden Rechtsschutzes vorgetragenen Gründen sowie zusätzlich daraus, dass die Antragsgegnerin mit der angedrohten Verbotsverfügung unlautere Zwecke verfolge. Sie brauche das Abwasser der Antragstellerin für einen ordnungsgemäßen Betrieb ihrer Kläranlage und habe daher kein rechtlich schützenswertes Interesse an einem Einleitungsverbot. Ihr Recht auf Vergütung könne sie durch den Erlass von Gebührenbescheiden geltend machen. Sie verhalte sich widersprüchlich, weil sie mit dem Ausschluss der Antragstellerin den ordnungsgemäßen Betrieb der eigenen Entwässerungseinrichtung gefährde und ihrer in der Konzeption der Kläranlage dokumentierten Planung zuwiderhandle. Eine Einleiteverbotsverfü-gung sei wegen Sittenwidrigkeit sowie wegen straf-, wettbewerbs,- und vergaberechtlicher Verstöße sogar als nichtig anzusehen. Sie missachte zudem die fernstra-ßenrechtliche Sonderzuständigkeit der Straßenbaubehörden für planfestgestellte Nebenbetriebe auf Autobahnen. Der Antragstellerin sei nicht zuzumuten, eine als Nötigungsmittel im Rahmen einer Erpressung angedrohte Einleiteverbotsverfügung zunächst hinzunehmen und Opfer einer Straftat zu werden und erst dann um Rechtsschutz nachzusuchen. Ungeachtet der fehlenden Abgabenbescheide habe sie mittlerweile die nach der Beitrags- und Gebührensatzung vom 8. Januar 2004 (BGSEWS 2004) entstandenen Einleitungsgebühren für die Jahre 2013, 2014, 2015 sowie für die ersten drei Quartale 2016 in Höhe von insgesamt 118.752,75 Euro an die Antragsgegnerin gezahlt. Falls die Höhe des Gebührensatzes in der mittlerweile geänderten Satzung (BGS-EWS 2011) in dem anhängigen Normenkontrollverfahren Bestand habe, werde die Antragstellerin den danach noch ausstehenden Differenzbetrag nach Vorlage entsprechender Gebührenbescheide ebenfalls ausgleichen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das spezielle Rechtsschutzinteresse für einen vorbeugenden Rechtsschutz bestehe nicht. Die von der Antragstellerin angeführten Konstellationen einer Unzumutbarkeit nachträglichen Rechtsschutzes seien mit der vorliegenden Situation nicht vergleichbar, da dort jeweils irreparable Schäden eingetreten seien. Aus dem Vortrag, dass seit 40 Jahren Abwässer in die Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin eingeleitet werde, ergebe sich keine im Eilverfahren zu beachtende Rechtsposition, die ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis begründe. Es bestehe kein Anordnungsgrund, da die Antragstellerin im Falle eines Verbotsbescheids den Instanzenzug in Anspruch nehmen bzw. gegen eine Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgehen könne. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb ein unlauteres Verhalten der Antragsgegnerin es der Antragstellerin unzumutbar mache, eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da sie kein vertragliches oder satzungsrechtliches Anschlussrecht besitze. Die Grundstücke der Rastanlage würden nicht von der gemeindlichen Entwässerungsanlage erschlossen, da der von der Bundesrepublik Deutschland seinerzeit auf eigene Kosten errichtete Zuleitungskanal, der ohne rechtliche Absicherung über Grundstücke der Antragsgegnerin und anderer öffentlicher Rechtsträger verlaufe, nicht als Teil der gemeindlichen Einrichtung gewidmet worden sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die auf die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes gerichteten Anträge unzulässig sind, weil das dafür erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis nicht vorliegt (a). Überdies fehlt es an dem für eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO notwendigen Anordnungsgrund (b). Auf die weiteren zwischen den Beteiligten strittigen Fragen kommt es daher nicht entscheidungserheblich an (c).

a) Mit ihren Anträgen, der Antragsgegnerin den Erlass der angekündigten Einleite-verbotsverfügung für die Zukunft zu untersagen und sie bereits jetzt zur sofortigen Aufhebung einer möglichen Verfügung dieses Inhalts zu verpflichten, verfolgt die Antragstellerin ein auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichtetes Begehren. Präventive Unterlassungs- und Verpflichtungsklagen zur Abwehr künftiger belastender Verwaltungsakte sowie diesbezügliche Eilanträge sind aber nach allgemeiner Auffassung nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig, die hier nicht gegeben sind.

Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz ist aus Gründen der Gewaltenteilung nicht vorbeugend konzipiert. Um das der vollziehenden Gewalt zustehende Handlungsfeld nicht übermäßig zu verengen, setzt die gerichtliche Kontrolle von Exekutivakten grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert regelmäßig zunächst den Erlass einer Maßnahme, die dann Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Verwaltungsakte ist somit grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt, wenn dem künftig Betroffenen ein weiteres Zuwarten nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht (BVerwG, U.v. 23.6.2016 - 2 C 18/15 - NVwZ-RR 2016, 907 Rn. 19). Ein solcher Ausnahmefall wird z. B. angenommen bei einer unmittelbar drohenden Sanktion nach Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht (BVerwG, a.a.O., Rn. 20), bei einer absehbaren Vielzahl gleichartiger oder sich kurzfristig erledigender Bescheide (BVerwG, U.v. 16.4.1971 - IV C 66.67 - BayVBl 1972, 189/190; U.v. 7.5.1996 - 1 C 10/95 - NVwZ 1997, 276), bei einer Maßnahme, deren Rechtsbeständigkeit einer späteren (Dritt-)Anfechtung dauerhaft entgegensteht (BVerwG, B.v. 8.12.2011 - 2 B 106/11 - Rn. 13), oder bei Rechtsakten, mit deren Erlass vollendete oder nur schwer rückgängig zu machende Tatsachen zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden geschaffen werden (vgl. OVG NRW, B.v. 22.10.1982 - 13 B 1995/82 - NJW 1984, 1642; BayVGH, U.v. 22.1.1986 - 22 B 85 A.354 - NJW 1986, 3221/3222).

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe für eine Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes lassen sich keiner dieser anerkannten Fallgruppen zuordnen. Sollte die Antragsgegnerin entsprechend ihrer Ankündigung eine Einleite-verbotsverfügung erlassen, könnte die Antragstellerin hiergegen eine Anfechtungsklage erheben und, falls nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch der Sofortvollzug angeordnet wäre, gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage stellen und damit eine umfassende gerichtliche Kontrolle erreichen. In dem Zeitraum bis zu einer abschließenden Entscheidung über diese Rechtsschutzbegehren bestünde weder die Gefahr der Verwirklichung eines Straf- oder Bußgeldtatbestands noch müsste mit einer größeren Zahl ähnlicher Bescheide oder mit einer den nachträglichen Rechtsschutz hindernden Verfestigung der Rechtslage gerechnet werden. Der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes bedarf es auch nicht deshalb, weil bereits der Erlass eines solchen Verbotsbescheids für die Antragstellerin weitgehend irreversible faktische Erschwernisse zur Folge hätte. Sie trägt insoweit zwar vor, dass die Bundesstraßenverwaltung sich im Falle eines Einleiteverbots veranlasst sehen könnte, die bestehenden Konzessionsverträge wegen wesentlich veränderter Verhältnisse nach Art. 60 BayVwVfG vorzeitig zu kündigen. Diese Prognose in Bezug auf die mögliche Reaktion eines Dritten ist aber zu wenig gesichert und in ihren Auswirkungen zu unbestimmt, um daraus ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für vorbeugenden Rechtsschutz ableiten zu können.

Das bisherige Verhalten der Autobahndirektion Nordbayern als zuständiger staatlicher Behörde deutet nicht darauf hin, dass ein Einleiteverbot die von der Antragstellerin befürchteten vertragsrechtlichen Konsequenzen haben könnte. In einer vor eini 17 gen Jahren bei einer anderen Rastanlage entstandenen ähnlichen Situation, bei der ebenfalls um die Beteiligung an den Kosten einer Kläranlage gestritten wurde und der Antragstellerin das Einleiten in die öffentliche Entwässerungseinrichtung mit sofort vollziehbarem Bescheid untersagt worden war (zum Sachverhalt BayVGH, B.v. 3.4.2008 - 4 CS 08.44 - juris), erfolgte ersichtlich keine Kündigung des Konzessionsvertrags. Auch im vorliegenden Fall existieren keine Äußerungen der Bundesstraßenverwaltung, aus denen sich die Absicht erkennen ließe, die Vertragsbeziehungen mit der Antragstellerin schon mit Erlass eines Verbotsbescheids vorzeitig aufzulösen. Die von der Antragstellerin hierzu angeführte Aussage eines Vertreters der Autobahndirektion Nordbayern hinsichtlich der Möglichkeit einer Neuausschreibung bezog sich laut Protokoll der damaligen mündlichen Verhandlung nur auf den Zeitraum „nach Ablauf der Laufzeit des Konzessionsvertrages“ (Gerichtsakte W 2 K 12.864, Bl. 565) und damit nicht auf den Fall einer außerordentlichen Kündigung.

Es spricht auch in der Sache wenig dafür, dass die Bundesstraßenverwaltung eine (fristlose) Kündigung als geeignete und angemessene Reaktion auf ein mögliches Einleiteverbot der Antragsgegnerin ansehen könnte. Sollte sie einen solchen Bescheid ebenso wie die Antragstellerin als rechtswidrig ansehen, müsste sie diese in einem nachfolgenden Anfechtungsprozess unterstützen und dürfte sie nicht durch vorzeitige Kündigung an der weiteren Erfüllung der Konzessionsverträge hindern. Sollte sie dagegen im Einklang mit der Antragsgegnerin vom Fehlen eines vertraglichen oder satzungsmäßigen Anschlussrechts und damit von der Rechtmäßigkeit des Einleitungsverbots ausgehen, so müsste sie - falls sie auf die zeit- und kostenauf-wändige Errichtung einer gesonderten Autobahnkläranlage weiter verzichten wollte -zur dauerhaften Gewährleistung der Abwasserentsorgung entweder selbst die geforderte Kostenbeteiligung an der gemeindlichen Kläranlage übernehmen oder, sofern sie eine diesbezügliche Vertragspflicht der Antragstellerin annähme, diese zunächst schriftlich abmahnen. Erst dann könnte sie gemäß § 16 Abs. 3 1. Spiegelstrich der Konzessionsverträge eine außerordentliche Kündigung aussprechen, wenn sie die Verweigerung der Zahlung als „gröbliche Pflichtverletzung“ im Sinne dieser Vertragsklausel betrachten sollte.

Selbst in diesem letztgenannten, bislang rein hypothetischen Fall bliebe der Antragstellerin ausreichend Zeit, um sich - ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes - gegen eine konkret drohende oder bereits ausgesprochene Kündigung gerichtlich zur Wehr zu setzen und damit den Eintritt irreparabler Folgen zu verhindern. Dabei 19 ist zu berücksichtigen, dass die Bundesstraßenverwaltung unter keinen Umständen an dem sofortigen Wirksamwerden einer etwaigen Kündigung interessiert sein könnte, da ein neuer Konzessionsnehmer erst nach Abschluss eines längeren Ausschreibungsverfahrens den Betrieb der Rastanlagen tatsächlich übernehmen könnte. Würde während eines solchen Vergabeverfahrens die Rechtswidrigkeit einer auf § 16 der Konzessionsverträge oder auch auf Art. 60 BayVwVfG gestützten (vorsorglichen) Kündigung gerichtlich festgestellt, müsste die Bundesstraßenverwaltung das Verfahren abbrechen und die Vertragsbeziehungen mit der Antragstellerin in der vereinbarten Form fortsetzen; durch die Kündigung wären damit noch keine vollendete Tatsachen geschaffen worden.

Aus der allgemeinen Befürchtung der Antragstellerin, ihr Geschäftsbetrieb werde schon durch die Androhung eines Einleiteverbots schwerwiegend und irreversibel geschädigt, ergibt sich ebenfalls kein besonderes Rechtsschutzinteresse daran, der Antragsgegnerin den Erlass eines solchen Bescheids im Vorhinein zu untersagen. Denn die behauptete faktische Rechtsbeeinträchtigung folgt insoweit nicht aus dem (künftigen) Regelungsgehalt der Verbotsverfügung, sondern aus der (gegenwärtig) geäußerten Rechtsauffassung der Antragsgegnerin bezüglich des fehlenden Anschlussrechts, wie sie u. a. in deren Anhörungsschreiben vom 28. November 2014 zum Ausdruck kommt. In den Fällen, in denen die behördliche Drohung, einen Verwaltungsakt zu erlassen, und nicht der angedrohte Verwaltungsakt selbst abgewehrt werden soll, kann aber vorbeugender (Hauptsache-)Rechtsschutz allenfalls im Wege einer Klage auf Unterlassung einer bestimmten Rechts- oder Tatsachenbehauptung gewährt werden (vgl. BayVGH, U.v. 22.1.1986 - 22 B 85 A.354 - NJW 1986, 3221/3222; Pietzcker in Schoch u.a., VwGO, Stand Juni 2016, § 42 Abs. 1 Rn. 167).

Auch eine diesbezügliche Auslegung bzw. Umdeutung der gestellten Anträge kommt indes unter den vorliegenden Umständen nicht in Betracht. Für einen vorbeugenden Rechtsschutz ist dort kein Raum, wo der Betroffene zumutbarerweise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.1972 - IV C 17.71 - BVerwGE 40, 323/326). Zu den vorrangig in Anspruch zu nehmenden Rechtsschutzformen gehört auch die Klage nach § 43 VwGO, mit der die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Abs. 1) und eine Rechtsverfolgung durch Gestaltungs- oder Leistungsklage ausscheidet 21 (Abs. 2). Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen sind hier zweifelsfrei gegeben. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin gegenwärtig ein Benutzungsrecht im Hinblick auf die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin besitzt und damit den Bestimmungen der Satzung unterfällt; darin liegt ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Angesichts der aus der ungeklärten Rechtslage erwachsenden Unsicherheiten hat die Antragstellerin ein berechtigtes rechtliches und wirtschaftliches Interesse an einer solchen gerichtlichen Feststellung; eine anderweitige Rechtsschutzmöglichkeit besteht derzeit für sie nicht. Hätte ein von ihr gestellter Antrag auf Feststellung eines Rechts nach Art. 21 Abs. 1 GO i. V. m. § 4 EWS Erfolg, so wäre damit zugleich geklärt, dass die Antragsgegnerin sie nicht an der weiteren Einleitung von Abwasser in die gemeindliche Kläranlage hindern dürfte. Zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes bedarf es demnach nicht der vorbeugenden Untersagung einer entsprechenden Androhung oder eines möglichen Verbotsbescheids.

Ein schutzwürdiges Interesse an der Inanspruchnahme vorbeugenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes folgt auch nicht aus der von der Antragstellerin geäußerten Erwartung, dass das Verwaltungsgericht eine gegen ein Einleitungsverbot gerichtete (zukünftige) Anfechtungsklage abweisen und die Berufung gegen dieses Urteil nicht zulassen werde. Selbst wenn die mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, die im Zusammenhang mit dem (einen Zahlungsanspruch betreffenden) Verfahren Az. W 2 K 12.864 von den zuständigen Richtern getätigt wurden, Rückschlüsse auf deren Rechtsauffassung bezüglich eines Anschluss- und Benutzungsrechts der Antragstellerin erlauben sollten, läge darin noch kein Grund, der Antragsgegnerin den Erlass der angekündigten Maßnahme zu untersagen. Vorbeugender Rechtsschutz kommt nur in Betracht, wenn nachträglicher Rechtsschutz zu spät käme oder aus anderen Gründen nicht mehr effektiv gewährt werden könnte, nicht aber dann, wenn eine - nach der Meinung des Rechtssuchenden - „unrichtige“ Entscheidung des zuständigen Gerichts droht. Auch das allgemeine Interesse daran, eine rechtliche Streitigkeit möglichst bald einer abschließenden Klärung in höherer Instanz zuzuführen und damit Rechts- und Dispositionssicherheit zu erlangen, rechtfertigt allein noch keine vorgreifliche gerichtliche Entscheidung. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, durch eine vorweggenommene rechtliche Bewertung angekündigter behördlicher Maßnahmen den Bürgern das Risiko rechtlicher oder wirtschaftlicher Fehlentscheidungen abzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 8 C 5/85 - NVwZ 1986, 1011/1012).

b) Da aus den vorgenannten Gründen derzeit nichts dafür spricht, dass die Antragstellerin schon vor dem (möglichen) Erlass des Einleiteverbots irreversible rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile zu befürchten hätte oder ihr die Rechtsverfolgung ohne eine vorläufige gerichtliche Regelung wesentlich erschwert werden könnte, fehlt es überdies an dem nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsgrund.

Die Verweisung auf die in der Hauptsache bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten, insbesondere in Gestalt einer Feststellungsklage, ist für die Antragstellerin auch nicht deshalb unzumutbar, weil nach ihrer schriftsätzlich geäußerten Auffassung das Verhalten der Antragsgegnerin gegen straf-, wettbewerbs- und vergaberechtliche Vorschriften, gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und das Verbot der Sittenwidrigkeit sowie gegen fernstraßenrechtliche Zuständigkeitsbestimmungen verstößt. Ob die diesbezüglichen Darlegungen rechtlich zutreffend sind, kann hier offenbleiben. Denn die Dringlichkeit eines Eilrechtsschutzbegehrens, aus der sich ein Anordnungsgrund ergeben kann, bestimmt sich nicht nach der Art und Schwere der Rechtsverstöße, die der jeweiligen Gegenseite vorgeworfen werden, sondern allein danach, wie gravierend die Nachteile sind, welche die Antragstellerseite bis zu einer möglichen Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich hinzunehmen hätte. Dass sich solche rechtlichen oder faktischen Beeinträchtigungen aus den von der Antragstellerin geltend gemachten objektivrechtlichen Verstößen ergeben könnten, ist nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die behauptete Strafbarkeit des Vorgehens der Antragsgegnerin. Denn selbst wenn die im Anhörungsschreiben vom 28. November 2014 erfolgte Verknüpfung der Kostenforderung mit der Androhung eines Einleitungsverbots als versuchte Erpressung zu qualifizieren wäre, ergäbe sich daraus noch kein unabweisbarer konkreter Handlungszwang, dem im Wege einer einstweiligen Anordnung entgegengetreten werden müsste. Der Antragstellerin kann auch insoweit zugemutet werden, sich gegen eine etwaige künftige Untersagungsverfügung mit einer Anfechtungsklage zur Wehr zu setzen oder das Bestehen eines Anschluss- und Benutzungsrechts bereits jetzt mittels einer Feststellungsklage gerichtlich klären zu lassen.

c) Wegen der fehlenden Voraussetzungen für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes und des nicht bestehenden Anordnungsgrunds kann die Beschwerde im Ergebnis keinen Erfolg haben, ohne dass es auf die von der Antragstellerin hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens erhobenen Rügen einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungs- und Anhörungspflicht ankäme. Keiner weiteren Prüfung 24 bedarf auch die Frage, ob ein Anordnungsgrund in Form eines materiell-rechtlichen Anspruchs vorliegt, der sich aus einem satzungsrechtlich oder vertraglich begründeten Anschluss- und Benutzungsrecht der Antragstellerin ergeben könnte. Diese Streitfrage hat der Senat entgegen der Auffassung der Beteiligten bisher weder im Beschluss vom 5. Mai 2014 (Az. 4 C 14.449 - juris Rn. 13) noch im Urteil vom 3. November 2014 (Az. 4 N 12.2074 - BayVBl 2015, 455 Rn. 23) abschließend geklärt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 4 CE 15/273

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 4 CE 15/273

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 4 CE 15/273 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen


(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten. (2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 20 Verbotenes Verhalten von Unternehmen mit relativer oder überlegener Marktmacht


(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Wei

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 17 Erfordernis der Planfeststellung und vorläufige Anordnung


(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße 1. um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 15 Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen


(1) Betriebe an den Bundesautobahnen, die den Belangen der Verkehrsteilnehmer der Bundesautobahnen dienen (z. B. Tankstellen, bewachte Parkplätze, Werkstätten, Verlade- und Umschlagsanlagen, Raststätten) und eine unmittelbare Zufahrt zu den Bundesaut

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 4 CE 15/273 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 4 CE 15/273 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 03. Nov. 2014 - 4 N 12.2074

bei uns veröffentlicht am 03.11.2014

Tenor I. § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 17 Abs. 3 der Entwässerungssatzung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2011 werden für unwirksam erklärt. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt. II. Die Antragstellerin

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. Juni 2016 - 2 C 18/15

bei uns veröffentlicht am 23.06.2016

Tatbestand 1 Das Revisionsverfahren betrifft die Wahrnehmung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten an einer Universität. Im Streit steht die Frage, ob einem Lehrstuhlin

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 08. Dez. 2011 - 2 B 106/11

bei uns veröffentlicht am 08.12.2011

Gründe 1 Die Beschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der Divergenz und der

Referenzen

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Tenor

I.

§ 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 17 Abs. 3 der Entwässerungssatzung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2011 werden für unwirksam erklärt. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat 9/10, die Antragsgegnerin 1/10 der Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten des Verfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Streitparteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Streitpartei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin betreibt Rastanlagen an Autobahnen des Bundes und wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Satzung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2011 für die öffentliche Entwässerungsanlage (Entwässerungssatzung - EWS).

Mit Schriftsätzen vom 13. September 2012 griff die Antragstellerin mehrere Satzungen der Antragsgegnerin im Wege der Normenkontrolle an. Die Verfahren bezüglich der Beitrags- und Gebührensatzung zur EWS und zu einer Änderungssatzung zur Beitrags- und Gebührensatzung zur EWS sowie bezüglich einer Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung (Kläranlage) und der Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung (Kanal) sowie von Änderungssatzungen hierzu sind beim 20. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes anhängig (Az. 20 N 12.2098, 20 N 13.1718, 20 N 13.2279, 20 N 13.2278, 20 N 12.2099 und 20 N 12.2100). Die dortigen Akten wurden beigezogen, die Antragstellerin hat darin Akteneinsicht genommen.

Die streitgegenständliche Entwässerungssatzung vom 21. Oktober 2011 wurde vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 20. Oktober 2011 beschlossen, vom Bürgermeister der Antragsgegnerin am 21. Oktober 2011 ausgefertigt und am 24. Oktober 2011 durch Niederlegung in der Verwaltung der Antragsgegnerin und Hinweis hierauf auf den Amtstafeln der Gemeinde vom 24. Oktober 2011 bis 25. November 2011 bekanntgemacht. Die Satzung beschreibt den Betrieb der öffentlichen Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin, trifft Bestimmungen zum Anschluss- und Benutzungsrecht sowie zum Anschluss- und Benutzungszwang, legt Anforderungen an Grundstücksanschlüsse und Grundstücksentwässerungsanlagen sowie deren Überwachung fest, regelt Einleitungsverbote und Einleitungsbedingungen und enthält Vorschriften zu Abwasseruntersuchungen, zur Haftung, zur Grundstücksbenutzung und zu Ordnungswidrigkeiten. Die Satzung trat gemäß ihrem § 22 Abs. 1 am 27. Oktober 2011 in Kraft, gemäß § 22 Abs. 2 EWS trat gleichzeitig die EWS vom 5. August 2011 außer Kraft.

§ 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EWS haben folgenden Wortlaut:

„Der Grundstückseigentümer ist verpflichtet, die von ihm zu unterhaltenden Grundstücksentwässerungsanlagen in Abständen von zehn Jahren durch einen fachlich geeigneten Unternehmer auf Bauzustand, insbesondere Dichtigkeit und Funktionsfähigkeit, untersuchen und festgestellte Mängel beseitigen zu lassen. Über die durchgeführten Untersuchungen und über die Mängelbeseitigung ist der Gemeinde eine Bestätigung des damit beauftragten Unternehmers vorzulegen.“

§ 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EWS haben folgenden Wortlaut:

„Die Gemeinde kann eingeleitetes Abwasser jederzeit, auch periodisch, auf Kosten des Grundstückseigentümers untersuchen lassen. Auf die Überwachung wird in der Regel verzichtet, soweit für die Einleitung in die Sammelkanalisation eine Genehmigung nach § 58 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vorliegt und die dafür vorgeschriebenen Untersuchungen, insbesondere nach der Abwassereigenüberwachungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung, ordnungsgemäß durchgeführt und der Gemeinde vorgelegt werden.“

§ 17 Abs. 3 EWS hat folgenden Wortlaut:

„Die Beauftragten der Gemeinde und die Bediensteten der für die Gewässeraufsicht zuständigen Behörden können die anzuschließenden oder die angeschlossenen Grundstücke betreten, wenn dies zur Durchführung der in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen erforderlich ist.“

Im Antragsschriftsatz vom 13. September 2012 beantragt die Antragstellerin,

festzustellen, dass die Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin (Entwässerungssatzung - EWS) vom 21. Oktober 2011 nichtig ist.

In mehreren Schreiben (v. 25.10.2012, 13.2.2013 und 20.2.2014) bemängelte die Antragstellerin, dass die vorgelegten Unterlagen der Antragsgegnerin unvollständig seien. Den vorgelegten Ordnern lasse sich der Verlauf des Normgebungsverfahrens im Hinblick auf die angegriffenen Satzungen nicht entnehmen. Es fehlten etwa die Korrespondenz der Antragsgegnerin mit dem Bayerischen Gemeindetag, dem beauftragten Satzungsbüro M., mit dem tiefbautechnischen Büro K., mit der Firma R. Kommunalberatung und mit den Rechtsanwälten der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin bemängelte weiter, dass auch die Entwässerungssatzung der Antragsgegnerin vom 5. August 2011 nicht vorgelegt worden sei. Gleiches gelte für die Entwässerungssatzungen der Antragsgegnerin und ihrer Rechtsvorgänger, die in der Zeit vom 1. Januar 1970 bis 5. August 2011 in Kraft gewesen seien.

Mit Schriftsatz vom 27. März 2013 begründete die Antragstellerin ihren Normenkontrollantrag. Bezüglich der angegriffenen EWS führte sie zunächst nur aus, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS vorsehe, dass die Antragsgegnerin eingeleitetes Abwasser jederzeit, auch periodisch, auf Kosten des Grundstückseigentümers untersuchen lassen könne. Die Antragstellerin sei Eigentümerin mehrerer Flurstücke. Der Grundstückseigentümer sei danach unabhängig vom Anlass oder dem Ergebnis der Untersuchung verpflichtet, die Kosten für von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwasseruntersuchungen zu tragen. Es fehle jedoch an einer gesetzlichen Grundlage, einem Grundstückseigentümer die Kosten für anlassunabhängige Abwasseruntersuchungen aufzuerlegen. Art. 5 KAG ermächtige die Antragsgegnerin, Beiträge zu erheben. Art. 8 KAG ermögliche es ihr, Gebühren zu erheben. Art. 9 KAG sehe einen Kostenerstattungsanspruch für die Errichtung von Grundstücksanschlüssen vor. Eine Kostenerstattung für nicht anlassbezogene Abwassermessungen durch die Antragsgegnerin werde hiervon nicht erfasst. Die Antragsgegnerin führe Abwassermessungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS allein im Interesse der Allgemeinheit durch. Kosten, die beim Betrieb der Entwässerungseinrichtung im Interesse der Allgemeinheit entstünden, seien aber über Gebühren auf alle Anschlussnehmer umzulegen. Eine Inanspruchnahme eines einzelnen Grundstückseigentümers mittels eines Kostenerstattungsanspruchs sei nicht zulässig. Mangels gesetzlicher Grundlage sei § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS daher nichtig.

Mit Schriftsatz vom 20. September 2013 erwiderte die Antragsgegnerin und verwies hinsichtlich der Sachverhaltsschilderung zunächst auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg (Az. W 2 K 11.1038 v. 9.5.2012, Bl. 62 d. VGH-Akte). Es bestünden bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags, nachdem sich die Antragstellerin nicht darauf berufen könne, durch die Regelungen der EWS beschwert zu sein, so dass es bereits an einer Antragsbefugnis fehle. Dies folge daraus, dass eine beitragsrechtliche Inanspruchnahme der Antragstellerin auf Grundlage der gegenständlichen EWS nicht vorgesehen sei. Vielmehr folge die Verpflichtung der Antragstellerin zur Beteiligung an den Investitionskosten für die geplante Verbesserungsmaßnahme aus der im Jahr 1970/1973 zwischen der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin und der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin getroffenen Sondervereinbarung gemäß § 7 EWS, welche Gegenstand eines derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg anhängigen Verfahrens (Az. W 2 K 12.864) sei. Der Normenkontrollantrag sei jedoch auch unbegründet, da Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der EWS nicht vorlägen. Die Antragstellerin verkenne, dass der Satzungstext in § 17 Abs. 2 Satz 1 der EWS dem mit der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 6. März 2012 (Az. 1 B 1-1405.12-5, AllMBl. 3/2012, 182 ff.) veröffentlichten Text der Mustersatzung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern entspreche. Zudem habe das VG Augsburg mit Urteil vom 3. März 1993 (Au 5 K 90.1903 - GK 254/1994) die Regelung in § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS der Mustersatzung für zulässig erachtet. Der Normenkontrollantrag sei daher kostenpflichtig zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 14. November 2013 beteiligte sich die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren, äußerte sich jedoch nicht zur Sache.

Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2014 betonte die Antragstellerin, dass sie bezüglich der von der Antragsgegnerin benannten Sondervereinbarung nicht Rechtsnachfolgerin des an der Vereinbarung aus dem Jahr 1970 beteiligten Autobahnbauamtes bzw. der Autobahndirektion sei. Mit einer Vereinbarung aus dem Jahr 1970 und einer Ergänzungsvereinbarung aus dem Jahr 1973 möge ein vertragliches Benutzungsverhältnis zur Entwässerung der Rastanlagenflächen begründet worden sein. Dieses ursprünglich durch Vertrag begründete Benutzungsverhältnis sei aber später durch eine Ausdehnung des örtlichen Geltungsbereichs der jeweiligen EWS der Antragsgegnerin zu einem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis beruhend auf einem Anschluss- und Benutzungsrecht nach der jeweiligen EWS geworden.

Mit weiterem Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 vertiefte die Antragstellerin ihren Vortrag zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS.

Darüber hinaus sei auch die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 EWS nichtig. Die Bestimmung, wonach ein Grundstückseigentümer verpflichtet sei, die von ihm zu unterhaltenden Grundstücksentwässerungsanlagen in Abständen von zehn Jahren durch einen fachlich geeigneten Unternehmer auf den Bauzustand untersuchen und festgestellte Mängel beseitigen zu lassen, sei unverhältnismäßig. Mit dieser Bestimmung gehe die Antragsgegnerin deutlich über das hinaus, was die Bayerische Staatsregierung in der Mustersatzung für eine gemeindliche Entwässerungssatzung vom 6. März 2012 vorsehe. Die Antragsgegnerin ordne demgegenüber doppelt so häufig eine vorsorgliche Überprüfung der Grundstücksentwässerungsanlage an. Die Mustersatzung sehe nämlich eine Untersuchung auf Mängelfreiheit lediglich in Abständen von jeweils 20 Jahren ab Inbetriebnahme vor. Da es sich bei § 12 Abs. 1 EWS um eine belastende Regelung handle, sei diese nur zulässig, wenn sie erforderlich sei. Hieran fehle es. Grundstücksentwässerungsanlagen seien regelmäßig so konstruiert, dass sie eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten aufwiesen. Es sei nicht erforderlich, bereits nach zehn Jahren zu überprüfen, ob die Anlagen noch in einem ausreichenden baulichen Zustand seien.

Auch die Regelung in § 17 Abs. 3 EWS sei nichtig. Diese Vorschrift verstoße gegen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG und Art. 106 Abs. 3 BV. Das Grundrecht schütze nicht nur Wohnungen im engeren Sinne, sondern gewährleiste weitergehend die Unverletzlichkeit von privaten Grundstücken insgesamt. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe in einem Popularklageverfahren die Anforderungen an ein gemeindliches Betretungsrecht zur Überprüfung von Trinkwasserversorgungsanlagen konkretisiert und Art. 24 Abs. 3 GO einer verfassungskonformen einschränkenden Auslegung unterzogen (VerfGH, U. v. 10.10.2007 - Vf. 15-VII-06 - juris Rn. 16). Demzufolge dürfe eine Gemeinde ein Be-tretungsrecht nur vorsehen, wenn es der Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung diene. Nach § 17 Abs. 3 EWS könnten Beauftragte der Gemeinde die angeschlossenen Grundstücke jedoch jederzeit betreten. § 17 Abs. 3 EWS weiche auch von § 20 Abs. 1 Satz 1 der bereits genannten Mustersatzung ab, die im Jahr 2012 mit Hinblick auf die genannte Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und den Wortlaut von Art. 24 Abs. 3 GO angepasst worden sei. § 17 Abs. 3 EWS berücksichtige diese von der Bayerischen Staatsregierung als verfassungsrechtlich geboten angesehenen Beschränkungen des Betretungsrechts nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die hierzu erstellte Niederschrift verwiesen.

Gründe

Der Antrag, die am 27. Oktober 2011 in Kraft getretene Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin (Entwässerungssatzung - EWS) vom 21. Oktober 2011 für unwirksam zu erklären, hat nur teilweise Erfolg. Der Antrag ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Für die im Tenor genannten Teile der EWS fehlt es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.

1. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Hinsichtlich der Antragsbefugnis kann der Senat offen lassen, ob die Antragstellerin als tatsächlich an die Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin angeschlossenes Unternehmen unmittelbar dem Regelungsregime der EWS unterliegt oder gemäß § 7 Abs. 2 der EWS aufgrund einer früher abgeschlossenen Sondervereinbarung in entsprechender Weise den Bestimmungen dieser Satzung unterliegt. Sie ist in jedem Fall von den Regelungen der Satzung betroffen. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass die Antragstellerin i. S. d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt ist. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten.

2. Formelle Fehler der Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Satzung wurde ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen mit einstimmigem Gemeinderatsbeschluss vom 20. Oktober 2011 beschlossen. Sie wurde vom ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt und gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 2 GO durch Niederlegung und Bekanntmachung der Niederlegung durch Anschlag an den Gemeindetafeln der Antragsgegnerin bekannt gemacht. Der Senat hat davon abgesehen, die von der Antragstellerin benannten weiteren Unterlagen zur Entstehungsgeschichte der Satzung anzufordern, weil für derartige Unterlagen (etwa Schriftverkehr der Antragsgegnerin mit beratenden Dritten) keine Entscheidungserheblichkeit vorgetragen oder ersichtlich ist. Irgendwelche Motive der Antragsgegnerin oder die Rechtsmeinungen Dritter sind für das Normenkontrollverfahren unerheblich, weil es nur auf das vom Gemeinderat letztlich beschlossene Normsetzungsergebnis ankommt. Das Normenkontrollverfahren dient nur zur Überprüfung des Inhalts der angegriffenen Norm, nicht aber zu einer Aufklärung des vorangegangenen gemeindeinternen Willensbildungsprozesses.

3. In materieller Hinsicht sind einige der in der Satzung enthaltenen Grundrechtseingriffe nicht von einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm gedeckt. Im Einzelnen:

a) Das Betretungsrecht, das in § 17 Abs. 3 EWS geregelt ist, bedarf einer gesetzlichen Ermächtigung (vgl. BayVGH, U. v. 20.5.1999 - 23 B 98.3295 - juris Rn. 22). Eine solche gesetzliche Ermächtigung findet sich in Art. 24 Abs. 3 GO (der nach der Vorgabe des VerfGH verfassungskonform auszulegen ist, vgl. VerfGH vom 10.10.2007 - Vf. 15-VII-06 - juris Rn. 17). Die streitgegenständliche EWS hält sich jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht an die dort normierte Vorgabe, sondern geht darüber hinaus. Abweichend von der gesetzlichen Ermächtigung regelt sie Betretungsrechte auch für Bedienstete anderer (staatlicher) Behörden; zudem fehlen die im Gesetz enthaltenen weiteren Beschränkungen, wonach das Betreten nur zu angemessener Tageszeit und im erforderlichen Umfang zulässig ist. § 17 Abs. 3 EWS ist daher für unwirksam zu erklären.

b) Für die in § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS angeordnete Kostentragungspflicht der Grundstückseigentümer für von der Gemeinde (auch ohne Anlass und periodisch) durchgeführte Abwasseruntersuchungen fehlt es an einer formell-gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Satzungsbestimmungen, die in Freiheit und Eigentum des Bürgers eingreifen, lassen sich nicht auf die allgemeine Satzungsautonomie der Gemeinde (Art. 23 Satz 1 GO) stützen, sondern bedürfen einer speziellen Ermächtigungsgrundlage in einem förmlichen Gesetz (BayVGH, U. v. 14.7.2011 - 4 N 10.2660 - juris mit Hinweis auf BVerfG vom 9.5.1972 BVerfGE 33, 125/159; VerfGH vom 17.12.1969 VerfGH 22, 138/143; BVerwG vom 3.7.1958 BVerwGE 6, 247/250 ff.; BayVGH vom 22.1.1992 VGH n. F. 45, 65/68 f. = BayVBl. 1992, 337 m. w. N.). Darunter fällt auch die Überbürdung finanzieller Lasten (vgl. VGH BW, U. v. 16.8.2002 -8 S 455/02 - juris Rn. 19), die als wirtschaftliche Belastung in das Vermögen des Anschlussnehmers eingreift und damit zumindest dessen allgemeine Handlungsfreiheit beeinträchtigt (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 BV). Dementsprechend findet sich in Art. 24 GO für die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinden eine Aufzählung von Verpflichtungen, die der kommunale Satzungsgeber den Einrichtungsbenutzern auferlegen darf. Keine dieser Ermächtigungsnormen deckt jedoch die angegriffene Bestimmung.

Bei den verlangten Kosten für von der Gemeinde durchgeführte Abwasseruntersuchungen handelt es sich weder um Beiträge gemäß Art. 5 KAG noch um Benutzungsgebühren gemäß Art. 8 KAG. Art. 9 Abs. 1 KAG erlaubt den Gemeinden nur, die Kosten für den Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung des sich nicht im öffentlichen Straßengrund befindlichen Teils eines Grundstücksanschlusses an Versorgungs- und Entwässerungseinrichtungen in der tatsächlichen Höhe oder nach Einheitsätzen vom Grundstückseigentümer erstattet zu verlangen. Eine Regelung für Kosten, die aufgrund von Abwasseruntersuchungen entstehen, findet sich darin nicht.

Auch auf Art. 20 des Kostengesetzes (KG) kann sich die angegriffene Satzungsregelung nicht stützen. Art. 20 Abs. 1 KG sieht vor, dass die Gemeinden für ihre Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis Kosten erheben können, die Erhebung der Kosten ist durch Kostensatzungen zu regeln. Unabhängig von der Frage, ob man die EWS überhaupt als „Kostensatzung“ ansehen könnte, fehlt es jedoch schon an einem Kostenschuldner für eine Amtshandlung im Sinne des KAG. Gemäß Art. 2 Abs. 1 KAG ist nämlich zur Zahlung der Kosten für Amtshandlungen verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst, im Übrigen diejenige Person, in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wird. Für eine nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS „jederzeit periodisch“ vorgenommene Abwasseruntersuchung durch die Gemeinde bedarf es aber nach dem Willen des Satzungsgebers keiner speziellen Veranlassung durch den angeschlossenen Grundstückseigentümer. Die Untersuchung wird auch nicht in dessen Interesse durchgeführt, sondern im Interesse der Gemeinde als Träger der öffentlichen Entwässerungsanlage, die mit den Untersuchungen das Ziel verfolgt, ihre Anlage und ihre Beschäftigten zu schützen sowie ihre eigenen wasserrechtlichen Verpflichtungen einhalten zu können. 30 Auch auf die allgemeine Satzungsermächtigung in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO lässt sich die Satzungsvorschrift nicht stützen, weil es beim Kostenersatz für eine von der Gemeinde vorgenommene Handlung nicht um die Regelung der „Benutzung“ der Entwässerungsanlage geht. Selbst bei weiter Auslegung des Begriffes „Benutzung“ können Benutzungsentgelte oder sonstige Kosten nicht auf Art. 24 GO gestützt werden (vgl. Prandl/Zimmermann/Büchner, Art. 24 GO, Rn. 6). Die Befugnis zur Festlegung der Benutzungsbedingungen erstreckt sich nicht auf die Regelung der Kostenfrage, für welche die speziellen Regelungen des Kommunalabgabengesetzes gelten (vgl. OVG NRW, U. v. 10.2.2011 - 15 A 405/10 - juris; OVG NRW, U. v. 14.3.1997 22 A 1438/96 - juris; VG Magdeburg, U. v. 13.12.2007 - 9 A 161/07 - juris; a. A. Hess.VGH, B. v. 23.6.1986 - 5 TH 29/85 - juris Rn. 3 für eine satzungsrechtliche Gebührenregelung betreffend gewerbliche Abwässer; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 10.5.1990 -12 A 82/89 - NVwZ-RR 1991, 38 für Benutzungsgebühren betreffend gewerbliche Abwässer; VG Augsburg, B. v. 3.3.1993 - Au 6 K 90.A.1093 - GK 1994/254 jedoch ohne Hinweis, auf welche gesetzliche Ermächtigung sich die fragliche Satzungsbestimmung stützen soll). Bei der eigenen anlasslosen und periodischen Untersuchung der eingeleiteten Abwässer kommt die Gemeinde im öffentlichen Interesse ihren eigenen Betreiberpflichten (nämlich der Anlagenüberwachung, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS) nach, deren finanzielle Folgen sich nicht auf einzelne Anschlussnehmer überwälzen lassen.

Die Unwirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS erfasst auch den darauf folgenden Satz 2 dieser Vorschrift, weil dieser Satz ohne den Satz 1 keinen Sinn mehr macht und mit Satz 1 untrennbar zusammenhängt.

c) Die Antragstellerin hält weiter § 12 Abs. 2 Satz 1 EWS für nichtig, weil darin ein Untersuchungsintervall von zehn Jahren geregelt ist, während § 12 Abs. 1 der 2012 neu bekannt gemachten Mustersatzung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern (vom 6.3.2012 - AllMBl. S. 182 ff., abgedruckt bei Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Band 3 Teil VI, EWS/FES) nunmehr ein Prüfungsintervall von 20 Jahren vorsieht. Die Bayerische Staatsregierung habe mit der neuen Mustersatzung eine abgewogene Regelung getroffen, die einen Ausgleich schaffe zwischen vorsorglicher Gefahrerkundung und dem Recht des Grundstückseigentümers, nicht ohne einen konkreten Anlass in Anspruch genommen zu werden. Für eine Überprüfung von Entwässerungsanlagen in einem Abstand von lediglich zehn Jahren bestehe keine Notwendigkeit.

Der Auffassung, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 EWS aus den vorgenannten Gründen unwirksam sei, kann sich der erkennende Senat nicht anschließen. Die Antragstellerin verkennt, dass die Antragsgegnerin kraft der ihr zukommenden Satzungshoheit ein weites Regelungsermessen hat, dessen Ausübung insbesondere nicht auf die bloße Übernahme von Regelungen einer Mustersatzung beschränkt ist. Die Mustersatzung ist kein verbindliches Recht, die Übernahme dieser Vorschriften oder einzelner Teile daraus steht den Gemeinden frei. Aus einer bloßen Abweichung zur Mustersatzung kann daher nicht ohne weiteres der Schluss auf die Nichtigkeit der entsprechenden gemeindlichen Vorschriften gestützt werden.

Dies gilt ebenso für eine Abweichung von DIN Vorschriften, hier insbesondere DIN 1986-30, auf deren Regelungsgehalt sich das Staatsministerium des Innern bei der Erläuterung seiner Mustersatzung aus dem Jahr 2012 gestützt hat (vgl. IMBek vom 6.3.2012 - IB1-1405.12-5 - AllMBl. S. 182 ff., Nr. 13 zu § 12, auch abgedruckt bei Thimet, a. a. O.; Apfelbeck, KommP BY 1/2012 S. 23 f. Nr. 1.2.3.2: keine Bindung der Gemeinde an eine in der genannten DIN-Vorschrift einst enthaltenen Prüfungsverpflichtung, die später geändert wurde). DIN-Vorschriften sind ebenfalls keine verbindlichen Rechtsvorschriften, sondern lediglich das Ergebnis einer in privater Hand befindlichen technischen Normung, die mangels demokratischer Legitimation und in der Regel auch fehlender freier Zugänglichkeit der Normungsergebnisse keine Verbindlichkeit beanspruchen können. Sie stellen keine Rechtsnormen dar, das Deutsche Institut für Normung hat keine Rechtsetzungsbefugnisse (BVerwG, B. v. 30.9.1996 - 4 B 175/96 - DÖV 1997, 303). Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Inhalte der DIN 1986-30 immer die sachverständige Konkretisierung desjenigen darstellen, was bei der Herstellung von Kanälen und Grundstücksanschlüssen anerkanntermaßen als regelgerecht gilt (woran Zweifel bestehen, weil einzelne Vorgaben dieser DIN, etwa starre Prüfpflichten bis 31.12.2015, auch wieder zurückgezogen wurden; vgl. BVerwG, B. v. 30.9.1996, a. a. O.: DIN-Norm ist anerkannte Regel der Technik nicht schon kraft ihrer Existenz, sie hat keinen Ausschließlichkeitsanspruch; siehe aber OVG Lüneburg, U. v. 10.1.2012 - 9 KN 162/10 - NVwZ-RR 2012, 286/289). Jedenfalls sieht der Senat nachvollziehbare Gründe, von den Annahmen in der DIN abzuweichen. Kernpunkt der EWS der Antragsgegnerin ist die Regelung des Anschluss- und Benutzungszwanges für die öffentliche Entwässerungsanlage. Dabei kann die Antragsgegnerin auch Satzungsvorschriften erlassen, die sicherstellen, dass die angeschlossenen Grundstückseigentümer ihr gesamtes Abwasser (d. h. also ohne Versickerungsverluste, vgl. Apfelbeck, KommP BY 5/2012, S. 171; OVG Lüneburg, U. v. 10.1.2012 - 9 KN 162/10 - NVwZ-RR 2012, 286/287) der Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin zuführen und dass möglichst wenig Fremdwasser in die Anlage eindringt (vgl. Pannier, KommJur 2012, 291). Bei der Frage, inwieweit und mit welchem Grad an Gewissheit die Beklagte als Normgeberin die Sicherstellung dieser Abwasserüberlassungspflicht durchsetzen will, steht ihr ein weiter Regelungsspielraum zur Verfügung. Eine Gemeinde kann hierbei beispielsweise auch berücksichtigen, in welchem Umfang etwa schon ältere, bislang möglicherweise noch gar nicht überprüfte Grundstücksentwässerungsanlagen in ihre Entwässerungsanlage einleiten. Auf diesen örtlichen Umstand hat der erste Bürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Die Antragstellerin übersieht auch, dass die EWS der Antragsgegnerin anders als die bei Satzungserlass noch nicht bekannte Mustersatzung 2012 weniger weit gehende Regelungen etwa für die erstmalige Prüfung neu angeschlossener Grundstücksentwässerungsanlagen enthält (vgl. hierzu Apfelbeck, KommP BY 1/2012 S. 23 f. Nr. 1.2.2.2: Prüfung durch einen nicht an der Bauausführung beteiligten fachlich geeigneten Unternehmer) und Übergangsvorschriften (zum Wechselspiel zwischen Prüfungsintervall und Übergangsvorschrift vgl. Apfelbeck, a. a. O., Nr. 1.2.3.2) nicht vorsieht. Diese Unterschiede rechtfertigen es ohne Weiteres, von dem in der aktuellen Mustersatzung enthaltenen Prüfungsintervall nach unten abzuweichen und den bisher über Jahrzehnte hinweg allgemein anerkannten (vgl. IMBek vom 25.7.1990 Nr. II E 8 - 4414.30 - San/003/90, AllMBl. Nr. 17/1990, S. 633) Prüfungsturnus beizubehalten (so im Ergebnis auch Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Band 1 Teil II Frage 11 Nr. 9.6). Dass im Gebiet der Antragsgegnerin für eine Überprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen im Abstand von zehn Jahren keine Notwendigkeit (mehr) bestünde, hat die Antragstellerin demgegenüber nicht substantiiert dargetan. Anhaltspunkte dafür, dass Grundstückseigentümer durch eine derartige Überprüfungspflicht unzumutbar beeinträchtigt werden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Regelung ist auch geeignet und erforderlich, das von der Gemeinde gewünschte Regelungsergebnis (Sicherstellung des Anschluss- und Benutzungszwanges) zu erreichen.

d) Weitere materielle Rechtsverstöße sind weder von der Antragstellerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Senat sieht keinen Grund, die ihm prinzipiell obliegende Amtsermittungspflicht zum Anlass zu nehmen, gleichsam ungefragt in eine durch das Vorbringen der Beteiligten nicht veranlasste weitere Fehlersuche einzutreten (OVG Saarl, U. v. 17.12.2009 - 2 C 432/09 - juris Rn. 36 und 85; Hess VGH, B. v. 31.1.2013 - 5 C 1850/10.N - juris Rn. 28 mit Hinweis auf BVerwG, B. v. 4.10.2006 - 4 BN 26/06 - NVwZ 2007, 233).

4. Die vom Senat festgestellte Unwirksamkeit einzelner Satzungsnormen (§ 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 17 Abs. 3 EWS) hat nicht die Ungültigkeit der gesamten Satzung zur Folge, wie es die Antragstellerin angesichts ihres weit gefassten Antrags offenbar erstrebt. Wesentlicher Inhalt der Satzung sind die Bestimmungen zum Anschluss- und Benutzungsrecht bzw. -zwang sowie die Regelungen über die erlaubterweise einzuleitenden Stoffe. § 17 EWS regelt mit Blick auf die übrigen Satzungsvorschriften lediglich einen Randbereich des Betriebs der Einrichtung, wobei § 17 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 Satz 3 EWS wirksam bleiben. Weil zudem § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS der Gemeinde das jederzeitige Recht zur Überprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen und zur Entnahme und Messungen von Abwasserproben gibt, ist die Annahme einer Gesamtnichtigkeit der Satzung aufgrund des Wegfalls von § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 und § 17 Abs. 3 EWS fernliegend. Die vom Senat für unwirksam erklärten Vorschriften sind im Vergleich zum Gesamtinhalt der Satzung von nur untergeordneter Bedeutung. Es ist ohne weiteres anzunehmen, dass die Antragsgegnerin die EWS auch ohne diese jetzt beanstandeten Normen erlassen hätte, denn die Restregelung bleibt ohne den unwirksamen Teil sinnvoll (zu diesem Maßstab Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 47 Rn. 93).

5. Da lediglich einzelne Bestimmungen der angegriffenen Satzung der Antragsgegnerin mit höherrangigem Recht nicht im Einklang stehen, war dem uneingeschränkten Normenkontrollantrag der Antragstellerin mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur teilweise stattzugeben. Angesichts des nur untergeordneten Erfolges der Antragstellerin hält der Senat eine Belastung der Antragsgegnerin mit den Verfahrenskosten in Höhe von einem Zehntel für angemessen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

6. Die Antragsgegnerin hat die Entscheidungsformel in derselben Weise zu veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Betriebe an den Bundesautobahnen, die den Belangen der Verkehrsteilnehmer der Bundesautobahnen dienen (z. B. Tankstellen, bewachte Parkplätze, Werkstätten, Verlade- und Umschlagsanlagen, Raststätten) und eine unmittelbare Zufahrt zu den Bundesautobahnen haben, sind Nebenbetriebe.

(2) Der Bau von Nebenbetrieben kann auf Dritte übertragen werden. Der Betrieb von Nebenbetrieben ist auf Dritte zu übertragen, soweit nicht öffentliche Interessen oder besondere betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Übertragung von Bau und Betrieb kann unter Auflagen und Bedingungen sowie befristet erfolgen; der Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage (§ 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) ist ausgeschlossen. Die Übertragung erfolgt unter Voraussetzungen, die für jeden Dritten gleichwertig sind. Dies gilt besonders für Betriebszeiten, das Vorhalten von betrieblichen Einrichtungen sowie Auflagen für die Betriebsführung. Hoheitliche Befugnisse gehen nicht über; die §§ 4, 17 und 18f bis 19a finden Anwendung.

(3) Für das Recht, einen Nebenbetrieb an der Bundesautobahn zu betreiben, hat der Konzessionsinhaber eine umsatz- oder absatzabhängige Konzessionsabgabe an den Bund zu entrichten. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates die Höhe der Konzessionsabgabe festzusetzen und die Voraussetzungen sowie das Verfahren zur Erhebung der Konzessionsabgabe zu regeln. Die Höhe der Konzessionsabgabe hat sich an dem Wert des wirtschaftlichen Vorteils auszurichten, der dem Konzessionsinhaber durch das Recht zuwächst, einen Nebenbetrieb an der Bundesautobahn zu betreiben; sie darf höchstens 1,53 Euro pro einhundert Liter abgegebenen Kraftstoffs und höchstens 3 vom Hundert von anderen Umsätzen betragen. Die Konzessionsabgabe ist an das Bundesamt für Logistik und Mobilität zu entrichten.

(4) Vorschriften über Sperrzeiten gelten nicht für Nebenbetriebe. Alkoholhaltige Getränke dürfen in der Zeit von 0.00 Uhr bis 7.00 Uhr weder ausgeschenkt noch verkauft werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tatbestand

1

Das Revisionsverfahren betrifft die Wahrnehmung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten an einer Universität. Im Streit steht die Frage, ob einem Lehrstuhlinhaber oder dem Dekan einer Fakultät diese Aufgabe für seinen Bereich übertragen werden kann.

2

Der Kläger zu 2. ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Zivilverfahrensrecht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität ...; im Jahr 2009 hatte er überdies das Amt des Dekans der Juristischen Fakultät inne.

3

Der Kläger zu 1. war während des Berufungsverfahrens, der im Revisionsverfahren in das Verfahren eingetretene Kläger zu 3. ist seit dem 4. November 2015 Dekan der Juristischen Fakultät der Universität ....

4

Mit Schreiben vom 8. April 2009 übertrug der Präsident der Universität ... dem Kläger zu 2. in seiner Eigenschaft als amtierender Dekan der Juristischen Fakultät "die dem Dienstherrn hinsichtlich des Arbeitsschutzes und der Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren obliegenden Pflichten".

5

Angesichts schwerwiegender Arbeitsunfälle an deutschen Universitäten sei es erforderlich, die Zuständigkeiten, die sich aus der Funktion des Leiters eines Bereichs ergäben, dezidiert zu definieren. Eine klare Zuständigkeitsverteilung aller Universitätsbereiche sei angezeigt. Zur Erleichterung der Aufgabe sei eine Aufstellung der wichtigsten möglichen Gefährdungen im Bereich des Klägers zu 2. beigefügt. Diese könne jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie sei entsprechend der im Bereich tatsächlich auftretenden zusätzlichen Gefährdungen zu ergänzen und auf dem Laufenden zu halten. Für die Beratung in Fragen der Arbeitssicherheit stehe der Sicherheitsingenieur der Universität gerne zur Verfügung.

6

In einem beigefügten Bestätigungsschreiben sollte der Kläger zu 2. erklären, dass ihm für die Juristische Fakultät eine ganze Reihe im Einzelnen aufgelisteter Pflichten zur Wahrnehmung in eigener Verantwortung übertragen worden sind. Bei manchen Aufgaben, etwa der "Prüfung, ob arbeitsmedizinische Vorsorgeaufwendungen erforderlich sind", war dabei der Zusatz angebracht: "soweit dies lehrstuhl- und institutsübergreifende Maßnahmen erfordert".

7

Ein gleichlautendes Schreiben mit Datum vom 9. April 2009 erhielt der Kläger zu 2. in seiner Funktion als Lehrstuhlinhaber. In dem dortigen Bestätigungsformular sollte er "für den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Zivilverfahrensrecht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte" die eigenverantwortliche Übernahme einer Reihe im Einzelnen aufgelisteter Pflichten bestätigen.

8

Hiergegen wandte sich der Kläger zu 2. mit Schreiben vom 18. Februar 2010. Die Wahrnehmung der Dienstherrnpflichten im Bereich der Arbeitssicherheit gehöre nicht zu den mit dem Amt eines Universitätsprofessors verbundenen Aufgaben. Eine solche Aufgabe könne ohne zugehörige Personal- und Sachausstattung auch nicht versehen werden. Schließlich sei es zweckwidrig und begründe ein Organisationsverschulden der Universitätsleitung, im Interesse der klaren Verantwortungszuweisung eine Vielzahl nicht klar abgegrenzter "Verantwortlichkeitsinseln" zu schaffen. Den Antrag auf Aufhebung der Übertragung lehnte der Präsident der Universität ... durch Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2010 ab.

9

Die vom Kläger zu 2. in seiner Funktion als Lehrstuhlinhaber sowie von seinem damaligen Nachfolger im Amt des Dekans vorbeugend gegen eine ihm angekündigte Verfügung erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen; die hiergegen erhobenen Berufungen hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Die vorbeugende Feststellungsklage des amtierenden Dekans sei bereits unzulässig, weil das hierzu erforderliche qualifizierte Rechtsschutzinteresse nicht gegeben und ihm ein Zuwarten zumutbar sei. Die Klage des Klägers zu 2. sei unbegründet. Die Übertragung der Dienstherrnpflichten im Bereich des Arbeitsschutzes auf einen Lehrstuhlinhaber stelle eine zulässige Ausübung der Organisationsgewalt des Dienstherrn dar. Sie verstoße weder gegen allgemeine beamtenrechtliche Vorschriften noch gegen sonstige Spezialregelungen. Nach dem Bayerischen Hochschulrecht gehöre zu den hauptberuflichen Pflichten eines Professors auch die Mitwirkung an der Verwaltung der Hochschule; dies umfasse auch den Bereich des Arbeitsschutzes. Die Aufgabenübertragung bewirke angesichts des mit ihr verbundenen minimalen Aufwands auch keinen Verstoß gegen die grundgesetzlich gewährleistete Wissenschaftsfreiheit. Bedenken an der erforderlichen Fachkunde des Klägers bestünden nicht. Schließlich sei die angefochtene Verfügung auch hinreichend bestimmt. Soweit der Kläger konkretere Umschreibungen vermisse, ergäben sich diese aus dem hohen Abstraktionsgrad der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten und dem Erfordernis einer Anpassung an konkrete Gefährdungslagen. Jedenfalls durch die klarstellenden Äußerungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung habe der Kläger zu 2. ausreichende Gewissheit über den ihm übertragenen Aufgabenbereich gewinnen können.

10

Mit der bereits vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Anliegen weiter. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des aus der Funktion des Dekans ausgeschiedenen Klägers zu 1. in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich mit dem Eintritt des Klägers zu 3. als nunmehr amtierenden Dekan der Juristischen Fakultät der Universität ... in das Verfahren einverstanden erklärt.

11

Die Kläger beantragen,

1. die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. Dezember 2012 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. April 2015 aufzuheben, soweit sie den Kläger zu 2. betreffen, und die an den Kläger zu 2. gerichtete Verfügung des Präsidenten der Universität ... vom 9. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2010 aufzuheben,

2. festzustellen, dass eine Übertragung von Arbeitgeberpflichten gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG auf den Kläger zu 3. als derzeit amtierenden Dekan der Juristischen Fakultät der Universität ... in der Fassung der an seinen Funktionsvorgänger (den Kläger zu 2.) ergangenen Verfügung des Präsidenten der Universität ... vom 8. April 2009 rechtswidrig wäre.

12

Der Beklagte hält die Feststellungsklage des Klägers zu 3. zwar für zulässig, die Klagen in der Sache aber aus den im Berufungsurteil ausgeführten Gründen für unbegründet. Er beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Prozesserklärungen der Beteiligten ist das in Bezug auf die Rechtsstellung des Dekans der Juristischen Fakultät geführte Verfahren hinsichtlich des Klägers zu 1. beendet und wird durch den Kläger zu 3. fortgeführt (1.). Die zulässige Revision der Kläger zu 2. und 3. ist begründet. Zwar sind die Vorschriften des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes über die Pflichtenstellung von Professoren nicht revisibel und damit auch nicht Maßstab für die revisionsgerichtliche Prüfung der streitgegenständlichen Verfügungen (2.). Die Übertragung von Aufgaben des Arbeitsschutzes auf Professoren ist auch dienstrechtlich nicht grundsätzlich zu beanstanden (3.). Das angefochtene Berufungsurteil verstößt aber gegen § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit - ArbSchG - vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246, zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. August 2015, BGBl. I S. 1474, 1537) und damit gegen revisibles Bundesrecht (4.).

14

1. Der Klägerwechsel ist zulässig.

15

a) Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Klägers zu 1. in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Vorentscheidungen sind insoweit wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

16

b) Der - einvernehmliche und sachdienliche - Eintritt des Klägers zu 3. in das Verfahren ist zulässig. Zwar sind Klageänderungen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO); das gilt auch für die Einbeziehung eines weiteren Klägers in den Prozess (BVerwG, Urteil vom 29. November 1982 - 7 C 34.80 - BVerwGE 66, 266 <267>). Ebenso wie der gesetzliche Parteiwechsel auch im Revisionsverfahren noch berücksichtigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2001 - 5 C 21.00 - NVwZ 2002, 483 <484> = juris Rn. 12 m.w.N.; zum Zuständigkeitswechsel auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 46.78 - BVerwGE 59, 221 <224>), besteht indes auch die Möglichkeit, einer zwischenzeitlich eingetretenen Funktionsnachfolge Rechnung zu tragen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 1987 - 10 RKg 5/85 - BSGE 62, 269 <270> m.w.N.). Angesichts des jährlichen Personenwechsels im Amt des Dekans der Juristischen Fakultät der hier betroffenen Universität ist eine höchstrichterliche Klärung der streitigen Rechtsfragen über die Pflichtenstellung eines Dekans nur möglich, wenn das eingeleitete Gerichtsverfahren vom jeweiligen Amtsinhaber fortgeführt werden kann. Die Konstellation des Funktionswechsels ist hinsichtlich der mit dem Amt verbundenen Pflichtenstellung daher mit derjenigen des gesetzlichen Parteiwechsels vergleichbar und rechtfertigt eine Berücksichtigung auch im Revisionsverfahren.

17

c) Das Begehren des neu eingetretenen Klägers zu 3. ist als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.

18

Die Beteiligten streiten aus konkretem Anlass über Umfang und Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und dem Kläger zu 3. in seiner Funktion als Dekan der Juristischen Fakultät. Der Beklagte hat auch im Revisionsverfahren bekräftigt, dass eine Übertragung der arbeitsschutzrechtlichen Dienstherrnpflichten auf den Kläger zu 3., wie in der Verfügung vom 8. April 2009 an seinen Amtsvorgänger geschehen, beabsichtigt ist und im Falle eines Obsiegens im anhängigen Rechtsstreit unmittelbar bevorsteht. Der Kläger zu 3. hat damit ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung der streitigen Fragen.

19

Allerdings ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert. Um den Grundsatz der Gewaltenteilung und das der Verwaltung zugewiesene Handlungsfeld nicht übermäßig und "anlasslos" zu beeinträchtigen, setzt die den Gerichten übertragene Kontrollfunktion gegen Maßnahmen der Behörden grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert daher regelmäßig den Erlass einer Maßnahme, der nachfolgend Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Anordnungen der Verwaltung ist daher grundsätzlich unzulässig.

20

Etwas anderes gilt indes dann, wenn dem Betroffenen ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht. Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt insbesondere bei drohenden Sanktionen vor, die - wie hier in § 25 Abs. 1 Nr. 2a und § 26 Nr. 2 ArbSchG - an verwaltungsrechtliche Vorfragen anknüpfen. Denn es ist nicht zumutbar, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen "von der Anklagebank herab" führen zu müssen. Der Kläger hat ein schutzwürdiges Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und "fachspezifischere" Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihm wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren droht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 - 1 BvR 2129/02 - NVwZ 2003, 856 <857>). Es ist weder sinnvoll noch zumutbar, dem Bürger in einem derartigen Schwebezustand die Möglichkeit der verbindlichen Klärung streitiger Fragen des öffentlichen Rechts zu verwehren.

21

Im Übrigen ist angesichts der hier durch den kurzen Rhythmus der Amtszeiten regelmäßig drohenden Erledigung andernfalls Hauptsacherechtsschutz faktisch nicht zu erreichen. Der Verweis auf den vorläufigen Rechtsschutz gewährleistet nicht die von allen Beteiligten angestrebte Klärung der streitigen Rechtsfragen und stellt damit keinen hinreichend effektiven Rechtsschutz dar.

22

2. Die Vorschriften des Landeshochschulrechts, nach denen zur hauptberuflichen Aufgabe eines Professors an bayerischen Universitäten auch die Mitwirkung an der Verwaltung der Hochschule gehört, sind nicht revisibel; dem Revisionsverfahren ist daher die vom Berufungsgericht insoweit für zutreffend erachtete Auslegung zugrunde zu legen.

23

a) Nach § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG kann die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.

24

Die in § 127 Nr. 2 BRRG angeordnete Ausdehnung des Prüfungsumfangs im Revisionsverfahren ist vom Wortlaut her weit gefasst und enthält keine ausdrückliche Beschränkung auf spezifisch beamtenrechtliche Vorschriften. Das einengende Verständnis, wonach "unter 'Landesrecht' im Sinne des § 127 Nr. 2 BBRG nur Landes-Beamtenrecht zu verstehen ist", entspricht aber ständiger Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 23. April 1970 - 2 C 43.68 - BVerwGE 35, 182 <185>). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Erweiterung des Prüfungsumfangs in Revisionsverfahren aus dem Beamtenverhältnis stets in Zusammenhang mit der Beamtenrechts-Rahmengesetzgebungsbefugnis des Bundes (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG a.F.) gesehen. Durch § 127 Nr. 2 BRRG soll danach "die Einheitlichkeit der Anwendung und der Fortentwicklung des gesamten im Bundesgebiet geltenden Beamtenrechts gewährleistet werden, wie sie auf dem Gebiete der Gesetzgebung durch die Beamtenrechts-Rahmengesetzgebung des Bundes angestrebt wird" (BVerwG, Urteil vom 23. April 1970 - 2 C 43.68 - BVerwGE 35, 182 <186>). Die Revisibilität ist demnach nur auf solche Gegenstände erweitert, "die entweder einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem allgemeinen Beamtenrahmenrecht des Bundes (Art. 75 Nr. 1 GG) haben oder doch zu dem System dieses Rahmenrechts, also zum eigentlichen Beamtenrecht gehören" (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1962 - 6 C 60.60 - BVerwGE 13, 303 <304 f.>; zusammenfassend Beschluss vom 7. Juli 2005 - 2 B 96.04 - Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 61 S. 1 f. = juris Rn. 6 m.w.N.). Hintergrund für die Erweiterung des Prüfumfangs der Revision in Klagen aus dem Beamtenverhältnis war demnach das "Bundesinteresse an Rechtseinheit" für die Sachgebiete des Art. 75 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 1960 - 2 BvF 5/58 - BVerfGE 10, 285 <296>). Dieses haben die Länder auch bei der Gestaltung ihres eigenen Landesbeamtenrechts zu beachten (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 10.02 - BVerwGE 118, 10 <12>).

25

Der Grund für die - auf dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG beruhende - bundesgesetzliche Anordnung der Revisibilität des Landesbeamtenrechts ist durch die Aufhebung der Rahmen-Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für das Beamtenrecht und die damit einhergehende Reföderalisierung der Gesetzgebungsbefugnisse im Bereich des Beamtenrechts nicht entfallen. Durch die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG für das Beamtenstatusrecht nunmehr unmittelbar angeordnete Gesetzgebungsbefugnis des Bundes besteht auch weiterhin ein Bedürfnis nach einheitlicher Anwendung bundesgesetzlicher Vorgaben im Bereich des Beamtenrechts. Dementsprechend ist § 127 Nr. 2 BRRG im Rahmen der Dienstrechtsneuordnung auch nicht aufgehoben worden (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Das Landesbeamtenrecht ist damit "unverändert" revisibel (BVerwG, Urteil vom 29. April 2010 - 2 C 77.08 - BVerwGE 137, 30 <31>).

26

Die Landesnorm im Sinne des § 127 Nr. 2 BRRG muss damit einen beamtenrechtlichen Inhalt haben. Nicht entscheidend ist dagegen, ob es sich ausdrücklich um eine Norm des Landesbeamtengesetzes handelt oder die Regelung in anderen Gesetzen enthalten ist. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob die Norm einen beamtenrechtlichen Inhalt hat und deshalb materiell dem Beamtenrecht zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 23. April 1998 - 2 C 19.97 - BVerwGE 106, 324 <327> für kommunalrechtliche Regelungen; Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 2 B 39.10 - ZTR 2011, 196 = juris Rn. 5 für Vorschriften der Landesgleichstellungsgesetze; Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 C 7.11 - Buchholz 237.95 § 208 SHLBG Nr. 1 Rn. 19 für personalvertretungsrechtliche Bestimmungen sowie Beschluss vom 10. Oktober 2013 - 2 B 61.13 - juris Rn. 1 für eine Norm des Schulgesetzes).

27

Materiell beamtenrechtlicher Natur ist eine Regelung nicht bereits dann, wenn sie Auswirkungen auf Beamte entfaltet - selbst wenn diese zwangsläufig eintreten und die Norm regelmäßig oder sogar zwingend Beamte betrifft (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2005 - 2 B 96.04 - Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 61 S. 1 = juris Rn. 6 zur Dienstaufsicht über den Datenschutzbeauftragten, der nach dem maßgeblichen Landesrecht immer im Beamtenverhältnis zu beschäftigen war). Beamtenrechtlich ist eine Regelung vielmehr erst, wenn ihr Regelungsgegenstand in einem sachlichen Zusammenhang mit den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses steht und sich auf einen beamtenrechtlichen Kontext bezieht (BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1982 - 2 C 59.81 - BVerwGE 66, 291 <292>; Beschluss vom 7. Juli 2005 - 2 B 96.04 - Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 61 S. 3 = juris Rn. 10). Dies gilt insbesondere, wenn die Regelung Auswirkungen auf das Statusverhältnis des Beamten hat.

28

Die Annahme scheidet daher aus, wenn die getroffene Anordnung organisatorischen Charakter hat und den spezifischen Erfordernissen eines anderen Rechtsgebiets geschuldet ist. Nicht zum revisiblen Beamtenrecht gehören deshalb Vorschriften zur Dienstaufsicht über den Datenschutzbeauftragten (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2005 - 2 B 96.04 - Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 61 S. 3 = juris Rn. 10), über die Schulferienregelung (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 1992 - 2 NB 2.92 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 36 S. 10 = juris Rn. 5) oder die Verpflichtung zur Gewährung eines Parkplatzes auf dem Schulgelände für Lehrer (BVerwG, Urteil vom 30. September 1986 - 2 C 30.83 - Buchholz 237.0 § 98 LBG Baden-Württemberg Nr. 1 S. 2 = juris Rn. 10), Bestimmungen zur Passivlegitimation bestimmter Behörden (BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 1985 - 2 C 20.83 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 28 S. 13 = juris Rn. 2) oder allgemeine personalvertretungsrechtliche Regelungen, die sich nicht "spezifisch" auf beamtenrechtliche Maßnahmen beziehen und die Frage regeln, ob und in welcher Weise die Personalvertretung an beamtenrechtlichen Maßnahmen zu beteiligen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 1986 - 2 B 131.85 - Buchholz 238.31 § 36 BaWüPersVG Nr. 2 S. 1 f. = juris Rn. 2 für das Nachrücken von Ersatzmitgliedern; Urteil vom 28. August 1986 - 2 C 67.85 - Buchholz 237.5 § 42 LBG Hessen Nr. 5 S. 8 f. = juris Rn. 16 für die Frage, durch wen sich der Dienststellenleiter bei der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens vertreten lassen kann; Urteil vom 12. März 1987 - 2 C 39.85 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 4 S. 2 f. = juris Rn. 18 für die Form der Begründung eines entsprechenden Antrags; Urteile vom 24. November 1983 - 2 C 9.82 - BVerwGE 68, 189 <194> und vom 9. Mai 1985 - 2 C 23.83 - Buchholz 238.31 § 77 PersVG BW Nr. 1 S. 3 = juris Rn. 10 für den Zeitpunkt der Anhörung der Personalvertretung; Urteil vom 24. November 1983 - 2 C 28.82 - Buchholz 237.6 § 39 LBG Niedersachsen Nr. 2 S. 7 f. = juris Rn. 16 für die Frage, durch wen die Erklärungen der Personalvertretung gegenüber der Dienststelle abzugeben sind).

29

b) Eine derartig beamtenrechtliche Norm im materiellen Sinne stellt Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen sowie des weiteren wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen - BayHSchPG - vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 230, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Juli 2014, GVBl. S. 286), wonach zu den hauptberuflichen Aufgaben eines Professors auch die Mitwirkung an der Verwaltung der Hochschule gehört, nicht dar.

30

Zwar betrifft die Vorschrift überwiegend Beamte, weil Professoren in der Regel verbeamtet werden (vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayHSchPG). Die Anordnung hat auch einen beamtenrechtlichen Aussagegehalt, weil sie den Aufgabenbereich beamteter Professoren ausgestaltet und präzisiert.

31

Die Regelung steht aber maßgeblich in einem sachlichen Zusammenhang mit den Besonderheiten des Hochschulrechts und ist den dort vorzufindenden spezifischen Erfordernissen von Wissenschaft und Lehre geschuldet. Sie stellt hierfür klar, in welchem Umfang Professoren über den in Art. 5 Abs. 3 GG geregelten Bereich hinaus zur Aufgabenwahrnehmung verpflichtet sind und herangezogen werden können. In ihrem Schwerpunkt steht die Anordnung in Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayHSchPG damit in einem hochschulrechtlichen Kontext. Auslegung und Anwendung richten sich nicht nach spezifisch beamtenrechtlichen Fragestellungen oder Erwägungen, sondern in Ansehung ihres hochschulrechtlichen Regelungszusammenhangs.

32

c) Entgegen dem Vorbringen der Revision folgt anderes auch nicht daraus, dass Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayHSchPG eine unveränderte Übernahme der rahmenrechtlichen Vorschrift aus § 43 Abs. 1 Satz 2 HRG a.F. in das Landesrecht darstelle.

33

Ungeachtet der Frage, ob hieraus auch in Ansehung der zwischenzeitlichen Regelungskompetenz des Landes eine Revisibilität folgen könnte (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13. Mai 1987 - 7 B 72.87 - Buchholz 402.43 § 12 MRRG Nr. 1 S. 1 und vom 10. September 1999 - 6 BN 1.99 - Buchholz 406.401 § 14 BNatSchG Nr. 1 S. 1 = juris Rn. 3), liegen die behaupteten Voraussetzungen nicht vor. Denn die in Bezug genommene Vorschrift des Hochschulrahmengesetzes ist durch das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom 27. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3835) mit Wirkung vom 31. Dezember 2004 geändert worden. Einen Satz 2 - in dem die Bezugnahme zur "Verwaltung" der Hochschule enthalten war - gab es im Zeitpunkt des Erlasses von Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayHSchPG danach nicht mehr.

34

Mit der Novellierung von § 43 HRG hat der Bundesgesetzgeber ausdrücklich eine Regelung der Landesgesetzgeber in eigener Zuständigkeit beabsichtigt. In der Entwurfsbegründung ist hierzu ausgeführt (BT-Drs. 15/4132 S. 14): "§ 43 enthält keine abschließende Regelung der dienstlichen Aufgaben der Hochschullehrer. Die insoweit bislang in § 43 enthaltenen näheren Bestimmungen, die zur Verdeutlichung des Rahmencharakters des HRG entfallen, bleiben in Zukunft dem Landesgesetzgeber überlassen."

35

Der bayerische Landesgesetzgeber hat mit Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayHSchPG also nicht eine rahmenrechtliche Vorschrift des Bundes inhaltsgleich übernommen, sondern von der bereits damals bestehenden Befugnis zur landesrechtlichen Ausgestaltung des vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Rahmens Gebrauch gemacht.

36

Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayHSchPG war damit bereits im Erlasszeitpunkt nicht-revisibles Landesrecht und ist dies auch geblieben.

37

d) Der erkennende Senat hat Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayHSchPG daher in der vom Verwaltungsgerichtshof für zutreffend erachteten Auslegung zugrunde zu legen.

38

Danach umfasst die Mitwirkung an der Verwaltung der Hochschule nicht nur die akademische Selbstverwaltung, sondern auch die allgemeine Universitätsverwaltung. Zu den hauptberuflichen Aufgaben von Professoren an bayerischen Hochschulen gehört somit auch die Mitwirkung im Bereich des Arbeitsschutzes (VGH München, Urteil vom 24. April 2015 - 3 BV 13.834 - juris Rn. 73). Das spezifische Dienstrecht der bayerischen Professoren steht der Aufgabenübertragung danach nicht entgegen.

39

3. Die vom Berufungsgericht für möglich gehaltene Inpflichtnahme von Professoren auf dienstrechtlichem Wege ist nicht zu beanstanden. Über die Einrichtung und Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen. Wie er seine Stellen zuschneidet und welche Zuständigkeiten er ihnen im Einzelnen zuweist, fällt in sein Organisationsermessen (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 25). Ebenso wie die Umsetzung eines Beamten auf einen anderen Dienstposten grundsätzlich auf jeden sachlichen organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund gestützt werden kann (BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 A 6.13 - ZBR 2016, 162 Rn. 18), steht dem Dienstherrn auch die Veränderung des Aufgabenbereichs eines Beamten zu, solange die verbleibende Beschäftigung amtsangemessen ist (BVerwG, Beschluss vom 26. November 2004 - 2 B 72.04 - Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41 Rn. 5). Der Dienstherr kann einem Beamten daher auch weitere Aufgaben aus dem Bereich des Arbeitsschutzes übertragen, soweit hiergegen nicht im Einzelfall besondere sachliche oder persönliche Gründe sprechen.

40

Derartige Hinderungsgründe aus der Amtsstellung eines Professors bestehen nach der für das Revisionsgericht bindenden Auslegung des bayerischen Hochschulrechts gerade nicht. Konkrete Einschränkungen aus den Erfordernissen der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) sind angesichts des geringen Umfangs der Verpflichtungen ebenfalls nicht zu entnehmen. Generell ist eine Einschränkung auf gesetzlicher Grundlage zum Schutz anderer verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen, wie etwa der Funktionsfähigkeit der Hochschule oder dem Schutz anderer Grundrechtsträger zwar möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3048/13 u.a. - NVwZ 2015, 432 Rn. 10 m.w.N.). Hierzu wird das Amt des Hochschullehrers gesetzlich durch § 43 HRG und die entsprechenden Vorschriften des Landesrechts ausgestaltet und sein konkretes Dienstverhältnis präzisiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - BVerfGE 126, 1 <25 f.>).

41

Diesen Weg hat der Beklagte vorliegend indes nicht beschritten, sondern eine Aufgabenübertragung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG erlassen.

42

4. Die für eine derartige Beauftragung erforderlichen Voraussetzungen aus § 13 Abs. 2 ArbSchG liegen nicht vor. Durch das gewählte Übertragungssystem ist weder die hinreichende Fachkunde der Inpflichtgenommenen sichergestellt noch weist der Übertragungsakt die erforderliche Bestimmtheit auf.

43

a) Die von der Revision erhobenen Bedenken gegen eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Arbeitsschutz der Landesbeamten teilt der Senat indes nicht.

44

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, der den Arbeitsschutz ausdrücklich benennt. Mit dem Arbeitsschutz ist eine Querschnittsmaterie in Bezug genommen, deren Regelung notwendigerweise auch andere Kompetenztitel berührt. Regelungen zum Schutz gegen Gefahren am Arbeitsplatz finden auch dann eine Grundlage in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, wenn sie in andere Bereiche ausgreifen. Vorschriften zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten etwa können auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gestützt werden, auch wenn dies für den Regelungsbereich an sich - den Nichtraucherschutz der Bevölkerung insgesamt (und damit etwa auch der Gaststättenbesucher) - nicht möglich ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <347>; hierzu auch Degenhart, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 74 Rn. 54).

45

Auch der allgemeine Arbeitsschutz von Beamten kann damit auf der Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG geregelt werden. Anderes gilt nur dort, wo die öffentlich-rechtlichen Bindungen eine gesonderte Behandlung erfordern und damit die generellen Vorgaben des Arbeitsschutzes im Sinne einer Spezialregelung überlagern (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 1964 - 7 C 87.60 - BVerwGE 18, 135 <137 f.>; ähnlich auch BVerfG, Beschluss vom 27. März 1979 - 2 BvL 2/77 - BVerfGE 51, 43 <56>). Im Bereich des hier relevanten allgemeinen Arbeitsschutzes ist dies nicht der Fall.

46

b) Das vom Beklagten an der Universität ... gewählte Übertragungsmodell stellt aber eine hinreichende Fachkunde der beauftragten Personen nicht sicher.

47

aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber zu bestimmten Arbeitsschutzmaßnahmen verpflichtet. Arbeitgeber in diesem Sinne sind auch juristische Personen, die Beamte beschäftigen (§ 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 ArbSchG). Arbeitsschutzrechtlicher Arbeitgeber der Universität ... ist damit unmittelbar der Freistaat Bayern als Dienstherr der dort beschäftigten Beamten (vgl. Art. 2 Abs. 4 BayHSchPG). Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ArbSchG ist neben dem Arbeitgeber auch das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person für die Pflichtenerfüllung verantwortlich. Adressat der Pflichtenstellung aus dem Arbeitsschutzgesetz für eine Universität ist damit auch deren Präsident (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 und Art. 21 Abs. 7 des Bayerischen Hochschulgesetzes - BayHSchG - vom 23. Mai 2006, GVBl. S. 245, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Juli 2014, GVBl. S. 286).

48

Eine entsprechende Pflichtenbegründung gilt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG auch für Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebs beauftragt sind. Für den Bereich des öffentlichen Dienstes gelten dabei Dienststellen als Betriebe in diesem Sinn (§ 2 Abs. 5 Satz 1 ArbSchG). Dienststellen sind die einzelnen Behörden oder Verwaltungsstellen (§ 2 Abs. 5 Satz 2 ArbSchG). Im Bereich der Universität ergibt sich hieraus folglich keine weitere Verantwortlichkeit. Insbesondere können die Lehrstühle und Fakultäten nicht als eigener Betrieb betrachtet werden.

49

Die arbeitsschutzrechtliche Inpflichtnahme eines Hochschullehrers oder Dekans kann daher nur durch eine gewillkürte Übertragung begründet werden. Als Rechtsgrundlage hierfür kommt allein § 13 Abs. 2 ArbSchG in Betracht. Danach kann der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

50

bb) Rechtsfolge und Zweck der arbeitsschutzrechtlichen Verantwortung nach § 13 ArbSchG ist allein die Festlegung der Adressaten für aufsichtsbehördliche Maßnahmen und deren Absicherung durch Ordnungswidrigkeiten- und Straftatbestände (vgl. Steffek, in: Kollmer/Klindt, Arbeitsschutzgesetz, 2. Aufl. 2011, § 13 Rn. 2 und 10; Wilrich, NZA 2015, 1433 <1436>).

51

Während vor Inkrafttreten des § 13 ArbSchG Anordnungen der Aufsichtsbehörden nur gegenüber dem Arbeitgeber erlassen werden konnten und hierfür im Einzelfall festgestellt werden musste, welcher Rechtsträger für den betroffenen Betrieb und die dort Beschäftigten verantwortlich ist, erlaubt die eigenständige Verantwortlichkeit nunmehr eine unmittelbare Inanspruchnahme der Personen, die den Arbeitsprozess bestimmen und die arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben konkret wahrnehmen. Die Vorschrift dient damit "einem effektiven betrieblichen Arbeitsschutz, in dem sie es den Behörden ermöglicht, gegenüber diesen Personen Anordnungen zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften vor Ort treffen zu können" (BT-Drs. 13/3540 S. 19).

52

Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall anordnen, welche Maßnahmen der Arbeitgeber "und die verantwortlichen Personen" zu treffen haben. Der Vollzug derartiger Anordnungen ist nach § 25 Abs. 1 Nr. 2a) ArbSchG bußgeldbewehrt und im Falle der beharrlichen Wiederholung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht (§ 26 Nr. 1 ArbSchG).

53

Bezugspunkt der Verantwortlichkeitsbestimmungen in § 13 ArbSchG ist die Frage, wer für die Aufsichtsbehörden "greifbar" ist und als Adressat behördlicher Anordnungen in Betracht kommt. Die konstitutive Beauftragung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG nimmt regelmäßig den betrieblichen Arbeitsschutzbeauftragten in Bezug (vgl. Steffek, in: Kollmer/Klindt, Arbeitsschutzgesetz, 2. Aufl. 2011, § 13 Rn. 49; zur Benennung eines Beauftragten auch Art. 7 Abs. 1 der "Rahmen-"Richtlinie 89/391/EWG). Werden mehrere Personen mit der Wahrnehmung arbeitsschutzrechtlichen Pflichten beauftragt, setzt die "geeignete Organisation", für die der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG zu sorgen hat, jedenfalls voraus, dass die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche klar voneinander abgegrenzt sind (vgl. Steffek, in: Kollmer/Klindt, Arbeitsschutzgesetz, 2. Aufl. 2011, § 13 Rn. 75).

54

cc) Voraussetzung für eine Beauftragung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG ist, dass es sich beim Übertragungsadressaten um eine zuverlässige und fachkundige Person handelt.

55

Die gewillkürte Pflichtenstellung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG folgt daher einem anderen Modell als die gesetzliche Verpflichtung nach § 13 Abs. 1 ArbSchG. Während die gesetzliche Pflichtenbegründung aus § 13 Abs. 1 ArbSchG - unabhängig vom Vorliegen einer entsprechenden Fachkunde - eine Inpflichtnahme ausschließlich aufgrund der innerbetrieblichen Leitungsfunktion begründet, knüpft § 13 Abs. 2 ArbSchG gerade nicht an eine ohnehin bestehende Leitungs- oder Führungsfunktion an. Die Verpflichtung folgt nicht aus dieser Stellung, sondern aus dem konstitutiven Übertragungsakt des Arbeitgebers.

56

Um den Zweck der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten gewährleisten zu können, darf der Arbeitgeber aber nur solche Personen beauftragen, die in der Lage sind, Gefährdungen für die Sicherung und die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG) erkennen und verhüten zu können. Deshalb ist eine "Fachkunde" in § 13 Abs. 2 ArbSchG ausdrücklich benannt und vorausgesetzt. Verfügt die beauftragte Person nicht über die erforderliche Kenntnis, um die aus den Arbeitsabläufen resultierenden Gefahren erkennen und bewältigen zu können, wird der gesetzliche Schutzzweck verfehlt und der jeweilige Aufgabenbereich faktisch von einer wirksamen Aufsicht ausgenommen. Aus Zweck und Wortlaut der Vorschrift folgt daher auch, dass die erforderliche Fachkunde bereits im Zeitpunkt der Beauftragung vorliegen muss.

57

Umgekehrt soll das Erfordernis einer entsprechenden Fachkunde auch den beauftragten Arbeitnehmer vor einer unsachlichen Pflichtenbegründung bewahren. Nur wenn die beauftragte Person über "die erforderlichen Fähigkeiten und Mittel" verfügt, kann sie die Schutzmaßnahmen zur Gefahrverhütung tatsächlich übernehmen (vgl. Art. 7 Abs. 5 Spiegelstrich 1 der "Rahmen-"Richtlinie 89/391/EWG).

58

Welche Anforderungen an die erforderliche Fachkunde der beauftragten Person zu stellen sind, ist in § 13 Abs. 2 ArbSchG nicht normiert. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsstruktur kann hierfür - entgegen dem Vorbringen des Beklagten - nicht auf die (fehlende) Fachkunde der nach § 13 Abs. 1 ArbSchG Verpflichteten zurückgegriffen werden. Bezugspunkt müssen vielmehr die dem Beauftragten übertragenen Aufgaben sein. Hierfür muss ausreichende Fachkunde vorhanden sein. Der Maßstab muss daher auf die Art der Tätigkeit bezogen werden (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG), die den Aufgabenbereich des Beauftragten (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 5 ArbSchG) kennzeichnen.

59

Für den Inhaber eines juristischen Lehrstuhls und den Dekan der Juristischen Fakultät sind demnach vornehmlich die klassischen Gefährdungslagen eines Büro- und Bildschirmarbeitsplatzes in den Blick zu nehmen. Die Anforderungen an die hierzu erforderliche Fachkunde dürfen nicht überspannt werden. Insoweit erscheint dem Senat nicht ausgeschlossen, dass mit den Ausführungen in der Anleitung zur Gefährdungsbeurteilung und einer auf den jeweiligen Bereich bezogenen Unterweisung durch den betrieblichen Arbeitsschutzbeauftragten oder einen externen Sachverständigen ausreichend Fachkunde vermittelt werden kann.

60

Dergestalt ist vorliegend indes nicht verfahren worden. Die Bezugnahme auf eine von dem Inpflichtgenommenen selbst erstellte Gefährdungsbeurteilung genügt zur Vermittlung ausreichender Fachkunde nicht. Dies gilt hier überdies deshalb, weil die Übertragungsverfügung die dort in Bezug genommene Gefährdungsbeurteilung ausdrücklich als nicht abschließend bezeichnet. Entsprechendes gilt für den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Verweis auf den typischen Werdegang eines Professors oder den pauschalen Vortrag des Beklagten, dass man die Fachkunde der eigenen Professoren geprüft habe und einschätzen könne.

61

Das flächendeckend für alle Lehrstuhlinhaber und Dekane praktizierte Übertragungsverfahren an der Universität ... wird der Voraussetzung hinreichender Fachkunde in § 13 Abs. 2 ArbSchG daher nicht gerecht.

62

c) Insbesondere aber sind die vom Kläger zu 2. angegriffene Beauftragung vom 9. April 2009 und die vom Kläger zu 3. in Bezug genommene Übertragung an seinen Amtsvorgänger vom 8. April 2009 nicht hinreichend bestimmt.

63

aa) Angesichts der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen (vgl. zur strafbegründenden Wirkung der Pflichtenübertragung Schorn, BB 2010, 1345 <1346>) muss die Beauftragung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG ausdrücklich "schriftlich" erfolgen. Dieses Schriftformerfordernis "dient der rechtlichen Absicherung sowohl des Arbeitgebers als auch der beauftragten Person" (BT-Drs. 13/3540 S. 19). Damit kein Zweifel über die Beauftragung und ihren Inhalt bestehen kann, muss der Umfang der begründeten Pflichten hinreichend präzise niedergelegt werden. Die vom Berufungsgericht für möglich gehaltene Berücksichtigung der "klarstellenden Äußerungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung" ist daher nicht möglich. Wie problematisch derartiges wäre, hat der Streit über die Auslegung der vor dem Verwaltungsgerichtshof gemachten Angaben in den Schriftsätzen des Revisionsverfahrens exemplarisch deutlich gemacht.

64

bb) Der eigentliche Verfügungstext indes ist völlig offen, weil hier nicht einmal auf den jeweiligen Zuständigkeitsbereich Bezug genommen wird. Dementsprechend ist die Formulierung bei den Lehrstuhlinhabern und den Dekanen auch identisch.

65

Für die Auslegung des Inhalts der Verfügungen ist aber auf die beigefügten Bestätigungsformulare sowie die bereits erwähnten Gefährdungsbeurteilungen zurückzugreifen. Die angeforderte Erklärung steht erkennbar in unmittelbarem Zusammenhang mit der in Bezug genommenen Übertragung und präzisiert die dem Kläger übertragenen Aufgaben.

66

Auch die in den Bestätigungsformularen und in den Gefährdungsbeurteilungen enthaltenen Konkretisierungen erfüllen indes nicht die Anforderungen des Bestimmtheitsgebots. Dies gilt insbesondere für den in allen Verfügungen gleich abgefassten Anfangsteil, nach dem etwa eine Pflicht übertragen wurde, in eigener Verantwortung "Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten". Es bleibt für den Adressaten völlig unklar, welche konkrete Verpflichtung sich hieraus ergeben soll. Unklar erscheint beispielsweise auch, welche konkreten Anforderungen damit verbunden sein sollen, dass der Kläger zu 2. zu prüfen hat, ob arbeitsmedizinische Vorsorgeaufwendungen erforderlich sind.

67

Die derartig weitgefassten Formulierungen stehen nicht nur in Widerspruch zu dem gesetzlichen Aufgabenkreis und Schutzzweck des Arbeitsschutzgesetzes. Für eine derartige weitgehende Pflichtenstellung wäre vielmehr auch eine spezifische Fachkunde erforderlich, die nicht durch eine bloße Einweisung im Rahmen der Ermittlung von arbeitsplatzspezifischen Gefährdungslagen vermittelt werden könnte. Zutreffend hat die Revision darauf verwiesen, dass es widersprüchlich erschiene, bei der Prüfung der erforderlichen Fachkunde nur auf allgemeine Anforderungen abzustellen, den Pflichtenkatalog dann aber spezifisch und umfassend auszulegen.

68

Eine hinreichend bestimmte Konkretisierung der arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen erfolgt auch nicht durch die sog. Gefährdungsbeurteilungen. Diese enthalten im Wesentlichen nur eine vom Verfügungsadressaten selbst vorgenommene Beschreibung des Status Quo. Allenfalls aus dem im Vordruck enthaltenen Kategorien lässt sich entnehmen, auf welche Gegenstände das Augenmerk zu richten ist. Im Hinblick auf darüber hinausgehende und künftig womöglich entstehende Gefahrenquellen enthält der Vordruck jedoch keine Hilfestellung. Nach dem Inhalt der angefochtenen Verfügung ist der Vordruck zur Gefährdungsbeurteilung aber gerade nicht abschließend (s.o.).

69

Keinerlei Abgrenzung erfolgt schließlich hinsichtlich der Frage, wie der Pflichtenumfang des Klägers zu 2. von demjenigen der anderen Beauftragten abzugrenzen ist. Einziger Bezugspunkt hierfür ist die einleitende Formulierung, in der auf den jeweiligen Lehrstuhl Bezug genommen wird. Inwieweit aber für diesen Lehrstuhl eigenständige Betriebsanweisungen, arbeitsmedizinische Untersuchungen oder Einrichtungen erforderlich sind oder dies etwa im Rahmen der Fakultät oder der gesamten Universität erfolgen kann oder soll, bleibt völlig offen.

70

Dies gilt namentlich im Verhältnis und in Abgrenzung zur angestrebten Verantwortlichkeit des Dekans. In der an den Kläger zu 1. gerichteten Verfügung vom 8. April 2009, die der Beklagte nach seiner Ankündigung inhaltsgleich gegen den Kläger zu 3. als nunmehrigen Funktionsnachfolger im Amt des Dekans der Juristischen Fakultät zu erlassen beabsichtigt, soll der Dekan für gewisse Aufgaben (nur) zuständig sein, "soweit dies lehrstuhl- und institutionsübergreifende Maßnahmen erfordert". Wann dieses "Erfordernis" vorliegt, bleibt unbestimmt.

71

Die Aufgabenübertragung in Gestalt der Verfügungen des Präsidenten der Universität ... vom 8. und 9. April 2009 ist daher in formaler Hinsicht zu unbestimmt und materiell unverhältnismäßig weit abgefasst.

72

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und - hinsichtlich des Klägers zu 1. - auf § 161 Abs. 2 VwGO.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung vorliegen.

2

Der Kläger steht als Stadtbauamtsrat (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst der Beklagten. Im September 2007 bewarb er sich um die Beförderungsstelle des Amtsleiters der städtischen Bauverwaltung (Besoldungsgruppe A 13). Die Bürgermeisterin der Beklagten wählte die Beigeladene aus und setzte diese mit Wirkung vom 1. Januar 2008 vorläufig als Amtsleiterin ein. Der Kläger beschritt den Rechtsweg, um die Beförderung der Beigeladenen zu verhindern: Seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung lehnte das Verwaltungsgericht ab; die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht zurück. Dessen Beschluss wurde am 24. September 2008 an die Beteiligten versandt. Nachdem der Rat der Beklagten am 25. September 2008 der Besetzung der Stelle mit der Beigeladenen zugestimmt hatte, wurde diese am 21. Oktober 2008 zur Stadtoberamtsrätin (Besoldungsgruppe A 13) ernannt.

3

Die Klage, mit der der Kläger in erster Linie die Ernennung aufgehoben, hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung festgestellt wissen will, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die Ernennung sei aus Gründen der Ämterstabilität rechtsbeständig, weil kein Fall der Verhinderung effektiven Rechtsschutzes vorliege. Der Dienstherr müsse nach einem für ihn erfolgreichen Abschluss des Konkurrentenstreitverfahrens nach § 123 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers noch zwei Wochen zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Die Beigeladene sei erst rund drei Wochen nach Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung ernannt worden. Der Kläger habe nicht mitgeteilt, er beabsichtige die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Der Hilfsantrag sei unzulässig, weil dem Kläger wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung ein berechtigtes Interesse an der nochmaligen Prüfung der Auswahlentscheidung fehle. Im Übrigen stehe die Auswahl der Beigeladenen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG.

4

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, in Bezug auf zwei Rechtsfragen seien die Zulassungsgründe der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben: Zum einen habe das Oberverwaltungsgericht eine Wartefrist von zwei Wochen für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts als angemessen erachtet. Dies stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht. Der Dienstherr müsse mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde zuwarten. Zum anderen habe das Oberverwaltungsgericht verkannt, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Auswahlentscheidung und Ernennung um eigenständige Rechtsakte handele. Aufgrund dessen habe es rechtsirrig nicht beanstandet, dass die Beklagte dem Kläger die bevorstehende Ernennung der Beigeladenen nicht gesondert mitgeteilt habe. Die Beigeladene sei zu Unrecht befördert worden. Die Bürgermeisterin habe die dem Rat vorbehaltene Auswahlentscheidung unter Verstoß gegen das Satzungsrecht der Beklagten an sich gezogen. Die Auswahl der Beigeladenen verletze die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, weil die ihm erteilte dienstliche Beurteilung der Bürgermeisterin aus mehreren Gründen rechtswidrig gewesen sei.

5

1. Der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, den Bundesverfassungs- oder Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt haben. Zwischen beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Inhalt einer Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Danach liegen die vom Kläger behaupteten Divergenzen nicht vor, weil die tragenden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts nicht in Widerspruch zu einem Rechtssatz des Bundesverfassungs- oder des Bundesverwaltungsgerichts stehen:

6

Dies gilt zum einen für den Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, der Dienstherr müsse mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach Obsiegen im Konkurrentenstreitverfahren nach § 123 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht noch zwei Wochen zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu geben. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Länge dieser Wartefrist keinen abweichenden Rechtssatz aufgestellt. In dem Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 = NJW 2011, 695) heißt es nur, diese Wartefrist müsse "angemessen" sein. Auch der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht - wie vom Kläger behauptet - der Rechtssatz entnehmen, die Wartefrist müsse entsprechend § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG einen Monat betragen. In dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - (NVwZ 2009, 1430) heißt es:

"Im Fall dringender dienstlicher Bedürfnisse können Ausnahmen von der grundsätzlich anzuerkennenden Wartefrist gegeben sein. Diese entziehen sich allerdings - ebenso wie die Bestimmung der Länge der Wartefrist - einer schematischen Beurteilung; vielmehr kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an. ... In der obergerichtlichen Rechtsprechung hat sich teilweise eine Wartefrist von zwei Wochen nach Zustellung der zweitinstanzlichen Eilentscheidung eingebürgert, ... Zur Vermeidung von Missverständnissen ist allerdings darauf hinzuweisen, dass für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG gilt, die der Beschwerdeführer zur Substanziierung seines Vortrags bzw. gegebenenfalls zur Nachreichung von Unterlagen ausschöpfen kann. ..."

7

Danach hat das Bundesverfassungsgericht eine Wartefrist von einem Monat nicht generell für erforderlich gehalten, um die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG sicherzustellen. Vielmehr hat das Gericht den Umständen des Einzelfalls Bedeutung für die Länge der Wartefrist beigemessen.

8

Der tragende Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, unterlegenen Bewerbern müsse die Auswahlentscheidung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG rechtzeitig vor der Ernennung des ausgewählten Bewerbers mitgeteilt werden, steht in Einklang mit der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht. Eine weitere Mitteilung über die bevorstehende Ernennung im Anschluss an ein Konkurrentenstreitverfahren nach § 123 VwGO oder nach dem Verstreichen einer Wartefrist wird von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG nicht gefordert (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - NJW-RR 2005, 998, vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 9. Juli 2009 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 33 f.).

9

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist, d.h. im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung der Nachprüfung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f., stRspr). An der allgemeinen Bedeutung einer von der Beschwerde aufgeworfenen Frage fehlt es, wenn sie bereits geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie nur einzelfallbezogen zu beantworten ist (stRspr; vgl. zuletzt Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - juris Rn. 4 = NVwZ-RR 2011, 329 ). Dies ist in Bezug auf die vom Kläger aufgeworfenen Fragen der Fall:

10

Die Frage nach der Bedeutung der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Länge der Wartefrist bedarf im vorliegenden Fall in Anbetracht des oben dargestellten Kammerbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juli 2009 (a.a.O.) keiner weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärung. Es liegt nahe, dass der Dienstherr nach seinem Obsiegen im Konkurrentenstreitverfahren nach § 123 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers regelmäßig einen Monat ab Bekanntgabe der obergerichtlichen Entscheidung warten sollte, wenn der unterlegene Bewerber rechtzeitig, nämlich vor oder spätestens zwei Wochen nach der Bekanntgabe mitgeteilt hat, er werde das Bundesverfassungsgericht anrufen. In diesem Fall sollte ihm Gelegenheit gegeben werden, die Monatsfrist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG auszuschöpfen. Weitergehende verallgemeinerungsfähige Fragen stellen sich hier nicht.

11

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden, weil nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Kläger nicht geäußert, er beabsichtige die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Daher ist die Ernennung der Beigeladenen rund drei Wochen nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

12

Dem vom Kläger thematisierten Verhältnis von Auswahlentscheidung und Ernennung kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Die Beklagte hat die Mitteilungs- und Wartepflichten, die ihr nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG gegenüber dem Kläger oblegen haben, erfüllt. Sie hat ihm damit die Möglichkeit eröffnet, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung der Beigeladenen auszuschöpfen. Damit waren die grundgesetzlichen Ansprüche des Klägers zum Zeitpunkt der Ernennung der Beigeladenen erfüllt. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der abschließenden obergerichtlichen Entscheidung im Konkurrentenstreitverfahren materiell-rechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass das Bestehen eines Anspruchs des unterlegenen Bewerbers auf Beachtung seiner Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich geprüft wird (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 33 bis 36). Daher kommt es nicht darauf an, ob die Einwendungen des Klägers gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts in der Sache zutreffen.

13

Darüber hinaus bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, welcher Zweck mit der Mitteilung der Auswahlentscheidung an unterlegene Bewerber verfolgt wird. Es liegt auf der Hand, dass diese von der Absicht des Dienstherrn in Kenntnis gesetzt werden sollen, den ausgewählten Bewerber zu ernennen. Die Mitteilung kündigt die Ernennung, d.h. den Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung, für den Fall an, dass eine Wartefrist verstreicht oder die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfolglos bleibt. Sie soll unterlegenen Bewerbern Gelegenheit geben, vorbeugend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um die Ernennung zu verhindern (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 31). Ein Bewerber, der davon Gebrauch macht, verfolgt einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf vorbeugende Unterlassung der Ernennung.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil für diese im Beschwerdeverfahren kein Kostenrisiko bestanden hat. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

I.

§ 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 17 Abs. 3 der Entwässerungssatzung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2011 werden für unwirksam erklärt. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat 9/10, die Antragsgegnerin 1/10 der Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten des Verfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Streitparteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Streitpartei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin betreibt Rastanlagen an Autobahnen des Bundes und wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Satzung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2011 für die öffentliche Entwässerungsanlage (Entwässerungssatzung - EWS).

Mit Schriftsätzen vom 13. September 2012 griff die Antragstellerin mehrere Satzungen der Antragsgegnerin im Wege der Normenkontrolle an. Die Verfahren bezüglich der Beitrags- und Gebührensatzung zur EWS und zu einer Änderungssatzung zur Beitrags- und Gebührensatzung zur EWS sowie bezüglich einer Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung (Kläranlage) und der Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung (Kanal) sowie von Änderungssatzungen hierzu sind beim 20. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes anhängig (Az. 20 N 12.2098, 20 N 13.1718, 20 N 13.2279, 20 N 13.2278, 20 N 12.2099 und 20 N 12.2100). Die dortigen Akten wurden beigezogen, die Antragstellerin hat darin Akteneinsicht genommen.

Die streitgegenständliche Entwässerungssatzung vom 21. Oktober 2011 wurde vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 20. Oktober 2011 beschlossen, vom Bürgermeister der Antragsgegnerin am 21. Oktober 2011 ausgefertigt und am 24. Oktober 2011 durch Niederlegung in der Verwaltung der Antragsgegnerin und Hinweis hierauf auf den Amtstafeln der Gemeinde vom 24. Oktober 2011 bis 25. November 2011 bekanntgemacht. Die Satzung beschreibt den Betrieb der öffentlichen Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin, trifft Bestimmungen zum Anschluss- und Benutzungsrecht sowie zum Anschluss- und Benutzungszwang, legt Anforderungen an Grundstücksanschlüsse und Grundstücksentwässerungsanlagen sowie deren Überwachung fest, regelt Einleitungsverbote und Einleitungsbedingungen und enthält Vorschriften zu Abwasseruntersuchungen, zur Haftung, zur Grundstücksbenutzung und zu Ordnungswidrigkeiten. Die Satzung trat gemäß ihrem § 22 Abs. 1 am 27. Oktober 2011 in Kraft, gemäß § 22 Abs. 2 EWS trat gleichzeitig die EWS vom 5. August 2011 außer Kraft.

§ 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EWS haben folgenden Wortlaut:

„Der Grundstückseigentümer ist verpflichtet, die von ihm zu unterhaltenden Grundstücksentwässerungsanlagen in Abständen von zehn Jahren durch einen fachlich geeigneten Unternehmer auf Bauzustand, insbesondere Dichtigkeit und Funktionsfähigkeit, untersuchen und festgestellte Mängel beseitigen zu lassen. Über die durchgeführten Untersuchungen und über die Mängelbeseitigung ist der Gemeinde eine Bestätigung des damit beauftragten Unternehmers vorzulegen.“

§ 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EWS haben folgenden Wortlaut:

„Die Gemeinde kann eingeleitetes Abwasser jederzeit, auch periodisch, auf Kosten des Grundstückseigentümers untersuchen lassen. Auf die Überwachung wird in der Regel verzichtet, soweit für die Einleitung in die Sammelkanalisation eine Genehmigung nach § 58 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vorliegt und die dafür vorgeschriebenen Untersuchungen, insbesondere nach der Abwassereigenüberwachungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung, ordnungsgemäß durchgeführt und der Gemeinde vorgelegt werden.“

§ 17 Abs. 3 EWS hat folgenden Wortlaut:

„Die Beauftragten der Gemeinde und die Bediensteten der für die Gewässeraufsicht zuständigen Behörden können die anzuschließenden oder die angeschlossenen Grundstücke betreten, wenn dies zur Durchführung der in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen erforderlich ist.“

Im Antragsschriftsatz vom 13. September 2012 beantragt die Antragstellerin,

festzustellen, dass die Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin (Entwässerungssatzung - EWS) vom 21. Oktober 2011 nichtig ist.

In mehreren Schreiben (v. 25.10.2012, 13.2.2013 und 20.2.2014) bemängelte die Antragstellerin, dass die vorgelegten Unterlagen der Antragsgegnerin unvollständig seien. Den vorgelegten Ordnern lasse sich der Verlauf des Normgebungsverfahrens im Hinblick auf die angegriffenen Satzungen nicht entnehmen. Es fehlten etwa die Korrespondenz der Antragsgegnerin mit dem Bayerischen Gemeindetag, dem beauftragten Satzungsbüro M., mit dem tiefbautechnischen Büro K., mit der Firma R. Kommunalberatung und mit den Rechtsanwälten der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin bemängelte weiter, dass auch die Entwässerungssatzung der Antragsgegnerin vom 5. August 2011 nicht vorgelegt worden sei. Gleiches gelte für die Entwässerungssatzungen der Antragsgegnerin und ihrer Rechtsvorgänger, die in der Zeit vom 1. Januar 1970 bis 5. August 2011 in Kraft gewesen seien.

Mit Schriftsatz vom 27. März 2013 begründete die Antragstellerin ihren Normenkontrollantrag. Bezüglich der angegriffenen EWS führte sie zunächst nur aus, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS vorsehe, dass die Antragsgegnerin eingeleitetes Abwasser jederzeit, auch periodisch, auf Kosten des Grundstückseigentümers untersuchen lassen könne. Die Antragstellerin sei Eigentümerin mehrerer Flurstücke. Der Grundstückseigentümer sei danach unabhängig vom Anlass oder dem Ergebnis der Untersuchung verpflichtet, die Kosten für von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwasseruntersuchungen zu tragen. Es fehle jedoch an einer gesetzlichen Grundlage, einem Grundstückseigentümer die Kosten für anlassunabhängige Abwasseruntersuchungen aufzuerlegen. Art. 5 KAG ermächtige die Antragsgegnerin, Beiträge zu erheben. Art. 8 KAG ermögliche es ihr, Gebühren zu erheben. Art. 9 KAG sehe einen Kostenerstattungsanspruch für die Errichtung von Grundstücksanschlüssen vor. Eine Kostenerstattung für nicht anlassbezogene Abwassermessungen durch die Antragsgegnerin werde hiervon nicht erfasst. Die Antragsgegnerin führe Abwassermessungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS allein im Interesse der Allgemeinheit durch. Kosten, die beim Betrieb der Entwässerungseinrichtung im Interesse der Allgemeinheit entstünden, seien aber über Gebühren auf alle Anschlussnehmer umzulegen. Eine Inanspruchnahme eines einzelnen Grundstückseigentümers mittels eines Kostenerstattungsanspruchs sei nicht zulässig. Mangels gesetzlicher Grundlage sei § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS daher nichtig.

Mit Schriftsatz vom 20. September 2013 erwiderte die Antragsgegnerin und verwies hinsichtlich der Sachverhaltsschilderung zunächst auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg (Az. W 2 K 11.1038 v. 9.5.2012, Bl. 62 d. VGH-Akte). Es bestünden bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags, nachdem sich die Antragstellerin nicht darauf berufen könne, durch die Regelungen der EWS beschwert zu sein, so dass es bereits an einer Antragsbefugnis fehle. Dies folge daraus, dass eine beitragsrechtliche Inanspruchnahme der Antragstellerin auf Grundlage der gegenständlichen EWS nicht vorgesehen sei. Vielmehr folge die Verpflichtung der Antragstellerin zur Beteiligung an den Investitionskosten für die geplante Verbesserungsmaßnahme aus der im Jahr 1970/1973 zwischen der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin und der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin getroffenen Sondervereinbarung gemäß § 7 EWS, welche Gegenstand eines derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg anhängigen Verfahrens (Az. W 2 K 12.864) sei. Der Normenkontrollantrag sei jedoch auch unbegründet, da Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der EWS nicht vorlägen. Die Antragstellerin verkenne, dass der Satzungstext in § 17 Abs. 2 Satz 1 der EWS dem mit der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 6. März 2012 (Az. 1 B 1-1405.12-5, AllMBl. 3/2012, 182 ff.) veröffentlichten Text der Mustersatzung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern entspreche. Zudem habe das VG Augsburg mit Urteil vom 3. März 1993 (Au 5 K 90.1903 - GK 254/1994) die Regelung in § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS der Mustersatzung für zulässig erachtet. Der Normenkontrollantrag sei daher kostenpflichtig zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 14. November 2013 beteiligte sich die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren, äußerte sich jedoch nicht zur Sache.

Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2014 betonte die Antragstellerin, dass sie bezüglich der von der Antragsgegnerin benannten Sondervereinbarung nicht Rechtsnachfolgerin des an der Vereinbarung aus dem Jahr 1970 beteiligten Autobahnbauamtes bzw. der Autobahndirektion sei. Mit einer Vereinbarung aus dem Jahr 1970 und einer Ergänzungsvereinbarung aus dem Jahr 1973 möge ein vertragliches Benutzungsverhältnis zur Entwässerung der Rastanlagenflächen begründet worden sein. Dieses ursprünglich durch Vertrag begründete Benutzungsverhältnis sei aber später durch eine Ausdehnung des örtlichen Geltungsbereichs der jeweiligen EWS der Antragsgegnerin zu einem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis beruhend auf einem Anschluss- und Benutzungsrecht nach der jeweiligen EWS geworden.

Mit weiterem Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 vertiefte die Antragstellerin ihren Vortrag zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS.

Darüber hinaus sei auch die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 EWS nichtig. Die Bestimmung, wonach ein Grundstückseigentümer verpflichtet sei, die von ihm zu unterhaltenden Grundstücksentwässerungsanlagen in Abständen von zehn Jahren durch einen fachlich geeigneten Unternehmer auf den Bauzustand untersuchen und festgestellte Mängel beseitigen zu lassen, sei unverhältnismäßig. Mit dieser Bestimmung gehe die Antragsgegnerin deutlich über das hinaus, was die Bayerische Staatsregierung in der Mustersatzung für eine gemeindliche Entwässerungssatzung vom 6. März 2012 vorsehe. Die Antragsgegnerin ordne demgegenüber doppelt so häufig eine vorsorgliche Überprüfung der Grundstücksentwässerungsanlage an. Die Mustersatzung sehe nämlich eine Untersuchung auf Mängelfreiheit lediglich in Abständen von jeweils 20 Jahren ab Inbetriebnahme vor. Da es sich bei § 12 Abs. 1 EWS um eine belastende Regelung handle, sei diese nur zulässig, wenn sie erforderlich sei. Hieran fehle es. Grundstücksentwässerungsanlagen seien regelmäßig so konstruiert, dass sie eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten aufwiesen. Es sei nicht erforderlich, bereits nach zehn Jahren zu überprüfen, ob die Anlagen noch in einem ausreichenden baulichen Zustand seien.

Auch die Regelung in § 17 Abs. 3 EWS sei nichtig. Diese Vorschrift verstoße gegen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG und Art. 106 Abs. 3 BV. Das Grundrecht schütze nicht nur Wohnungen im engeren Sinne, sondern gewährleiste weitergehend die Unverletzlichkeit von privaten Grundstücken insgesamt. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe in einem Popularklageverfahren die Anforderungen an ein gemeindliches Betretungsrecht zur Überprüfung von Trinkwasserversorgungsanlagen konkretisiert und Art. 24 Abs. 3 GO einer verfassungskonformen einschränkenden Auslegung unterzogen (VerfGH, U. v. 10.10.2007 - Vf. 15-VII-06 - juris Rn. 16). Demzufolge dürfe eine Gemeinde ein Be-tretungsrecht nur vorsehen, wenn es der Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung diene. Nach § 17 Abs. 3 EWS könnten Beauftragte der Gemeinde die angeschlossenen Grundstücke jedoch jederzeit betreten. § 17 Abs. 3 EWS weiche auch von § 20 Abs. 1 Satz 1 der bereits genannten Mustersatzung ab, die im Jahr 2012 mit Hinblick auf die genannte Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und den Wortlaut von Art. 24 Abs. 3 GO angepasst worden sei. § 17 Abs. 3 EWS berücksichtige diese von der Bayerischen Staatsregierung als verfassungsrechtlich geboten angesehenen Beschränkungen des Betretungsrechts nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die hierzu erstellte Niederschrift verwiesen.

Gründe

Der Antrag, die am 27. Oktober 2011 in Kraft getretene Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin (Entwässerungssatzung - EWS) vom 21. Oktober 2011 für unwirksam zu erklären, hat nur teilweise Erfolg. Der Antrag ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Für die im Tenor genannten Teile der EWS fehlt es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.

1. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Hinsichtlich der Antragsbefugnis kann der Senat offen lassen, ob die Antragstellerin als tatsächlich an die Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin angeschlossenes Unternehmen unmittelbar dem Regelungsregime der EWS unterliegt oder gemäß § 7 Abs. 2 der EWS aufgrund einer früher abgeschlossenen Sondervereinbarung in entsprechender Weise den Bestimmungen dieser Satzung unterliegt. Sie ist in jedem Fall von den Regelungen der Satzung betroffen. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass die Antragstellerin i. S. d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt ist. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten.

2. Formelle Fehler der Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Satzung wurde ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen mit einstimmigem Gemeinderatsbeschluss vom 20. Oktober 2011 beschlossen. Sie wurde vom ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt und gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 2 GO durch Niederlegung und Bekanntmachung der Niederlegung durch Anschlag an den Gemeindetafeln der Antragsgegnerin bekannt gemacht. Der Senat hat davon abgesehen, die von der Antragstellerin benannten weiteren Unterlagen zur Entstehungsgeschichte der Satzung anzufordern, weil für derartige Unterlagen (etwa Schriftverkehr der Antragsgegnerin mit beratenden Dritten) keine Entscheidungserheblichkeit vorgetragen oder ersichtlich ist. Irgendwelche Motive der Antragsgegnerin oder die Rechtsmeinungen Dritter sind für das Normenkontrollverfahren unerheblich, weil es nur auf das vom Gemeinderat letztlich beschlossene Normsetzungsergebnis ankommt. Das Normenkontrollverfahren dient nur zur Überprüfung des Inhalts der angegriffenen Norm, nicht aber zu einer Aufklärung des vorangegangenen gemeindeinternen Willensbildungsprozesses.

3. In materieller Hinsicht sind einige der in der Satzung enthaltenen Grundrechtseingriffe nicht von einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm gedeckt. Im Einzelnen:

a) Das Betretungsrecht, das in § 17 Abs. 3 EWS geregelt ist, bedarf einer gesetzlichen Ermächtigung (vgl. BayVGH, U. v. 20.5.1999 - 23 B 98.3295 - juris Rn. 22). Eine solche gesetzliche Ermächtigung findet sich in Art. 24 Abs. 3 GO (der nach der Vorgabe des VerfGH verfassungskonform auszulegen ist, vgl. VerfGH vom 10.10.2007 - Vf. 15-VII-06 - juris Rn. 17). Die streitgegenständliche EWS hält sich jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht an die dort normierte Vorgabe, sondern geht darüber hinaus. Abweichend von der gesetzlichen Ermächtigung regelt sie Betretungsrechte auch für Bedienstete anderer (staatlicher) Behörden; zudem fehlen die im Gesetz enthaltenen weiteren Beschränkungen, wonach das Betreten nur zu angemessener Tageszeit und im erforderlichen Umfang zulässig ist. § 17 Abs. 3 EWS ist daher für unwirksam zu erklären.

b) Für die in § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS angeordnete Kostentragungspflicht der Grundstückseigentümer für von der Gemeinde (auch ohne Anlass und periodisch) durchgeführte Abwasseruntersuchungen fehlt es an einer formell-gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Satzungsbestimmungen, die in Freiheit und Eigentum des Bürgers eingreifen, lassen sich nicht auf die allgemeine Satzungsautonomie der Gemeinde (Art. 23 Satz 1 GO) stützen, sondern bedürfen einer speziellen Ermächtigungsgrundlage in einem förmlichen Gesetz (BayVGH, U. v. 14.7.2011 - 4 N 10.2660 - juris mit Hinweis auf BVerfG vom 9.5.1972 BVerfGE 33, 125/159; VerfGH vom 17.12.1969 VerfGH 22, 138/143; BVerwG vom 3.7.1958 BVerwGE 6, 247/250 ff.; BayVGH vom 22.1.1992 VGH n. F. 45, 65/68 f. = BayVBl. 1992, 337 m. w. N.). Darunter fällt auch die Überbürdung finanzieller Lasten (vgl. VGH BW, U. v. 16.8.2002 -8 S 455/02 - juris Rn. 19), die als wirtschaftliche Belastung in das Vermögen des Anschlussnehmers eingreift und damit zumindest dessen allgemeine Handlungsfreiheit beeinträchtigt (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 BV). Dementsprechend findet sich in Art. 24 GO für die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinden eine Aufzählung von Verpflichtungen, die der kommunale Satzungsgeber den Einrichtungsbenutzern auferlegen darf. Keine dieser Ermächtigungsnormen deckt jedoch die angegriffene Bestimmung.

Bei den verlangten Kosten für von der Gemeinde durchgeführte Abwasseruntersuchungen handelt es sich weder um Beiträge gemäß Art. 5 KAG noch um Benutzungsgebühren gemäß Art. 8 KAG. Art. 9 Abs. 1 KAG erlaubt den Gemeinden nur, die Kosten für den Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung des sich nicht im öffentlichen Straßengrund befindlichen Teils eines Grundstücksanschlusses an Versorgungs- und Entwässerungseinrichtungen in der tatsächlichen Höhe oder nach Einheitsätzen vom Grundstückseigentümer erstattet zu verlangen. Eine Regelung für Kosten, die aufgrund von Abwasseruntersuchungen entstehen, findet sich darin nicht.

Auch auf Art. 20 des Kostengesetzes (KG) kann sich die angegriffene Satzungsregelung nicht stützen. Art. 20 Abs. 1 KG sieht vor, dass die Gemeinden für ihre Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis Kosten erheben können, die Erhebung der Kosten ist durch Kostensatzungen zu regeln. Unabhängig von der Frage, ob man die EWS überhaupt als „Kostensatzung“ ansehen könnte, fehlt es jedoch schon an einem Kostenschuldner für eine Amtshandlung im Sinne des KAG. Gemäß Art. 2 Abs. 1 KAG ist nämlich zur Zahlung der Kosten für Amtshandlungen verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst, im Übrigen diejenige Person, in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wird. Für eine nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS „jederzeit periodisch“ vorgenommene Abwasseruntersuchung durch die Gemeinde bedarf es aber nach dem Willen des Satzungsgebers keiner speziellen Veranlassung durch den angeschlossenen Grundstückseigentümer. Die Untersuchung wird auch nicht in dessen Interesse durchgeführt, sondern im Interesse der Gemeinde als Träger der öffentlichen Entwässerungsanlage, die mit den Untersuchungen das Ziel verfolgt, ihre Anlage und ihre Beschäftigten zu schützen sowie ihre eigenen wasserrechtlichen Verpflichtungen einhalten zu können. 30 Auch auf die allgemeine Satzungsermächtigung in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO lässt sich die Satzungsvorschrift nicht stützen, weil es beim Kostenersatz für eine von der Gemeinde vorgenommene Handlung nicht um die Regelung der „Benutzung“ der Entwässerungsanlage geht. Selbst bei weiter Auslegung des Begriffes „Benutzung“ können Benutzungsentgelte oder sonstige Kosten nicht auf Art. 24 GO gestützt werden (vgl. Prandl/Zimmermann/Büchner, Art. 24 GO, Rn. 6). Die Befugnis zur Festlegung der Benutzungsbedingungen erstreckt sich nicht auf die Regelung der Kostenfrage, für welche die speziellen Regelungen des Kommunalabgabengesetzes gelten (vgl. OVG NRW, U. v. 10.2.2011 - 15 A 405/10 - juris; OVG NRW, U. v. 14.3.1997 22 A 1438/96 - juris; VG Magdeburg, U. v. 13.12.2007 - 9 A 161/07 - juris; a. A. Hess.VGH, B. v. 23.6.1986 - 5 TH 29/85 - juris Rn. 3 für eine satzungsrechtliche Gebührenregelung betreffend gewerbliche Abwässer; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 10.5.1990 -12 A 82/89 - NVwZ-RR 1991, 38 für Benutzungsgebühren betreffend gewerbliche Abwässer; VG Augsburg, B. v. 3.3.1993 - Au 6 K 90.A.1093 - GK 1994/254 jedoch ohne Hinweis, auf welche gesetzliche Ermächtigung sich die fragliche Satzungsbestimmung stützen soll). Bei der eigenen anlasslosen und periodischen Untersuchung der eingeleiteten Abwässer kommt die Gemeinde im öffentlichen Interesse ihren eigenen Betreiberpflichten (nämlich der Anlagenüberwachung, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS) nach, deren finanzielle Folgen sich nicht auf einzelne Anschlussnehmer überwälzen lassen.

Die Unwirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 EWS erfasst auch den darauf folgenden Satz 2 dieser Vorschrift, weil dieser Satz ohne den Satz 1 keinen Sinn mehr macht und mit Satz 1 untrennbar zusammenhängt.

c) Die Antragstellerin hält weiter § 12 Abs. 2 Satz 1 EWS für nichtig, weil darin ein Untersuchungsintervall von zehn Jahren geregelt ist, während § 12 Abs. 1 der 2012 neu bekannt gemachten Mustersatzung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern (vom 6.3.2012 - AllMBl. S. 182 ff., abgedruckt bei Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Band 3 Teil VI, EWS/FES) nunmehr ein Prüfungsintervall von 20 Jahren vorsieht. Die Bayerische Staatsregierung habe mit der neuen Mustersatzung eine abgewogene Regelung getroffen, die einen Ausgleich schaffe zwischen vorsorglicher Gefahrerkundung und dem Recht des Grundstückseigentümers, nicht ohne einen konkreten Anlass in Anspruch genommen zu werden. Für eine Überprüfung von Entwässerungsanlagen in einem Abstand von lediglich zehn Jahren bestehe keine Notwendigkeit.

Der Auffassung, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 EWS aus den vorgenannten Gründen unwirksam sei, kann sich der erkennende Senat nicht anschließen. Die Antragstellerin verkennt, dass die Antragsgegnerin kraft der ihr zukommenden Satzungshoheit ein weites Regelungsermessen hat, dessen Ausübung insbesondere nicht auf die bloße Übernahme von Regelungen einer Mustersatzung beschränkt ist. Die Mustersatzung ist kein verbindliches Recht, die Übernahme dieser Vorschriften oder einzelner Teile daraus steht den Gemeinden frei. Aus einer bloßen Abweichung zur Mustersatzung kann daher nicht ohne weiteres der Schluss auf die Nichtigkeit der entsprechenden gemeindlichen Vorschriften gestützt werden.

Dies gilt ebenso für eine Abweichung von DIN Vorschriften, hier insbesondere DIN 1986-30, auf deren Regelungsgehalt sich das Staatsministerium des Innern bei der Erläuterung seiner Mustersatzung aus dem Jahr 2012 gestützt hat (vgl. IMBek vom 6.3.2012 - IB1-1405.12-5 - AllMBl. S. 182 ff., Nr. 13 zu § 12, auch abgedruckt bei Thimet, a. a. O.; Apfelbeck, KommP BY 1/2012 S. 23 f. Nr. 1.2.3.2: keine Bindung der Gemeinde an eine in der genannten DIN-Vorschrift einst enthaltenen Prüfungsverpflichtung, die später geändert wurde). DIN-Vorschriften sind ebenfalls keine verbindlichen Rechtsvorschriften, sondern lediglich das Ergebnis einer in privater Hand befindlichen technischen Normung, die mangels demokratischer Legitimation und in der Regel auch fehlender freier Zugänglichkeit der Normungsergebnisse keine Verbindlichkeit beanspruchen können. Sie stellen keine Rechtsnormen dar, das Deutsche Institut für Normung hat keine Rechtsetzungsbefugnisse (BVerwG, B. v. 30.9.1996 - 4 B 175/96 - DÖV 1997, 303). Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Inhalte der DIN 1986-30 immer die sachverständige Konkretisierung desjenigen darstellen, was bei der Herstellung von Kanälen und Grundstücksanschlüssen anerkanntermaßen als regelgerecht gilt (woran Zweifel bestehen, weil einzelne Vorgaben dieser DIN, etwa starre Prüfpflichten bis 31.12.2015, auch wieder zurückgezogen wurden; vgl. BVerwG, B. v. 30.9.1996, a. a. O.: DIN-Norm ist anerkannte Regel der Technik nicht schon kraft ihrer Existenz, sie hat keinen Ausschließlichkeitsanspruch; siehe aber OVG Lüneburg, U. v. 10.1.2012 - 9 KN 162/10 - NVwZ-RR 2012, 286/289). Jedenfalls sieht der Senat nachvollziehbare Gründe, von den Annahmen in der DIN abzuweichen. Kernpunkt der EWS der Antragsgegnerin ist die Regelung des Anschluss- und Benutzungszwanges für die öffentliche Entwässerungsanlage. Dabei kann die Antragsgegnerin auch Satzungsvorschriften erlassen, die sicherstellen, dass die angeschlossenen Grundstückseigentümer ihr gesamtes Abwasser (d. h. also ohne Versickerungsverluste, vgl. Apfelbeck, KommP BY 5/2012, S. 171; OVG Lüneburg, U. v. 10.1.2012 - 9 KN 162/10 - NVwZ-RR 2012, 286/287) der Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin zuführen und dass möglichst wenig Fremdwasser in die Anlage eindringt (vgl. Pannier, KommJur 2012, 291). Bei der Frage, inwieweit und mit welchem Grad an Gewissheit die Beklagte als Normgeberin die Sicherstellung dieser Abwasserüberlassungspflicht durchsetzen will, steht ihr ein weiter Regelungsspielraum zur Verfügung. Eine Gemeinde kann hierbei beispielsweise auch berücksichtigen, in welchem Umfang etwa schon ältere, bislang möglicherweise noch gar nicht überprüfte Grundstücksentwässerungsanlagen in ihre Entwässerungsanlage einleiten. Auf diesen örtlichen Umstand hat der erste Bürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Die Antragstellerin übersieht auch, dass die EWS der Antragsgegnerin anders als die bei Satzungserlass noch nicht bekannte Mustersatzung 2012 weniger weit gehende Regelungen etwa für die erstmalige Prüfung neu angeschlossener Grundstücksentwässerungsanlagen enthält (vgl. hierzu Apfelbeck, KommP BY 1/2012 S. 23 f. Nr. 1.2.2.2: Prüfung durch einen nicht an der Bauausführung beteiligten fachlich geeigneten Unternehmer) und Übergangsvorschriften (zum Wechselspiel zwischen Prüfungsintervall und Übergangsvorschrift vgl. Apfelbeck, a. a. O., Nr. 1.2.3.2) nicht vorsieht. Diese Unterschiede rechtfertigen es ohne Weiteres, von dem in der aktuellen Mustersatzung enthaltenen Prüfungsintervall nach unten abzuweichen und den bisher über Jahrzehnte hinweg allgemein anerkannten (vgl. IMBek vom 25.7.1990 Nr. II E 8 - 4414.30 - San/003/90, AllMBl. Nr. 17/1990, S. 633) Prüfungsturnus beizubehalten (so im Ergebnis auch Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Band 1 Teil II Frage 11 Nr. 9.6). Dass im Gebiet der Antragsgegnerin für eine Überprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen im Abstand von zehn Jahren keine Notwendigkeit (mehr) bestünde, hat die Antragstellerin demgegenüber nicht substantiiert dargetan. Anhaltspunkte dafür, dass Grundstückseigentümer durch eine derartige Überprüfungspflicht unzumutbar beeinträchtigt werden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Regelung ist auch geeignet und erforderlich, das von der Gemeinde gewünschte Regelungsergebnis (Sicherstellung des Anschluss- und Benutzungszwanges) zu erreichen.

d) Weitere materielle Rechtsverstöße sind weder von der Antragstellerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Senat sieht keinen Grund, die ihm prinzipiell obliegende Amtsermittungspflicht zum Anlass zu nehmen, gleichsam ungefragt in eine durch das Vorbringen der Beteiligten nicht veranlasste weitere Fehlersuche einzutreten (OVG Saarl, U. v. 17.12.2009 - 2 C 432/09 - juris Rn. 36 und 85; Hess VGH, B. v. 31.1.2013 - 5 C 1850/10.N - juris Rn. 28 mit Hinweis auf BVerwG, B. v. 4.10.2006 - 4 BN 26/06 - NVwZ 2007, 233).

4. Die vom Senat festgestellte Unwirksamkeit einzelner Satzungsnormen (§ 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 17 Abs. 3 EWS) hat nicht die Ungültigkeit der gesamten Satzung zur Folge, wie es die Antragstellerin angesichts ihres weit gefassten Antrags offenbar erstrebt. Wesentlicher Inhalt der Satzung sind die Bestimmungen zum Anschluss- und Benutzungsrecht bzw. -zwang sowie die Regelungen über die erlaubterweise einzuleitenden Stoffe. § 17 EWS regelt mit Blick auf die übrigen Satzungsvorschriften lediglich einen Randbereich des Betriebs der Einrichtung, wobei § 17 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 Satz 3 EWS wirksam bleiben. Weil zudem § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS der Gemeinde das jederzeitige Recht zur Überprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen und zur Entnahme und Messungen von Abwasserproben gibt, ist die Annahme einer Gesamtnichtigkeit der Satzung aufgrund des Wegfalls von § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 und § 17 Abs. 3 EWS fernliegend. Die vom Senat für unwirksam erklärten Vorschriften sind im Vergleich zum Gesamtinhalt der Satzung von nur untergeordneter Bedeutung. Es ist ohne weiteres anzunehmen, dass die Antragsgegnerin die EWS auch ohne diese jetzt beanstandeten Normen erlassen hätte, denn die Restregelung bleibt ohne den unwirksamen Teil sinnvoll (zu diesem Maßstab Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 47 Rn. 93).

5. Da lediglich einzelne Bestimmungen der angegriffenen Satzung der Antragsgegnerin mit höherrangigem Recht nicht im Einklang stehen, war dem uneingeschränkten Normenkontrollantrag der Antragstellerin mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur teilweise stattzugeben. Angesichts des nur untergeordneten Erfolges der Antragstellerin hält der Senat eine Belastung der Antragsgegnerin mit den Verfahrenskosten in Höhe von einem Zehntel für angemessen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

6. Die Antragsgegnerin hat die Entscheidungsformel in derselben Weise zu veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.