Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 22 ZB 15.2447

bei uns veröffentlicht am16.03.2016
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 7 K 14.1520, 24.09.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. September 2015 wird der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind nach den im vorliegenden Verfahren auf Zulassung der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts Miteigentümer eines mit Reihenhäusern bebauten Grundstücks sowie Inhaber des Sondereigentums an dem Reiheneckhaus, das eine Reihenhauszeile nach Westen hin abschließt. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Art der baulichen Nutzung als allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) festsetzt.

Unmittelbar westlich dieses Grundstücks befindet sich das Gelände einer Realschule, deren Sachaufwandsträger der Beklagte ist. Im März 2012 reichte er einen Bauantrag ein, der die Umgestaltung eines Teils der Außenanlagen der Realschule zum Gegenstand hatte. In einem vom 24. Februar 2012 stammenden Erläuterungsschreiben zu diesem Antrag führte er aus, da die auf dem Schulgelände vorhandene Weitsprunganlage, der dortige Allwetterplatz und eine 100-m-Laufbahn einen sehr schlechten Zustand aufwiesen, finde der Sportunterricht überwiegend auf dem Platz eines örtlichen Sportvereins statt. Im Rahmen der „Bewegten Pause“ und der Mittagsbetreuung bestehe jedoch Bedarf für sportliche Aktionen an der Schule. Es sei u. a. geplant, Teile der bisherigen 100-m-Laufbahn als Fläche für Tischtennis, Badminton, Indiaca und Frisbee sowie eine Teilfläche des alten Allwetterplatzes als Streetballanlage zu nutzen. Außerdem solle die Weitsprunganlage als Naturerlaubnisraum ausgebaut, eine Slackline-Anlage erstellt und entlang der Ostseite des Schulgeländes eine Einfriedung errichtet werden. Die geplanten Anlagen seien ausschließlich für den Schulbetrieb (nämlich den Sport- bzw. Naturkundeunterricht, für die „Bewegte Pause“ und die Nachmittagsbetreuung) bestimmt. Vor 8.00 Uhr und nach 16.00 Uhr finde keine Nutzung der Sport- und Spielbereiche statt. Innerhalb dieser Zeitspanne würden sie in den von 10.15 Uhr bis 10.45 Uhr und von 13.00 Uhr bis 13.45 Uhr dauernden Pausen sowie teilweise während der Nachmittagsbetreuung frequentiert.

Bereits im Jahr 2011 habe der Beklagte an der Ostseite der Schule zwölf Stellplätze für die Schulleitung und den Hausmeister geschaffen; diese Maßnahmen hätten baugenehmigungsfrei verwirklicht werden können. Die Stellplätze für die Schulleitung stünden ab 7.00 Uhr zur Verfügung.

Dem Bauantrag fügte der Beklagte einen Befreiungsantrag nach § 31 Abs. 2 BauGB bei, der die Herstellung eines Gitterzauns mit einer Gesamthöhe von 1,93 m über dem ursprünglichen Gelände entlang der östlichen Grundstücksgrenze der Realschule zum Gegenstand hatte. Zur Begründung führte der Beklagte aus, um eine private Nutzung der Sportanlagen an der Realschule zu unterbinden, müsse das gesamte Schulgelände mit einem hohen Zaun eingefriedet werden; hierdurch bleibe die Nutzung auf die Schulzeiten beschränkt.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 nahm eine Umweltingenieurin des Landratsamts zu dem Bauvorhaben dahingehend Stellung, dass auf der Grundlage einer Worst-case-Betrachtung - nämlich bei einem vierstündigen Handball-, Fußball- und Slackline-Betrieb während der Tagesstunden sowie eines achtstündigen Betriebs der anderen Sportbereiche (jeweils unter Ausschluss der Ruhezeiten) - u. a. am Anwesen der Kläger der nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung für allgemeine Wohngebiete geltende Immissionsrichtwert für die Tageszeit von 55 dB(A) sicher eingehalten werde. Eine bereits am 1. Februar 2012 vorgenommene Beurteilung der Lehrerparkplätze habe ergeben, dass durch diese Anlage der nach der TA Lärm maßgebliche Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete um mehr als 10 dB(A) unterschritten werde; auch ein Nichteinhalten des zulässigen Spitzenpegels sei nicht zu prognostizieren.

Der am 4. Juli 2012 zugunsten des Beklagten ergangene Baugenehmigungsbescheid bestimmte, dass die Nutzung der Außenanlagen nur im Rahmen des Schulbetriebs erfolgen dürfe; eine private oder vereinsmäßige Nutzung sei auszuschließen. Die Nutzungszeiten würden sich nach dem Erläuterungsschreiben vom 24. Februar 2012 richten. Die Lehrerparkplätze dürften nur von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr genutzt werden.

Eine Ausfertigung der Baugenehmigung und ein Begleitschreiben hierzu übersandte das Landratsamt mittels Übergabe-Einschreiben, die am 5. Juli 2012, am 23. Juli 2012, am 9. August 2012 und am 29. August 2012 zur Post gegeben wurden, den Klägern. Zumindest die beiden letztgenannten Sendungen gelangten mit dem postalischen Vermerk „nicht abgeholt“ an die Behörde zurück.

Nachdem sich die Kläger mit mehreren Schreiben ihrer Bevollmächtigten an das Landratsamt gegen die Umgestaltung der Außenanlagen der Realschule gewandt hatten, erhoben sie am 15. September 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg, mit der sie beantragten:

Der Beklagte wird verurteilt, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Lärmimmissionen von dem Schulgelände der Realschule A. auf das Grundstück der Kläger ... tagsüber außerhalb der Ruhezeiten einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A) und in Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) nicht überschreiten.

Das Verwaltungsgericht wies diese Klage durch Urteil vom 24. September 2015 als unbegründet ab, da nicht davon auszugehen sei, dass das Grundstück der Kläger Immissionen ausgesetzt sein werde, die nach § 22 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG unzumutbar seien.

Die Kläger beantragen, gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, den Zulassungsantrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da die Kläger in der Antragsbegründungsschrift vom 7. Dezember 2015 entgegen der sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ergebenden Obliegenheit nicht dargelegt haben, dass die Voraussetzungen der von ihnen in Anspruch genommenen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO vorliegen.

1. Es kann dahinstehen, inwieweit der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung zu folgen ist, gegen Geräuschimmissionen, die Ausdruck der bestimmungsgemäßen, durch den Bescheid vom 4. Juli 2012 zugelassenen Nutzungen der Sport- und Spielanlagen sowie der Lehrerparkplätze seien, könnten sich die Kläger schon deshalb nicht wenden, weil sie innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt, an dem sie sichere Kenntnis von der Baugenehmigung erlangt hätten, diese nicht im Klageweg angefochten haben, so dass jener Bescheid ihnen gegenüber bestandskräftig geworden sei. Ernstliche Zweifel an der - allein ausschlaggebenden - Ergebnisrichtigkeit des Urteils vom 24. September 2015 würden durch die Antragsbegründung nämlich auch dann nicht aufgezeigt, sollte den Einwänden, die im Abschnitt 1 des Schriftsatzes der Klagebevollmächtigten vom 7. Dezember 2015 gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebracht werden, Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden können.

Denn das Verwaltungsgericht hat sein Urteil zusätzlich auf den Gesichtspunkt gestützt, dass die Kläger nicht dargelegt hätten, ihr Wohnhaus sei unzumutbaren Immissionen ausgesetzt, und eine solche Einwirkung sei auch weiterhin zu befürchten (vgl. die auf Seite 7 unten des Urteilsumdrucks beginnenden Ausführungen). Diese Erwägungen sind geeignet, die Entscheidung selbstständig zu tragen, da ein Anspruch auf Unterlassen künftiger Beeinträchtigungen, wie ihn die Kläger im vorliegenden Rechtsstreit geltend machen, nach dem Rechtsgedanken des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB voraussetzt, dass solche Beeinträchtigungen hinreichend nahe bevorstehen (BayVGH, U. v. 11.1.2013 - 22 B 12.2367 - juris Rn. 20; Baldus in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 289 m. w. N.). Es muss die auf Tatsachen gegründete, objektive und ernstliche Besorgnis rechtserheblicher Störungen bestehen (Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1004 Rn. 32); die nur auf subjektiven Befürchtungen beruhende bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt nicht (Baldus in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 292). Ist es bereits zu einer rechtswidrigen Störung der abzuwehrenden Art gekommen, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass insoweit Wiederholungsgefahr besteht (vgl. z. B. BGH, U. v. 12.12.2003 - V ZR 98/03 - NJW 2004, 1035/1036; U. v. 17.12.2010 - V ZR 46/10 - ZUM 2011, 333/336; U. v. 21.9.2012 - V ZR 230/11 - NJW 2012, 3781/3782).

Aus der Begründung des Zulassungsantrags geht nicht hervor, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Kläger hätten die genannten Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nicht dargetan, ernstlichen Zweifeln begegnet. Im Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 wird weder aufgezeigt, dass sie bereits in der Vergangenheit Geräuschimmissionen ausgesetzt waren, die von den auf dem benachbarten Schulgelände errichteten Spiel- bzw. Sporteinrichtungen oder den dort befindlichen Parkplätzen ausgingen und die von der Duldungspflicht der Kläger nicht umfasst sind, noch wird dort dargelegt, dass mit der erforderlichen Konkretheit damit gerechnet werden muss, von diesen Einrichtungen werde erstmals in der Zukunft eine rechtswidrig hohe Lärmfracht ausgehen. Die Antragsbegründung beschränkt sich im Wesentlichen vielmehr auf die - für sich genommen zutreffende - Feststellung, dass aus einer im Baugenehmigungsverfahren erstellten Lärmprognose nicht zwangsläufig folgt, die von dem begutachteten Vorhaben nach dessen Inbetriebnahme ausgehenden Geräusche könnten nicht doch lauter sein, als das von fachkundiger Seite vorhergesagt wurde. Da nach dem Vorgesagten die bloß abstrakte Möglichkeit einer Störung nicht genügt, um einer Unterlassungsklage zum Erfolg zu verhelfen, wären ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dargetan, wenn die Kläger substantiiert aufgezeigt hätten, dass entweder die von einer Umweltingenieurin des Landratsamts am 21. Juni 2012 erstelle lärmschutzfachliche Ausarbeitung als solche mängelbehaftet ist (weil sie z. B. von unzutreffenden tatsächlichen Annahmen ausgeht oder die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen bzw. technischen Regelwerke fehlerhaft angewendet wurden), oder aber sich die Gegebenheiten nachträglich in einer Weise entwickelt haben, die der seinerzeitigen Prognose die Grundlage entzieht.

Dass der Stellungnahme vom 21. Juni 2012 ein Fehler der erstgenannten Art anhafte, behauptet die Begründung des Zulassungsantrags nicht. Was die faktischen Verhältnisse vor Ort anbetrifft, so kommen die Kläger im Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 lediglich auf ihre Behauptung zurück, nach ihren Aufzeichnungen (vgl. deren Wiedergabe auf Seite 2 des Schreibens ihrer Bevollmächtigten an das Landratsamt vom 18.7.2014) sei ein in der Umzäunung des Schulgeländes befindliches, der Zu- und Abfahrt zu bzw. von den dortigen Stellplätzen dienendes Tor an bestimmten zwischen dem 23. Mai 2014 und dem 16. Juli 2014 liegenden Tagen auch nach 16.00 Uhr nicht verschlossen gewesen.

Diesem Vorbringen kommt Erheblichkeit allenfalls hinsichtlich desjenigen Teils des Klagebegehrens zu, der auf das Unterbleiben rechtswidriger Geräuschimmissionen abzielt, die durch Personen hervorgerufen werden, die sich nach 16.00 Uhr unbefugt auf dem Schulgelände aufhalten. Hinsichtlich des übrigen Streitgegenstandes - er hat die Gesamtheit des vom Schulgrundstück ausgehenden Schalls zum Gegenstand - fehlt es an nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO beachtlichen Darlegungen.

Durch die Ausführungen, die sich mit der fallweise unterbliebenen Schließung der Parkplatzzufahrt ab 16.00 Uhr befassen, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erfolgten Klageabweisung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ebenfalls nicht dargetan. Das Verwaltungsgericht hat nicht nur nicht festgestellt, dass von dem Areal der Realschule nach 16.00 Uhr jemals Geräusche ausgegangen sind, die von der Duldungspflicht der Kläger nicht umfasst werden und die sich deshalb als rechtswidrige Immissionen darstellen; es fehlen darüber hinaus auch Feststellungen darüber, dass sich nach diesem Zeitpunkt (wegen des gelegentlich unterbliebenen Verschließens des vorerwähnten Tors oder unabhängig hiervon) überhaupt Personen unbefugt auf dem Schulgelände aufgehalten haben. Da die Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags nichts Gegenteiliges behauptet haben, hat der Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass es bisher noch zu keiner Störung der vorbezeichneten Art gekommen ist. Den Klägern steht deshalb die Vermutung, es könnte zu einer Wiederholung derartiger Vorfälle kommen, nicht zur Seite.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils wären vor diesem Hintergrund nur dargetan worden, wenn die Kläger im Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 aufgezeigt hätten, dass ungeachtet des Fehlens in der Vergangenheit nach 16.00 Uhr zu verzeichnender, vom Schulgelände ausgehender unzulässig lauter Geräusche die Verletzung ihres Rechts, von solchen Immissionen verschont zu bleiben, künftig konkret zu befürchten steht. Der ihnen insoweit obliegenden Darlegungslast sind sie in der Begründung des Zulassungsantrags ungeachtet des Umstands nicht nachgekommen, dass aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens beider Beteiligter davon auszugehen ist, dass das Zufahrtstor zum Lehrerparkplatz in der Vergangenheit nicht stets ab 16.00 Uhr geschlossen gehalten wurde. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 6. November 2014 zu dieser Thematik folgendes ausgeführt:

„Auf Schriftsatz der Kläger vom 16.04.2014 [in ihm hatten die Klagebevollmächtigten ein unterbliebenes zuverlässiges Absperren des Lehrerparkplatzes nach Unterrichtsende erstmals moniert] hat der Beklagte die Gegebenheiten und Abläufe vor Ort eingehend überprüft. Dabei hat der Beklagte feststellen müssen, dass in der Zeit zuvor der Geländebereich und die Stellflächen, die an das Anwesen der Kläger angrenzen, unstreitig nicht stets zuverlässig abgesperrt und die vom Beklagten gesetzten Nutzungsmaßgaben punktuell nicht eingehalten waren. Der Beklagte hatte daraufhin unverzüglich gegenüber der Schulleitung sowie allen Personen der Lehrerschaft, die die Stellflächen nutzen und das Gelände abzusperren haben, verfügt, dieser Verpflichtung nachzukommen und das Tor nach 16.00 Uhr ausnahmslos zuverlässig verschlossen zu halten.

Die Einhaltung dieser Verfügung hat der Beklagte seither regelmäßig in sehr kurzen Abständen sowie gewissenhaft kontrolliert und jeweils stets strikt die Fehlverhalten/-nutzungen außerhalb der auferlegten Vorgaben unverzüglich unterbunden. Weitere Verstöße hiergegen erfolgten seitdem nicht.“

Aus dieser Schilderung des Beklagten folgt lediglich, dass die Zufahrt zu den Lehrerparkplätzen vor dem 16. April 2014 nicht stets ab 16.00 Uhr verschlossen gehalten wurde, und dass auch nach diesem Tag „punktuell“ noch einzelne derartige Vorkommnisse zu verzeichnen waren. Damit in Einklang steht, dass nach den Ausführungen im Schreiben der Klagebevollmächtigten vom 18. Juli 2014 die Fallgestaltung, dass eine Lehrkraft nach 16.00 Uhr von den Parkplätzen auf dem Schulgelände abgefahren ist, ohne danach das Tor zu verschließen, nur an dreien der zwölf zwischen dem 23. Mai 2014 und dem 16. Juli 2014 liegenden Tagen (nämlich am 26.5.2014, am 5.6.2014 und am 16.7.2014) zu verzeichnen war. Dass es auch später (d. h. nach dem Ende des Schuljahres 2013/14) noch zu derartigen Vorfällen gekommen ist, haben die Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags nicht behauptet. Damit steht die vorstehend wiedergegebene Darstellung des Beklagten, die von ihm diesbezüglich ergriffenen Maßnahmen seien nach einer gewissen „Anlaufzeit“ erfolgreich gewesen, unerschüttert im Raum. Ein Lebenssachverhalt, der Anlass zu der konkreten Befürchtung gibt, unbefugte Personen könnten sich künftig nach 16.00 Uhr auf das Schulgelände begeben und dort Geräusche verursachen, die von der Duldungspflicht der Kläger nicht umfasst sind, ist damit nicht dargetan. Ein Unterlassungsbegehren aber ist nur dann begründet, wenn die Gefahr eines rechtswidrigen Eingriffs in ein absolut geschütztes Recht noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung besteht, die dem Erlass eines hierüber befindenden Urteils vorausgeht (Gursky in Staudinger, BGB, 12. Aufl. 1984, § 1004, Rn. 156 m. w. N.).

2. Nicht dargetan wurde durch die Antragsbegründung ferner, dass die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erfüllt sind. Die Kläger sehen einen Verfahrensmangel im Sinn dieser Vorschrift darin, dass das Verwaltungsgericht nicht Beweis darüber erhoben hat, welchen Geräuschimmissionen sie durch die tatsächliche Nutzung des Parkplatzes sowie der (auf dem Schulgelände vorhandenen) Sport- und Freizeiteinrichtungen ausgesetzt sind. Mit der darin der Sache nach liegenden Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO resultierende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, kann ein Beteiligter, der - wie bei den Klägern der Fall - bereits im ersten Rechtszug anwaltlich vertreten war, grundsätzlich nur dann durchdringen, wenn er in der mündlichen Verhandlung einen einschlägigen Beweisantrag gestellt hat (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.; vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO z. B. BVerwG, B. v. 13.3.1992 - 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268; B. v. 25.1.2005 - 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447/449). Dies ist ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht geschehen. Die in der Klageschrift geforderte Einholung eines Sachverständigengutachtens über die tatsächliche Geräuschbelastung des Anwesens der Kläger stellt eine bloße Beweisanregung dar, die einen förmlichen Beweisantrag im Sinn von § 86 Abs. 2 VwGO nicht entbehrlich macht. Anders verhielte es sich nur dann, wenn sich eine Beweiserhebung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 28.5.2013 - 7 B 46/12 - m. w. N.; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.). Hiervon kann angesichts der in sich schlüssigen immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 21. Juli 2012 sowie im Hinblick darauf keine Rede sein, dass die Behauptung der Kläger, ihre tatsächliche Lärmbelastung sei höher als sie in dieser Ausarbeitung prognostiziert wurde, bereits während des Verfahrens im ersten Rechtszug gänzlich unsubstantiiert geblieben ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i. V. m. § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG. Der beschließende Senat übt das durch die letztgenannte Vorschrift eröffnete Ermessen in Hauptsacheverfahren, in denen sich ein Drittbetroffener gegen Geräusche wendet, die von Spiel- oder Sportplätzen sowie von vergleichbaren Einrichtungen ausgehen, in gefestigter Spruchpraxis dahingehend aus, dass die „Bedeutung der Sache“ für den Rechtsschutzsuchenden, sofern er sich nicht lediglich gegen zeitlich oder sachlich begrenzte, von der inmitten stehenden Einrichtung ausgehende Belästigungen wendet, in Anlehnung an die Empfehlung in der Nummer 19.2 in Verbindung mit der Nummer 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit 15.000,00 € veranschlagt wird (vgl. eingehend BayVGH, B. v. 6.2.2015 - 22 B 12.269 - juris Rn. 70 m. w. N.). Anhaltspunkte, warum das materielle und immaterielle Interesse der Kläger im vorliegenden Fall nur halb so hoch anzusetzen sein soll, sind nicht erkennbar. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG.

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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEIL-VERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
V ZR 98/03 Verkündet am:
12. Dezember 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Störer kann nicht nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden,
wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet
, sondern auch, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise
aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können.
BGH, Teil-Vers.- und Schlußurt. v. 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03 - LG Kassel
AG Kassel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 6. März 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 21. November 2001 abgeändert, soweit diese Urteile zum Nachteil der Klägerin ergangen sind.
Über die bereits erfolgte Verurteilung hinaus wird die Beklagte zu 2 verurteilt, den auf dem Grundstück K. straße 3 in K. an der westlichen Grundstücksgrenze im Abstand von ca. 2,75 m zur nördlichen Grundstücksgrenze unmittelbar neben der Garage des Grundstücks H. straße 18 in K. stehenden Nadelbaum zu entfernen.
Die Revisionen der Beklagten werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen die Beklagte zu 1 zu 5/8 und die Beklagte zu 2 zu 3/8; die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte zu 1 zu 6/11 und die Beklagte zu 2 zu 5/11.

Das Urteil ist im Hauptausspruch und hinsichtlich 1/6 der von der Beklagten zu 2 zu tragenden Kosten vorläufig vollstreck- bar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks in K. . Das benachbarte Grundstück stand zunächst im Eigentum der Beklagten zu 1; seit dem 25. Oktober 2000 ist die Beklagte zu 2 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine 17,5 m hohe Rotfichte. Von der Stammmitte aus gemessen ist der Baum 0,75 m von der Außenwand einer Garage entfernt, die auf dem Grundstück der Klägerin entlang der Grenze errichtet ist.
An der grenzseitigen Garagenwand sowie an einer neben der Garagenzufahrt verlaufenden Stützmauer zu dem höher gelegenen Nachbargrundstück bildeten sich Risse. Deren Ursache sieht die Klägerin in dem Wurzelwerk der Fichte auf dem Nachbargrundstück. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie beide Beklagten in erster Linie auf Entfernung dieses Baumes und hilfsweise auf geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch den Baum und dessen Wurzeln in Anspruch. Daneben hat sie von der Beklagten zu 1 die Zahlung von 2.000 DM sowie gegenüber beiden Beklagten die Feststellung von deren Verpflichtung zu Schadensersatz verlangt. Das Amtsgericht hat die
Beklagte zu 1 zur Beseitigung der Rotfichte und Durchtrennung der im Boden verbleibenden Wurzeln verurteilt; es hat ferner dem Zahlungsantrag und - hinsichtlich der Verzugsschäden - dem Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 1 stattgegeben. Die Beklagte zu 2 hat das Amtsgericht nur auf den Hilfsantrag zu geeigneten Maßnahmen der Schadensverhinderung verurteilt und ferner deren Ersatzpflicht für Schäden seit ihrem Eigentumserwerb festgestellt. Gegen dieses Urteil haben beide Beklagte mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung sowie die Klägerin mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag jeweils ohne Erfolg Berufung eingelegt. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Entfernung der Fichte. Die von den Beklagten eingelegten Revisionen sind nicht begründet worden.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 1 sei auf Grund einer Vereinbarung mit der Klägerin zur Beseitigung der Fichte und zur Zahlung von 2.000 DM verpflichtet. Da sie mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Verzug geraten sei, müsse sie außerdem den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen. Gegenüber der Beklagten zu 2 ergebe sich ein Beseitigungsanspruch der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten habe das Wurzelwerk des Baumes an der Mauer einen "Druckstempel" ausgebildet, der sich bei Einwirkung von Windenergien auf den Baum gegen die Garagenwand presse. Der Beseitigungsanspruch sei weder durch die Aus-
schlußfristen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes gehindert noch gemäß § 195 BGB a.F. verjährt. Hinsichtlich Art und Weise der Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung habe die Beklagte zu 2 allerdings ein Wahlrecht. Ihre Verpflichtung dürfe nicht auf die Beseitigung des Baumes verengt werden, weil dies nicht die einzige insoweit in Betracht kommende Möglichkeit sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen reiche es etwa aus, den Baum auf hälftiger Höhe zu kappen und in der Folgezeit für einen Rückschnitt zu sorgen, oder auch den Baum mit statisch gesichertem und stabilem Material zu umbauen.
Dies hält den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand.

II.


Die Revisionen der Beklagten sind unzulässig, weil beide die erforderliche Begründung ihrer Rechtsmittel (§ 551 ZPO) versäumt haben. Hingegen ist die Revision der Klägerin zulässig und begründet.
1. Die Statthaftigkeit der Revision der Klägerin scheitert nicht an der fehlenden Zulassung des Rechtsmittels für diese Partei (§ 543 Abs. 1 ZPO). Zwar hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die Beklagten beschränken können, nachdem es die von ihm als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfragen der Verjährung und des Fristablaufs nach dem Hessischen Nachbarrechtsgesetz ausschließlich zu deren Ungunsten entschieden hat (vgl. BGHZ 7, 62, 63; 130, 50, 59; MünchKomm-ZPO/Wenzel, Aktualisierungsband, § 543 Rdn. 33). Es hat jedoch in den Tenor eine solche Beschränkung nicht aufgenommen. Auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, die
für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision ebenfalls heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 8. März 1995, VIII ZR 156/94, NJW 1995, 1481, 1482; Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486), ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung der Revision nicht mit der gebotenen Deutlichkeit (vgl. Senat, Urt. v. 11. Juli 2003, V ZR 430/02, Umdruck S. 7 f, insoweit in ZOV 2003, 310 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 7. Juli 1983, III ZR 119/82, NJW 1984, 615).
2. In der Sache selbst bejaht das Berufungsgericht zu Recht einen Abwehranspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. Dieser ergibt sich allerdings nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern als Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nicht beizutreten ist zudem der Auffassung des Berufungsgerichts, mit dem Abwehranspruch könne im vorliegenden Fall nicht die Entfernung der Fichte verlangt werden.

a) Eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin steht im vorliegenden Fall wegen der eingetretenen Substanzverletzung außer Frage (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 68). Nach den rechtsfehlerfreien - und von der Klägerin als ihr günstig hingenommenen - Feststellungen des Berufungsgerichts führte das Wurzelwerk der Fichte zu Druckschäden an der Mauer der Garage auf dem Grundstück der Klägerin. Die bereits eingetretenen Schäden am Mauerwerk begründen allerdings nicht die - für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche - Gegenwärtigkeit der Einwirkung. Es handelt sich hierbei vielmehr um die Folgen aus dem störenden Eingriff in das Grundeigentum der Klägerin, deren Beseitigung ausschließlich im Wege des Schadensersatzes verlangt werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Demgemäß zielt der geltend gemachte Ab-
wehranspruch auch auf die Ursache der Eigentumsbeeinträchtigung, die nach den getroffenen Feststellungen in dem über die Wurzeln abgeleiteten Winddruck auf den Stamm des Baumes zu sehen ist. Insoweit geht es der Klägerin darum, künftige weitere Störungen ihres Eigentums in Gestalt zusätzlicher Schäden am Mauerwerk abzuwenden. Hierfür gibt das Gesetz den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hingegen erstrebt die Klägerin nicht die Beseitigung von Baumwurzeln, die von dem Grundstück der Beklagten zu 2 her eindringen (vgl. dazu Senat, BGHZ 135, 235, 238 - Tennisplatz /Pappelwurzel; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung vorgesehen - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Folgerichtig hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wurzeln der Fichte über die Grenze hinweg in das Grundstück der Klägerin gewachsen sind.
Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sind erfüllt. Insbesondere spricht angesichts des bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriffs eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 1986, VI ZR 169/85, NJW 1986, 2503, 2505).

b) Der Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte zu 2 als Störerin. Insoweit ist unerheblich, daß sie den Baum nicht selbst angepflanzt, sondern das Grundstück bereits mit dem Baumbewuchs erworben hat, der eine weitere Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin besorgen läßt. Auch Störungen , die allein auf natürlichen Vorgängen beruhen - wie hier der Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand - können dem Grundstückseigentümer zurechenbar sein. So muß der Grundstückseigentümer z.B. dafür Sorge tragen,
daß Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen und die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigen. Das ergibt sich aus § 910 BGB (Senat, Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dringen die Wurzeln dagegen nicht in das Nachbargrundstück ein, üben sie jedoch unter dem Einfluß von Wind als zusätzlichem Naturereignis auf Grund der Hebelwirkung des Baumes einen das Nachbargrundstück schädigenden Druck aus, so kommt es nach der neueren Rechtsprechung des Senats darauf an, ob den Eigentümer des störenden Grundstücks eine "Sicherungspflicht" trifft (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 12, zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen - Kiefernadeln; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei u.a. entscheidend ist, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft der Beklagten zu 2 allein schon deswegen zu bejahen, weil sie den im Streit befindlichen Baum unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zum Grenzabstand (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) unterhält (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 - Kiefernadeln; zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen ).

c) Aus § 907 Abs. 2 BGB folgt kein Hindernis für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vorschrift nimmt Bäume und Sträucher von dem Anwendungsbereich des § 907 Abs. 1 BGB aus (vgl. Senat, Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, aaO). Betrifft sie danach lediglich den speziellen Abwehranspruch nach § 907 Abs. 1 BGB, so kann der
Regelung nichts für den hier entscheidenden allgemeinen Abwehranspruch aus § 1004 BGB entnommen werden.

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Verjährung des Unterlassungsanspruchs verneint. Hierfür ist zunächst das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung maßgebend, die vor dem 1. Januar 2002 galt (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterfielen dabei die Abwehransprüche aus § 1004 BGB der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. (Senat, BGHZ 60, 235, 238; BGHZ 125, 56, 63; Senat, Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM § 1004 BGB Nr. 156 jeweils für den Beseitigungsanspruch; Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556, insoweit in BGHZ 112, 1 nicht abgedruckt , für den Unterlassungsanspruch). Entscheidend für den Beginn dieser Verjährung ist entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 nicht etwa der Zeitpunkt der Anpflanzung, sondern gemäß § 198 BGB a.F. der Zeitpunkt der Entstehung des Unterlassungsanspruchs (Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, aaO). Das Berufungsgericht hat hierfür zutreffend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Mauerwerksschäden zu Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts abgestellt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2000 war mithin noch keine Verjährung eingetreten, so daß mit der Rechtshängigkeit die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen wurde. Seit dem 1. Januar 2002 ist an die Stelle der Unterbrechung die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. getreten (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB). Es führt hier im übrigen zu keinem anderen Ergebnis, wenn mit der Gegenauffassung eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs, weil dieser nur künftige Beeinträchtigungen abwenden solle, schlechthin (so etwa Staudinger /Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 218; MünchKomm-BGB/Medicus,
3. Aufl., § 1004 Rdn. 83 jeweils m.w.N.) oder mit Blick auf § 902 Abs. 1 BGB nur für Ansprüche aus dem Grundeigentum (so etwa LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338; Picker, JuS 1974, 357, 358 f) verneint wird.

e) Zur Erfüllung ihrer mithin zu bejahenden Unterlassungsverpflichtung schuldet die Beklagte zu 2 unter den gegeben Umständen die Entfernung der Rotfichte. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei lediglich verpflichtet, "geeignete Maßnahmen" vorzunehmen, um eine Beschädigung der Garagenwand durch das Wurzelwerk des Baumes zu verhindern.
aa) Ihrer Verurteilung zur Entfernung des Baumes steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 2 (lediglich) eine Unterlassungspflicht trifft. Läßt sich nämlich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, so schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun (Staudinger/Gursky, aaO, § 1004 Rdn. 204). Dabei geht das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht davon aus, daß der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, auf welchem Weg er die bevorstehende Eigentumsbeeinträchtigung abwendet (Senat, BGHZ 120, 239, 248; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, NJW 1983, 751, 752; vgl. auch Senat, BGHZ 111, 63, 72; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, NJW 1984, 1242, 1243). Dies hat seinen Grund in der Überlegung, daß die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seines Eigentums erfordert (Senat, BGHZ 67, 252, 253). Der Urteilsausspruch kann daher in der Regel nur allgemein auf Unterlassung von
Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, aaO).
bb) Folgerichtig steht aber einer Verurteilung zu einer konkreten Maßnahme dann nichts im Wege, wenn nur sie den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet (vgl. Senat, BGHZ 67, 252, 254; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, aaO). Nichts anderes kann gelten, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (so wohl auch MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 86). In dieser Lage fehlt es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Störers, zwischen verschiedenen Abhilfemaßnahmen wählen zu können. Das Beharren auf einer solchen nur formalen Position ohne materiellen Gehalt läßt die Rechtsordnung nicht zu (vgl. Senat, BGHZ 105, 154, 158; BGHZ 100, 95, 105 jeweils zu § 242 BGB).
cc) Im vorliegenden Fall fehlt der Beklagten zu 2 nach vernünftigen Maßstäben das Interesse an anderen Abhilfemaßnahmen als dem Entfernen des Baumes. Zwar kommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwei weitere Möglichkeiten in Betracht, um den Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand zu verhindern. Dabei legt aber das Berufungsgericht selbst dem zuerst erwogenen Kappen des Baumes auf hälftiger Höhe "verheerende Folgen" bei. Es wäre nicht nur das Erscheinungsbild des Baumes unwiederbringlich zerstört, die Beklagte zu 2 müßte vielmehr mit dem Absterben des Baumes binnen weniger Jahre rechnen. Sie müßte zudem ein erneutes Wachsen des Baumes durch wiederholten Rückschnitt verhindern. Ein nachvollziehbarer Vorteil gegenüber einer Fällung der Fichte ist hiernach nicht zu erkennen. Dies gilt erst recht für die zweite vom Berufungsgericht festgestellte Alter-
native der "Umbauung des Baumes mit einem statisch gesicherten und stabilen Material." Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht, daß eine solche Maßnahme für die Beklagte zu 2 "wirtschaftlich und/oder ästhetisch … unsinnig" sein mag. Für ein gleichwohl vorhandenes vernünftiges Interesse der Beklagten zu 2 am Erhalt der Fichte in umbautem Zustand fehlt jeder Hinweis.
dd) Einer Verurteilung zur Beseitigung des Baumes auf Grund eines Unterlassungsanspruchs stehen die Regelungen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes (HNRG) nicht entgegen, obwohl nach der - für den Senat insoweit bindenden (§§ 560, 545 Abs. 1 ZPO) - Entscheidung des Berufungsgerichts der Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 1 HNRG einen Beseitigungsanspruch der Klägerin wegen des nicht eingehaltenen Grenzabstandes von 2 m (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) ausschließt. Eine solche landesgesetzliche Regelung kann - wie Art. 124 EGBGB zeigt - das Grundstückseigentum zugunsten des Nachbarn weitergehenden Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt dem Nachbarn Rechte nehmen, die sich für ihn aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergeben (vgl. Staudinger/Albrecht [1997], Art. 124 EGBGB Rdn. 8; MünchKomm -BGB/Säcker, 3. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1). Vorliegend gewährt das Landesrecht einen Anspruch auf Entfernung des Baumes allein schon deswegen, weil der maßgebende Grenzabstand nicht eingehalten ist. Daneben besteht ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der von zusätzlichen Voraussetzungen , insbesondere einer zu besorgenden weiteren Eigentumsbeeinträchtigung abhängig ist. Der Ausschluß des für den Nachbarn vorteilhafteren landesrechtlichen Anspruchs bleibt mithin auf seinen Anwendungsfall beschränkt und läßt einen konkurrierenden - nur unter strengeren Voraussetzungen begründeten - Anspruch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch unberührt.
Insbesondere ändert die Verwirklichung des Ausschlußtatbestandes des § 43 Abs. 1 HNRG nichts an der Störereigenschaft der Beklagten zu 2 (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 14 - Kiefernadeln) und steht Abwehransprüchen aus § 1004 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn sich die nicht zu duldenden Einwirkungen aus dem weiteren Wachstum des Baumes ergeben (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 7 - Kiefernadeln).
3. Das Berufungsurteil hat demnach keinen Bestand, soweit es die Abweisung des in erster Linie verfolgten Antrags auf Entfernung des Baumes bestätigt (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO.
Soweit die Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, war sie nach § 708 Nr. 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 46/10 Verkündet am:
17. Dezember 2010
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Februar 2010 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 21. November 2008 im Urteilsausspruch zu Nr. 1 unter Teilabweisung der Klage hinsichtlich des weitergehenden Unterlassungsanspruchs geändert und wie folgt gefasst: "Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgelds von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, ungenehmigte , nach dem 23. August 1994 angefertigte Filmaufnahmen der von der Klägerin gemäß dem Staatsvertrag über ihre Errichtung vom 23. August 1994 verwalteten Gebäude, Denkmäler, Gartenanlagen und sonstigen Kulturgüter zu vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder verbreiten/verbreiten zu lassen, soweit die Aufnahmen innerhalb der von der Klägerin verwalteten Anlagen gefertigt wurden." Die Berufung des Beklagten wird hinsichtlich des Urteilsausspruchs zu Nr. 2 (Auskunft) in dem vorbezeichneten Urteil des Landgerichts Potsdam zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten BerlinBrandenburg , die durch Staatsvertrag der beiden Länder errichtet wurde. Zu ihren Aufgaben zählt es, die ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren, unter Berücksichtigung historischer, kunst- und gartenhistorischer sowie denkmalpflegerischer Belange zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie verwaltet über 150 historische Bauten und rund 800 Hektar Gartenanlagen in Berlin und Brandenburg, unter anderem Sanssouci, Cecilienhof, Park und Schloss Rheinsberg, Schloss Charlottenburg, Jagdschloss Grunewald sowie die Pfaueninsel. Ein großer Teil dieser - der Klägerin zu Eigentum übertragenen - Bauten und Gartenanlagen ist in die Welterbe-Liste der UNESCO aufgenommen worden; sie alle gehören zu den beliebtesten touristischen Zielen im Berliner Raum.
2
Der Beklagte bietet über einen von ihm betriebenen Verlag Filme über verschiedene Regionen und Orte in Deutschland an, darunter eine DVD über die Stadt Potsdam und ihre Parkanlagen und Schlösser.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte dürfe diese DVD ohne ihre - hier nicht erteilte - Genehmigung nicht vermarkten. Soweit im Revisionsverfahren noch im Streit, verlangt sie von dem Beklagten, es zu unterlassen, Filmaufnahmen der von ihr verwalteten Kulturgüter zu vervielfältigen oder zu verbreiten , soweit diese nicht von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der verwalteten Anlagen angefertigt wurden. Darüber hinaus begehrt sie Auskunft unter anderem über die Anzahl der verkauften DVDs und die damit erzielten Einnahmen. Schließlich möchte sie die Ersatzpflicht des Beklagten für bereits entstandene und zukünftig noch entstehende Schäden festgestellt wissen.
4
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen (CR 2010, 393). Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision möchte die Klägerin eine Verurteilung des Beklagten entsprechend den in der Berufungsinstanz noch anhängigen Klageanträgen erreichen. Der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht verneint einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach §§ 903, 1004 BGB. Der Schutz des Eigentums erfasse lediglich die Sachsubstanz und deren Verwertung. Die bloße Ablichtung der Sache stelle daher ebenso wenig wie die nachfolgende Verwertung der Aufnahmen eine Be- einträchtigung des Eigentums dar. Anders als ein privater Eigentümer könne die Klägerin auch nicht kraft ihres Hausrechts den Zutritt zu ihrem Grundbesitz beliebig beschränken oder von Bedingungen, was die Zulässigkeit des Filmens anbelange, abhängig machen. Die in dem Staatsvertrag über die Gründung der Klägerin begründete Teilhabe der Öffentlichkeit an den mit Weltrang ausgestatteten Kulturgütern erfordere vielmehr deren vielfältige Darstellung und stehe deshalb einem ausschließlichen Verwertungsrecht der Klägerin entgegen. Soweit diese in einer Richtlinie bestimmt habe, dass gewerbliche Filmaufnahmen in den Parkanlagen der vorherigen Zustimmung bedürften, fehle es ihr an der erforderlichen Regelungskompetenz. Ein vertraglicher, auf die Bestimmungen der von der Klägerin erlassenen Parkordnung gestützter Anspruch scheitere daran, dass dem bloßen Betreten der Parkanlagen kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukomme.

II.

6
Die uneingeschränkt eingelegte Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere ordnungsgemäß begründet (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO), obwohl sich die Revisionsbegründung ausschließlich mit dem Unterlassungsanspruch, nicht aber mit den zusätzlich geltend gemachten Ansprüchen auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht auseinandersetzt. Zwar ist in den Fällen einer - hier gegebenen - objektiven Anspruchshäufung (§ 260 ZPO) grundsätzlich auf alle Ansprüche einzugehen, hinsichtlich deren eine Abänderung beantragt ist (BGH, Urteile vom 29. November 1956 - III ZR 4/56, BGHZ 22, 272, 278 und vom 29. November 1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684; MünchKommZPO /Wenzel, 3. Aufl., § 551 Rn. 20 mwN). Das ist jedoch hier deshalb nicht erforderlich, weil das Berufungsgericht aus der Unbegründetheit des Unterlassungsanspruchs ohne weiteres auf das Nichtbestehen der weiteren Ansprüche geschlossen hat.

III.

7
Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.
8
1. Die Klägerin kann nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB von dem Beklagten verlangen, dass dieser keine Filmaufnahmen verwertet, die innerhalb der von der Klägerin verwalteten Parkanlagen und Gärten gefertigt wurden.
9
a) Die Verwertung dieser Filmaufnahmen verletzt nämlich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts das Grundstückseigentum der Klägerin.
10
aa) Das Filmen eines fremden Grundstücks, insbesondere eines darauf errichteten Gebäudes, lässt zwar dessen Sachsubstanz unberührt. Es hat keine Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst, hindert den Eigentümer nicht daran, mit dem Grundstück weiterhin nach Belieben zu verfahren und stört ihn grundsätzlich auch nicht in seinem Besitz.
11
bb) Das Eigentum an einem Grundstück wird aber dann durch (das Anfertigen und) die Verwertung von Filmaufnahmen von auf ihm errichteten Gebäuden und auf ihm angelegten Gartenanlagen beeinträchtigt, wenn das Grundstück zur Anfertigung solcher Aufnahmen betreten wird.
12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Filmen eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Filmaufnahmen allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), gefilmt werden und solche Filmaufnahmen verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
13
(2) Dieser Gesichtspunkt greift aber nicht, wenn das Gebäude oder der Garten - wie hier - nicht von allgemein zugänglichen Stellen, sondern von dem Grundstück aus, auf dem sie sich befinden, gefilmt werden (sollen). Dann hängt die Möglichkeit, das Gebäude oder den Garten zu filmen, entscheidend davon ab, ob der Grundstückseigentümer den Zugang zu seinem Grundstück eröffnet und unter welchen Bedingungen dies geschieht. Die Entscheidung darüber steht, von noch zu erörternden Grenzen abgesehen, nach § 903 BGB im Belieben des Grundstückseigentümers. Er ist nicht gezwungen, den Zugang zu seinem Grundstück nur vollständig zu gestatten oder vollständig zu versagen. Er kann ihn auch eingeschränkt öffnen und sich etwa das Filmen seines Anwesens und die Verwertung solcher Filme vorbehalten. Diese Befugnis des Grundstückseigentümers erkennt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an (Urteile vom 13. Oktober 1965 - Ib ZR 111/63, BGHZ 44, 288, 295, vom 20. September 1974 - I ZR 99/73, NJW 1975, 778, 779, vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 unter I. 2 b aEund vom 8. November 2005 - KZR 37/03, BGHZ 165, 62, 70 für Tonübertragung aus einem Fußballstadion). Diese Rechtsprechung hat Zustimmung (OLG Köln, NJW 2004, 619, 620; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rn. 13; RGRK/Pikart, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 144; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 71; Prengel, Bildzitate von Kunstwerken als Schranke des Urheberrechts und des Eigentums mit Bezügen zum Internationalen Privatrecht, fortan Bildzitate, S. 214 ff.; vgl. auch schon KG, OLGE 20, 402, 403), aber auch Kritik erfahren (Soergel/Münch, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 62; Staudinger/Gursky, BGB [2006] § 1004 Rn. 80; Dreier in Dreier /Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 59 Rn. 14, S. 938; Kübler in Festschrift Baur, [1981] S. 51, 61 f.; Lehment in Festschrift Raue [2006] S. 515, 520 f.; Löhr, WRP 1975, 523, 524; Schmieder, NJW 1975, 1164; i.E. wohl auch MünchKomm -BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rn. 32; differenzierend Beater, JZ 1998, 1101, 1106).
14
(3) Ein Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht nicht.
15
(a) Sie führt, anders als die Kritik einwendet, nicht dazu, dass ein der zivilrechtlichen Eigentumsordnung unbekanntes "Recht am Bild der eigenen Sache" begründet wird. Ein ausschließliches Recht, Abbilder herzustellen und zu verwerten, wie es den Inhabern von Urheber- und Immaterialgüterrechten zusteht , steht dem Grundstückseigentümer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon von vornherein nicht zu. Er hat ein solches Recht nur, wenn sein Grundstück betreten werden soll, um Abbilder insbesondere von Gebäuden und Gärten anzufertigen, die sich darauf befinden, und die Abbilder dann zu verwerten. Dabei handelt es sich aber nicht um ein neben das Eigentum tretendes eigenständiges Recht. Die Verwertungsbefugnis beruht vielmehr auf dem Grundstückseigentum selbst, das das Recht umfasst, aus dem Grundstück Früchte zu ziehen. Zu diesen Früchten gehören nach § 99 Abs. 3 BGB ebenso wie die Erträge etwa aus der Vermietung eines Schlosses als Kulisse für einen Kinofilm auch die Erträge aus der Verwertung von Filmaufnahmen der Gebäude und Gärten auf dem Grundstück (vgl. Prengel, Bildzitate, S. 217 f., der allerdings auf Gebrauchsvorteile abstellt). Zu einem ausschließlichen Verwertungsrecht wird dieses Recht des Grundstückseigentümers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn Lage und Nutzung seines Grundstücks rein tatsächlich dazu führen, dass verwertungsfähige Aufnahmen nur von seinem eigenen Grundstück, nicht von öffentlichen Plätzen oder anderen Grundstücken aus angefertigt werden können.
16
(b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich auch dem Umstand, dass bei einem urheberrechtlich geschützten Werk das Vervielfältigungs - und Verbreitungsrecht ausschließlich dem Urheber zugewiesen ist (vgl. §§ 16, 17 UrhG), nicht die gesetzliche Wertung entnehmen, das äußere Erscheinungsbild der Sache sei einer Nutzung durch den Eigentümer generell entzogen (zweifelnd Dreier in Dreier/Schulze, aaO, § 59 Rn. 14 S. 938). Urheberrecht und Eigentum am Werkoriginal sind voneinander unabhängig und stehen selbständig nebeneinander (BGH, Urteil vom 23. Februar 1995 - I ZR 68/93, BGHZ 129, 66, 70). Die Eigentümerbefugnisse erfahren daher nur insoweit eine Einschränkung, als ihre Ausübung bestehende Urheberrechte verletzen würde (BGH, aaO, sowie Urteil vom 31. Mai 1960 - I ZR 53/58, BGHZ 33, 1, 15; Prengel, Bildzitate, S. 205 f.). Daraus ergibt sich, dass bei Werken, denen von vornherein kein urheberrechtlicher Schutz zukommt oder an denen zwischenzeitlich Gemeinfreiheit (§ 64 UrhG) eingetreten ist, einer Verwertung der Sachansicht durch den Eigentümer unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten nichts entgegen steht (Prengel aaO). So liegt es hier. Fremde Urheberrechte an den von der Klägerin verwalteten Kulturgütern bestehen nicht.
17
(c) Gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht einwenden, verwertet würden nur die Abbilder von Gebäuden und Gärten auf den Grundstücken der Klägerin. Diese Abbilder ordne die Rechtsordnung aber nicht dem Grundstückseigentümer , sondern deren Urheber zu. Diese Zuordnung besagt nämlich nur etwas über die Rechte des Urhebers gegenüber Dritten. Sie ändert aber nichts daran, dass der Urheber das Grundstückseigentum schon dadurch beeinträchtigt , dass er überhaupt ungenehmigt Abbilder von Gebäuden und Gärten auf dem Grundstück anfertigt. Eine solche Beeinträchtigung setzt nämlich, anders als der Beklagte offenbar meint, keine Beschädigung des Grundstücks im physischen Sinne des Wortes voraus. Das Eigentum kann vielmehr auch dadurch beeinträchtigt werden, dass es, ohne beschädigt zu werden, in einer dem Willen des Eigentümers widersprechenden Weise genutzt wird (BGH, Urteile vom 15. September 2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702 und vom 16. März 2006 - I ZR 92/03, NJW-RR 2006, 1378: Befüllung eines Gastanks mit fremder Ware; ähnlich auch OLG Dresden, NJW 2005, 1871: Benutzen eines Gebäudes als Projektionsfläche ). So liegt es bei der ungenehmigten Anfertigung von Abbildern von Gebäuden und Gärten von dem Grundstück aus, auf dem sie stehen. Diese Beeinträchtigung des Eigentums wird durch die ebenfalls ungenehmigte Verwertung der ungenehmigten Abbilder vertieft und im Verhältnis zum Grundstückseigentümer nicht dadurch gerechtfertigt, dass eine Verwertung seiner Filme durch Dritte nur der Urheber, nicht der Grundstückseigentümer erlauben könnte.
18
(4) Die Verwertungsbefugnis der Klägerin hängt auch nicht davon ab, ob sie, wie die Revisionserwiderung ferner geltend macht, jedermann freien Zutritt zu den von ihr verwalteten Parkanlagen gewährt und ob diese Parkanlagen lückenlos eingefriedet sind oder nicht. Nach der erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (oben (1) und (2)) kann der Grundstückseigentümer einer Verwertung von Filmaufnahmen seines Grundbesitzes zwar nicht entgegentreten , soweit sie von öffentlich zugänglichen oder anderen Stellen außerhalb des Grundstücks aus angefertigt wurden. In diesem Sinne öffentlich zugänglich sind die Parkanlagen der Klägerin aber nicht, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat. Der tatsächlich freie Zugang zu diesen Parkanlagen beruht auf einer Entscheidung der Klägerin, die sie im Rahmen des ihrer Errichtung zugrunde liegenden Staatsvertrags der Länder Berlin und Brandenburg vom 23. August 1994 (GVBl. Bln S. 515 = GVBl. BB 1995 I S. 2 fortan: StV) und ih- rer auf Grund von Art. 6 StV erlassenen Satzung (vom 18. Februar 1998, ABl. BB - Amtl. Anzeiger - S. 1114 - fortan Satzung) jederzeit ändern kann.
19
b) Auch der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine dem öffentlichen Recht unterliegende Stiftung handelt, führt vorliegend nicht zu einer Einschränkung ihrer Eigentümerbefugnisse.
20
aa) Als juristische Person des öffentlichen Rechts kann die Klägerin zwar grundsätzlich alle Rechte geltend machen, die die einfache Rechtsordnung an das Eigentum knüpft (Maunz/Dürig/Papier, GG, Stand 2002, Art. 14 Rn. 212; vgl. auch BVerfGE 98, 17, 47). Nimmt sie dabei aber eine öffentliche Aufgabe wahr, hat sie auch bei der Wahrnehmung ihrer Rechte nach §§ 903, 1004 BGB die öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu beachten (Senat, Urteile vom 26. Oktober 1960 - V ZR 122/59, BGHZ 33, 230, 231 f., vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 98 und vom 4. Mai 2007 - V ZR 162/06, ZOV 2007, 30; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 903 Rn. 1). Eine solche Fallgestaltung ist hier gegeben. Die Klägerin hat nach Art. 2 Abs. 1 StV und nach § 1 der Satzung unter anderem die Aufgabe, die ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die wissenschaftliche Auswertung dieses Kulturbesitzes zu ermöglichen.
21
bb) Weder dieser Aufgabe noch den Regelungen zu deren Wahrnehmung kann indessen ein Recht des Beklagten, unabhängig von einem Einverständnis der Klägerin, gewerbliche Filmaufnahmen in den Parkanlagen anzufertigen , entnommen werden (aA Ernst, ZUM 2009, 434 f.).
22
(1) Die von der Klägerin verwalteten Anwesen sind zwar seit langem der Öffentlichkeit zugänglich. Das beruht aber nicht darauf, dass sie wie etwa öffentlichen Straßen und Plätze dem Gemeingebrauch gewidmet wären. Sie sind vielmehr Denkmäler und Kulturgüter, die im Interesse der Allgemeinheit erhal- ten und ausgewertet werden sollen und der Öffentlichkeit zugänglich sind, soweit dieser Zweck das zulässt. Diese Zweckbestimmung haben die Länder Berlin und Brandenburg in Art. 2 StV neu bestimmt. Danach richtet sich, ob und unter welchen Bedingungen die Öffentlichkeit Zugang zu diesen Anwesen hat.
23
(2) In dem Staatsvertrag haben die beiden Länder die von der Klägerin verwalteten Anwesen keineswegs uneingeschränkt oder überhaupt dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Sie haben sich vielmehr verpflichtet, die Anwesen der Klägerin zur Erfüllung ihrer in dem Staatsvertrag bestimmten Aufgaben zu übertragen. Danach ist die Klägerin, wie bereits angesprochen, zwar einerseits verpflichtet , die Anwesen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie hat dabei aber andererseits historische, kunst- und gartenhistorische und denkmalpflegerische Gesichtspunkte zu berücksichtigen und eine Auswertung dieses Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit insbesondere in Wissenschaft und Bildung zu ermöglichen. Daraus ergibt sich keine Verpflichtung der Klägerin, das Betreten der von ihr verwalteten Anwesen überhaupt uneingeschränkt und speziell auch zu gewerblichen Zwecken zu erlauben. Die Klägerin hat vielmehr die Verwaltung der ihr übergebenen Kulturgüter nach Art. 2 Abs. 1 StV und § 1 Abs. 1 der Satzung so zu organisieren, dass sie den unterschiedlichen, teilweise auch divergierenden Zielsetzungen gerecht wird und diese zu einer praktischen Konkordanz bringt. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung hat sie dabei nicht dem Ziel, die Bevölkerung und Besucher an den kulturhistorisch bedeutenden Bauten und Anlagen teilhaben zu lassen, den Vorrang einzuräumen, sondern der Erhaltung und Pflege des Kulturguts. Damit korrespondiert die Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 der Satzung, wonach die Klägerin eine "denkmalverträgliche Nutzung der Kulturdenkmale, insbesondere als Museum durch die Öffentlichkeit" zu ermöglichen hat.
24
(3) Das gilt auch für die Parkanlagen. Auch sie sind in erster Linie als Kulturgut zu erhalten und zu pflegen. Allerdings sehen Art. 2 Abs. 2 Satz 4 StV und § 2 Abs. 2 der Satzung vor, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Bewahrung und Pflege der Schlossgärten und Parkanlagen deren weitere Nutzung als Erholungsgebiet zu gewährleisten hat. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 der Satzung wird für die Benutzung der Schlossgärten und Parkanlagen kein Eintrittsgeld erhoben. Beide Regelungen zielen aber darauf ab, dem ideellen Interesse der Öffentlichkeit an dem Zugang zu diesen Anwesen Rechnung zu tragen. Für eine gewerbliche Nutzung, um die es hier geht, gelten diese Regelungen nicht. Dies wird schon darin deutlich, dass für "Veranstaltungen" in den Schlossgärten und Parkanlagen nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 der Satzung ein Entgelt erhoben werden kann und die Stiftung durch § 2 Abs. 3 Satz 2 der Satzung ermächtigt wird, weitere Ausnahmen von der Eintrittsfreiheit festzusetzen. Vor allem aber sieht Art. 2 Abs. 6 StV für die "Vergabe" von Schlossräumen und Freiflächen Sonderregelungen vor. Eine solche über die private Nutzung der Freiflächen zu Erholungszwecken hinausgehende Nutzung soll inhaltlich nur erlaubt werden, wenn dies denkmalpflegerischen und konservatorischen Belangen Rechnung trägt (Art. 2 Abs. 6 Satz 1 StV). Dafür können nach Art. 2 Abs. 6 Satz 4 StV Nutzungsgebühren festgesetzt werden.
25
(4) Die Herstellung von Filmaufnahmen zur gewerblichen Verwertung stellt sich demnach als eine die Grenzen des der Öffentlichkeit nach dem Staatsvertrag zu gewährenden Zugangs überschreitende besondere Nutzung dar und muss deshalb von der Klägerin nicht hingenommen werden (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 1960 - V ZR 122/59, BGHZ 33, 230, 232). Die Klägerin kann (und wird) zwar im Hinblick auf Art. 3 GG verpflichtet sein, dem Beklagten im Rahmen ihrer Nutzungsbedingungen gegen Zahlung des dort vorgesehenen Entgelts Filmaufnahmen zu gewerblichen Zwecken zu gestatten. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Gestattung gewerblicher Filmaufnahmen be- steht aber nicht. Sie lässt sich auch nicht damit begründen, dass gewerbliche Filmaufnahmen sich (im Einzelfall) als nicht störend erweisen (a. A. Maaßen, GRUR 2010, 880, 884).
26
cc) Etwas anderes ergibt sich, anders als das Berufungsgericht meint, auch nicht aus der besonderen Bedeutung der von der Klägerin verwalteten Kulturgüter als Bestandteil des UNESCO-Welterbes. Die Aufnahme eines Kulturguts in die Liste des Erbes der Welt der UNESCO nach Art. 11 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (vom 16. November 1972, BGBl. 1977 II S. 213 fortan Übereinkommen) führt nicht dazu, dass der betroffene Vertragsstaat seiner Bevölkerung den Zugang hierzu öffnen müsste. Sie eröffnet der UNESCO vielmehr die Möglichkeit, den Vertragsstaat bei seiner ihm nach Art. 4 des Übereinkommens obliegenden Pflicht, die auf seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kulturgüter zu erfassen und zu schützen , durch eine finanzielle Zuwendung nach Art. 19 des Übereinkommens zu unterstützen. Auch die Verpflichtung nach Art. 27 des Übereinkommens, die Würdigung und Achtung der Kulturgüter in der Bevölkerung zu stärken, beschränkt den Vertragsstaat nicht in seinem Recht zur Verwertung von Filmaufnahmen der Gebäude und Anlagen, jedenfalls soweit zu deren Herstellung ein Betreten der Grundstücke erforderlich ist.
27
c) Der Beklagte ist passivlegitimiert, weil er die Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin als Handlungsstörer adäquat verursacht hat (vgl. Senat, Urteil vom 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432 Rn. 9 mwN). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob er - wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - die von der Klägerin beanstandeten Filmaufnahmen selbst angefertigt oder ob er eine andere Person mit der Herstellung beauftragt hat. Denn auch im zweiten Fall haftet er für die Handlung des Dritten (sog. mittelbarer Störer, vgl. Senat, Urteil vom 24. November 1967 - V ZR 196/65, BGHZ 49, 340, 347; Urteil vom 7. April 2000 - V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 203). Dass der Beklagte für die Produktion der von ihm vertriebenen DVD auf fremdes Bildund Filmmaterial zurückgegriffen hat, wird nicht geltend gemacht.
28
d) Auch die weiter erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor. Schon die einmalige rechtswidrige Verwendung der DVD durch den Beklagten begründet nämlich die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036 mwN).
29
e) Über den Unterlassungsanspruch hat der Senat nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Entscheidung insoweit nur von der zu bejahenden Rechtsfrage abhängt, ob die Anfertigung von Filmaufnahmen der Gebäude und Gartenanlagen der Klägerin von deren Grundbesitz aus und die gewerbliche Vervielfältigung und Verbreitung solcher Filmaufnahmen eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin darstellt und der Rechtsstreit insoweit entscheidungsreif ist. Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen , dass der von der Klägerin gestellte Klageantrag zu 1 in mehrerer Hinsicht über das Gewollte und das ihr nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Zustehende hinausgeht.
30
aa) Die Parteien streiten nur darüber, ob der Beklagte Filmaufnahmen vervielfältigen und verbreiten darf, die er ohne Erlaubnis der Klägerin innerhalb der von dieser verwalteten Parkanlagen und Gärten aufgenommen hat. Soweit der Klageantrag zu 1 demgegenüber nur solche Filmaufnahmen von dem Unterlassungsgebot ausnimmt, die von einer "öffentlich zugänglichen Stelle" aus hergestellt wurden, geht er über das eigentliche Rechtsschutzziel, aber auch über das hinaus, was die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangen kann. Das ihr Zustehende ist jedoch als Minus in dem An- trag enthalten (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 1998 - I ZR 74/96, NJW 1999, 2193 und vom 10. Dezember 1998 - I ZR 141/96, NJW 1999, 1332, 1334; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 253 Rn. 13b). Das beantragte Unterlassungsgebot ist deshalb entsprechend einzuschränken.
31
bb) Der Antrag erfasst zudem, worauf der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht aufmerksam gemacht hat, die Verbreitung von Filmaufnahmen unabhängig von dem Zeitpunkt, zu welchem sie angefertigt worden sind, und damit auch "Altaufnahmen" aus der Zeit vor dem Abschluss des Staatsvertrags über die Errichtung der Klägerin am 23. August 1994. Dass und aus welchen Gründen die Klägerin berechtigt wäre, die Verletzung der Rechte des früheren Eigentümers auch insoweit geltend zu machen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem Staatsvertrag kann insoweit nur die Verpflichtung entnommen werden, der Stiftung nicht nur das Eigentum an den Anwesen, sondern auch alle von dem Abschluss des Staatsvertrags bis zur tatsächlichen Übertragung des Eigentums neu entstehenden Ansprüche aus dem Eigentum zu übertragen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 49/08, NJW 2009, 847, 848 Rn. 24, insoweit in BGHZ 179, 146 nicht abgedruckt). Eine weitergehende Übertragung von Rechten ist ihm dagegen nicht zu entnehmen. Auch insoweit ist die Verurteilung des Beklagten einzuschränken.
32
2. Ein weitergehender Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einem durch das Betreten des Grundstücks etwa (konkludent) zustande gekommenen Benutzungsvertrag (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 1956 - V ZR 223/54, BGHZ 21, 319, 333). Dazu könnte es nur kommen, wenn der Besucher eines der von der Klägerin verwalteten Anwesen mit dessen Betreten eindeutig (zu diesem Erfordernis: Senat, Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 197/04, BGH-Report 2006, 4, 5) auf die Rechte verzichtete, die ihm ohne Betreten des Grundstücks kraft Gesetzes zustehen. Dafür ist nichts ersichtlich.
33
3. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin die beantragte Auskunft zu erteilen. Auch insoweit ist der Rechtsstreit entscheidungsreif.
34
Für den Fall einer Urheberrechtsverletzung ist anerkannt, dass der Verletzte vom Verletzer zur Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs oder eines auf Herausgabe des Erlangten gerichteten Bereicherungsanspruchs nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Auskunftserteilung verlangen kann. Das setzt voraus, dass der Verletzte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Anspruchs auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich im Ungewissen ist und sich die zur Durchsetzung dieser Ansprüche notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann, während der Verletzer sie unschwer, das heißt ohne unbillig belastet zu sein, erteilen kann (vgl. etwa BGH, Urteile vom 5. Juni 1985 - I ZR 53/83, BGHZ 95, 274, 278 f. und vom 29. April 2010 - I ZR 68/08, NJW 2010, 2354, 2357 f. Rn. 43 mwN). Diese Grundsätze sind auf eine Beeinträchtigung des Eigentümers in seiner Befugnis zur Verwertung des Erscheinungsbildes der Sache übertragbar. Danach ist der Beklagte zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die Klägerin hat keine andere Möglichkeit, an die beantragten Auskünfte zu gelangen.

IV.

35
Der von der Klägerin weiterhin geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht lässt sich nicht mit der Begründung verneinen, es fehle schon an einer Beeinträchtigung des Eigentums.
36
Die Sache ist hinsichtlich dieses Anspruchs nicht zur Entscheidung reif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - insbesondere die er- forderlichen Feststellungen zum Verschulden des Beklagten noch nicht getroffen hat. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
37
Ein auf die Feststellung der Ersatzpflicht für bereits entstandene Schäden gerichtetes Interesse der Klägerin wird durch die Möglichkeit einer Stufenklage (§ 254 ZPO) grundsätzlich nicht ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 277/00, NJW 2003, 3274, 3275; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl., § 256 Rn. 14). Für die dazu erforderliche Feststellung des Verschuldens des Beklagten könnte bedeutsam sein, dass der Umfang der Nutzungsbefugnisse der Besucher der Schlossgärten und Parkanlagen der Klägerin angesichts des grundsätzlich freien Zutritts möglicherweise bislang nicht hinreichend deutlich war. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 21.11.2008 - 1 O 330/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 18.02.2010 - 5 U 14/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 230/11 Verkündet am:
21. September 2012
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Überlässt der Halter sein Fahrzeug einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr
, ist er Zustandsstörer, wenn es unberechtigt auf einem fremden Grundstück
abgestellt wird. Auch nach Beendigung der Störung kann er Schuldner eines
Unterlassungsanspruchs sein.
BGH, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11 - LG Stuttgart
AG Kirchheim unter Teck
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2012 durch die Richter Dr. Lemke und Dr. Roth, die
Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 8. September 2011 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussrevision des Klägers wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Kirchheim unter Teck vom 28. März 2011 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Halter eines Sportwagens. In den Abendstunden des 20. August 2010 war das Fahrzeug für etwa zwei Stunden auf dem durch ein privates Halteverbotsschild gekennzeichneten, von dem Kläger gemieteten Geschäftsgrundstück unbefugt abgestellt. Nach Ermittlung des Fahrzeughalters wandte sich der Kläger an einen Rechtsanwalt. Auf dessen Aufforderung gab der Beklagte, der vorträgt, er selbst habe den Sportwagen dort nicht geparkt, eine Unterlassungserklärung ab, ohne jedoch die geforderte Strafbewehrung zu akzeptieren. Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten, unter Meidung eines Ordnungsgeldes es zu unterlassen, den Sportwagen selbst oder durch eine dritte Person auf seinem Geschäftsgrundstück abzustellen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung und der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat den Beklagten zur Unterlassung sowie zur Erstattung der Kosten für die Halterermittlung verurteilt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchte der Beklagte eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Der Kläger verfolgt mit der Anschlussrevision den Antrag auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten weiter. Beide Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des anderen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht bejaht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Beklagte sei mittelbarer Handlungsstörer oder Zustandsstörer, da er als Halter des Sportwagens durch dessen Weitergabe an einen Dritten eine adäquate Ursache dafür gesetzt habe, dass sein Fahrzeug unberechtigt abgestellt werden könne. Aufgrund des gesamten Verhaltens des Beklagten liege eine Wiederholungsgefahr vor. Der Kläger könne gemäß §§ 670, 677, 683 BGB auch Ersatz der Kosten der Halterfeststellung verlangen. Ein Aufwendungsersatzanspruch für die vorgerichtlichen Anwalts- kosten bestehe dagegen nicht, da die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts in der konkreten Situation nicht erforderlich gewesen sei.

II.

3
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch und ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Halterermittlung zu.
4
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB bejaht.
5
a) Das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf dem von dem Kläger gemieteten Grundstück stellt eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB dar (Senat, Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 13). Ob es sich hierbei um eine Besitzstörung oder um eine teilweise Besitzentziehung handelt, ist für die weitere rechtliche Beurteilung ohne Belang, da § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den Fall der Besitzentziehung entsprechende Anwendung findet (Staudinger/Bund, BGB [2008], § 861 Rn. 3; MünchKommBGB /Joost, 5. Aufl., § 861 Rn. 17).
6
b) Der Beklagte war gegenüber dem Kläger als Zustandsstörer verantwortlich.
7
aa) Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zure- chenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (Senat, Urteil vom 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432; Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 105; Urteil vom 11. Juni 1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 69 f., jeweils mwN).
8
bb) Danach war der Beklagte hinsichtlich der durch das parkende Fahrzeug hervorgerufenen Beeinträchtigung des Besitzes des Klägers Zustandsstörer. Er beherrschte die Quelle der Störung, da er - bei entsprechender Information durch den beeinträchtigten Besitzer - als Halter des Fahrzeugs in der Lage war, das Fahrzeug wegzufahren. Ihm war die Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Indem er sein Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hat, hat er das Risiko übernommen, dass sich der Nutzer nicht an die allgemeinen Verhaltensregeln hält und das Fahrzeug unberechtigt auf fremdem Privatgrund abstellt. Da das Falschparken auf einem Privatgrundstück kein außergewöhnliches Verhalten eines Verkehrsteilnehmers darstellt, mit dem der Halter nicht zu rechnen hat, ist es sachgerecht, ihm als Halter die Verantwortung aufzuerlegen, wenn sich die mit der freiwilligen Fahrzeugüberlassung geschaffene Gefahr des unberechtigten Parkens tatsächlich realisiert (vgl. Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550, 2551; aA Woitkewitsch, MDR 2005, 1023, 1026).
9
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr bejaht. Die von dem Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung hat die Wiederholungsgefahr nicht entfallen lassen.
10
aa) Die Revision meint, als Zustandsstörer könne der Beklagte zwar auf Beseitigung einer bestehenden Störung, nicht aber auf künftige Unterlassung in Anspruch genommen werden, da dem Fahrzeug selbst nicht ein für das Geschäftsgrundstück des Klägers gefahrenträchtiger Zustand innewohne. Dem ist nicht zuzustimmen. Es kommt nicht darauf an, ob es sich bei dem Falschparken um eine dem Fahrzeug "innewohnende Schadensanlage" handelt (so aber LG München I, DAR 2009, 591 und AG Darmstadt, NJW-RR 2003, 19, 20). Denn die Verantwortlichkeit des Beklagten als Zustandsstörer ergibt sich nicht allein aus dessen Stellung als Halter des Fahrzeugs. Die Zurechnung der durch das Falschparken hervorgerufenen Besitzbeeinträchtigung beruht vielmehr darauf , dass diese mittelbar auf seinen Willen zurückging, indem er das Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung überlassen hat. Hieran ist auch bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr anzuknüpfen.
11
bb) Die tatrichterliche Würdigung, ob Wiederholungsgefahr besteht, ist im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (Senat, Urteil vom 14. Oktober 1994 - V ZR 76/93, NJW 1995, 132, 134). Solche liegen nicht vor.
12
Schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgrundstück des Klägers durch den Beklagten begründet die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 336; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036). Durch die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung hat der Beklagte die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt. Dies kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geschehen (BGH, Urteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, WM 2012, 1673, 1682; Urteil vom 3. Dezember 2009 - III ZR 73/09, MMR 2010, 173). Rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht auch in dem Umstand , dass der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen eine Ermahnung "an alle möglichen Nutzer" ausgesprochen hat, das Fahrzeug künftig nicht auf dem Geschäftsgrundstück des Klägers abzustellen, keinen Umstand, der es rechtfertigen würde, einen Wegfall der Wiederholungsgefahr anzunehmen.
13
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten von 5,65 € für die Halterermittlung bejaht. Diese Aufwen- dungen waren zur Vorbereitung der an den Beklagten gerichteten Unterlassungsaufforderung erforderlich und sind daher gemäß §§ 683, 677, 670 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759) ersatzfähig.

III.

14
Die Anschlussrevision des Klägers hat Erfolg. Die Begründung des Berufungsgerichts , mit der es einen Anspruch des Klägers gemäß §§ 683, 677, 670 BGB auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Aufforderung an den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ablehnt, hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
15
1. Nach § 670 BGB sind ersatzfähig solche Aufwendungen, die der Geschäftsführer den Umständen nach für erforderlich halten darf. Entscheidend ist, was er nach sorgfältiger Prüfung der ihm bekannten Umstände vernünftigerweise aufzuwenden hatte (RGZ 149, 205, 207; MünchKomm-BGB/Seiler, 5. Aufl., § 670 Rn. 9; PWW/Fehrenbacher, BGB, 7. Aufl., § 670 Rn. 5). Dies kann nicht allgemein bestimmt werden, sondern bemisst sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, deren Würdigung der tatrichterlichen Beurteilung obliegt.
16
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, es handle sich um einen einfach gelagerten Unterlassungsanspruch, für dessen Durchsetzung anwaltliche Hilfe nicht benötigt werde, steht im Widerspruch dazu, dass es zur Klärung der - in der Rechtsprechung kontrovers erörterten - Frage, ob gegenüber dem Fahrzeughalter ein Unterlassungsanspruch besteht, die Revision zugelassen hat. Soweit das Berufungsgericht zusätzlich darauf abstellt, dass der Kläger aus vorangegangenen Verfahren genau gewusst habe, was zu tun sei, vermag dies die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs ebenfalls nicht zu tragen. Zwar ist die Einschaltung eines Rechtsanwaltes dann nicht erforderlich, wenn der von der Störung Betroffene anlässlich vorangegangener Parkverstöße Dritter diese in der Vergangenheit anwaltlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat und er daher über die Vorgehensweise bei der Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs informiert ist. Zu Recht macht die Anschlussrevision mit der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Verfahrensrüge aber geltend, dass das Berufungsurteil keine Feststellungen enthält, die die Schlussfolgerung zuließen, der Kläger habe seine Rechte und die gebotene Vorgehensweise gekannt. Der bloße Hinweis auf nicht näher konkretisierte "vorangegangene Verfahren" vermag die erforderlichen konkreten Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht zu ersetzen. Insoweit ist das Urteil daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die Berechtigung des Anspruchs erneut prüfen kann.
Lemke Roth Brückner Weinland Kazele
Vorinstanzen:
AG Kirchheim unter Teck, Entscheidung vom 28.03.2011 - 1 C 713/10 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 08.09.2011 - 4 S 119/11 -

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Gründe

I.

1

Die Klägerin hat eine noch von der ehemaligen Deutschen Reichsbahn der DDR errichtete Sicherungsanlage an einem Bahnübergang einer Gemeindestraße durch eine neue Anlage ersetzt, die auch mit einem neu errichteten elektronischen Stellwerk kompatibel ist. Sie fordert von der straßenbaulastpflichtigen Beklagten auf der Grundlage von §§ 3, 13 des Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen - Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) - eine Kostenbeteiligung in Höhe von einem Drittel des aufgewendeten Betrags. Das Oberverwaltungsgericht hat im Berufungsrechtszug der Klage mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben: Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 3 EKrG lägen vor. Die Sicherheit des Verkehrs erfordere eine Baumaßnahme, wenn zusätzliche Anforderungen erfüllt werden sollten, die dem heute üblichen Standard entsprechen. Das zuvor installierte Blinklicht habe § 11 Abs. 6 EBO nicht genügt. Die Kosten des Umbaus seien in voller Höhe erstattungsfähig. Ein kostengünstigeres Verfahren sei nicht ersichtlich. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet gewesen, ein kostengünstigeres technisches Verfahren erst zu entwickeln. Der Senat habe auch keinen hinreichenden Anlass anzunehmen, dass die Errichtung der neuen Anlage durch den gleichzeitig erfolgten Neubau des Stellwerks teurer ausgefallen sei als bei Beibehaltung der bisherigen mechanischen Technik.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

II.

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensfehlers zuzulassen. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht.

4

1. Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärungspflicht getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines sogenannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zuletzt Beschlüsse vom 15. Februar 2013 - BVerwG 8 B 58.12 - juris Rn. 23, vom 17. Januar 2013 - BVerwG 7 B 18.12 - juris Rn. 15, vom 24. September 2012 - BVerwG 5 B 30.12 - juris Rn. 4, vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 7 B 43.11 - Buchholz 445.4 § 58 WHG Nr. 1 Rn. 20, vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264 und vom 19. August 2010 - BVerwG 10 B 22.10 - juris Rn. 10).

5

2. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass ein kostengünstigeres Verfahren zu der im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlichen Anpassung der Bahnübergangssicherungsanlage nicht gegeben sei. Den Vortrag der Beklagten zu einer Möglichkeit, die Regelungstechnik der alten Anlage den Sicherheitsanforderungen anzupassen, hat es mangels weiterer Ausführungen als spekulativ bezeichnet. Damit hat das Oberverwaltungsgericht der Sache nach darauf abgestellt, dass es das bereits mit Schriftsatz vom 28. August 2012 unterbreitete und in der mündlichen Verhandlung wiederholte Beweisangebot der Beklagten insoweit für unsubstantiiert erachtet hat. Dieser Einwand rechtfertigt es grundsätzlich, von weiterer Sachverhaltsaufklärung abzusehen (stRspr, Beschluss vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266). Die Beklagte zeigt nicht auf, dass dieser Ablehnungsgrund hier nicht trägt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Substantiierungsanforderungen, die sich auch nach der konkreten prozessualen Situation richten, nicht überspannt.

6

Die gebotene Substantiierung erschöpft sich nicht in der Nennung eines bestimmten Beweismittels und der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die das Beweisthema bezeichnet. Vielmehr verlangt das Substantiierungsgebot, dass die Tatsache vom Beteiligten mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird (Beschluss vom 2. November 2007 - BVerwG 7 BN 3.07 - juris Rn. 5). Der Beteiligte darf sich insoweit zwar insbesondere dann mit einer Vermutung begnügen, wenn die zu beweisenden Tatsachen nicht in seinen eigenen Erkenntnisbereich fallen (Beschluss vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264 = ). Auch setzt ein Antrag auf Sachverständigenbeweis nicht voraus, dass einzelne konkrete Tatsachen in das Wissen der auskunftgebenden Stellen gestellt werden, da der Sachverständige sein Gutachten über das Beweisthema gegebenenfalls aufgrund eigener Tatsachenermittlungen zu erstatten hat (Beschluss vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B 518.99 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60). Wenn die Gegenseite der Vermutung aber mit einer plausiblen Erklärung entgegengetreten ist, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Der Beteiligte muss sich damit auseinandersetzen und greifbare Anhaltspunkte benennen, die für seine Vermutung oder gegen die Erklärung der Gegenseite sprechen. Einer ohne Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten "ins Blaue hinein" aufrechterhaltenen Behauptung braucht das Gericht nicht nachzugehen (Beschluss vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14 =).

7

Hiernach musste das Oberverwaltungsgericht das Vorbringen der Beklagten nicht zum Anlass für eine weitere Sachaufklärung nehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat auf eine Stellungnahme des Eisenbahn-Bundesamts vom 1. Juli 2008 verwiesen. Danach waren zwei Unternehmen für sogenannte Nachrüstsätze für die auch am betroffenen Bahnübergang verwendete Sicherungsanlage der Bauart HS/HL 64b in den Jahren 1998 und 2001 Serienzulassungen erteilt worden. An mehrgleisigen Strecken seien die Umrüstungen wegen der dann nicht mehr gewährleisteten Mindesträumzeit bereits aufgrund eines Erlasses vom August 2001 bauaufsichtlich nicht mehr freigegeben worden (siehe Schreiben des EBA vom 28. August 2001). Die folglich erforderliche Weiterentwicklung der Nachrüstsätze sei nicht mehr vorgenommen worden. Die Beklagte trägt hierzu der Sache nach vor, dass der beanstandete sicherheitstechnische Unterschied von geringem Ausmaß und deswegen wohl behebbar gewesen sei. Sie zeigt indessen keinerlei Anhaltspunkte dafür auf, dass ungeachtet der Auskunft der zuständigen Aufsichtsbehörde eine genehmigungsfähige Umrüstungstechnik am Markt tatsächlich verfügbar gewesen sein könnte. Dafür ist vielmehr nichts ersichtlich. Denn ohne behördliche Zulassung, für die allein das Eisenbahn-Bundesamt zuständig ist, wäre eine gegebenenfalls kostspielige technische Entwicklung wirtschaftlich wertlos.

8

Vor diesem Hintergrund zielt das Vorbringen der Beklagten angesichts der im Schreiben des Eisenbahn-Bundesamts vom 28. August 2001 geäußerten Bitte um Prüfung, ob eine Ergänzung der für mehrgleisige Strecken unzureichenden Umrüstung der Anlagen technisch möglich sei, darauf ab, dass die Klägerin ein solches Verfahren selbst hätte entwickeln (lassen) müssen. Das Oberverwaltungsgericht ist indessen davon ausgegangen, dass die Klägerin hierzu nicht verpflichtet war. Dieser rechtliche Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts ist allein maßgeblich für den Umfang der Aufklärungspflicht (stRspr, vgl. Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> = Buchholz 451.171 § 7 AfG Nr. 5 S. 59).

9

3. Hinsichtlich der kostenmäßigen Auswirkungen der gleichzeitigen Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerks dringt die Beklagte mit ihrer Aufklärungsrüge ebenso wenig durch. Auch insoweit hat das Oberverwaltungsgericht eine substantiierte Beweisanregung vermisst. Das hierauf bezogene Beschwerdevorbringen führt nicht zur Zulassung der Revision.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat, wie oben dargelegt, verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass es mangels einer genehmigungsfähigen Möglichkeit einer Umrüstung der bestehenden Sicherungsanlage eines vollständigen Neubaus bedurfte. Bei der Beantwortung der anschließenden, bereits vom Eisenbahn-Bundesamt mit Schreiben vom 1. Juli 2008 aufgeworfenen Frage, ob die Anbindung an das erneuerte Stellwerk zu nicht nach §§ 3, 13 EKrG umlagefähigen Zusatzkosten geführt habe, ist die Klägerin in ihren Erläuterungen im Schriftsatz vom 27. August 2012 - im Anschluss an die Ausführungen im Erläuterungsbericht des Eisenbahn-Bundesamts von 16. Januar 2004 (Ziff. 1.3) - offensichtlich davon ausgegangen, dass als Ersatz lediglich die Errichtung einer elektronischen Bahnübergangssicherungsanlage in Betracht gekommen sei. Nur über die Kosten der Anbindung einer technisch so ausgestatteten Anlage an das Stellwerk hat sie Ausführungen gemacht. Dass die Einbindung in ein mechanisches Stellwerk wegen der dann unterschiedlichen technischen Standards kostenaufwändiger ist, erscheint nachvollziehbar. Hiergegen bringt die Beklagte substantiiert nichts vor.

11

Allerdings mag fraglich erscheinen, ob die Klägerin mit ihrer Antwort - und im Anschluss daran das Oberverwaltungsgericht - insoweit dem eigentlichen Anliegen der Beklagten Rechnung getragen haben. Der schon im Schriftsatz vom 28. August 2012 formulierte Einwand könnte auch in Zweifel ziehen, dass die Ersetzung der alten Bahnübergangssicherungsanlage durch eine den nunmehr gültigen Sicherheitsanforderungen genügende, technisch aber dem bisherigen Standard - Betrieb mit Relaistechnik - entsprechende und mit der alten Stellwerktechnik kompatible Anlage dieselben Kosten verursacht hätte wie die nach dem neuen technischen Standard errichtete. Die Beklagte trägt indessen nicht vor, dass sie als Reaktion auf die schriftsätzlichen Einlassungen der Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung gegebenenfalls klarstellend auf dieses Verständnis hingewiesen hat; das ist auch sonst nicht ersichtlich. Ein solcher Einwand, der auch dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren nur bei wohlwollender Auslegung entnommen werden kann, ist jedenfalls im jetzigen Verfahrensstand unbeachtlich. Denn die Verfahrensrüge ist auch insoweit kein Mittel, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (stRspr, siehe etwa Beschluss vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 7 B 43.11 - Buchholz 445.4 § 58 WHG Nr. 1 Rn. 26 m.w.N.).

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger haben als Gesamtschuldner auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

1. Die Kläger bewohnen seit dem Jahr 1991 ein in ihrem Eigentum stehendes Reihenhaus (Fl. Nr. 314.../... der Gemarkung H.) im Stadtbereich der Beklagten. Nördlich ihres Grundstücks liegt - jenseits einer etwa 17 m breiten öffentlichen Verkehrsfläche (Sackgasse mit Parkplätzen am Ende) - eine unbebaute und begrünte Fläche (nördlicher Teil des ca. 3 ha großen Grundstücks Fl. Nr. 31... der Gemarkung H.), die im nördlichen Bereich als Kinderspielplatz, im südlichen, mit einem ca. 4,50 m hohen Stabgitterzaun umfassten Teil dagegen als Jugendspielplatz genutzt wird. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 2) hat der Zaun zwei Metalltore, die verschließbar sind, aber nicht abgeschlossen werden; im Zeitpunkt des vom Verwaltungsgerichtshof am 29. Oktober 2013 eingenommenen Augenscheins hatte der genannte Jugendspielbereich an seiner Südwestecke einen Zugang vom Gehweg über ein nicht verschließbares Tor im Stabgitterzaun, während die nördliche Umzäunung dieses Bereichs, die ihn vom Kinderspielbereich abgrenzt, einen ca. 3 m breiten Durchlass ohne Tor aufwies (vgl. das Protokoll vom 29.10.2013 nebst zugehörigen Fotos). Im südöstlichen Bereich des Jugendspielplatzes gibt es seit dem Jahr 1999 oder 2000 eine sogenannte „Streetballanlage“ (eine asphaltierte, ungefähr halbkreisförmige Fläche mit Basketballkorb). Die Beklagte hat durch Schilder die Benutzung des Jugendspielplatzes geregelt. Der im Zeitpunkt des Augenscheins am genannten südwestlichen Eingangstor angebrachten Beschilderung zufolge darf der Jugendspielplatz von Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren werktags von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr, sonn- und feiertags dagegen von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr und von 15:00 Uhr bis 20:00 Uhr benutzt werden; das Fussballspielen ist auf dem Platz verboten; ein Schild am nördlichen Gitterzaun neben dem genannten Durchlass vom Kinderspielbereich zum Jugendspielbereich weist letzteren als „Jugendspielplatz für Jugendliche von 12 bis 18 Jahre“ aus.

Das Grundstück der Kläger und das Spielplatzgrundstück liegen im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 633 der Beklagten aus dem Jahr 1975. Diesem Plan zufolge befindet sich das klägerische Grundstück in einem nach § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1, § 3 BauNVO festgesetzten Reinen Wohngebiet (WR-Gebiet); das Spielplatzgrundstück ist mit der Aufschrift „Grünfläche“ und dem - in der Legende zum Bebauungsplan entsprechend erklärten - Planzeichen „öffentlicher Spielplatz“ gekennzeichnet, das Wort „Parkanlage“ ist durchgestrichen. Nach Beschwerden von Nachbarn über unzumutbaren Lärm auf dem Spielplatz führte die Beklagte zwei Lärmmessungen (am 10.7.2003 und 28.9.2004) durch und ergriff Abhilfemaßnahmen, die aber nicht den von den Klägern gewünschten Erfolg brachten. Die Kläger erhoben deswegen zwei Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Ziel, die Beklagte zur Entfernung des Basketballspielgeräts zu verpflichten (Az. Au 4 K 05.455) bzw. die Beklagte zu verpflichten, die Nutzung des Spielplatzgrundstücks zum Fußballspielen zu unterbinden (Az. Au 4 K 06.1224).

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen nach Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung abgewiesen. Voraussetzung eines öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs der Kläger gegen den von der Beklagten betriebenen Spielplatz sei, dass die Kläger durch die bekämpften Lärmimmissionen in ihrer Grundstücksnutzung nicht nur unwesentlich beeinträchtigt seien. Dies sei nicht der Fall. Ob die Lärmimmissionen für die Kläger wesentlich beeinträchtigend seien, könne mangels unmittelbar anwendbarer Regelwerke und wegen der Atypik und Vielgestaltigkeit der von (Ball-)Spielplätzen für Kinder und Jugendliche ausgehenden Geräusche weitgehend nur durch tatrichterliche Wertung im Einzelfall beurteilt werden. Hierbei könnten allerdings die Regelungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) zur Ermittlung der Geräuschimmissionen herangezogen werden. Die in dieser Norm zum Ausdruck kommenden Wertungen und gesetzgeberischen Absichten könnten in die tatrichterliche Wertung ebenso einfließen wie die Lage des Grundstücks und wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale und allgemeine Adäquanz. Das Grundstück der Kläger liege zwar innerhalb eines als WR-Gebiet festgesetzten und auch tatsächlich so bebauten Bereichs. Der nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung einem solchen Gebiet zukommende Immissionsschutz werde im Fall der Kläger allerdings gemindert infolge der Lage des Grundstücks am Rand der Wohnbebauung, nahe einer 75 m entfernten, mit ca. 33.000 Kfz täglich stark befahrenen Straße und in unmittelbarer Nähe des im Bebauungsplan vom 18. Juli 1975 festgesetzten öffentlichen Spielplatzes ohne Altersbeschränkung; deshalb entspreche das Schutzniveau des Grundstücks gegenüber dem von Norden und Osten eindringenden Lärm nur dem eines Allgemeinen Wohngebiets (WA-Gebiets). Dieses Schutzniveau sei allerdings noch weiter abzusenken, weil gegenüber sozialadäquatem und gesellschaftlich akzeptiertem Lärm, wie er von Kinder- und Jugendspieleinrichtungen der vorliegenden Art ausgehe, von den Betroffenen eine besondere Toleranz erwartet werden dürfe. Weiter seien die Kläger auch deshalb weniger schutzbedürftig, weil sie ein Grundstück nahe einem im Bebauungsplan festgesetzten Spielplatz erworben hätten und damit hätten rechnen müssen, dass sich Nutzungsumfang und -intensität dieses Platzes ändern und neue Einrichtungen und Geräte dazukommen könnten. Die Höhe der den Klägern noch zumutbaren Beurteilungspegel der von der Streetballanlage ausgehenden Geräusche liege daher jedenfalls nicht unter 60 dB(A) tagsüber außerhalb der Ruhezeiten, 55 dB(A) in den Ruhezeiten und 45 dB(A) nachts. Zusätzlich komme dem streitgegenständlichen Spielplatz ein „Altanlagenbonus“ zugute, so dass die ermittelten Beurteilungspegel um weitere 5 dB(A) zu verringern seien. Die vorliegend vom gerichtlichen Sachverständigen in zwei Gutachten (vom 16.1.2007 bzw. 25.3.2009) ermittelten maximalen Beurteilungspegel für die Tageszeit lägen - auch ohne „Altanlagenbonus“ - unterhalb der sonach maßgeblichen Immissionsrichtwerte; die Zweifel der Kläger an der Verwertbarkeit der gutachterlichen Feststellung seien unberechtigt. Ähnliches gelte - unter Anwendung des „Altanlagenbonus“ - hinsichtlich der für die Ruhezeiten ermittelten Beurteilungspegel bei maximaler Nutzungsintensität; lediglich das Gutachten vom 16. Januar 2007 habe hier einen Beurteilungspegel von 61 dB(A) ergeben. Die geringe Überschreitung des maßgeblichen Immissionsrichtwerts um 1 dB(A) sei aber hinnehmbar, weil - wie die Aufzeichnungen des Sachverständigen ergeben hätten - ein solcher (maximaler) Spielbetrieb nur selten stattfinde. Eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung könne daher nicht festgestellt werden, zumal die Kläger den Lärmimmissionen durch entsprechende Nutzung der lärmzugewandten bzw. -abgewandten Räume ihrer Wohnung begegnen könnten. Hinzu komme, dass unzumutbare Lärmimmissionen innerhalb der Ruhezeiten - und erst recht nachts - der Beklagten nicht zurechenbar seien. Denn die Beklagte habe alles ihr Zumutbare getan, um eine missbräuchliche Nutzung der Spielanlage zu verhindern; gelinge ihr dies gleichwohl nicht vollständig, so seien die Kläger auf die Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe zu verweisen. Sie könnten von der Beklagten nicht - als „Minus“ neben dem vorrangig beanspruchten Abbau der Streetballanlage - weitere Betriebseinschränkungen oder Maßnahmen zur Lärmminderung verlangen.

Was den geltend gemachten Anspruch auf Unterbindung des Fußballspielens angehe, so falle eine solche - unerlaubte - Nutzung des Spielplatzes nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten, die dem Fußballspielen dadurch entgegenzuwirken versucht habe, dass sie die Platzfläche möglichst „fußballspielunfreundlich“ gestaltet habe. Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten vom 25. März 2009 (nur dieses betreffe auch das Fußballspielen) beruhe zwar nicht auf gemessenen Beurteilungspegeln, die mit den Immissionsrichtwerten verglichen werden könnten. Dass es insoweit keine Messungen gegeben habe, liege aber an den Klägern, die ihren Mitwirkungsobliegenheiten bei der Sachverhaltsermittlung nicht nachgekommen seien. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Kläger durch Lärmimmissionen, die - unbeschadet der fehlenden Zurechenbarkeit an die Beklagte - Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs sei, sei daher nicht erwiesen. Einen neuen Beweisantrag hätten die Kläger insoweit nicht gestellt; zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen bestehe kein Anlass.

II.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger ihre Begehren aus beiden Klagen weiter.

Sie haben mit Schriftsatz vom 12. März 2012 beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, das Basketballspielgerät auf dem Jugendspielplatz zu entfernen und die Nutzung dieses Spielplatzes zum Fußballspielen zu unterbinden,

hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, damit beim Betrieb der Jugendspieleinrichtung die nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 der 18. BImSchV und Art. 3 Abs. 1 KJG maßgeblichen Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden.

Sie machen geltend:

Angesichts der Begründung des Bebauungsplans und der Art und Weise, wie die Nutzungsart der jetzigen Spielplatzfläche durch Planzeichen gekennzeichnet sei, bestünden Bedenken gegen eine wirksame Festsetzung eines Spielplatzes. Unabhängig davon dürfe zwar ein Kinderspielplatz, nicht aber die im Jahr 2000 neu errichtete befestigte Streetballanlage neben einem WR-Gebiet festgesetzt werden; erst Recht unzulässig sei die später hinzugekommene Nutzung zum Fußballspielen. Maßgeblich seien vorliegend die für ein WR-Gebiet geltenden Immissionsrichtwerte; die Schutzwürdigkeit der Kläger dürfe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht aufgrund verschiedener Umstände bis zu der eines WA-Gebiets herabgemindert werden. Das Grundstück liege nicht am Rand, sondern (außer in Richtung der östlich vorbeilaufenden L. Straße) inmitten umgehender Wohnbebauung. Die starke Vorbelastung durch den Straßenverkehr rechtfertige keine weitere Minderung der Schutzwürdigkeit, sondern erfordere im Gegenteil einen umso stärkeren Schutz vor zusätzlichem, andersartigem und intensiverem Lärm. Die Sozialadäquanz des von spielenden Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgehenden Lärms rechtfertige kein weiteres Absenken des Schutzniveaus; insofern weise ein Bolzplatz oder eine Streetballanlage ein deutlich höheres Konfliktpotential zu angrenzender Wohnbebauung auf als herkömmliche Kinderspielplätze. Deshalb könne den Klägern auch nicht zusätzliche Toleranz mit dem Argument abverlangt werden, sie hätten ihr Grundstück in Kenntnis des bestehenden Spielplatzes erworben; die Errichtung der Streetballanlage innerhalb des Kinder- und Jugendspielplatzes stelle eine Neuanlage dar. Zur Unrecht habe das Verwaltungsgericht in seinem Urteil - abweichend von seiner einstweiligen Anordnung vom 6. April 2006 - die Erheblichkeitsschwelle bei einem Beurteilungspegel von deutlich mehr als 56 dB(A) zur Tagzeit außerhalb der Ruhezeiten gesehen. Die Bewertung der verschiedenen Lärmmessungen, Kameraaufzeichnungen und Gutachten durch das Verwaltungsgericht sei fehlerhaft; die zugrunde gelegten Gutachten beruhten auf nicht repräsentativen Messungen und seien insgesamt unzureichend; frühere gutachterliche Messungen und eigene Aufzeichnung der Kläger hätten deutlich höhere Immissionsbelastungen durch Basketball- und Fußballspielen belegt. Das Verwaltungsgericht setze den „Altanlagenbonus“ zu Unrecht an, weil die Streetballanlage, auf die maßgeblich abzustellen sei, erst nach dem Inkrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung errichtet worden sei. Die Regelung über „seltene Ereignisse“ (§ 5 Abs. 6 der 18. BImSchV) komme entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht zum Tragen, weil die Beeinträchtigungen während der Ruhezeit an mehr als 18 Tagen im Jahr aufträten. Der während der Ruhezeiten auftretende Spiellärm sei entgegen der (wiederum in Abkehr von der im Beschluss vom 6.4.2006 vertretenen) Ansicht des Verwaltungsgerichts der Beklagten zurechenbar. Die Beklagte habe auch den Anforderungen nach Art. 4 Nrn. 1 bis 4 des Gesetzes über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen vom 20. Juli 2011 (KJG) nicht entsprochen, wonach u. a. Jugendspieleinrichtungen im Freien u. a. nach dem Stand der Technik zur Lärmminderung zu errichten und zu betreiben sowie technische und bauliche Schallschutzmaßnahmen durchzuführen seien. So sei die Streetballanlage beispielsweise auf einer lärmintensiven Betonplattform ohne geräuschdämmenden Belag und ohne weitere Schallschutzmaßnahmen errichtet worden.

Die Kläger könnten auch die Unterbindung des Fußballspielens verlangen. Die Ausgestaltung der Basketballspielstätte mit befestigtem Untergrund biete einen Anreiz für die bestimmungswidrige Nutzung der Fläche zum Fußballspiel. Die Langzeitmessung habe bewiesen, dass selbst in Zeiten eines insgesamt reduzierten Spielaufkommens diese zweckwidrige Nutzung über erhebliche Zeit stattfinde, vor allem während der Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen; zumindest hätten die Kläger als „Minus“ einen Anspruch auf Unterbindung des Fußballspiels während der Ruhezeiten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Bebauungsplan Nr. 633 sei seit dem 18. Februar 1975 rechtskräftig der streitgegenständliche Spielplatz auf der Grünfläche festgesetzt; der Bebauungsplan sei nicht nachträglich verändert worden. Nach dem neugeschaffenen KJG, das insbesondere Jugendspieleinrichtungen regle, erübrigten sich gesonderte Feststellungen zu den von den Klägern beklagten Immissionsrichtwertüberschreitungen in Ruhezeiten. Nunmehr sei der Beurteilungszeitraum auf die Zeit von 7:00 Uhr bis 22:00 Uhr auszudehnen, so dass die zu ermittelnden Beurteilungspegel gegenüber den vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Ruhezeit-Pegeln (S. 19 des Urteils) niedriger ausfielen; Überschreitungen des maßgeblichen Immissionsrichtwerts seien nach einer überschlägigen Berechnung des Umweltamts der Beklagten keinesfalls mehr zu erwarten.

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht vorliegend aufgrund verschiedener schutzmindernder Umstände einen den Klägern zumutbaren Immissionspegel von 60 dB(A) angenommen. Der Streetballanlage, die vor Inkrafttreten des KJG errichtet worden sei, komme auch ein „Altanlagenbonus“ gemäß Art. 5 Abs. 2 KJG zugute; davon abgesehen beseitige die Errichtung der Streetballanlage auch nicht die Identität des öffentlichen Spielplatzes, der somit den Altanlagenbonus nach § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV genieße. Jedenfalls die Hauptanträge der Kläger müssten schon daran scheitern, dass die Kläger keinen Anspruch auf Reduzierung des der Beklagten zustehenden Ermessens „auf Null“ hätten; sie könnten keine bestimmten, nach ihrer Ansicht als einzige in Betracht kommenden Maßnahmen verlangen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat keinen Antrag gestellt, ist aber der Ansicht der Beklagten beigetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten einschließlich der Niederschrift über den Augenscheinstermin vom 29. Oktober 2013 Bezug genommen. In diesem Termin haben die Beteiligten weitere außergerichtliche Verhandlungen mit dem Ziel einer außergerichtlichen Streitbeilegung vereinbart und sich für den Fall von deren Erfolglosigkeit mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Gründe

Über die Klagebegehren entscheidet der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, nachdem die nach dem Augenschein vom 29. Oktober 2013 erneut geführten langwierigen Verhandlungen der Beteiligten zu keiner Einigung geführt haben.

Die Klagebegehren sind als allgemeine Leistungsklagen, die auf ein hoheitliches Tun oder Unterlassen der Beklagten gerichtet sind, zulässig. Sie sind aber nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte dahingehend, dass diese das Basketballspielgerät auf dem Jugendspielplatz entfernt (Hauptantrag, Teil 1 - hierzu unten 1). Sie können auch nicht verlangen, dass die Beklagte weitere Vorkehrungen trifft, um eine Überschreitung des nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 der 18. BImSchV und Art. 3 Abs. 1 KJG maßgeblichen Immissionsrichtwerts zu verhindern (Hilfsantrag - hierzu unten 2). Auch ein Anspruch auf Unterbindung des Fußballspielens (Hauptantrag, Teil 2) besteht nicht (hierzu unten 3).

1. Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch darauf, dass die Beklagte das Basketballspielgerät („Streetballanlage“) vom Jugendspielplatz entfernt, besteht unter keinem Gesichtspunkt.

1.1. Der Jugendspielplatz ist von der Beklagten als öffentliche Einrichtung, nämlich als Einrichtung der öffentlichen Wohlfahrtspflege, insbesondere der Jugendhilfe und der „Jugendertüchtigung“ (vgl. Art. 57 Abs. 1 Gemeindeordnung - GO), eingerichtet worden und wird als solche von der Beklagten selbst betrieben. Auf welche Rechtsgrundlage Abwehrrechte gegen schlicht hoheitlich betriebene Anlagen gestützt werden können, wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich gesehen; teilweise werden solche als „allgemeiner öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch“ bezeichneten Abwehrrechte aus den Grundrechten (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), teilweise aus einer entsprechenden Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften - namentlich aus § 1004 i. V. m. § 906 BGB (so BayVGH, U. v. 11.1.2013 - 22 B 12.2367 - juris Rn. 18; offen gelassen von BayVGH, U. v. 6.5.2013 - 22 B 12.19 - UPR 2014, 15, juris Rn. 18) hergeleitet.

Geklärt ist jedenfalls, dass im Fall von - auch vorliegend streitgegenständlichen - Lärmbeeinträchtigungen durch eine öffentliche Einrichtung Abwehrrechte im Verhältnis zwischen dem beeinträchtigten Nachbarn und dem Betreiber des Spielplatzes als „Störer“ nicht unmittelbar in § 22 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG wurzeln, auch wenn der „Störer“ ein Hoheitsträger ist; vielmehr kommt als Anspruchsgrundlage der allgemeine öffentlich-rechtliche Abwehranspruch in Betracht (VGH BW, U. v. 23.5.2014 - 10 S 249/14 - juris Rn. 22 und 23, unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 29.4.1988 - 7 C 33.87 - BVerwGE 79, 254, und U. v. 19.1.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197). Diese vor dem Inkrafttreten (am 1.8.2011) des bayerischen Gesetzes über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen (KJG) vom 20. Juli 2011 (GVBl 2011, 304) entwickelten Grundsätze können auch für den Anwendungsbereich des KJG gelten, das ebenso wie das Bundesimmissionsschutzgesetz - dem Betreiber eines Spielplatzes öffentlich-rechtliche Pflichten auferlegt und der Behörde Befugnisse zur Durchsetzung dieser Pflichten verleiht; dagegen enthält das KJG keine Regelungen, die lärmbetroffenen Dritten entweder ausdrücklich Ansprüche auf bestimmte lärmmindernde Maßnahmen gegen den Spielplatzbetreiber einräumen oder die unter Berücksichtigung der amtlichen Begründung zu dem (ohne Änderungen angenommenen) Gesetzentwurf der Staatsregierung (LT-Drs. 16/8124) so auszulegen sind, dass mit ihnen unmittelbar entsprechende Ansprüche Dritter gegen den Spielplatzbetreiber begründet werden sollen.

1.2. Die Kläger meinen, ein Anspruch auf Beseitigung der Basketballspielanlage bestehe - unabhängig vom Ausmaß des bei ihrem Betrieb entstehenden Lärms - schon deshalb, weil der gesamte, auf der Nordspitze des Grundstücks Fl. Nr. 31... der Gemarkung H. befindliche Spielplatz oder jedenfalls derjenige Teil, auf dem sich der Jugendspielbereich befindet, bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Insoweit halten es die Kläger für geboten, in Anlehnung an das Rechtsinstitut des Gebietserhaltungsanspruchs den Klägern Schutz vor Lärm unabhängig davon zu gewähren, ob der Lärm für sie zu einer „tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung“ führt (vgl. BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - DVBl 1994, 284, juris Rn. 23). Ob dieser Weg gangbar ist und ob dagegen insbesondere eingewandt werden könnte, dass die Einrichtung eines - im Bebauungsplan nicht festgesetzten - Spielplatzes nicht die Art des Gebiets verändere, kann vorliegend dahinstehen. Denn der Jugendspielplatz ist bauplanungsrechtlich nicht unzulässig.

1.2.1. Das Gebiet, in dem die Kläger wohnen, ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1, § 3 BauNVO als Reines Wohngebiet (WR) festgesetzt; Anhaltspunkte dafür, dass die heutige Nutzung dieser Festsetzung nicht (mehr) entspräche, haben sich weder aus dem Vortrag der Beteiligten noch aus dem gerichtlichen Augenschein vom 29. Oktober 2013 ergeben. Der streitgegenständliche Bereich, für welche als Nutzungsart „Grünfläche“ mit „öffentlichem Spielplatz“ festgesetzt ist, liegt aber außerhalb dieses Bereichs. Dies lässt die zeichnerische Festsetzung der „WR-Gebiete“ im Bebauungsplan zweifelsfrei erkennen. Die äußeren Grenzen solcher Gebiete ergeben sich ersichtlich aufgrund der andersfarbigen, meist mit den Buchgrundstücksgrenzen und an vielen Stellen mit den Straßenbegrenzungslinien übereinstimmenden Kennzeichnung angrenzender anderer Nutzungen; lediglich zur Verdeutlichung der Grenze eines WR-Gebiets wird an einigen Stellen im streitgegenständlichen Bebauungsplan zusätzlich - aber nicht notwendigerweise - das Planzeichen „Perlenschnur“ gemäß Nr. 13.5 der bei Bekanntmachung des Bebauungsplans im Jahr 1975 geltenden Anlage zur Planzeichenverordnung vom 19. Januar 1965 (BGBl I S. 21 - PlanzV 1965) verwendet.

1.2.2. Die Kläger können auch nicht mit Erfolg einwenden, die Festsetzung des öffentlichen Spielplatzes im Bebauungsplan sei nicht rechtsgültig, weil in der Begründung des Bebauungsplans die streitgegenständliche Fläche nur als „Grünfläche (Parkanlage)“ bezeichnet, von einem Spielplatz aber nicht die Rede sei und das Spielplatzsymbol auf dem Plan nur aufgeklebt sei. Die Kennzeichnung der Grünfläche sowie des darauf befindlichen Spielplatzes entspricht der Planzeichenverordnung vom 19. Januar 1965. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PlanzV 1965 sollen in einem Bauleitplan die in der Anlage zur Verordnung enthaltenen Planzeichen verwendet werden; nach Nr. 9 der Anlage zur PlanzV 1965, die die Kennzeichnung von Grünflächen betrifft, soll (nicht „muss“) in einem Bauleitplan zusätzlich zur Einrahmung (entsprechend der in Nr. 9 der Anlage zur PlanzV 1965 abgebildeten Weise) der Grünflächendarstellung noch die Art der jeweiligen Grünfläche durch ein Planzeichen gekennzeichnet werden; für einen Spielplatz ist das Planzeichen eines „Eimerchens“ in rechteckigem Rahmen vorgesehen. Eine solche Kennzeichnung wurde vorliegend verwendet. Auf dem Exemplar des Bebauungsplans, das als Anlage 3 zu den vom Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen gehört, ist dieses Symbol entgegen der Annahme der Kläger nicht aufgeklebt, sondern eingezeichnet.

Bedenken gegen die gültige Festsetzung eines Spielplatzes ergeben sich vorliegend auch nicht daraus, dass an anderer Stelle im Bebauungsplan oder der Begründung hierzu von einem Spielplatz nicht die Rede ist. Denn die zusätzliche Kennzeichnung („Eimerchensymbol“) wäre zum Einen nach der Regelungstechnik in Nr. 9 der Anlage zur PlanzV 1965 nicht zwingend erforderlich gewesen; die Spielplatznutzung ist vielmehr nur eine von insgesamt sieben mit einem besonderen Zeichen zusätzlich, aber nicht zwingend, darstellbaren möglichen Nutzungen einer Grünfläche. Das Fehlen einer solchen zusätzlichen Kennzeichnung würde demnach nicht ausschließen, dass auf einer (nicht durch anderweitige zusätzliche Kennzeichnung „verbrauchten“) Grünfläche ein Spielplatz eingerichtet werden darf. Zum Andern ist eine Gemeinde bei der Erstellung eines Bebauungsplans frei in der Wahl der Mittel, derer sie sich bedient, um dem Gebot formeller Bestimmtheit zu genügen. Sie kann die zeichnerische Festsetzung oder die textliche Beschreibung wählen oder auch beide Elemente miteinander kombinieren. Unabhängig von der Wahl der Mittel ist lediglich notwendig, dass der Inhalt der Festsetzung hinreichend deutlich erkennbar und damit der von der Planzeichenverordnung verfolgte Zweck erreicht worden ist. Wann dies der Fall ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (HessVGH, U. v. 12.7.2004 - 9 N 69/03 - NVwZ-RR 2005, 686).

Vorliegend steht die hinreichend deutliche Kennzeichnung der streitgegenständlichen Fläche als Grünfläche mit einem öffentlichen Spielplatz außer Frage. Die Umstände, dass im Bebauungsplan das neben dem Spielplatzsymbol und dem Schriftzug „Grünfläche“ stehende Wort „Parkanlage“ gestrichen ist, dass in der Begründung des Bebauungsplanes nur von der Grünfläche als „großzügig angelegter Straßenteiler im Norden“, nicht aber von einem Spielplatz die Rede ist, und dass offenbar auch Planunterlagen existieren, auf denen das Spielplatzsymbol nur aufgeklebt oder gar nicht vorhanden ist, reichen weder für sich genommen noch in der Gesamtheit aus, um an einer wirksamen Festsetzung einer zum „Spielplatz“ bestimmten Grünfläche zu zweifeln. Die Festsetzung einer Grünfläche mit „Eimerchensymbol“, selbst die Festsetzung einer Grünfläche ohne anderweitige zusätzliche Kennzeichnung (oder mit durchgestrichener zusätzlicher Kennzeichnung) reichen aus.

1.2.3. Die bauplanungsrechtliche Festsetzung eines „Spielplatzes“ schließt die Einrichtung eines „Jugendspielbereichs“ nicht aus; sie erlaubt es vielmehr, entweder den von der Festsetzung erfassten Bereich insgesamt nicht nur als „Kinderspielplatz“ (für unter 14 Jahre alte Kinder), sondern (auch) als „Jugendspielplatz“ (für 14- bis 18-Jährige) zu nutzen oder aber auf ihm zwei getrennte Teilbereiche für die beiden Altersgruppen (unter 14 Jahre, 14 bis 18 Jahre) einzurichten. Zwar wird heutzutage - und wurde zur Zeit der vorliegend streitgegenständlichen Festsetzung (im Jahr 1975) - unter dem Begriff „Spielplatz“ gemeinhin in erster Linie ein Spielplatz für Kinder im Alter bis zu etwa 14 Jahren verstanden; dieses Begriffsverständnis beruht auf entwicklungspsychologischen Erkenntnissen und hat vielfach Ausdruck in Rechtsvorschriften gefunden (z. B. § 1 JSchG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII). Dies bedeutet aber nicht, dass ein mit dem Planzeichen „Eimerchensymbol“ festgesetzter Spielplatz nur für Kinder unter 14 Jahre gedacht wäre, zumal die Planzeichenverordnung in der damaligen Fassung ein spezielles Symbol für „Jugendspielplätze“ nicht kannte, die zusätzliche textliche Festsetzung eines Kinderspielbereichs oder Jugendspielbereichs im Jahr 1975 (und heute) rechtlich nicht vorgeschrieben war und seinerzeit für eine solche gesonderte Kennzeichnung kein Bedarf gesehen wurde. Einzuräumen ist, dass zur Zeit des vorliegenden Bebauungsplans die heutigen „Trendsportarten“ und die dafür nötigen Anlagen (Streetballanlage, Half-Pipe u. ä. für Skateboarder usw.) größtenteils und weithin ebenso unbekannt waren wie die mit solchen Anlagen verbundenen Konfliktsituationen; immerhin waren für Jugendliche bestimmte Bolzplätze und auch Basketballkörbe denkbar. Ein Basketballspielgerät wie im vorliegenden Fall geht hinsichtlich seiner „Lärmträchtigkeit“ möglicherweise über einen herkömmlichen Kinderspielplatz hinaus, gleicht insoweit aber nicht einem Bolzplatz.

Der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Unterscheidung zwischen „Kinderspiel“ und „Jugendspiel“ haben zwar der Bundesgesetzgeber und der bayerische Landesgesetzgeber Rechnung getragen. Auf Bundesebene wurde mit Gesetz vom 20. Juli 2011 (BGBl I S. 1474) der neue § 22 Abs.1a BImSchG eingefügt (wonach Geräuscheinwirkungen, die von Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind). Auf Landesebene wurde durch das neu geschaffene Gesetz über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen (KJG vom 20.7.2011, GVBl 2011, S. 304) ausdrücklich zwischen den von Kindern einerseits und Jugendlichen andererseits ausgehenden Geräuschimmissionen unterschieden und hierbei „Kinderlärm“ sehr weitgehend privilegiert (vgl. Art. 2 KJG), wogegen sich nach Art. 3 KJG die Beurteilung des von Jugendspieleinrichtungen ausgehenden Lärms nunmehr ausdrücklich nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung richten soll, allerdings mit privilegierenden Maßgaben.

Aus der von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten und neuerdings auch vom Gesetzgeber (mit § 22 Abs. 1a BImSchG bzw. den Regelungen des KJG) kodifizierten Unterscheidung zwischen Kinderspielplätzen und Jugendspieleinrichtungen lässt sich aber nicht schließen, dass ein - wie vorliegend geschehen - im Jahr 1975 festgesetzter, durch keine weiteren Erläuterungen eingeschränkter „Spielplatz“ seinerzeit einer Benutzung durch 14-Jährige und ältere Jugendliche verschlossen gewesen wäre und altersgemäße Spielmöglichkeiten für Jugendliche ausgeschlossen hätte, so dass eine nachträgliche, erst mehrere Jahre später erfolgte Ausstattung mit speziell für diese Altersgruppe gedachten Spielgeräten oder der spielerisch-sportlichen Betätigung dienenden Geräten unzulässig gewesen wäre.

Der von den Klägern in seinen Auswirkungen bekämpfte Jugendspielplatz ist daher bauplanungsrechtlich zulässig.

1.3. Auch aus den Regelungen des am 1. August 2011 in Kraft getretenen KJG können die Kläger jedenfalls keine für sie günstigere Rechtsposition ableiten; auf etwaige Bedenken, ob die Regelungen des KJG „anlagenbezogenen Lärm“ betreffen und insoweit die Gesetzgebungskompetenz für den Landesgesetzgeber nicht gegeben sein könnte, kommt es daher nicht an. Die nach Art. 3 Abs. 2 und 3 KJG bestehenden Pflichten und Verbote begründen - wie unter 1.1 ausgeführt - aber keine unmittelbaren Handlungs- oder Unterlassungsansprüche von Nachbarn gegen den Anlagenbetreiber. Zudem kommen, wie sich aus Art. 4 KJG ergibt, zur Erfüllung der Anforderungen nach Art. 3 Abs. 2 KJG verschiedene Maßnahmen in Betracht mit der Folge, dass auch die Behörde beim Erlass von Maßnahmen gemäß Art. 5 Abs. 1 KJG nach pflichtgemäßem Ermessen die grundsätzliche Vielfalt möglicher Abhilfemaßnahmen zu beachten hat und bei bestimmten („alten“ oder baurechtlich genehmigten oder genehmigungsfreien) Jugendspieleinrichtungen gemäß Art. 5 Abs. 2 und 3 KJG weiteren Einschränkungen unterliegt. Im Gegenteil kommt nach Art. 5 Abs. 3 KJG - als schärfste Maßnahme - eine von der Behörde zu verfügende Betriebseinstellung (die Beseitigung des Basketball-Spielgeräts, das vorliegend den Kern des gesamten Jugendspielbereichs ausmacht, kommt einer vollständigen Betriebseinstellung gleich) nur unter besonders strengen Voraussetzungen in Betracht, nämlich zum Einen die Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte in einem die Gesundheit gefährdenden Ausmaß und zusätzlich die Unmöglichkeit, diese Überschreitungen durch nachträgliche Schutzmaßnahmen oder die Festsetzung von Betriebszeiten vermeiden zu können. Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend diese besonderen Voraussetzungen kumulativ erfüllt wären, bestehen nicht.

Auch bei Hinwegdenken des KJG besteht kein Anspruch auf Beseitigung des Basketballspielgeräts, sondern allenfalls ein Anspruch auf Unterbindung unzumutbarer Lärmimmissionen.

2. Die Kläger können auch nicht verlangen, dass die Beklagte weitere Vorkehrungen trifft, um die - nach Ansicht der Kläger - beim Betrieb der Jugendspieleinrichtung auftretenden Überschreitungen der nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 der 18. BImSchV und Art. 3 Abs. 1 KJG maßgeblichen Immissionsrichtwerte zu verhindern (Hilfsantrag zum Hauptantrag, Teil 1).

2.1. Die Begründetheit der streitgegenständlichen Verpflichtungsbegehren der Kläger richtet sich nach der im Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Insoweit ist zu beachten, dass hinsichtlich der von den Klägern eingeforderten Einhaltung von Immissionsrichtwerten und der hierfür gegebenenfalls seitens der Beklagten zu veranlassenden Maßnahmen der bayerische Landesgesetzgeber im Lauf des Gerichtsverfahrens mit dem am 1. August 2011 in Kraft getretenen Gesetz über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen (KJG, vom 20.7.2011, GVBl 2011, S. 304) besondere Regelungen geschaffen hat. Wie die Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 16/8124 S. 4 ff.) erkennen lässt, erschließt sich die Gesetzgebungskompetenz eines Bundeslandes für den hier in Rede stehenden Lärm nicht ohne Weiteres. Diese Frage braucht hier jedoch nicht vertieft zu werden. Ob vorliegend das KJG heranzuziehen oder auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des KJG abzustellen ist, kann nämlich dahinstehen; in beiden Fällen ergibt sich vorliegend das gleiche Ergebnis.

2.2. Zum KJG:

2.2.1. Bis zum Inkrafttreten des KJG wurden die Bestimmungen des § 22 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG als Maßstab dafür herangezogen, welches Ausmaß an Lärmbelästigungen dem von einem Bolzplatz betroffenen Nachbarn zuzumuten ist (vgl. hierzu z. B. VGH BW, U. v. 23.5.2014, a. a. O.); der Verwaltungsgerichtshof hat insofern eine tatrichterliche Würdigung des Einzelfalls unter Orientierung an Regelungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung und der Freizeitlärmrichtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) vom 4. Mai 1995 (NVwZ 1997, 469) für geboten gehalten (z. B. B. v. 12.5.2004 - 22 ZB 04.234 - NVwZ-RR 2004, 735, B. v. 16.11.2004 - 22 ZB 04.2269 - NVwZ-RR 2005, 532 und B. v. 17.10.2007 - 22 ZB 07.773). Soweit es um Jugendspielplätze in Bayern geht, regelt indes nunmehr Art. 3 Abs. 1 KJG, dass zur Beurteilung des von Jugendspieleinrichtungen ausgehenden Lärms die Sportanlagenlärmschutzverordnung vom 18. Juli 1991 (BGBl I S. 1588, ber. S. 1790) mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die besonderen Regelungen und Immissionsrichtwerte für Ruhezeiten keine Anwendung finden. Ein Rückgriff auf die für die Nachtzeit geltenden Richtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung ist bei Anwendung des KJG entbehrlich, weil gemäß Art. 3 Abs. 3 KJG Jugendspieleinrichtungen zwischen 22:00 Uhr und 07:00 Uhr nicht betrieben werden dürfen. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers baut das KJG „auf den gut eingeführten immissionsschutzrechtlichen Anforderungen der 18. BImSchV auf und überträgt sie vom Ansatz her auf Jugendspieleinrichtungen“ (LT-Drs. 16/8124 S. 6).

Bei der Bestimmung der vorliegend den Klägern immissionsschutzrechtlich zumutbaren Schallimmissionen ist nach § 2 Abs. 6 Satz 1 der 18. BImSchV von der bauplanungsrechtlichen Festsetzung des von den Klägern bewohnten Gebiets als Reines Wohngebiet auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung „WR“ im Bebauungsplan heute nicht (mehr) der tatsächlichen Nutzung entspräche, haben sich weder aus den Akten noch dem Vortrag der Beteiligten noch beim Augenschein durch das Gericht am 29. Oktober 2013 ergeben. Danach gilt gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 KJG i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 5 der 18. BImSchV an allen Wochentagen tagsüber (von 7:00 bis 22:00 Uhr) einheitlich ein Immissionsrichtwert von 50 dB(A), weil bei Anwendung des KJG die in der Sportanlagenlärmschutzverordnung enthaltenen Ruhezeiten entfallen.

2.2.2. Aufgrund der - im Vergleich zu einem „typischen WR-Gebietsgrundstück“ - weniger geschützten Lage des Klägergrundstücks ist das Schutzniveau des Grundstücks jedoch gemindert. Derartige Gesichtspunkte zu berücksichtigen und damit von denjenigen Immissionsrichtwerten abzuweichen, die nach der typisierenden Einstufung in eine der Gebietskategorien nach § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV im Ansatz gelten, ist weder nach dem KJG noch nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung ausgeschlossen, sondern kann vielmehr geboten sein. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf (vgl. die amtl. Begründung, LT-Drs. 16/8124, zu Art. 3, S. 7 links unten). Die konkrete Betroffenheit der benachbarten Grundstücke kann im Einzelfall derart sein, dass die typisierende Betrachtungsweise des Verordnungsgebers unangemessen erscheint und der Ergänzung durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien bedarf (BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - DVBl 2000, 192/194). Hierbei bestimmen im Ausgangspunkt die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der von den Immissionen Betroffenen, wobei die Sportanlagenlärmschutzverordnung auch bei der - vorliegend nunmehr durch Art. 3 Abs. 1 KJG angeordneten - unmittelbaren Anwendung Raum lässt für die differenzierte Bewertung von Nutzungskonflikten zwischen Sportanlagen und Wohnbebauung und für die Bildung von Zwischenwerten (die nicht notwendig arithmetische „Mittelwerte“ sein müssen) zwischen den baugebietsbezogenen Richtwerten nach § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV (BVerwG U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314, juris Rn. 25 ff; VGH BW, U. v. 3.7.2012 - 3 S 321/11 - juris Rn. 23 bis 25, m. w. N. u. a. auf BVerwG, U. v. 2.2.2012 - 4 C 14.10 - ZfBR 2012, 368; BayVGH, U. v. 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - UPR 2008, 153 [Freibad im Außenbereich neben Reinem Wohngebiet in Ortsrandlage: ein Grundstück in Randlage zu einem weniger geschützten festgesetzten Gebiet oder zum Außenbereich kann wegen dieser Lage nicht den vollen, für „sein“ Gebiet ansonsten geltenden Schutz beanspruchen]; vgl. zur vergleichbaren Nr. 6.7 der TA Lärm: BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 7 B 24/07 - juris Rn. 4 und 5 m. w. N.). So liegt der Fall hier.

2.2.2.1. Das Grundstück der Kläger liegt entgegen ihrer Behauptung am Rand der Wohnbebauung und nicht inmitten des WR-Gebiets. Dies gälte selbst dann, wenn die zeichnerischen Festsetzungen im Bebauungsplan so zu verstehen sein sollten, dass sich die Festsetzung „WR“ auch auf die Grünfläche mit Spielplatz nördlich des Anwesens der Kläger bezieht. Entscheidend ist, dass die Wohnbebauung im Norden mit der Reihenhauszeile, in der auch die Kläger wohnen, endet und sich dann jenseits der ca. 17 m breiten öffentlichen Verkehrsfläche (Sackstraße) eine Grünfläche anschließt, die ersichtlich nicht zum Wohnen bestimmt ist. Lediglich auf der Westseite der W.-straße, die von Süden kommend am westlichen Giebelhaus der Reihenhauszeile der Kläger vorbeiführt und in die B.- bzw. die L. Straße einmündet, gibt es westlich und noch nordwestlich des Grundstücks der Kläger bis zur Einmündung der W.-straße in die B.-straße Wohnbebauung. Östlich der etwa 40 m langen Reihenhauszeile der Kläger dagegen gibt es nur einen sich von Süden nach Norden verjüngenden Streifen aus Kleingärten, Grünanlagen und einer Brachfläche, der das Wohngebiet von der L. Straße trennt und auf Höhe der Reihenhauszeile der Kläger etwa 80 m breit ist. An der nördlichen Spitze der streitigen Grünfläche mündet die W.-straße in die B.-/L. Straße. Diese Randlage ist auch auf den in den Akten befindlichen Luftbildern sehr anschaulich und zweifelsfrei zu erkennen. Dass das Reihenhaus der Kläger in der Mitte einer Reihenhauszeile liegt, demzufolge also westlich und östlich an andere Reihenhäuser anschließt, ist unerheblich; trotz dieser „Mittellage“ ist das Wohnhaus der Kläger wegen der relativ geringen Entfernung zu den unbeplanten oder nicht als Wohnfläche festgesetzten Bereichen denjenigen Immissionen ausgesetzt (Geräusche, Staub, Gerüche u. a.), die in diesen Bereichen entstehen und zu stärkeren Beeinträchtigungen führen können, als sie Bewohner inmitten einer reinen Wohnbebauung für gewöhnlich zu gewärtigen haben.

Hinzu kommt die bauplanerische Festsetzung von Wohnnutzung und Spielplatznutzung in gegenseitiger Nachbarschaft. Diese schließt die Nutzung als Jugendspielplatz ein. Zwar war wohl Anfang der 90er Jahre die Entwicklung eines bestehenden „normalen“ Spielplatzes hin zu einer - heutigen - Streetballanlage oder einer ähnlichen „Jugendspieleinrichtung“ nicht genau erkennbar, sie lag aber auch nicht außerhalb des Erwartbaren. Die Kläger konnten nicht darauf vertrauen, dass die ursprüngliche Immissionssituation unverändert bleiben würde und dass es nicht im Lauf der Zeit zu stärkeren Belastungen kommen würde, als sie im Zeitpunkt der Errichtung des Wohnhauses üblich waren. Die Grenze bildet erst das Maß an Lästigkeit, das bei „normaler“ Entwicklung eines vergleichbaren Betriebs in der örtlichen Situation nicht mehr erkennbar angelegt und voraussehbar war (BVerwG, U. v. 23.5.1991 - 7 C 19.90 - DVBl 1991, 880/881). Dass ein Jugendspielplatz sich zwar nicht zu einem Bolzplatz entwickeln, aber eines Tages „moderne Attraktionen“ wie einen Basketballkorb und eine (kleine) Streetballfläche bekommen würde, liegt nach der Wertung des Verwaltungsgerichtshofs noch innerhalb einer „normalen Entwicklung“.

Die Randlage des Klägergrundstücks im Reinen Wohngebiet gegenüber einem nördlich gelegenen Bereich, der schon aufgrund der Bauleitplanung (nämlich durch Festsetzung eines Spielplatzes) „lärmträchtig“ ist, und einem östlich bis nordöstlich befindlichen, gleichfalls potentiell emittierenden Außenbereich führt zu einer Minderung des Schutzniveaus bzw. einer Anhebung der Zumutbarkeitsschwelle.

2.2.2.2. Dagegen kommt eine weitere generelle Anhebung der Zumutbarkeitsschwelle durch einen „Altanlagenbonus“ nicht in Betracht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bereits für die Rechtslage vor Inkrafttreten des KJG bezüglich § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV entschieden (BVerwG U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314, juris Rn. 24); ein „Bonus“ kann vielmehr nur in der Form gewährt werden, dass bei „Altanlagen“ bestimmte lärmmindernde Maßnahmen, nämlich die Festlegung von Betriebszeiten, auszuscheiden haben. In gleicher Weise wie § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV bestimmt nunmehr in Bezug auf lärmschutzrechtliche Pflichten und Maßnahmen (diese sind in Art. 3 Abs. 2, Art. 4 und Art. 5 KJG geregelt) Art. 5 Abs. 2 KJG, dass bei vor Inkrafttreten des KJG schon geschaffenen Jugendspieleinrichtungen dann von einer Festsetzung von Betriebszeiten abgesehen werden soll, wenn die Immissionsrichtwerte an den in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV genannten Immissionsorten jeweils um weniger als 5 dB(A) überschritten werden; beschränkt auf Jugendspieleinrichtungen ist erkennbar Art. 5 Abs. 2 KJG dem § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV weitestgehend nachgebildet. Auch Art. 5 Abs. 2 KJG kann demnach nicht so verstanden werden, dass bei „Alteinrichtungen“ die maßgeblichen Immissionsrichtwerte generell um 5 dB(A) anzuheben wären. Die hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen wie auch der Rechtsfolgen ausdifferenzierten Regelungen in Art. 5 Abs. 2 und 3 KJG wären entbehrlich und gegenstandslos, wenn „alte“ Jugendspieleinrichtungen nur einen gegenüber Art. 3 Abs. 1 KJG i. V. m. § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV weniger strengen Immissionsrichtwert einzuhalten hätten (unverständlich insoweit die amtl. Begründung, LT-Drs. 16/8124, S. 8, zu Art. 5, soweit dort von einer insgesamt zu duldenden „Pegelerhöhung von ca. 10 dB(A) gegenüber der unveränderten Anwendung der 18. BImSchV“ die Rede ist).

2.2.2.3. Auch Erwägungen im Hinblick auf die Sozialadäquanz rechtfertigen unter der Geltung des KJG, das bereits auf die gesonderte Berücksichtigung von Ruhezeiten verzichtet und auch in anderer Weise den Lärmschutz von Anwohnern zurücknimmt, keine zusätzliche Anhebung der Zumutbarkeitsschwelle. Dasselbe gilt für die in Bezug genommene Sportanlagenlärmschutzverordnung. Zum einen hat der Landesgesetzgeber mit der Schaffung des KJG und den darin enthaltenen ausdifferenzierten Regelungen eine Wertung und Abwägung zwischen der Schutzbedürftigkeit Betroffener einerseits und der Wichtigkeit spielerisch-sportlicher Betätigung junger Menschen andererseits selbst vorgenommen; er hat hierbei berücksichtigt, dass eine Privilegierung der „spielerischen und sportlichen Betätigung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ gegenüber Sportanlagen gerechtfertigt ist (vgl. die amtl. Begründung, LT-Drs. 16/8124, S. 7, zu Art. 3, rechte Spalte Abschnitt 4). Zum Andern regelt das Gesetz - vgl. Art. 1 Satz 1 KJG - ausdrücklich „die Zulässigkeit von Immissionen durch Geräusche von Kinder- und Jugendspieleinrichtungen in der Nachbarschaft von Wohnbebauung“. Das KJG insgesamt ist somit Ausdruck des Bewusstseins, dass einerseits junge Menschen aller Altersstufen ausreichend Räume zur Entfaltung auch im Nahbereich ihrer Wohnumgebung brauchen, andererseits die Nähe solcher Entfaltungsmöglichkeiten zur Wohnnutzung Konfliktpotential in sich birgt (vgl. das Vorwort zum Gesetzentwurf der Staatsregierung, LT-Drs. 16/8124, S. 1 „A) Problem“ und „B) Lösung“; vgl. auch die amtl. Begründung, LT-Drs. 16/8124, insb. S. 6, rechts oben vor „B) Besonderer Teil“). Aus diesem Grund wäre es unzulässig, von den im KJG festgelegten Immissionsrichtwerten wegen der „Sozialadäquanz“ der sportlich-spielerischen Betätigung von Jugendlichen zulasten der Lärmbetroffenen abzuweichen. Es gilt hinsichtlich des KJG dasselbe wie hinsichtlich der Sportanlagenlärmschutzverordnung. § 2 der 18. BImSchV schließt als normative Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle grundsätzlich eine hiervon abweichende tatrichterliche Bewertung aus. Dies ergibt sich aus dem Normzweck, wie er durch die amtliche Begründung bestätigt wird (BR-Drs. 17/91, S. 33). Die Sportanlagenlärmschutzverordnung soll insbesondere für die Zukunft eine berechenbare und gleichmäßige Rechtsanwendung sicherstellen und diesbezüglich in der Vergangenheit als schmerzlich empfundene Defizite ausgleichen (BVerwG, B. v. 8.11.1994 - 7 B 73.94 - NVwZ 1995, 992).

2.2.2.4. Unter Berücksichtigung der oben genannten schutzmindernden Gesichtspunkte hat der Verwaltungsgerichtshof die Überzeugung gewonnen, dass die Schutzwürdigkeit des klägerischen Grundstücks im Verhältnis zum strittigen Jugendspielplatz bei wertender Betrachtung unter der eines Grundstücks im Reinen Wohngebiet liegt, aber über der eines Außenbereichsgrundstücks. Als Zwischenwerte für die einzelnen Zeiträume bieten sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die für ein Allgemeines Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte an.

2.2.3. Das Ausmaß der durch den Betrieb des Jugendspielplatzes verursachten, auf das klägerische Grundstück einwirkenden Lärmimmissionen kann aufgrund der bisherigen Messungen und Berechnungen der Beurteilungspegel nur ungefähr festgestellt werden (vgl. UA Nr. III.1.2, S. 27). Es ist mit Messunsicherheiten und Prognoseungenauigkeiten behaftet, auf die es aber letztlich nicht entscheidungserheblich ankommt.

2.2.3.1. Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung im angegriffenen Urteil verschiedene Messungen und Berechnungen von Beurteilungspegeln am Anwesen des Grundstücks der Kläger zugrunde gelegt, die teils von der Beklagten, teilweise vom Verwaltungsgericht aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 6. April 2006 und vom 15. Mai 2008 vorgenommen worden sind (Messungen durch die Beklagte bzw. deren Umweltamt am 10.7.2003, am 6.10.2004 und am 8.9.2005; Gutachten der Fa. B. vom 16.1.2007, betreffend zwei Messungen am 16. und 25.10.2006 sowie Videoaufnahmen des in der Zeit vom 21. bis zum 30.10.2006 auf dem Jugendspielplatz stattgefundenen Spielbetriebs; Gutachten der Fa. B. vom 25.3.2009 [das frühere Gutachten vom 17.2.2009 ersetzend], betreffend Webcam-Aufzeichnungen des Spielbetriebs auf dem Jugendspielplatz in der Zeit vom 12.7.2008 bis zum 10.8.2008 sowie Hochrechnungen der durch den aufgezeichneten Spielbetrieb verursachten Beurteilungspegel auf der Basis der dem Gutachten vom 16.1.2007 zugrunde liegenden gemessenen Beurteilungspegel beim Streetballspielen). Die Messungen, Videoaufzeichnungen und Berechnungen konnten naturgemäß keine uneingeschränkt vergleichbaren Spielsituationen auf dem Jugendspielplatz erfassen. Gründe dafür sind u. a., dass - abhängig von Wetter, Uhrzeit und anderen Einflüssen - die Frequentation des Platzes durch Jugendliche verschieden stark war, dass die Videoaufzeichnungen des Spielgeschehens unbemerkt hätten stattfinden sollen (dies aber wohl nur anfänglich gelungen ist), und dass die Kläger aus diesem Grund entgegen der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vereinbarten Vorgehensweise für die Langzeitmessung keine weiteren Messtermine beim gerichtlicherseits beauftragten Gutachter abgerufen hatten. Das Verwaltungsgericht hat die sowohl von den Klägern als auch von der Beklagten eingewandten, allerdings unterschiedliche Gesichtspunkte betreffenden und in gegensätzliche Richtung zielenden Bedenken gegen die Messungen des Gutachters und gegen die hiernach ermittelten Beurteilungspegel (diese seien in Wirklichkeit niedriger bzw. höher) nicht geteilt. Es hat die Messungen vom 16. und 25. Oktober 2006 (Gutachten vom 16.1.2007) zusammen mit den Videoaufzeichnungen vom 12. Juli 2008 bis 10. August 2008 und die auf dieser Grundlage zusammen ermittelten Beurteilungspegel des gerichtlich beauftragten Sachverständigen, die im Gutachten vom 25. März 2009 enthalten sind, zur tatsächlichen Grundlage seiner Entscheidung gemacht (UA Nr. III.1.2, S. 27 unten); es hat sich hierzu trotz der - in Bezug auf Lärmmessungen - auf „schmaler“ Grundlage erhobenen Daten in der Lage gesehen (UA Nr. III.1.2, S. 28). Die demnach entscheidungserheblich zugrunde gelegten Beurteilungspegel (wiedergegeben auf S. 19 des Urteils) sind wie folgt (sie betreffen ausschließlich den durch das Streetballspielen verursachten Lärm - nicht das Fußballspiel - und enthalten einen Messabschlag von 3 dB(A), einen Impulshaltigkeitszuschlag [nur für Ball- und andere impulshaltige Geräusche] und einen Ton- und Informationshaltigkeitszuschlag von 3 dB(A)):

a) Bei durchschnittlicher (gemittelter) Nutzungsintensität: werktags außerhalb der Ruhezeiten: 42 dB(A) bis 45 dB(A); sonntags außerhalb der Ruhezeiten: 45 dB(A) bis 48 dB(A); sonntags während der nachmittäglichen Ruhezeiten: 45 dB(A) bis 48 dB(A); Gesamtzeitraum während abendlicher Ruhezeiten: 43 dB(A) bis 46 dB(A).

b) Bei maximaler Nutzungsintensität: werktags außerhalb der Ruhezeiten: 48 dB(A) bis 51 dB(A); sonntags außerhalb der Ruhezeiten: 50 dB(A) bis 53 dB(A); sonntags während der nachmittäglichen Ruhezeiten: 52 dB(A) bis 55 dB(A); Gesamtzeitraum während abendlicher Ruhezeiten: 54 dB(A) bis 57 dB(A).

2.2.3.2. Die Einwände der Kläger gegen die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen bezeichnen lediglich zwangsläufig mit derartigen Messungen verbundene Umstände, machen diese Messungen aber nicht unverwertbar. Soweit die Kläger meinen, die jugendlichen Streetballspieler hätten sich im Sommer 2008 nach Bemerken der Videokamera unrealistisch zurückhaltend (also Lärm vermeidend) verhalten, hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend angemerkt, dass eine Kameraaufzeichnung, wenn sie von den Jugendlichen bemerkt wird, auch zu einem gegenteiligen Verhalten führen und „lärmträchtige“ Spielweisen geradezu provozieren kann, worauf auch im vorliegenden Fall manche aufgezeichneten Verhaltensweisen hindeuteten. Die Kläger haben allerdings auch - unwidersprochen - weiter eingewandt, das Bemerken der Videokamera durch die Jugendlichen habe nicht nur zu einem anderen Verhalten geführt, sondern dazu, dass die Jugendlichen auf andere Spielplätze in der Umgebung ausgewichen seien, der streitgegenständliche Jugendspielplatz demnach im Aufzeichnungszeitraum (12.7. bis 10.8.2008) ungewöhnlich gering frequentiert worden sei. Die Berechtigung dieses Einwands wird gestützt durch den Vergleich der im Sommer 2008 gefertigten Videoaufnahme mit einer (damals von den Jugendlichen unbemerkten) Videoaufzeichnung an den beiden Tagen vom 16. und 25. Oktober 2006, die nach den Berechnungen des Gutachters zu erheblich höheren Beurteilungspegeln geführt haben. Bezüglich des Gutachtens vom 16. Januar 2007 (betreffend die Messungen am 16. und 25.10.2006) hatte die Beklagte (vgl. die Ausführungen im angefochtenen Urteil, S. 12 unten) unter Hinweis auf den Schriftsatz der Beklagten vom 26. Februar 2007 (mit Ausnahme der Berechnungsmodalitäten in Bezug auf den Ansatz eines Zuschlags für Ton- und Informationshaltigkeit) lediglich die angenommene Spieldauer von 6 Stunden als zu hoch bemängelt und gemeint, auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Videoaufnahmen sei eine solche Spieldauer zu lang und wohl eher selten (dem wiederum haben die Kläger widersprochen). Die Beklagte hat auch eingewandt, die von ihr durchgeführten unangemeldeten Messungen hätten wesentlich geringere Werte ergeben als die „angemeldete Messung“, deren Ergebnis deshalb nicht repräsentativ sein könne. Aus - wiederum anderen - Kameraaufzeichnungen über lediglich zehn Tage im August könne die von den Klägern reklamierte intensive Nutzung des Platzes nicht entnommen werden. Es seien deshalb längere Aufzeichnungszeiträume notwendig.

2.2.3.3. Die Schwierigkeiten bei der Feststellung des vom Jugendspielplatz ausgehenden Lärms und die damit verbundene Messungenauigkeit stehen einer Beurteilung, ob die Lärmimmissionen den Klägern zumutbar sind, gleichwohl nicht entgegen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 27. April 2012 (Bl. 151 ff. [152/153] der VGH-Akte) vorgetragen, dass das Umweltamt der Beklagten überschlägig diejenigen Beurteilungspegel ermittelt hat, die sich bei einer Lärmimmissionsbeurteilung nach den - von der Sportanlagenlärmschutzverordnung abweichenden - Regeln des KJG ergeben würden. Diese sind - insbesondere aufgrund des Wegfalls der Ruhezeitenregelung und der zulässigen Einwirkzeit von 07:00 bis 22:00 Uhr - noch deutlich niedriger als die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung ermittelten Beurteilungspegel. Nach der überschlägigen Berechnung des Umweltamts ergibt sich über den Tageszeitraum von 15 Stunden (07:00 bis 22:00 Uhr) ein gemittelter Beurteilungspegel von 52 dB(A). Dieser liegt um 3 dB(A) unter demjenigen Immissionsrichtwert, der nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImSchV für ein Allgemeines Wohngebiet gelten würde und - bei einzelfallbezogener wertender Betrachtung der konkreten Schutzwürdigkeit - vorliegend auch für das Grundstück der Kläger jedenfalls als angemessen anzusehen wäre.

Ob die - von den Klägern vermutete - geringere Frequentation des Jugendspielplatzes bei den Videoaufzeichnungen zu einer im Vergleich zur „normalen Benutzung“ um mindestens 3 dB(A) geringeren Lärmimmission am Grundstück der Kläger geführt hat und ob folglich bei einer „normalen“ Benutzung mehr als 55 dB(A) zu besorgen wären, ist nicht nachweisbar. Eine weitere Sachaufklärung wurde insofern (zuletzt) nicht mehr beantragt und drängt sich dem Verwaltungsgerichtshof auch nicht auf. Auch weitere gleichartige Messungen wären dem Einwand ausgesetzt, die gemessene tatsächliche Nutzung sei nicht typisch gewesen.

Hinzu kommt, dass auch im Fall der Bejahung schädlicher Umwelteinwirkungen die gegen eine nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage bestehenden Abwehrrechte eines Dritten sich auch im Anwendungsbereich des KJG nach Inhalt und Reichweite nach denjenigen Pflichten richten, die § 22 Abs. 1 BImSchG dem Betreiber einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage auferlegt; sie können nicht weiter gehen, als solche Pflichten reichen. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 22 Abs. 1 BImSchG, aber doch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Abwehransprüche der Kläger stehen vorliegend deshalb unter dem Vorbehalt, dass die von ihnen bekämpften Lärmbeeinträchtigungen „nach dem Stand der Technik vermeidbar sind“ (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) und dass - soweit die Beeinträchtigungen unvermeidbar sind - die Beeinträchtigungen (nur) auf ein Mindestmaß beschränkt werden müssen (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Abgesehen davon können auch Art. 4 KJG Maßnahmen entnommen werden, die in Betracht kommen, und kann Art. 5 KJG entnommen werden, dass Anordnungen nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden können, mit Einschränkungen für die hier vorliegenden Altanlagen (Abs. 2) - auch diese Einräumung von Ermessen und diese Einschränkungen sind Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Aus dem Umstand, dass die „nach dem Stand der Technik“ vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen nicht auftreten dürfen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG), folgt eine Beschränkung der Betreiberpflichten und der Abwehrrechte der Betroffenen auch in wirtschaftlicher Beziehung: Die Maßnahmen, mit denen die schädlichen Umwelteinwirkungen vermieden werden sollen, müssen für den Durchschnittsbetreiber objektiv wirtschaftlich geeignet sein (Jarass, BImSchG 10. Aufl. 2013, § 22 Rn. 36 und § 3 Rn. 107 f.). Gemeint ist hiermit eine Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen (Jarass, a. a. O., § 3 Rn. 107). Das unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Interessenausgleichs zumutbare Mindestmaß (vgl. Jarass, a. a. O., § 22 Rn. 37 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 19.1.1989 - 7 C 77/87 - NJW 1989, 1291) bedeutet, dass - jedenfalls - solche Beeinträchtigungen unterbleiben, die oberhalb der polizeilichen Gefahrenschwelle liegen; unterschreiten sie als bloße Nachteile und Belästigungen diese Gefahrenschwelle, so erfordert die Beschränkung auf das Mindestmaß eine umfassende Abwägung aller Faktoren (Jarass, a. a. O., § 22 Rn. 38 und 39). Als Gefahrenschwelle kann im Fall von Lärmimmissionen ein gemittelter Beurteilungspegel von jedenfalls nicht unter 65 dB(A) angesehen werden. Anhaltspunkte dafür, dass diese Schwelle erreicht wird, bestehen im vorliegenden Fall nicht. Im Gegenteil deuten alle Messungen darauf hin, dass selbst der Wert von 60 dB(A) deutlich unterschritten wird.

Soweit weitere Maßnahmen zur Verringerung des vom Jugendspielplatz ausgehenden Lärms in Betracht kommen, hat der Verwaltungsgerichtshof nach dem Akteninhalt, insbesondere dem Vortrag der Beteiligten und dem Augenschein vom 29. Oktober 2013, die Überzeugung gewonnen, dass der wirtschaftliche Aufwand für eine - vergleichsweise geringe - Lärmreduzierung außer Verhältnis zum damit erreichten Nutzen steht. Zwar haben die Kläger unwidersprochen (Schriftsätze vom 30.9.2011, S. 2, Bl. 107/108 der VGH-Akte, und vom 12.3.2012, S. 11/12, Bl. 141/142 der VGH-Akte) vorgetragen, die Streetballanlage sei nicht auf einem Geräusch dämmenden Belag errichtet worden. Die Beklagte hat insoweit allerdings zu Recht - und ohne dass dies auf Widerspruch seitens der Kläger gestoßen wäre - eingewandt, die Lärmbelastung resultiere den Gutachten zufolge hauptsächlich von menschlichen Lautäußerungen, nicht vom Aufprallgeräusch [Schriftsatz vom 24.10.2011, S. 1, Bl. 109 der VGH-Akte). Wie die beim Augenschein gefertigten Fotoaufnahmen zeigen, sind die zur Absicherung der Jugendspielfläche gegenüber der Straße montierten Gitter zwar nur teilweise mit „Klirrschutz-Elementen“ (z. B. Moosgummistreifen) versehen; ein solcher Klirrschutz fehlte gerade an denjenigen Zaunteilen, die gegenüber dem Anwesen der Kläger liegen, sie sind vielmehr nur mit Abstandshaltern montiert (vgl. Fotos Nrn. 3 bis 7 als Anlagen zur Niederschrift vom 29.10.2013). Die Beklagte hat hierzu im Augenscheinstermin vom 29. Oktober 2013 allerdings nachvollziehbar erklärt, (weitere) Schwingungsdämpfer aus Moosgummi seien hier wenig wirksam, da zum Einen auch sie nicht verhindern würden, dass beim Aufprall des Balls am Zaun der gesamte Zaun in Schwingungen gerate, und zum Andern diese Elemente weder die Aufprallgeräusche am Boden noch die Lautäußerungen der spielenden Jugendlichen (die die Hauptlärmquelle seien) verringern könnten. Zu der angesprochenen Verlängerung des - ohnehin niedrigen - „Lärmschutzwalls“ hat die Beklagte nachvollziehbar vorgebracht, diese sei technisch und finanziell zu aufwendig angesichts der damit verbundenen Erschwernisse bei der (infolge der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten obliegenden) Pflege der Bäume jenseits des Zauns in der Südostecke. Die vom Gutachter aufgrund der Schallmessungen vom 16. und 25. Oktober 2006 im Gutachten vom 16. Januar 2007 angesprochene Möglichkeit einer Pegeldämpfung um etwa 10 dB(A) durch eine 4 bis 5 m hohe Lärmschutzwand an der südlichen Grenze der Streetballanlage (Nr. 5.1 auf S. 24 des Gutachtens vom 16.1.2007) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Eine derartige Lärmschutzwand würde entweder die erwünschte Einsehbarkeit des Jugendspielplatzes von außen verhindern oder - sollte sie aus durchsichtigem, zugleich aber bruchfestem Material sein - nur mit außerordentlich hohem, gänzlich unverhältnismäßigem Aufwand zu verwirklichen sein.

2.3. Zur Rechtslage ohne Berücksichtigung des KJG:

Sofern Bedenken gegen die Gesetzgebungskompetenz des bayerischen Landesgesetzgebers zur Regelung des von Jugendspielplätzen ausgehenden Lärms durchgreifen sollten und von einer Unanwendbarkeit des KJG auszugehen wäre, ergibt sich im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis.

Es mag zwar sein, dass die Orientierung an Regelwerken wie der Sportanlagenlärmschutzverordnung oder der Freizeitlärmrichtlinie dazu führen könnte, dass die vorliegend gemessenen bzw. ermittelten Beurteilungspegel höher ausfallen als bei Anwendung des KJG. Andererseits wäre zu bedenken, dass der Gesichtspunkt der Sozialadäquanz desjenigen Lärms, der bei der spielerisch-sportlichen Betätigung von Jugendlichen unvermeidbar entsteht, im Unterschied zu dem von „normalen Sportanlagen“ verursachten Lärm eine Absenkung des Schutzniveaus benachbarter Wohnbebauung rechtfertigen kann. Die Orientierung an überwiegend andere Anlagen betreffenden Regelwerken berücksichtigt nämlich zu wenig, dass Jugendspielplätze der Erfüllung von Aufgaben dienen, die im Allgemeininteresse liegen, und dass ein geeigneter Anlagenstandort nicht immer vorhanden ist. Dies kann dazu führen, dass nach der nach dieser Rechtslage gebotenen tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalls die erwähnten Privilegierungen des KJG im Ergebnis doch zur Anwendung kommen. Dies kann auch dazu führen, dass eine Störung als sozialadäquat hingenommen werden muss. Davon muss hier nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ausgegangen werden. Unverändert blieben die Einschränkungen der Betreiberpflichten bzw. der korrespondierenden Abwehrrechte von Betroffenen, die sich aus dem oben behandelten Gesichtspunkt „Stand der Technik“ ergeben. Daher käme man im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis.

3. Die Kläger können auch nicht beanspruchen, dass die Beklagte die Nutzung des Spielplatzes zum Fußballspielen unterbindet (Hauptantrag, Teil 2).

Ein nachbarlicher Abwehranspruch der Kläger besteht nur, wenn die Beklagte als Betreiberin des Jugendspielplatzes für die Störung verantwortlich ist. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die Lärmimmissionen durch die bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage im Rahmen des Widmungszwecks verursacht werden. Für Störungen durch Nutzungen außerhalb dieses Rahmens ist dagegen der Anlagenbetreiber nur dann verantwortlich, wenn er besondere Anreize geschaffen hat, die zu einer regelwidrigen Nutzung „einladen“ (BayVGH, U. v. 30.11.1987 - 26 B 82 A.2088 - BayVBl 1988, 241; BayVGH, U. v. 31.3.2006 - 22 B 05.1683 - NVwZ-RR 2007, 462/464 m. w. N.), und wenn er derartigen Anreizen nicht mit zumutbaren angemessenen Mitteln entgegenwirkt. Allein die Einrichtung eines Spielplatzes mit entsprechenden Spielgeräten führt nicht dazu, dass der Betreiber für jede Störung verantwortlich ist, die bei der - wie hier - bestimmungswidrigen Nutzung der Anlage entsteht. Hat der Betreiber die ihm unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zumutbaren Maßnahmen getroffen, um naheliegende missbräuchliche Nutzungen der Anlage auszuschließen oder zumindest zu begrenzen, kann eine durch solche Nutzungen gleichwohl verursachte Störung ihm nicht mehr zugerechnet werden. In diesem Fall ist der beeinträchtigte Nachbar auf die Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe zu verweisen.

Vorliegend hat die Beklagte - entsprechend ihrer Benutzungsordnung - durch Schilder an den Zugängen zum Jugendspielbereich gut sichtbar (in Bild und Schrift) darauf hingewiesen, dass das Fußballspielen dort nicht erlaubt ist. Sie hat nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch organisatorische Maßnahmen zur Überwachung der Benutzungsordnung getroffen (Aufnahme des Spielplatzes als „Brennpunkt“ in das Überwachungsprogramm des städtischen Ordnungsdienstes). Sie hat ferner die Platzoberfläche „fußballspielunfreundlich“ gestaltet, indem sie mehrere Erdhügel aufgeschüttet und damit die größere, zum Fußballspielen oder „Bolzen“ einladende ebene Fläche beseitigt hat. Von einem besonderen Anreiz zur missbräuchlichen, bestimmungswidrigen Nutzung des Jugendspielplatzes kann deshalb nicht gesprochen werden, ebenso wenig davon, dass die Beklagte es an ihr zumutbaren Gegenmaßnahmen hätte fehlen lassen.

Nach allem ist daher die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.