Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2014 - 19 ZB 12.1010

bei uns veröffentlicht am19.09.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 19. April 1971 geborene Kläger beantragte am 4. Mai 2010 die Erteilung einer Aufnahmezusage für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Er legte u. a. eine am 22. April 1971 ausgestellte Geburtsurkunde vor, in der seine beiden Eltern J. S., geb. am 3. Januar 1944, und N. S., geb. am 25. März 1946, mit russischer Nationalität eingetragen sind.

Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. (ZWST) erklärte in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 21. Februar 2011 unter Einbeziehung einer gutachterlichen Stellungnahme der Union progressiver Juden in Deutschland e. V. (UPJ) vom 17. Februar 2011, dass für den Kläger keine Aufnahmemöglichkeit in einer jüdischen Gemeinde bestehe. In der Stellungnahme der UPJ vom 17. Februar 2011 heißt es, die Aufnahme des Klägers werde abgelehnt.

Auch die Eltern des Klägers, J. S. und N. S., beantragten am 4. Mai 2010 die Erteilung von Aufnahmezusagen für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie legten u. a. eine am 7. Juli 1961 für J. S. ausgestellte Geburtsurkunde vor, in welcher dessen Vater (angegebener Name: A. G.) mit jüdischer Nationalität eingetragen ist.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - Stelle für Physikalisch technische Urkundenuntersuchungen - stellte unter dem 25. Oktober 2011 als Ergebnis einer Untersuchung der Geburtsurkunde vom 7. Juli 1961 des Vaters des Klägers fest, es bestehe der Verdacht einer Manipulation. Die bei der Untersuchung festgestellten Befunde ließen den Schluss zu, dass die Eintragungen beim Vatersnamen, dessen Nationalität sowie das Geburtsdatum mittels Rasur und Überschreibung abgeändert worden seien. In einem ausführlichen Untersuchungsbericht vom 21. März 2012 heißt es zusammenfassend, die kriminaltechnische Untersuchung lasse den Schluss zu, dass das vorgelegte Dokument durch Rasur und Überschreibung des Vatersnamens, des Eintragungsdatums sowie der Religionszugehörigkeit verfälscht worden sei.

Weiter legte der Vater des Klägers in seinem Aufnahmeverfahren u. a. ein „verringertes Dienstzeugnis“, ausgestellt am 15. Januar 1970, welches unter Bezugnahme auf seine Geburtsurkunde die Nationalität Jude enthält, einen am 15. September 1970 ausgestellten Wehrpass, ebenfalls die Nationalität Jude enthaltend, sowie eine „Aktenaufzeichnung über den Tod“ vom 9. Juni 1978 in Kopie, betreffend Herrn A. G., gestorben am 21. Mai 1978, Nationalität Jude, vor. Hingewiesen wird in dem Dokument auf eine ausgestellte Sterbeurkunde. Angemerkt wird, dass es sich um ein Duplikat vom 3. Februar 2001 handelt.

Mit Bescheid vom 8. November 2011 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufnahmezusage als jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion ab. Zur Begründung führte das Bundesamt u. a. aus, gemäß Ziff. 1.2.e der Verfahrensanordnung des Bundesministeriums des Innern vom 24. Mai 2007 sei Voraussetzung für die Aufnahme u. a. der Nachweis zur Möglichkeit der Aufnahme in eine jüdische Gemeinde im Bundesgebiet. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Auch habe schon der Vater des Klägers seine jüdische Abstammung oder Nationalität nicht nachweisen können.

Ebenfalls mit Bescheid vom 8. November 2011 lehnte das Bundesamt den Antrag der Eltern des Klägers ab. Zur Begründung wurde insbesondere auf das Ergebnis der kriminaltechnischen Urkundenuntersuchung hingewiesen. Sonstige anerkennungsfähige Urkunden seien nicht vorgelegt worden.

Der Kläger und seine Eltern erhoben jeweils Klage. Die Klage der Eltern J. S. und N. S. gegen den an sie gerichteten Bescheid des Bundesamtes vom 8. November 2011 wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27. März 2012 ab (AN 6 K 12.15). Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, mit der am 7. Juli 1961 ausgestellten Geburtsurkunde könne der Vater des Klägers nicht den Nachweis führen, dass er von einem jüdischen Vater abstamme. Es sei für die Kammer nachvollziehbar, dass die kriminaltechnische Untersuchung den Schluss einer Verfälschung des Vatersnamens, des Eintragungsdatums (1946) sowie der Religionszugehörigkeit des Vaters zulasse. Seine eigene jüdische Nationalität könne der Vater des Klägers im Übrigen nicht durch sonstige Dokumente nachweisen.

Der Antrag der Eltern des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2012 blieb erfolglos (Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 18.9.2014 im Verfahren 19 ZB 12.1008). Zur Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof u. a. aus, die von den Eltern des Klägers vorgebrachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestünden nicht. Der Vater des Klägers habe durch vor 1990 ausgestellte staatliche Personenstandsurkunden nicht nachweisen können, dass er von mindestens einem jüdischen Elternteil abstamme. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der am 7. Juli 1961 ausgestellten Geburtsurkunde geäußert habe. Auf die Würdigung sonstiger vorgelegter Dokumente komme es nicht an. Deren Beweiswert wäre im Übrigen allenfalls gering. Zudem habe der Vater des Klägers nicht durch vor 1990 ausgestellte staatliche Personenstandsurkunden nachweisen können, dass er selbst jüdischer Nationalität sei. Vielmehr ergebe sich aus der Geburtsurkunde des Klägers, dass die Eltern des Klägers russischer Nationalität seien. Auch insoweit wäre im Übrigen der Beweiswert der sonstigen vorgelegten Dokumente - ohne dass es darauf noch ankäme - nur gering. Die Berufung sei im Übrigen auch nicht aus den sonstigen vorgetragenen Gründen zuzulassen. Auf die Gründe des Beschlusses im Einzelnen wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 27. März 2012 wies das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers ab (AN 6 K 11.2258). Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht u. a. aus, der Kläger erfülle die von der Verfahrensanordnung des Bundesministeriums geforderten Voraussetzungen für eine Aufnahme nicht. Der Nachweis der Möglichkeit einer Aufnahme in eine jüdische Gemeinschaft im Bundesgebiet sei nicht erbracht worden. Vielmehr habe die UPJ die Aufnahme des Klägers abgelehnt. An diese Stellungnahme der UPJ seien das Bundesamt und auch das Gericht gebunden. Bei dieser Sachlage sei der Aufnahmeantrag zwingend abzulehnen gewesen, ohne dass es auf die Frage noch ankomme, ob die Angaben in der Geburtsurkunde des Vaters des Klägers abgeändert worden seien, wobei selbst bei unterstellter Richtigkeit dieser Angaben nur die jüdische Nationalität des Großvaters des Klägers nachgewiesen wäre, die nach dem eindeutigen Wortlaut der Verfahrensanordnung als Aufnahmevoraussetzung nicht genüge.

Dagegen hat der Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung stellen lassen mit der Begründung, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Verwiesen werde auf die Ausführungen im Zulassungsverfahren betreffend die Eltern des Klägers vor dem Verwaltungsgerichtshof (19 ZB 12.1008). Der Vater des Klägers könne seine eigene jüdische Nationalität nachweisen. Damit stamme der Kläger von einem jüdischen Elternteil ab. Es sei davon auszugehen, dass eine neu einzuholende Anfrage bei der UPJ nunmehr eine positive Entscheidung mit sich bringe.

Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen. Selbst bei Echtheit der Geburtsurkunde seines Vaters könnte der Kläger lediglich auf einen Großelternteil jüdischer Nationalität zurückgreifen. Dies reiche nicht aus. Darüber hinaus sehe die UPJ Personen, die von einem patrilinearen Vater abstammten, nicht mehr als jüdisch an, so dass die gutachterliche Stellungnahme in solchen Fällen negativ ausfalle.

Der Kläger entgegnete u. a., er stamme von einem Vater jüdischer Nationalität ab. Dies könne sein Vater durch mehrere Dokumente nachweisen.

Auf die jeweiligen Ausführungen der Beteiligten im Einzelnen wird Bezug genommen. Beigezogen wurde die Gerichtsakte betreffend das Zulassungsverfahren der Eltern des Klägers, Az. 19 ZB 12.1008.

II.

Der auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

Die vom Kläger vorgebrachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen nicht.

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (z. B. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2010 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838/839 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der Vortrag des Klägers, er habe die Abstammung von einem jüdischen Elternteil nachgewiesen und deshalb werde eine neu einzuholende Anfrage bei der UPJ eine positive Entscheidung über seine Aufnahme in der Bundesrepublik mit sich bringen, ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils darzutun.

Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann das Bundesministerium des Innern (Bundesministerium) zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Diese Anordnung des Bundesministeriums vom 24. Mai 2007 (nunmehr i. d. F. vom 21.12.2011 - Verfahrensanordnung -) nennt als Aufnahmevoraussetzung in Ziff. I.2.a, dass als jüdische Zuwanderer nur Personen aufgenommen werden können, die nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden selbst jüdischer Nationalität sind oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammen. Ziff. I.2.e der Verfahrensordnung führt aus, dass als jüdische Zuwanderer nur Personen aufgenommen werden können, für die der Nachweis erbracht wird, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht. Der Nachweis erfolgt durch gutachterliche Stellungnahme der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden e. V.; die Union progressiver Juden e. V. wird in dieses Verfahren eingebunden und kann im Rahmen dieses Verfahrens eine Stellungnahme abgeben.

Zum Rechtscharakter und Inhalt der Verfahrensanordnung hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner maßgeblichen Entscheidung vom 15. November 2011 (Az. 1 C 21.10 - juris), welcher der Senat folgt, im Wesentlichen ausgeführt:

Sinn und Zweck der Regelung in § 23 Abs. 2 AufenthG bestehe darin, einen gesetzlichen Rahmen und das Verfahren zu schaffen, um bestimmten Gruppen von noch nicht eingereisten Ausländern zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Hierdurch könne bei Aufnahmeentscheidungen, die typischerweise eine größere Zahl von Ausländern in gleicher oder vergleichbarer Weise beträfen, ein gleichmäßiger Verwaltungsvollzug sichergestellt werden. Es stehe im Ermessen des Bundesministeriums, ob eine solche Anordnung erlassen werde; aus der Natur der Sache ergebe sich, dass es bei der Festlegung der Aufnahmekriterien weitgehend frei sei, allenfalls begrenzt durch das Rechtsstaatsprinzip und das Willkürverbot. Es handele sich hierbei um eine politische Leitentscheidung, die grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung unterliege. Das Bundesministerium könne im Rahmen seines Entschließungs- und Auswahlermessens den von einer Anordnung erfassten Personenkreis bestimmen. Es könne dabei positive Kriterien (Erteilungsvoraussetzungen) und negative Kriterien (Ausschlussgründe) aufstellen. Ein Anspruch des einzelnen Ausländers, von einer Anordnung nach § 23 Abs. 2 AufenthG erfasst zu werden, bestehe nicht (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.2000 - 1 C 19.99 - juris). Als eine das Ermessen lenkende Willenserklärung des Bundesministeriums gegenüber dem Bundesamt sei die Anordnung vielmehr unter Berücksichtigung des wirklichen Willens des Erklärenden und ihrer tatsächlichen Handhabung, d. h. der vom Urheber gebilligten und geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis, auszulegen und anzuwenden. Bei Unklarheiten habe das Bundesamt den wirklichen Willen des Bundesministeriums des Innern - gegebenenfalls durch Rückfrage - zu ermitteln. Die genannten Anordnungen dienten nicht dem Schutz und der Verwirklichung von Grundrechten der hierdurch begünstigten Ausländer, sondern der Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik. Der politische Charakter einer nach § 23 Abs. 2 AufenthG erlassenen Anordnung verbiete eine Auslegung, die ihr entgegen der Intention ihres Urhebers und der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen weitergehenden Anwendungsbereich zuweise. Der Anwendungsbereich könne auch nicht mit Verhältnismäßigkeitserwägungen ausgeweitet werden. Eine Außenwirkung komme der Anordnung nur mittelbar über die Verpflichtung der Behörden zur Beachtung von Art. 3 Abs. 1 GG zu, soweit sich eine der Richtlinie entsprechende Behördenpraxis herausgebildet habe; dem Gericht obliege es nachzuprüfen, ob der Gleichheitssatz bei Anwendung der Anordnung durch das Bundesamt gewahrt sei. Ziffer 1.2.a der Verfahrensanordnung regele verwaltungsintern unter welchen Voraussetzungen das Bundesamt Juden aus der ehemaligen Sowjetunion im Ermessenswege eine Aufnahmezusage erteilen dürfe, indem sie den begünstigten Personenkreis eingrenze. Zu den positiven Erteilungsvoraussetzungen zähle, dass als jüdische Zuwanderer nur Personen aufgenommen werden könnten, die nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden selbst jüdischer Nationalität seien und von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammten. Der Nachweis der Abstammung von mindestens einem jüdischen Elternteil könne nicht durch Urkunden der Großeltern oder nach der jüdischen Abstammungslehre (Halacha) erbracht werden. Vielmehr gehe das Bundesamt in ständiger, vom Bundesinnenministerium gebilligter Praxis bei der Entscheidung über Anträge auf Aufnahmezusage für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion davon aus, dass die jüdische Nationalität eines Elternteils nachgewiesen werden müsse. Der dabei verwendete Begriff der „jüdischen Nationalität“ beruhe auf einer Besonderheit in der ehemaligen Sowjetunion und ihrer Nachfolgestaaten. Diese unterscheiden zwischen der Staatsangehörigkeit und der Nationalität; das Judentum werde der Nationalität zugerechnet, die in staatlichen Personenstandsurkunden angegeben sei.

Unter den genannten Prämissen unterliegt Ziffer 1.2.a der Verfahrensanordnung, die den begünstigten Personenkreis dahingehend begrenzt, dass eine eigene jüdische Nationalität oder die eines Elternteils mit vor 1990 ausgestellten Urkunden nachzuweisen ist, nicht der unmittelbaren gerichtlichen Kontrolle. Es ist vielmehr allein im weitgehend freien und weiten Entschließungs- und Auswahlermessen des Bundesinnenministeriums, von der jüdischen Abstammungslehre unabhängige Aufnahmekriterien aufzustellen. Die betreffende Aufnahmevoraussetzung entspricht auch dem Rechtsstaatsgebot und verstößt nicht gegen das Willkürverbot. Es ist nicht sachwidrig, wenn die Exekutive, dem primären Zweck der Aufnahmeregelung entsprechend, das Leben der jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland zu stärken, die Aufnahmeberechtigung auf Personen beschränkt, die selbst oder zumindest deren Eltern sich vor 1990 - seinerzeit eventuell auch unter Hinnahme von Nachteilen - zu ihrer jüdischen Glaubenszugehörigkeit in Form der Angabe einer jüdischen Nationalität in staatlichen Personenstandsurkunden bekannt haben. Damit wurde für das Aufnahmeverfahren ein klares, leicht feststellbares Kriterium gewählt, das seitens des Gerichts nicht weiter inhaltlich hinterfragt werden kann. Es entspricht zudem sachlichen, dem Rechtsstaatsgebot entsprechenden und dem Willkürverbot nicht widersprechenden Überlegungen, dass die Exekutive für den entsprechenden Nachweis einer jüdischen Nationalität vor dem Jahr 1990 ausgestellte staatliche Urkunden fordert, da unter den bis zu diesem Zeitpunkt in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion herrschenden Regime der Grad der Verlässlichkeit staatlicher Urkunden wesentlich höher war als nach der so genannten Wende.

Vorliegend hat der Kläger, welcher die Aufnahmevoraussetzungen der Ziff. 1.2.a der Verfahrensanordnung zu erfüllen beansprucht, nicht durch vor 1990 ausgestellte staatliche Personenstandsurkunden (nach der Praxis der Beklagten sind dies Geburts-, Abstammungs-, Heirats- und Sterbeurkunden) nachgewiesen, dass er selbst oder ein Elternteil jüdischer Nationalität ist.

Der Kläger trägt nicht vor, selbst jüdischer Nationalität zu sein. Er kann aber auch nicht nachweisen, von mindestens einem jüdischen Elternteil abzustammen. Nach seiner von ihm vorgelegten Geburtsurkunde, einer staatlichen vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunde, sind seine Eltern nicht jüdischer, sondern russischer Nationalität.

Dem Vater des Klägers, J. S., ist es in seinem Antragsverfahren auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2012 (Az. des VG: AN 6 K 12.15, Az. des VGH: 19 ZB 12.1008) nicht gelungen, nachvollziehbar darzulegen, dass er jüdischer Nationalität sei oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstamme. In seinem Beschluss vom 18. September 2014 führt der Verwaltungsgerichtshof u. a. aus, der Geburtsurkunde des A. S., einer staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunde, sei eindeutig zu entnehmen, dass J. S. (und seine Ehefrau N. S.) russischer Nationalität seien. Auf eine Würdigung der sonstigen im dortigen Verfahren vorgelegten Dokumente komme es mithin nicht an. Deren Beweiswert wäre aber auch nur gering. Ebenso wenig habe J. S. nachweisen können, dass er von einem Vater jüdischer Nationalität abstamme. Die von der Beklagten durchgeführte kriminaltechnische Untersuchung der am 7. Juli 1961 ausgestellten Geburtsurkunde des J. S. lasse den Schluss einer Verfälschung des Dokuments zu. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht deshalb Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Urkunde geäußert habe. Die sonstigen insoweit vorgelegten Urkunden und Dokumente seien nicht mehr zu würdigen. Deren Beweiswert wäre im Übrigen allenfalls gering.

Auf die Gründe des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. September 2014 im Verfahren 19 ZB 12.1008, welcher den Vertretern des Klägers bekannt ist, wird im Übrigen Bezug genommen.

Hinzu kommt, was die Frage der behaupteten jüdischen Abstammung des Vaters des Klägers angeht, dass nach der Verfahrensanordnung und der tatsächlichen Verwaltungspraxis des Bundesamtes bei vor dem 1. Januar 1990 geborenen Personen (wie dem Kläger) selbst eine belegte jüdische Nationalität eines Großelternteils nicht genügen würde.

Zudem hat der Kläger nicht den gemäß Ziff. 1.2.e der Verfahrensanordnung für die Aufnahme als jüdischer Zuwanderer erforderlichen Nachweis erbracht, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht. Hinsichtlich dieses selbstständig tragenden Begründungselements sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ebenfalls nicht gegeben.

In ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 2011 hat die ZWST ausgeführt, dass für den Kläger keine Aufnahmemöglichkeit in einer jüdischen Gemeinde, auch nicht aufgrund der Stellungnahme der UPJ besteht. Der Vortrag des Klägers, die ablehnende Stellungnahme der ZWST sei darauf zurückzuführen, dass der Vater des Klägers eine eigene jüdische Nationalität nicht habe nachweisen können, dazu aber nun in der Lage sei, führt nicht weiter. Denn wie ausgeführt ist den Gründen des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. September 2014 im Verfahren 19 ZB 12.1008 zu entnehmen, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Vater des Klägers erfülle nicht die Aufnahmevoraussetzung der Ziff. 1.2.a der Verfahrensanordnung (eigene jüdische Nationalität oder Abstammung von mindestens einem jüdischen Elternteil nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden) nicht zu beanstanden ist. Daher kann der Kläger mit der Begründung seines Zulassungsantrages, er gehe aufgrund des Nachweises der jüdischen Nationalität seines Vaters davon aus, dass eine neu einzuholende Anfrage bei der UPJ nun eine positive Entscheidung mit sich bringe, keinen Erfolg haben. Im Übrigen weist das Bundesamt unwidersprochen darauf hin, dass die UPJ die Aufnahmemöglichkeit in eine jüdische Gemeinde in Deutschland dann annehme, wenn der bzw. die Antragstellende matrilinearer Abstammung sei, d. h. von einer jüdischen Mutter geboren worden sei. Die Abstammung von einem patrilinearen Vater (diese Abstammung behauptet der Kläger) genüge nicht.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

23

(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.