vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 9 K 16.959, 08.11.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Beschwerde die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für ihre auf die Bewilligung von Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum April 2016 bis März 2017 unter Anrechnungsfreistellung vorhandenen Vermögens zur Vermeidung unbilliger Härten gerichtete Klage weiter.

I.

Seit dem Sommersemester 2013 absolviert sie ein Masterstudium der Fachrichtung Informatik an der Universität Passau. Am 12. Januar 2016 beantragte sie beim beklagten Studentenwerk Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum April 2016 bis März 2017. Diesen Antrag lehnte das Studentenwerk für den Zeitraum April 2016 bis September 2016 ab, da das der Klägerin anzurechnende Einkommen und Vermögen den ermittelten Gesamtbedarf überstieg. Für den weiteren Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 wurde ihr Ausbildungsförderung in Höhe von 157,- € monatlich bewilligt. Mit ihrem hiergegen am 21. März 2016 erhobenen Widerspruch trug die Klägerin vor, dass der Bescheid inhaltliche und rechnerische Fehler aufweise. So habe das Studentenwerk auf ihr Vermögen entgegen dem gestellten Härteantrag keinen Freibetrag gewährt. Insbesondere sei Vermögen in Höhe von 1.025,- € anrechnungsfrei zu stellen, da es auf Schmerzensgeldzahlungen beruhe. Ebenfalls anrechnungsfrei bleiben müsse ein Betrag in Höhe von 274,- €, der für die Beschaffung von Brennstoffen verwendet worden sei. Ferner habe das Studentenwerk die Jahresprämie in Höhe von 286,60 € für eine private Rentenversicherung nicht anrechnungsfrei gestellt. Die entsprechenden Beitragszahlungen seien erforderlich, da die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung ihr Studium nur innerhalb einer deutlich verlängerten Studienzeit durchführen und voraussichtlich nicht bis zum Erreichen des Rentenalters berufstätig sein könne. Weiter sei ein Härtefreibetrag in Höhe von mindestens 100,- € für gesundheitsbezogene Ausgaben zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Behandlung bzw. Abmilderung ihrer Behinderung stünden. Schließlich sei ein weiterer Freibetrag aufgrund studienbedingter Fahrt- und Übernachtungskosten anrechnungsfrei zu stellen.

In der Folge erhob die Klägerin am 22. Juni 2016 Untätigkeitsklage und stellte zugleich einen Eilantrag, dessen Erlass das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. August 2016 ablehnte. Zur Begründung wurde über das Widerspruchsvorbringen hinaus darauf verwiesen, dass das beklagte Studentenwerk im 1. Quartal 2015 aufgrund eines anderweitigen Klageverfahrens geleistete BAföG-Nachzahlungen zu Unrecht dem anrechenbaren Vermögen zurechnen würde. Die Klägerin sei seit April 2016 dazu gezwungen, ihr Vermögen für ihr Studium zu verwerten und habe bereits ein Darlehen aus dem Härtefonds der Universität Passau beantragen müssen.

Das beklagte Studentenwerk gab dem Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 7. Juli 2016 teilweise statt und änderte mit weiterem Bescheid vom 8. Juli 2016 den Bescheid vom 17. März 2016 dahingehend ab, dass nunmehr für den Bewilligungszeitraum Oktober 2016 bis März 2017 Ausbildungsförderung in Höhe von 249,- € festgesetzt wurde. Dem lag die Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 25 Abs. 6 BAföG von 148,33 € monatlich sowie eines Vermögens in Höhe von 9.741,50 € zugrunde. Weiter wurden Schmerzensgeldzahlungen in Höhe von 1.000,- € nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei gestellt und gesundheitsbezogene Ausgaben in Höhe von 90,- € berücksichtigt. Demgegenüber hätten die geltend gemachten Brennstoffkosten sowie die Beitragszahlungen für die Rentenversicherung nicht von der Anrechnung ausgenommen werden können. Dies gelte ebenfalls für die angeführten studienbedingten Fahrt- und Übernachtungskosten, da überhaupt nicht klar sei, ob und in welcher konkreten Höhe sie anfallen würden. Im Übrigen seien im Zusammenhang mit Seminaren, Forschungsexkursionen und Recherchearbeiten entstehende Kosten bereits im BAföG-Satz berücksichtigt. Hinsichtlich der BAföG-Nachzahlungen sei festzuhalten, dass deren Auszahlung mehr als ein Jahr vor der aktuellen Antragstellung liege. In der Zwischenzeit sei ein neuer Studiengang aufgenommen und ein neuer Ausbildungsabschnitt begonnen worden. Es erscheine daher zumutbar, den den Freibetrag übersteigenden Vermögenswert für die Ausbildung einzusetzen, sodass auch die BAföG-Nachzahlungen nicht anrechnungsfrei gestellt werden könnten.

Mit der Fortführung der Klage nach Verbescheidung des Widerspruchs beantragte die Klägerin Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung, deren Bewilligung das Verwaltungsgericht mit dem nunmehr streitbefangenen Beschluss vom 8. November 2017 angesichts mangelnder Erfolgsaussichten ablehnte. Das beklagte Studentenwerk habe die Freistellung von Vermögen nach § 29 Abs. 3 BAföG nicht zu Unrecht versagt. So bilde zunächst die Beschaffung von Brennstoffen keinen Fall einer unbilligen Härte. Heizkosten, egal in welcher Form, seien im Bedarfssatz im Rahmen der Aufwendungen für die Unterkunft bereits berücksichtigt. Darüber hinaus sei der Klägerin auch für die Beitragszahlungen zu ihrer privaten Rentenversicherung kein Freibetrag nach § 29 Abs. 3 BAföG zu gewähren. Der Rentenvertrag vermittle ihr nämlich neben der Rentenzahlung auch ein Kapitalwahlrecht und unterscheide sich damit von einer sog. Riesterrente. Die Anrechnungsfreistellung aufgrund unbilliger Härte komme nach § 29 Abs. 3 BAföG indes nur bei Altersvorsorgeverträgen in Betracht, die die Voraussetzungen des § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes erfüllten. Hinzu komme, dass das Studentenwerk im Bescheid vom 17. März 2016 und 8. Juli 2016 davon abgesehen habe, den Rückkaufwert des Rentenversicherungsvertrages in Höhe von 3.744,64 € dem Vermögen der Klägerin nach § 27 Abs. 1 BAföG zuzurechnen, obgleich es sich vorliegend nicht um eine rein verrentete Sparform handele, die nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 BAföG dem Vermögensbegriff nicht unterfalle. Durch die Freistellung eines weiteren Teils des Vermögens nach § 29 Abs. 3 BAföG für die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge würde die Klägerin folglich doppelt begünstigt. Keine weitere Vermögensfreistellung könne auch insoweit erfolgen, als die Klägerin die Teilnahme an einer Prüfung in Erlangen beabsichtige. Keinen Bedenken begegne weiterhin, dass das beklagte Studentenwerk davon abgesehen habe, insgesamt 7.776,- € nachgezahlte Ausbildungsförderungsleistungen anrechnungsfrei zu stellen. Die Herkunft des Vermögens sei grundsätzlich für die Frage von dessen Anrechnung unerheblich. BAföG-Nachzahlungen unterlägen nur dann der Anrechnungsfreistellung, wenn sie auf einer rechtswidrigen Vorenthaltung der Ausbildungsförderung von Seiten des Amtes für Ausbildungsförderung beruhten, jedoch dann nicht, wenn der Auszubildende seinerseits in der Lage gewesen sei, die Vorenthaltung der Ausbildungsförderung ohne nennenswerte Verschuldung zu überbrücken. Die Klägerin habe demgegenüber nicht hinreichend dargelegt, dass sie Schulden habe machen müssen, um den Zeitraum bis zur rückwirkenden Leistung der BAföG-Mittel zu überbrücken. Die Inanspruchnahme von Mitteln des Härtefonds der Universität Passau in Höhe von 400,- € erweise sich gegenüber den Nachzahlungen von insgesamt 7.776,- € als untergeordneter Betrag. Die Gewährung eines Härtefreibetrags in Höhe der BAföG-Nachzahlungen erscheine auch nicht deshalb angezeigt, weil das Fehlen von Ausbildungsförderung Verzögerungen beim Studienverlauf und damit ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer zur Folge gehabt hätte. Denn der vorliegend streitgegenständliche Förderzeitraum betreffe mit dem Masterstudium Informatik einen neuen Ausbildungsabschnitt. Das vorangegangene Bachelorstudium habe sich auch nicht, soweit ersichtlich, aufgrund des Ausbleibens von Ausbildungsförderung verzögert. Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwischen den BAföG-Nachzahlungen und dem jetzigen Förderantrag ein erheblicher Zeitabstand von fast eineinhalb Jahren liege, sodass eine Abschichtung des Vermögens der Klägerin nicht mehr möglich sei.

Mit ihrer gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde verfolgt die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe weiter. Zur Begründung trägt sie vor, nach der UN-Behindertenrechtskonvention müsse beim Vollzug des BAföG die Behinderung eines Auszubildenden Berücksichtigung finden. Insbesondere dürften die durch eine Behinderung entstehenden Zusatzkosten während der Ausbildung nicht außer Acht gelassen werden. Demgegenüber würden die Pauschalisierungen und Typisierungen des auf „normale“ Auszubildende zugeschnittenen Ausbildungsförderungsrechts behinderungsbedingte Mehrausgaben nicht berücksichtigen. Demzufolge müssten insbesondere zusätzliche Freibeträge auf das Vermögen zur Abfederung unbilliger Härten gewährt werden. Derartige Freibeträge habe das beklagte Studentenwerk der Klägerin jedoch trotz der offenen Formulierung der Verwaltungsvorschrift zu § 29 Abs. 3 BAföG versagt.

Die Aufnahme vollverzinster Bankkredite zur Finanzierung teils behinderungsbedingter Mehrbedarfe sei für die Klägerin nicht in Betracht gekommen, da sie bereits aus dem Bachelorstudium mit einem regulären BAföG-Darlehen in Höhe von 10.000,- € belastet sei und sie ferner davon ausgehe, aufgrund ihrer Behinderung nur einer eingeschränkten Tätigkeit mit entsprechend geringeren Verdienstmöglichkeiten nachgehen zu können.

Hinsichtlich der privaten Rentenversicherung sei auszuführen, dass diese seit März 2003 bestehe und erst in 2018 der Rückkaufswert erstmals die eingezahlten Beiträge überschritten habe. Angesichts der steuerlichen Begünstigung dieses „Altvertrags“ sei ihr mehrfach davon abgeraten worden, den Vertrag aufzulösen.

Auch beim Bausparvertrag handele es sich um einen sog. Altvertrag aus dem November 2006. Das angesparte Kapital müsse nicht zwingend für wohnwirtschaftliche Zwecke verwendet werden. Darüber hinaus habe sie den Bausparvertrag Ende September 2016 an ihre Schwester verpfändet.

Was Bankguthaben betreffe, hätten diese seit dem Weiterförderungsantrag vom Dezember 2014 innerhalb eines Jahres um etwa 4.000,- € zugenommen, was aus „dazwischen erfolgten Nachzahlungen“ herrühre. So seien Anfang 2015 BAföG-Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 7.776,- € sowie im Dezember 2015 eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 1.000,- € eingegangen. Ferner habe die Klägerin noch im Jahr 2014 ein Preisgeld in Höhe von 5.000,- € der Stiftung Lebensspur e.V. für ihren beachtenswerten Lebensweg erhalten. Dieses Preisgeld habe gerade nicht zur Bestreitung des gewöhnlichen Lebensunterhalts, sondern der Finanzierung persönlicher Projekte dienen sollen. Weiter sei am 13. Mai 2015 rückständiger Unterhalt des Vaters in Höhe von 1.050,- € aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs eingegangen.

Von den genannten Vermögenswerten sei die kapitalbildende Rentenversicherung von der Vermögensanrechnung unstreitig freizustellen, da der Rückkaufwert unter dem Betrag der eingezahlten Beiträge gelegen habe. Als unstreitig habe sich zuletzt auch die Freistellung der Schmerzensgeldzahlung erwiesen. Dass hinsichtlich des Bausparvertrags indes lediglich 10% der angesparten Summe freigestellt, das Kapital im Übrigen voll angerechnet worden sei, stelle eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu anderen Vorsorgeformen dar, insbesondere zur kapitalbildenden Rentenversicherung, bei der keine Anrechnung erfolgt sei, obwohl bei einer Verwertung ein Verlust gegenüber den eingezahlten Beiträgen aufgetreten wäre.

Bei den für die Teilnahme an einer Veranstaltung „IT-Sicherheit“ in Erlangen geltend gemachten Kosten sei anzumerken, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts es sich um eine zusätzliche Veranstaltung gehandelt habe, die nicht Teil des eigentlichen Studiums in Passau gewesen sei. Anfallende Kosten könnten daher nicht Bestandteil der Regelförderung sein, sondern stellten einen Mehrbedarf dar. Entgegen der ursprünglichen Planung sei die Prüfung nunmehr am 12. August 2017 heimatnäher an der Universität Regensburg abgelegt worden; für die Teilnahme seien etwa 50,- € Fahrtgeld angefallen.

Was die Nichtfreistellung der nachgezahlten BAföG-Leistungen betreffe sei anzumerken, dass, wie sich bereits aus der Verfahrensakte RN 9 K 12.699 ergebe, diese zu einer Verlängerung der Studienzeit geführt hätten. Weiter sei das beklagte Studentenwerk im damaligen Verfahren zur Zahlung von Zinsen für ein kfw-BAföG-Darlehen verurteilt worden, was belege, dass sehr wohl Fremdfinanzierungsmittel in Anspruch genommen worden seien. Infolge der Angst vor Überschuldung sei das KfW-Darlehen in den Auszahlungsbeträgen begrenzt worden. Die Rückzahlung des Darlehens sei bereits während der Laufzeit erfolgt, sodass das Darlehenskonto bereits am 31. Mai 2013 wieder ausgeglichen gewesen sei. Während des laufenden BAföG-Prozesses habe die Klägerin ferner Wohngeld bezogen, was nach der BAföG-Bewilligung zu einer Rückforderung geführt habe. Was private Darlehen betreffe, so habe sich die Klägerin von ihrer Mutter und ihrer Oma insgesamt 2.500,- € geliehen. Darüber hinaus habe sie ihre Schwester im Laufe des gesamten bisherigen Studiums finanziell unterstützt, ohne dass sich der genaue Betrag rekonstruieren ließe. Insgesamt sei der überwiegende Teil der BAföG-Nachzahlungen für die genannten Ausgaben und zur Schuldentilgung verwendet worden. Das Darlehen aus dem Härtefonds der Universität Passau in Höhe von 400,- € habe dem Lebensunterhalt im Sommersemester 2016 gedient. Seitens einer weiteren Stiftung sei ein Darlehen in Höhe von 200,- € sowie eine Spende in Höhe von 150,- € gewährt worden.

Ausgehend von der finanziellen Notlage sowie der gesundheitsbedingten Einschränkungen sei weiterhin von einer Studienzeitverlängerung auszugehen. Zwar habe die Universität Passau einer Verlängerung der Höchststudiendauer nochmals bis März 2019 zugestimmt. Mangels entsprechend erworbener ECTS-Punkte sei jedoch davon auszugehen, dass nach diesem Zeitpunkt die Masterprüfung als erstmals nicht bestanden gewertet werden müsse, sodass eine Gefährdung des Studienabschlusses drohe. Angesichts des auslaufenden Unterhaltsanspruchs gegenüber dem Vater sei es daher dringend notwendig, Rücklagen zu bilden.

Das beklagte Studentenwerk tritt der Beschwerde unter Verweis auf den für zutreffend erachteten verwaltungsgerichtlichen Beschluss entgegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Klägerin bleibt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren ohne Erfolg. Ihrer Klage fehlen gemessen am spezifisch prozesskostenhilferechtlichen Maßstab (vgl. hierzu aus neuerer Zeit BVerfG, B.v. 18.9.2017 - 2 BvR 451/17 u.a. - NVwZ 2018, 319) die erforderlichen Erfolgsaussichten. Hierzu kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst nach § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die für zutreffend erachteten Gründe des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses verwiesen werden.

Ergänzend ist zum Beschwerdevorbringen der Klägerin Folgendes anzumerken:

1. Soweit sie zunächst die fehlende Berücksichtigung eines weiteren Freibetrags aufgrund der durch ihre Behinderung entstehenden Zusatzkosten bei der Vermögensanrechnung rügt, die auch aufgrund der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention geboten sei, kann sie damit nicht durchdringen. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, abweichend von § 28 Abs. 2 und Abs. 4 BAföG, wonach auf den Vermögenswert zum Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist und Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums unberücksichtigt bleiben, im Rahmen von § 29 Abs. 3 BAföG auch Vermögensverluste zu berücksichtigen, die ohne Einflussnahme des Auszubildenden nach der Antragstellung eintreten (vgl. VG Schwerin, U.v. 5.1.2015 - 6 A 1693/11 - BeckRS 2015, 46208; Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, § 29 Rn. 17.4). Ferner können analog der Regelung des § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG bei der Anrechnungsfreistellung nach § 29 Abs. 3 BAföG auch selbstgetragene Krankheitskosten berücksichtigt werden, sofern sie sich als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von §§ 33 bis 33b Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen (vgl. hierzu ausführlich VG Schwerin, U.v. 5.1.2015 - 6 A 1693/11 - BeckRS 2015, 46208). Dass der Klägerin indes im Zeitraum zwischen der Antragstellung im Januar 2016 und dem Ende des Bewilligungszeitraums im März 2017 krankheits- bzw. behinderungsbedingte Mehraufwendungen, die von der Krankenversicherung nicht erstattet wurden, entstanden sind, hat sie nicht vorgetragen. Soweit sie auf die von ihrer Krankenversicherung nicht erstatteten Kosten für medizinische Einlegesohlen verweist, sind diese im September 2015 und damit außerhalb des vorliegend streitgegenständlichen Zeitraums entstanden.

2. Auch die begehrte Anrechnungsfreistellung der Beiträge zur privaten Rentenversicherung (mit Kapitalwahlrecht) hat das Verwaltungsgericht zutreffend zurückgewiesen. Denn insoweit hat das beklagte Studentenwerk bereits das bislang angesparte Kapital nach § 29 Abs. 3 BAföG (vgl. hierzu Ziffer 29.3.2 lit. h BAföG-VwV) anrechnungsfrei gestellt, da der Rückkaufwert der Versicherung zum Zeitpunkt der Antragstellung unterhalb der gezahlten Beiträge der Klägerin gelegen hat. Zugleich hat es gem. Ziffer 29.3.2 lit. g BAföG-VwV die von der Klägerin geleisteten Beiträge nicht anrechnungsfrei gestellt, da es sich bei der Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht nicht um einen Altersvorsorgevertrag handelt, der die Voraussetzungen des § 5 AltZertG erfüllt. Würde man neben dem angesparten Kapital nunmehr auch, wie es die Klägerin beansprucht, die Beiträge zur privaten Rentenversicherung anrechnungsfrei stellen, läge eine Doppelberücksichtigung vor. Die Beiträge können daher nicht vermögensmindern angesetzt werden.

3. Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Berücksichtigung des Bausparvertrags der Klägerin mit 90% der angesparten Summe als Vermögen. Der Abschlag von 10% entspricht dabei den bei einer (vorzeitigen) Verwertung des Bausparguthabens eintretenden Verlusten (vgl. hierzu Ziffer 28.3.4 BAföG-VwV). Anhaltspunkte dafür, dass das Bausparguthaben zur Vermeidung unbilliger Härten nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei gestellt werden sollte, liegen nicht vor. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe den Bausparvertrag Ende September 2016 an ihre Schwester verpfändet, kann dieser Umstand bereits nach § 28 Abs. 4 BAföG als eine zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums eingetretene Veränderung nicht berücksichtigt werden.

4. Ebenfalls nach Antragstellung im Januar 2016 und damit für den streitgegenständlichen Förderzeitraum nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG nicht als bestehende Schulden und Lasten zu berücksichtigen sind das Darlehen von 400,- € aus dem Härtefonds der Universität Passau gemäß Darlehensvertrag vom 25. Mai 2016 sowie das Darlehen der D.-P.-Stiftung in Höhe von 200,- € vom August 2016. Außerhalb des Förderzeitraums entstanden sind weiterhin die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für die Teilnahme an einer auswärtigen Prüfung, die am 12. August 2017 stattgefunden hat. Bereits rund ein Jahr vor Antragstellung erfolgte die Wohngeldrückforderung in Höhe von 948,- €. Dass die Klägerin diese Schuld bis zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht beglichen hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst aus den Akten ersichtlich. Mithin ergibt sich auch hieraus kein nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG zu berücksichtigender Abzugsbetrag.

5. Schließlich hat das Verwaltungsgericht zutreffend die Freistellung von BAföG-Nachzahlungen in Höhe von rd. 7.700,- €, die rund eineinhalb Jahre vor Antragstellung erfolgten, nach § 29 Abs. 3 BAföG abgelehnt. Denn ungeachtet des Umstands, dass aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen der Nachzahlung sowie der Antragstellung nicht mehr festgestellt werden kann, dass im Januar 2016 vorhandenes Vermögen konkret Bestandteil dieser Nachzahlung ist (vgl. hierzu VG München, U.v. 29.4.2010 - M 15 K 08.2558 - BeckRS 2010, 35803), kommt eine Anrechnungsfreistellung nach § 29 Abs. 3 BAföG für BAföG-Nachzahlungen auch dann nicht in Betracht, wenn sie aufgrund rechtswidriger Vorenthaltung durch das zuständige Ausbildungsförderungsamt erfolgte (vgl. hierzu Baden-Württembergischer Verwaltungsgerichtshof, B.v. 24.3.2000 - 7 S 14/00 - juris, Rn. 4 f.; ferner Hartmann in Rothe/ Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Stand April 2016, § 29 Rn. 17.5). War der Auszubildende infolge der ausgebliebenen Ausbildungsförderungsleistungen gezwungen, seinen Lebensunterhalt durch Aufnahme von Darlehen zu decken, finden die Schulden - sofern bei der aktuellen Antragstellung noch vorhanden - nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG als Abzugsbetrag Berücksichtigung. Entsprechende Schulden zum Antragszeitpunkt im Januar 2016 hat die Klägerin indes nicht dargelegt. Soweit sie zur Finanzierung ihres Unterhalts vor der BAföG-Nachzahlung auf Fremdmittel zurückgegriffen hat, hatte sie diese Schulden nach ihren eigenen Angaben bereits zum 31. Mai 2013 wieder getilgt. Darlehensverbindlichkeiten aus der Leistung von Ausbildungsförderung selbst sind nach § 28 Abs. 3 Satz 2 BAföG im Zusammenhang mit der Vermögensberechnung nicht berücksichtigungsfähig. Für Schulden in Höhe von 2.500,- € gegenüber ihrer Mutter und Großmutter hat die Klägerin schließlich keinerlei Nachweise erbracht. Eine (teilweise) Anrechnungsfreistellung der BAföG-Nachzahlungen kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.

Der Klage auf Leistung von Ausbildungsförderung über die im Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2016 bewilligten Mittel hinaus kommen mithin für den streitgegenständlichen Förderzeitraum keine für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinreichenden Erfolgsaussichten zu.

6. Eine Kostenentscheidung war vorliegend entbehrlich, da Gerichtskosten in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben und Kosten im Rahmen der Prozesskostenhilfebeschwerde nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 05. Jan. 2015 - 6 A 1693/11

bei uns veröffentlicht am 05.01.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höh

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(1) Es bleiben monatlich anrechnungsfrei

1.
vom Einkommen der miteinander verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft verbundenen Eltern, wenn sie nicht dauernd getrennt leben, 2 415 Euro,
2.
vom Einkommen jedes Elternteils in sonstigen Fällen sowie vom Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners des Auszubildenden je 1 605 Euro.

(2) (weggefallen)

(3) Die Freibeträge des Absatzes 1 erhöhen sich

1.
für den nicht in Eltern-Kind-Beziehung zum Auszubildenden stehenden Ehegatten oder Lebenspartner des Einkommensbeziehers um 805 Euro,
2.
für Kinder des Einkommensbeziehers sowie für weitere dem Einkommensbezieher gegenüber nach dem bürgerlichen Recht Unterhaltsberechtigte um je 730 Euro,
wenn sie nicht in einer Ausbildung stehen, die nach diesem Gesetz oder nach § 56 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gefördert werden kann. Die Freibeträge nach Satz 1 mindern sich um das Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners, des Kindes oder des sonstigen Unterhaltsberechtigten.

(4) Das die Freibeträge nach den Absätzen 1, 3 und 6 übersteigende Einkommen der Eltern und des Ehegatten oder Lebenspartners bleibt anrechnungsfrei

1.
zu 50 vom Hundert und
2.
zu 5 vom Hundert für jedes Kind, für das ein Freibetrag nach Absatz 3 gewährt wird.

(5) Als Kinder des Einkommensbeziehers gelten außer seinen eigenen Kindern

1.
Pflegekinder (Personen, mit denen er durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht),
2.
in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten oder Lebenspartners,
3.
in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.

(6) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, abweichend von den vorstehenden Vorschriften ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben. Hierunter fallen insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33b des Einkommensteuergesetzes sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist.

(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei

1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro,
2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro,
3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.

(2) (weggefallen)

(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.

Die Zertifizierungsstelle erteilt die Zertifizierung nach § 1 Abs. 3, wenn ihr die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben und Unterlagen vorliegen sowie die Vertragsbedingungen des Altersvorsorgevertrags dem § 1 Absatz 1, 1a oder beiden Absätzen sowie dem § 2a entsprechen und der Anbieter den Anforderungen des § 1 Absatz 2 entspricht.

(1) Als Vermögen gelten alle

1.
beweglichen und unbeweglichen Sachen,
2.
Forderungen und sonstige Rechte.
Ausgenommen sind Gegenstände, soweit der Auszubildende sie aus rechtlichen Gründen nicht verwerten kann.

(2) Nicht als Vermögen gelten

1.
Rechte auf Versorgungsbezüge, auf Renten und andere wiederkehrende Leistungen,
2.
Übergangsbeihilfen nach den §§ 12 und 13 des Soldatenversorgungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 1983 (BGBl. I S. 457) sowie die Wiedereingliederungsbeihilfe nach § 4 Absatz 1 Nummer 2 des Entwicklungshelfer-Gesetzes,
3.
Nießbrauchsrechte,
4.
Haushaltsgegenstände.

(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei

1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro,
2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro,
3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.

(2) (weggefallen)

(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen

1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes,
2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.

(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.

(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.

(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei

1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro,
2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro,
3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.

(2) (weggefallen)

(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die im August 1986 geborene Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Dabei ist im Rahmen der Vermögensanrechnung streitig, ob Operationskosten für eine Brustvergrößerung als außergewöhnliche Belastung einen Härtefall nach § 29 Abs. 3 BAföG begründen können, der ein Abweichen von § 28 Abs. 4 BAföG rechtfertigt.

2

Für das Studium der … an der Universität Rostock bewilligte der Beklagte der Klägerin Ausbildungsförderung, u.a. auf ihren am 19. Juli 2010 gestellten Antrag mit Bescheid vom 26. November 2010 für den Bewilligungszeitraum (BWZ) 10/2010 bis 09/2011 in Höhe von monatlich 233,-- Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.

3

Im Rahmen eines Datenabgleichs nach § 45d EStG informierte das Bundeszentralamt für Steuern den Beklagten über in 2009 erwirtschaftete Zinserträge, die auf höhere Vermögenswerte der Klägerin schließen ließen, als sie bei der Antragstellung angegeben hatte (Aktenvermerk vom 06.01.2011). Mit Bescheid vom 28. Juni 2011 (Blatt 03) nahm der Beklagte nach Anhörung der Klägerin aufgrund der Anrechnung nicht angegebenen Vermögens den Bescheid vom 26. November 2010 teilweise zurück (Reduzierung des Förderungsbetrags für den BWZ 10/2010 bis 09/2011 auf monatlich 162,-- Euro) und forderte die Klägerin auf, die insoweit und für den BWZ 10/2009 bis 09/2010 zu Unrecht erhaltene Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 2.193,-- Euro zu erstatten. Mit Bescheid vom 28. Juli 2011 änderte er die Förderhöhe für 08/2011 und 09/2011. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide nebst Anlage verwiesen.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2011, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wies der Beklagte den gegen den Bescheid vom 28. Juni 2011 erhobenen Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung stützte er sich u.a. darauf, dass die von der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2011 - im Hinblick auf eine nicht näher beschriebene, lediglich unter Berufung auf einen Zahlungsbeleg (Quittung über für „operative Leistungen“ erhaltene 4.790,-- Euro) mitgeteilte Verbindlichkeit gegenüber dem Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. X - geltend gemachte Vermögensreduzierung nach § 28 Abs. 4 BaföG nicht zu berücksichtigen sei.

5

Dagegen hat die Klägerin am 4. November 2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Aufhebungsbegehren weiter verfolgt. Das für den BWZ 10/2010 bis 09/2011 angerechnete Vermögen habe sie im Hinblick auf beglichene Arztkosten zum 1. März 2011 verbraucht.

6

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2014 hat die Klägerin insoweit ergänzend vorgetragen, 2011 seien ihre Brüste operativ vergrößert worden und dies sei zwingend notwendig gewesen, um den „extremen“ psychischen Leidensdruck, dem sie wegen ihrer Mikromastie ausgesetzt gewesen sei, zu beenden.

7

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

8

den Bescheid vom 28. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2011 aufzuheben, soweit die Rückforderungssumme 1.909,-- Euro übersteigt.

9

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er hält die Klage für unbegründet. Die geltend gemachten Operationskosten müssten aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 28 Abs. 4 BAföG unberücksichtigt bleiben.

12

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. September 2013 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit Beschluss vom 3. Januar 2014 ist der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt worden. Das dagegen gerichtete Beschwerdeverfahren blieb ungeachtet ergänzenden Vorbringens der Klägerin erfolglos (OVG Greifswald, Beschl. v. 15.09.2014 – 1 O 53/14 -).

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

15

II. Die zulässige Klage, mit der sich die Klägerin gegen die vom Beklagten verfügte teilweise Rücknahme des Bescheides vom 26. November 2010 und diesbezügliche Rückforderung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wendet, soweit die Rückforderungssumme (2.193,-- Euro) den Betrag von 1.909,-- Euro übersteigt (§ 88 VwGO), ist unbegründet. Der Bescheid vom 28. Juni 2011 (abgeändert für 08/2011 und 09/2011 durch Bescheid vom 28. Juli 2011) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2011 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin demgemäß nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 28. Juni 2011 sind § 45 Abs. 1, 2 und 4, § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte u.a. dann nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Dann darf die Behörde den Leistungsbescheid innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen (§ 45 Abs. 4 SGB X). Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Insoweit wird zunächst auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen, der das Gericht folgt. Ergänzend weist das Gericht vor allem im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin aus dem Klageverfahren auf Folgendes hin:

18

Nach § 1 BAföG besteht ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Ausbildungsförderung, wenn dem Auszubildenden die für seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Auf diesen (den Lebensunterhalt und die Ausbildung umfassenden) Bedarf ist nach § 11 Abs. 2 BAföG u.a. das zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 28 Abs. 2 BAföG) festzustellende Vermögen des Auszubildenden nach Maßgabe der §§ 26 ff. BAföG anzurechnen. Wenn solche Vermögenswerte vorhanden sind, so sind diese für den Lebensunterhalt während der Ausbildung grundsätzlich mit heranzuziehen. Dies entspricht der Wertung des Gesetzgebers, dass Aufwendungen für eine Ausbildung, die auf die Vermittlung einer beruflichen Qualifikation hinzielt, die maßgebliche Investition des Auszubildenden für die Schaffung seiner zukünftigen Lebensgrundlage darstellen und es deshalb einem Auszubildenden grundsätzlich zuzumuten ist, vorhandenes Vermögen für diesen Zweck vollständig - bis auf die Freibeträge in § 29 BAföG - einzusetzen (vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 08.03.2005 - Au 3 K 04/1529 -, juris, unter Bezugnahme auf BVerwGE 87, 284 [286]).

19

Danach war die Bewilligung von Ausbildungsförderung gegenüber der Klägerin auch für den hier streitigen Zeitraum in dem vom Beklagten festgestellten Umfang rechtswidrig, weil die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (19.07.2010) über anrechenbares Vermögen im Sinne der §§ 26 ff. BAföG verfügte, das abzüglich des Freibetrages nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG ihren (monatlichen) Förderbedarf in dem dargelegten Umfang überstieg, und entgegen der Auffassung der Klägerin - was hier zwischen den Beteiligten allein streitig ist - insoweit auch nicht gemäß § 29 Abs. 3 BAföG für den streitbefangenen Zeitraum ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei zu bleiben hat.

20

Die Wertbestimmung des Vermögens richtet sich nach § 28 BAföG. Nach Absatz 2 der Vorschrift ist der Wert des Vermögens im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Von dem - bezogen auf diesen Zeitpunkt ermittelten - Vermögen sind die zu diesem Stichtag bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen (§ 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 04.09.2008 - 5 C 30/07 -, BVerwGE 132, 10 ff.). Veränderungen zwischen der Antragstellung und dem Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt (§ 28 Abs. 4 BAföG). Abweichend davon kann ein Vermögensverlust, der ohne Einflussnahme des Auszubildenden nach der Antragstellung eintritt, im Einzelfall das Eingreifen der Härtefallregelung nach § 29 Abs. 3 BAföG rechtfertigen (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 21.02.2007 – 2 A 245/05 –, juris Rn. 62; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl., § 29 Rn. 17; Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 29 Rn 17.4).

21

Letzteres kann für den hier betroffenen BWZ 10/2010 bis 09/2011 jedoch auch im Hinblick auf die von der Klägerin am 26. Februar 2011 eingegangene und 2011 erfüllte Verbindlichkeit gegenüber dem Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. X nicht angenommen werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin greift im Hinblick auf diese Verbindlichkeit und den insoweit eingetretenen Vermögensverlust, die beide in den Zeitraum zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums fallen, § 29 Abs. 3 BAföG nicht ein. Die Klägerin hat diesen Vermögensverlust nämlich selbst herbeigeführt und insoweit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich ungeachtet dessen um zwangsläufige Aufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf handelt, die letztlich ohne echte Einflussnahmemöglichkeit für den Auszubildenden nach der Antragstellung angefallen sind. Letzteres hätte hier - in Anlehnung an § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG - allenfalls dann angenommen werden können, wenn die Aufwendungen für die Brustvergrößerung eine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG dargestellt hätten, was jedoch nicht der Fall ist. Damit kann hier unentschieden bleiben, inwieweit entsprechende Belastungen über § 29 Abs. 3 BAföG auch dann ein Abweichen von § 28 Abs. 4 BAföG rechtfertigen können, wenn der Auszubildende an dem - erst während des Bewilligungszeitraums eingetretenen Vermögensverlust - beteiligt war.

22

Nach § 29 Abs. 3 BAföG kann zur Vermeidung unbilliger Härten ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben. Die Vorschrift dient nach ihrem Zweck und ihrer Stellung im System der Vorschriften über die Vermögensanrechnung dazu, Härten abzufedern, die sich aus den der Vermögensanrechnung zugrunde liegenden Pauschalierungen und Typisierungen ergeben können (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.06.1991 - 5 C 33/87 -, BVerwGE 88, 303 ff.). Die Minderung des nach § 27 Abs. 1 BAföG einzusetzenden Vermögens zur Finanzierung der Ausbildung ist die typische Folge des gesetzgeberischen Zweckes, nur Vermögen bis zu bestimmten Freigrenzen nicht zu berücksichtigen. § 29 Abs. 3 BAföG hat eine dem § 25 Abs. 6 BAföG vergleichbare Zielsetzung, weshalb ähnliche Grundsätze gelten (vgl. Ramsauer/Stallbaum, a.a.O., § 29 Rn. 10). Unter die Härtefallbestimmung des § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG fallen insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33b EStG sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist (§ 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG).

23

Im vorliegenden Fall kann aber weder eine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG noch sonst ein Härtefall angenommen werden.

24

Nach § 33 Abs. 1 EStG entsteht eine außergewöhnliche Belastung, wenn dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Ziel der Vorschrift ist, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Dabei erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

25

Selbstgetragene Krankheitskosten sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 02.02.2012 – 4 LA 75/11 –, juris). So ist im Rahmen des § 33 EStG davon auszugehen, dass sie ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014 – 5 K 1753/13 –, juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur diesbezüglichen BFH-Rechtsprechung; VG Trier, Urt. v. 29.01.2009 – 2 K 699/08.TR –, juris Rn. 19). Entsprechende Aufwendungen (für die eigentliche Heilbehandlung) werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (um ein unzumutbares Eindringen in die Privatsphäre zu vermeiden).

26

Nicht zu den Krankheitskosten zählen dagegen - neben vorbeugenden Aufwendungen, die der Gesundheit allgemein dienen - solche Kosten, die auf einer medizinisch nicht indizierten Behandlung beruhen. Es handelt sich insoweit vielmehr um Aufwand, der nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG entsteht, sondern auf einer freien Willensentschließung beruht und deshalb gemäß § 12 Nr. 1 EStG den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen ist (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014, a.a.O., m.w.N.).

27

Davon ausgehend kann sich die Klägerin im Hinblick auf die finanziellen Aufwendungen für die Brustvergrößerung nicht auf eine außergewöhnliche Belastung in Gestalt selbstgetragener Krankheitskosten berufen. Dies gilt ungeachtet ihres Vortrags aus dem Schriftsatz vom 11. Februar 2014, dass die 2011 durchgeführte Brustvergrößerung zwingend notwendig gewesen sei, um den „extremen“ psychischen Leidensdruck, dem sie wegen ihrer Mikromastie ausgesetzt gewesen sei, zu beenden. Auch unter diesem Gesichtspunkt handelte es sich bei den Aufwendungen für die Brustvergrößerung nämlich nicht um eine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG.

28

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die behandelnde Ärztin T als Frauenärztin, die in ihrer Erklärung vom 18. August 2008 von einem erheblichen Leidensdruck durch die Mikromastie spricht, über die unmittelbare berufliche Qualifikation zur Diagnose psychischer Belastungen oder sogar Erkrankungen verfügt. Jedenfalls hat der Facharzt für Nervenheilkunde Y in seinem Neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 12. Juli 2008 zur Frage der psychischen Belastung/Erkrankung der Klägerin durch die Mikromastie keine manifestierte psychiatrische Erkrankung festgestellt, allerdings Selbstunsicherheit und eine beginnende soziale Angstsymptomatik. Es bestehe bei der Klägerin insgesamt eine psychosoziale Unzufriedenheit und ein verzerrtes Bild vom weiblichen Körper bei Fixierung auf die Brustentwicklung. Diese Feststellungen vermögen die Annahme, bei den Aufwendungen für die operative Brustvergrößerung handele es sich um Krankheitskosten und damit um zwangsläufige Aufwendungen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG, jedoch ebenfalls nicht zu begründen.

29

Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte kann eine Mikromastie nur dann einen Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründen, wenn diese einen Krankheitswert hat. Ein solcher ist nur dann gegeben, wenn die Betroffene in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. BSG, Urt. v. 28.02.2008 – B 1 KR 19/07 R –, BSGE 100, 119, juris Rn. 11, 13; Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R –, BSGE 93, 252 ff., juris Rn. 14; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013 – L 4 KR 1/12 –, juris Rn. 24, 28 zum Vorliegen einer Entstellung, wovon regelmäßig nicht ausgegangen werden könne, wenn die anatomische Abweichung oder Auffälligkeit nur im unbekleideten Zustand sichtbar sei; vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014, a.a.O., juris Rn. 19).

30

Im vorliegenden Fall ist für die Annahme, dass die Mikromastie bei der Klägerin zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktionen geführt oder entstellend gewirkt hat, jedoch weder etwas vorgetragen worden noch sonst etwas ersichtlich. Durch eine Mikromastie veranlasste psychische Belastungen und sogar - wovon hier nicht auszugehen ist - psychische Erkrankungen vermögen demgegenüber keinen Anspruch auf Heilbehandlung in Form körperlicher Eingriffe, z.B. auf Durchführung einer Operation, zu begründen (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., juris Rn. 15; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013, a.a.O., juris Rn. 39; SG Aachen, Urt. v. 16.01.2007 – S 13 KR 74/06 –, juris Rn. 20; vgl. auch BSG, Urt. v. 28.02.2008, a.a.O., juris Rn. 16 zu einem Anspruch auf eine OP zum Brustaufbau). Die sozialgerichtliche Rechtsprechung wertet Operationen am - krankenversicherungsrechtlich betrachtet - gesunden Körper (vgl. auch BSG, Urt. v. 28.02.2008, a.a.O., 119, juris Rn. 18), die psychische Leiden beeinflussen sollen, nicht als "Behandlung" im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V und weist derartige Maßnahmen (ähnlich wie z.B. Ernährung und Körperpflege) der Eigenverantwortung des Versicherten zu. Der Versicherte ist körperlich im Sinne der vorgenannten Vorschrift nämlich nicht "krank" anzusehen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013, a.a.O., juris Rn. 39).

31

Auch wenn eine als zu klein empfundene Brust zu psychischen Belastungen führt, ist es dementsprechend auch nicht gerechtfertigt, Aufwendungen für einen operativen Eingriff zur Brustvergrößerung als außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG zur Vermeidung unbilliger Härten nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei zu lassen. Solche psychischen Folgen, die - wie hier - keinen Krankheitswert erreichen, sind mit den Mitteln der Psychotherapie zu lindern (vgl. auch LSG Hessen, Urt. v. 21.08.2008, L 1 KR 7/07, juris). Hierfür ist es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R –) auch unerheblich, dass eine psychotherapeutische Behandlung möglicherweise ähnlich hohe Kosten zur Folge haben kann (ebenso FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014 – 5 K 1753/13 –, juris Rn. 21).

32

Damit begründet die von der Klägerin am 26. Februar 2011 eingegangene und 2011 auch erfüllte Verbindlichkeit keine Krankheitskosten und damit auch keine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG. Es ist dem Gericht auch nicht möglich, ungeachtet dessen, d.h. allein im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Belastungen einen Härtefall im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG anzunehmen, der ein Abweichen von § 28 Abs. 4 BAföG rechtfertigt. Dies würde den Krankheitsbegriff zu sehr relativieren, weil es um eine Operation am gesunden Körper zur Behebung einer psychischen Störung geht. Damit würde ein Körperzustand ohne objektiven Krankheitswert letztlich als körperlich regelwidrig behandelt, nämlich so, wie ihn der psychisch Erkrankte subjektiv empfinden wird. Von einer solchen subjektiven Einschätzung kann jedoch auch die Annahme eines Härtefalls und damit die Anerkennung entsprechender Aufwendungen über § 29 Abs. 3 BAföG abweichend von § 28 Abs. 4 BAföG nicht abhängen. Dies gilt umso mehr, als mit einer Operation wie im vorliegenden Fall nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen wird, sondern nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden soll. Im Übrigen dürfte es - ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt - ohnehin sehr schwierig sein, die psychischen Wirkungen von solchen körperlichen Veränderungen vorherzusagen. Auch das Bundessozialgericht geht - angesichts der wissenschaftlichen Bewertung der generellen psychotherapeutischen Eignung chirurgischer Eingriffe (etwa betr. Brustgröße) - insoweit von einer grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose aus (vgl. Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., juris Rn. 17; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013, a.a.O., juris Rn. 40 ff.). Damit hat der Beklagte die von der Klägerin am 26. Februar 2011 eingegangene und 2011 erfüllte Verbindlichkeit gegenüber dem Facharzt Dr. X bei der Vermögensanrechnung auch für den hier maßgeblichen Zeitraum zu Recht gemäß § 28 Abs. 4 BAföG unberücksichtigt gelassen.

33

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist selbst dann, wenn die Klägerin bereits im Zeitpunkt der BAföG-Antragstellung (19.07.2010) die spätere Durchführung einer operativen Brustvergrößerung geplant hätte, auch nichts dafür ersichtlich, dass ihr der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X aus subjektiven Gründen erspart bleiben könnte. Im Hinblick auf die klare Ausgestaltung des Antragsformulars und die den Auszubildenden treffende Pflicht, sich gegebenenfalls beim Amt für Ausbildungsförderung zu erkundigen, hätte auch eine etwaige irrige Vorstellung der Klägerin, für die Brustvergrößerung gedachtes Geld nicht angeben zu müssen, den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht ausräumen können.

34

Die Entschließung des Beklagten zur teilweisen Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 26. November 2010 und Rückforderung ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, zumal in Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X die Rücknahme der nicht näher zu begründende "Normalfall" ist (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 17.09.1987 - 5 C 26/84 -, juris). Die Ermessensentscheidung lässt insbesondere die Gesichtspunkte erkennen, von denen der Beklagte bei der Ausübung seines Ermessens ausgegangen ist (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

35

Bei der Ermessensentscheidung hätte auch nicht etwa zusätzlich berücksichtigt werden müssen, dass der Entscheidung der Klägerin zur Durchführung der Brustvergrößerung psychische Belastungen zugrunde lagen. Nach § 28 Abs. 2 und Abs. 4 BAföG kommt es auf den Wert vorhandenen Vermögens im Zeitpunkt der Antragstellung an und bleiben Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraumes unberücksichtigt. Davon war - wie ausgeführt - hier auch nicht ausnahmsweise wegen unbilliger Härte gemäß § 29 Abs. 3 BAföG abzuweichen. Der in diesen Vorschriften niedergelegte Wille des Gesetzgebers darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass darüber hinausgehende Anforderungen an die Ermessensentscheidung im Rahmen von § 45 Abs. 1 SGB X gestellt werden. Vielmehr sind die Entscheidungen des Gesetzgebers in § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2 und 4 sowie § 29 Abs. 3 BAföG auch bei der Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X zu beachten. Deshalb können grundsätzlich Umstände, die nach dem - in den vorgenannten Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen - Willen des Gesetzgebers eine Vermögensanrechnung nicht ausschließen und schon bei der Prüfung dieser Vorschriften berücksichtigt worden sind, nicht die Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung begründen (vgl. auch OVG Bremen, Urt. v. 21.02.2007 – 2 A 245/05 –, juris Rn. 71). Das gilt hier sowohl für die Vermögensverwendung im laufenden Bewilligungszeitraum als auch für die zugrunde liegenden Beweggründe der Klägerin. Eine andere Verfahrensweise wäre für eine Massenverwaltung wie der im Bereich der Ausbildungsförderung auch nur sehr schwer zu bewältigen.

36

Im Übrigen hat die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 11. Februar 2014 geltend gemacht, sich der Behandlung unterzogen zu haben, um den „extremen“ psychischen Leidensdruck, dem sie wegen ihrer Mikromastie ausgesetzt gewesen sei, zu beenden. Damit hat der Beklagte von diesen besonderen Verhältnissen erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erfahren, womit diese Umstände seine Ermessensentscheidung ohnehin unberührt ließen.

37

Andere Umstände, die im Rahmen von § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2 und 4 sowie § 29 Abs. 3 BAföG noch nicht berücksichtigt worden sind und bei der Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X zwingend hätten berücksichtigt werden müssen, sind hier nicht ersichtlich.

38

Da der Rücknahmebescheid nach alledem auch für den hier streitigen Zeitraum zu Recht erging, ist auch die Geltendmachung der Erstattung von gezahlten Förderleistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X rechtmäßig.

39

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Es bleiben monatlich anrechnungsfrei

1.
vom Einkommen der miteinander verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft verbundenen Eltern, wenn sie nicht dauernd getrennt leben, 2 415 Euro,
2.
vom Einkommen jedes Elternteils in sonstigen Fällen sowie vom Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners des Auszubildenden je 1 605 Euro.

(2) (weggefallen)

(3) Die Freibeträge des Absatzes 1 erhöhen sich

1.
für den nicht in Eltern-Kind-Beziehung zum Auszubildenden stehenden Ehegatten oder Lebenspartner des Einkommensbeziehers um 805 Euro,
2.
für Kinder des Einkommensbeziehers sowie für weitere dem Einkommensbezieher gegenüber nach dem bürgerlichen Recht Unterhaltsberechtigte um je 730 Euro,
wenn sie nicht in einer Ausbildung stehen, die nach diesem Gesetz oder nach § 56 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gefördert werden kann. Die Freibeträge nach Satz 1 mindern sich um das Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners, des Kindes oder des sonstigen Unterhaltsberechtigten.

(4) Das die Freibeträge nach den Absätzen 1, 3 und 6 übersteigende Einkommen der Eltern und des Ehegatten oder Lebenspartners bleibt anrechnungsfrei

1.
zu 50 vom Hundert und
2.
zu 5 vom Hundert für jedes Kind, für das ein Freibetrag nach Absatz 3 gewährt wird.

(5) Als Kinder des Einkommensbeziehers gelten außer seinen eigenen Kindern

1.
Pflegekinder (Personen, mit denen er durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht),
2.
in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten oder Lebenspartners,
3.
in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.

(6) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, abweichend von den vorstehenden Vorschriften ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben. Hierunter fallen insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33b des Einkommensteuergesetzes sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist.

(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei

1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro,
2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro,
3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.

(2) (weggefallen)

(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die im August 1986 geborene Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Dabei ist im Rahmen der Vermögensanrechnung streitig, ob Operationskosten für eine Brustvergrößerung als außergewöhnliche Belastung einen Härtefall nach § 29 Abs. 3 BAföG begründen können, der ein Abweichen von § 28 Abs. 4 BAföG rechtfertigt.

2

Für das Studium der … an der Universität Rostock bewilligte der Beklagte der Klägerin Ausbildungsförderung, u.a. auf ihren am 19. Juli 2010 gestellten Antrag mit Bescheid vom 26. November 2010 für den Bewilligungszeitraum (BWZ) 10/2010 bis 09/2011 in Höhe von monatlich 233,-- Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.

3

Im Rahmen eines Datenabgleichs nach § 45d EStG informierte das Bundeszentralamt für Steuern den Beklagten über in 2009 erwirtschaftete Zinserträge, die auf höhere Vermögenswerte der Klägerin schließen ließen, als sie bei der Antragstellung angegeben hatte (Aktenvermerk vom 06.01.2011). Mit Bescheid vom 28. Juni 2011 (Blatt 03) nahm der Beklagte nach Anhörung der Klägerin aufgrund der Anrechnung nicht angegebenen Vermögens den Bescheid vom 26. November 2010 teilweise zurück (Reduzierung des Förderungsbetrags für den BWZ 10/2010 bis 09/2011 auf monatlich 162,-- Euro) und forderte die Klägerin auf, die insoweit und für den BWZ 10/2009 bis 09/2010 zu Unrecht erhaltene Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 2.193,-- Euro zu erstatten. Mit Bescheid vom 28. Juli 2011 änderte er die Förderhöhe für 08/2011 und 09/2011. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide nebst Anlage verwiesen.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2011, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wies der Beklagte den gegen den Bescheid vom 28. Juni 2011 erhobenen Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung stützte er sich u.a. darauf, dass die von der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2011 - im Hinblick auf eine nicht näher beschriebene, lediglich unter Berufung auf einen Zahlungsbeleg (Quittung über für „operative Leistungen“ erhaltene 4.790,-- Euro) mitgeteilte Verbindlichkeit gegenüber dem Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. X - geltend gemachte Vermögensreduzierung nach § 28 Abs. 4 BaföG nicht zu berücksichtigen sei.

5

Dagegen hat die Klägerin am 4. November 2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Aufhebungsbegehren weiter verfolgt. Das für den BWZ 10/2010 bis 09/2011 angerechnete Vermögen habe sie im Hinblick auf beglichene Arztkosten zum 1. März 2011 verbraucht.

6

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2014 hat die Klägerin insoweit ergänzend vorgetragen, 2011 seien ihre Brüste operativ vergrößert worden und dies sei zwingend notwendig gewesen, um den „extremen“ psychischen Leidensdruck, dem sie wegen ihrer Mikromastie ausgesetzt gewesen sei, zu beenden.

7

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

8

den Bescheid vom 28. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2011 aufzuheben, soweit die Rückforderungssumme 1.909,-- Euro übersteigt.

9

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er hält die Klage für unbegründet. Die geltend gemachten Operationskosten müssten aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 28 Abs. 4 BAföG unberücksichtigt bleiben.

12

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. September 2013 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit Beschluss vom 3. Januar 2014 ist der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt worden. Das dagegen gerichtete Beschwerdeverfahren blieb ungeachtet ergänzenden Vorbringens der Klägerin erfolglos (OVG Greifswald, Beschl. v. 15.09.2014 – 1 O 53/14 -).

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

15

II. Die zulässige Klage, mit der sich die Klägerin gegen die vom Beklagten verfügte teilweise Rücknahme des Bescheides vom 26. November 2010 und diesbezügliche Rückforderung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wendet, soweit die Rückforderungssumme (2.193,-- Euro) den Betrag von 1.909,-- Euro übersteigt (§ 88 VwGO), ist unbegründet. Der Bescheid vom 28. Juni 2011 (abgeändert für 08/2011 und 09/2011 durch Bescheid vom 28. Juli 2011) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2011 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin demgemäß nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 28. Juni 2011 sind § 45 Abs. 1, 2 und 4, § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte u.a. dann nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Dann darf die Behörde den Leistungsbescheid innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen (§ 45 Abs. 4 SGB X). Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Insoweit wird zunächst auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen, der das Gericht folgt. Ergänzend weist das Gericht vor allem im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin aus dem Klageverfahren auf Folgendes hin:

18

Nach § 1 BAföG besteht ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Ausbildungsförderung, wenn dem Auszubildenden die für seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Auf diesen (den Lebensunterhalt und die Ausbildung umfassenden) Bedarf ist nach § 11 Abs. 2 BAföG u.a. das zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 28 Abs. 2 BAföG) festzustellende Vermögen des Auszubildenden nach Maßgabe der §§ 26 ff. BAföG anzurechnen. Wenn solche Vermögenswerte vorhanden sind, so sind diese für den Lebensunterhalt während der Ausbildung grundsätzlich mit heranzuziehen. Dies entspricht der Wertung des Gesetzgebers, dass Aufwendungen für eine Ausbildung, die auf die Vermittlung einer beruflichen Qualifikation hinzielt, die maßgebliche Investition des Auszubildenden für die Schaffung seiner zukünftigen Lebensgrundlage darstellen und es deshalb einem Auszubildenden grundsätzlich zuzumuten ist, vorhandenes Vermögen für diesen Zweck vollständig - bis auf die Freibeträge in § 29 BAföG - einzusetzen (vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 08.03.2005 - Au 3 K 04/1529 -, juris, unter Bezugnahme auf BVerwGE 87, 284 [286]).

19

Danach war die Bewilligung von Ausbildungsförderung gegenüber der Klägerin auch für den hier streitigen Zeitraum in dem vom Beklagten festgestellten Umfang rechtswidrig, weil die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (19.07.2010) über anrechenbares Vermögen im Sinne der §§ 26 ff. BAföG verfügte, das abzüglich des Freibetrages nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG ihren (monatlichen) Förderbedarf in dem dargelegten Umfang überstieg, und entgegen der Auffassung der Klägerin - was hier zwischen den Beteiligten allein streitig ist - insoweit auch nicht gemäß § 29 Abs. 3 BAföG für den streitbefangenen Zeitraum ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei zu bleiben hat.

20

Die Wertbestimmung des Vermögens richtet sich nach § 28 BAföG. Nach Absatz 2 der Vorschrift ist der Wert des Vermögens im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Von dem - bezogen auf diesen Zeitpunkt ermittelten - Vermögen sind die zu diesem Stichtag bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen (§ 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 04.09.2008 - 5 C 30/07 -, BVerwGE 132, 10 ff.). Veränderungen zwischen der Antragstellung und dem Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt (§ 28 Abs. 4 BAföG). Abweichend davon kann ein Vermögensverlust, der ohne Einflussnahme des Auszubildenden nach der Antragstellung eintritt, im Einzelfall das Eingreifen der Härtefallregelung nach § 29 Abs. 3 BAföG rechtfertigen (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 21.02.2007 – 2 A 245/05 –, juris Rn. 62; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl., § 29 Rn. 17; Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 29 Rn 17.4).

21

Letzteres kann für den hier betroffenen BWZ 10/2010 bis 09/2011 jedoch auch im Hinblick auf die von der Klägerin am 26. Februar 2011 eingegangene und 2011 erfüllte Verbindlichkeit gegenüber dem Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. X nicht angenommen werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin greift im Hinblick auf diese Verbindlichkeit und den insoweit eingetretenen Vermögensverlust, die beide in den Zeitraum zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums fallen, § 29 Abs. 3 BAföG nicht ein. Die Klägerin hat diesen Vermögensverlust nämlich selbst herbeigeführt und insoweit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich ungeachtet dessen um zwangsläufige Aufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf handelt, die letztlich ohne echte Einflussnahmemöglichkeit für den Auszubildenden nach der Antragstellung angefallen sind. Letzteres hätte hier - in Anlehnung an § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG - allenfalls dann angenommen werden können, wenn die Aufwendungen für die Brustvergrößerung eine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG dargestellt hätten, was jedoch nicht der Fall ist. Damit kann hier unentschieden bleiben, inwieweit entsprechende Belastungen über § 29 Abs. 3 BAföG auch dann ein Abweichen von § 28 Abs. 4 BAföG rechtfertigen können, wenn der Auszubildende an dem - erst während des Bewilligungszeitraums eingetretenen Vermögensverlust - beteiligt war.

22

Nach § 29 Abs. 3 BAföG kann zur Vermeidung unbilliger Härten ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben. Die Vorschrift dient nach ihrem Zweck und ihrer Stellung im System der Vorschriften über die Vermögensanrechnung dazu, Härten abzufedern, die sich aus den der Vermögensanrechnung zugrunde liegenden Pauschalierungen und Typisierungen ergeben können (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.06.1991 - 5 C 33/87 -, BVerwGE 88, 303 ff.). Die Minderung des nach § 27 Abs. 1 BAföG einzusetzenden Vermögens zur Finanzierung der Ausbildung ist die typische Folge des gesetzgeberischen Zweckes, nur Vermögen bis zu bestimmten Freigrenzen nicht zu berücksichtigen. § 29 Abs. 3 BAföG hat eine dem § 25 Abs. 6 BAföG vergleichbare Zielsetzung, weshalb ähnliche Grundsätze gelten (vgl. Ramsauer/Stallbaum, a.a.O., § 29 Rn. 10). Unter die Härtefallbestimmung des § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG fallen insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33b EStG sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist (§ 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG).

23

Im vorliegenden Fall kann aber weder eine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG noch sonst ein Härtefall angenommen werden.

24

Nach § 33 Abs. 1 EStG entsteht eine außergewöhnliche Belastung, wenn dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Ziel der Vorschrift ist, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Dabei erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

25

Selbstgetragene Krankheitskosten sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 02.02.2012 – 4 LA 75/11 –, juris). So ist im Rahmen des § 33 EStG davon auszugehen, dass sie ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014 – 5 K 1753/13 –, juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur diesbezüglichen BFH-Rechtsprechung; VG Trier, Urt. v. 29.01.2009 – 2 K 699/08.TR –, juris Rn. 19). Entsprechende Aufwendungen (für die eigentliche Heilbehandlung) werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (um ein unzumutbares Eindringen in die Privatsphäre zu vermeiden).

26

Nicht zu den Krankheitskosten zählen dagegen - neben vorbeugenden Aufwendungen, die der Gesundheit allgemein dienen - solche Kosten, die auf einer medizinisch nicht indizierten Behandlung beruhen. Es handelt sich insoweit vielmehr um Aufwand, der nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG entsteht, sondern auf einer freien Willensentschließung beruht und deshalb gemäß § 12 Nr. 1 EStG den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen ist (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014, a.a.O., m.w.N.).

27

Davon ausgehend kann sich die Klägerin im Hinblick auf die finanziellen Aufwendungen für die Brustvergrößerung nicht auf eine außergewöhnliche Belastung in Gestalt selbstgetragener Krankheitskosten berufen. Dies gilt ungeachtet ihres Vortrags aus dem Schriftsatz vom 11. Februar 2014, dass die 2011 durchgeführte Brustvergrößerung zwingend notwendig gewesen sei, um den „extremen“ psychischen Leidensdruck, dem sie wegen ihrer Mikromastie ausgesetzt gewesen sei, zu beenden. Auch unter diesem Gesichtspunkt handelte es sich bei den Aufwendungen für die Brustvergrößerung nämlich nicht um eine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG.

28

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die behandelnde Ärztin T als Frauenärztin, die in ihrer Erklärung vom 18. August 2008 von einem erheblichen Leidensdruck durch die Mikromastie spricht, über die unmittelbare berufliche Qualifikation zur Diagnose psychischer Belastungen oder sogar Erkrankungen verfügt. Jedenfalls hat der Facharzt für Nervenheilkunde Y in seinem Neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 12. Juli 2008 zur Frage der psychischen Belastung/Erkrankung der Klägerin durch die Mikromastie keine manifestierte psychiatrische Erkrankung festgestellt, allerdings Selbstunsicherheit und eine beginnende soziale Angstsymptomatik. Es bestehe bei der Klägerin insgesamt eine psychosoziale Unzufriedenheit und ein verzerrtes Bild vom weiblichen Körper bei Fixierung auf die Brustentwicklung. Diese Feststellungen vermögen die Annahme, bei den Aufwendungen für die operative Brustvergrößerung handele es sich um Krankheitskosten und damit um zwangsläufige Aufwendungen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG, jedoch ebenfalls nicht zu begründen.

29

Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte kann eine Mikromastie nur dann einen Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründen, wenn diese einen Krankheitswert hat. Ein solcher ist nur dann gegeben, wenn die Betroffene in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. BSG, Urt. v. 28.02.2008 – B 1 KR 19/07 R –, BSGE 100, 119, juris Rn. 11, 13; Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R –, BSGE 93, 252 ff., juris Rn. 14; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013 – L 4 KR 1/12 –, juris Rn. 24, 28 zum Vorliegen einer Entstellung, wovon regelmäßig nicht ausgegangen werden könne, wenn die anatomische Abweichung oder Auffälligkeit nur im unbekleideten Zustand sichtbar sei; vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014, a.a.O., juris Rn. 19).

30

Im vorliegenden Fall ist für die Annahme, dass die Mikromastie bei der Klägerin zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktionen geführt oder entstellend gewirkt hat, jedoch weder etwas vorgetragen worden noch sonst etwas ersichtlich. Durch eine Mikromastie veranlasste psychische Belastungen und sogar - wovon hier nicht auszugehen ist - psychische Erkrankungen vermögen demgegenüber keinen Anspruch auf Heilbehandlung in Form körperlicher Eingriffe, z.B. auf Durchführung einer Operation, zu begründen (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., juris Rn. 15; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013, a.a.O., juris Rn. 39; SG Aachen, Urt. v. 16.01.2007 – S 13 KR 74/06 –, juris Rn. 20; vgl. auch BSG, Urt. v. 28.02.2008, a.a.O., juris Rn. 16 zu einem Anspruch auf eine OP zum Brustaufbau). Die sozialgerichtliche Rechtsprechung wertet Operationen am - krankenversicherungsrechtlich betrachtet - gesunden Körper (vgl. auch BSG, Urt. v. 28.02.2008, a.a.O., 119, juris Rn. 18), die psychische Leiden beeinflussen sollen, nicht als "Behandlung" im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V und weist derartige Maßnahmen (ähnlich wie z.B. Ernährung und Körperpflege) der Eigenverantwortung des Versicherten zu. Der Versicherte ist körperlich im Sinne der vorgenannten Vorschrift nämlich nicht "krank" anzusehen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013, a.a.O., juris Rn. 39).

31

Auch wenn eine als zu klein empfundene Brust zu psychischen Belastungen führt, ist es dementsprechend auch nicht gerechtfertigt, Aufwendungen für einen operativen Eingriff zur Brustvergrößerung als außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG zur Vermeidung unbilliger Härten nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei zu lassen. Solche psychischen Folgen, die - wie hier - keinen Krankheitswert erreichen, sind mit den Mitteln der Psychotherapie zu lindern (vgl. auch LSG Hessen, Urt. v. 21.08.2008, L 1 KR 7/07, juris). Hierfür ist es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R –) auch unerheblich, dass eine psychotherapeutische Behandlung möglicherweise ähnlich hohe Kosten zur Folge haben kann (ebenso FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.05.2014 – 5 K 1753/13 –, juris Rn. 21).

32

Damit begründet die von der Klägerin am 26. Februar 2011 eingegangene und 2011 auch erfüllte Verbindlichkeit keine Krankheitskosten und damit auch keine außergewöhnliche Belastung nach den §§ 33 bis 33b EStG. Es ist dem Gericht auch nicht möglich, ungeachtet dessen, d.h. allein im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Belastungen einen Härtefall im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG anzunehmen, der ein Abweichen von § 28 Abs. 4 BAföG rechtfertigt. Dies würde den Krankheitsbegriff zu sehr relativieren, weil es um eine Operation am gesunden Körper zur Behebung einer psychischen Störung geht. Damit würde ein Körperzustand ohne objektiven Krankheitswert letztlich als körperlich regelwidrig behandelt, nämlich so, wie ihn der psychisch Erkrankte subjektiv empfinden wird. Von einer solchen subjektiven Einschätzung kann jedoch auch die Annahme eines Härtefalls und damit die Anerkennung entsprechender Aufwendungen über § 29 Abs. 3 BAföG abweichend von § 28 Abs. 4 BAföG nicht abhängen. Dies gilt umso mehr, als mit einer Operation wie im vorliegenden Fall nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen wird, sondern nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden soll. Im Übrigen dürfte es - ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt - ohnehin sehr schwierig sein, die psychischen Wirkungen von solchen körperlichen Veränderungen vorherzusagen. Auch das Bundessozialgericht geht - angesichts der wissenschaftlichen Bewertung der generellen psychotherapeutischen Eignung chirurgischer Eingriffe (etwa betr. Brustgröße) - insoweit von einer grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose aus (vgl. Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., juris Rn. 17; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.09.2013, a.a.O., juris Rn. 40 ff.). Damit hat der Beklagte die von der Klägerin am 26. Februar 2011 eingegangene und 2011 erfüllte Verbindlichkeit gegenüber dem Facharzt Dr. X bei der Vermögensanrechnung auch für den hier maßgeblichen Zeitraum zu Recht gemäß § 28 Abs. 4 BAföG unberücksichtigt gelassen.

33

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist selbst dann, wenn die Klägerin bereits im Zeitpunkt der BAföG-Antragstellung (19.07.2010) die spätere Durchführung einer operativen Brustvergrößerung geplant hätte, auch nichts dafür ersichtlich, dass ihr der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X aus subjektiven Gründen erspart bleiben könnte. Im Hinblick auf die klare Ausgestaltung des Antragsformulars und die den Auszubildenden treffende Pflicht, sich gegebenenfalls beim Amt für Ausbildungsförderung zu erkundigen, hätte auch eine etwaige irrige Vorstellung der Klägerin, für die Brustvergrößerung gedachtes Geld nicht angeben zu müssen, den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht ausräumen können.

34

Die Entschließung des Beklagten zur teilweisen Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 26. November 2010 und Rückforderung ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, zumal in Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X die Rücknahme der nicht näher zu begründende "Normalfall" ist (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 17.09.1987 - 5 C 26/84 -, juris). Die Ermessensentscheidung lässt insbesondere die Gesichtspunkte erkennen, von denen der Beklagte bei der Ausübung seines Ermessens ausgegangen ist (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

35

Bei der Ermessensentscheidung hätte auch nicht etwa zusätzlich berücksichtigt werden müssen, dass der Entscheidung der Klägerin zur Durchführung der Brustvergrößerung psychische Belastungen zugrunde lagen. Nach § 28 Abs. 2 und Abs. 4 BAföG kommt es auf den Wert vorhandenen Vermögens im Zeitpunkt der Antragstellung an und bleiben Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraumes unberücksichtigt. Davon war - wie ausgeführt - hier auch nicht ausnahmsweise wegen unbilliger Härte gemäß § 29 Abs. 3 BAföG abzuweichen. Der in diesen Vorschriften niedergelegte Wille des Gesetzgebers darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass darüber hinausgehende Anforderungen an die Ermessensentscheidung im Rahmen von § 45 Abs. 1 SGB X gestellt werden. Vielmehr sind die Entscheidungen des Gesetzgebers in § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2 und 4 sowie § 29 Abs. 3 BAföG auch bei der Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X zu beachten. Deshalb können grundsätzlich Umstände, die nach dem - in den vorgenannten Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen - Willen des Gesetzgebers eine Vermögensanrechnung nicht ausschließen und schon bei der Prüfung dieser Vorschriften berücksichtigt worden sind, nicht die Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung begründen (vgl. auch OVG Bremen, Urt. v. 21.02.2007 – 2 A 245/05 –, juris Rn. 71). Das gilt hier sowohl für die Vermögensverwendung im laufenden Bewilligungszeitraum als auch für die zugrunde liegenden Beweggründe der Klägerin. Eine andere Verfahrensweise wäre für eine Massenverwaltung wie der im Bereich der Ausbildungsförderung auch nur sehr schwer zu bewältigen.

36

Im Übrigen hat die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 11. Februar 2014 geltend gemacht, sich der Behandlung unterzogen zu haben, um den „extremen“ psychischen Leidensdruck, dem sie wegen ihrer Mikromastie ausgesetzt gewesen sei, zu beenden. Damit hat der Beklagte von diesen besonderen Verhältnissen erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erfahren, womit diese Umstände seine Ermessensentscheidung ohnehin unberührt ließen.

37

Andere Umstände, die im Rahmen von § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2 und 4 sowie § 29 Abs. 3 BAföG noch nicht berücksichtigt worden sind und bei der Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X zwingend hätten berücksichtigt werden müssen, sind hier nicht ersichtlich.

38

Da der Rücknahmebescheid nach alledem auch für den hier streitigen Zeitraum zu Recht erging, ist auch die Geltendmachung der Erstattung von gezahlten Förderleistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X rechtmäßig.

39

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei

1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro,
2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro,
3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.

(2) (weggefallen)

(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.

Die Zertifizierungsstelle erteilt die Zertifizierung nach § 1 Abs. 3, wenn ihr die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben und Unterlagen vorliegen sowie die Vertragsbedingungen des Altersvorsorgevertrags dem § 1 Absatz 1, 1a oder beiden Absätzen sowie dem § 2a entsprechen und der Anbieter den Anforderungen des § 1 Absatz 2 entspricht.

(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei

1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro,
2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro,
3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.

(2) (weggefallen)

(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.

(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen

1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes,
2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.

(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.

(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.

(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei

1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro,
2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro,
3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.

(2) (weggefallen)

(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.

(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen

1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes,
2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.

(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.

(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.