Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2018 - 11 ZB 18.30185

bei uns veröffentlicht am05.02.2018

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht hinreichend dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O. § 124a Rn. 72; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 124a Rn. 102 ff.; Berlit in GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 78 Rn. 88 m.w.N.). Bei einer auf die tatsächlichen Verhältnisse in einem Herkunftsland gestützten Grundsatzrüge genügt es nicht, die gerichtlichen Feststellungen zu den Gegebenheiten im Herkunftsland des Asylsuchenden bloß in Zweifel zu ziehen oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2017 – 11 ZB 17.30602 – juris Rn. 2; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – juris Rn. 5; B.v. 12.12.2016 – 4 A 2939/15.A – juris Rn. 7 m.w.N.; Berlit, a.a.O., § 78 Rn. 609 ff.). Ferner sind die Voraussetzungen von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht erfüllt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, B.v. 18.5.2017 – 1 B 98/17 – juris Rn. 3 m.w.N.).

Der Frage, „welche Staatsangehörigkeit bei dem Kläger anzunehmen ist“, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Denn es handelt sich schon dem Wortlaut nach um eine Frage, die allein in seinem konkreten Einzelfall entscheidend sein kann. Sie ließe sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Einzelumstände, insbesondere der Staatsangehörigkeit seiner Eltern, des Geburtsorts und etwaiger Verlusttatbestände (vgl. Art. 7 f., 17 ff. ukrainisches Staatsbürgerschaftsgesetz vom 18. Januar 2001 in der Fassung vom 16. Juni 2005 – StGB –, abgedruckt in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht XIX, Stand: 30.6.2016, Ukraine) klären. Der Kläger greift in diesem Zusammenhang die Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht an, das seine eigene Darstellung im Verwaltungsverfahren vom 13. Juni 2016, wonach er sowohl die ukrainische als auch die syrische Staatsangehörigkeit besitze, seine Mutter aus der Ukraine und sein Vater aus Syrien stamme und er Inhaber eines ukrainischen Passes gewesen sei, für glaubhafter erachtet hat als die nachfolgende Behauptung seiner Bevollmächtigten im Schreiben vom 15. Mai 2017, dass er ausschließlich syrischer Staatsangehöriger sei. Damit macht er der Sache nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend, was nach der abschließenden Sonderregelung des § 78 AsylG nicht zur Zulassung der Berufung führen kann. Eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2014 – 5 B 25/14 – juris Rn. 13, B.v. 12.3.2014 – 5 B 48/13 – juris Rn. 22, B.v. 23.12.2011 – 5 B 24/11 – juris Rn. 2 jeweils m.w.N.) nur mit Erfolg gerügt werden, wenn sie verfahrensfehlerhaft ist, d.h. auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich oder offensichtlich aktenwidrig ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, missachtet. Derartige Verstöße zeigt der Zulassungsantrag jedoch nicht auf.

Auch die weiter aufgeworfenen Fragen, „ob dem Kläger zuzumuten ist, aufgrund seiner Homosexualität in die Ukraine abgeschoben werden zu können“, „ob das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, Art. 4 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 9 EMRK, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland“ gebe und „ob dem Kläger aufgrund seiner schlimmen Erkrankungen ein Aufenthaltsrecht für Deutschland zusteht“, beziehen sich allein auf seinen Einzelfall und formulieren keine fallübergreifenden Fragen.

Legt man die erste dieser Fragen unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens dahin aus, dass er die Klärung begehrt, ob homosexuelle Männer in der Ukraine wegen ihrer sexuellen Orientierung in asylrechtlich erheblicher Weise diskriminiert bzw. verfolgt werden, ist die grundsätzliche Bedeutung nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt. Denn die Behauptungen im Zulassungsantrag, dass in der Ukraine „mindestens“ ein Notstand im Sinne von Art. 15 EMRK herrsche, in dem die normalen zivilen Mechanismen nicht existierten, und dass der Kläger wegen der erstarkten Nationalisten und Rechtsextremisten damit rechnen müsse, in die Ostukraine zurückgeschickt zu werden, werden nicht ansatzweise belegt. Ebenso wenig setzt sich das Zulassungsvorbringen mit den dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Erkenntnismitteln (darunter der Lagebericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 7.2.2017, S. 10) auseinander oder nennt Anhaltspunkte oder Erkenntnisse, die die Einschätzungen des Verwaltungsgerichts zweifelhaft erscheinen ließen.

Soweit der Kläger sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine staatliche Reaktion auf eine Verweigerung des Wehrdienstes als asylrelevante Verfolgung zu qualifizieren wäre, ist dies geklärt und somit nicht klärungsbedürftig. Verfolgungshandlung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung sein sowie nach § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung stellen – was der Kläger hier geltend macht – die zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst und die damit zusammenhängenden Sanktionen weder schlechthin eine politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG dar noch ist eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung stets als unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG anzusehen. Dahin schlagen derartige Maßnahmen erst dann um, wenn sie zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden, die dadurch gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen (BVerwG, B.v. 10.9.1999 – 9 B 7/99 – juris Rn 3; BayVGH, B.v. 13.1.2017 – 11 ZB 16.31051 – juris Rn. 4, B.v. 15.2.2016 – 11 ZB 16.30012 – juris Rn. 13). Beruft sich der Betreffende auf eine Gewissensentscheidung, kann eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung regelmäßig nur angenommen werden, wenn er durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung in seinem Recht aus Art. 9 EMRK verletzt wird. Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (BayVGH, B.v. 13.1.2017, a.a.O., B.v. 15.2.2016, a.a.O. Rn. 13 m.w.N.). Mit diesen rechtlichen Maßgaben, die bereits in dem angefochtenen Bescheid dargelegt sind und die sich das Verwaltungsgericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG zu eigen gemacht hat, setzt sich der Zulassungsantrag nicht auseinander. Im Übrigen ist die Beklagte davon ausgegangen, dass der Kläger nach seinen Angaben noch nicht zum Wehrdienst eingezogen worden ist und im Rahmen des Art. 35 Abs. 3 der ukrainischen Verfassung die Möglichkeit hat, den Wehrdienst zu verweigern.

Soweit nach Auslegung des Zulassungsvorbringens geklärt werden soll, ob HIV-Infizierte in der Ukraine eine ausreichende medizinische Behandlung erreichen können und in asylrelevanter Weise diskriminiert werden, erschöpft sich der Zulassungsantrag in der Wiedergabe des Klägervortrags und der Ausführungen des Verwaltungsgerichts, ohne die gerichtliche Einschätzung durch dieser widersprechende Anhaltspunkte oder Erkenntnismittel substantiiert in Zweifel zu ziehen.

Die weitere Frage, „ob bereits im vorliegenden Verfahren Aspekte der Zuwanderung zu berücksichtigen sind“, ist auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht entscheidungserheblich. Denn sie setzt, wie der Kläger selbst vorträgt, zunächst eine „Weiterentwicklung“ des Rechts voraus.

Schließlich werden auch die für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen nach der Bewertung der Lage und des Bürgerkrieges in der Ukraine nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere setzt sich der Zulassungsantrag nicht mit der gemäß § 77 Abs. 2 AsylG in die Urteilsgründe einbezogenen Einschätzung der Beklagten und den angegebenen Erkenntnissen zu den aktuellen Verhältnisse in den unter der Kontrolle der ukrainischen Regierung stehenden Landesteilen (vgl. Bescheid vom 1.9.2016, S. 3 ff.) auseinander. Für die undifferenzierte Behauptung, dass in der Ukraine ein Bürgerkrieg herrsche und dass ohne Aufklärung der Hintergründe der Ausschreitungen bzw. des Brandanschlags in Odessa vom 2. Mai 2014 keine Abschiebungen in die Ukraine erfolgen könnten, werden keine nachprüfbaren Anhaltspunkte oder Erkenntnisse angegeben. Die aus den Ereignissen von Odessa gezogenen Schlussfolgerungen sind schon im Ansatz nicht nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung der Berufu

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am ... 1989 gebor

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 12. März 2014 - 5 B 48/13

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Gründe 1 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2018 - 11 ZB 18.30185.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 29. März 2019 - 8 B 18.30276

bei uns veröffentlicht am 29.03.2019

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. IV. Die Revision wird

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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt ist.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. OVG NW, B.v. 12.12.2016 - 4 A 2939/15.A - juris m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung vom 12. Mai 2017 nicht. Die von den Klägern formulierte Frage, ob für eine Familie mit drei Kleinkindern, die aus den Gebieten in der Ostukraine stammt, in denen ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht, eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen der Ukraine besteht, rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die Kläger haben vor ihrer Ausreise nicht in den von Separatisten beherrschten Gebieten in den Oblasten Lugansk oder Donezk gelebt, in denen ggf. ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht, sondern waren im Oblast Kharkiv ansässig. Die gestellte Frage erfasst daher den hier vorliegenden Sachverhalt nicht.

Unabhängig davon kann die tatsächliche (und rechtliche) Situation von Familien, die aus dem Osten der Ukraine kommen, nicht „grundsätzlich“ geklärt werden, sondern es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Es ist nicht ersichtlich, dass die allgemeine Situation der Binnenflüchtlinge in der Ukraine oder bestimmter Gruppen von Binnenflüchtlingen ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen könnte, weil ihnen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. Nach dem „Länderinformationsblatt Ukraine“ stehen in der Ukraine neben dem IDP-Gesetz auch noch andere Sozialleistungen (Soziale Unterstützung, Kindergeld, Unterstützung für Senioren und alleinstehende Frauen, Alters-, Behinderten- und Hinterbliebenenrenten, Arbeitslosenunterstützung sowie Obdachlosenunterstützung) zur Verfügung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. Februar 2017 (Lagebericht) ist die Grundversorgung für Rückkehrerinnen und Rückkehrer knapp ausreichend, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gesichert (Lagebericht, S. 15). Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie dem UNHCR unterstützt (Auskunft des Auswärtigen Amts vom 21.1.2015 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Die Kläger haben auch keine Erkenntnismittel genannt, aus denen sich ergibt, dass Rückkehrern in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eine unmenschliche Behandlung drohe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Beschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

3

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Daran gemessen verhelfen die vom Beklagten aufgeworfenen Fragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung der Beschwerde nicht zum Erfolg.

4

a) Der Beklagte möchte die Frage beantwortet wissen:

"Kann eine möglicherweise zeitweise oder teilweise 'Verbesserung' der Ernährungslage einer Gruppe von Ostarbeiter(n) an manchen Tagen oder zu manchen Tageszeiten die von einer anderen Kammer des gleichen Gerichts festgestellten grundsätzlich menschenunwürdigen Lagerbedingungen, denen die Zwangsarbeiter ansonsten unterworfen waren, in einem solchen hohen Maße relativieren, dass damit die Vermutung, dass alle in dem Sammellager untergebrachten Ostarbeiter einer menschenunwürdigen Behandlung unterlagen, widerlegt sein könnte, so dass dem betreffenden Betriebsinhaber im Ergebnis Verstöße gegen die Menschlichkeit nicht entgegengehalten werden dürfen?"

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Mit dieser Frage ist ein grundsätzlicher Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Nach § 1 Abs. 4 des Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 2004 (BGBl I S. 1665), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. März 2011 (BGBl I S. 450), werden Leistungen nach diesem Gesetz unter anderem nicht gewährt, wenn der Berechtigte oder derjenige, von dem er das Recht ableitet oder das enteignete Unternehmen gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Grundsätze geklärt, die der Beantwortung der Frage zugrunde zu legen sind, ob die Beschäftigung von Zwangsarbeitern, die unter die so genannten Ostarbeitererlasse fielen, mit einer Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit einhergingen (vgl. Urteile vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 38.05 - BVerwGE 128, 155 Rn. 37, 43 f., 46 f., 57 f. und 61 sowie - BVerwG 3 C 13.06 - ZOV 2007, 69 Rn. 30, 35 f., 38 f. und 44 f.; Beschluss vom 11. Dezember 2012 - BVerwG 5 B 78.12 - juris Rn. 4). Nach dieser Rechtsprechung wird ein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Verhalten durch die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus geltenden Gesetze oder solche obrigkeitsrechtlichen Anordnungen oder Befehle, denen nach nationalsozialistischer Ideologie Gesetzesrang zuerkannt wurde, formal erlaubt oder von der Strafverfolgung ausgenommen war. Speziell eine Mitwirkung an der zwangsweisen Rekrutierung und Verschleppung ausländischer Arbeiter auf der Grundlage der Ostarbeitererlasse verletzt regelmäßig die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit. Hingegen kann aus der bloßen Anforderung von Zwangsarbeitern zum Einsatz in Unternehmen und auch aus deren Beschäftigung in einem Rüstungsbetrieb noch kein Verstoß hergeleitet werden. Es gehört jedoch zu den bei der richterlichen Beweiswürdigung zu berücksichtigenden allgemeinkundigen historischen Erkenntnissen, dass die Mehrheit der ausländischen Zwangsarbeiter, insbesondere die sogenannten Ostarbeiter, bei der Beschäftigung in deutschen Unternehmen vielfach unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und arbeiten mussten. Im zeithistorischen Schrifttum ist anerkannt, dass die Unternehmen bei der Behandlung der ausländischen Zwangsarbeiter durchaus Handlungsspielräume hatten und dass jedenfalls ein Teil der Unternehmen diese Handlungsspielräume auch zugunsten der bei ihnen beschäftigten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter nutzten.

6

Damit ist auch geklärt, dass die "bloße Befolgung" der Ostarbeitererlasse nicht zur Entlastung im Hinblick auf den Vorwurf der Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit dienen kann und es einer tatrichterlichen Überprüfung bedarf, ob das Unternehmen die ihm zur Verfügung stehenden Spielräume zu einer menschenwürdigen Behandlung der ausländischen Zwangsarbeiter genutzt hat (vgl. Beschluss vom 11. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 5). Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die positive Feststellung besonders negativer Bedingungen Voraussetzung für eine Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit ist (vgl. Beschluss vom 21. Juli 2009 - BVerwG 5 B 42.09 - juris Rn. 2).

7

Die hier in Rede stehende Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil mit ihr ein über die aufgezeigten Grundsätze hinausgehender Klärungsbedarf nicht dargetan wird. Das Verwaltungsgericht hat dem angefochtenen Urteil erkennbar diese Maßstäbe zugrunde gelegt. Es ist von dem Gesamtbefund einer menschenverachtenden Lage der zwangsweise beschäftigten Ostarbeiter ausgegangen und hat unter Beachtung der ihm obliegenden Verpflichtung zu einer differenzierenden Betrachtungsweise auf der Grundlage tatrichterlich festgestellter und gewürdigter Umstände des Einzelfalles angenommen, der Rechtsvorgänger des Klägers bzw. die von ihm geleiteten Unternehmen habe bzw. hätten bestandene Spielräume zugunsten der Ostarbeiter genutzt, indem eine bessere Ernährung bzw. Verpflegung als üblich ermöglicht worden sei. Die auf diese Annahme zielende Frage ist einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Sie bezieht sich auf das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm im Einzelfall getroffenen Feststellungen und Würdigungen gelangt ist. Eine Frage wird nicht dadurch zu einer "grundsätzlichen" im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass eine auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles von der Vorinstanz getroffene Annahme in abstrakte Frageform gekleidet wird. So liegt es hier.

8

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Frage auch deshalb nicht zur Zulassung führt, weil sie von einer Voraussetzung ausgeht, auf der das angefochtene Urteil nicht beruht, so dass sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Ihr liegt die Annahme zugrunde, das Verwaltungsgericht habe die "Vermutung", alle in einem Sammellager untergebrachten Ostarbeiter hätten einer menschenunwürdigen Behandlung unterlegen, als widerlegt angesehen. Dies ist wohl nicht der Fall. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass die zwangweise beschäftigten Ostarbeiter in besonderer Weise rechtlos gestellt und weitestgehend gedemütigt wurden. Sie hat sich insoweit ausdrücklich die Erwägungen des Verwaltungsgerichts Dresden in dem Urteil vom 24. Februar 2009 (7 K 1196/06) zu eigen gemacht. In jener Entscheidung wird der Sache nach begründet, dass von einem Gesamtbefund einer "menschenverachtenden Lage" auch der Ostarbeiter auszugehen ist und dass in dem dem Urteil zugrunde liegenden Einzelfall keine Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine bessere Lage der in dem Unternehmen beschäftigten Zwangsarbeiter hindeuten. Dem kann eine Vermutung im Sinne der von dem Beklagten gestellten Frage, insbesondere eine "tatsächliche Vermutung" (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 26 f.), schwerlich entnommen werden (vgl. Beschluss vom 21. Juli 2009 a.a.O. Rn. 4 f. zu VG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2009 - 7 K 1196/06 -).

9

b) Auch die zweite von dem Beklagten aufgeworfene Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Der Beklagte möchte die Frage beantwortet wissen:

"Ist bereits die Abwesenheit nachgewiesener Misshandlungen, d.h. von solchen, die über die durch die Ostarbeitererlasse normierte 'Schlechtbehandlung' (Verschleppung zur Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen, fortdauernde Freiheitsberaubung, Entzug aller Bürgerrechte, ständige Lebensbedrohung, Auslieferung an permanente Willkür, diskriminierende Behandlung, Ernährung und Entlohnung, Abwesenheit jeglicher Arbeitsschutzbestimmungen usw.) hinausgehen, als ein 'positives Nutzen von Spielräumen' anzusehen, sodass schon deshalb nicht von einem Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit auszugehen ist?"

10

Die so formulierte Frage verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Soweit das Verwaltungsgericht es als ein Nutzen von Spielräumen angesehen hat, dass keine Misshandlungen von Ostarbeitern in den Firmen des G. T. oder im Ostarbeiterlager hätten festgestellt werden können, bezieht sich diese Aussage ausdrücklich auf solche Misshandlungen, "die aufgrund des Ostarbeitererlasses ohne Weiteres möglich gewesen wären" (UA S. 10 Abs. 1). Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage hat hingegen Misshandlungen zum Gegenstand, die über die durch die Ostarbeitererlasse normierte "Schlechtbehandlung" hinausgingen. Im vorliegenden Zusammenhang ist ohne Bedeutung, ob - was der Beklagte verneint - die Ostarbeitererlasse ein Züchtigungsrecht vorsahen. Zum einen bezieht sich die hier interessierende Annahme in dem angefochtenen Urteil auf "Misshandlungen" und nicht speziell auf Züchtigungen. Zum anderen zielt die hier in Rede stehende Frage nicht darauf, ob die Ostarbeitererlasse ein Züchtigungsrecht zuließen. Die Möglichkeit, dass das Verwaltungsgericht den Inhalt der Ostarbeitererlasse hinsichtlich "zugelassener" Misshandlungen fehlerhaft bestimmt hat, rechtfertigt nicht die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung.

11

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

12

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Mit der Rüge, die Vorinstanz habe das materielle Recht fehlerhaft ausgelegt und/oder angewandt, kann ein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in zulässiger Weise nicht begründet werden.

13

a) Soweit der Beklagte verfahrensrechtliche Mängel im Zusammenhang mit der Vernehmung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geltend macht, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde.

14

aa) Die Beschwerde ist nicht deshalb begründet, weil das Verwaltungsgericht den Kläger ohne förmlichen Beweisbeschluss vernommen hat.

15

Das Verwaltungsgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2013 vernommen. Dabei handelte es sich nicht um eine persönliche (informatorische) Anhörung nach § 103 Abs. 3 VwGO oder § 104 Abs. 1 VwGO. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und der Urteilsgründe wurde der Kläger im Rahmen einer "förmlichen Parteivernehmung" befragt. Im Verwaltungsgerichtsverfahren ist die Beteiligtenvernehmung ("Parteivernehmung") nach Maßgabe von § 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO und § 98 VwGO i.V.m. §§ 450 ff. ZPO zulässig. Sie setzt nach § 98 VwGO i.V.m. § 450 ZPO einen den Anforderungen des § 359 ZPO genügenden Beweisbeschluss voraus (vgl. Beschluss vom 16. Mai 2013 - BVerwG 9 B 6.13 - NVwZ 2013, 1160 Rn. 27; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 98 Rn. 247 m.w.N.). Ein solcher Beschluss ist den Akten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht zu entnehmen. Auf diesen Verfahrensverstoß kann sich der Beklagte hingegen nicht berufen. Er war in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sachkundig vertreten und hat den ihm bekannten Mangel nicht gerügt, sodass er gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO sein Rügerecht verloren hat. Auf die Befolgung der Bestimmungen über die Notwendigkeit eines Beweisbeschlusses können die Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 2 ZPO verzichten (vgl. Urteil vom 14. August 1987 - BVerwG 8 C 59.86 - Buchholz 303 § 295 ZPO Nr. 4 S. 2).

16

bb) Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung zunächst den Kläger als Beteiligten und danach die Zeugen H., F., R., B. und Z. vernommen hat.

17

Die Vernehmung eines Beteiligten ist auch im Verwaltungsprozess lediglich nachrangig zulässig. Sie kommt nach § 173 VwGO i.V.m. § 450 Abs. 2 ZPO nur als subsidiäres Beweismittel in Betracht und dient als letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn trotz Ausschöpfen aller anderen Beweismittel noch Zweifel verbleiben (vgl. Urteil vom 30. August 1982 - BVerwG 9 C 1.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG 1965 Nr. 41 S. 38; Beschlüsse vom 3. August 1999 - BVerwG 7 B 54.99 - VIZ 2000, 93 <94>, vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 12 und vom 5. Juni 2013 - BVerwG 5 B 11.13 - juris Rn. 11, jeweils m.w.N.). Es muss weiterhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die unter Beweis gestellte Behauptung des Beteiligten bestehen (vgl. Beschlüsse vom 21. Juni 2007 a.a.O. Rn. 12 und vom 5. Juni 2013 a.a.O. Rn. 11, jeweils m.w.N.). Hier kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht im Interesse der Wahrung des Gebots der Nachrangigkeit der Beteiligtenvernehmung gehalten gewesen wäre, zunächst die in der mündlichen Verhandlung später gehörten Zeugen zu vernehmen und auf der Grundlage deren Aussagen darüber zu befinden, ob nun auch der Kläger vernommen werden solle, weil die Aussagen der Zeugen nicht zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hätten und eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung spreche.

18

Ein - hier unterstellter - Verfahrensmangel schiede allerdings nicht schon deshalb aus, weil der Beklagte erst auf der Grundlage der Gründe des erstinstanzlichen Urteils in der Lage gewesen wäre zu beurteilen, ob die Voraussetzungen einer Beteiligtenvernehmung auch mit Blick auf deren Subsidiarität vorlagen. In einem solchen Fall wäre eine verfahrensfehlerhafte Beteiligtenvernehmung nicht als Verfahrensmangel, sondern ebenso zu behandeln wie ein Fehler bei der Urteilsfällung, von dem die Beteiligten zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch keine Kenntnis haben konnten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363 <364> m.w.N.). So liegt es hier nicht. Der von dem Beklagten angenommene Verstoß gegen das Gebot der Nachrangigkeit der Beteiligtenvernehmung setzt die Kenntnis der Gründe des erstinstanzlichen Urteils nicht voraus. Er beruhte aus Sicht des Beklagten (schon) darauf, dass das Verwaltungsgericht zunächst den Kläger und danach die Zeugen vernommen hat.

19

Auf einen etwaigen Verstoß gegen das Gebot der Nachrangigkeit der Beteiligtenvernehmung könnte sich der Beklagte aber nicht berufen. Auch insoweit hat er sein Rügerecht nach § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO verloren, weil er in der mündlichen Verhandlung sachkundig vertreten war und versäumt hat, die Vernehmung des Klägers vor derjenigen der Zeugen zu rügen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2013 waren alle Beteiligten mit dieser Vorgehensweise des Gerichts ausdrücklich einverstanden.

20

Auf die Einhaltung der hier in Rede stehenden Voraussetzungen einer Beteiligtenvernehmung kann der Beklagte auch verzichten. Es handelt sich nicht um einen unheilbaren Mangel im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1981 - II ZR 11/81 - juris Rn. 17 m.w.N.).

21

b) Das angefochtene Urteil ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz verfahrensfehlerhaft.

22

Nach dem Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Die Freiheit, die der Überzeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht zugesteht, bezieht sich auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich grundsätzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> m.w.N.; Beschlüsse vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4, jeweils m.w.N.). Deshalb ist die Einhaltung der aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden Verpflichtung nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Denn damit wird ein - angeblicher - Mangel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen, der die Annahme eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht rechtfertigen kann (vgl. Beschluss vom 23. Dezember 2011 - BVerwG 5 B 24.11 - ZOV 2012, 98 m.w.N.). Ein einen Verfahrensfehler begründenden Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann aber ausnahmsweise insbesondere dann gegeben sein, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, missachtet (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18 m.w.N.; Beschlüsse vom 14. Juli 2010 a.a.O. Rn. 4 und vom 16. Juni 2003 - BVerwG 7 B 106.02 - NVwZ 2003, 1132 <1135>, jeweils m.w.N.). Das Gebot der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt. Ein Verstoß gegen dieses Gebot liegt vor, wenn ein Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Überzeugungsbildung und sogleich für die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung darauf, ob die Grenzen einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie die allgemeinen Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten sind (vgl. Urteile vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.>, vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209> und vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 38.05 - BVerwGE 128, 155 Rn. 59, jeweils m.w.N.; Beschluss vom 14. Januar 2010 - BVerwG 6 B 74.09 - Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 87 Rn. 2 m.w.N.). Die für die richterliche Überzeugungsbildung maßgeblichen Gründe sind im Urteil anzugeben (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Im Allgemeinen genügt es, wenn der Begründung entnommen werden kann, dass das Gericht eine vernünftige und der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen hat. Nicht erforderlich ist, dass sich das Gericht mit allen Einzelheiten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzt. Aus der Nichterwähnung einzelner Umstände kann daher regelmäßig nicht geschlossen werden, das Gericht habe sie bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen (vgl. Urteil vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 38.05 - a.a.O. Rn. 59 m.w.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht vor.

23

aa) Soweit der Beklagte rügt, das Verwaltungsgericht habe unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz wesentliche Gesichtspunkte bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt gelassen und den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt, ist dem nicht zu folgen.

24

Der Beklagte ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend begründet, warum es seine Entscheidung maßgeblich auf die Bekundungen des Klägers stützt (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 2). Dies rechtfertigt die Annahme einer Verletzung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht. Das Verwaltungsgericht ist den Bekundungen des Klägers zur Verpflegung der Ostarbeiter in den von dem Rechtsvorgänger des Klägers geleiteten Unternehmen gefolgt, weil es auch mit Blick auf die Aussagen der Zeugen diese Bekundungen als glaubhaft angesehen hat. Diese Bewertung bewegt sich im Rahmen der dem Gericht zustehenden Überzeugungsbildung. Sie betrifft die Anwendung des sachlichen Rechts. Eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Vernachlässigung von wesentlichen Umständen, die sich dem Verwaltungsgericht hätten aufdrängen müssen, ist nicht erkennbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zeugen die Bekundungen des Klägers zu bestätigen vermochten (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 2, S. 8 Abs. 4 bis 6, S. 9 Abs. 2). Indem der Beklagte die Zeugenaussagen dahin würdigt, dass sie die klägerischen Bekundungen entkräften, beanstandet er Mängel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die die Annahme eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz nicht zu rechtfertigen vermögen. Soweit er im Zusammenhang mit den Zeugenaussagen auf Widersprüche hinweist (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 2), konkretisiert er dies in einer dem Begründungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise nicht.

25

Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes ist auch nicht der Rüge des Beklagten zu entnehmen, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht der Behauptung des Klägers gefolgt, er habe an Wochenenden Essen in das Lager gebracht und sämtliche Mitarbeiter hätten zusätzliche Nahrung erhalten (Beschwerdebegründung S. 8 Abs. 2 und 3). Auch diese Beanstandung bezieht sich auf die die Grenzen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wahrende Tatsachen- und Beweiswürdigung. Dies gilt gleichermaßen für das Vorbringen der Beschwerde, der Bericht des Lagerführers S. vom 2. November 1943 sei unzutreffend gewürdigt worden (Beschwerdebegründung S. 9 Abs. 2) und das Gericht habe Verklärungstendenzen bei der Aussage des Klägers vernachlässigt (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 3 und 4).

26

Dass sich das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich mit den Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat, dass der Kläger und die Zeugen zu der Zeit, auf die sich ihre Bekundungen beziehen, vergleichsweise jung waren und seitdem ein langer Zeitraum verstrichen ist (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 3), rechtfertigt nicht die Annahme, diese Umstände seien vernachlässigt worden. Es drängt sich auch nicht auf, dass die Zeugenaussagen deshalb nicht verwertbar sind, weil sie auf Beeinflussungen zurückzuführen wären (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 6 und S. 7 Abs. 1). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz liegt nicht darin, dass das Verwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Beklagten das Schreiben vom 9. Februar 1944 an das Arbeitsamt G. nicht als Hinweis auf eine menschenunwürdige Behandlung angesehen hat (Beschwerdebegründung S. 9 Abs. 6 und S. 10 Abs. 1). Der Überzeugungsgrundsatz gebietet nicht eine bestimmte Würdigung des Sachverhalts.

27

Auch im Übrigen ist nicht erkennbar, dass das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wesentliche Gesichtspunkte vernachlässigt oder fehlerhaft gewürdigt hat.

28

bb) Der Überzeugungsgrundsatz ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Denkgesetze verletzt.

29

Ein Tatsachengericht verstößt dann gegen Denkgesetze, wenn es einen Schluss zieht, der aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden kann und deshalb willkürlich ist. Dafür genügt es nicht, dass das Tatsachengericht nach Meinung eines Beteiligten unrichtige oder gar fernliegende Schlüsse gezogen hat. Ebenso wenig reichen objektiv nicht überzeugende oder gar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen aus (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15 f., vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 Rn. 8 und vom 28. Juni 2013 - BVerwG 5 B 79.12 - juris Rn. 13, jeweils m.w.N.). Daran gemessen hat der Beklagte eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht dargetan.

30

Der Beklagte erachtet die Würdigung der Aussage des russischen Zwangsarbeiters S. durch das Verwaltungsgericht als denkgesetzwidrig. Das Verwaltungsgericht hat insoweit angenommen, die Bekundungen jenes Zwangsarbeiters zu Art und Umfang seiner Ernährung könnten deshalb nicht als Beleg für eine menschenunwürdige Behandlung der in den Firmen des G. T. beschäftigten Zwangsarbeiter herangezogen werden, weil S. zwar aus dem Ostarbeiterlager in W. gestammt habe, er jedoch für die Firma R. R. Maschinenfabrik G. GmbH tätig und räumlich getrennt von den Ostarbeitern der Firmen des G. T. gewesen sei. Der Beklagte hält diese Annahme für einen Verstoß gegen Denkgesetze, weil auch mit Blick auf allgemeinkundige geschichtliche Erkenntnisse ausgeschlossen sei, dass die in einem gemeinschaftlich betriebenen und verwalteten Lager unter derselben Lagerleitung untergebrachten Ostarbeiter des einen Unternehmens schlechter behandelt worden seien, als diejenigen, die in einer anderen Firma tätig gewesen seien (Beschwerdebegründung S. 7 Abs. 2 und 3). Damit zieht der Beklagte die sachliche Richtigkeit von Feststellungen und Würdigungen des Verwaltungsgerichts in Zweifel. Dies rechtfertigt hingegen nicht den Schluss, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts aus logischen Gründen schlechterdings ausgeschlossen ist.

31

Soweit in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen wird, die Bekundung von S., er sei auf dem Weg zur Arbeit von Polizisten begleitet worden, sei von den Zeugen für die Ostarbeiter der Firmen von G. T. nicht bestätigt worden, liegt darin entgegen der Auffassung des Beklagten (Beschwerdebegründung S. 7 Abs. 3) keine Missachtung der Regeln der Logik. Auch insoweit ist es unerheblich, ob die tatrichterliche Feststellung und Würdigung unwahrscheinlich oder sachlich fehlerhaft ist.

32

Aus Sicht des Beklagten ist es nach den Gesetzen der Logik ausgeschlossen, dass die Ostarbeiter der Firmen von G. T. in dem Lager nicht bewacht worden seien und sich hätten frei bewegen können (Beschwerdebegründung S. 7 Abs. 4). Da sich in dem angefochtenen Urteil eine solche Feststellung nicht findet, scheidet ein Verstoß gegen Denkgesetze insoweit schon deshalb aus.

33

Der Beklagte sieht eine Verletzung von Denkgesetzen auch darin, dass das Verwaltungsgericht zwar auf den Prüfungsbericht über den Rechnungsabschluss des Gemeinschaftslagers W. vom 30. April 1943 hinweist, diesen Bericht hingegen nicht als Beleg für eine schlechte Versorgung der Ostarbeiter angesehen hat, weil der Lagerführer S. und andere Personen die schlechte Versorgung in einem Schreiben vom November 1943 "offiziell" beanstandet haben (Beschwerdebegründung S. 9 Abs. 3 bis 5). Es kann dahinstehen, ob diese Schlussfolgerung zwingend ist. Sie erweist sich jedoch nicht als aus logischen Gründen schlechterdings ausgeschlossen und deshalb willkürlich.

34

cc) Schließlich ist der Überzeugungsgrundsatz auch nicht deshalb verletzt, weil die Beweiswürdigung objektiv willkürlich wäre, allgemeine Erfahrungssätze missachte oder gesetzliche Beweisregeln verletze. Solche Verstöße hat der Beklagte auch nicht substantiiert beanstandet.

35

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Antragsbegründung legt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in ausreichender Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dar. Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. OVG NW, B. v. 12.12.2016 - 4 A 2939/15.A - juris m. w. N.).

Zur Begründung seines Antrags lässt der Kläger ausführen, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob einem ukrainischen Staatsbürger im wehrpflichtigen Alter eine Rückkehr im Hinblick auf den Bürgerkrieg in der Ostukraine zuzumuten sei. Er habe wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine Schwierigkeiten gehabt und dort seine Existenz verloren. Er habe nicht gekämpft und gelte deshalb als Verräter. Bei einer Rückkehr in seine Heimat Lugansk fürchte er erhebliche Schwierigkeiten, weil es dort keine Gesetze gebe. Er müsse davon ausgehen, rekrutiert zu werden. Auf beiden Seiten der Konfliktparteien würden Freunde und Verwandte gegeneinander kämpfen. Das Recht auf Verweigerung sei stark beschränkt. Es sei immer davon die Rede, dass die Regierung plane, alle wehrpflichtigen Männer zwischen dem 18. und 45. Lebensjahr einzuziehen.

Damit genügt die Antragsbegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Nach ständiger Rechtsprechung stellen die zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst und die damit zusammenhängenden Sanktionen weder schlechthin eine politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG dar noch ist eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung stets als unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG anzusehen. Dahin schlagen derartige Maßnahmen nur dann um, wenn sie zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden, die dadurch gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen (BVerwG, B. v. 10.9.1999 - 9 B 7.99 - juris Rn. 3). Beruft sich der Betreffende auf eine Gewissensentscheidung, kann eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung regelmäßig nur angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung in seinem Recht aus Art. 9 EMRK verletzt wird. Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (vgl. BayVGH, B. v. 15.2.2016 - 11 ZB 16.30012 - juris Rn. 13 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat einen hinreichend glaubhaft gemachten Gewissenskonflikt und damit die Asylerheblichkeit einer etwaigen Einberufung oder Bestrafung des Klägers wegen Wehrdienstentziehung abgelehnt, weil seine Ausführungen keine rational mitteilbare und nachvollziehbare ausführliche Darlegung der Ernsthaftigkeit, Tiefe und Unabdingbarkeit einer Gewissensentscheidung gegen den Dienst mit der Waffe an sich erkennen ließen.

Dem ist der Kläger auch in der Antragsbegründung nicht näher entgegengetreten. In der Anhörung beim Bundesamt am 23. März 2016 hatte er auf Frage angegeben, er habe im Jahr 1990 in Moskau Wehrdienst geleistet. Aus der Ukraine ausgereist und nach Deutschland gekommen sei er, weil er hier Bekannte habe und die Sprache kenne. Auf Frage nach Schwierigkeiten wegen des Kriegs gab er an, sein Name habe auf einer Liste gestanden. Er sei nicht zur ukrainischen Armee oder zur Armee, die es im Gebiet Luhansk gebe, einberufen worden. Er habe ja schon gedient. In der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht am 7. November 2016 erklärte der Kläger, er sei nach Deutschland gekommen, weil er keine Menschen töten wolle. Beide Seiten würden Menschen zum Wehrdienst einberufen. Er sei zwar von 1990 bis 1992 Soldat bei der Sowjetarmee gewesen, sei allerdings zwischenzeitlich älter und reifer geworden. Wenn sein Land von außen angegriffen würde, würde er allerdings sehr wohl zur Waffe greifen.

Seinen Darlegungen im Zulassungsverfahren lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger den Dienst mit der Waffe aufgrund einer ernsthaften, tiefen und unabdingbaren Gewissensentscheidung ablehnen würde. Vielmehr wiederholt er lediglich kursorisch, es handele sich um einen Bürgerkrieg, in dem auf beiden Seiten Freunde und Verwandte gegeneinander kämpfen würden. Abgesehen davon benennt er nach wie vor keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür, dass er trotz seiner ungehinderten Ausreise im Alter von knapp 45 Jahren überhaupt noch ernsthaft befürchten müsste, als Reservist einberufen zu werden, dass er jemals versucht hätte, sich dem unter Berufung auf eine Gewissensentscheidung zu widersetzen und dass ihm auch keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stünde. Er hat auch weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass sich das Ausgangsgericht bei der Verneinung eines hinreichend glaubhaft gemachten Gewissenskonflikts in verfahrensfehlerhafter Weise über die von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geforderte richterliche Überzeugungsgewissheit hinweggesetzt hätte, die auch bei der Prüfung der inneren Tatsache zugrunde zu legen ist, ob der Kläger die Ablehnung eines Dienstes mit der Waffe aufgrund einer Gewissensentscheidung für sich selbst als verpflichtend empfindet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1989 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Ukraine. Er begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Gewährung von subsidiärem Schutz oder die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote vorliegen.

Nach seinen Angaben reiste er am 1. Dezember 2011 in das Bundesgebiet ein und stellte am 17. Januar 2012 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Bei seiner Anhörung am 22. März 2012 gab der Kläger an, Ende September 2011 von drei unbekannten Männern in Zivil zur Miliz nach S. mitgenommen und zehn Tage festgehalten worden zu sein. Man habe ihn befragt, ob ihm etwas aufgefallen sei, da sein Chef, der Chefjurist einer Firma, verschwunden sei. Geschlagen worden sei er nicht, aber in der Zelle sei fünf Tage das Licht nicht abgeschaltet worden. Dadurch sei er moralisch gebrochen gewesen und sein Bruder habe ihm nach seiner Entlassung Medikamente gegen psychische Probleme besorgt.

Drei Tage nach seiner Entlassung seien erneut unbekannte Männer zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn und seine im siebten Monat schwangere Freundin zusammengeschlagen. Dabei hätten sie ihm die Nase gebrochen. Ob sein Bruder zu Hause gewesen sei, könne er nicht sagen, da er sich wegen der Einnahme der Medikamente ständig in einer Art Halbschlaf befunden habe. Er sei dann im Oktober 2011 mit seinem Bruder ausgereist. Er bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gab. Die auf Tonträger diktierte Niederschrift wurde ihm rückübersetzt. Am 29. März 2012 übersandte ihm das Bundesamt die Niederschrift über die Anhörung.

Mit Bescheid vom 24. September 2014 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Nr. 2 des Bescheids) und erkannte die Flüchtlingseigenschaft sowie subsidiären Schutz nicht zu (Nr. 1 und 3). Zugleich stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte die Abschiebung in die Ukraine an (Nr. 5). Die Angaben des Klägers seien oberflächlich, vage und detailarm. Er könne weder Räume, Personen oder Handlungsabläufe schildern. Er habe die Folgen des zehntägigen Verhörs nicht beschrieben. Seine Schilderung der Ereignisse stimme auch mit den diesbezüglichen Angaben seines Bruders nicht überein.

Mit seiner Klage gegen den Bescheid vom 24. September 2014 trug der Kläger vor, er sei nur acht Tage festgehalten worden. Dabei sei er geschlagen worden und habe zwei Platzwunden am Kopf davongetragen. Nach seiner Freilassung habe er sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben. Er habe dann die Medikamente Quetiapin und Citalopram eingenommen. Nach etwa drei Wochen sei er in seiner Wohnung überfallen und zusammengeschlagen worden. Er habe sich zur Erstversorgung erneut in ärztliche Behandlung begeben. Er legte dazu eine am 4. November 2014 ausgestellte Bescheinigung ohne Briefkopf oder Adresse in ukrainischer Sprache vor, mit der bestätigt wird, dass er sich am 12. und 26. Oktober 2011 beim Chirurgen des 5. Städtischen Krankenhauses S. wegen einer Platzwunde und einer Fraktur des Nasenbeins in Behandlung befunden habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2015 berichtete der Kläger, während seiner Inhaftierung sei er geschlagen worden. Er habe Kopfverletzungen, Blutergüsse und einen Nasenbeinbruch gehabt. Sein Bruder habe ihn dann ins Krankenhaus gefahren. Nach einer Woche seien die Leute nochmal gekommen und hätten ihn wieder stark geschlagen. Zum Beweis, dass er bis September 2011 bei der Firma S. als Fahrer des dortigen Chefjuristen beschäftigt gewesen sei, der Chefjurist Ende September 2011 die Firma mit unbekanntem Ziel verlassen habe bzw. verschwunden sei, der Kläger Ende September/Anfang Oktober 2011 für ca. 8 Tage von der Miliz in S. festgehalten worden sei, die Freundin des Klägers im siebten Monat schwanger gewesen sei und Ende Oktober 2011 infolge erlittener Misshandlungen behandelt wurde und ihr ungeborenes Kind verloren habe, sowie dass der Kläger am 12. und 26. Oktober 2011 im 5. Städtischen Krankenhaus S. wegen einer Fraktur des Nasenbeins behandelt wurde und bis zu seiner Flucht in der Straße des ... ... in S. gewohnt habe, das am 21. Januar 2012 abgebrannt sei, beantragte er die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes.

In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2015 lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach die Beweisanträge ab, da es an der Schilderung eines zusammenhängenden und in sich stimmigen, im Wesentlichen widerspruchsfreien Sachverhalts mit Angabe genauer Einzelheiten fehle. Das Klagevorbringen gäbe keinen Anlass dafür, einer daraus hergeleiteten Verfolgungsgefahr weiter nachzugehen. Darüber hinaus handele es sich um das Angebot eines Indizienbeweises. Die unter Beweis gestellten Hilfstatsachen reichten für den Nachweis der Haupttatsache nicht aus. Im Übrigen würden die Beweisanträge wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt.

Mit Urteil vom 13. Oktober 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Kläger sei weder als Asylberechtigter anzuerkennen noch habe er einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Auch Abschiebungshindernisse würden nicht vorliegen. Er unterliege nicht mehr der Wehrpflicht in der Ukraine, da er schon 26 Jahre alt sei. Darüber hinaus sei seinen Äußerungen keine überzeugende Gewissensentscheidung gegen den Dienst an der Waffe zu entnehmen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Entscheidung von der Frage abhänge, bis zu welchem Lebensalter ukrainische Staatsangehörige der dortigen Wehrpflicht unterliegen. Der Kläger unterliege noch der Wehrpflicht und werde bei einer Rückkehr mit Sicherheit eingezogen. Eine Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen bestehe für ihn nicht. Soweit das Verwaltungsgericht eine dahingehende Gewissensentscheidung des Klägers verneine, hielten die diesbezüglichen Ausführungen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Darüber hinaus sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen bei fehlender Möglichkeit einer Kriegsdienstverweigerung im Herkunftsland i. S. v. Art. 10 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU eine bestimmte soziale Gruppe darstellen würden. Dazu hätte eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs eingeholt werden müssen. Schließlich sei die Berufung auch wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen, da der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt sei. Die Ablehnung der Beweisanträge sei unzulässig gewesen, da der Vortrag des Klägers nicht unglaubhaft sei. Die Vielzahl der Indizien trage den geltend gemachten Anspruch.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten, auch im Verfahren des Bruders des Klägers, verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen nicht vor. Wird die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124a Rn. 7).

1. Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Daran fehlt es hier.

1.1 Nach § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes vom2. August 2008 (AsylG, BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2015 (BGBl I S. 2010), ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslands befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Als Verfolgung in diesem Sinn kann nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung gelten. Eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG kann dabei auch in einer unverhältnismäßigen Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung bestehen (vgl. EuGH, U. v. 26.2.2015 - C-472/13 - Shepherd - ABl EU 2015 C 138, S. 7 = juris Rn. 56; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 1. Aufl. 2009, § 9 Rn. 178). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass jeder Staat ein legitimes Recht hat, eine Streitkraft zu unterhalten, seine Staatsangehörigen zum Wehrdienst in dieser Streitkraft heranzuziehen und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, angemessen zu bestrafen. Eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung kann regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung, in seinem Recht aus Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK), zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004, verletzt wird (vgl. EGMR, U. v. 7.7.2011 - 23459/03 - BeckRS 2012 80059). Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (Marx a. a. O. Rn. 192).

Der Kläger hält sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob er im Alter von derzeit 26 Jahren und 8 Monaten noch der Wehrpflicht in der Ukraine unterliegt, da ihm dort wegen der von ihm beabsichtigten Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen eine unverhältnismäßige Bestrafung drohe.

Diese Frage war im erstinstanzlichen Verfahren indes nicht entscheidungserheblich, denn das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass Art. 9 EMRK auf den Kläger nicht anwendbar ist, da seinen Äußerungen keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entnommen werden könne. Die Aussagen seien zu allgemein, pauschal und oberflächlich und seien daher nicht geeignet, auch nur Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass die beabsichtigte Verweigerung von einem ernsthaften und unüberwindbaren Konflikt zwischen der Verpflichtung zum Wehrdienst und seinem Gewissen getragen werde.

Gegen diese (zusätzliche) Begründung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger keinen in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgrund geltend gemacht. Er wendet dagegen nur ein, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts würden einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Das Verwaltungsgericht lege das Erfordernis einer generellen Ablehnung des Waffengebrauchs zugrunde, die von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte so nicht verlangt werde. Darüber hinaus hätte das Verwaltungsgericht den Kläger eingehend befragen können, wenn es die Aussagen für zu allgemein und oberflächlich gehalten habe. Damit wird im Stil einer Begründung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils die rechtliche und tatsächliche Bewertung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Gewissensentscheidung des Klägers angegriffen, aber keine grundsätzlich bedeutsame Frage herausgearbeitet. Die Frage, ob jemand, gestützt auf sein Gewissen oder tiefe und echte Glaubensüberzeugungen, den Wehrdienst verweigert, ist darüber hinaus auch eine Frage des Einzelfalls (vgl. EGMR, U. v. 7.7.2011 - 23459/03 - BeckRS 2012 80059 Leitsatz 4) und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

Soweit der Kläger mit den Ausführungen, das Verwaltungsgericht hätte ihn weiter befragen und ggf. eine Parteieinvernahme durchführen müssen, einen Verfahrensfehler in Form eines Aufklärungsmangels nach § 86 Abs. 1 VwGO geltend machen möchte, kann auch dies nicht zur Zulassung der Berufung führen. Zum einen wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht kein entsprechender Beweisantrag gestellt. Zum anderen ist ein Aufklärungsmangel kein absoluter Revisionsgrund i. S. d. § 138 Nr. 3 VwGO und kann im Asylverfahren nicht zur Zulassung der Berufung führen (vgl. BayVGH, B. v. 19.8.2015 - 11 ZB 15.30161 juris Rn. 9; B. v. 18.5.2015 - 11 ZB 15.30087 - juris Rn. 3). Im Übrigen ist es Sache des Klägers, der auch in erster Instanz schon anwaltlich vertreten war, die Tatsachen vorzutragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben dazu zu machen (§§ 25 Abs. 1 Satz 1, 74 Abs. 1 Satz 1 AsylG, Art. 4 RL 2011/95/EU).

Es kann deshalb offen bleiben, ob die Wehrpflicht in der Ukraine mit dem Tag des 26. oder 27. Geburtstag endet. Die Auskunftslage dazu ist nicht eindeutig (vgl. Lagebericht Stand März 2015, Auswärtiges Amt, Nr. II.1.6 „Wehrpflicht für Männer bis 25 Jahren“; UNHCR, International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update II, January 2015, Nr. 19 „Regular military conscription of 18-25 year-old men“; UNHCR, International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update III, September 2015, Nr. 34 „The large-scale mobilization of men aged 18 to 26 years old“; Alec Luhn, The Draft Dodgers of Ukraine, 18.2.2015, „... to conscript young men between the ages of 20 and 27.”). Das ukrainische Wehrpflichtgesetz besagt wohl, dass Männer unter 27 Jahren der Wehrpflicht unterliegen. Ob damit die Wehrpflicht mit der Vollendung des 26. oder des 27. Lebensjahrs endet, kann den derzeit verfügbaren Erkenntnismitteln nicht sicher entnommen werden.

Darüber hinaus muss auch nicht entschieden werden, ob in der Ukraine bei einer Verweigerung des Wehrdienstes aus berechtigten Gewissensgründen tatsächlich Strafen drohen, die eine Verfolgungshandlung i. S. d. § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG darstellen. Eine Verfolgung kann nur dann angenommen werden, wenn in das Recht aus Art. 9 EMRK in einer Weise eingegriffen wird, die in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig ist (vgl. EGMR, U. v. 7.7.2011 - 23459/03 - BeckRS 2012 80059, Rn. 128). Unstreitig ist die Verweigerung des Wehrdienstes in der Ukraine bei Zugehörigkeit zu bestimmten Religionsgemeinschaften möglich (vgl. Lagebericht Stand März 2015, Auswärtiges Amt, Nr. II.1.6). Diese Möglichkeit ergibt sich aus Art. 35 Abs. 4 der Verfassung der Ukraine (englische Übersetzung auf www.irf.in.ua) und dem Gesetz über einen Alternativdienst vom 12. Dezember 1991, No. 1975-XII (englische Zusammenfassung auf www.irf.in.ua).

Ob dadurch für Personen, die aus berechtigten Gewissengründen den Dienst an der Waffe verweigern, ohne Mitglied in einer der registrierten Religionsgemeinschaften zu sein, eine Verfolgung i. S. d. § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG resultiert, hängt davon ab, wie die Vorschriften zur Wehrdienstverweigerung in der Ukraine konkret angewendet werden und ob tatsächlich eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung droht (vgl. EuGH, U. v. 26.2.2015 - C-472/13 - juris Rn. 50f.). Den derzeit verfügbaren Erkenntnismitteln kann entnommen werden, dass das Desertieren aus den Streitkräften strafrechtlich verfolgt wird (Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (OHCHR), Report on the human rights situation in Ukraine 16 August to 15 November 2015, Nr. 109 S. 22; Report on the human rights situation in Ukraine 16th February to 15th May 2015, Nr. 105 S. 22). Auch die Wehrdienstverweigerung führt wohl zu strafrechtlicher Verfolgung. In der Zeit vom 1. Juli 2014 bis 1. Juli 2015 wurden z. B. 661 Strafverfahren wegen Wehrdienstentziehung eröffnet, die in der überwiegenden Zahl der Fälle zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von ein bis zwei Jahren auf Bewährung führten (UNHCR, International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update III, September 2015, Nr. 34). Der Oberste Gerichtshof für Zivil- und Strafrecht der Ukraine hat aber entschieden, dass auch in Krisen- und Kriegszeiten Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen (im konkreten Fall ein Anhänger der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas) das Recht auf Zivildienst haben, selbst wenn die gesetzlichen Vorschriften dies nicht vorsehen (vgl. UNHCR a. a. O. Rn. 36 Fußnote 136). Die Herangehensweise der Behörden scheint stark unterschiedlich und teilweise sehr streng zu sein (vgl. UNHCR a. a. O. Rn. 36 Fußnote 136 mit Hinweis auf einen Bericht des Institute of Religious Freedom in russischer Sprache). Ob es sich bei den Verurteilten tatsächlich um Personen gehandelt hat, die berechtigte Gewissengründe glaubhaft machen konnten, lässt sich den Auskunftsmitteln nicht entnehmen.

1.2 Soweit der Kläger geltend macht, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob er als Kriegsdienstverweigerer einer sozialen Gruppe nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (RL 2011/95/EU, ABl Nr. L 337 S. 9) angehöre, kann auch dies nicht zur Zulassung der Berufung führen. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, den Ausführungen des Klägers könne keine Gewissenentscheidung entnommen werden, die den Dienst an der Waffe für ihn unzumutbar mache (s.o. 1.1). Für das Verwaltungsgericht stellte sich daher die Frage nicht, ob der Kläger einer solchen sozialen Gruppe i. S. d. Art. 10 Abs. 1 Buchst. d RL 2011/95/EU angehören könnte. Bei denjenigen, die den Kriegsdienst nicht aus Gewissensgründen, sondern aus anderen Gründen verweigern, handelt es sich nicht um eine soziale Gruppe i. S. d. Art. 10 Abs. 1 Buchst. d RL 2011/95/EU.

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO ist nicht ausreichend dargelegt (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) und liegt jedenfalls nicht vor.

Die Ablehnung von Beweisanträgen i. S. v. § 86 Abs. 2 VwGO verstößt dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (st. Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 10.8.2015 - 5 B 48.15 - juris Rn.10 m. w. N.). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, hat der Kläger nicht aufgezeigt.

2.1 Die Ablehnung eines Beweisantrags ist zulässig, wenn das Klagevorbringen keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet (vgl. BVerwG, B. v. 26.10.1989 - 9 B 405.89 - InfAuslR 1990, 38 = juris Rn. 8; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 38). Dies ist im Asylverfahren dann der Fall, wenn der Kläger unter Verletzung der ihn treffenden Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. VwGO seine guten Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung nicht in „schlüssiger“ Form vorträgt. Dazu ist erforderlich, dass er zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, U. v. 24.11.1981 - 9 C 251.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 31; U. v. 22.3.1983 - 9 C 68.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44). Dies hat der Kläger hier nicht getan. Die Schilderung der angeblichen Ereignisse durch den Kläger ist widersprüchlich. Z. B. hat er vor dem Bundesamt vorgetragen, er sei drei Tage nach seiner Entlassung aus der Haft zusammengeschlagen worden. Von einem Arztbesuch war keine Rede. Mit seiner Klageschrift hat er angegeben, es hätten drei Wochen zwischen der Entlassung aus der Haft und dem weiteren Vorfall gelegen. In der mündlichen Verhandlung behauptete er, es sei dazwischen nur eine Woche verstrichen. Die vorgelegte Bescheinigung über Arztbesuche bestätigt demgegenüber zwei Arztbesuche im Abstand von ca. zwei Wochen. Darüber hinaus weichen die Angaben des Klägers erheblich von denen seines Bruders ab und wurden kontinuierlich gesteigert. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung konnte er diese Widersprüchlichkeiten nicht aufklären, sondern behauptet, diese Unstimmigkeiten seien dadurch entstanden, dass sich der Kläger erstmals mit seiner Klageschrift mit dem Protokoll über die Anhörung beim Bundesamt auseinander gesetzt habe, das in weiten Teilen falsch sei. Dabei zeigt er aber nicht schlüssig auf, weshalb ihm diese angeblichen Fehler bei der Rückübersetzung der Niederschrift nicht aufgefallen sein sollten und weshalb er nach Klageerhebung weiterhin verschiedene Sachverhalte berichtet hat.

2.2 Darüber hinaus findet die Ablehnung eines Beweisantrags auch dann eine Stütze im Prozessrecht, wenn sich der behauptete Sachverhalt, als gegeben unterstellt, nicht auf die Entscheidung auswirken kann (§ 86 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO entspr.; Geiger in Eyermann, a. a. O. § 86 Rn. 42), weil es nach dem Rechtsstandpunkt des Tatsachengerichts für den Ausgang des Rechtsstreits darauf nicht ankommt (vgl. BVerwG, B. v. 10.8.2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 10). Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die unter Beweis gestellten Tatsachen als Indizien nicht für den Beweis dafür ausreichen, dass der Kläger vorverfolgt aus der Ukraine ausgereist ist und ihm bei seiner Rückkehr Verfolgung droht. Dagegen bringt der Kläger nur vor, angesichts der Vielzahl der unter Beweis gestellten Tatsachen und unter Berücksichtigung der ebenfalls unter Beweis gestellten Inhaftierung hätten diese Indizien ein solches Gewicht erlangt, dass der Kläger als glaubwürdig hätte erachtet werden müssen. Er zeigt aber nicht auf, aus welchen Gründen die unter Beweis gestellten Tatsachen, die jede für sich wohl auch nach Ansicht des Klägers eine politische Verfolgung nicht belegen können, in ihrer Gesamtheit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine politische Verfolgung beweisen sollen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.